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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940829020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-29
- Monat1894-08
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Bei Erörterung der Frage, ob es sich empfehle, iiu nächsten Winter Borschläge zur Verschärfung der Gesetzgebung über das Vereins- und Herfmnmlungswcs« dem preußtschen Landtage mit Umgehung der natürlichen Stelle dcS Reichstag« zu machen, haben wir wiederholt betont, daß wir cS für bedenklich halten würden, wenn von einer einheit lichen Ordnung dieses RechtSgebiekeS von Reichswegen abge sehen werten sollte. Und am Freitag machten wir in der Voraussetzung, daß die preußische Regierung nickt geneigt sein sollte, einen Antrag beim BunteSratbe zu stellen, den Vorschlag, es möchte» andere Regierungen die Initiative ergreifen. Wir schrieben: „Muß es denn gerade Preußen sein, das an den Bundesrath mit einer Anregung zur reichsgesetzlichen Regelung des Vereins- Wesens oder mit einem ausgcarbeiteten Gesetzentwürfe heraiitritt? Viel» andere deuische Regierungen haben das gleiche Interesse an einer Abänderung ihres Bcreinsgesetzes und ein noch größere» als das große Preuße» an einer einheitlichen Ordnung dieses Rechts- gebieies. Laß Preußen, wenn von anderen deutschen Staaten der dringliche Wunsch nach einer solchen Ordnung kundgegeden würde, daraus beharren sollte, allein vorzugehen, ist kaum wahr scheinlich. Mao kann also der süddeutschen Press« nur rathen, die süddeutsche» Regierungen zu einer Anregung im Bundcsralhe zu drängen: der Ersolg eines solchen Drängens würde schwerlich ausbleiben." In dieser Ansicht werden wir heute bestärkt durch die Mittei lung der „Nat.-Lib. Corr", daß nach ihren Informationen der Reichskanzler den Weg der ei „ zclstaalliche » Neuregelung des Vereins- und VersammlungSwesenS zu dcschrcitcn wünscht, während im preußischen LtaatSmiuisterium iiianuigsachr Bedenken gegen die Betretung dieses Weges herrschen. Ist das richtig — und eS liegt kein Grund vor, es zu bezweifeln — so wird die preußische Regierung einem von anderer Seite beim Bundesrathe gestellten Anträge auf rcickögesetzliche Regelung derMatcrie die Zustimmung schwerlich versagen. Wie gewichtig dieGründc sind,die für denBersuch einer solchenRegelung spreche», legt die „Nat.-Lib. Corresp." folgendermaßen dar: „Formell staatsrechtlich ist, nachdem das Reich von seiner Zuständigkeit noch keinen Gebrauch gemacht hat, gegen eine Losung der Frage durch die LandeSgrsetzgebuugen nichts ein zuwenden, und ein solches Vorgehen ließe sich auch erklären und einigermaßen rechtfertigen durch die sehr geringen Aus sichten, mit dem gegenwärtigen Reichstag hierüber zu einer Verständigung zu gelangen. Allein da» kann un« über die große» und principiellen nalioualpolitische» Bedenken nicht hinwegheben, die einem solchen Vorgehen entgegenstehen. Es könnte doch leicht mehr und mehr der Brauch cuircißcn, Gesetze, die zur natürlichen und verfassungs mäßigen Zuständigkeit dcS Reichs gehören, im Reichstag aber keine Aussicht haben, an die verschiedenen Landeö- acsetzgebungen zu verweisen. Damit wäre aber, von den Regierungen selbst ausgehend, eine tiefe Schädigung der natronalcn Sache verbunden, das Reichsband würde gelockert, der Keim der Zersetzung in das Reich gelegt, dem ParticulariSmuS, der obnehin in weiten Schichten des Volkes, immer breiteren Boden gewinnt, mächtiger Vdrschub geleistel. Aus diesem Grund müssen wir unS