02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.09.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940901023
- PURL
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- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-01
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Gröbere Schriften laut unserem Prei». verzeichniß- Tabellarischer und Iiffernsatz uach höherem Taris. Optra-Beilagen (gesalzt), uur mit Lee Morgen.Ausgabe. ohne Postbesörderuag 60.—, m,t Postbesörderung 70.—. AuualsMklchluß für Anzeige«: Abend-Au-gab«: vormittag« 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Soun- und Festtags srüh V,S Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je ein» halb« Stund« srüher. U>»et>e« sind stet« an die Ertzedttlsn zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Sonnabend den 1. September 1894. 88. Jahrgang. »E- Wegen der Meise -da ist unsere Expedition morgen Sonntag Vormittags bis 1Ä Uhr geöffnet. Lxpeältlon <1es 1-elp/leor vie Lalastrophe auf Lombok. -t>. In den Niederlanden haben die Meldungen von der Niederlage der VeNcr'schen Expedition aus Lombok sowohl an leitender Stelle, wie in allen Schichten des Volkes peinliche Uebcrraschung bervorgerufcn. Mit gelegentlichen Mißerfolgen bei ihren überseeischen Unternehmungen haben ja alle Colonialpolitik treibenden Mächte zu rechnen. Eng länder und Franzosen. Deutsche und Italiener waren im Laufe der letzten Jahre genölhigt, derartige Scharten auS- zuwetzen; aber der Schlag, von dem die Niederländer diesmal auf Lombok getroffen worden sind, ist doch ein ungewöhnlich harter — cs sind gegen 30 Osficierc und etwa 500 Mann gefallen, eine große Anzahl ist schwer verwundet, und Biele werden vermißt —, und dabei erfolgte er in einem Augen blick, in welchem Niemand eine derartige Wendung auch nur für möglich gehalten hätte. Bei Absendung der militairisckien Expedition, welche die Sassaks aus der balinesischen Bedrückung befreie» und den unbotmäßig gewordenen Sultan von Lombok zum Gehorsam zurückfübren sollte, konnten wir in der Erinnerung an den Ueberfall von Atjeh eine gewisse Bcsorgniß nicht unterdrücken, denn die Balincsen — sie bilden, vorwiegend im Westen der Insel ansässig, den herrschenden Stamm und halten die ost wärts zurückgedrängtcn Sassaks unter ihrer Botmäßigkeit — sind bekanntlich nicht z» mißachtende Gegner, weniger ihrer Tapferkeit, als ihrer Verschlagenheit wegen. Dem General Beller, der die Expedition leitet, wurde denn auch eine ziem lich starke, auS Vertretern aller Waffengattungen zusammen gesetzte Truppcnmacht beigegeben. Um so freudiger war man in Batavia und im Haag überrascht» als unlängst aus Lombok die Kunde cintras, dag das Unternehmen Wider Erwarten glücklich verlausen sei. Die Bcwobner der Insel hätten sich durchaus friedlich gesinnt gezeigt, der Sultan sei, ohne Widerstand zu wagen, auf alle ihm gestellten Bedingungen eingegangen, der Führer der Kriegspartei aber, Prinz Anak Agung, habe mit eigener Hand seinem Leben ein Ende gemacht. Um seine Ausgabe ganz zu Ende ru führen und den Eingeborenen durch das Erscheinen seiner gruppen ein warnendes Avis zukommen zu lassen, wollte der Oberbefehlshaber noch einige Colonnen zu RecognoscirungS- zwecken in das Innere entsenden und dann die Rückkehr an- treten. Im Vertrauen aus die friedlichen Versicherungen des Sultans und auf das bisherige Verhalten des Volkes haben es die Führer dieser Recoanoscirungscolonncn offenbar an Wachsamkeit fehlen lassen