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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940825020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-25
- Monat1894-08
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Welches auch daS Resultat der Preßerörterungen über die Neuregelung des Vereins- und Bersammlnngsrrchts sein mag; ob der Bundes rath sich entschließt, dem Reichstage eine reichsgesetzliche Regelung dieses RechtSgebieteS vorzu schlagen, oder ob in einer Reibe von Einzelstaatcn die Landtage mit Borlagen über Abänderung der betreffenden Landesgesctze werden befaßt werden: jedenfalls ist es ein vielversprechender Erfolg der vom nationalliberalen LandeSverein für das Königreich Sachsen auS- gegangenen Anregung, unreife junge Leute von politischen Vereinen und Versammlungen fernzuhaltcn, daß die radicale und die ultramontane Presse schon jetzt, also lange vor einer etwaigen gesetzlichen Inan griffnahme dcS Gegenstandes, außer haltlosen juristischen Ein wänden und technischen Bedenken nichts Ernsthaftes gegen die geforderte Gesctzcsänderung mehr vorzubringen weiß. WaS die elfteren angeht, so ist zu beachten, daß die Reichs verfassung nur Wahlberechtigten, also mindestens Fünfundzwanzigjährigen, das Recht zuspricht, „zum Betrieb der den Reichstag betreffenden Wahlangelegenbeiten" Vereine zu bilden und Versammlungen zu veranstalten. Nehmen jüngere Leute an solchen Veranstaltungen Theil, so geschieht eS nicht, weil die Reichsversassung e« ihnen gestattet, sondern weil die Landesgesetze eS nicht ver bieten. Einen, Verbot dieser Art steht aber kein rechtliches Hinderniß im Wege, am allerwenigsten die preußische Ver fassung, auf die man sich ebenfalls berufen bat. Die preußische Verfassung gewährt zwar „allen Preußen" die Berechtigung, sich zu versammeln, aber sie schreibt gleichzeitig vor, daß gesetzliche Bestimmungen zur Verhütung eines die „gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des VersammlungSrechtS" zu treffen seien. Solche Vorschriften sind denn auch wiederholt verfassungsmäßig und rechtskräftig im Sinne der Einschränkung des „Allen" gewährleisteten Rechts ergangen, wie denn auch die Zulassung aller Preußen ohne Unterschied deS Alters und Geschlechts einfach wider sinnig wäre. Daß die Festsetzung der Altersgrenze auf daS die Berechtigung zum Wählen in den Reichstag mit sich bringende Lebensalter im lWeresse der Beseitigung eines Mißbrauchs deS Versamml«>gSr«chtS gelegen wäre, kann nur Der bestreiten, der das Auftreten socialdemo kratisch aufgercizter halbwüchsiger Menschen in Versamm lungen nichl kennen gelernt bat. Wie die juristischen, so sind auch die technischen Einwände hinfällig. Der klerikale „Wests. Merkur" macht das wcrthvolle Zugeständniß, eS wäre gewiß ein Segen, wenn man alle unreifen Burschen aus dem politischen Getriebe sernhalten könnte, aber er meint, die Vornahme der Altersprobe müsse in zweifelhaften Fällen sehr störend empfunden werden. Dieses Bedenken war schon widerlegt, che eS erhoben wurde. In einer Zuschrift an die „N. A. Z." war nämlich der Borschlag zu folgen den GrsetzeSparagraphen gemacht worden: „Wer eine politische, eine Wahlversammlung besuchen will, muß wahlberechtigt sein. Legitimation erfolgt durch eine aus Grund der Wählerliste auSrustellendc Karte. Wer 25 Jahre alt geworden ist, bat das Recht, in die Lifte eingetragen zu werden." Ein Verfahren dieser Art böte keinerlei