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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940824029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-24
- Monat1894-08
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Im October 1874 wurde dem Reichstage von den verbündeten Regierungen ein Gesetzentwurf vor gelegt, welcher den Zweck balle, die Heranziehung des Reichs zu Steuern persönlicher Natur ausdrücklich auszuschließen. Der Entwurf gelangte damals nicht zur Verabschiedung. Im Laufe der Jahre zeigte es sich, daß eine solche gesetzliche Ausschließung der Eommunalsleuerpsticht des Reichs verschiedene Gemeinden dauernd geschädigt haben würde. Die Gemeinden nämlich, in denen große reichSsiScalische Etablissements errichtet wurden, mußten im Interesse der insolge dessen anziehenden starken Arbeilcrbcvölkerung reichliche Mittel für Schulzwecke, Armenpflege u. s. w. auswentcn, ohne in den von diesem BevölkerungSthcile erhobenen Steuerbeträgen dafür auch nur ein annäherndes Acquivalent zu erhallen. So kam eS bald, daß diese Gemeinden wegen der reichSsiSca- lischen Einrichtungen in finanzielle Schwierigkeiten geriethen. Eine Reihe von Petitionen ist in der Angelegenheit an den Reichstag gerichtet worden. Die zuständigen ReichSbehörden beschäftigten sich infolge dessen gleichfalls mit der Materie. Schon am Ende des Jahres t8!)l war im Reichsschatzamt ein Gesetzentwurf ausgearbeitet, der die Frage der Steuerpflicht des ReichSsiScuS in materieller und formaler Beziehung einer Regelung unterwarf. Er wurde zur Grundlage einer Erörterung zwischen sämmtiichea betheiligten Ressorts gemacht. Die Er örterungen haben häufig Stockungen erfahren, weil dieSchwierig leiten, die sich bei der Lösung mancher Einzelsrage zeigten, sehr groß waren. Wenn nunmehr Aussicht vorhanden wäre, daß die Angelegenheit demnächst in den gesetzgebenden Körper schaften des Reichs zur Erörterung gelangte, so würde öS vielleicht möglich sein, daß die Eommunalbcsteuerung des ReichsfiScuS mit demselben Zeitpunctc in Geltung träte, zu welchem in dem neuen preußischen Eommunalabgabcn- gesetze diejenigen Bestimmungen Gesetzeskraft erlangen, welche ausdrücklich die communale Einkommen- und Gewerbestcucr- pflicht des StaatsfiScuS aussprechen. Die von der „Nordd. Allgem. Ztg." kundgcgcbene Absicht der preußischen Regierung, dem Landtage eine Abänderung und Verschärfung des BereinSgesetzeS vorzuschlagcn, erregt auch in Südbeutschland insofern Befriedigung, als diese Absicht die Erkennlniß der preußischen Regierung beweist, baß gegen die revolutionäre Gefahr etwas geschehen müsse. Aber erstaunt und unwillig ist man auch dort darüber, daß diese Erkennlniß nicht zu einem Anträge beim Bundesrathe auf einheitliche Ordnung dieses Rechtsgebietes von Reichs te egen sübrl. Zum Äiundslück dieses Unwillens macht sich der „Schwab. Merk.", der heute ausführt: „Darüber war dir große Mehrheit aller nationalgesinnten Männer bisher einig, daß, wenn einmal eine Aenderung der Vereinsgesetz» gebung dringend werden sollte, dieselbe nur durch eine eint, eit- iiche Ordnung dieses Rechtsgebicts von Reichswegen erfolgen durste, und das hier und da beliebte entgegengesetzte Verfahren ist von l»«scr Seite immer nur beklagt worden. ES liegt ja auch aus der van», daß die Ausübung eines so wichtigen staatsbürgerlichen Rechts wie des Vereins« uud BersammlungSrechts im Gebiete des deutschen Reichs nicht an nach den einzelnen Bundesstaaten verschiedene Bedingungen geknüpft werden darf. Was soll man nun dazu sagen, daß der