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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940910010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894091001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894091001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-10
- Monat1894-09
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Königreich Lachsen. * Ltitzti«. 10. September. Da» königliche Ministerium hat dem Markthelfer Herrn Heinrich Wirbach für vierzigjährige Thätigkeit im Geschäft de» Herrn E- Northoff» seiner früheren Firma und der Firma seiner Vorgänger die silberne Medaille für Treue in der Arbeit nebst Diplom verliehen. — Der in demselben Hause be schäftigte Markthelfer Herr Gustav Winkler erbielt gleich zeitig für seine sünsundzwanzigjährige Thätigkeit in Herrn Northoff'S früherer und ictziger Firma ein Be- lobigungSdiplom von der hiesigen Kreisbauptmannschast ausgestellt. Die Diplome wurden den Betreffende» an hiesiger RathSstelle behändigt. Leipzig, 9. September. Ta» zehnjährige Stiftungsfest des Leipziger Bicycleclub- „Sturmvogel" nahm gestern Abend mit einem überaus zahlreich besuchten, jm Saale des Etablissements Bonorand abgebaltenen Herrenabend seinen Anfang. Nachdem der Vorsitzende. Herr vr. Reyher den CommerS mit einem den Radsahrfport feiernden Prolog eröffnet batte, folgten zablreiche Beiträge ernsterer und heitererNatur. Zu einem weihevollen Actegeslaltcte sich die Ueberbringung von Grüßen und Geschenken für den Iubelverein seitens zahlreicher hiesiger und auswärtiger ElubS und Vereine. Von auswärtigen waren durch Sportgenossen ver treten Berlin, Halle,Magdeburg,WeißenftlS.DreSten,Altenburg, Chemnitz und noch verschiedene andere sächsische Städte. Der JubiläumS-PreiSccrso nahm heute Vormittag >/»12 Uhr von der Carl Tauchnitzstraße seinen Anfang. In buntem und zum großen Theil sehr geschmackvollem Eostüm bctbeiligten sich alle hiesigen und viele auswärtige dem Deutschen Rad fahrerbunde angehörenden Vereine, sowie Einzelsahrer. Die Verkündigung der Preise fand Nackmittags in Bonorand'S Etablissement statt. Aus dem PreiScorso gingen als Sieger hervor die hiesigen Radfahrer-Vereine „Turner" mit 22,8, „Saxonia" mit 22,4, „Germania" mit 2l,8 und „Wander lust" mit 18,6 Puncten; ferner die auswärtigen Vereine „Wanderlust" Magdeburg mit 20,22, Hallescher Bicycleclub mit 16,16, Zeitzer Bicycleclub mit 14,9 und „Wanderer" Halle mit 14,6 Puncten. -g- Leipzig, 10. September. (Vorläufiger Bericht.) Das gestern auf dem Sportplätze veranstaltete Herbst-Rad- wettsahren ging bei leidlich günstigem Wetter vor sich. Gleichwohl hatte die zweifelhafte Witterung am Vormittag und in den ersten Stunden de» Nachmittags, sowie die kühle Temperatur den Besuch in Etwas beeinträchtigt. Nach den gehaltenen Vorläufen gingen aus den einzelnen Läufen folgende Fahrer als Sieger hervor: 1) im Kuhthurmfahren, Strecke 2000 Meter, Carl Indisch-Leipzig in 3 Min. 50«/» Sec., OSkar Lederer-Leivzig, Arthur Sack-WeißenfelS; 2) im Niederrad-Hauptfahren, Strecke 5t)0 Meter, W il kr »Hamburg in 39'/» Sec., Hans Schildbcrger-München Paul Praesent-Hamburg; 3) im Hochrad-Haupt fahren, Strecke 3009 Meter, Pr aes ent-Hamburg ru 5 Minuten 48»/, Secunden, HanS Ludolphi-Hamburg, Roth-München; 4) im Nieder rad-Vorgabefahren Strecke 2000 Meter, Alfred Dröge-Leipzig in 2 Min 59 Sec. (80 Meter Vorgabe), Oskar Lederer-Leipzig (110 Meter Vorgabe), Carl Jubisch-Leipzig (90 Meter Vorgabe); 5) im Hochrad-Vorgabefahren Han« F. Ludolphi-Hamburg in 3 Min. 27»/, Sec. (20 Meter Vorgabe), Albrrt Spitzig Berlin (40 Meter Vorgabe), Paul Praesent-Hamburg (o Vor gab«; 6) im Eichenkranz-Vorgabefahren, Strecke deutsche Meile (3750Meter) ---- Runden, H. Schild- berger-München ,n 6 Min. 46'/, Sec., G. Hann-Frank furt a. M., C. Wilke-Hamburg; im Niederrad-Tandem Vorgabefahren, Strecke 3000 Meter, Mulack-Berlin und Stumpf-Berlin in 4Min 13'/,Sec., Haun-Frankfurt a.M. und Wilke-Hamburg, Roth-München und Schildbergcr München. V Leipzig, 10. September. In einem Droguengeschäste derLortzingstraße explodirtc gestern Vormittag ein Ballon Salzsäure. — Ein von der Staatsanwaltschaft Chemnitz wegen schweren Diebstahls steckbrieflich verfolgtes Dienstmädchen auS Tollwitz wurde gestern in hiesiger Stadt betroffen und festgenommen. 