ernste Tchwierigkciien. Es müßten die Wänlerlisten fortgesetzt, statt »ur unmittelbar vor den Wahlen geführt werden, aber dies wäre für die Gemeinden kaum unbegucnzer, höchstens etwas kostspieliger, als die jetzige Hebung. Für den Wähler hätte eS zudem den Vortheil, daß er nur durch besonders große Nachlässigkeit seinerseits des Wahlrechts in Folge Nichteintragung in die Wählerliste verlustig gehen könnle. Die Einführung einer solchen Karte würde auch den Gebrauch gefälschter oder entliehener Legitimationen, wie ihn der „Westfälische Merkur" von der Abfordcrunz des Geburtsscheins ober ähnlicher Papiere mit Grund befürchtet, auf ein Minimum beschränken und so gut wie bedeutungslos machen. Der Mehrzahl der in Betracht kommenden Burschen ist eö anzumerken, daß sie daS 25. Lebensjahr nicht erreicht haben, und wenn einmal ein 25 jähriger Anarchist oder Social demokrat einem 2 t- oder 23 jährigen Gesinnungsgenossen seine Karte abtritt, so fällt dieser Betrug politisch nickt ,»S Gewicht. Mit der Einführung der Wählerkarte entfiele auch die Befürchtung, daß Versammlungen wegen der Theilnahme von im Sinne dieses Vorschlag« minbersährigen Personen der polizeilichen Auslösung verfallen könnten: wer nicht legi» tiuiirt ijt, wird nicht zuzelassen, wer zugclasse» ist, hat als zur Theilnahme berechtigt zu gelten. Die Durchführung einer Beschränkung dcS VersammlungSrechls wäre einfach, die klerikale und die demokratische Presse will sic aber nicht nnd findet deshalb auf einmal die Propaganda in Versammlungen nebensächlich. Die „Boss. Ztg." »ersteigt sich sogar zu der sublimen Weisheit, man dürfe „nichl vergessen, daß jugend liche Personen sich vielleicht daS Recht nehmen, in Versamm lungen zu lärmen, daß sie aber politisch keinen Schaden anrichtrn können, da sie noch nicht wahl berechtigt sind." DaS ist die echte Maschinrapolitik, für die nicht in der Welt ist, WaS nicht in der Urne liegt. Die „Köln. Ztg", die kürzlich an den Besuch des Kaisers bei der ehemaligen Kaiserin der Franzosen, t-ugcnie, die Bemerkung knüpfte, der Kaiser sei zu der Kaiserin Eugenie gegangen als „Vertreter eines neuen Geschlechts, das nicht nach kriegerischen Lorbeeren strebt", muß jetzt sehen, WaS sie mit dieser von uns mit Recht gerügten Bemerkung in Frankreich angerichtct hat. Sie muß nämlich die folgende Auslassung des Pariser „Matin" verzeichnen: „Wenn meine Erkundigungen richtig sind, werden die Deutschen den Sedantag in diesem Jahre zum letzten Mal feiern Der Kaiser soll in dem Streben nach einer internationalen Ver söhnung und um ein Element ständiger Reizung und Reibung aus der Welt zu schaffen, beabsichtigen, in Zukunst die Sedanseier abzuschassen und eine andere geschichtliche Thal, die weniger schmerzliche Erinnerungen wachruft, als deutsche Nationalfeicr be gehen zu lassen." Diese Unterstellung weist daS rheinische Blatt folgender maßen zurück: „DaS französisch« Blatt beweist mit dieser Auslassung nur, daß e- die Anzeichen der versöhnlichen Stimmung Deutschlands gegen Frankreich, die in der letzten Zeit in die Erscheinung getreten sind, nach Ursache und Wirkung vollständig mißversteht. Gerade Kaiser Wilhelm hat häufig genug dafür Zengniß abgelegt, daß die Errungenschaften wie die glorreichen Erinnerungen aus dem großen Kriege ihm als Vermächtnis seiner Väter heilig sind und daß er wie jeder gute Deutsche kein Titelchen davon ausgeben möchte. Nicht daraus kommt eS uns an, die Franzosen