größte Bundesstaat sich anschickt, das Recht des Reiches in diesem Puncte außer Acht zu lassen, und daß es das halbamtliche Blatt der „Reichsregierung" ist, welches in erster Linie dies Vorgehen vertritt! ES ist nicht anders zu erkläre», als daß man — was übrigens auch ganz offen aus- gesprochen wird, der Ansicht ist, eine Ordnung des Vereins- und VersaminlungSwesens, wie man sie anstrebt, würde von dem gegen- wärtigen Reichstage nicht zu erhalten sein. In diesem Zurückwcichen vor der gegenwärtigen Zusammensetzung des Reichstags aber liegt recht eigentlich das Betrübende an der Sache. Es bandelt sich um die Abwehr einer revolutionairen Gefahr, welche in erster Linie nicht diesen odcr lenen Einzelstaat, sondern das gesa mmte Reich bedroht; das Reich aber erklärt sich außer Stande, diese Abwehr zu leisten, und schiebt sie den Einzelstaatc» zu! Im Interesse einer kräftige» Reichsgewalt kann gegen ein solches Verfahren nicht entschieden genug Verwahrung eingelegt werde». Oder erkennt man nicht, zu welchen Folgen man kommen würde, wenn das Beispiel öfter Nachahmung ä»de? Warum sollte man nicht auch aus anderen Gebieten, wenn man sich mit dem Reichslage nicht verständigen könnte, de» Ausweg der Staatengesetzgebung brschreiten? Daß aber damit der allmähliche Auseinandersall des Reiches eingeleitet werden würde, bedarf nicht erst der Ausführung. Nein, wenn die Reichsregierung zu der Erkennlniß gekommen ist, daß gegen die rcvolulionaire Gefahr neue gesetzgeberische Acte uothwendig sind, so bat sie die Pflicht, dem Reichstag« entsprechende Vorschläge zu machen. Versagt der Reichstag, so hat man zu erwägen, ob derselbe auszulöseo sei. Die allgemeine Meinung, daß eine Auslösung zu keinem besseren Resultale führen würde, kann für eine kraftvolle Re gierung niemals ein Grund sein, eine VolkSvertrclung, welche die Mil- Wirkling an der Bekämpfung revolutionaircr Gefahren verweigert, zu schonen. Dennoch mag dahingestellt bleiben, ob nicht im cnt- lcheideudea Augenblicke wohlerwogene Rücksichten dazu zwingen konnten, von der Auslösung des Reichstags abzusehen. Alsdann würde eS zu dem Rückgriff aus den Nothbehels der Staatengesetz- gebung noch immer Zeit sein. Warum in aller Welt wird nicht auf diese Weise verfahren? Auch im Falle eine» verneinenden Ergeh- nisses im Reichstage würden die betreffenden Debatten von großem Werthe für die Aufklärung der in den letzten Jahren arg i» Ver- Wirrung gerathcnen öffentlichen Meinung über di« rcvolutionaire Gefahr sein. Wenn eS wahr ist, daß, wie behauptet wird, der Reichs kanzle reinemBorgehen des Reiche- abgeneigt sei, warum beantragt dann nicht die preußische Regierung «in solches im BundeSrathe? Sie würde sich dadurch allerdings in einen gewissen Gegensatz zu dem äuge» blicklichen verantwortlichen Leiter der Reichspolitik stellen, aber das wäre unseres Erachtens bei weitem nicht so schlimm, als wenn Preußen ohne Weiteres die Zuständigkeit des Reiches aus einem ibin von der Verfassung vorbehaltene» Gebiete bei Seite schöbe. Zu alledem gesellt sich die Frage, ob die Verschärfung de» preußischen Lereinsrechts wirklich dasjenige ist, was dem Bedürsniß der gegenwärtigen bedrohlichen Lage entspricht, ob nicht vielmehr eine derartige gemeinrechtliche Maßregel nicht aus der einen Seite über das Ziel hinausschieben, aus der ander» ober weit hinter demselben Zurückbleiben würde. Man möchte nach alledem dringend wünschen, daß die Andeutungen der „Nordd. A. Z." nur ein vor läufiger Fühler gewesen leien und daß die wirkliche Regierungs action gegenüber