8 Aus dem Bureau de» EtadttheaterS: Jm Neue Theater wird heute Staack's Bolksstück „Else vom Erlenhos', da» «ine sehr sreundtiche Ausnahme bei seiner Erstausführung fand, zum ersten Male wiederholt. — Jm Alten Theater wird heute die Operette „Der Bogelhäadler" gegeben. — Morgen. Dienstag, geht..Siegfried" in Scene und zwar erstmalig mit Penn Schelper al» „Alberich" und Herrn Merkel als „Siegfried". 8 Krystall-Palast. Heute findet im Repertoire der Galerie lebender Bilder de« Herrn de vry rin theilweiser Wechsel statt und werden heute 6 neue Bilder dargestellt. — Auch da» prächtige Marine-Panorama kommt von Tag zu Tag mehr in Ausnahme und erfreut sich vollster Würdigung. Hl Echöutfel», 9. September. Ein schreckliches Ende fand der Rentier Burkbart hierselbst, der letzter Tage in seinem Garten Obst pflückte und so unglücklich von der Leiter fiel, Laß er einen Schädelbruch davonlrug An den Folgen dieses UnglückSsall» ist der BedauernSwerthe, der ein Lebensalter von fast 70 Jahren erreichte, gestorben. * Rötha, 8. September. In welch berzlichem Verkehr die diesjährige Einquartierung während der l4 Tage mit der hiesigen Bürgerschaft gelebt bat, davon legte der am estrigen Abend im diesigen Schützenkause veranstaltete iestball der 5. Compaqnic des 8. Infanterie-Regiment» Nr. 10? eia sprechende« Zeugniß ab. Dem Balle selbst ging eine humoristische Abendunterhaltung voraus, welche des Heiteren so viel bot, daß die überaus zahlreich Erschienenen die einzelnen Darbietungen mit größtem Beifall belohnten. Besonders hcrvorzuhcben ist das von zwei Einjährig-Frei willigen ausgeführte Ballet und die Pantomime, „Die schöne Müllerin". In schneidiger Ansprache machte Herr Lieute nant Steininger die Soldaten und deren Quartiergeber auf den Zweck des kameradschaftlichen Beisammenseins auf merksam und brachte zum Schluß ein Hoch auf den Ches der Compagnie, Herrn Hauplmann Schreiter, auS, welches dieser aus die Compagnie erwiderte. An dem hieraus sol- enden Ball betheiligten sich sowohl die Herren Osficiere wie Nannschasten und Quartiergeber, und der große Saal konnte die Tanzlustigen kaum fassen. Auch nicht der geringste Miß ten störte de» Abend, wie sich überhaupt die 107er während der ganzen Manöverreit eine« mnsterziltigen Verhalten« be- leißigt haben. Am Dienstag verlassen uns die militairiscken Gäste und werden im nahen Oelzschau Quartier beziehen, während vom l5. bis mit l7. September Hierselbst Husaren einquartiert werden. * Zwickau, 8. September. Beim hiesigen Waisenhause ist ein allgemeiner Fonds von 90000 angesammelt worden. Die Stadtverordneten haben augeregt, behufs Ent lastung der Steuerzahler die Zinsen dieses Fond« zur Unter hallung deS Waisenhauses zu verwende». — Der im Jahre 1865 angelegte hiesige Friedhof ist bereit« viermal erweitert worden und schon wieder nahezu belegt. AuS Pietätrücksichien oll von einer Ausgrabung der Leichen aus den ältesten Ab tbeilungen noch abgesehen und aus einem angrenzenden Ge meinkegrundstückc >!