02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940910022
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-10
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Vorläufig hat man es vor nehmlich mit der Wirkung der Rede zu thun, die wir schon gestern dahin gekennzeichnet haben, daß die KreuzzeitungS- conservativcn nur die Form ihrer Opposition und das Operationsfeld verändern, an einem durch neue Mittel zu erreichenden Siege aber nicht verzweifeln und um so bereit williger dem Kaiser ihre Milwirkung bei der Bekämpsung der Umstürzler in Aussicht stellen So faßt man auch in den uns nahestehenden politische» Kreisen der Reich-Hauptstadt die durch die Kaiserrede geschaffene »Situation aus und wartet daher mit besonderer Spannung aus den Erfolg der vielleicht schon setzt dem Ohre des Kaisers mit vertrauensvoller Au« spracht genahten hochconservativen Führer. Man schreibt uuS nämlich aus Berlin: .Die Auslassungen der „Kreuzztg." sind nach Form und Inhalt vollständig „correct". Das Blatt erkennt an, daß der erste Theil der Rede ein mit Recht strafender sei, eS verkennt nicht, daß der Kaiser die Zusage, Alles, was geschah, als ausgelöscht betrachten zu wolle», au Bedingungen ge knüpft hat, und verspricht diese Bedingungen zu erfüllen: cö giebt die Form der bisherigen Opposition preis und ver leugnet in einem späteren Artikel Herrn Ruppcrt-Ransern, der seiner Zeit die Parole zum „Schreien" auSgegcben und überhaupt die Nachahmung des socialdemvkratischen Beispiels empfohlen hat. Die „Kreuzztg." unterläßt auch nicht, daS kaiser liche Wort: „Ehrlos, wer seinen König verläßt", zu wiederholen, und eS, ohne einGesllhl des Berletztseuis zu bekunden, mit dem Gelöbniß treuer Gejolgschaft zu erwidern. Gegenüber dem Allen möchten wir uns nicht Denlcnigen anschließen, die heute von einer „unbedingten Unterwerfung" der gegen wärligen Führer der conservativen Partei iprechen. WaS herigt Form auch aus dir keinen Antheil an diesem Ereignisse. Unter all' den Deutungen und Bermuthungen, die man zu hören bekommt, scheinen jene unanfechtbar, die den Schwerpunkt der Kaiscr- rede in ihren zweiten, versöhnenden und rufenden Theil verlegen. In dem Aufruf zum „Kampfe für Religio», sür Sille und Ordnung" liegt das, waS die Unterwerfung der „Kreuzztg." als eine nur formell unbedingte erscheinen läßt. Der Inhalt diese« kaiserlichen Programm«, den man nicht kennt, wird erst die politische Tragweite seiner Kundgebung er messen lassen. Man bat gesagt, der Monarch dürste mehr eine moralische, im Allgemeinen staatSerbalkendeTbätigkcil, als direcle Abwelirmaßregtln gegen den Umsturz im Auge gehabt haben. Die Richtigkeit dieser Vermuthung sei dahingestellt, nur darf man nicht glauben, daß ein Verzicht aus ein gesetz geberisches Vorgehen überhaupt ausgesprochen werden sollte. So lange freilich nickt bekannt ist, auswelchem Gebiete man den Umsturzbcstrcbungcn Abbruch lbun zu können glaubt, so lange läßt sich weder ein Für oder Wider erklären, noch auch eine Vermuthunz anstellen, mit wem außer den Conscr- vativcn der neue Weg begangen werden soll." diese geloben, ist der Verzicht auf die biSH der Agitation, insbesondere wahrscheinlich Fortsetzung der nachträglichen Kritik der Handelsverträge. Daß den Conservativen eie Demagogie Selbstzweck gewesen, wird Niemand behaupten wollen und ebensowenig ist anzu- nehmeu, daß da« Ausgcbcn der bisherigen Methode der Agi tation, die ihnen so schwere Verluste zu Gunsten eines radi kalen, adelS- und großgrundbesitzseindlichcn Antisemitismus verursacht hat, den Eonservative» auch in dem Fall ein Opfer bedeuten sollte, daß sie in Güte erhalte», waS sie zu ungestüm gefordert hatten. Und es wird nicht für unmöglich gehalten, baß dieser Fall gegeben sei. Schon