uns günstig zu stimmen, sondern darauf, der Welt zn zeigen, daß wir keine» Groll gegen sie liegen, daß nicht wir die Verbitterung in daS Verhättniß beider Lander hineintragen. In diesem Bestreben werden wir daher ängstlich alles zu vermeiden haben, was als Schmeichelei 'ür die nie zu befriedigende französische Eigenliebe auSgelegt werde» kan», und ohne Jemand hcrau.'zusordern, dars und wird das dculsche Volk schon deshalb auf seine Sedanseier nicht verzichten, weil cs gerade in unserer Zeit der Verflachung des patrioiijchen Gefühls das Bedürfnis hat, sich an den große» Tagen der vaterländischen Einigung auszurichten und zu erbaue». Einen billig denkenden Franzosen wird überdies die Erinnerung an die Tage von Sedan weit weniger verletzen alS irgendeine andere Tchlachlenicier; wenn wir im Scdaiiscst den Tag begeben, an dem das Kaiserreich, das uns mit Krieg überzogen, stürzte, so kann sich der sranzüsischc Revnbltkaiier in gewisser Beziehung sogar mit dem deutschen Monarchisten einig suhlen, denn in Sedan wurde die dritte Republik geboren. Also — der Sedantag wird i» Deutschland weiter gefeiert werden." Eine solche Zurückweisung würde schwerlich nöthig ge wesen sein, wenn die „Köln. Ztg." bei ihrem Bestrebe», den neuen CurS aus Kosten deS allen zu verherrliche», vorsichtiger gewesen wäre und daS „neue Geschlecht" nichl m falschen Gegensatz zu dem alten gestellt hätte. Die Tagung der französischen Generalräthe hat in ihrem bisherigen Verlaus zur Genüge dargelha», daß der Geist dieser Vcrtretungskörperschasten ein gesünderer ist, als vielfach angenommen wurde. Die von dem RadicaliSmnS und der Socialdemokratie den Generalräthe» anbeimgegebenc» Ver wahrungen gegen die socialen VertheidigungSmaßregeln, zu denen sich Regierung nnd Volksvertretung unter dem steigenden Druck der anarchistischen Hochflnth aufgeschwungen batten, sind bloS in drei Departements laut geworden, ein wirklich mageres Ergebniß. wenn man bedenkt, welche agitatorischen Anstrengungen inS Werk gesetzt wurden, um die Generalräthe unter den Terrorismus der Umsturzbewegung zu beugen. Und von den erwähnten drei Departements waren eS wiederum nur zwei, die durch ihre revolutionäre Tendenz bekannten BoucheS du Rhone und Var, welche das Verlangen nach Abschaffung der AuSaabmegesetze gegen den Anarchismus stellten. Im Gcneralrath deS dritten Departements, deS GerS, kam eS gar nicht einmal so weit, da der bezügliche Antrag schon durch Stellung der Vorfrage abgethan wurde. In den übrigen achtzig und mehr Departements sprachen sich die GcneralrathS- vorsltzenden unter dem Beifall der Versammlungen dahin aus, daß die Regierung unter keinen Umständen in der Wach samkeit und Strenge gegenüber der anarchistischen Gefahr Nach lassen dürfte. Ueberall widmeten die Generalratbsvorsitzcnden ferner dem Andenken des ermordeten Präsidenten Earnot sympathische Nachrufe und verbanden damit eine ehrerbietige Bewillkommnung deS jetzigen Staatsoberhauptes Casimir- Perier. An daS Lob der bestehenden Staatseinrichtungen schloß sich ebenso regelmäßig die Erklärung, daß der heutigen Gesellschaft das Recht znstcht, sich mit unerbitt licher Energie gegen daS anarchistische Mordbanditenthum zu wehren. Es mag zweifelhaft erscheinen, ob die Generalräthe sich so rückhaltlos auf die Seite der Staatsautorität gegen den Umsturz gestellt hätten, wenn ihnen nicht bekannt gewesen wäre, daß die ungeheuere Mehrheit aller Franzosen