entschieden gegen diesen erste» großen Versuch einer Hinüberschiebung von "Aufgaben der Rcichsgeseygebung aus die Landlage erklären. Die Folgerungen wären nicht ab- »uschen und lönnten sehr betrübend für jeden VateriandS- freunv sein. Dian soll dem Reiche ebenso wie Len Einzel- staaren geben, waü ihnen zukommt, und c>ue kräftige, zreldewußie Reichsregierung darf vor Schwierigkeiten nicht zurückweichen und gewiss ermaßen selbst au ' der Mög lichkeit fernerer ersprießlicher Wirksamkeit der ReichS- einrichtuugen verzweifeln. Ist mit dem gegenwärtigen Reichs tag eine Verständigung über eine OrdnungSgesetzgebung nicht ru erreichen, so muß man auf« Nene die »rufen. ähter anrufen. Tie denken in solchen Fragen oft praktischer und Nüchterner, als die vielen Phrasendrescher und Principicn- reiter. Und schließlich, wenn diese Zusammensetzung des Reichs tag« als uaerbänderlicke Tbatsache sich berauSstellt, darf man auch vor den äußersten Consequenzen nicht zurückschrecken, falls die Lebensfähigkeit des Reiches e« erfordert. Aber dazu gehören freilich Staatsmänner von eiserner Thatkrast und Entschlossenheit." Vom Kölner „Katholtkentag" sind bisher zwei Atting- Hausen - Reden, aber noch keine Rütli »Scene zu vermelde». Die letzter« wird sich auch noch abspielen. Daß man aber starkes Vertrauen zu der Wirkung deS »Seid einig" nicht mehr bat, ging aus beiden Reden hervor. Der wegen der Uneinigkeit der preußischen CentrumSleute und gleichzeitig im Hinblick ans den drohenden Abfall der bayerischen zum Präsi denten bestellte Vr. Orterer meinte, die Einigkeit sei zu weilen viel schwerer zu erhalten, als eS sich von außen ansähe. Nun, von außen siebt eS sich schwer genug an; wenn eS innen noch schlimmer auSsiebt, dann können die Secessionen nicht mehr fern sein. Zum zweiten und eigentlichen EinigungSredner hatte man mit an- crkenncnswerthcm Geschick i» der Person de« Wcibbisckoss vr. Schmitz einen hochgestellten Priester und sehr würdigen Mann auSersehen. Er entledigte sich, nack dem Bericht der „Köln VolkSzeitnng" zu urtbcilen, seiner Aufgabe mit mehr Hingebung als Zuversicht in die Kraft seiner beweglichen Worte. „Männer mit klaren, Begriff und großem Herzen" — in diesem Satze gipfelte sein Appell — „stören die Einigkeit nicht". Wenn das in einer alten Partei gesagt wird, so muß man glauben, sich vor dem Aeußersten zu befinden. Wer den Defect an Klarheit und Gemüth auf sich beziehen soll, ob die Sckorlemer und Ballestrem, ob vr. Lieber, ob dessen bald zur Rechten, bald zur Linken auftauchendc Gegner, hat der Bischof nicht angedeutet, vermutblich hat er beide Flügel der Partei und da- Cenlrum dazu im Auge gehabt. TaS nun mehr vortiegende Berat hungSprogramm deS Kölner TagS enthält nicht-, waS die Elemente der Zersetzung schwächen könnte. Der die Landwirtbschaft betreffende Passus der socialpolitischcn Commission des ComiteS quittirt über den Aergcr Wege» des ohne Mittdun de« CrntruwS zu Stande gekommenen preußischen LandwirthfchaflSkammern-GesetzeS, um im klebrigen unter Anerkennung der gedrückten Lage der Landwirthschaft nur da« Erbrecht und daS Credilwesen zu berühren. Zu wenig für die Los und Genoffen, denen ein kräftig Wörtlein z. B. über die Ausrottung der Margarine besser bchagt hätte. Von ver außrrpreußisck'en Landwirtbschaft ist überhaupt nicht die Rete, waS wir übrigens nicht als eine» Mangel ansehen. Auch sonst scheint man sich socialpolitisch zurückhaltend zeigen zu wollen. Von dem großen katholischen socialpolitischenProgramm- entwnrf, der