und so den Balincsen die Möglich keit gegeben, ihre verrätherischen Anschläge in vollstem Um fange zur Ausführung zu bringen. Der Ueberfall der Hauplerpcdition unter dem Befehl des Generals Letter, der eine zweite, minder starke Colonnc unter Lawick van Pabst voranmarschirt war, erfolgte am Abend des 25. August in Tjakra Negara. Nachdem der Kamps die ganze Nacht hindurch gedauert hatte, trat General Vetter am nächsten Morgen unter schweren Verlusten den Rückzug nach Malaram an. Die Lawick'schc Colonne ereilte an derselben Stelle, gleichfalls in Tjakra. ihr Geschick. Sie wurde zer sprengt; ein Theil schlug sich nach Ampanan durch. Wäre es der Lawick'schen Colonne oder deren überlebendem Theile gelungen, Mataram zu erreichen, so hätte vielleicht wenigstens dieser stärkste und wichtigste Ort der Insel von den Nieder ländern gehalten werden können. Da dies nickt möglich war, zog sich auch der Rest des Vctter'schen ExpcditionScorpS auS Mataram nach Ampanan zurück, und Mataram blieb in den Händen der aufständischen Balinesc». So groß aber auch die Niederlage der Holländer ist, eS kann keinem Zweifel unterliegen, daß sic dieselbe in vollstem Umfange wieder wett machen werden. Zur Absenkung einer neuen Expedition werden bereits die umfassendsten Vor bereitungen getroffen, eS melden sich zahlreiche Freiwillige, Osficiere und Mannschaften, und auch ein Kriegsschiff wird nach Lombok abgcben. Dort ist Oberbefehlshaber Vetter unterdessen dabei, Mataram in seine Hände zu bekommen, und läßt die Stadt, anscheinend wirksam, beschießen. Ein große- Glück ist eS für die Niederländer, daß die 03 Procent der Bevölkerung auSmachenden SasakS —man zählt ihrer über eine halbe Million — als natürliche Verbündete sich zu jeder Hilfe leistung gegen die Balincsen bereit erklärt haben; es bleibt nur zu hoffen, daß eS nicht bei bloßen Versprechungen bleibt. Andernfalls dürfte eS kaum gelingen, vor November den Auf stand niedcrzuschlagcn; später aber erhalten die Balincsen in dem Europäern sehr gefährlichen Wcstmonsum einen starken Verbündete». Es kommt daher Alles auf die Haltung der SasakS und auf rasches Handeln an. Die Unterdrückung de« Aufstandes wird nunmehr natürlich nicht nur die Bestrafung der Ausrührer zur Folge haben, viel- mehr muß die regierende Dynastie abgesetzl und die ganze Insel unter unmittelbare niederländische Verwaltung gestellt, daS heißt dem niederländischen Eolonialbesitz einvcrleibt werden. — Wie weit den Oberbefehlshaber Vetter eine Schuld an der Katastrophe triffl, wird sich bald ergeben, mau wird also mit seinem Ürlheil so lange zurückhallen müssen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 1. September. Die gestern mitgetheilte eigenthümliche Meldung der „N.-L. C", daß die verbündeten Regierungen trotz der Erfahrungen der letzten ReickStagösession nicht daran dachten, von der Lösung des Problems einer Rrichssteucrrcsorm „einstweilen abzustehen", daß aber aus die volle Durchführung des allgemeinen Finanzreformplanes „Wohl vorläufig verzichtet werden müsse, hat zu der Ver- mulhung führen müssen, daß die verbündeten Regierungen dem Reichstage die allen Stcuerreformentwürfe nicht wieker vorlcgcn, sondern sich damit begnügen würden, eine neue Vorlage einzubringen, die lediglich die Deckung der aller dringendsten Bedürfnisse bezwecke. Gegen diese Vcrmuthung wendet sich beule die osficiöse Auslassung, die wir an der Spitze der „Verl. Pol. Nachr." finden: „Man scheint in einem Theile der Presse