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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940821025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-21
- Monat1894-08
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Namentlich auf tue bei Schäme und Dräger gefundenen TicbeSwerkzcuge wird besonderes Gevicht gelegt und aus diesem Funde geschlossen, daß man von den Verhafteten nichts Schlimmeres als Einbruch und Dieb stahl zu erwarten gehabt habe. Eö mag ja sein, daß die baden Menschen bisher nichts Schlimmeres auf dem Gewissen biben, als Verbrechen gegen daS Eigenthum. Aber zweifellos laben sie solche Verbrechen verübt oder geplant, weil sie als Anhänger der anarchistisches» Lehre sich berechtigt glauben, über daS Eigenlhuin ihrer Mitmenschen »ach Gut dünken zu verfügen. Und wer ein solches Recht für sich in Anspruch nimmt, hält sich auch für befugt, jeden Widerstand gegen die Ausübung dieses Rechts mit Gewalt zu überwinden. CS kann daher nichts Thörichleres geben, als ans dem Diebes- charakter der verhafteten Anarchisten zu folgern. eS liege kein Grund zu besonderen Besorgnissen vor den Plänen der Ber- hasteten und ihrer Genossen und kein Anlaß zu Vorbeugungs- Maßregeln gegen diese Pläne vor. Mil vollem Rechte wendet sich heute die „Post" gegen einen solchen Optimismus mit folgenden Aussührungen: „Wir freuen uns auch, wenn dieser Handel sich als nichts Ernst licheres ausweisen sollte. Aber wir möchten doch davor warne», nun in einen Optimismus zurückzusallen, der üble Folgen haben könnte. Unserer Ueberzeugung nach sind die deutschen Anarchisten, wenn sie sich auch zur Zeit still Hallen, um nichts minder ge fährlich, als etwa die französischen oder spanische»; Beweise dafür haben wir übrigens ja srüher schon erlebt, und wir bleiben dabei, daß es vorsichtiger ist, nicht abzuwarten, wie weit die Friedfertigkeit dieser Herren geht. Sollte man wieder mit dem Hinweise auf die verhättnih- tnäßige Harmlosigkeit unserer Anarchisten die sattsam bekannte Warnung verbinden, den immerhin doch bösartigen Köter nicht da durch zu reizen, daß man ihm einen Maulkorb anlegt, so müssen wir doch protestire». Soll sich der Staat etwa gegenüber einer ianatisirten Mordbande für bankerott erklären? Wie war es denn in Frankreich, welcher Theil hat denn da angesangen? Dort wurden die Anarchisten noch weit weniger behelligt, alS jetzt bei uns; man ließ sie unangesochten die „Propaganda de« Worts" treiben. Aber die sanden sie ja nicht ausreichend, »nd darum gingen sie zur Propaganda der Thai über und dankten die Duldung des Staates mit Dolch und Bombe. Genau so in Italien. Freilich England, das Musterland des Constitutionalismus und der Behandlung des Anarchismus, sollen die Anarchisten mit den Segnungen ihrer Propaganda unbehelligt lassen, um sich die Zufluchtsstätte nicht zu verscherzeit, ungefähr so, wie es früher bei Räuberbanden Praxis gewesen sein soll, im eigenen Dorfe nichts zu stehlen. Wir müssen bekennen, eS ist uns stets unverständlich gewesen, wie sich das so empfindliche Ehrgefühl der Engländer nicht gegen die Zumuthung anigebäumt hat, sich dadurch Zmmunitüt zu erkaufen, daß es den Pestherd des Anarchismus duldet. Das deutsche Volk wird jeden- solls stolzer sein. Eine große Nation hat Pflichte» gegen die übrige» Nationen so gut wie ein Privatmann gegen seine Mitmenschen: eines civilisirten Staates ist es unwürdig, Räubern und Mördern Unterschlupf zu gewähren, doppelt unwürdig, wenn es aus Egoismus geschähe. Und vor Allem hätte diese Praxis leinen Werth mehr, wenn sie allgemein würde. Setzen wir doch den Fall, alle Staaten adoptirten das gepriesene Asylrecht