vor etwa Jahresfrist veröffentlicht worden ist, bat sich nur sehr wenig in die Anträge für die Kölner Ver sammlung verirrt — zweifelsohne auch kein Nachtdeil für da« Gemeinwesen. Die Anregung, aus internationale Vereinbarungen über die Regelung der Arbeitszeit zurück- zukommen, ist harmlos und vielleicht nur deshalb gegeben, ui» anerkennend auf die kaiserliche» Erlasse vom 4. Februar 1890 verweisen zu könne». Die Erbllugheit verleugnet sich auch in kritischen Zeiten nicht. Zwei katholische Arbeiterinnen beantrage», „eine uiiif'assende allgemeine Organisation der kalbo- lischcn Arbeiter" in Erwägung zu ziehen. Kann natürlich „erwogen", aber so leicht nicht durckgeführl werden. Im klebrigen betreffen die socialpolitisckeii Anträge ältere zum Tbeil bereits in Initiativanträgen beim Reichstag aus gesprochene Forderungen. Neu ist unter Len wichtigeren Plincten unseres Wissens nur die Erklärung, eine Versicherung gegen unverschuldete Arbeitslosigkeit aus genossenschaftlicher Grundlage anstreben zu wollen. Dem „katholischen" Ver langen „ach Errichtung „gemeindlicker ArbeitSvermittclungS- stellen" bat daS protestantische Stuttgart bekanntlich längst die Erfüllung voran-geben lassen. Die Schule ist in der Eröffnungsrede natürlich für den UltramontaniSmuS reclamirt worden. Ein Herr aus Werden an der Rubr giebt dieser Forderung eine Formulirung» indem er „UnterrichiSsreihcit" und „namentlich" begehrt, daß den Katholiken die Errichtung von böhrren Lehranstalten, welche mit den staatlichen gleichberechtigt sind, gestattet werde! DaS ist aber noch nickt Alles, Herr vr. LingenS heischt für Preußen wieder eine „freie, vom h. Stuhle gntzebeißene Universität in Fulda unter Leitung der Bischöfe" und zwar dies „ohne Zeitver lust." Man sieht, der Anpassungsfähigkeit deS preußischen CultuSministerS Bosse sind »och viele große Proben aus gespart. Die von den Führern und Vertrauensmännern der Schweizer Ultramontanen in ihrer Versammlung zu Luzern beschlossene Gründung einer „katholischen VoikS- partri" wird mehr und mehr als das gewürdigt, was sie in der Thal ist, eine Kriegserklärung an die liberale Schweiz und an die Protestanten. Wenn sie daS nicht wäre, so hätte die bisherige „conservativ-katbolische" Partei auch wohl ferner genügen können. Aber zu den Eonservativen ge hören auch Protestanten, und daher mußte das Wort conservaliv aus dem Titel der neuen Partei Wegfällen. Die protestantischen Eonservativen sind denn auch peinlich berührt von der Absicht, einen scharf konfessionellen Charakter in die vaterländische Politik zu verpflanzen, und beantworten die Frage, ob etwa die Gründung einer cvnfessionell-volitischen Partei nothwcndig gewesen sei als ein Act der Notbwehr, weil die Confessio« auf politischem Boden und von StaatSwcgcn bedroht und angegriffen worden wäre, mit einem entschiedenen Nein. Seit Jahren leben die Eidgenossen in vollem consessionrllen Frieden; die Glaubens- und CultuSsreihcit wird geachtet und geschützt für die Katholiken in reformirtcn Cantone» so gut wie für Resormirte in katholischen; die BundeSbehördcn haben sich mit großer Gewissenhaftigkeit bemüht, keine Confessio» in ihren Rechten zu beeinträchtigen oder beeinträchtigen z» lassen. Warum denn aus einmal eine consessionelle, eine ausschließlich katholische Volkspartei? Fast müsse mau glauben, meint da« Hauptorga» der bernischen Eonservativen, eS sei den Führern der Katholiken nicht wohl bei den friedlich conscssionellcu Zustände», deren wir uns erfreuen, und