anzunehmen, daß der Gedanke einer Finanzresorm seitens der Reichs regierung ganz ausgcgeben sei. Man vergißt dabei voll kommen, daß der Gedanke der Finanzreform hcrvorgegangen ist auS der inneren Nothwendigkcit, die Einzelstaatcn gegen die schwankenden und steigenden Anforderungen des Reichs zu schützen und ihnen damit die Möglichkeit zu erhalten, eine klare, gesunde Finanzwirtbschaft im eigenen Hause zu führen. Man kann zweifelhaft sein über die Wege, auf denen diese- Ziel zu erreichen ist. DaS Ziel selbst aber Wird weder von der Reichsregierung aufgegeben, noch von irgend einer Partei, der das Wohl des Reichs und der Einzcistaatcn ernstlich am Herzen liegt, auf die Dauer bekämpft werden. Das System der Verschleppung dagegen kann nur dahin führen, daß sich die ungetilgten Schulden de- Reich- und die Fehlbeträge im HauSbalt der Einzelstaatcn fortgesetzt vermehren. Sollte wider Erwarten von dem gegenwärtigen Reichstage die Lösung dieser Frage nicht zu erlangen sein, so wird sie doch deshalb nicht von der Tagesordnung verschwinden. Nur wer im In teresse einer bequemen Gegenwart die Sicherheit der Zukunft prriSzugeben geneigt ist, kann da« System der unbeschränktenMatricularforderungcn erhalten wollen." Recht klug wird man aber auch aus dieser Auslastung nicht, weil sie die Zustimmung des Reichstag« zu dem Gefammt- projecte als zweifelhaft betrachtet und aus die Zukunft ver weist. Immerhin scheint auS der Auslassung hrrvorzugehen, daß zunächst der Versuch gemacht werden soll, den Reichstag doch noch für da« Gesammtproject zu gewinnen, und daß im Falle de« Scheitern- dieses Versuches ein mittlerweile vorbereiteter Theil- entwurs, der lediglich die Beschaffung der Mittel für die Hcercs- reform ins Auge saßt, dem Reichstage vorgelegt werden wird. Aber auch das ist nur Bermuthung. Es scheint, als wolle man absichtlich die Ungewißheit über die Steucrrcsormpläne der verbündeten Regierungen nähren, um diesen Zeit zu lassen, mit dem vielbeschäftigten ReichSschatzsecretair sich zu verständigen. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" setzt die Erörterung der Frage, ob Preußen berechtigt sei, mit einer Verschärfung seines BerrinSgrsrtzrS vorzugchen, fort und macht dabei genauere Mittheilung darüber, wie sie dieses Vorgehen sich denkt. Sie führt nämlich auS: Der tz 17 des Relchswahlgesetze« qiebt da» Recht, zum Betrieb der den Reichstag betreffenden Wahlanqelegenbeiten Vereine zu bilden und io geschlossenen Raumen unbewaffnet öffentlich« Ver- sammlungen zu veranstalten, nur den Wahlberechtigten. ES ist nun gesagt, damit sollte lediglich ein Minimum von Recht fest- gelegt werden; das thalsächlich gütige Maximum bestimmte» die LandeSgeseye. Aber 8- 17 des Wahlgesetzes giebt die Puncte, die unberührt bleiben sollen, ausdrücklich an: er nennt als solch« Materien die Anzeige der Versammlungen und Vereine, so wie die Ueberwachung derselben: er erwähnt aber nicht di« den' Landesgesetzen verbleibende Besugniß, gegen den Hauptsatz des 8. 17 des Wahlgesetzes, auch anderen Personen als wahlberechtigten den Besuch von Wahlversammlungen frei zu geben. Es ist also LaS Allermindeste, was man sage» kann, wenn man die Sachlage dahin definirt, daß die erwähnte Besugniß der Landesgesetze durch das Schweigen de« 8. 