gleich nach dem Bckanntwcrdcn der kaiserlichen Ansprache hat nur ein kleiner Theil der demokratischen Presse die Iubelruse auSgestoßen, die man bei früheren ähnlichen Gelegenheiten, z. B. nach dem Mahle, bei dem der Kaiser die konservative Oppo sition gegen den noch nicht angenommenen Handelsvertrag einer Bcurtheilung unterzog, im Chorus ertönen hörte. Noch spärlicher und eigentlich nur ans dem Ausland gehört, wenn auch in Berlin bestellt, sind die Stimmen, die den KönigSberger Vorgang als einen Triumph des Grafen Caprivi dcclarirea. Diese Zurückhaltung ist sehr begreiflich, denn, um nicht mehr zu sagen, der Reichskanzler hat Wenn von konservativer Seite der Versuch gemacht werden sollte, mit dem tscntrum die staatSreltende Phalanx zu bilden, die der Kaiser wünscht, so wird dieser Versuch bei dem jetzt durch das ultrainontairc Lager gehenden demokratischen Zuge wohl auf Schwierigkeiten stoßen. Da» geht schon au« der Art und Weise hervor, wie die „Germania" die Rede des Kaisers bespricht. Sie sagt nämlich: „Tie Kaiserrede ist ein »euer Beweis für die hohe, gewissenhaste Auffassung unseres Kaisers von seinem monarchischen Berus, sür seine sreie und frische Initiative, auch für seine ost bewährte Gabe der Rede. Tie warme Theilnahme an den schweren Sorgen der Landwirthschaft, die Betonung der Nolhwendigkcit eine« leistung». iahigen Bauernstandes, die Zusage, alles nur Mögliche für die Landwirthschaft zu thun, berührt durchaus sympathisch und muß auch jeden Gegner der letzten Handelsverträge dazu veranlassen, diese für zehn Jahre nun doch einmal entschiedene Streitfrage nun zunächst aus sich beruhe» zu lassen und die anderen Mittel zur Hebung der Landwirthschaft mit uni so größerem Eifer zu prüfen und zur Anwendung zu bringen. Wenn dabei der Kaiser die Art der Opposition, welche von landwirthjchofilicher Seite öfter »nd be sonders auch von adligen Großgrundbesitzern, die der Kaiser allein hervorhcbt, geübt worden ist, scharf tadelt, so liegt dafür, wie wir ost genug haben darlegen müssen und eventuell wiederholen könnten, leider Grund genug vor; wir lassen diese Seite der kaiserlichen Rede aber zunächst aus sich beruhen, um erst abzuwaeten, wie di« Mahoung aus die Betroffenen gewirkt hat. Da« Recht der Opposition aber, in sachlicher Weise, aber auch mit voller Entschiedenheit, nur ohne Verhetzung und Be- leidigung und Nörgelei — da« muß auch sür den Adel und jeden TheU des Adels auirecht erhalten werden. I» diesem Punkte wird die Rede Sr. Majestät wohl allgemein im deutschen Volke der Zu stimmung entbehren. Ein Adel, der nur Ja. niemals ober, nachdem ihn Se. Majestät „gehört", Nein sagen dürste, wäre kein geeigneter Theil der Volksvertretung mehr, die in so vielen Be ziehungen neben dein Monarchen steht und mit dem Monarchen die Geschicke deö Vaterlandes entscheidet. Die heilige Schrist spricht von einer „Obrigkeit" von Gott, auch das Parlament ist eine Obrigkeit von Gott, innerhalb seiner rechtlichen Competenz neben dem Königthum von Gottes Gnaden." Weiter ist das ullramontanc Blatt der Meinung, daß der Kaiser nicht an eine Aera neuer Socialistengesetze denke, sondern an nur eine moralische, alle staatserhallenden Elemente zusammenfassendcTbätigkeit. Das klingt, als ob da« Eentrum für verschärfte gesetzliche Bestimmungen gegen revolutionaire Bestrebungen nicht zu haben wäre. Aber wenn irgend etwas wandelbar ist, so ist es das Centrum. Das, was cs giebt, ist stets abhängig von dem, waS eS empfängt, und die hochconservativen Freunde eine- klerikal-konservativen Bünd nisses werden eS sicherlich nicht an Bemühungen sehlcn lassen, ür daS Centrum clwaS herauszudrücken. In der französischen Presse ist eS auffallend still über den „Fall Ismert". Sie bat nur kurz die Meldung