sie wünschten den Kampf. Aber sic dürften sich über die Folgen ihre« Vorgehens täuschen. Sie werden zwar die conservalive katholische Bevölkerung in allen Canloncn fester zusammenschlicßcn, aber sie treiben zu gleich einen Keil in daS Schweizervolk, welcher daS Zusammen wirken aller guten Kräsle zu gemeinsamen großen Aufgaben zum Mindesten sehr erschwert. Die Urheber dieser unheil vollen Vermischung der Confession mit der vaterländischen Politik werden sich über die Folgen ihre« Vorgehens nicht de klagen dürfe». Conservalive und politisch gemäßigte Pro testanlen, erklärt am Schluß eine« längere» Artikels da« er wähnte stark conservalive Blatt, werden hinfort jedem Schritt, hinter dem die „katholische Volköparlci" steht, nur mit de rcchtigtem Mißtrauen begegnen können. Der Pariser „TempS" meldet, daß der Bürgermeister von Luxemburg kürzlich au der französische» Gedenk seicr der Schlacht von MarS la-Tour theilgenommen bade. Ein luxemburgcr Blatt bestätigt die Tbatsache und hebt dabei hervor, daß der bei der Feier als Sprecher aus getretene Abgeordnete und Alateniikcr MöziörcS dem Bürger mcislcr einen Ehrenplatz in seinem Wagen cuigeräumt habe. Der Herr Bürgermeister scheint keine Ahnung davon zu haben, daß in diesem Gcbabren eine starke Taktlosigkeit liegt. Es ist eine sehr schöne Sache um die Ehrung der Tobten; aber diese bleibt dier außer Betracht, denn wenn die luxemburgrr FranSquillcnS sich an solchen Festen bctbeiligen, so kommt eS ihnen vor Allem darauf an, eine politische Kundgebung zu machen. Tbut dies ein Privatmann, so braucht er Niemand Rede darüber zu stehen; thut eS der erste Beamte der Haupt- und Residenzstadt, so ist man berechtigt, ihm vor- zuhalten^ daß er durch solch unkluges Verhalten dem Lande Schaden bereitet. Er könnte nun allerdings er widern, daß er der Feier als einsacher Privatmann bei- gewohnt bade; und batte er nur diese Eigenschaft, so stände man ja vor einem Ercigniß von geringfügiger Bedeutung. Aber der Privatmann steckt leider in verleiden Haut wie der Bürgermeister, und eS ist schwer, die beiden Wesen von einander zu trennen. Will man sie trennen, so muß man hcrvorheben, daß Herr MSziörrS nicht den Bierbrauer Moufel, sondern den Bürgermeister von Luxemburg zu sich in den Wagen gebeten hat, und daß die Pariser Blätter sich nicht über die Anwesenheit dcS Herrn Mouscl, sondern über die Thcilnahme deS Bürgermeisters gefreut habcu. Staat-» minister Eyschcn hat vor einem Monat am Schluffe seine« am Geburtstagsfeste des Großherzogs auf Letzteren au-ge- brachlen TrinksprucheS besonders betont, daß die Luxemburger durch ihr „correcteS" Verhalten sich deS Schutze« der Garantie» Mächte würdig zu machen wissen werden. Man sieht, e« fängt gut an. Ter französische Minister des Innern hat den Pariser Polizticoiininssariateii' das Signalement, sowie die Personalien aller den Behörden bekannten, in Frankreich weilenden oder au- Frankreich auSgewiesenen frcmländischen Anarchisten zugehen lassen. Es sind im Ganzen 374. Am zahlreichsten sind die Italiener vertreten, dann folgen der Reihe »ach die Belgier, Deutschen, Spanier und Russen. Engländer befinden sich anscheinend nicht tarnntcr. Diese Documente sollen den SicherbcilSbeamten die Ztentisicirung verdächtiger Ausländer, gegen welche ein SistirniigSmandat erlaffe» wird, tbunlichst er leichtern und insbesondere den Versuch auSgcwicscuer Anarchisten vereiteln, nach Paris zu kommen in der Absicht, in dem Gewühl der Hauptstadt sich den Nachforschungen