17 des ReichrwahlgesetzeS über diesen Puuct in die Lust gestellt wird. E» ist unbestreitbar, daß, wenn in einem Reichsgesetz die landesgesetzliche Competenz hinsichtlich bestimmter, ausdrücklich bezeichnet»! Einzelheiten gewahrt wird, sie auch nur in diesen einzelnen Pnncten gewahrt ist; und so käme man zu dem Facit. daß, da die ReichSgesetze den Landesgesetzen Vorgehen, die Bestimmung des 8- 17 des Reichswahl. gesetzeS, daß nur Wahlberechtigte Wahlversammlungen besuchen dürfe», allenthalben im Reiche in ttroft steht. In jedem Falle liegt, wie wir wiederholen, einZweisel vor, der behoben werden muß, und eS ist der durchaus logische Weg. wenn zunächst der preußische Land- tag sich darüber entscheidet, ob er das preußische Vereinsgesetz in dem i» Rede stehenden Punct dem Al. 1 deS 8. 17 des Reichs- Wahlgesetzes an passen und so die Streitsrage aus der Welt schaffen will. Lehnt er das ab, jo würden die Factoren der Reichsgesetzgebung den 8- 17 authentisch zu interpretiren, d. h. einen Beschluß darüber zu fassen haben, ob wirklich auch die Besugniß, über das Lebensalter der zum Be such von Wahlversammlungen Berechtigten zu entscheiden, der Landesgesetzgebung überlaffen sein soll. Fällt die Antwort im Reichstag und im Bundesrath nicht im positiven Sinne auS, io läge Gewißheit darüber vor, daß nach dem Wortlaut des Al. 1 des 8 17 LeS Reichswahlgesetze« allenthalben im Reich die Grenze der sraglicheu Berechtigung gezogen werden soll. Das ist, wenn der preußische Landtag e« ablehnen sollte, das Recht der Theilnahme an Wahlversammlungen aus die Wahlberechtigten zu beschränken, ein weiter Weg, um zum Ziele zu gelangen. Immerhin gebt auS der Darlegung klar hervor, daß da« preußische Ministerium über da« Stadium einer akademischen Erörterung drr Frage bereit- hinaus- gekommen ist und mit einer das Recht zum Besuch von Wahlversammlungen auf die Wahlberechtigten beschränkenden Vorlage vor den Landtag zu treten entschlossen ist. Die von den deutschen „Genossen" bekanntlich vor der Welt aufs Nachdrücklichste geleugnete Geistesverwandt schaft zwischen Socialdemokratie und Anarchismus wird in Frankreich ganz unumwunden zugestandcn und cullivirt. Letzthin hatte die socialdemokrattsche Richtung der Blanquisten — in Frankreich steht bei den Genossen da« Scctcnwesen in höchster Blüthe — an die Anarchisten ein Manifest gerichtet, in welchem letztere zur Verschmelzung mit den Blanquisten ausgcforbert wurden. Anarchistisckerseit« wurde den susionSlustigen Blanquisten zwar der Bescheid, daß jede Organisation den Principicn der Partei widerspräche, aber man gab ihnen dabin Recht, daß cS die höchste Zeit sei, den Massen das Auge für die parlamentarische Corruption zu schärfen. Es sei die größte Thorhcit, welche ein Volk begehen könne, seine Mackt an eine einzige Person — gemeint ist der Präsident der Republik, Casimir Pericr — zu übertragen. Vielmehr müsse baldmöglichst die Revolution proclamirt und mit dein heutigen Parlamentarisinus gründlich aufgeräumt werden. Hiermit erklärten sich die Blanquisten Punct für Punct einverstanden, was ihnen um so weniger schwer fiel-, als sie für ihre Gruppe obncbin schon den gewiß bezeichnenden Namen: kernianoueo lövnlutionuuiro gewählt hatten. Die permanenten Rcvolntionaire beider Richtungen werden daher daS Geschäft der Votksauswicgclung Arm in Arm besorgen. DaS wird aber die Genossen in Deutschland nicht hindern, immer wieder zu belheucrn, daß das Wesen der Social- demokratie mit dem Anarchismus nicht das Mindest« gemcin habe. Geradezu erschreckend sind die Erfolge, welche die Tschechen in allen Himmelsgegenden Mährens in denIcME. zwei Jahren errungen baden und leider iminer »och