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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940903016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894090301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894090301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-03
- Monat1894-09
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Tabellarischer und Ziffcrasatz »ach höherem Taris. Extra «vetlagcn (gesalzt», nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung >4 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Äryeige«: Abend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag« 4Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen »nd Annahmestellen >e ein» halbe Stunde früher. Auzeigrn sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig ^- 449. Montag den 3. September 1894. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Obgleich der Gesundbeit«zustond unserer Stadt ein durchaus günstiger und zufriedenstellender ist, so veranlaßt uns doch die That sache, daß, abgesehen von vereinzelten Erkrankungen innerhalb de« de»tschrn Reiche«, in verschiedenen Gegenden Rußland«, sowie Oesterrerch^Salizien« bi« in die neueste Zeit häufiger Cholerasälle vorgekommen sind, tu Berbtndnag mit dem Umstand, daß zur bevor- flehenden Messe «in sehr großer Andrang von Fremden zu erwarten ist, auch in diesem Jahre zu der Anordnung, daß jeder etwa verkommend« Fall einer choleraverdächtigen Erkrankung ungesäumt bei der RathSwach« (im Rathhaus durchgang) aazuzeigen ist. z,«t»es«nderr haben hierzu Diejenigen die Verpflichtung, die Fremd« in Zimmern oder Schlafstellen zur Beherbergung auf- nehmen, bezüglich etwaiger Erkrankungen ihrer Miether oder sonstiger HerbergSgaste. Wir hoffen, daß unsere Einwohnerschaft im allgemeinen Interesse, wie in dem eines jeden Einzelnen dieser Anordnung sorgfältige Be» achtunz zu Theii werden lasse, damit, wenn wider Erwarten ein Krankheitsfall hierher verschleppt werden sollte, die nölhtgen Schritt« zu dessen Localisirung und zur Verhütung de« Weitergreifen« der Krankheit sofort getroffen werden könnten; wir wollen aber nicht unteriassen, darauf hinzuwetsen, daß Ber> mietbrr der ia Absatz 8 dieser Bekanntmachung bezeichnten Art, die di» in Absatz 2 vorgeschriebe»« Meldung unterlassen oder verzögern, insoweit nicht criminell« Ahndung einzutreten hat, mit Geldstrafe bi« zu 60 ^l oder Hast bi« zu 14 Tagen bestraft werden würden. Leipzig, den 24. August 18S4. Der Math der Stadt Leipzig. l)r. Georgi. Dietrich. Bekanntmachung, die Anmeldung der aus Rußland und Galizien zureisenden Fremden betreffend. Mit Rücksicht darauf, daß in verschiedenen Orten Rußland« und Galizien« bi« in dir neueste Zeit häufigere Lholerasälle vorgekommen find, und daß au« beiden Ländern für di« nächsten Wochen ein starker Zufluß von Fremden nach hier zu erwarten steht, wird im Anschluß a» die Bekanntmachung vom 28. diese« Monat«, zunächst für di« Dauer der jetzt beginnenden Messe, noch angeordnet, daß alle au« Rußland (etiischitetzltch lp«le»«1 sawte au» Oesterreich - Galizien hierher kommenden Fremden in jedem Falle vom Quartiergeber alübald a« D«ge der Ankunst, oder doch, fall« diel« nach S Uhr Nachmittag« erfolgt, spätesten« am salgende« Morgen dt« 1» Uhr beim Meldeamt «bth. II oder der betreffenden Polizeibezirk-wach« anzumelde» sind. Ln«deso«»rre gilt die» auch van allen solchen Fremden (Meßsremden und Besuch-fremden), die iu Prtvathäuscrn absteigra und auch dann, weua sie kürzere Jett al» » Tage hier ver weilen wollen. Wegen der von onderwärt« zureisenden Fremden bewendet e« bei tz. 14 de« Melderegulaliv«. Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnung, für deren Befolgung dl« Quartieraeber wie die Fremden selbst verantwortlich sind, werden mit Geldstrafe bi« zu SO oder mit entsprechender Hastftrase geahndet werden. Leipzig, den 2S. August 1894. Da« Volizetamt der Stadt Leipzig. - - — In Stellvertretung: O. U. 3629. Vr. Schmtd. Bekanntmachung, detreffrnd »te Ar» »e« Handel» mit Nahrung«- «nd Gennßmlttel«. Im Interesse de» kaufenden Publicum« haben wir nach Gehör der Herren Stadtverordneten beschlossen, daß vom 1. Oktober 1894 ab alle nicht flüssigen Nahrung«, und Genußmittet im Markt- und Handelsverkehr nur noch dem Gewicht, nach Stück- oder Bundzahl verkauft werden dürfen Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bi« zu 30 ^4 oder mit Haft bi« zu 8 Lagen geahndet werden. Leipzig, den 13. August 1894. Der Aath der Stadt Leipzig IX. 8S96.vr. Georgi.Stahl Bekanntmachung. Die die-jähri'gen Zinsen der Frege schen Stiftung zur Belohnung treuer und völlig unbescholtener Dienstboten, welche mindestens 20 Jahr« hindurch bei einer oder zwei Herrschaften in hiesiger Stadt gedient haben, find mit je 68 ^ an Emilie Bergan an« Tapiau. Anna völtcher au« Clodra, Johanne Marie Frtchrrikr Dpttz au« Bolkmarsdorf, Marte Wilhelmine Schrrtter au« Leipzig und Marte Noack au« Neuhof vergeben worden. Leipzig, den SO. August 1894. N» 4097. Der Aath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hildebrandt Politische Tagesschau. * Leipzig, 2. September. Eine ziemlich überraschende Nachricht bat der Tele grapb au« der Provinz Posen gebracht: den Deutschen der Provinz, die sich voll Begeisterung zur Huldtgu»g«fahrt na«» varztn rüsten, hat der commandircnde General de- V. Armee corps, Herr v. Geeckt, vir Erlaubnis versagt, sich von einer Militaircapelle diese- Armeecorp« aus ihrer Fahrt begleiten zu lassen. Die „Berl. N. N." bemerken zu dieser Meldung „Wer sich die Huidbezeigungen vergegenwärtigt, mit denen der oberste kneg«herr, Se. Mas. der Kaiser und König, seinen Generalobersten Fürsten v. Bi-marck bei seinem unvergeßlichen Besuche in Berlin und nachher überhäuft«, wird bezweifel! müssen, ob do« fetzige Vorgehen de« General« v. Seeckt den In tenttonen Sr. Majestät entsprechen kann. Im Polen lager herrscht natürlich Helle Freud« über di« Verfügung de« General«, dessen Beliebtheit unter den Polen seit der noch unver gessene» Bevorzugung de« polnischen Adel« anläßlich de« Besuch« der Kaiserin Friedrich in Polen und in Folg« der Giederrinfteüung Polnticher Rerruteu in die Regimenter der Provinz Polen ganz be trächtltch ist und nunmehr eine weitere Steigerung erfahren büffte.' Da« Berliner Blatt hätte hinzufiigen können, daß die Verfügung de« General« um so überraschender kommt, je aerechteren Unwillen die kürzlich gemeldeten polnischen Au<- schrritungen bei einem deutschen Schulfeste in der Provinz Posen in allen deutschgesinnten Kreisen bervorgerufen habe», und je riamüthiger dir ganze deutsche Presse bei dieser Gelegenheit darauf gedrungen hat, die polnische Unverschämt heit nicht durch neue Zugeständnisse zu steigern. E« ist ein eigenthümlicher Zufall, baß gerade heute die dem Fürsten Bl«marck nahestehenden „Hamb. Nachr." die folgende Aus lassung der „Köln. Zig." über jenes Vorkommniß zustimmcnd citiren: „Gegenüber solchen Vorkommnissen nimmt e« sich wie Hohn au«, wenn i» Posener Blättern fortwährend über die Zurücksetzung de- polnische» Element« geklagt wird, während thatsächlich der polnische Uebermuth all» Schranken überspringt. C« ist dringend zu wünschen, daß die Regierung solchen Bor- gangen die ernsteste Beachtung schenkt und sich einmal zu recht gründlicher Prüfung die Frage vorlegt, ob durch die