der Polizei leichter zu entziehen. Alle ausländischen Verbrecher wird man ja auch trotzdem nicht von Paris scrnhallen können, immerhin begrüßt die öffentliche Meinung von Pari« und Frankreich das Vorgehen dcS Ministers mit Sympathie, weil sie sich sagt, daß die Sicherheit dcS Bürger- nur ge winnen kann, wenn den Behörden die Cvntrole über di« Anarchisten nach Kräften erleichtert wird. Der Sultan von Marokko scheint die internationalen Verpflichtungen seine- Hcrrscheramteö nickt ganz mit dem wünschcnSwcrtheii Ernste und Eifer zu erfüllen. Es gehört dazu vornehmlich auch die Sorge für den Schutz der in Marokko lebenden Ausländer gegen wörtliche und thätliche Verunglimpfung durch den fanatisirlc» Pöbel. Daß dieser Schutz sehr Vieles zu wünschen übrig läßt, haben mehrfache Vorkommnisse der lüngsten Zeit klar genug gezeigt. Wenn nun gar ein Mitglied dcS diplomatischen Corps, der neu eingesetzte französische Viccconsul in Fez, von dem Pöbel mit Stcinwürscn insullirl werden konnte, und der Sultan, statt mit aller Strenge des Gesetzes gegen die Schuldigen cinruschreitcn, auS dem VorgefaUcncn keine andere Conseqncnz zieht, als daß er die Mächte ersucht, von der Erncniiniig von Vertretern für Fez abzuschcn, weil riese Maßregel zu Unruhen führen könne, so mag dieser Stand- pnnct für die marokkanischen Politiker ja ganz bequem sein, ans die Lage der Europäer in Marokko aber wirst er gerade Feuillrto««» Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernfeld. Nachdruck vcrdclcn, (Fortsetzung.) Einen Augenblick, dann ertönte Geräusch an dem Fenster, dasselbe wurde geöffnet, die Fenstcrlade öffnete sich »nd ein breiter, Keller Lichtschein siet auS dem erleuchteten Zimmer auf den KieS- und Rasenboden vor demselben. Im Fenster selbst erschien Falconer, beugte sich ein wenig vor und fragte verwundert mit unwillkürlich gedämpfter Stimme: „Ist Jemand bier?" „Ich muß Sie sprechen, Sir — eS ist dringend — aus einen Moment!" sagte Jane ängstlich und trat schüchtern so weit vor, daß daS hcrauSfallendc Licht ein wenig ihre Gestalt beleuchtete. „Wie, Jane, ist e- möglich — Sie?" rief Falconer über rascht, nock immer mit gedämpsler Stimme auS, und der Ton derselben verrietb, daß seiner Enipfindunz, wie erstaunt er auch sein mochte, sich sicherlich kein unfreundliche« Gefühl beimischte. „Ich muß Sie sprechen!" wiederbolte Jane verwirrt, ängstlich. „Auf einen Moment nur. — ich konnte nicht ander-, eS ist von größter Wichtigkeit —" „Still! Warten Sic, Jane, verratbcn Sie sich nicht — ick komme zu Ihnen!" antwortete er hastig, Lade und Fenster schloffen sich rasch, eS berschte wieder Dunkelheit anßcn. Jane trat zitternd rin wenig vor, unter daS Fenster bin, au- welchem nur nock zwei schnelle goldene Lichtstrcifchcn durch die kleinen Ausschnitte de« Ladens in die dunkle Lust binauSglitzertcn, und harrte beklommen, waö geschehen werde. Einige Augenblicke verflossen, dann glitt eine Männergrstalt um die Ecke de« Hauses und trat rasch aus sic zu. Es war Falconer, von einer Seite dcS Hauses koinmend, von der sie ihn am wenigsten hatte erwarten können, da sich dort nur die Brandmauer desselben nnt einigen Fenstern, jedoch keinerlei Tbür befand; sie würde beftig erschrocken sein, wen» nicht zum Glück ihr an die Dunkelheit gewohnte« Auge ihn erkannt batte. „Berubigen Sie sich, Jane, erschrecken Sie nicht", flüsterte «r ihr hastig zu. „Ich komme durch den geheimen Gang, der »« jener Seite de« Hause«, unter deu Hecken, die sich dort dicht an der Mauer