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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.08.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940827016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-27
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»NIps- nrth- > besten ifsen- eater Haus, vivder- ad läßt en, so nerung unserer steigen, ringer- uns cm e des nrzigen trunk, steigt Klang r In- ceinsain g echt Weisen Himmel lg der Werk sgeben nerken- nträger esuciier. »etraten in den Herbei- Her ,en Aösr. Ve-«-^V«ir t«irk «ck^deu^vormtr» rrrtchtetea An»- aabestellen abgehost: virrteljührlich^I-^Oz vei zweimaliger täglicher Zustellung i»< Hau« ^ ü^L Durch dir Post bezoae» für Deütfchlaud «t ivesterreich: ptertel;Shrlich >4l L.— Diuurt» ttgUch« Kreuzbandsend»»- fib «Mmck: «.».tlich ^ 7.öO. Morgen-Ausgabe. U»Mor^«»»,»b» rrschetut tägttch V.7UI dt» Vbr»d-N>Hahr Uochruto-» ü vhr. Le-actionnntz Er-ettti»»: A,tza»ue»gakse 8. DieErpedttton ist Wochentag« ununterbr^heu Offset vo» früh 8 bi» «beud« 7 Uhr. Filialen: vtt» Me««'» Lortim. (Alfred Hahall. UaiversitätSstraß« 1, L»ni« Lösche. Kucharinenstr. 14, pari, und KSutgSplatz 7. 7UN. WpMer.Tilgtblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgrschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. ^°43K. Montag den 27. August 1894. Nnzeigerr.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactton«strkck (4g»' spalten) -0^, vor den Familieunachrichtr» (8-«spalte») 40 Erobere Schriften lau« unserem Prris- verj»ich»iß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Mctra'Vetlagen (gesalzt), nur «it der Moraen-«u«aade. ohne Postbes-rderung 00.—. mit Postbesörderung ^i 7V.—. Anaahmeschlvk für Anzeige«: Abend-Aii»gabe: vormittag» 10 Uhr. Morge »-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag» früh ' ,8 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eia» Halde Stund« früher. An-etgen sind stet« an dt« Oxpedtttsn zu richten. Druck und Verlag von E. Potz in Leipzig 88. Jahrgang. Bestellungen auf Rciscablmnements nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus Älv LxpeüMvn tie« L-elprlger 'raxeklttttes, Johannisgasie 8. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. steuer-ttatasterS (Einkommen au» Handel und (Lewerbe) entfallenden Steuerbetrags einen Zuschlag von 2 Pfennigen erheben zu lassen. Dieser Zuschlag, welcher mit dem auf den 30. September d. I. fallenden Hebetermine der staatlichen Einkommensteuer erhoben werde» soll) ist von den zur Gewerbe-Kammer wablberechtlgtcii Ge werbetreibenden de» Kammerbezirks (Leipzig, Markranstädt, Taucha, Zwenkau und die zur König!. Amtshauptmannschaft Leipzig ge- hörenden Landgemeinden), deren bezügliche» Einkommen 600 ./t übersteigt, zu entrichten. Leipzig, den 19. August 1894. Hie Gewerbe-Kammer. D. A. Ochler, Vors. Herzog, Secr. Lekanntmachung. Unbekannter, der sich Kaufmann Müller au» Leipzig genannt, hat sich am 3. August diese- Jahres Nachmittag- aus einem, dem Schlosser Maliersberger in Thum gehörigen Zweirad (Rover) mit Pnenmattclusireifen tm Werlhe von 300 angeblich um daraus zwecks sofortigen Baarkauses Prob« zu fahren, von Thum entfernt und ist seitdem verschwunden. Seine Spur reicht bi» Stadt Borna über Burkhardtsdors-Chemltitz. Besondere Kennzeichen de« Raver«: Aus der Lenkstange die Fabriknummer 689 her Firma Gustav Hiller in Zittau; am vorderen Rahmen und am Hinteren Schutz- blech eine wappenartige Verzierung mit der goldenen Inschrift: „Phänomen-Rover". Signalement de» Unbekannten: Alter L7 bi» 30 Jahre, Größe übermittel, Statur kräftig, hagere» Gesicht, dunkelblondes Haar und dergleichen Schnurrbart; besonder« Kcilnzeichcn: am Hinterkopf zwei längliche enthaarte Stellen, Sprache hochdeutsch, .bekleidet mit grauem Stoffjaquet, schwarzen, unten mit Bindfaden zusanimcngebundenen Hosen und Itchtarauem Hut. Macht seinen Händen nach den Eindruck eines Schlosser- oder Monteurs. Es wird ersucht, im Betretungsfall den Unbekannten zu verhaften nnd dem nächsten Gerichtsgefängnlß abzuliefern. Mittheilungen, welche zur Ergreifung de- Lhäter» führen können, sind an die unterzeichnet« Behörde zu richten. Chemnitz, den L4. August 1894. Königliche Staatsanwaltschaft. 