>>t 36 500 eine nochmalige Vergrößerung lierbeigesührt werden. — In der Zwickauer Kammgarn- Spinnerei ist vorgestern ein schwerer Tcfect an der Dampfmaschine einzetreten, so daß deSbalb der Betrieb bis aus Weiteres eingestellt werden muß. — Die hiesige Amts hauptmannschast hatte kürzlich den socialistischen OrtSverein deS Nachbarortes Wilkau aufgelöst. Es wurde daraus ein Arbeiter-Wahlvcrcin für Wilkau gegründet. Nun mehr ist auch dieser, noch ehe er in Thätigkeit getreten, ver boten worden. Plauen, 8. September. Seit vergangene», Sonntag werden hier drei junge Leute vermißt — zwei Schüler des königl. Schullehrer-SeminarS und ein Kauf- mannS'.ehrling. Wie im Lause der Woche bekannt wurde, haben die drei Abenteurer eine Reise nach Persien unternehmen wollen. Bereits bis Kronstadt vorgedrungen sind sie nach Pest zurückgehrt und haben von dort, wie der hiesige „SonntagSanzciger" wißen will, ihren Eltern geschrieben Adorf, 8. September. In den letzten vierzehn Tagen haben bei der hiesigen, sowie auch bei der Rehauer Grenz obcrcontrole wiederholt Versteigerungen von Ochsen welche Schmugglern abgenommen worden sind, stattgefunden Es wnrden hierbei über 2000 VerkausSgelter einge nommen. Trotz der erheblichen Verluste, welche die Pascher infolge der Wachsamkeit unserer Grenzjäger fortgesetzt er leide», läßt die Schmuggelei von Böhmen nach Sachsen bez. nach Bayern nicht nach, und namentlich die gcgenwärtigest stockdunklen Nächte werden mit Vorliebe dazu benutzt, unver zolltes Rindvieh oft becrdenweise über die Grenze zu schassen. — Am Donnerstag wurde in Bobenncukircken das einzige, 7 Jahre alle Söhnchen deS Bäckermeister- Roth von einem mit Holz beladenen Wagen überfahren und getövtet. Bischofswerda, 8. September. Jm Juni erkrankten hier wie berichtet, mehr als hundert Personen nach dem Genuß von Wurst, die sie von den Fleischermcistern Lehmann 8ku. und jun. bezogen hatten. Dieselben wurden nachträglich iu Untersuchungshaft genommen, auS der sie gegenwärtig nach Hinterlegung hoher Caution wieder entlasten worden sind Die Voruntersuchung bat somit ihren Abschluß gesunden Die Gerichtsverhandlung findet bei nächster Schwurgericht- Periode statt. Bautzen, 7. September. Von Löbau wurde einGrcnadie Kehrtwendung da» link« Bein gebrochen batte. — Der am vorigen Montag in dem Manöver bei Löbau verunglückte Artillerist ist im hiesigen Garnisonlazareth seinen Ver letzungen erlegen. Hirschselde, 8. September. Die zwölfjährige Tochter de- Stellmachers Schulze vergnügte sich in der elterlichen Scheune mit Ballspiel, wobei der Lall auf einen Balken flog und dort liegen blieb. Das Mädchen kletterte infolge dessen aus den Balken, thal jedoch einen Fehltritt und stürzte aus die barte Tenne binunter. ES zog sich hierbei eine so Ichwere Gehirnerschütterung zu, daß da- unglückliche Kind bald starb. — Die Beamtenschule des Direktors Pache in angeb rück i. S. beginnt am 4. Oktober ds« Is. ihren . Cursus. Bis jetzt besuchten 328 Schüler die Anstalt seit der Gründung derselben im Jahre >888. Aiimeldungen zur Michaelis-Ausnahme (vom l4. bis 18. und 19. Jahre) sind baldigst bei der Direktion zu bewirken, die auch zu jeder AuSknnst bereit ist. Tresdrn, 9. September. Eine Anzahl gemeinnützig ge- iniiter Männer unserer Stadt bat sich vereinigt, ui» — dem Beispiele in zahlreichen anderen deutschen Städten folgend — demnächst auch in Dresden eine Volks-Koch- und HauS- altungSschule und zwar für confirmirte Mädchen er minderbemittelten Classen zu errichten Der Unterricht, welcher von einer geprüften liochlcbrerin ertbeilt werden wird, soll sich nickt allein aus das Kochen einsacher, nr Arbciterkreise berechneter Kost erstrecke», sondern auch aus die Erlernung der nötbigsten weiblicke» HanS- und Hand arbeite» (Nähen, Flicken. Waschen rc.). Tic Schule wird am l. Januar 1895 eröffnet und zunächst ein vierteljähriger KochcursuS abgehalten werden. der 4. Compagnie deS LeibzrcuadierregimentS r» das hiesige Garnisonlazareth gebracht, der beim Excrcircn bei einer Neues Theater. Leipzig, 9. September. TaS Volksstück „Die Else vom Erlenbos" von Siegfried Conrad Staack fand gestern bei seiner