entlang ziehen, mündet. — Aber waS führt Sie her, Jane? Zu dieser Stunde — wenn Sie Jemand bemerkt hat! Sie thun Unrecht, Jane — doppelt Unrecht, da Sie'S um mciuelwillcu thuu! Bedenken Sic, welcher Gcsahr Sie sich auSscytcii!" „Gefahr — c« mag sein, ja! Ich weiß nickt, WaS ich gethau habe — eS mag Unrecht sein, da Sic cS mir ver boten hatten — aber ich konnte nickt anders, ich mußte kommen! Ich konnte nur an die Gefahr denken, die Ihnen droht, und mußte her, Sie zu warnen! Es giebt nur noch ein NeltungSiniltcl — die Flucht! Ihre Feinde sind schreck lich, sind übermächtig und erbarmungslos — gegen Sic, fliehen Sie, ehe cS zu spät ist!" „Fliehen, Jane? Fliehen soll ich vor meinen Feinden — daS rathe» Sic mir, die so muthia und voll edler Zuver sicht auf den Sieg der Wahrhaftigkeit in mich drangen, zu dleiben und der Wahrheit die Ehre zu geben?" „TaS war damals! Ich kannte damals nicht die Bös artigkeit Ihrer Feinde, nicht die Gefahr, wie ich sie heut' kenne! Fliehen Sie!" „Aber fliehen ist Schwäche, stieben ist Feigheit, Jane?" Sie zitterte und brach in Thränen auS. „Ihre Feinte sind zu bösartig", schluchzte sie, „die Waffen in ihrer Hand sind zu übermächtig! Man wird Sie verderben!" „Eine innere Mahnung sagt mir, daß eS nickt gelingen wird, mich z» verderben! Mag eS Zuversicht deS eigenen Bewußtsein«, mag eS Trotz sein: gerade die Ungeheuerlichkeit der Dinge, die sie gegen mich austbürmen, giebt mir die Ge wißheit, daß dieses gewaltsam emporgctriebcre Gebäude in sich zusammenbrechen wird, daß diese« Zuviel feindseliger Vcrsolgiing »nd feindlichen Geschicke- seinen Zweck verfehlen »niß, mich einer Schuld zu überführen, von der ich frei bin, wie schuldig ich auch sonst immer sein mag! — Ader sprechen Sie, welck' neue Gefahr ist es, die Sic herführt?" „Vr. Newbott — der Entsetzliche!" „Ab, er! — Wa« wissen Sie von ihm?" „Er war fürchterlich ,» seinen Drohungen gegen Sie — und er bat mir da« Geheimniß seiner Macht über Ihr Schicksal entdeckt!" „Und worin besteht die-?" Jane schauderte und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. „Sprechen Sie!" besaht Falconer fest. „Sprechen Sie frei — ich will cS!" „Er sagte mir", erwiderte Jane leise und mit bebender Stimme, „ich solle Ihr Besteck mit anatomischen Instrumenten öffnen und mich überzeugen, ob nicht ein — o Gott! — ein spitze-, dolchartigcS Messer in demselben fehle . . ." „Recht so, cö fehlt!" entgcgnetc Falconer rubig. „Und vr. Newbott hat dieses Messer gesunden, hat cS in seinem Besitz. — Nun, antworten Sie mir frcimüthig weiter, »n- umwlindcn, ohne Rückhalt. WaS denken Sic nach dem Be weise, den der Doctor vorgcbrachl? Hallen Sie mich deS Verbrechens schuldig?" „Nie! Nimmermehr!" rief Jane, den Kopf jäh empor- richtend, auS, und legte bctbeucrnd die Hand aus ihre Brust, während ihr Auge voll und frei in daS seine schaute. Falconer alhmctc voll Befriedigung lies auf, blickte bewegt auf diese- zu ilm, erhobene Madonnenanllitz nieder, dessen goldenes Haar ihm in dem matte» Dämmerlicht, mit dem die Lücke» der Fensterladen daS herrschende Dunkel mischten, wie ein Heiligenschein zu leuchten schien. „DaS Bewußtsein meiner Unschuld, wenigsten- an diesem Verbrechen, ruht in meinem Herzen, seien Sic getrost?" sagte er fest. „Ich weiß, daß Viele mich für schuldig halten, ich weiß, daß mir große Gcsahr droht, aber eS ist mein Entschluß, den Kamps auszuncbmen und bis zum Ende in ibm auSzuharrcn. Ich würde nickt weichen, selbst wenn die Dinge gegen mich noch schlimmer