8t. X. bl». 34 94 II 401. Brunst. Lr. K. Der unterm LS. Juli er. gegen den Eolporteur Albert Glas aus Leipzig erlassene Steckbrief ist erledigt. X. L. 14./S4. Magdeburg, den L3. August 1894. Der Srfte Staatsanwalt. Politische Tagesscha«. * Leipzig, 2«. August. In diesen Herbstmonaten veranstalten fast alle großen Parteien, dieNationallibrralen und die Freisinnigen, da- Eentrum und die Socialdemokraten große, auf ganz Deutschland berechnete Parteitage. Bei allen diesen Versammlungen wird eS an zahlreichem Besuch und an vielen Reden nicht fehlen. ES mag auch sei», daß auf die gegenwärtigen inneren Verhältnisse mancher Parteien und aus ihre Stellung zu den großen Zeitsragen manche- Licht fällt. Mit besonderer Spannung darf man dem heute beginnenden Parteitag de- (Zentrums in Köln ent gegensehen. In der Partei sind in neuester Zeit wieder starke innere Gegensätze hervorgrtrclen, namentlich der alte Unterschied zwischen einer mehr conservatiren und einer mehr demokratischen Richtung. Ei» »euer Führer, der Bayer vr. Öfterer, der allerdings jetzt dem Reichstag nicht an- gehört, erscheint auf der Bühne. Bei wichtigen Gesctz- gcbung-fragen der Gegenwart im Reich ist die Stellung de- (Zentrum- von entscheidender Bedeutung, sie ist aber noch durchaus unklar nnd offenbar kämpsen viclsach die Gegensätze wieder einander an. Auch dem Parteitag der Socialdemokralcn in Frankfurt wird man mit Interesse entgegensetzen dürfen. Auch durch diese Partei geben scharfe Gegensätze persönlicher und principieller Art. Eine mehr positive und eine vollkommen negative Richtung kämpfe» gegen einander an. Es ist bezeichnend, daß der Vertreter der ersteren, v. Vollmar, auf dem Parteitag besonders in den Vorder grund zu treten bestimmt ist, während sich die alten Führer, die Liebknecht, Bebel, Singer, diesmal vollkommen zurückballc». Die Parteileitung hat in jüngster Zeit Manches begangen, waS ihr auch von vielen Genoffen znm Vorwurf gemacht wird; sie hat keineswegs immer geschickt und erfolgreich operirt. Da wird eS an scharfen Auseinandersetzungen nicht fehlen. Ter Verlauf freisinniger Parteitage pflegt wenig lleberraschungen zu dringen. Zn unwandelbar und stets sich wiederholend sind Programm, Methode und auch die Redner dieser stet- verneinenden Partei. Vielleicht wird sich die einer activeren Socialpolilik unter Betheiligung de- Staat- geneigtere Richtung gegenüber den alten Ver tretern de- starren „ManchesterprincipS" etwa- geltend machen, viel wird dabei nicht herauskommen; auch hier kann die Partei nicht auS ihrer Haut heraus. Der nationalliberalc Parteitag in Frankfurt endlich verspricht einen günstigen Verlaus. Bereits ist zahlreicher Besuch und die Anwesenheit hcrvorragenderParteigenosscnangemeldet. Uni dieAuScinander» setzung über innere Gegensätze kann eS sich bier nicht handeln. Solche sind nur in einigen wirthschaftlichen Frage» vorhanden, bei denen die Partei zu allen Zeiten Freiheit der Ucberzengung gelten ließ und jeden Zwang zurückgewieseu hat. Der Parteitag wird sich in vollster EinmÜthigkcit über die großen Zeitfrage» auSfprechrn; er wird nur zur gegenseitigen Anregung und Ermulhigung in diesen schweren