der revolutionären Gefahr sich demnächst in etwas eindrucksvollerem Lichte zeige, als bisher." Ob dieser Appell an die preußische Regierung etwas fruchtet, ist aus mehr als einem Grunde fraglich. Aber muß eS denn gerade Preußen sein, das an den BundeSrath mit einer Anregung zur rcichSgesctzlichen Regelung des Vereins Wesens oder mit einem auSgearbcitcten Gesetzentwürfe heran tritt? Biele andere deutsche Regierungen haben das gleiche Interesse an einer Abänderung ihre« BereinSgesetzeS und ein noch größeres als das große Preußen an einer einheitlichen Ordnung dieses RcchtSgebictes. Daß Preußen, wenn von anderen deutschen Staaten der dringliche Wunsch nach einer solchen Ordnung kundgcgeben würde, daraus beharren sollte, allein vorzugchcn, ist kaum wahrscheinlich. Man kann also der süddeutschen Presse nur ratben, die süddeutschen Regie ruogen zu einer Anregung im Bundesrathe zu drängen; der Erfolg eines solchen Drängens würde schwerlich auSbleibcn. Wie überall, so finden auch in Belgien die sociali stischen Wühlereien aus dem flachen Lande wenig Anklang. Allsonntäglich kommt es zwischen den socialistischcn Agitatoren und de» belgischen Bauern zu derben Prügeleien, bei denen die letzteren die Sieger bleiben. Dagegen ist eS im hohen Maße bcunrubigend, und selbst die liberale Presse erhebt warnenden Protest, daß in den große» Städten viele Volks sch ul leb rer sich nicht nur offen der socialistischcn Partei angcschlosse» babcn, sondern auch in Syndikaten ver einigt für die socialistischcn Lebrcn Propaganda machen. I» Thuin ist sogar ein BolkSscbullcbrer als soeialcstiscber Eandidal für die Deputirtcnwalil ausgestellt. Daß dieses Vorgehen der Lehrer das Schulwesen untergräbt, ist klar, aber cö ist nicht verwunderlich. Die liberalen Bourgeois der große» Städte haben, um die Arbeiter bei den Wahlen an die liberale Fahne zu fesseln, niit den Socialistc» arg geliebäuzelt, sie zu Stadträthe», in der Vorstadt Lacken sogar zu Stadlschulrälhcn gewählt, und so ernten sic nur, was sic auögcsäet. Und dabei baden die Liberalen gar nichts erreicht! Die Socialisren »ebnen jede Gemeinschaft bei den Wahlen mit den liberalen Bourgeois ab, weil die letzteren nicht dem EollectiviömuS huldigen. Andererseits mach: die katholische Presse erfolgreich Propaganda für die katholischen antisocia- listischcn Schule». — Der an der congostaatlich-portn- giesischen Grenze entstandene Eonflict der Congobchördcn mit den zu Portugal gehörigen Eingeborenen wirb von der Eongorcaicrung als wenig bedeutsam angesehen. DaS Grenz- aebict Mayombö ist stets bewegt, und Streitigkeiten wie ebergriffe der Farbigen kommen sehr häufig vor. Die congostaatlichcn Truppen haben keinesfalls portugiesisches Gebiet betreten. Von irgend einer Trübung der portugicßsch- conzostaatlichcn Beziehungen kann keine Rebe sei». Laute französisch - russische VerbrüderungSkund- aebu ngen, die seitens der Pariser Presse mit vieler Wichtigkeit behandelt werden, spielen sich seit einigen Tagen im Ornedcpartcment, besonders in BaanoleS de l'Orne ab, wohin sich der russische Botschafter in Paris, v. Mohren- heim, nebst Gemahlin zur Sommerfrische zurückgezogen hat. Ter Präsident deS dortigen Generalraths hatte, kaum daß die Herbsttagung dieser TepartcmentSvertrctunzen er öffnet war, nichts Eiligere« zu thun, als in schwungvollen Worten den russischen Botschafter seiner und der ganzen DcpartcmcntSbevölkcrung tiefen Verehrung für den Zaren zu versichern, unter gleichzeitiger Vermclkung seiner auf richtigsten Wünsche für daö Wohlergehen deS