t?Mgen. Fast keine Woche vergeht, in der nicht von den tschechischen Blättern verkündet wird, daß abermals dieser oder jener Ort gefallen, daß cS gelungen sei, nach langer Arbeit und heißem Ringen Bcsedabäuser (daS sind tschechische VkreinShänscr) in Orten zu errichten, die bisher ganz oder überwiegend deutsch waren. Tschechische Vereine sind in Menge thätiq, nicht etwa, um daS. was tschechisch ist, zu erhalten, um tschechische- Volks» bcwußtsein zu erwecke» und zu kräftigen — das ist nicht nöthig, da der Tscheche sein StammcSbcwußtsein mit zur Welt bringt und da tschechische Dörfer und Städte nirgends bedroht sind —, sondern um das tschechische Sprachgebiet »ach Norden und Süden zu erweitern, um den deutschen Minderheiten in überwiegend tschechischen Städten und Märkte» den GarauS zu machen und um die zahlreichen deutschen Sprachinseln de« KronlanteS (die von Iglau, Olmütz, Brünn, Wischau-Auster» liy, Deutsch-Brodel Wachtl, daS Schönhengstcr Land, Hohen stadt, Littau rc.), allmählich mit tschechischen Proletarier» Massen zu durchsetzen nnd zu slawisiren. Die Städte Ungarisch-Brod, Ungarisch-Hradisch, Mährisch-Budwitz, Proß» Feuilleton. Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernseld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Wir müssen, um eS zu tbun, eben aus sie zurückkommcn", versetzte Falconer, mit der Hanv über seine Stirn fahrend, wie um die finsteren Falten dort zu glätten. „WaS ich Ihnen mittbeilcn wollte, betrifft eben jene Frau." „Betrifft Ihre Frau?" fragte Jane, verwundert aus horchend. „Sie selbst. Ick erbielt beute Morgen von Markbam, der in der Nähe von Aldersway zum Besuche weilt, einen Brief mit Nachrichten über sie." Jane wendete ihr Gesicht ihm plötzlich zu und sah mit einem Blick der Betroffenheit zu ihm nieder. „Es ist der seltsamste und, wie ich sagen muß, für mich mißlichste Zwischenfall in der Sacke cingetrcten, der sich denken läßt. Meine Frau ist verschwunden. Ihre Anwälte, bei denen sic häufiger vorzusprechen pflegte, haben sic seit längerer Zeit nicht wiedergcsehen, und, was am auffälligsten, sie hat bei dem diesmaligen Fälligkeitstermin der Vierlel- jabreSrale ihrer Rente Unterlasten, dieselbe zu erheben. Tie Anwälte stellten Nachforschungen »ach ihr an, allein sie blieben ohne Erfolg. Von ihrer letzten Wohnung a»S, die sie nach dem Tode ihrer Tante plötzlich verlassen, fcblt jede Spur ihre« Verbleib«. Man fängt an, sich zn beunruhigen und die An wälte bieten Alles aus. daS Näthscl zn lösen." „Bitte, sabrcn Sie fort", sagte Jane. „Hätte jene Person daS Geld erhoben »nd wäre dann den Augen der Anwälte entschwunden, so würde Niemand es beachtet haben. Sie ist in ihren Schritten unbehindert lind e« konnte nickt weiter ausfallen, wenn sic Veranlassung nahm, den Sachwaltern fern zu bleiben oder selbst sich ihren Blicken zu entzicben. Allein wenn Jemand verschwindet, indem er eine Summe Gelte« »»erhoben läßt, die sein laufende« Einkommen bildet, aus die er angewiesen ist. und über die er keine Bestimmung binterlaffen hat, so erscheint da« allerdings ausfällig und pflegt zu einer Publicität der Sache zu führen, die für mich eine sehr unangenehme sei« würde. DetectivS werden mit Nachforschungen beauftragt, Aufrufe in den Zeitungen werden erlassen, und man hat allen Grund und nimmt jede- Mittel wahr, die Angelegen heit so viel als möglich in die Oeffentlichkeit zu bringen." „So würde also Ihre Heirath damit zur allgemeinen Kenntniß gelangen?" „Ganz