j Würden die Anarchisten etwa über das große Wasser gehe», um ihre Propaganda treiben z» können, ohne sich der Undankbar- leit schuldig zu machen? Wir meinen, sie würden es Loch wohl erst versuchen, wie lange das zarte Gewissen der modernen Weit den Seelenkamps zwischen dem erhabenen Princip des Asylrechts »ad der Sorge um die eigene Haut aushält. Wenn aber nun doch einmal experimentirt werden soll, so scheint eS uns zweckmäßiger, daß der Anarchismus das unnütze Object darstelit und nicht Gesellschaft und Staat." Kaum niinder bedenklich als der Optimismus, der die von den deutschen Anarchisten drohende Gefahr unterschätzt, ist jener andere, der infolge einiger friedlicher Kundgebungen von französischer Seite und einiger gemeinsamer diplomatischer Äclionen der französischen und der deutschen StaatSlciter Hymnen auf die „Morgenröthc des TageS, an welchem Deutsche und Franzosen zu ihrem und der Welt Heile einander dir Hände reichen werden", singen. Solchem OptiSmuS gegenüber theillen wir schon jüngst de» WutbauSbruch des Pariser Blattes „Nation" über eine kameradschaftliche Begegnung deutscher und französischer Grenzsoldaten in den Bogesen mit. Daß dieser Ausbruch nicht allein steht, geht aus einem Artikel hervor, den Paul de Cassagnac in der „Autoritö" unter der lleberschrift ^Lon ^our oamvraäes" veröffentlicht und in dem eS u. A. heißt: „Ich bin freilich nur ein mäßiger Chauvin, und nichts wäre iür mich grausamer, als die Aussicht aus einen nahen Krieg mit Deutschland, obgleich es über kurz oder lang nothwendig zu einem solche» kommen muß. Jndcß möge die Vorsehung so lang als möglich diesen schreckliche» Tag von uns fern halten, an welchem unsere Söhne unbarmherzig würde» hingemäht werden, wie Aehren in der Ernte! Allein wir haben das Reckt, zu verlangen, daß Diejenigen, welche die französische Uniform tragen und unter den Fahnen dienen, denen die Ehre der Wacht an der Grenze zulommt, wenigstens die Achtung nicht vergessen, welche man den gefangenen Brüdern in Elsaß-Lothringen schuldet. Und an der Schwelle dieser geraubten Provinzen mit den Räubern, welche sie festhalten, sich zu verbrüdern, zeugt von einem Mangel sittlichen Sinnes, ist eine Handlung schuldhaften Sichgehenlassens, welche ein großes Acrgerniß giebt und verdient, gezüchtigt zu werden." Nachdem dann Cassagnac über daS Abnehmcn der Vater landsliebe geklagt bat, für welches er ein Anzeichen in der Anknüpfung verschiedener, namentlich künstlerischer Beziehungen mit Deutschland erblickt, sährt er fort: „Bei dieser Abnahme der Baterlandslicbe ist es natürlich, daß auch die Soldaten das Gefühl der Würde des Besiegten verlieren. Es ist auch schon zu lange her! Kaum 'ihre Bäler haben die Niederlage geschaut, dem schrecklichen Schauspiel beigewohnt. Und sie kennen den nationalen Zusammenbruch nur aus fernem Hörensagen. Können sie da sich nicht mit den Deutschen verbrüdern, wie unsere Maler und Schauipieler? Das haben sie sich gejagt. Und so haben sie ihre heiligen Pflichten gegen Elsaß-Lothringen »er- gessen. Sie haben mit den Deutjchen angestoßen auf dem durch >hre AlUvcienheit entweihten Boden, wo die Erinnerung an Frankreich in langsamem, schrecklichem Todeskainpse liegt. Tie Ha»dlu»gsweiie dieser Soldaten muß dienstlich geahndet werden. Eine exemplarische Züchtigung muß erfolgen. Der Stolz der Vaterlandsliebe verlangt es. Und die Soldaten, welche ihre Hände besudelt haben, indem sie deutsche Hände berührten, sind nicht mehr würdig, die Wach» an der Grenze zu halten. Ziehe man sie von dort zurück, und zwar sofort! Sie habe» das Recht verwirkt, dort zu bleiben. Und ersetze man sie durch andere, welche, besser