von der teulscherscilS erfolgten Verhaslung der französischen Spionin gebracht, so, wie die „Azcnce Havaö" die Nackricht verbreitet balle. In dieser Meldung war bcreils die Tbat- sacke erwähnt, daß die deutsche Polizei bei Frau Ismert Beweise für ihre Schuld gesunden habe. Specialberichle (ans Pag»», Noveant und Metz) hat nur der „Figaro" gebracht. Sie bestätigen im Wesentlichen die „HavaS"-Meldung, ver suchen nur, die Beklagte als ein Opscr der Tücke deS „arvßcn Unbekannten", von dem sie den in ihrem Regen schirm Vorgefundenen Granalzündcr und die in ihren Strümpfen verborgene» militairischen Dokumente erhalten baden soll, hinzusteUen, und sind bemüht, den NackweiS zu führen, daß der Zünder .wie alle in der deutschen Armee gebräuch lichen Geschoßmodellc" in Frankreich längst bekannt sei, und daß die „militairischen Dokumente" werthlose Manöver bestimmungen, „wie solche täglick von der Presse gebracht würden" enthielten. Bon den früher bei Gelegenheit der Verhaftung eines französischen Spions in Deutschland üblichen groben Schimpfereien ist nirgends etwas zu finden. Nach dieser Haltung der Presse zu schließen, »st man in Frankreich anscheinend zu der Einsicht gekommen, daß einmal die sranzösischen Militairbcbördcn ebenso gut Nachrichten über andere Armeen einsammclu, als andere Armceleitungen über daS französische Heer, daß ferner die sranzösische Regierung hierbei mindesten« nicht geschickter zu Werke gebt als die anderer Länder, und daß endlich das ganze Spioniren, in der Art betrieben, daß man Kund- schajler in das auSzusorschcnde Land entsendet, nicht mehr recht zeitgemäß ist, keinen rechten Zweck mehr hat. Von Interesse ist in letzterer Hinsicht wenn die zum Ministerium in Beziehung stehende „Liberte" schreibt: „Nichts beweist besser als der Fall Ismert die Zwecklosigkeit der veralteten klassischen Spionage. Tie Regierung bezahlt hierbei un- verhällnibniäßig theuer «ine Menge werthtojer Dinge, die entweder vorher schon in der Presse veröffentlicht worden sind oder die sie aus dem ersten besten Trödelmarkt hatte kaufen können. Lbenein wird sie noch compromitlirt." Noch deutlicher äußert sich ein Pariser militairische« Fach blatt in folgendem Sinne: „TaS lulmairisch» KunLschasterfvese» muß, wenn es wirksam sek» soll, heute ganz anders als früher betrieben werden. Man kan» keine Spione mehr ausjchicken, die sehen nichts, oder sehen nur halt» und sind viel zu sehr exponir». Man muß sich aus dem Lager des Gegners heraus, sei dies „Lager" nun wie im Frieden bildlich, im Krieg« wörtlich zu nehmen, insormiren lassen. Dazu hat man in den meisten Fälle» nur nöthig, aufmerksam der ganzen einschlägigen Literatur Ml folgen, die Beziehungen der Industrie und des Handels auSzunutzön, sowie abzuwarte», was von den nirgends mangelnden Verrälhern angeboten wird. Der „goldbcladene Esel" steigt noch heute, und heute mehr denn je, über die höchsten und bestgejchützten Mauern." DaS ist richtig. Aber wir möchten dem französischen Fachdlatt sür seine dankenSwertbe Offenheit »>it dem guten Rathe guiltirc», vor allen Dingen »ach den Verrälhern im eigenen Hause zu suchen, namentlich i» den einzelnen Restarts der Ministerien. Man hat dort schon Anarchisten notorisch in nicht unwichtigen Stellungen beherbergt und ist auch in Zukunst nicht sicher vor derartigen Spionen, die nicht an- siehen werde», ihre Wissenschaft, selbst gratis, an den Mann zu bringen, wenn sie hoffen lönnen, damit einen Krieg und mit diesem eaS allgemeine Chaos zu entfesseln. Nach den jetzt aus Mindana«, der südlichsten und nach ?uzon der bedeutendsten der Philippineninseln, vorliegenden Nachrichten nimmt sich der am 9. Juli dort stattgesnndene, von amllichcii Telegrammen als eine glorreiche Wasienthat