der- schieden«» Zugeständnisse etwa« Andere« erreicht worden ist, als die Steigerung polnischer Unverschämihett. E« wäre nachgerade an der Zeit, daß man einmal andere Saiten au szöae; den» daß man mit Milde und Nachgiebigkeit nicht« erreicht, dürste doch wohl sest- tetzen. E« giebt ja viele Teursche, di« sich in der angenehmen Hoffnung wiegen, daß mau die Polen durch Schonung der Sprache und der nationalen Eigenthümlichkeilen zu guten deutsche» Staat«- bürgern machen könne. Diese Richtung hat in letzter Zeit bei un« den maßgebenden Einfluß auSgeübt, mit weichem Erfolge, sieht man «tzt, wobei wir »alürlich nicht allein an den oben erwähnten Bor» aug, sondern an die ganze Haltung denken, die die Polen iu losen als Tank für da« ihnen bewiesene Vertrauen zeigen." Daß diese Auslassung völlig den Ansichten des Altreichs kanzlers entspricht, geht aus vielen seiner Aussprüche hervor. WaS wird er sagen, wenn er am Tage von Sedan Kunde erhält von der Verfügung des commandirenden Generals de« V. ArmeecorpS I Ein Berliner Parteitag der Freisinnigen Volks- Partei, der am Donnerstag über den Richter'schen Programm- enlwurf bcricth, hat, wie bereits gemeldet, fast einstimmig einen Antrag abgelehnt, die Ausdehnung des Reichs- Wahlrecht» auch aus die Gemeinvewahle» zu fordern. Daria tritt dir ganze Principienlosigteil und der ganze Mangel an Coosequenz, ja an Mulh bei dieser Partei zu Tage, wenn eS sich um ihre eigenen Interessen handelt. Wie ist eS sonst möglich, daß man verlangt, Reich und Staat der rohen Masse auszuliefcrn und nur allein die Sessel in den großstädtischen Rathhäusern mit den von dieser Partei sonst so viel geschmähten plulo- kratischen Sicherheit-Maßregeln zu umgeben? Entweder die vollendete Demokratie ist gut, dann muß sie eS überall sein, oder sie ist eS nicht. Ein Privileg für fortschrittliche Cliquen- wirthschaft, wo sie sich auf Grund deS „elendesten aller Wahl systeme" noch erhält, können wir nicht anerkennen. In deu parlamentarischen Körperschaften hat freilich die bürger liche Demokratie nichts mehr zu verlieren; WaS immer für rin Wahlrecht besteht, Herr Richter schneidet mit gleichem Mißerfolg ab. Um so krampfhafter klammert er sich nun an die städtischen Bertrelungcn und au den Gcidsack, der ihm diese noch schützt. Eine schärfere Ver- urlhciiuog deS ReichSwahlrechtS und eine treffendere Selbst kritik des heuchlerischen fortschrittlichen Vorgehens >n dieser Frage ist noch nie abgegeben worden, aiS durck diese» Ge- stänvniß, daß dieses Wahlrecht eine gesunde Ordnung der Verhältnisse in den Gemeinden unmöglich mache» müsse. Im Reich und Staat aber soll es da» Ideal sein, dessen Unüber- treffiichkeit in Zweifel zu ziehen, wie ein Verbreche» be handelt wird. ES ist nun freilich keinerlei Aussicht vor handen, daß die freisinnige Forderung der Ausdehnung de« ReichSwahlrechtS auf die Abgeordnelenlammern jemals durch- driugen werde. Darüber aber mag Herr Richter sich nicht täuschen: sollte eS doch je geschehe», so steht diese Entwickelung auch vor den Rathhäusern nicht still, und seine ganz« Gesell schaft würde dann ebenso, wie im Reichstag, so auch in den Gemeindevertretungen der großen Städte von den radicalen Elementen von links und rechts himveggescgt werden. Nicht der geringste Grund liegt vor, warum da- schrankenlose Wahlrecht für die höchsten nationalen und staattichen An liegen nützlich, für die örtliche» Interessen einiger Städte aber unbrauchbar sein sollte. Wenn man doch einmal seine Sache auf Principienreiterei gestellt hat, so muß man wenigstens auch consequent sein. Die echt frauzSfischeu Vorgänge in Laval vor und bei der Hinrichtung de» Abbvs Bruneau sollten die