Botschafters und seiner Gemahlin. Daraus traf eine auf denselben Ton gestimmte Antwort deS gefeierten Diplomaten ein, welche das ganze Ornedcpartemcnt in einen wahren Taumel des Ent zückens versetzt zu haben scheint, denn seitdem vergebt kein Tag, wo nicht irgend eine demonstrative Ehrung für oaS Botsckastcr- paar in Scene gesetzt würde. Sogar daS MusikcorpS der Ärtillericschule von le ManS wurde nach Bagnolcs bcschicdcn, um der Gemahlin deS Botschafters ein Ständchen zu bringen Wenn der plötzliche Wicderansbruch der Russomanie, der sich von der Provinz rasch nach Paris verpflanzt hat, noch einer Steigerung fähig wäre, so würde sie durch die Nachrichten auS Petersburg bewirkt worden sein, welche sich mit dem Eintreffen des französischen Panzerschiffes „Bayard" im russischen KricgSbascn von Wladiwostok beschäftigen. In jener vom Weltverkehr ziemlich abgeschiedenen Station ist die Ankunft cincö Schiffes, namentlich aber eines die KriegS- slagge einer anderen Nation führenden Schiffe«, immer ein Ereigniß, welches Abwechselung in die Monotonie deS Alltag« dasein- bringt und deshalb als ein Fest gefeiert wird. So hielt man c« auch mit dem „Bayard", der den Eommandcur de« sranzösischcn Pacific Geschwaders, Admiral Dupuv, an Bord hatte. Die Stadt batte geflaggt und JlluminationSvorkebrungen getroffen, am Abend des Ankunftstages fand eine Galascst tichkcit im Marincclub zu Wladiwostok statt, und Vertreter deS Stadtraths brachten nach russischer Sitte dem sranzösischcn Admiral Brod und Salz dar. Letzterer dankte für die ihm erwiesene Ebre und sprach zugleich sein Bedauern darüber au«, daß er wegen der noch währenden Natiomattrauer Frankreichs sick für die ihm und seinen Leuten bezeigten Aufmerksamkeiten nicht durch Veranstaltung einer Festlichkeit a» Bord seines Schiffe« revanchircn könne. Nach drei tägigem Anseiitbalt in Wladiwostok dampfte der „Bayard" wieder ab. Die Pariser sind von den russischen Aufmerk samkeiten entzückt und finden es ganz in der Ordnung, daß Frankreich seine ostasiatische Politik streng den Wünschen und Interessen Rußlands gemäß cinrichtc. Auch die letzthin er- folgte AuSnehmung eines russischen NihilistcnncsteS auf fran zösischem Boden unweit der schweizerischen Grenze wird sympathisch begrüßt, weil man sich durch solche Liebesdienste die Russen noch mehr zu verbinden hofft. Die Gerüchte von einem bevorstehenden Herrscher- Wechsel in Trrbicn waren bereits vor einiger Zeit aus getaucht. Wenn sic nun in der Oeffentlickkeit eine größere Beachtung finden, so mag ticS zum Thcil ans den Um stand zurückzufubren sein, daß neucsteiis die Verhältnisse in Serbien wiederum sich recht schwierig gestattet babcn. Dafür, daß König Alexander zn Gunsten seines Vaters die Macht niederlcgen und Mita» wieder als regierender König eingesetzt werden soll, liegt eine Bestätigung nicht vor; dagegen verlautet auch in solchen Kreisten, die sonst von dem Gange der Dinge in Serbien ;,cnauere Kenntnis; zu haben pflegen, daß Milan den lebhaften Wunsch hegt, wieder ans Ruder zu gelangen, und daß er an« diesem Wunsche auch den Minislcrn gegenüber lein Geheimnis; gemacht habe. Als zutreffend wird der ,.M. A. Z." bezeichnet, das; König Alexander durchaus keine "Neigung be sitzt, die Macht aus den Händen zn geben, und das; der Vater de« Königs allcusalls bei den Radikalen für die Zu sage, nach seiner neuerlichen Thronbesteigung ein radicalcS Regiment zu ctabliren, Unterstützung bei der Verfolgung seiner Pläne gefunden haben wurde, während da« Cabinct Niko lajewitsch sich pflichtgemäß