ohne Zweifel!" meinte Falconer finster. „Man wird sich der Gelegenheit um so eifriger bedienen, als Crerett die Sache in der Hand hat." „Everett?" „Er selbst. Die Anwälte haben sich bei ihren Nach forschungen an ihn gewendet, und er bat alsbald eifrig die Leitung der Angelegenheit übernommen. Allein gleichviel — ich weiß kaum, Jane, ob ich noch viel darnach frage. Es wird die Dinge ein bischen schneller abspielcn lasten, als ich dachte. — DaS ist Alle-! Was kommen soll, mag kommen; was thut'S, ob etwa« srüher oder später. Mir wird dieser Zustand unerträglich. Ich weiß, daß ich mißtrauisch über wacht, beobachtet bin auf Schritt und Tritt. Ich würde nicht mehr einen Eisenbabnzug benutzen können, wenn ich eine Reise machen wollte; ich würde nicht zwei Stunden weit kommen, wenn ich fliehen wollte. Aber ich will nicht fliehen, Sie wissen eS! Ich will bleiben und den Kamps ausnehmen. Wenn ich unterliegen — wenn da« Verderben mir kommen soll, — woblan, mag eS ebensogut schnell kommen! Mag vr. Newbott sein Schlimmstes tbun — und er wird es thun, sobald er diese neueste Neuigkeit hört, die seinen Plan vernichtet!" „Sic werden gerettet werden!" sagte Jane in ruhigem, leidenschaftslosen Ton. „Wenn Sie eS vermöchten — ja!" rief Falconer stürmisch auS, „Sie mein einziger Trost, mein einzige« Licht in finsterer Nacht! Die einzige Seele, der ich ganz vertraue, und die mir vertraut und ganz an mich glaubt!" „Und Ihr Vertrauen soll Sie nicht getäuscht haben — ich werde eS an dem nicht fehlen lasten, WaS mir obliegt I" sagte sie leise. Das Pferd schritt seine« Wege« weiter dabin. in rubiger, stiller Weise, als sei eS sich bewußt der ungewohnten schönen Bürde, die ibm anvertraut. Da- Gespräch hatte aufgebört, da« einzige Geräusch, daS man körte, war da» Rauschen der Bäume vom leisen Abendwinde, der Tritt von PierrepointS zierlichen Husen aus der sestgestampslen Straße und von Falconer « Füßen, der an seiner Seite einberschritt. Sie hatten einen Waldpfad von festem Boden eingeschlagen, der sie von dem Hügel heruntergefübrt und jetzt auS dickten, hoben Holz plötzlich auf eine kleine Lichtung endete, die seit wärts dem Blicke die Aussicht aus einen etwas tiefer liegenden großen schönen See eröffnete, der ernst und still, einsam und feierlich in der tiefen Ruhe der Umgebung im dämmerigen geheimnißvollcn Lickt deS hcrcinbrechcnden Abend- vor ihren Augen sich auSbreitetc. Ein einzelner Stern, der erste am Himmel, spiegelte sich in der halbdunklen, arauschiminernden Wasserfläche und schien auf ihren leichten Weilchen aus und nieder zu tauchen, zu tanzen und zu spielen. Der Anblick der so plötzlich hervortretcnden Scenerie glich einem zauberischen bcimlichen Tummelplatz der Elsen, der nur noch seiner kleine» Geister harrte, ihn zu beleben, war so schön, daß Falconer unwillkürlich Halt machte — er wußte selbst kaum, ob er den Zügel angezogen, oder ob Jane cS gethan, aber das Pferd stand. „Wie schön!" sagte er. „Sehen Sie diesen einzelnen Stern dort, Jane?" „Sehr schön! Sehr schön!" erwiderte sie leise gedankenvoll Beide standen einen Augenblick schweigend, in den Anblick verloren. In Iane'S Antlitz ging eine seltsame Veränderung vor. ES schlich auf einen Moment wie tiefe, schmerzliche Wehmuth über ihre Züge, ihre Lippen bewegten sim, eS schien, als ob sie bete — dann atbmete sie einmal tief, un- börbar aus, und eS wurde wieder still und gefaßt auf diesem bleiche» Gesicht, eine ernste, feierliche Ruhe breitete sich über