parlamentarische Mehrheit, die sich noch jüngst gegen die Ab schaffung der Oeffentlichkeit der Hinrichtungen ausgesprochen, eines Andern belehren. Es war, als ob in Laval ein große« Volksfest begangen würde, und als die Nachricht eintras, daß die Vollstreckung deS TodeSuzthfilS durch einen letzten Schritt deS VertbeibigerS Bruneau'S beim Präsidenten der Republik zweifelhaft geworden, gab sich eine Enttäuschung kund, die lebhaft an bieSlimmuagvon Theaterbcsucherneriniiertr,denen der rotbcu Zettel verkündet, daß chrr LiebtingSoper infolge einer Laune der Primadonna durch einige Lustspielche» ersetzt werden muß. In dichten Gtupcheft 'stäup die Menge um das Gcfängniß und machte ihrer Erbitterung durch allerlei Rohheiten Luft. Die Stimmung wurde erst wieder ver gnügter, als bekannt wurde, daß die Vollstreckung des UrtheilS nun doch stattfinden werde. Zur Vorbereitung aus da« Schauspiel hatte die Gesellschaft LavalS und ber Umgegend, die massenhaft hrrdeigeströmt war, am Abend vorher das Stadtthcater dicht besetzt, wo Ov tu ü Ia patte gegeben wurde; von dort war sie nach der Place de Palais, dem in der Näbe deS Gefängnisses gelegenen HitjrichtungSplatzc, gezogen, wo alle Fenster vermiethrt waren. Der Berichterstatter des „TempS schätzt die dort versammelte Menge auf 10 000 Köpfe; die zur Erhaltung der Ordnung befohlenen, gerade cinberusenen Reservisten mußten in achtfachen Gliedern ausgestellt werken, um die Neugierigen zurückzuhalten. Inzwischen wurde unter der Menge eine Schrift auSgeboten, die in 101 Couplet- da« Verbrechen Bruneau'S in Versen schilderte! Auch während der Hinrichtung dauerte die Theaterslimmung an, und alS da- Haupt de» Verbrecher- siel, gaben die Zuschauer durch lebhafte« Händeklatschen kund, dag sie von dem Schauspiel befriedigt seien. E« ist Zeit, endlich mit der Anschauung aufzuräumen, bemerkt dazu mit Recht der „TempS, daß der Henker ein Spaßmacher, Clown oder Jongleur sei, der zur größten Belustigung der Zuschaue» Fangball mit Menschen köpfen spielt. Die Zurückziehung der englischen Garnison au« Etzprr» wird von der öffentliche» Meinung jenseit« de« CanalS mit ziemlich gemischten Gefühlen zur Kenntniß ge- »ommen. Ohne gegen die Begründung dieser Maßregel — Ersetzung der nach Egypten entsendeten Truppenlheiie aus Malta — Einwendungen zu erbeben, sagen sich doch weite Kreise deS englischen Volkes, daß die Regierung vielleicht besser gethan hätte, an den Bcsayungsverhältnissen Cyperns »ichtö zu ändern, sondern den in Egypten bcrvorgetretenen Mehr bedarf anderweit zu decken. Cypern ist nun einmal ein integrirender Bestandtheil der britischen Machtstellung im Mittelmcer geworden. ES bildet die am weitesten nach der Levante vorgeschobene Station. Diese Insel jetzt so gut wie völlig ohne militairische Deckung zu lassen, erscheint den Kritikern der in Rede stehenden RegierungSmaßregel um so dedenkliäier, weil sie daraus folgern zu sollen meinen, Laß die englische HcereSpräsenz nicht auöreichc, um die aus Cypern weggeholten vier Compagnien aus den Depots de» Mutterlandes zu entnehmen. Auch fragt man, weshalb gerade die Garnison von Malta unter allen Umständen complet gehalten werden müsse, und ob vielleicht dieses stark befestigte Inselbollwerk gcsährdcter sei, als der vor geschobene Posten von Cypern. Sollte nun Cypern aus die Tauer nicht ohne Besatzung bleiben, so werde der Ober befehlshaber in Egypten nicht umhin können, eine Abthciluiig »ach Cypern zu detachiren, und so komme man aus dem fehlerhaften Cirkel gar nicht heraus. WaS England Noth tbuc, sei ein Heer, welches zahlreich genug wäre, um alle militairisch wichtigen Stellungen mit angemessenen Kräften besetzt zu