ersten Aufführung an unserer Bühne eine recht freund lichc Ausnahme: die Darsteller wurden nach allen Aktschlüsse» bervorzeruscn. Das Stück zeugt von Bühnengeivandthe», und der Ton volkSthnmlichcr Naivetät ist darin vst glücklich getroffen. Ter Erlenbosbaner lebt in verbitterter Feindschaft mit dem Freiherrn von Altringen, dem MajoratSberrn; wir erfahren schon im ersten Act den Grund dieser Feind schast. Altringcn Kat die Schwester des Bauern verführt und diese sich dann selbst das Leben genomiucn Vorgänge, über welche der Schleier des Geheimnisses ge breitet ist, den der Bauer erst lüstet, als Bertel, des Schwalb hosbauers Sohn, um ElscnS Hand anbält. Der Bauer glaubt verpflichtet zu sein, diesem die Wahrheit niitzutbeileu, von welcher Else selbst »och nicht« weiß, doch nur dann, wenn Bertel sein Wort giebt, auch seinerseits dies Gehciinniß zu bewahren; doch er bricht sein Wort, als er von Else beim Erntefest schnöde behandelt wird, und tbcilt dein vcrsamnielie» Kriegsvolk der Gemeinde Allringen diese Enthüllungen mit. Else findet eine» Beschützer in dem zufällig anwesenden Freiherrn Erich von Altringen, den« Neffen des Majorat-Herrn. Der Erlenbosbaner dankt ihm dafür, ehe er seinen 'Namen ersahren nachher gcrätbHer in höchsten Zorn, und wenn sein abgescucrteS Gewehr ibn nicht trifft, so ist das nur eine Gunst des Zufalls, die um so höher zu schätzen ist, als er in dem jungen Freiherr», noch ehe der Vorhang zum letzten Male fällt, seinen Schwiegersohn begrüße» wird. Um die Liebe der Else und des junge» Barons dreht sich nun der Fortgang der Handlung, die noch einmal eine tragische Wendling zu nehmen droht, da Bertel, der rin grundschlechter Kerl ist, durch einen wie es scheint dem Bauer» zugetachtcn Schuß den jungen Baron am Arm verwundet; doch die grimme Feindschaft nimmt ein versöhnliches Ende: der Baron wird im Gehöfte des Bauern, der inzwischen auch das Majorat nach dem Tode des alten Freiherrn bei der Zwangs Versteigerung erstanden Kat, verpflegt. Else wird zum Schluß sein Weib, und nur einen gelähmten Arm behält er al Denkzettel an die alte Feindschast zwischen dem Bauernho und dem Schlosse. Ter Verfasser, seines Zeichens Tbeatcrdirector, weiß die scenischen Wirkungen geschickt berauözuarbeiten, sowohl was die äußeren .Knalleffekte betrifft, als auch die Rührungen indem er über grelle Conflicte einen nnlden Schimmer der Versöhnung breitet, so daß sie am Schluß sich in Wohl gefallen auslösen. Wer die Bübne und das große Publicum kennt, der weiß, daß ibm solche Versöhnungen willkommen sind, und daß «S lieber sehen würde, wen» Romeo und Julia mit einander Hochzeit feierten, als daß sie im Erbbegräbuiß der Capuleti sich vergiften. Wenn Else mit rührender Liebe zu ihrem sterbenden Vater eilt, von dessen Vaterschaft sic bis dahin keine Ahnung gehabt, so verfehlt dies seine Wirkung auf die Schnupftücher nickt, obschon man sich sagen muß, daß ie eigentlich keinen Anlaß hat, diesem Vater ein so gerührtes )>erz entgegenzubringen, mag sie immerhin seine letzten Monologe belauscht haben, in denen sich die Sehnsucht nach seinem Kinde auö pricht. Der erste Schuß, der mehr eine nachdruck-volle Betonung der chronischen Feindschast de» Bauern gegen die Familie Altringen ist, könnte vielleicht besser fortbleiben, da er in dramatischer Hinsicht eine nutzlose Pulververschwendung ist und zwei derartige Schüsse in einem Stücke etwa» zu viel sind. Der frische Ton in den ersten Acten wirkt sehr an- precbend und zeugt für da» Talent de- Autor». Hier glänzte auch Frau Franck als Else; die späteren Rührscenen, in denen wir mehr ein Zugeständnis; sehen,da» der Autor dem Geschmack des Publicum« macht, führte sie auch angemessen durch; doch der Löwenantbeil des theatralischen Erfolg« fällt dem prächtigen Bauernmädchen der erste» Acte ru. D«r