eine der artige Stellung erwartete, ja verlangte. Um so werthvoller erscheinen die GencralrathSkundgebunzen als Ausdruck deS mit elementarer Kraft wirkenden BolkSwillenS. In der Thal ist da« Land von jeder Anwandlung der Nachsicht gegenüber dem Anarchismus und dessen socialdemokratisch- radicalen Zuhältern so weit entfernt, daß in den Bureau Wahlen der Generalräthe die radicalen Candidaten fast durchgehend unterlagen. Wo gemäßigte Politiker den Vorsitz de« Generalraths inne hatten, sind sie mit verstärkter Mehr heit wiedcrgewählt worden, wogegen die radical gesinnten Präsidenten zumeist Eollegcn von der milderen Tonart weichen mußten. In mehreren Fällen betraf dieses Schicksal olche Politiker, welche in ihrer Eigenschaft als Kanimcr- dcputirte ihre Stimme gegen die Annahme der Anarchisten- gcsctzc abgegeben hatten. .>bre Wablniederlage trägt mithin ganz unzweideutig den Ebaraktcr einer wohlverdienten Lcclion wegen ibrcS pflichtvergessenen BenebmenS als Deputirte. Es ist unzweifelhaft, daß in der jetzigen Tagung der ranzösischen Generalräthe die Provinz ibren Willen in einer Weise iiianifestirt hat, welche einen tiefen Gegensatz zu der in SanSeulottiSmuS und EommuniSmus versunkenen Haupt- tadt bildet. Paris wird wohl daran tbun, diesen Wink nickt unbeachtet zn lassen. Schon einmal, im Commnneausstand 187l, ist eS den Parisern sehr schlecht bekommen, als siedein Lande eine sociale Revolution aufnöthigen wollten. DaS nächste Mat könnte eS ihnen noch schlimmer gehen. An den nun abgesagten Herbst-Manövern der russischen Armee bei SmolenSk, welche binnen wenigen Tagen beginnen und in Gegenwart dcö Zaren stattfinden sollten, hätten 150 660 Mann unter den Befehlen der Generale Garnetzki und Kostonda thcilnehinen sollen. Man hat in Rußland noch niemals eine so große Truppenmacht zn einer FriedcnSübunz versammelt, n»v es tag un Plane dcS russische» Gciieralstabcs, bei dieser Gelegcnbeit auch die kriegsmäßige Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen jür den MobilisirungSfall einer praktischen Probe zu unter ziehen. Wenn so interessante und für die russische Truppensührung so lehrreiche Versuche im letzten Augenblicke abgesagt wurden, so müsse» hierfür ganz besondere Gründe maßgebend gewesen sein. Von ossiciöser Petersburger Seile wird nun der Versuch gemacht, diese plötzliche und iH.'cr- raschcnde Absage durch den nicht befriedigenden Ge sundheitszustand dcS Kaisers Alexander zu erklären, der ihn zwingt, den Manövern bei Smolensk scni- zubleibcn »nd aus dem Schlosse zu Spala in Po!-» Er holung zu suchen. Der Zar soll angeblich seit ein- Z>tt physisches Unbehagen empfinde» „uv sich durch sehr inz'.ren- gende Hingabe an die RegicriiilgSangelcgenbeikcn »derarteuer haben, so daß die Acrzte ihm dringend angeralhcu bäilc.i, sich eine Ruhepause zu gönnen. Nach einer andere», ebenfalls ossiciösc» Meldung soll der Kaiser an Influenza leict»: er krankt und dies der Grund für die Absage der SmolenSkcr Manöver sein. Alle diese Mittheilungen müssen indes; einiges Mißtrauen Hervorrufen. Abgesehen davon, das; b,s jetzt nichts von einer Krankbeit deS Zaren verlautete, wäre eine solche Wohl kaum ein genügender Grund dafür, ein so groß angelegtes Manöver, wie dasjenige bei SmolenSk sein sollte, zu dem schon seit Monaten umfassende Vorbereitungen getroffen worden waren und zahlreiche Einladungen an fremde Gäste ergangen sind, in der letzten Minute abzu- sagcn. Schließlich