als diese Ent ehrten, sich der Vergangenheit zu erinnern und an die Zukunst zu denken wissen." Solche Ausbrüche dcS Chauvinismus sprechen deutlich genug. Wir haben schon daraus bingewiesen, daß die Gcsammtteiidenz der sraiizösischen Strömungen sich in der gekennzeichneten Richtung bewegt und Frankreich als Staat geneigt bleiben wird, bei jeder sich darbietenben günstigen Gelegenheit über Deutschland hcrzusallen. Deshalb ist es zum Mindesten unvorsichtig, an eine in Vorbereitung bcsind- tichc Versöhnung Frankreichs zu glauben. Von einer neuen Art »änischcr Demonstration in Nord- schleswig, die von Dänemark aus in Scene gesetzt worden ist, schreibt „Dannevirke": „Am Montag batten wir hier in Bef tost Besuch von einer Deputation, bestehend aus fünf dänischen Waffenbrüdern aus Kolbing, die sich dadurch unsere Aufmerksamkeit zuzogen, daß sie alle Kriegsmedaillen — zwei zugleich daS Tannebrogskreuz — trugen; ja der eine hatte außerdem mehrere andere Orden. Sie besuchten den Kirchhof, wo sie namentlich bei Hans Krüger'S Grab ver weilten, daraus besuchten sie ihre alten Kriegskameraden im Dorfe, und hierbei erfuhren wir, daß sie gekommen waren, um dem Hofbesitzer Matthias Skov die Büsten des dänische» Kronprinzcnpaores, die er bei der Lotterie in Kolbing aus dem Wassenbrüderfeste gewonnen batte, zu überbringen. Es war den Waffenbrüdern eine besonders große Freude, daß diese kostbaren Büsten mit Piedestalen von einem Südjülen gewonnen waren, und ie versprachen gleich, daß sie ihm aus würdige Weise in seinem Hause zu Bestost überliefert werden sollten. Nachdem die Büsten in der großen Stube des Herrn Skov ausgestellt waren, übergab Dannebrogsmann, Lberpolizeidiener Borch, der 1864 Comniandir- Sergeant des M. Skov gewesen war, diesem die Büsten mit einigen chönen Worten, dankte ihm für seine Treue während des Krieges »nd weil er auch jetzt noch treu sei. Er bat ihn, die Büsten be hoben Kronprinzenpaares zu schützen und sie in seiner Familie aus- zubcwahrcn, bis glücklichere Zeiten kämen. Des Abends waren wir mit der Deputation bei Skov versammelt und freuten un- alle darüber, Laß die Büsten des sehr beliebten dänijche» Kron- prinzenpaares hier in Bestost Platz gefunden hatten. Diese sind über 2 m hoch mit Piedestal von Marmor und versehen mit ver goldetem verschlungenen Namenszuge F. L., sowie mit der Krone und dem Tage der silbernen Hochzeit, „28. Juli 1894." Angesichts solcher Dreistigkeiten entrüstet sich die dänische Presse darüber, wenn dir deutschen Behörden einmal von ihrem HauSrccht Gebrauch machen. Die gestern eröffnet- Herbstsession der sranzö- fischen Gcneralräthe verursacht den Parteien der grund sätzlichen Regierungsgcgner schon, kaum daß sie begonnen, arge Beklemmungen. Wenn die DepartcmcntSvertretungen in früheren Jahren ihren oppositionellen Gelüsten mitunter recht sehr freien Lauf ließen, so hat dieseNeigung doch indemsclben Berhältniß nachgelassen, als der Fanatismus der extremen Rich tungen wuchs, und gegenwärtig dürste die weit überwiegende Mehrbeit der Gcneralräthe für irgend welche Experimente auf Kosten der Autorität dcS Staates und des Prestige» der bestehenden republikanischen RegicrungSform nicht zn haben sein. DaS bedrohliche Umsichgreiscn des Anarchismus hat den prvvinzialcn Politikern einen heilsamen, weit nach- haltigeren Schrecken alS den blasirten Parisern eingejagt. Das von den Pariser Organen des SanSculottenthumS beraufbeschworcne Gespenst der politischen und kirchlichen Reacnon verfcblt dcSbalb seinen Zweck, die Stimmung der Gencralräthe den Umsturzbestrcbniigen günstiger zu gestalten, ganz und gar. Das Gesetz verbietet überdies