targestellle, Kamps der spanischen Truppen mit den einge borenen Malaycn doch ganz anders ans und scheint viel eher die Bezeichnung einer großen Schlappe zu verdienen. Der Ort, an dem die spanischen Truppen überrascht wurden, liegt aus dem Wege von Momungan »ach Ulama, in der Fortsetzung der von Jliga» ausgehenden Straße, die nach der Lagune von Lanao führen soll. Der Weg durch den dichten Urwald ist dort so schmal, daß nur zwei Mann neben einander zu mar- chiercn vermögen, und die aus 100 Mann bestehende Colonne hatte sich dementsprechend in eine lange Linie ausgelöst. AlS dic Spitze nun in eine der vielen Wendungen deS Pfades einbog, der sich natürlich dem Gelände anpaßt, wurde sie trotz aller VorsichlSiiiaßrcgeln plötzlich von den Malaycn umzingelt. Hauptmann Salazar, ein in dieser Krieg- llhrnng besonder« erfahrener Ossicier, und 17 Soldaten wurde» sofort nieder-gemacht, bevor sie sich noch recht zur Wehr setzen konnten; 49 Mann wurden verwundet, von denen bei Abgang der Post bereits 9 ibren Wunden erlegen waren. Als der Rest der Truppen heraukam, war der Feind schon wieder im Busch verschwunden. Nach diese» Vorgängen erscheint eS doch immer zweisclhaster, ob eS den Spaniern gelingen wirb, in einem einzigen Feld zug sich der ganze» Insel, die zur Hälfte »och dem unab hängigen Malayensiirsten gehör«, zu bemächtigen. Kenner der dortigen Verhältnisse behaupte», daß cS dazu einer mehr jährigen angestrengte» Campagne bedürfe. Die Malaycn sollen, wie der „K. Ztg." geschrieben wird, gegenwärtig gute Stellungen cinuehule», aus denen eS nicht leicht sein wird, sie zu vertreiben, »aiiiciiilich da die Artillerie nur schwer vor wärts zu bringen ist. kleinere Ueberjälle finbcn übrigens fast täglich statt, und mcislens büßen die Spanier dabei einige Mann ein; nur werden diese Verluste »ach Madrid nicht gemeldet. Auch der GesniiLdeitSzustant soll, wie daS freilich nicht anders zu erwarten >sl, zu wünschen übrig lassen. Uebcr die wirklichen Chancen ««hinaS in dem Krieg mit Japan verbreitet die an anderer Stelle mitgeibeilie Sdangbaier Melkung deS „Reuter'schen BureanS" ein bezeichnendes Licht. 'Rack derselben ist Admiral Ting, der Commandant der chinesischen Flotte im Gols von Pclschili, an dessen westlicher Einbuchtung Tientsin, da- Thor der Hauptstadt Peking, liegt, wegen Feigheit und Unfähigkeit degradirt und zur Land- armce versetzt worden, weil er die Besetzung der in der Nähe von Port Artbur gelegenen Inseln, welche die Einfahrt vom Gelben Meer in den Golf von Petschili beherrschen, durch die Japaner nicht zu verhindern vermocht halte. Da die Nachricht aus chinesischer O.uclle stammt, bedeutet sic ein außerordentlich wichtiges Emgesiändniß, aus dem zu entnehmen ist, daß thal- sächlich die Japaner bei Port Arthur feste» Fuß gesaßt und sich eine OperativnSbasis gegen Peking geschaffen haben. Daß eS der japanischen Flotte in so kurzer Zeit möglich wurde, sich den Weg nach der gelben Kaiserstadt frei zu mache», ist ein NuhmcStilcl sür die japanische Strategie» wie eö eine Schmach sür die chinesische Kriegsührung ist, die aus Korea selbst eö noch zu keinem Erfolge gebracht, zur See aber das Spiel so gut wie verloren hat. Einem feigen und unsähigen Commantanlcn vertraut man den Golf von Petschili an: wie muß es da erst mit den übrige» Commando» stellen aussehen! Sehr ties läßt auch im jetzigen Stadium des Krieges der Rath des BicckönigS L> Hung-Tschanz. die 'Vermittelung Englands und Rußlands nachzusuchen, blicke» Fririlletsn. ^ Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernseld. Nachdruck rerbotni. iFortsebung.) Als Sam in das Domestikcnzimmer zurückkehrle, sah die Partei Simpson, noch ehe er ein Wort gesprochen, an seinem erleichterten, triumphirenden Gesichte, daß