Erlcnhofbauer des Herrn Borcherdt fand für den Ingrimm deS reichen Bauern die geeigneten Accente. Ten verstockten Bösewicht Bertel, der durch keinen Cbarakterzug uns menschlich näher gerückt wird, piclte Herr Thiele mit böser Heimtücke Herr Taeger als Erich von Altringcn hob die edle Vornehmheit des Charakters gut hervor. Herr Körner wußte den allen terbcnden Altringen von dem sterbenden Allinghausen scharj u unterscheiden. Von reckt ansprechender Naivetät war der Forstgebilse des Herrn Hänselcr; auch Fräulein Flösset lattctc ihre kleine Rolle mit wirksamen Nuancen aus. Der Straubinger des Herrn Prost war «in sehr ergötzliches Genrebild. Die Hanna des Fräulein Lauterbach, der Büchelmeicr des Herrn MatthaeS, der Förster Bernauer de« Herrn Krause waren gute Charaktcrtypen; die kleineren Rollen genügten. Herr Grünberger hatte da» Stück gnt insccnirt , die Bauernsccnen erinnerten an die Münchener und an die Sckliersecr; doch spielt da« Stück in Schwaben und nicht in Oberbaycrn, und inwieweit das Schwäbische correcl gesprochen wurde, darüber zu urtheilcn, erklären wir uns für ncompetent. Rudolf von Gottschall. Musik. K Concrrte der Karlsbader Concert-Capelle bei Bonorand. Heute Abend 8 Uhr giebt Herr Hofcapell- meister Lud. P lei er sein zweite« Concert. Da- Programm enthält unter Anden» da« bereits erwähnte neue Tonzemälte Eine Reise durch Groß-Wien" von Schlägel. Tnrnwesen. —Ih. Nachdem der Ausschuß der deutschen Turnerschast sich mit der Abänderung deS BereinSgrundgesetzeS aus dem achten deutschen Turnfest in Breslau beschäftigt bat, giebt er folgenden Ent wurf zu Len geplanten Abänderungen bekannt: Der Zweck des Turn vereins ist, Gelegenheit und Anleitung zu geregelten Turnübungen al» Mittel zur körperlichen und sittlichen Kräftigung zu geben und vaterländisch» Gesinnung zu pflege». Der Verein ist zur Förderung de» Zweckes Mitglied der deutschen Turnerschaft. Di« Mitglieder deS Verein« erlangen mit erfülltem 21. Lebensjahr Wadl und Stimmrecht in allen, die rechtliche Stellung des Vereins, die Aenderungen deS Grundgesches, die Zugehörigkeit zur deutsche» Turnerschast und die Auttösung desselben betressenden Angelegen heiten. (In rein turnerischen und geselligen Angelegenheiten sind die Mitglieder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ebenfalls stininiberechtigt.) — Ausschluß eines Mitgliedes kann von dem Turnrathe beschlossen werde», 1) wenn dasselbe seinen Beitrag trotz vorheriger Mahnung drei Monate nicht entrichtet hat: 2> wegen grober und wiederholter Vergehen gegen die Ver- einSgesetze; 3) wegen geflissentlicher Gefährdung des turnerische» Lebens durch politische Umtriebe innerhalb des Vereins; 4) wegen unehrenhasten Betragens innerhalb und außerhalb des Turnplatzes. Für einen solchen Beschluß müssen deS TurnrathS gestinunt haben Den, Ausgeschlossenen sind aus Verlangen die Gründe des Ausschlusses mitzutdeilen.uiid es stehtiihm Berufung an die Hauptversammlung offen, wenn er binnen 8 Tagen davon Gebrauch macht. Anträge, die sich aus AbändcrungdeSGrundgeletzcS.Uiiigeslaltung oderAuslösung deS Verein», sowie aus das Ausscheide» aus der deutschen Turnerschast beziehe», kommen nur dann in der Hauptversammlung zur Bcrathuiig. wenn sie jo rechtzeitig eingercicht sind, daß sie acht Tage vor der Haupt- Versammlung i»it der Tagesordnung ordnungsgemäß den Mitglieder» zur Keunlniß gebracht werden können. Die Beschlüsse der Haupt- Versammlungen werden durch einsache Mehrheit der anwesenden slimmsähigen Mitglieder gefaßt; nur die Anträge aus Abänderungen des GrundgesctzeS bedürfen einer Mehrheit von die aus Auslösung und Ausscheiden aus der deutschen Turnerschast einer solchen von '/« der anwcscnLen stiniinsühigeil Mitglieder. Tie Mitglieder des TurnrathS werde» aus drei Jahre auS der Zahl derjenigen gewählt, die