ans« nachdrücklichste gegen jede Umwälzung er klärt habe. ZwischcuMitan und dem Ministerium Nikolajcwilsch bestände nunmcbr eine hochgradige Spannung, durch welche die Stellung des Ministeriums noch erschwert erscheinen mfts; In Betreff der Andeutungen, das; Milan'S Plan, wieder den Thron zu besteigen, durch Einwirkung von außen vereitelt worden sei, ist eine Eontrolc in verläßlicher Weise kaum möglich. Es läge allensalls nabe, anzunchuicn, das; man spccicll in Petersburg, wo Milan bekanntlich nicht gut ungeschrieben ist, dessen Projekt einer abermaligen Thron besteigung mit gehörigem Nachdruck von der Hand gewiesen habe. Auch anderwärts wird man eS nur guthcißcn, wenn neue Umwälzungen in Serbien vermieden werden. Dragan Zankow, der aus Bulgarien verbannt wurde, weil er cö an Rußland verrathcn wollte, macht vergebliche Versuche, in sein Vaterland zurückznkebren, um unter der Maske deS Patriotismus seine alten Pläne wieder aufzu- nehmcn. Daö liest man deutlich zwischen den .Feilen seiner an seine tbcuren Landsleute" gerichteten Proklamation, worin er sagt, er wolle sich mit seinen Gesinnungsgenossen um den Thron Ferdinand'S schaarc», aber dieser müsse orthodox werden, weshalb der ausgcbobcnc 8- -18 der Verfassung wiedcr- bcrzustcllcn sei. Das bulgarische Volk müsse seine Liebe zn Ruß land bcthätigcn, dann werde das bulgarische Fnrstentbum schon in „normale" Bahnen lenken. Nach den Erklärungen der Minister, von denen besonders der aus dein Eabincl Stambulew übernommene Minister des Krieg«, Petrow, die russophilen Tendenzen deS Fürsten nickt unterstützt, ist Zankow bedeutet worden, daß man aus seine Anwesenheit in seinem eigene» Interesse verzichte, und auch die gegenwärtig außer- Fruilletoir. Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernseld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Jane", Hub es plötzlich an, „ich möchte, Sie erzählen mir Einiges von sich." Sie blickte überrascht und verwirrt auf. „Nicht, wenn Sie es nicht mögen", fügte er beruhigend hinzu. „Aber ich hätte gern etwas Näheres von Ihrem Leben gehört. Sie scheinen gar so einsam dazustehen!" „Ja — ich stehe allein da!" sagte sie leise und senkte den Kops. „Sie geben in Trauerkleidung. Haben Sie Jemand ver loren, den Sie liebten?" „Ja. Mehr als Alles, das ich in der Welt besaß!" „Dar eS Ihre Mutter?" „Meine .... eine Verwandte, welche Mutterstelle bei mir vertrat. Sie war sehr gut gegen mich!" „Sie leiten keinen Mangel, Jane, nicht wahr? Ver zeihen Sic mir, ich hoffe, meine Fragen sind nickt zudringlich. Aber ich möchte so gern darüber beruhigt sein — nicht wahr, es ist nicht die Sorge um Ihren Lebensunterhalt, die Sie zu arbeiten treibt — vielleicht hart zn arbeiten treibt, wie?" „Nein", erwiderte sie mit gesenktem Kopf. „ES ist für «ein Leben gesorgt." „Genügend ?" beharrte er forschend. „War Ihre Ver wandte reich?" „Sie war arm. Sie binterließ mir kein Vermögen, nur die tbcure Erinnerung an sie, die ich nicht für alle Schätze der Welt hcrgcben würde." „Nicht reich? Sie müssen mir mehr von sich sagen, selbst wenn Sie mich für ausdringlich halten, Jane! Ich will wenigstens die Gewißheit haben» daß nicht Notk und materielle Sorgen Sie zu thun trieben, was Sie auf Old Hall gethan. Ihre Verwandte starb arm, sagen Sie. So Hel Ihnen von anderer Seite ein Einkommen zu — ist auch dieser Verwandte todt, um Ihnen in Ihrer Vereinsamung dicht zur Seite sieden zu können? — „Er kam» mir nicht zur Seite stehen", erklärte sic, sich unruhig von ihrem Stuhl erhebend, während in jäher Folge