hätten sich diese FricdeiiSübnngen in dein Falle, daß der Kaiser verbinden gewesen wäre, iknen beizu wohnen, auch vor seinem Bruder, dem Großfürsten Wladi mir, und vor dem Zarewitsch abspiclen können. Wenn endlich der Zar zu leitend ist, um die Reise nach Smolensk zu macken, so wird er wohl sich auch nicht nach Spala be geben können, daS noch entfernter von Petersburg liegt, als EnnolenSk und Moskau. Möglicherweise ist eS die in vielen Tbeilen deS Zarenreiches berrfchende Cholera, welche für die Absage der Manöver maßgebend war, aber die Gouvernements von Moskau und SniolcnSk sind entgegen anderwcitcn Nach richten bisher von der Seuche verschont geblieben. Es niüssen so nach wohl andere Ursachen zu dem Entschlüsse, die SmolenSker Manöver abzusazcn, geführt haben. Bereits vor einiger Zeit, im Mai diesesJahreS,ist eine Verschwörung gegen r asLeben deS Zaren entdeckt worden, die anläßlich der Herbstmanövcr FeiriHatai». 201 Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernseld. Nachdruck »erboten. (Fortsetzung.) „Ich habe noch eine Frage an Sie zu thun, Sam, die zu dieser Sache gehört", bemerkte der Anwalt, seine Augen langsam von dem Papier erhebend, um sie auf Sam zu richten. „Sie sagten vor dem Coroner sowie vor dem mit der Vornahme der Nachforschungen beauftragten Detectiv aus, Sic hätten den Sohn deS Ermordeten, Mr. Falconer Thralc Abend« früh daS HauS verlassen sehen, um. wie er erklärte, sich nach Foxton zu begeben. War dieser Theil Ihrer An sage Wahrheit?" „Die volle Wahrheit, ja, Sir!" versicherte Sam. „Und Falconer Thralc gab an, den zeitigen Abendzvg in Foxtoll noch treffen zu wollen, um ihn zur Rückkehr nach London zu benutzen. „Ganz recht, Sir, so sagte er. Und ich sah ihn die Etraßc entlang am Parke vorüber hinwegstürmen, als ob er in großer Aufregung sei oder die größte Eile habe." Mr. Evcrctt fügte seinem Protokoll eine entsprechende Bemerkung hinzu und forderte Sam auf, daS Blatt zu unterzeichnen. Mr«. Brown, der große Thränen über ihr gutes, ehrliche- Gefickt rannen, Hais zärtlich ihrem Manne sich im Belt emporrichtcn und er setzte seinen Namen unter d-S Papier. Der Anwalt fügte den seinen hinzu und ersuchte dann Jane, vorzutrctcn und gleichfalls zu unterzeichnen. Entschlossen trat sic heran, warf einen Blick auf den Platz, wohin sie ihren Namen setzen sollte, und ließ dann ruhig »rufend ihr A»ge über die von dem Anwalt nicdergeschriebenen Zeilen laufen. Nicht» war den Worten Sam'S hinzugesügt; sie setzte ihre eigene Unterschrift unter diejenige Evcrett'S. „Sir", sagte sie dann fest, ihm mutbig inS Auge blickend, »gestatten Sie mir eine Bemerkung. Es sind zwei Tinge möglich zur Erklärung Dessen, wa« wir hier gehört. Ersten«, daß Mr. Falconer Tdrale schon zu jener frühen Abendstunde, wo er H«S HauS verließ, daS Pferd Pierrrpomt, ohne daß Eam e« inne ward, au« dem Stalle nahm und hinwrgritt, ß«tt zu Fuß, z, gehen. Zweiten«, daß Mr. Brown sich täuscht in der Möglichkeit, den Hufschlag Pirrrepoint'S von dem eine- anderen Pferdes zu unterscheiden, und er in der Nacht zn der erwähnten Stunde ein anderes Pferd als Pierrepoint galoppiren hörte!" „Nein, Miß, nein, sag' ich!" fuhr Sam erregt auf. „Pierrepoint'« Hufschlag war eS und kein anderer, so wahr ich selig zu werden hoffe!" „ES liegt verständiges Urtbeil in Dem, WaS Sie bemerken", versetzte der Anwalt ruhig, seine Worte an Jane richtend, „und eS soll an rechter Stelle in Erwägung