mindestens ein Jahr als stimmberechtigte Mitglieder dem Verein angehören. In den ersten zweiJahrcn scheidet je einTrilltbeil durch das LooS auS. — Dieser Entwuis wird den Vereinen zur Erwägung und Nachachtung dringend empsohlcn, zugleich bittet man ober um Duldsamkeit gegen solche Turngenojscn. die zwar extremen politischen Parteien zuneigen oder angehören, aber ihre Parteibcstredungen nicht aus dem Turnplätze zur Geltung zu bringe» versuchen. Man treibe sie nicht hinaus, Feuilleton. Herder und die Anfänge der Geschichtsphilosophie. (Sin Rechnerl »» Herder s 15«. Geburtstage.) Boa vr. Moritz Brasch. Die Philosophie der Geschichte, d. h. diejenige Wissenschaft, Welche die historische Entwickelung der Menschheit aus philo sophischen GcsichtSpuncten behandelt, ist noch von sehr jungem Alter. Kaum zwei Jahrhunderte sind verflossen, seitdem der erste systematisch-wissenschaftliche Versuch unternommen wurde, di» Geschichte der Nationen auS wesentlich philosophischen Pr'ncipien zu begreifen. Doch ist dieser Versuch nicht identisch mit den Anfängen dieser Wissenschaft, der sich zuerst ganz in die allaemeine Geschichtswissenschaft verliert und daher von dieser kaum zu unterscheiden ist. Wir zuerst Homer und Sophokles dichteten, bevor Aristo teles eine Theorie der Poetik ausstellte, wie vorher das praktische Bedürfniß zwang, die Stoffe zu mischen und zu zerlegen, bevor Chemie und Physik die methodische Erforschung der Natur und dir wissenschaftliche Formulirung ihrer Gesetze unternahmen, so ist auch hier die Praxi» der Theorie vor- auSgeeilt. Tausende Jahre hindurch baden die Völker dem Bedürfniß derErinnerung ihrer dunkeln Vergangenheit in Sagen und Mythen, in denen zugleich ihr religiöser »nd poetischer Trieb zum Ausdruck gelangte, obgelegcn, bevor sie an eine Sammlung und Sichtung dieser Produkte ihrer Kindheit gingen, bevor sie einen chronologischen Regulator in diesen Urwald ibrrr Uebrrlieserungen brachten. Die Zeit der «nnalistik gebt naturgemäß der der methodischen Geschichts- Erzählung voran«. Und erst al» man sich der Ausgaben dieser letzteren, die in ihren ersten Anfängen überall mit der naiven Chronik verschmolzen erscheint, bewußt wird, kann man von einer wirklichen Historiographie sprechen. Seltsam! Der größte Theil unserer sogenannten GeisteS- wifsenschaften (bei den Franzosen ^scieuce, morales" ge nannt) bat seinen Ursprung bei den Griechen, aber neben de» Anfängen der Ethik, der Politik, der Oekonvmik suchen wir bei ihnen, die so ausgezeichnete Geschichtsschreiber besaßen, vergeblich die Spuren der Geschichtswissen schaft, der Historik. Und dock hat e» Aristoteles an Vorbildern und praktischen Stoffen sür eine Geschichts wissenschaft nicht gefehlt. Wir wissen, daß er auf den -rauften Erzähler der perikleischen Zeit, der zugleich der größte Geschichtsschreiber des AlterthumS war, mit Be wunderung zurücksah. Und selbst angenommen, wir besäßen noch das verloren gegangene große BersassungSwerk de« Aristoteles, so würden wir wohl schwerlich geschichtStheoretische Reflexionen darin finden. An Gründen sür diese merk würdige Erscheinung fehlt e» ja nicht. Der Nächstliegende ist wohl der, daß, trotz der eminent bedeutenden Geschichts schreibung de» ThucydideS, diese Kunst später, und zwar rurch den Einfluß ve» IsokrateS, jenen wesentlich rhetorische» Charakter angenommen hat, von dem selbst PolybiuS, der philosophisch hochgebildete Freund de» Scipio, sich nicht ganz frei hielt. Auch die römischen Historiker, bei denen inhaltlich meist da» politische Interesse überwog, die aber formell, etwa mit Ausnahme de« TacituS, sich an die rhetorischen Muster der Griechen anschließen, hatten keine Veranlassung, über theo retische Bestimmungen und Regeln der Geschichtsforschung, noch viel weniger aber über die philosophischen