lägen, alS eS. wie ick glaube, jetzt der Fall. Es ist meine Wabl so, vielleicht mein Verhängniß, dem ich folgen muß, und ich werde eS thun." „Sie wissen noch nickt Alles", fuhr sic zitternd fort. „Die schrecklichen Tinge wachsen an mit jedem Augenblick. Ich habe Ihnen noch Anderes zu sagen, als Sie gehört!" „Sprechen Sie. Und wenn cS daS Schlimmste wäre, halte» Sie mit nichts zurück." „Eö giebt noch weitere Beweise gegen Sic. Sie babcn noch nicht gehört, daß Sam Brown Alles, waS er wußte, Mr. Evcrett gestanden hat." „Ab, Sam! Ich wußte, daß es geschehen werde, »nd — Sie haben Recht — eS ist ein neues übleS Ding. ES kommt binzu, was Everctt selbst weiß — und außer ibm und mir kein Mensch weiter — und waS ein ganz besonder- ge- wichtiges Ding ist, Jane. Allein diese- Gebeimniß Evrrett'S, dieses Verdachtsmoment, daS er als seine Waffe bereit hält, von so großer Schwere cS auch ist, hat doch auch seine gar seltsame schwache Seite, meine liebe Freundin. ES schließt einen Umstand ein, der zu meinen Gunsten spricht." „Zu ihren Gunsten? Ab, sagen Sie mir, waS eS ist!" „Nicht- Geringere» als der Umstand, daß DaS, was Evcrclt auSzusübren vermag, ihn selbst so gut in die Sache verflicht, wie mich, und gegen ihn nickt weniger spricht alS gegen mich selbst. ES ist dies einfach eben der Grund, wes halb er damit zurückhält." „Mr. Evcrett in die Sache verflochten — er selbst be droht?" sagte Jane bastig. „Dan» ist wenigsten- er ent- ivassuct, Gottlob! Aber dann ist cS »m so klarer, daß der Doctor Ihr gefährlichster Feind ist. Ich ahnte, iä> suhlte cSk Er haßt Sic, er brennt vor Begierde, die Verfolgung gegen Sie auszunehnien. Aber weSbalb hält denn er zurück? Sein Warten ängstigt mich fast noch nichr, als wen» ich ihn zur That schreite» sehe! WeSbalb macht er von Dem, was er weiß, keinen Gebrauch? Wenn er wartet, muß cS Böse- für Sie zu bedeuten haben!" „Sic irren, arme Jane, Ihre Besorgtheit ängstigt Sie iliinöthig. Ter Doctor ist ein Elender, cm Schürte, aber i» seinem Zurückbalten liegt leine Gefahr. Er wartet, weil cS i» seinen Pläne» begründet liegt, mich zu schonen." „Schonen? Er? Dann sürckitc ich sein Schonen mehr als seine offene Bösartigkeit. Er ist verloren siir jede« Gute in der Welt!" „DaS Ziel, da« er verfolgt, ist nicht, mich zu verderben, sondern mich zu zwingen, aus DaS, WaS er anstrcbt, ein- zugcben." „Ich weiß! Er will Geld von Ihnen erpreßen. Er gab eS mir in seiner Niedrigkeit »»verhüllt zu verstehen!" „Mehr alS da-. Er hat »och andere Pläne, vbwobl auch bei ihnen Geld da- eigentliche Motiv ist, da« ihn leitet. Aber cS sind Pläne, aus welche ich, was ibm nicht bekannt ist, k'nzugcbcn überhaupt nickt in der Lage bin. ES liegt nicht in meiner Macht, selbst wenn ich schnöde genug dächte, eS zu wollen." „WeSbalb nickt? Sind Sie nicht rcick?" „Die Bedingungen deS DectorS geben weiter als auf Er langung nur einer größere» Summe dieses RcichtliumS". cnt- ge.znete Falconer, dessen Ton plötzlich trocken »nd hart wurde, wahrend sei» Gefickt stck verfinsterte. „Ich habe Ihnen ge sagt, Jane, daß ich verbeiratbet bin. daß diese meine Ehe flebeim gehalten ist. Der Plan des Doctor« aber ist, daß ich im Austausch gegen die Waffe, die er gcg'n mich in Händen hält, ibm selbst eine Summe zablc und, um mein ganzes Ver mögen an sein HauS binüberzuspiclcn, seine Tochter Annette heirathe." Jane wankte einen Schritt zurück und lehnte sich an di« Mauer de- Hause«. (Fortsetzung folgt.)
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