Zeiten dienen. Nur von einem consrrvativen Parteitag bat noch nichts verlautet. Die inneren Verhältnisse in dieser Partei »lachen eS allerdings erklärlich, wenn man gegenwärtig von grrßen Partei-'A»S- einaudersetzungen absieht. DaS „Berliner Tageblatt" hat den Programmentwurf der freisinnigen voiks-artei als pbrasenhasl bezeichnet. Wir stimmen mit diesem Unheil vollkommen überein, wirerweitern eS aber dahin, daß überhaupt die Phrasenhastigkcit ein Charaltkristicum für unsere Freisinnigen ist, insbesondere wenn eS sich darum handelt, gegenüber irgend einem positiven Vorschläge, mag er nun von der Negierung oder von einer einzelnen Parier au-gehen, den Vorwand für ein „Nein" zu finden. Diese Einsicht drängte sich »inS wieder auf, als wir einen längeren Artikel der „Bossisckien Zeitung" über die Möglichkeit einer Wiedervorlegung eines AnSwanderungS- grsetzeS lasen. Noch weiß Niemand, ob die zu erwartende Vorlage dem bereits einmal vorgelegten Entwürfe ähneln würde, noch ahnt man nicht, was er enthalten wird, aber da- freisinnige Organ mißbilligt ihn bereit« aus alle Fälle. Handelt eS sich doch darum, daß der Staat helfen soll, und daS ist einem echt freisinnigen Gemüthe immer ein gräßlicher Gedanke. Daran ist man ja gewöhnt; aber eS ist wahrhaft trostlos, mit welch' billigen Phrasen ein großer Gedanke abgetban wird. „Wir verkümmern Niemandem das Recht, das Vaterland zu verlassen, noch weniger aber muntern wir ihn dazu aus", meint daS frei sinnige Blatt. Wenn eS nun aber eine sociale Nothwendig- keit ist, daß ei» Abfluß für die überschüssigen Arbeitskräfte geschaffen wird'? Wenn nun die steigende Zakl der Arbeits losen eine Gefahr kür die Zufriedenheit, Rübe und Ordnung im Vaterlande ist'? Soll kann der Staat mit verschränkten Armen zuscben oder soll er nicht vielmehr Abbilse schaffen? Wenn unsere freisinnige Presse ein etwa- stärkeres Verantwortungsgefühl für die Entwickelung unserer Zustände hätte, dann würde sie etwas weniger leicht herzig über die Gefahren, die dem Staate droben, binweg- glcitcn. DaS freisinnige Blatt meint nun weiter, daß der Staat, selbst wenn er eS wollte, nichts für die Auswanderer tbun könnte, „denn sobald der Auswanderer den fremden Strand betreten hat, hört für de» Staat Recht, Pflicht und Möglichkeit auf, ihm Weiler zu helfen", und „die Staats grenze bildet die Schranke der Staatsgewalt". DaS Recht dcS Staate-, für die Angehörigen deS Vaterlandes zu sorge», auch wen» sie eS verlassen, wird von Niemantcni bestritten werden können, insbesondere wenn der Auswanderer die deutsche Staatsangehörigkeit behält. Aber selbst wenn er daS nicht thnl, so kan» ibm bei kein Beginne der Ansiedlung im fremde» Lande der HeimatbSstaat — sei eS durch Vermittelung seiner regulären diplomatischen Vertreter, sei eS durch besonders für diesen Zweck angcstcllte Persönlichkeiten — wirtbschastlich sörbcrlich sein, ohne daß der fremde Staat daS Recht der Einmischung hätte. Im Ucbrigen aber wird dieser Staat meist sehr froh darüber sein, wenn von anderer Seite daftir gesorgt wird, daß die (Zolonisten vorwärts kommen und da durch steuerkräftig werden. Wenn dabei für den HeimatbS staat der Gedanke maßgebend ist, daß die Colonistcn einen gewissen wirthschaftlichen und politischen Einfluß gewinnen lollen.