dasselbe. Als sie sprach, schienen ihre Worte weit von de», ab zu liegen, WaS sic hier vor sich sah und was diese Scene au Erinnerungen in ihr bervorrusen konnte. „Mr. Thrale", sagte sic, „ich habe Miß Annette Newbott kennen gelernt." „In der Tbat?" fragte er, verwundert über ihre Worte. „Ich habe sie kennen gelernt, daS beißt, ich habe in ihr Herz, ihr Gemütb geblickt. Sie ist mir Freundin geworden, und ihr Innere« liegt erschlossen vor mir. Sic ist nickt nur ein schöne«, junge» Wesen, sie ist auch gut, edel, von reinem, ecktcm Frauengcmüth, ein Herz, da- zu besitzen man stolz sein darf." „Gewiß!" versetzte Falconer noch immer verwundert. „Aber, Jane, WaS soll da- mir? Wenn ich selbst den Wunsch begte, dieses Herz zu besitzen — Sie wissen, daß ich eS nicht dürfte?" Jane antwortete nicht, aber ihre Augen waren aus die seinen gerichtet mit demselben tiefen, ernsten, feierlichen Aus druck, du» sie schon bei dem früheren Theil der Unterredung gezeigt hatte und der wäbrend ihres Verweilen« hier an dem einsamen, schönen stillen See noch prägnanter hervorgctretcn war. Mit einem leichten Aufathmen richtete sie jetzt den Kops empor und wendete ibn ab, der Richtung ihres Wege- wieder zu. „Bitte, lasten Sie unS heimkehrcn", sagte sie. XXIV. Doctor Ncwbott'S Unwohlsein ging diesmal nicht so schnell vorüber als sonst, cS nahm den Charakter einer wirklichen Krankheit an und hielt ihn für mehrere Tage auf sein Lager gebannt. Seil der Unterredung, in welcher er Annetten die Pläne enthüllt hatte, die er angeblich zu ihre», Wohle ent worfen, war in dem Verhalten beider Personen zu einanker eine Veränderung eingetrelen. Annette vermochte nickt länger die geduldig sich unterwerfende Tochter zu sein, die wider standslos Alles über sich ergehen ließ, stet- nur bedacht, nach Möglichkeit DaS gut zu macken, was er verdarb und an Unbcil schuf Ihr Vater batte sie zu tief in ihrem heiligsten Fühlen getroffen und eine Grenze überschritten, die bi« dahin zwischen ihnen unverletzt geblieben. Eine Entfremdung gegen ihren Vater hatte in ihrem Herzen platzgegrisfcn, die nicht ohne Eindruck aus das äußere Wesen des jungen Mädchens bleiben konnte und deren Wirkung wieder den Doctor mit bitterem Groll erfüllte. Die Tage gingen dahin, und der Doctor konnte Zimmer »nd Bett verlassen »nd sich wieder seiner Patienten annchme», so weit ihn seine Unlust diesen sich überhaupt noch widmen ließ. Aber wenn schon jeder dieser Anfälle, deren er soeben einen durckgeniacht, ihn als ein Wrack zurückließ, so hatte der diesmalige da- in ungewöhnlich gesteigertem Maße gethan, und Annette fürchtete stet- vc» Neuem, daß er nickt wieder genese» werde und man vor einer letzten schrecklichen Kaiastrophe stehe. Seine vernachlässigten Patien ten verließen ihn inzwischen mehr und mehr, und seines Rivalen, Doctor Mervillc'S, Wagen, der voni naben Forton herüberkam, wurde bäufiger als je zuvor in AlderSway gesebcn. Etwa eine Woche nach der schnöden Enthüllung seiner Pläne, die er ihr gemacht, saß Annette eine» Morgens kummer voll und einsani im Wohnzimmer, mit einer Näherei be schäftigt, als plötzlich ungewöhnlich heftig die Glocke in ihres Vaters Schlafzemach erscholl. Mit einem matten Seufzer ließ sic die Arbeit sinken und blickte aus. Ihr Vater Halle aus seinem Zimmer gcfriibstückt, und sie hatte sich der Hoffnung hingegeben, daß er, mit seiner Zeitung beschäftigt, wenigsten« für ewige Zeit ruhig bleibe»
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