gezogen werden. Leider wird es nur wenig verschlagen. Die Verdachtsgriindc liegen noch auf anderer Seite als nur hier." XX Der Vorgang in Sam'S Krankenzimmer war beendet, Jane kehrte in ihr eigene- Gemach zurück, dessen Dunkelheit durch einen Streifen silbernen MonblichtcS, der durch ba stenster hereinfiel, unterbrochen wurde. Im Hause war AllcS still geworden. Der Anwalt, nachdem er den drei Tbcil- nehmern der vorangegangenen Scene strengste Geheimhaltung anempsohlen, hatte sich entfernt. Sam, der sein Gewissen beruhigt fühlte, war in Schlaf gesunken, und Mr«. Brown, die kaum wußte, ob sie ihr Herz als erleichtert oder mit einer neuen Bürde belastet erachten sollte, saß an seinem Bett in verwirrtem Nacksinnen und ängstlichem Schweigen. Jane nahm auf einem Stuhl am Fenster ihre- Zimmer- Platz, wo die bleiche Fluth deS MondlichteS am vollsten hrrein- strömte, und zog ein kleine- Päckchen an- ihrem Busen» da« sie öffnete. ES enthielt ein zusammengesalteteS Papier und einen kleinen goldenen Trauring. Letzteren nahm sie zwischen ihre Fmger. hielt ihn in da« Mondlicht und ließ die Strahlen desselben darauf glitzern und flimmern. Dann führte sie ihn an ibrr Lippen und drückte einen beißen Kuß darauf, dann verschloß sie ihn in ihrer Hand, ließ die selbe in ihren Schooß sinken nnd saß schweigend und regungS loS wie eine Statue. Ihre Gedanken wanderten hin und her, kehrten aber immer wieder zu dem Entschluß zurück, den sie gesaßt hatte, Annette Newbott'« Bekanntschaft zu machen und sich eine häufigere Begegnung mit dem Doctor zu ermög lichen ES war höchst wahrscheinlich, daß Da-, WaS er von dem Geheimnisse der Mordthat wußte, etwa« andere« war. als Dasjenige, wa- man von Sam gehört, und vielleicht gefährlicher als diese«, das zum Theil auf der unsicheren Basis einer so subtilen GeborSunterscheiduna beruhte, wie Sam sie gemacht habe» wollte. Sie konnte sich nämlich der Hoffnung nicht entschlagen, den dem Rausch ergebenen und dann seine Zunge nicht gehörig wehrenden Newbott ans einer und der anderen unvorsichtigen Aeußerung über sein Geheimniß zu ertappen, um so zu ergründen, worin seine Macht über Falconer Thrale bestehe und welche Gefahr diesem von dem Doctor drohe. Am nächsten Morgen, nachdem sie sich überzeugt batte, daß für Sam'S Befinden nichts mehr zu fürchten war und er sich von seinem Anfalle so weit erholt hatte, um wenigsten» so gut wieder auf dem Posten zu sein wie in der letzten Zeit vor der gestrigen Krisis, machte sie sich auf den Weg zu dem Hanse deS DoctorS. Ihre Absicht bei diesem ersten Schritt war, zunächst nur auf irgend eine Weise, gleichviel wie eS sich mache, zu einer Unterhaltung zu gelangen, um die Bekanntschaft mit Annette anzubahnen und womöglich den Doctor selbst wiederzuscbrn. AllcS Weitere wollte sie von der Wendung abhängig machen, welche der Verlaus der Dinge nehmen würde. Sie fragte bei der Dienerin, welche ihr öffnete, nach Miß Newbott und wurde von dem Mädchen durch einige elegant auSgestattete Räume in rin bürgerlich einfache- Hinterzimmer geführt, in welchem Annette offenbar emsig mit wirthschastlicken Arbeiten beschäftigt war. Der Tisch, an welchem sie saß, war mit zahlreichen Wäschestücken be deckt, an denen sie eifrig näbte, — der Doctor unterhielt, wie wir wissen, einen großen Hausstand und eS gab viel in demselben zu thun; Annette aber verrichtete Alle», WaS sie nur irgend vermochte, selbst, um jede nicht durchaus