halten. Diese« Raisonnement entbehrt nicht einer gewissen Berechtigung. Thatsache ist, daß da« britische Weltreich in den letzten Jahren noch ununterbrochen und in stellenweise recht erheblichem Umfange angewachsen ist, während die HcereSpräsenz im Wesentlichen stationär blieb. Natürlich kann man einen größeren Länderbesitz mit der gleich bleibenden Truppenzahl nicht so wirksam schützen, als den früheren kleineren. Damit hängt eS zusammen, daß die Regimenter jetzt 10, 12 Jahre und länger auf auswärtigen Stationen im Dienst verbleiben, obwohl nach dem Urtheile aller Sachverständigen die militairische Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit der Truppe durch eine so intensive Aus nutzung beeinträchtigt wird. Aber sie können nicht eher ab gelöst werden, weil für diesen Zweck keine Truppen versügbar sind. Kurz, die Nothwenbigkeit einer Verstärkung der britischen HcereSpräsenz erscheint mit jedem Jahre dringlicher. Offenbar um den Eindruck abzuschwächen, welchen das von unS bereits besprochene Project der russische» Regie rung zur Einschränkung der' Colonisation der Deutschen im Reiche auf die Colonisten in Rußland gemacht, vlaidirt die „Nowoje Wremja" für die Colonisation der Deutschen in den im Osten des Reiche- liegenden Gou vernements, wie znm Beispiel Ufion, Orenburg rc. Die Regierung, meint das russische Blatt, dürste der Colonisation der Deutschen im Oste» des Reiches keine Hindernisse in den Weg legen; nur müsse sie trachten, daß die Colvnien mit den russischen Ansiedlungen verschmolzen werde» sollen, um die Nuffificirung der Deutschen ersolgreichcr durchführen zu könne». Die Thatsache, daß die in Fühlung mit der Negierung stehende „Nowoje Wremja", welche die deutschei, Coloniste» lind deren Ansiedelung stet« scbars bekämpft hat, nunmehr für die Colonisation der Deutschen eintritt, verdient Beachtung. Die deutschen Colonisten haben in den Gebieten, au» denen sie »un verdrängt werden sollen, ein große» Stück Culturarbcit verrichtet, so daß ihre fernere Anwesenheit nicht mehr als „nützlich" erachtet wird: dagegen bcnötbigt der Osten de» Zarenreiches der Unterstützung der Deutschen, um auch ein Cuttur-Elemcnt zu besitzen, und dcShatb wird jetzt die Colonisation der Deutschen im Osten warm befürwortet. Deutsches Reich. ^ Berlin, 2. September. Der „StaatSanzeiger" macht die Beförderung des vr. Friedberg in Halle vom außcr- ordentlicben zum ordentlichen Professor bekannt. Damit werden die Mandate des Genannten zum Reichstag und zum Ab- geordneten Hause erledigt. Im Reichstag vertrat Herr Friedberg den Wahlkreis Bcrnburg - Köthen. Cr war mit 13 936 gegen 3730Stimmen der freisinnigen Bolk-parlei und 9143 Socialdemokralen gewählt. Der Wahlkreis war auch vorher ununterbrochen nationalliberal vertreten, seit 1878 durch den Abgeordneten Oechelhäuser. Im Abgeordneten haus« vertrat Herr Friedberg neben dem freiconservativen Abgeordneten v. Voß den Stadtkreis Halle. Er war bier durch Compromiß mit den Conservative» mit 433 gegen 185 fortschrittliche Stimmen gewählt. Herr Fricdberg gehört zu den. tüchtigsten jüngeren parlamentarischen Kräften; wir hoffen, daß er in dir beiden Häuser wiebcrgcwählt wird. * Berlin, 2. September. Es ist schon berichtet worden, daß am Donnerstag Abend in Sanssouci beim Kaiser eine kleine AbcntgeseUschast stattfand, i» welckicr auch musicirt wurde. Es war da» erste Mal seit langer Zeit, daß da« Schloß von Sanssouci zu einem Zwecke der Geselligkeit wieder benutzt wurde, und zwar waren die Zimmer Friedriw's deS Großen dazu gewählt. Das Concert fand im Musik- zimmer deS großen Königs statt, und die mitwirkenden Künstler waren in der Tracht au« der Zeit