Principie» historischer Entwicklung nachzudenken. Bei den Alexandrinern schwankte die Geschichtsschreibung zwischen panegyrischer Rhetorik und gelehrter Philologie, während die Historiker de» sinkenden AlterthumS gar zu tendenziös bald die Partei deS zusammenbrechenden RömerreicheS, bald die der ur wüchsigen Barbaren ergreifen, al- Laß sie sich zu einer philo sophischen Erfassung de» Stoffe» erheben könnten. Hier wie dort klingt an» dem rhetorischen Wortgepränge zuweilen ein Seufzer, ein Klagelaut hervor über den Zusammenbruch dieser so schönen, aber innerlich morsche» Welt. Aber die ernsten Geister suchen in der Stoa und bei Plato sittliche Erhebung oder in der neuen Religion de- gekreuzigten Nazaräers Trost und Ergebung. DaS Mittelalter, da» nirgend- frische! Triebe de« wisscnschasllickeii Geiste- zeigt, >m Uebrigen aber seinen Bedarf an Wissenschaft, soweit es die Kirche erlaubte, von den Griechen, Arabern und Juden bezieht, läßt hier und dort in seinen Chronisten zwar eine theologisch-historische Weltansicht durchscheinen. Aber der kirchliche Nebel umlagert zu stark den Horizont, al- daß ein Strahl einer wirklich aus bellenden philosophischen GeschicktSanschauung hätte durch brechen können. Manche Historiker der Karolinger- und Ottonenzeit lehnen sich stilistisch an die antiken Miister an, aber weder im Trivium, noch im Onadrivium ist Platz sür eine theoretische Historik. Auch al» dieser osficielle Canon aller Wissenschaften und Künste bereit- vielfach durchlöchert war und da« Wissen au« den klösterlichen Stätten in freiere, universellere Institute mit wesentlich zünitigem Charakter stob, d. h. nachdem man begonnen batte, Universitäten zu begründen, konnte nur ganz allmählich eine allgemeinere Geschichtsauffassung sich geltend machen. Wie nach Hegcl'S geistvollem Wort die erste Entstehung der Prosa mit dem Beginn de« StaatSbewußtseinS zusammen- sällt, so möchten wir die ersten Gründe sür eine philosophische Auffassung der Weltgeschichte in dem Erwachen de« Be griffs der Menschheit suchen. Die durch die Entdeckung de- neuen Erdtheils und den Sieg der belioccnlrischen Wclt- ansicht gewonnene Erweiterung deS äußeren Weltbildes, nicht »linder aber auch die Erschließung der Quellen der antike» Cullur im Zeitalter der Renaissance, sowie das Erwachen der Nalurforschung und der Philosophie halte», wenn wir alle diese Wirkungen in einen Punct zusammeiisassen wollen, das Resultat,den in oder ne »Begriff derMenschlieit in seiner ganzen Tiefe und Höhe angcbalml zu haben. Was Wunder daher, daß die Geschichte, welche ja nur ein mehr ober minder vollkommene« Erinnerungsbild vom vergangenen Lebe» der Menschheit ist, sich auch in wissenschaftlicher Hinsicht diesem Begriffe zu näher» suchte? Einer Zeit, in der ein staat-philosophische-Pbanlasie- werk wie das de« edlen und unglücklichen Kanzler« von England, Thomas MoruS', „Utopia", reiste, mußte auch bald der Sinn für eine philosophische Betrachtung der Geschichte sich er schließen. Und so sehen wir schon in den Schrislen Jean Bodin'S („8ix livres rie la rsxmdligue" 1577), jene- gelehrten französischen Publicistcn und RechiSpbilosopben des l6. Jahr hundert», den man als Vorläufer Montesquieu'- ansehen kann, geschickt-philosophische Ansätze, welche freilich lange ohne Fortsetzung blieben. In Deutschland haben tan» zu einer freieren und umfassenderen geschichtlichen Auffassung der Vergangenheit auch der NalurrechtSlebrer Pusendors, sowie der nach allen Seiten hin bahnbrechende Lcibniz Anregung gegeben. Dann haben aber auch die Enzlänver die Theorie der Geschichtswissenschast, wen» auch nicht nach philosophischen Principie», so doch nach gewissen allgemeiner» GesichtSpuncien vielfach gefördert. Historiker wie Hume, Robertson und Gibbon haben sür die Methodologie und Systematik viel gethan, indem