Erröthen und Erbleichen auf ihrem Gesicht wechselten. „Aber ich ... ich bitte Sie, mich nicht mehr zu fragen; ich möchte nicht weiter antworten" Falconer blickte einige Momente schweigend, in Gedanken versunken auf sie hin. Dann holte er tief Alhcm und strich mit der Hand über die Stirn. Seine Haltung »nd der Ton seiner Stimme änderten sich, sie zeigten nur noch Ruhe und Festigkeit. „Sprechen wir von etwas Anderem", sagte er. „Als Sie mir Ihre Nachrichten brachten, — was erwarteten Sie, daß ich thun werde?" Sie zögerte einen Augenblick. Tann richtete sie den Kops empor, sab ihm fest und voll ins Auge und entgegnete: „Das, was ick Ihnen ratben würde zu thun!" „Und daS wäre?" „Der Wahrheit die Ehre geben! Zu Mr. Everctt geben, in dessen Austrage Simpson bandelt und forscht, und ihm ohne Rückhalt Alles sagen, was Ihnen von dem schrecklichen Geheimnisse bekannt ist!" „Ihr Vertrauen auf mich ist groß, Jane! Geben Sic mir Ihre Hand!" Er trat auf sie zu und ergriff ihre Hand, die sie ihm willig reichte. Er hielt sie einen Augenblick schweigend in der seinen und schaute auf ibr liebliches, ruhiges, muthizeö Antlitz, in ihr klare«, seclcnvolle-, dunkelblaues Auge. Dann raffte er sich plötzlich auf, ließ ihre Hand lcS und trat von ihr zurück. „Jetzt genug. Jane", sagte er entschlossen. „Sic müssen nach Hause geben. Sie haben Wohl gethan, mich zu benach richtigen. und ich danke Ihnen — aber noch einmal, meiden Sie mich» suchen Sie mich nicht wieder auf, was auch ge schehe — wir dürfen einander nickt wieder begegnen; nicht Wiedersehen! Niemals — eS ist am besten so! Ich entlasse Sie aus meinem Dienste, Jane, kehren Sie nicht wieder nach Old Hall zurück! Geben Sie zu Mrs. Brown, seien Sie glücklich in Ihrem kleinen Heim, und — leben Sie wohl, leben Sie wohl auf immer!" „Sir!" sagte sie leise, traurig, bittend. „Gehen Sie, Jane, gehen Sie", beharrte er entschlossen, fast heftig und wendete sich, wie um der Versuchung ihre- Anblicks zu entgehen, hastig von ihr ab. „Möge Gott Sie geleiten, aber kehren Sie nicht zurück! Ich danke Ihnen für Das, was Sie mir gethan, und danke Ihnen für den Glauben an mich, den Sie mir gezeigt — seien Sie versichert, daß er Sie nicht täuschen wird, seien Sie versichert, daß ich, wenn die Stunde gekommen, zu sagen, was ich weiß, eS wahrheits getreu, ohne Rückhalt, wie Sie eS erwartet, lbuii werde — ich werde Ihrer gedenken, Jane, aber ich darf Sie nicht WiedersehenI Leben Sie wohl, aus immer!" XIX. Jane erreichte unbemerkt, wie sie gekommen, daS Gebüsch, in welchem sie Umhang und Hut verborgen, legte beides an und kehrte in ihr Heim zurück, wo sic alsbald die Einsamkeit ibrcö ZimmerS aussuchte und die Thür hinter sich schloß. Sie wollte allein sein. Außen in der Küche und in Sam'S Krankeiigemach körte sie MrS. Brown hantiren und ab und zu gehen unk ließ sich zuweilen die beredte Stimme der MrS. Fogg vernehmen, die zn Sarah'S Unlerstützung herbeicitirt Worden war. Jane zündet: kein Licht an. sonder» saß einsam im Dunkeln, den Kopf in beide Hände gestützt, und hing ihren Gedanken nach. WaS war zu tbun, waS konnte sic unternehmen, um für Falconer zu wirken, das Netz, wenn möglich, z» durchdringcn, daS man insgeheim gegen ihn spann? Bei Simpson, dem verschlagenen Polizeimannc, wie sic nicht zweifelte, vermochte sic nichts, daS fühlte sic wohl; »och weniger bei Everctt, den sic nicht kannte und der ihr fern war. Aber Ncwbott! Ter Doctor, der vielleicht der gefährlichste von Falconer'S Feinde» war, denn seine Drohungen hatten ihr ausgesprochen, daß er eine