desselben. U. A. wurden Flöten-Compositionen Friedrich'« in dem Raume, wo er selbst sie so oft gespielt hat, vorgetragen. — Am Freitag Abend batte der Kaiser den Frbrn. v. t. Goltz Pascha mit einer Einladung zur FrühstückSlasel beehrt. — Tie Sarkophage Kaiser Wilhelm'« l. und der Kaiserin Augusts, welche heute im erweiterten Mausoleum zu Charlottenburg eingeweiht werden, sind von dem Bild hauer Pros. Encke modellirt. Beim Eintritt in die Vorhalle de« Mausoleum« erblickt man zuerst den gewappneten Erzengel mit dem Flammensckiwert, der die Wacht bält. Schwert, Heini und Schild sind au« vergoldeter Bronze Der Engel wird durch blaue« Oberlicht übeifliitbet. In der Eapelle hinter der Halle gelangt man an den Sarkophagen der Königin Luise und des König« Friedrich Wilhelm lll. vorüber in den Erweiterungs bau, der die neuen Sarkophage ausgenommen bat. Der Kaiser ist vargestellt in der Uniform deS ersten Garte-RcgimcittS, entblößten Haupte-, unter einem Hermelin-Mantel ruhend; in beiden Händen hält er das lorbeerumwundene Reichs schwert. Die Kaiserin, mit dem Diadem und einem feinen Spiyenschleier geschmückt, hält in den gefalteten Händen ein Crucisip.- Zn ihrem Schooße liegen Blüthen und Blätter von Passionsblumen, eine besonder- schwierige Leistung des Bildhauers. Das Kaiserpaar ruht auf antiken Ruhebette», Löwenköpfe mit Klauen bilden die Enden der Sarkophage. Der Zwischenraum zwischen diesen Sarkophagen ist fast doppelt so groß, als zwischen denjenigen Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise, um bei Feierlichkeiten mehr Platz zu bieten. Die neuen Sarkophage werden von gelben» Oberlicht übergvssen. * Berlin, 2. September. Zu der bereits von der „Na t/- Ztg." auf Grund authentischer Nachricht dementirten Melkung der „Lib. Corr.", eS beständen zwischen dem Staatösccretair deS Reichsschatzamtes und dem preußischen Finanzminister tiefgehende Meinungs verschiedenheiten, die sich sogar zu einem Briefe ver dichtet hätten, der von Herrn vr. Miguel seinen College» in Abschrift mitgetkeilt worden sei, bemerken die mit dem Reichsschatzantt in Füblung stehenden „Berl. Polit. Nachr.": „Diese Mtttbeilung ist sachlich unrichtig und formell verkehrt. In sachlicher Beziehung stellt es fest, daß der Rcichüsckiatzsccretair von der Nothwcndigkeit einer Finanz- resorm ganz ebenso überzeugt ist, wie der preußische Finanz- minister. Formell beruht es aus einer Berkennung der Verhältnisse, wenn man annimmt, daß Meinungs verschiedenheiten zwischen derartigen Ressort« anders alS in herkömmlicher geschäftlicher Erörterung, durch welche eine gemeinschaftliche Basis gesucht und in der Regel auch gesunden wird, erledigt werden. Die Nachricht von einem Briefe des NcichüschatzsecreiairS an den preußischen Finanzminister, welcher persönliche Differenzen behandeln solle, gehört einfach in daS Reich der Phantasie, schon des halb, weil auch nicht der Schein irgend welcher Differenzen zwischen beiden besteht. WaS aber die Steucrvorlagen sür da« Reich betrifft, so ist es selbst verständlich, daß dieselben, wie dies auch nach der ausdrück lichen Erklärung des Herrn Grase» von PosadowSky bei den früheren Vorlagen der Fall war. im Reichsschatzantt vor bereitet und entworfen werden. Von dort gehen dieselben an die Regierungen der Einzelstaaten bezw. an den Bundcüratb. Es wird daher selbstredend keinem Finanzminisler eines Einzel- staatcs einsallen können, in diese Stellung deS Rcicbsschatz- secretairS eingreifen zu wollen. So ergiebt sich den», daß die Nachricht deS freisinnigen Blattes nach jeder Richtung hin unhaltbar ist." — Nach dem FreizügigkeitSgesetzc kann bekanntlich der Aufenthalt in einem Bundesstaate