den Generalräthen, sich mit anderen Dingen als mit den öffentlichen Angelegen heiten ibrcr Departements zu befassen, insbesondere fick in den Streit der politischen Tagesparlcien cinzuniischcn. Wenn sic deshalb für die freundliche Einladung der Anarchisten und ihrer socialdemokratischcn Zuhälter, sich an dem Werk der Unterwühlung aller staatlichen und gesellschastlichcn Ordnung zu betbciligc», nur taube Ohren haben, so erfüllen sie damit nichts Weiler als ihre Pflicht. Eben ihre Pflicht gebietet ibncn aber, den Umtrieben der Gewaltsanatiker nicht bloS passiven Widerstand zu leisten, sondern auch durch Stellungnahme an der Seite der Negierung zn bekunden, daß sie von der richtigen Anschauung betreffs ihrer eigenen legalen Zuständigkeit durch drungen sind. DaS bewußte Frontmacheu gegen den Anar chismus fällt als solches nicht unter den Begriff der Tages politik. Der Anarchismus ist keine Partei wie andere poli tische Parteien, daher er auch nicht den Anspruch erheben kann, mit denselben aus gleichem Fuße behandelt zu werden. Wer also gegen den Anarchismus austrilt, treibt keine, den Generalräthen untersagte, Tagespolitik, son dern er ersüllt die Pflicht der Nothwebr. Die Gesell schaft sicht sich einer Verbrecherbande preisgegcben, deren Zahl und Frechheit täglich zunimmt. Ueberall, in de« Stätten, in den Industricmittclpuncten, auf dem platten Lande herrscht Unruhe, Sorge und das Verlangen, von dem Druck des anarchistischen Schreckens erlöst zu werden. Die Generalrätbe, deren Mitglieder inmitten der arbeitenden Provinzbcvölkcriing lebe», mit Wahrnehmung ihrer nächste» Intcrcstcn betraut sind und aus eigener Erfahrung den lähmenden Einfluß dcS anarchistischen Schreckens aus den Gang und die Entwickelung der Geschäfte bcurtheilen können, sind am ersten in der Lage und berufen, der Regierung oricnlirente Fingerzeige über die Richtung der von ibr zu treffenden Maßregeln zn ertheilcn. Da» Land will vor dem Anarchismus Ruhe baden und erwartet, daß die Generalrätbe diesen seinen Willen der Regierung in unzweideutiger Weise zu erkennen geben. Es besteht in zahl reichen Gcneralräthe» die Neigung, der Regierung formelle Anregungen zu unterbreiten, welche bezwecken, mit allen, selbst den äußersten Zwangsmitteln gegen den Anarchismus vorzugche», welcher die Interessen Aller bedroht und da» nationale Erwerbsleben schon in schwerster Weise geschädigt bat. In der ersten Sitzung haben sich bereit- mehrere Gencralräthe in diesem Sinne ausgesprochen. Dem englischen Parlament ist jetzt endlich daS Blau buch über die zwischen der sranzösischc» und britischen Re gierung gepflogenen Verhandlungen bezüglich Siams vor- gelcgt worden Es befinden sich »i dem Bucke nickt weniger als tll Briese, Telegramme und diplomatiscke Depeschen, welche sich über den Zeitraum vom ln. Juli 188? bis zum 25. April d. I. erstrecke». Was später geschehen ist, entzieht fick bis jetzt ber öffciiltickc» Kcnnlniß, so daß die Neugierde nickt befriedigt wird. Die Haltung der französischen Re gierung betreffs SiamS ist reckt verschieden gewesen, wie eS bei dem fortwährenden Wechsel der Ministerien nicht anders zu erwarten stand. Im Jahre 1889 schlug Frankreich England vor, Siam für neutral zu erklären, um aus diese Weise ein mächtige», unabhängiges Königreich zwischen den französischen und britische» Besitzungen in Hintcrindien zu schaffen. ES ist nicht z» bezwciict» . daß dieser Vorschlag aufrichtig ge meint war. Lord Salisbury nahm de» Plan mit Freuden an, erklärte aber, daß vor Allem die Grenzen Siams bc» stlninlt werde» müßte», wenn Siam nicht ein geographischer Begriff bleiben solle. Aus diese Depesche erhielt