^der dem Mntterlande wieder zugute käme, so ist daS seine Sache; der fremde Staat mag ja seken, ob er die (Zoloinstcn zu diesem Einflüsse kommen läßt. Wenn der Artikel der „Boss. Ztg." am Schluffe ihres Artikels sagt: „Wenn die Deutschen leicht in fremden Nationalitäten ausgchen, so mag man das bedauern und versuche», durch Mahnung oder Ueberredung Wandel zu schaffen, aber nicht aus dem Wege des Gesetzes", so ist das, streng genommen, nicht freisinnig, sondern rcaciionair, denn eS will an dir Stelle einer gesetz lichen Einwirkung de- Staates die Beamtenwillkür setzen. Alle Berichte über dieReise der niederländischen Königinnen nach Seeland stimmen darin überein, daß der Empfang seiten- der Bevölkerung der denkbar herzlichste war und den überzeugenden Beweis für die unveränderte Fort dauer der VolkSthümlichkeil de« Oranische» Königshauses und des monarchische» Gedankens überhaupt erbracht hat. Von socialtemokrattscher und anarchistischer Seite ist ja seit Jahr und Tag das Erdenkliche versucht worden, in Holland eine revolutivnaire Gegenströmung zu erzeugen — mit welchem Erfolge, zeigt die Thalsache, daß das Volk die Hetzer, so oft sie sich an die Oesfentlichkeit wagten, aus das Nachdrücklichste und, wenn provocirt, auch unter An wendung von Gewalt in ihre Schranken zurllckwieS, dergestalt, daß jetzt die Bewegung in ihren letzte» Zügen liegt. Die Niederländer sprechen in Ausdrücken der höchsten Anerkennung von dem feinen Tact und der politischen Geschicklichkeit, wo- mit die jtönigin'Rcgentin die Regierung de« Landes führt und die Erzicbung der jungen Souveränst» leitet. I» dem Verhältniß dcS Volkes zu den Trägerinnen der Krone kommen Verstand und Herz gleichmäßig zu ihrem Rechte, und dieser Umstand hat den monarchischen Empfindungen in den Nieder landen eine Stärke verliehen, welche alle subversiven Agi tationen im Vorhinein zur Unfruchtbarkeit verurtheilt. Tie socialisrische Partei der französische» Kammer hat vor Schluß der Session folgenden Gcsctzenlwurs betr die Dienstpflicht der Optanten cingebracht: Artikel 1. Junge Leute, welchen rechtlich die Wohl zustebt, die Eigenschaft als Franzose abzuiehnen oder in Anspruch zu nehmen, sind verpflichtet, drei Jahre im sranzöjischen Heere z» dienen, wenn sic sich jär die französische Staatsangehörigkeit entscheiden. — Artikel L. Niemand kann die Naturalisation als Franzos« erlangen, der als tauglich zum Heeresdienst sich demselben tm Ausland ent zogen hat, wofern er sich nicht noch ln einem Atter befindet, in welchem er seine drei Jahre im französischen Heere dienen kann, und wofern er sich nicht dazu bereit erklärt. Der Zweck des Antrages ist vor Allem wirtbschastlicker Natur; er will der schädliche» Eoncurrenz von Ausländern, welche überhaupt keinen Heeresdienst geleistet haben und auch keinen leiste» wollen, auf dem französischen ArbeitSniarktc steuern und eine» starken Schutzzoll auf die ausländische Arbeit zu Gunsten der einheimischen, und zwar in Gestalt einer Naluralleistung, da« beißt der Ableistung der Militair- Pflicht, im In- oder AuSlande legen. E- sollen für fran zösische und fremde Arbeiter gleiche Bedingungen hergestellt werden. Den Anstoß zu den» gesetzgeberischen Gedanken bat die Thalsachc ergeben, daß sich in Frankreich sehr zahl reiche junge Belgier. Italiener, Spanier, vor allem Elsaß Lothringer und andere Angehörige dcS Deutschen Reiches befinden, welche ihr Heiuiatblanb lediglich in der Absicht ver lassen baden, sich dem dortigen Militairdienst zu entziehe», aber auch in Frankreich nicht dienen wollen. ES soll nun verhindert werden, daß der französische Arbeiter durch Er füllung der schwersten staatsbürgerliche» Pflicht, dcS Dienstes im Heere, schlechter gestellt werde als der pflichtvergessene Ausländer, welcher sich in den Arbeitsplan deS Fran zosen ciniststct, während letzterer unter den Fabnen steht, sodaß er ihn besetzt findet, wenn er auS der Caserne kommt. Der Gesetzentwurf sinket in der französischen Presse Beifall und Unterstützung, und auch deutscherseits ist dagegen nichts einznwende», ja man kann nur bedauern, daß den