nöthigc Hilfskraft, jede vermeidbare Ausgabe in der Wirtbschast zu ersparen. Sie blickte aus, und die anmutbige, sympathische Erscheinung der jungen Besucherin vor ihr schien wie ein er hellender Sonnenstrahl in ikr von Kummer verdunkelte- Innere zu fallen und ihr Gemütb zu erleichtern. Ein freund liche-, gütige« Lächeln de« Willkomm» trat aus ihre Züge. „Sie sind die junge Dienerin von Old Hall, ich erinnere mich Ihrer wohl!" sagte sie, ihr zunickend. „Bitte, nehmen Sie einen Stuhl und setzen Sie sich." „Ich war aus Old Hall an dem Abend, wo Sie sich dort zum Besuch befanden, und balf daselbst al« Dienerin", ent gegnete Jane, sich trotz so mancher widerstrebender Gesüble, die auf sie eindringen wollten, zu einem freundlichen Lächeln zwingend. Ja der Tha» war ich eigentlich nur zur Unter- Itützung MrS. Clarke « dort. Sie hatten die Güte, an irnem Abend die freundlichen Dort« an mich zu richte», daß Sie mich wiederzusehen wünschten. Die« gab mir Mutb zu meinem Versprechen." Die beiden Mädchen blickten mit Gefühlen des Interesse« und der Sympatbie auf einander, denen sich unwillkürlich auch Jane allmäblick hingab. Der leise Ausdruck krS ver borgenen Kummers und der Sorge, der auf jedem der beiden lieblickc» Gesichter lag und von seinem Gegenüber tkeil- ncbmcnd wabrzcnonimen wurde, erböhte diese Empfindung noch mehr. Tciinoch waren Beide zugleich auch von einer gewissen Verlegenheit beherrscht Annette in der Unsicherheit darüber, wie sic diesen Besuch zu deuten habe, Jane in dem Gedanken an den geheimen Zweck desselben. „Helfen Sie auch jetzt noch auf Old Hall?" fragte Annette, die nickt recht wußte, WaS sic sagen sollte. „Nein", antwortete Jane, meine Beihilfe ist dort nickt länger erforderlich. Ich kam zu Ihnen, um zu börcn, ob ich vielleicht für Sic tbätig sein könnte. Ich bin e« nicht ge wohnt, müßig zu gehen." Die arme Annette, die überall nur Arbeitskräfte zu sparen, statt solche zu engagiren bestrebt war, sah betroffen drein. „Wollen Sie sagen, daß Sic einen anderen Platz als Dienerin suchen?" begann sie verlegen. „Es würde mir leid thun, wenn ich . . Jane schüttelte den Kopf und lächelte melancholisch. „Ich suche nach nicht- als nach Arbeit, um mich zu beschäftigen", versetzte sie. „Ihre Worte von neulich waren so freundlich und — und es würde mich freuen, wenn ich Ihnen ein wenig nützlich sein könnte." Da- Ungewöhnliche ihres Vorschlages lag, wie Jane fühlte, auf der Hand, und sie fürchtete fast, mit demselben zu viel ge wagt und dadurch Mißtrauen gegen sich hcrvorgcrusen zu haben; allein der Schritt war nun einmal gethan, und sie blickte mit so viel Fassung, als sie ansbielcn konnte, zu der vor Annette aufgebäuiten Näharbeit hinüber, wie um dieselbe als ein Argunient für ihren Vorschlag anzuführen. Annette wurde verlegen und crröthetr. Sic batte, als sie neulich jene freundlichen Worte an Jane richtete, gemeint, Beistand au- znbieten, nicht, solchen ihrerseits angeboren z» erbalten. Und dennoch schien eS ihr, indem sie jetzt aus dieses junge Mäd chen vor ihr blickte, wunderlich von dieser Erscheinung vor auSgesetzt zu baden, daß sie ihre«, Annetten s, armicligen schwachen Beistandes bedürfen könne Ebenso »alnn sic jetzt plötzlich mit jenem rasche», sicheren Frauenblick, der nie ein weibliche« Wesen täuschen wird, wahr, daß Jane, wie be scheiden auch immer in ihrem Auftreten, doch offenbar an
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