sie den unübersehbare» Stoff der Geschichte nach ihren Ausgaben und Gebieten snstematisch gliederte», wie man auch seilvem die umgrenzten wissenschaftlichen Begriffe der Weltgeschichte, der Geschichte der Menschheit, Universal geschichte. Staaten- und Völkergcschichte rc. kennt. Ferner hat die sogenannte deutsche Göttinger Schule durch Hinzu ziehung der vielfach neiigeschasscnen historischen HilsSwisscn- ichaftcn diese Systematik weiter entwickelt und ausgebildet. Dock war eS nicht Deutschland, sondern Italien, von welchem der erste große Versuch einer wirklichen philo sophischen Behandlung der Geschickte auSging. Der Neapolitaner Giovanni Battista Vico (1688 bis 1744) darf al- der Vater der philosophischen Geschickt- Wissenschaft angesehen werden. Dieser berrorragende RechlS- philosvph, der längere Zeit «ine Professur an der Universität zu Neapel bekleidete, wandte sich erst spät acschichtSphilo- ophilchcn Forschungen zu. Sein eigentlicher Standpunkt in der systematischen Philosophie tritt nickt klar und scharf hervor. Bald ein glühender Platoniker, bald voller Bewunderung für den Ricscngcist de« Aristoteles, bat er wiederum doch auch Worte der Anerkennung sür die wissenschaftliche Reform Bacon'S. Bei diesem Schwanken bleibt er sich nur in einem Puncte getreu: in seiner bitten, Feindschaft gegen die Lehren des EartesiuS. In seinen ,.l'niieizff <Ii unu seien?» nuova ck'iiiioru» ullr» commune natui e ckella »urionv" (>72.'>>, von welchem Werke Jules Michelct eine französische und W. E. Weber eine deutsche Uebersetziing gegeben haben, zeigte Vico sich ebenso gut als Völkcrpsychologc wie als Geschicktsphilosoph. Er ist bemüht, gewisse E»t- wickcluiigSperiotcn im Leben einzelner Völker »achzuweisc», dock kann er sich zur Idee eine« allmählichen ForlschreitciiS der gesammlcn Menschheit noch nicht erheben. Ob ihm hier», sein streng katholischer Standpiinct, den er in ReligionSsrageu behauptete, hinderlich war? Seine Stellung innerhalb der philosophischen Geschichtswissenschaft, als deren eigentlichen Begründer man ihn ansicbt, wird von Ed. GanS, dem geist vollen Hezel'sche» Recht-Philosophen, in folgender Weise charakterisirl: „Bico'S Leben und schriftstellerische Arbeiten fallen in eine Zeit, wo die alle Philosophie von der cartesianischen verdrängt wird, aber diese ist noch nickt über die Grundlagen des Seins und Denken- hinauSgckomme», sie ist »och nicht dazu angethan, in die concrete Welt der Geschichte niederzujleigen und sich ihrer zu bemächtige». Vico. wenn er in der „Seien;» nuova" die Principie» der Geschichte ausweisen möchte, kann die« nur an der Hand der Alten tlmn, nur durch die klassischen Philosophen» der Vor zeit; er wird daher in seinen Untersuchungen mehr an die alten Vorgänger als an die neuen gewiesen sein. Die Feudalität unk ihre Geschichte ist mehr eine Beilage zur Entwickelung Griechenlands »nd Rom«, als ei» fick spccisisch davon Unter scheidende-. Wenn er von der christlichen Religion am Ende seines BuckeS behauptet, daß sie auch in Beziehung aus mensck- licbe Absichten die vorzüglichste unter alle» Religionen der Welt sei, so gelangt er nicht dazu, dieser Behauptung irgend eine Ausführung zu geben. Wie sich da« Mittelalter von der neue» Zeit scheidet »nd unterscheidet, kann gar nicht hervortretcu, da der Reformation und ihren Wirkungen keine Stelle gegönnt werden darf. Dann aber hat er sich auch noch mit dcn Grundlagen des menschlichen Geiste», mit der Sprache, mit der Dichtung, mit Homer zu beschäftigen, er hat als Jurist in die Tiesen des römischen Reckt« zu steigen und diese zu betrachten und alles dieses, Urzedanke, Episode, AuSsübruiig und T»rückkcmmen aus da- Princip» ist mit einer Lust an Etymologien und Worterllärungen verbrämt, dir sich oft
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