solchen Personen untersagt werden, die innerhalb der letzten zwölf Monate wegen wiederholten BettelnS oder wiederholter Landstreichcrei bestraft sind. Tie Auslegung und Anwendung ist eine sehr verschiedene gewesen. Daher hat jetzt, wie die „Weser- Zeitung" hört, der BundeSralh sich dahin geeinigt, daß die Ausweisung solcher Personen aus einem Bundesstaate immer nur sür die Dauer von zwölf Monaten nach der letzten Bestrafung erfolgen solle, daß die Ausnahme nicht ver weigert werden könne, wenn die Ausgewiesenen in dem Bundes staate, zu dem sic sick' begeben, die Staatsangehörigkeit besitzen, daß von strengeren landcSrecbtlichen Bestimmungen hinsichtlich ber AuSweisungSbefugniß nicht Gebrauch gemacht werden soll und daß sür das Verfahren hinsichtlich der Ausweisungen und der Aufnahme in einen anderen Bundesstaat die Be stimmungen de« in diesem Punete noch immer als in Kraft befindlich anzusebcnden bekannten Gothaer Vertrages vom lü. Juli 185l Anwendung finden sollen. — Es wurde kürzlich berichtet, daß die Handelskammern zu Braunschweig, Goslar, Göttinnen, Halbcrstadt, Halle a. S., Hannover, HildeSheim. Cassel, Minden, Nordhausen und Osna brück die Mitglieder der von ibnen nicdergcsetzten Commissionen und Subcommissionen durch Rundschreiben uni Mittbeilung typischer Fälle aus dem Gebiete unlauteren Geschäftsbe triebes ersucht haben und daß das Ergebniß dieser Umfragen dem ReichSamte deS Inner», sowie dem dentscbcn HandclStage vorgelegt werden soll. Wie die „Boss. Z." erfahrt, ist der deutsche Handelstag bereit- von den Handelskammern ersucht worben, die Frage wegen Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs aus die Tagesordnung einer so bald wie möglich zu berufenden Versammlung zu setzen. In mehreren der jüngst veröffentlichten HandelSkanimerbcrichtc für 1893 wird hervorgehoben, daß die Täuschungen, die jetzt unter Miß brauch wohlerworbener Rechte sremder Geschäslej über die Herkunft, den Inhalt, die Güte und den Preis der zn ver kaufende» Waaren an der Tagesordnung sind, sowohl den rechtschaffenen Kaufmann, als auch die Käufer schädige», und darum der Vorschlag gemacht, sür dieses unlautere GeschästS- gebahren Strafen und Schadenersatzpflicht festzusetzen. — Wie der „Loc.-Anz." hört, steht e« nunmehr positiv fest, das, zum Oberpräsidenien der Provinz Schlesien der Fürst von Hatzseld-Trachenberg ernamtt werden wird, doch ourjie die Ernennung erst Anfang Octobcr erfolgen. — Ter preußische Gesandte in Hamburg, von Kidcrlen- Wächter, ist von Norderney, wo er einige Zeit verweilte, in Berlin eingetrofien. — Ter hiesige französische Botschafter JuleS Herbette hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit sungirt der Bot- schaslrrath So ulange-Bodin als Geschäftsträger. — Der deutsche Botschafter am italienischen Hose, v. Bülow, hat sich von Berlin nach dem Salzkamniergut begeben. — Der chinesische Gesandte Hsü-Lhtng-Cbsng ist von St. Petersburg abgereisl, um sich wieder zu zeitweiligem Aufent halte nach Berlin zu begeben. — Oberst Mehmet Faik Bey, Adjutant de« Sultans, ist zur Einführung der in die preußische Armee zu ihrer Ausbildung ein- tretenden türkischen Osstctere hier eingetrofien. — Die vereinigten Brauereien in Berlin haben nunmehr Circular» an eine große Anzahl besser gestellter Gaüwirtbe ergeben lassen, in denen sie unter Hinwei« aus die Lurch da« Verhalten der Socialdemokralen im Bierbopcott berbcigesührte Schädigung der kleineren Wirtbe nicht blo« zu Beiträgen an die llnierstützuiigscasje von Sette» der Empfänger solcher Circulare, sondern auch zu Sammlungen i» deren Bekanntenkreisen aussorderv
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