Franzosen erst jetzt ein Lickt darüber aufgebt, wie wenig Bortbeil dem Lande die bisherige liebevolle Ausnahme der Ausreißer aus dem Elsaß und Lothringen gebracht bat. Von der reichs ländischen Presse ist das den Ehauvinisteu in Frankreich oft genug gesagt worden. Gestern ist da- englische Parlament geschlossen worden, und zwar nach einer nahezu achtzebnmonatigen Tagung, der längsten, welche di« englische Volksvertretung in diesem Jahrhundert erlebt bat. Der in daS Jahr 1893 fallende Abschmtt stand fast ausschließlich unter dem Zeichen der Gladstone'schcn Home-Rulc-Bill, welche der Premier am l3. Februar im Unterhause cinbrachte. Am 2l. April war die zweite Lesung, d. h. General-Debatte, beendigt, am 6. Juli die Einzelberathung mittelst deS „Guillotine"-Verfahrens, welches Gladftone als Parlamentarier in wenig günstigem Lichte erscheinen ließ, erzwungen, am 1. September die dritte Lesung zu Gunsten der Bill erledigt. Hatte Glabstonc im Unterhause für diese verschiedenen Berathungo- Stadicn seiner Lieolingsvorlaae nur rcducirtc Mehrheiten zu erziele» gewußt, sc war die Majorität, womit am 9. Sep tember daS Oberhaus die Honie-Rule-Bill feierlich bestattete, um so imposanter: -N9 gegen 1l Stimmen. Damit war Gladstonc'S irischer Traum auSgclräuuit, Home-Rule begraben, und lhatsäcklich ist in dem diesjährigen Sessionsabschnitte kein ernster Wiederbelebungsversuch gemacht worden. Auch dieses Jahr hat de» Liberale» eine» irische» Mißerfolg gebracht: die Ablehnung der Bill zu Gunsten der ausgetriebcnen irischen Päck'Ier >>» Oberhause. A»S diesen Niederlagen, welche die LortS der irischen Politik Gladstonc'schcr Factur bereitet, schöpft die ObcrhauSsrage, welche die nächsten Parlamentswahlen beherrsche» dürfte, ihre Lebenskraft. DaS Hauptereigniß dieses Jahres, der Anfang März erfolgte Rücktritt Gladstonc'S nnd die Ucbernabme der StaalSgeschäste durch Lord Noseber», hat dir parlamentarischen Arbeiten wesentlich beeinflußt. In den ersten Monaten deS Roseberh'schen gemäßigteren Systems schmolz die Gladstone'sche Mehr heit. welche der neue Premier ohnedies sehr vermindert übernommen, noch mehr zusammen und schien in Folge dessen der Bestand des EabincIS, für dessen parlamentarische Kräftigung der Schatzkanzlcr Harcourl sich unlengbarc Verdienste erworben, mehrsack gefährdet. Der größte Rcgiernngserfolg der Session, die Stenerresorm, bleibt denn auch mit dem Namen Harcourt verknüpft. Nebst diesem Kern- puncte dcö Ncwcastler FortschrittSprvgrammS haben noch Herbergswesen und Arbeitsvermittelung -er Luchbinder in alter Zeit. von vr. P. Rocke (Schluß.) Lie Ar»eitS»er«itttluns. Zu den Normen, durch welche in der Zeit der Zunft verfassung eine möglichste Gleichheit der Meister herbeigcsührt werden sollte, gehörten auch diejenigen, welche den ArbeitS- contract zwischen Meister, Gesellen und Lehrlingen bis in kleinste regelten. Die Annahme eines gewerblichen Lohn arbeiter- war nicht Sache de« einzelnen Meister«, sondern sie ging die Gesammtbeit der Meister und Gesellen an. Diese nahm daher auch in allen Gewerben die ArbeitSrer- mittelung in die Hand. Hauptsächlich sollte verhindert werden, daß ein Meister viel, der andere gar keine Gesellen bekäme, wodurch eine große Verschiebung der gewerb lichen und socialen Gleichnisse und damit Solidarität berbeigesührt würde. Hieraus resultirt die Festsetzung eine- Maximum- der GewerbSgehilfen. Bei den Buch bindern war eS allgemein in allen Theilen Deutschland- üblich, daß dieselben nicht mehr als zwei Gesellen oder «inen Gesellen und einen Lehrling haben durften. Diese« Maximum durfte zur Zeit der strengen Zunftversassung aus keinen Fall überschritten werden; konnte der Meister mit