die britische Regierung tcinc Antwort und scheint auch aus teine gedrängt zu haben. Erst im Iabrc 1892 wurde die Frage wieder ansgenommc». Es geschah seitens Frankreichs. Dieses bean tragte, die beiden Mächte sollten den Mekong als Grenze zwischen den beiderseitigen Einflußsphäre» betrachte». Davon wollte aber Lord SatiSburn nichts wissen. DaS, erklärte er, liefe auf eine Theilung lsiamS hinaus, daS doch weder Frankreich, »och England etwas z» Leite gcthan bade. Durch dieses Abkommen würde natürlich das gerade Gegcntheil des früheren französische» Vorschlages erreicht worden sei». Lord Roscbcry bat in der siamesischen Frage dieselbe Haltung wie Lord Salisbury eingenommen. Beide sind sür Gründung eines PusfcrstaateS. Durch die fortwährenden Nörgeleien Frankreichs gereizt, sprach sich Lord Roscbcry i» seiner an den Marquis Tuffen» gerichteten Depesche vom September 1899 höchst srcimülhig aus. Cr wiederholte Lord SaliSbury's Forderung, erst die Grenzen SiamS sestzusctze», und warnte die französische Regierung davor, nicht zu weit zu gehen. Würde dieser Vorschlag nickt angenommen, so würde die britische Negierung „solche Maßregeln ergreifen müsse», welche sie zu ihrem eigenen Schutze für nothwendig erachte". England müsse dann seinen Halt in den zwei an den oberen Mekong grenzenden Provinzen, welche es nach der Cinverlcibung von Oberbirma erhielt, verstärken, Großbritannien müsse den Fluß beherrschen, wo immer er durch diese Gebiete ginge, und zu. -- ' ' > > > --- >> ' >-->> > " T Feuilleton. ik. Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bcrnfeld. Nachdruck rrrbolcn. (Fortsetzung.) „Gleichviel weshalb!" bebarrle der Doctor in brüskem Ton. „Vielleicht zum Vergnügen! Vielleicht zum Dienste der Wissenschaft, in der Sie dann nach Belieben stubiren können, — waS bedarf eS erst einer Erpcdition nach Außen hin, es giebt genug Material hier, wenn manS zu finden weiß! Vielleicht, wenn nicht um Ihrer selbst willen, dann um meinetwillen, um mir gefällig zu sein, wer weiß! — Und hören Sie mir zu, Tbrale — sein Ton wurde plötzlich ein schmeichelnd und ein süßliches Lächeln lagerte sich aus sein schlaffe-, gettllchcS Gesicht — „Sic müssen wissen, ich bin nicht so schlecht unterrichtet, wie Tie glauben. Man hat seine Augen und weiß zu sehen. Mir ist die alte Anhänglich keit zwischen Ihnen und meiner Tochter bekannt. Ich habe die gegenseitige Neigung wachsen sehen und — hm! ich würde trotz zc manchen Umstandes, über Len man — hm — hin- wcgsehcn müßte — würde trotz Allein nicht abgeneigt sein, den Dingen ihren natürlichen Lauf zu lassen, wenn wir über die Bedingungen einig werden, und Ihnen Annetten'S Hand zu geben." „Sehr gütig, in der That, Doctor Newbott. — Wenn tvir über die Bedingungen einig werden! Und trotz Allem, über daS Sie hinwegschcn müßten! Ich bin Ihnen für Ihre beiden Vorschläge zu großem Dank verpflichtet. Und wenn ich dieselben nun ablehne?" „Sie werden da- nicht thun. Sie würden mich zu Ihrem Feinde machen!" ^ „Ab! Die Deutlichkeit Ihrer Sprache läßt nichts zu dünschen übrig. Es handelt sich also nicht um GeschästS- vorschlLge, die Sie mir machen, sondern um ein Pistol, daS Sie mir auf die Brust setzen wollten." „Zum Henker» ja! Ich brauche Geld!" entgegnete der Doktor grob. „Ich bin znm Aeußrrstrn getrieben, wenn Sic ,« denn hören wollen! Wenn da«. was ich Ihnen biete, Sie nicht bestimmt, auf meinen Vorschlag riazuaehen, so tbul e< vielleicht der Umstand, daß ich Ihr Geheimnis, kenne. Ja, Ihr Geheimniß, Sir! Dinge, welche den an Ihrem Vater verübten Mord betreffen, welche zur Ermittelung des Mörders iübren müssen, verstehen Sie Wohl, und welche nur mir