vernichtende Macht über ihn besitze, und der sich ihr unvorsichtig gezeigt, so daß sein Gehcliniiiß vielleicht zu er gründen war. Wie konnte sie zu ihm gelange», Einlaß in sein Hauö finden? Sollte eS möglich sein durch seine Tochter, die so freundliche Worte an sie gerichtet — seine Tochter, die Falconer liebte? Jane schrak vor dem Gedanken zurück, aber ebenso schnell erhob sie sich auch über dieses Zurück schrecken. Vor der Ausgabe, Falconer zu retten, jür ihn zu wirken, mußte alles Andere in den Hintergrund treten. Sie überlegte, ob sie sich unter der Angabe, daß sic von Old Hall entlassen sei, zu gleichen Diensten, wie dort» bei Annette Nrwbott anbieten sollte. Aber sie mußte den Plan verwerfen. Sie wußte ja nicht, ob Annette Ncwbott einer Hilfe bedürfe und eine solche zu engagiren bereit sei, und wenn eS nicht der Fall sei, war damit der Weg einer anderen Annäherung abgeschnitten. Sie mußte offen und in ihrer wirklichen Gestalt, als junge- Mädchen zu dem jungen Mädchen, Annettens Bekanntschaft zu machen suchen. Jane saß lanae über ibren Plänen brütend, die Zeit ging dahiw die Uhr schlug halb elf. In der Lüche uod dem Schlafzimmer Sam'S ließ sich noch da« Geräusch der hantirciiden Heiken Frauen und ibr gelegentliche« Gespräch hören. MrS. Brown hatte »> der Geschäftigkeit »in ihren kranken Mann Jane »nd ibr Abcndbrod vergessen, und dieser, in ihre Gedanken versunken, war jede Wahrnehmung des Verstreiche»« der Zeit verloren gegangen. Allein die Er eignisse deS heutigen Abends sollten noch nicht ihr Ende er reicht haben. Etwas nach halb elf Uhr ertönte laut der Tbürklopser deS Hause«. Jane fuhr horchend aus ihrem Sinnen aus. Zu so später Stunde mußte dieses Einlaßbegehrci, an dem stillen Häuschen etwas BesoirdereS bedeuten — wie ein Blitz huschte Jane die Erinnerung an den heiligen Besuch Simpson s bei Everctt, an die auffällige Beobachtung, die er beute Abend bei Sam gemacht, durch den Kops. Sie erbob sich rasch, öffnete die Thür ihres Zimmers und trat in dieselbe, von wo auS sic die EingangSthiir des Hauses jeden konnte, bereit zu beobachten, waS vorzcke, und, wenn »ötbig, zu handeln. - MrS. Fogg öffnete soeben die Hausthur. DaS Licht der bellen Lampe in ihrer Hand, verstärkt durch dasjenige, daS auS der erleuchteten offcnstchcliden Küche siel, zeigte in dem Komniendc» auf der Schwelle einen »littelgroßcii, elegant gekleideten Mann von strengen, verschlossenen GcsichtSzügcn und etwa >',«> Jabre», welcher fragte, ob Sam Brown an wesend sei. Indem er sprach, siel sein scharfe«, durch dringendes Auge auf Jane, deren Gestalt uns Antlitz gleich falls von deni Lickt bell beleuchtet wurde, »nd blieb forschend aus ihr haften, als sei eS daS junge Mädchen selbst, da« er suche. „Mr. Sam Brown? Natürlich ist er liier, er ist ja krank!" erklärte die beredte MrS. Fogg. „Aber er ist nicht zn sprechen, liegt im Bett, Gott sci'S geklagt! Ein bischen besser geht - schon mit ibm, aber, weiß der Himmel, er macht unö immer »och genug zu schaffen!" «Gehen Sir zu ihm »nd melden Sie ihm, der Anwalt Everctt wünsche itm zu sprechen!" „Ihn sprechen? Herr, wollen Sie ibn ans den Kirchbof bringen?" ries MrS. Fogg entrüstet aus. „Der Mann ist ja krank, sage ich Ihne»! Liegt zu Bett und trinkt Fticdcr- lhce, den ich ihm eben gekocht!" „Denn er hier ist, und am Leben, niuß ich ibn seben!" herrschte der Anwalt sie scharf an. „Nock einmal, gehen Sie zu ibm und melden Sic ibm Mr. Everctt!" Er trat bei seinen Worten entschlossen näher in de»
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