diesen Kräften die ihm übertragene Arbeit nicht verrichten, so mußte er dir Kunden an einen akideren Meister weisen. Außer dieser Beschränkung s»rgte aber noch ganz besonder« da» Institut der „Umschau" dafür, daß der Arbeit suchende Geselle keine große Auswahl unter den Meistern einer Stadt batte. Nach Ankunft auf der Herberge erklärte der Geselle dem Vater, ob er Arbeit llt der Tladt wünsche oder nicht. War die- der Fall, so ließ der Herbergsvater den Altgesellen holen, damit dieser mit dem neu Angekonimenen bei den einzelnen Handwerksmeistern vorspreche und anfragc, ob dieselben den betreffenden Gesellen in Arbeit nehme» wollten. DaS hieß Umschau, in Süddculsckland zuweilen auch Einschau oder Umsage. Ausnahmsweise finden wir, daß in der Augsburger Buchbinderordnung von 1586 bestimmt wurde, daß von einem Meister umgeschaitt werte» sollte, wobei dir Geschworenen, weil sie mit anderen Geschäften zu sebr belastet wäre», für die Dauer ihre- Amte« von dieser Pflicht entbunden sein sollten. Später siel aber auch i» Augsburg diese Aufgabe dem Altgeselle» zu. Ein „new Articul" bestimmte da« ausdrücklich im Jahre 1635. Noch früher, 1533, finden wir, daß in Augsburg die zwei ältesten Gesellen die Umschau Vornahmen, in Frankfurt sogar »och Ende de« 16. Jahrhundert«, »nd vielleicht war da« zurrst überall daS Gebräuchliche. Bald aber hielt man nicht nur einen Allgesellen für genügend, sondern man erließ auch Be stimmungen, um zu verhindern, daß der Altgeselle zu lange bei der Umschau zubringe nnd dadurch seinem Meister zu viel ArbeftSzeit verloren gehe. So heißt eS in dem obenerwähnle» neuen Artikel: „Ter vncbsagende Altgesöll aber soll mit der vnibiage mehr »it alß ei», längist zwo» stund zubring«», damit er seinem Maister die Arbeit entzwiichen »it verabsäumen möge vnd gleich wie die Alt- gesellen be» der Laden auch ein Biertel-Jahr vmb da« ander ab- gewexlet vnd erwöhlt werden, also tolle auch init der vmb,age von gemelten Altgesellen quartaliter alterniert, damit nicht nur die Maister de« Altgesellen sorthin der vnibiage halben allein, ivnder» auch andere, be» denen die Altgesellen jeüerweil in arbait stehen, zugleich beschwert vnd disisoll« ein« billige gleichheit möge gehalten werden." Dir Zeit der Umschau war überall eine bestimmte. Art. 13 einer Frankfurter BuchbindergescUenordnung an« dem Ende de- 16 Jahrhundert» bestimmte: „Item »S sollen die Altgesellen keinen, srembt Gesellen für trev Uhren umb Arbalst zu gehen schuliig sein bey der Straf. Wen» aber »in Gesell aus den Abend spät »„keine, so sollen st» ime folgende« Tags »mb Arb.iyt zu gehen schnitt- sein. Diese Bestimmung war natürlich ebenfalls im Interesse de« Meister« de« Altgesellen gegeben, damit der letztere nicht unter dem Vorwände der Unischau jederzeit von der Arbeit wcglaufen könne, weil, wie bei allen anderen Gelegenheiten, so auch bei der Unischau, reichlich gezecht wurde. Noch deut licher geht da« hervor auS der MUnsterschen Buchbinder- ordnung: „Wenn nun ein fremder Gesell auf die Herberge rinkehrt, und eine glanbhaste Kundschaft von dem orl feiner letzte» arbeit vor- zeigen kan», so soll er von dem altgesellen, jo Er de« Morgen« käme, denselben nachmittag, fall« aber Er de« »achmiltag« käme, gleich de» andern Morgen nach der arbeit umgeschauet werden." Tie Umschau hatte in einer genau bestimmten Reibensolge zu geschehen. Jede Abweichung von derselben wurde streng bestraft, osl mit Verlust eine« ganzen WochenlohnS. Die Meister wurden der Reihe nach aus eine in der Herberge bängende Tafel ausgeschrieben, und zwar dem Alter nach. Durch die geordnete Unischau sollte bewirkt werden, daß jeder Meister zuerst einen Gesellen bekam, dann, wenn