bekannt sind!" Falconer'S Auge» hefteten sich durchdringend aus den Sprechenden, seine Lippen öffneten sich halb, ohne daß er prach; in athemloser, stummer Erwartung lauschte er. „Ich war der Erste, der sich dem Tobten nahte, uw ihn u untersuchen", fuhr der Doctor mit der Miene der Sicgcs- gewißbcit fort, „die anderen hielten sich scheu zurück. Durch Zufall gewahrte mein Auge den unwiderleglichen Beweis von der Identität deS Mörder-, und ich nahm ihn an mich!" Falconcr schwieg noch immer. Nur sein brennender Blick heftete sich fragend aus den Doctor. „Selbst in diesem Augenblicke der Erregung und der Verwirrung gedachte ich Ihrer Familie, Ihres NamenS, und daß ich es diesen schuldig sei, das Geheimniß zu wahren, das Aeußcrste abzuwcnden", fubr Newbott fort. „Ick war lange mit der Familie befreundet, daS HauS, der Name waren mir heilig, und, ob ick nun Recht, ob Unrecht that, ich ließ mich von dem Gedanken an sie leiten und handelte danach. Ich nahm dieses Beweisstück an mich und unter drückte eS, obwohl ich mich dadurch der Gefahr aussetzte, falls später etwa die Sache von anderer Seite ermittelt würde, alS ein Begünstiger nach der That dazuslchen." Die Aeußcrungen dcS DoctorS wurden mit gedämpfter Stimme und großem Nachdruck gemacht, aber kein Wort der Erwiderung erfolgte von seinem Hörer, der, da» Antlitz leicht acröthet, die ganze Gestalt bewegungslos, noch immer seine Augen fest nnd erwartungsvoll aus den Sprechenden gerichtet hielt. Jetzt lehnte sich dieser ein wenig vorwärts, den einen Arm aus den Tisch gestützt, den anderen über denselben binwegstreckend und mit dem Finger auf Falconcr zeigend, und faßte langsam, heiser: „Hätte ich jenen Gegenstand zum Vorschein gebracht und gesagt, wo ich ihn gesunden, so würden Sie — Sie, Falconcr Thrale, verhaftet worden sein und man hätte die Anklage dcS Vatermordes gegen Sie erhoben!" Eine dunkle Glutb schoß in Falconcr Gesicht, die Adern schwollen auf seiner Stirn, er fuhr von seinem Stuhl empor, und einen Augenblick schien eS, als ob ein Sturm zum AuSbruch kommen solle. Aber wie von einem jähen Gedanken durch zuckt, veränderte er plötzlich seine Haltung; seine gespannten Züge lösten sich, der Zorn wich au» seinem Gesicht, sein Kops senkte fick. „Ich habe eS gewußt!" murmelte er leise, unhörbar vor sich hin. .Ich wußte, daß der Streich von irgend einer Seite her fallen müsse, er konnte nickt ausblcibcn! Und — er konnte schlimmer sein!" Langsam ließ er sich auf seinen Stuhl zurücksinkcn, stützte den Kopf in die Hand und dachte lange nach. Als er den Kopf wieder crbob, war sein Gesicht bleich und gelassen wie zuvor, seine Sprache und Haltung von unerschütterlicher äußerer Rübe. „Sie beschuldigen mich, der Mörder meines BatcrS zu sein?" fragte er. Der Doctor, der ibn lauernd und aufs Gespannteste beobachtet, nickte feierlich. „Ich thue eS!" bestätigte er. „Und ich habe Beweise." „Und obwobl Sie mich sür den Mörder meines BatcrS halten, bieten Sie mir die Hand Ihrer Tochter an?" Der Doctor wendete daS Gesicht halb ab und trommelte mit den Fingern nervös ans den Tisch. „Ich will — hm — ich will nicht der Richter über Tie sein", sagte er, indem er von Falconcr hinweg seitwärts nach der gegenüberliegenden Wand blickte. „Ich betrachte Sie nicht als einen niederen Verbrecher; eS giebt — hm — es giebt Manches, daS Ihnen zur Entschuldigung gereicht. Ich kenne die mannigfachen Provokationen, durch die Sie gereizt wurden — den Jähzorn und daS cholerische Tempera ment, daS Sie von Ihrem Vater geerbt — und nun ich — bin — ich weiß, WaS für ein schlimmer, unleidbarer Bursche. Ihr Vater war! Meine Tochter—? Nun ja, unter gewöhn lichen