caS der Fall war, mnßle die Reibe von Neuem angefangen werden. Der Meister, welche» einer von seinen beiden Geselle» oder beide verließen, und der dann wieder neue verlangte, wurde jedcSinal zu »»terst ans die Tafel ge'etzt. DaS ist so übereinstiniinenv gleichmäßig in allen Buch- binderordiiungen geregelt, daß eS nicht »ötbig erscheint, bier einzelne Artikel besonder« anzuft'ihrcn. Selbst in der Zeit, als die Staatsgewalt die meisten Znnstschrankkn schon nicter- aerissen batte, hielt man an dieser Unischau zunächst noch fest. Sv Art.Vll.de« Brandenburger GeneralprivilcaS von N31: „Dagegen fol einem jeden Meister erlaubet se»n, so viel Geselle» z» halten, »nd Jungen» oiizuiiebinen, als er zur Vestreitung seiner Arbeit nölhig bat. Damit aber gleichwohl diejenige». lo keinen starken Zulauf habe», nicht zu sehr darunter leide,, mögen, so sot der Meister, weicher schon zwei, Gesellen aus der Wercksiat Hot, von de» »ingewaiidcricn keinen weiter bekommen, bi« seine Mitineisler ebenso!« uill wolchcn versehe» sind, ober bi« sie keine mehr ver langen." In Leipzig wurde die Umschau weniger streng und konsequent gehandhabt, als in andere» Städten. Bis 1671 hatte man, wenn auch die Beschränkung der Gesellenzahl aus 2, doch nicht die frstbcstiiiimle Reihenfolge der Umschau Diese wurde vielmehr zuerst nur eiiigcfübrl ftir den Geselle», welchen die Meister nach der Leipziger Ordnung 14 Tage vor der Messe »nd während derselben über jdie gesetzliche Maxiinalzahl hinan« beschäftige» durften, »nd erst dann ans alle Geselle» ausgedehnt. Andererseits wurde noch 1674 bestimmt: „Daß keiner, er scy, wer er wolle, und insonderheit weder der regierende Obermeister »och Gesellen. Vater, für- stezogeir oder übergangen werbe", aber schon 1679 findet sich in eciier neuen Ordnung der Satz: „Der Vater aber, so er keinen Gesellen in seiner werckstalt hat» soll macht haben, dem ersten ankoinniciideii arbeit zu geben." Denselben Vor zug hatte derjenige Meister, ans dessen Werkstatt ei»c Wcttwe sich, wie daS allgemein Znnstgebrauch war, einen Geselle» zur Fortführung de- Gewerbes ibrc« EbcmaiincS auSgewähll batte, wa« der Dccernenl de« StadtratheS, der diese von den Meistern vorgeschlagene Ordnung zu begutachten batte, auf dem Rande dt» ManiiscripteS al« „neu und nicht un billig" bezeichnet. ES fragt sich nun, ob gesagt werden kann, daß dir Gesellen schaft einen maßgebenden E»>fl»ß auf die ArbeitSvermittelung batte. Vielfach wird das behauptet, und man sieht gerade darin oft die Hauptmacht der GesellenbrUderschafteii »nd Verbände. Wenn man aber die tbalsächlichen Verhältnisse betrachtet, scheint diese Ansicht dock nicht berechtigt. Der Altgeselle hatte keine diScretionaire Gewalt, ob er für einen Gesellen iiinschaue» wollte, sondern er war dazu ohne Weitere« verpflichtet. So schreibt z. B. die citirte Frankfurlcr Gesellen- ortiiuiig vor: „Item eS sollen die zwen Altgesellen, die zu Zeilen crwelt werte», allen den Gesellen, die in ihre virlzen -agcn Herkommen, vmb Arbeyl zu geben schultig sein." Der Attgescll konnte sich der Unischaupflicht »ur aus bestimmten, gesetzlich fixirten Grünten entziehen, so wenn der Candidat die HaiidwerkSgewchnheit nicht kannte, in einem berunter- gekommenen Zustand« sich befand, z. B. nicht rinmal ein Schurzfell besaß, oder wenn er i» Verruf erklärt war. Ebenso war er, wi< schon bemerkt, a» eine strenge Reihenfolge ge bunden Die Arbeit-vcriiiittelung batte auch früher gar nicht die Dichtigkeit wie beulzutage. weil die frühere Zeit nickt an einer so großen llebe»füllung aller Berufe litt und weil der Selbstbestimmung der Parteien lei Ltipulirung de« E»n»
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