Umständen würde ich natürlich von solcher Partie ab- sehen, ganz recht. Aber hier, sehen Sie, wie ich Ibncn gezeigt, liegen die Dinge anders. Sie dauern mich, Thrale, ich will Sie nicht ruiniren, und meine Tochter dauert mich, die ihr Herz an Cie gehängt hat und gern Ihre Frau werden möchte — und, hol'S der Geier, ich muß auch an mich denken! Annette wird die Wahrheit nicht erfahren — weder von mir, noch von Ihnen — und so weiß sic von Nichts. WaS mich aber betrifft — ich kann mir nicht helfen, ich muß Geld haben und muß meine Chancen darum wahrnehmen. Ich bin zum Aeußersteu getrieben, daß Sie'S denn noch einmal börcn!" „Doctor Newbott", sagte Falconcr sehr ruhig: „Ein Wort im Voraus, ehe wir weiter über unser Geschäft sprechen. Sie sind ein au-gcmachter Schurke!" „Nein! Nein — sprechen Sie nicht so!" ries der Doctor eifrig aus, eifrig plaidircnd, um die Fortsetzung der Unter handlungen. auf die Falconcr hiazudeuten schien, nicht viel leicht zu gefährden, denn ihm lag ja daran, daß diese Unter- handliwacn zu dem gewünschten Resultat führten, nicht daran, daß er Falconcr den Gerichten übergab. „Nicht ein Schurke, Thrale — ein Man», der zum Acußerstcii getrieben ist — wahrhaftig, »ur ein Mann, der zum Aeußcrste» getrieben ist und seine Chancen wahrnelmien muß zu seiner eigenen Rettung. Kommen Sic, Thrale, lassen Sie uns einig werden, — ich weiß, Sie sind im Grunde kein schlechter Mensch. Anncttc ist ein gutes Geschöpf und liebt Sie. An ihrer Seite können Eie unter die Vergangenheit einen Strich machen »nd ein neues Leben beginne». Kausen Sic meine Praxis und werden der Mann meiner Tochter, und der Be weis, den ich in Händen habe, soll sür immer verschwinden. Ich werde meinen Schwiegersob» nicht verrathcn wollen!" Falconcr saß ihm, in Gedanken versunken, gegenüber, den einen Arni mit der geballten Faust auf den, Tisch, den Kopf halb von ibm abgcwendct, nachdenklich vor sich bin blickend. „Ich werte überlegen", sagte er wie zerstreut, „Sic sollen meinen Entschluß hören. — Zuvor jedoch noch etwas Anderes. Ich habe, bevor ich Ihnen irgend eine Antwort crtbcilc, zwei Fragen an Sie zu stellen. Die erste ist: Haben Sie ;e von einer Persönlichkeit NamenS Ioan Browncll gehört?" „Ioan Browncll? Nein!" entgegnete der Doctor ver wundert und mit dem Ausdruck der vollständigsten Aufrichtig keit. „Ter Name ist mir unbekannt. WaS bat er oder die Person dieses NamenS mit der Sache zu thun?" „DaS ist eS, WaS ich in Erfahrung zu bringen suche und von Ihnen vielleicht börcn zn können glaubte", warf Falconcr i»it einem leichten, bitteren Lächeln um seine Lippen bin. Tie Sacke mit diesem Namen bat mich ein wenig beschäftigt, und eS ist meiner Neugier bisher nicht gelungen, ibr aus den Grund zu kommen. Sir baden viel mit »iciiiem Vater ver kehrt, Sie waren tbeilwcisc in seinem Vertrauen, glaube ich — eS könnte möglicherweise auch in dieser Sache der Fall sein." Der Doctor wendete sich mit einem Ausdruck dcS lln» bchagcnS ab. „Pah!" sagte er. „Ich bade niit Ihrem Vater verkehrt, — als sein Arzt, im» ja! Sonst habe ich ihm sern gestände», — ganz fern — ick bade nichts mit feinest Geheimnissen zu thun gehabt — Etwas von einer gewissen Ioan Brownell? Ich habe den Namen in meinem Leben nicht gehört. Lasten Sie uns z» unserer eigenen An gelegenheit kommen", fuhr er ungeduldig sort, „ich wüßte nicht, wie mich jene inlcrcssireu könnte. — WaS ist die zweit« Frage, die Eie zn stellen wünschen?" „Meine zweite Frage ist: Worin besteht der Beweis, von dem Sie sprechen?" entgegnete Falconcr ruhig. ,Ahl Da- kann ich Ihnen beantworten, und werde eü
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