etwas wesentlich Andere« geschehen sein müsse, als man erwartet hatte. Sie fand diese Vermuthunz bestätigt, als Sam, der nur wie beiläufig erwähnte, daß sein Herr allein sei und sich damit unterhalte, an einige gute Bekannte zu schreiben, MrS. Clarke den Auftrag Falconer's übermittelte,. waS von Sam'S Seite in sehr wichtigem und sehr nachdrucksvollem Ton geschah. Falconer seinerseits schritt inzwischen mit verschränkten Armen in seinem Zimmer aus und ab und dachte über da« Geschehene nach. Er war außer Stande, sich klar zu werden, ob die Worte, die Jane gesprochen, die Wahrheit umschlossen, oder ob sie nur ein geschickter Ausweg deS tapferen liebenden Mädchens gewesen, die Gefahr des Momentes abzuwenden. Die Wahrheit? Es war ja unmöglich! Wie sollte er dieses Mädchen, diesen Charakter, dieses Gemülh und Wesen mit dem Bilde in Einklang bringen, daS Markham ihm von jener Ioan Browncll entworfen! Selbst diese Erscheinung: Jane Brown war blond, vom herrlichsten Goldblond deS HaareS mit sanften blauen Augen — und Ioan Brownrll war schwarz von Haar mit südlich dnnklen, feurig blitzenden schwarzen Augen, wie er von Markham wußte. Zugleich aber mußte er sich fragen: wie kam e«, daß nian ibr sofort geglaubt? Daß Everctt und die Anderen ihre Erklärung ebne Weitere« gelten gelaffen — die Anderen wenigstens nach Dem, waS Sverell ihnen darüber gesagt, der ihnen einige Worte zugeflüstert, woraus mau, wie c« schien, keinen Zweifel mehr hegen konnte? „Ich bin sein Weib!" hatte sie ihnen zuaerufen, und e« hatte ihnen genügt — warum, wieso? Er selbst, der leider mehr zweifeln mußte als Jane, hatte ja nicht fragen können — sie batte sich niit dem Moment, wo Jene gingen, von ihm lo-gerissen und war verschwunden, wie sie gekommen — durch den geheimen Ganz, die gcbeune Thür; er hatte nicht gewagt, ihr zu folgen, sie zurückzuhalten: mußte ihm nicht die Scheu, die Flucht dieses opferwilligen liebenden Mädchens heilig sein? Er vermochte die Sache nicht anSzumachen!" WaS Jane betraf — oder vielmehr Ioan, wie wir sie jetzt wohl wieder nennen müssen —, so war sie nach ihrer Flucht von ihm erregt, verwirrt, mit glühenden Wangen, dem Hause Doctor Newbott's zugeeilt, so schnell sie ihre Füße tragen konnten. Sie wagte kaum an daS zu denken, waS sic gethan. Sie wollte eS nicht überdenken, wollte eS sich nicht vergegenwärtigen und sich klar darüber werden — weshalb, wozu? Genua, es war geschehen, und genug, daß sie ihren Gatten damit für den Augenblick gerettet hatte. Sie versuchte, als sie Ncwbott'S Hau» erreichte, ihre Fassung wiederzugewinnen, doch cS war vergeblich; nichts konnte da« Fliegen ihrer Pulse besänftigen, nichts daS Brennen ihrer Wangen stillen, die sie an die Brust ihres Gatten hatte pressen dürfen. Sie klopfte an die Tbür und hörte von dem Mädchen, daS ihr öffnete, daß Annette noch auf sei und im Wohnzimmer auf sie warte. Ioan warf hastig ihren Mantel ab und begab sich zu der Freundin. „Nun?" begann sie rasch, indem sie eintrat, da sie eS vorzog, schnell von Annettens Angelegenheiten zu sprechen, um die eigenen im Moment noch zu vermeiden: „Wie befindet sich der Kranke?" „Er ist sehr ruhig, aber ich fürchte, schlecht", gab Annette gepreßt zurück. „Es scheint, daß er in einer Art von Betäubung liegt. Alles deutet darauf hin, daß dieses Leben nicht mehr lange aus ikn lasten wird." „War Doctor Merville hier? WaS sagte er?" „Daß nicht» mehr zu thun sei. Die Kräfte deS Kranken seien vollständig erschöpft und nur wenn er in dieser ständigen, dem bloßen Hindämmern gleichenden Ruhe verbleibe, werde sich daS Leben meine- unglücklichen Vater« noch einige Zeit hinzieben. Tritt ein Zustand der Aufregung ein, so steht daS Ente jeden Augenblick zu fürchten. Doctor Merville sagt, daß wir auS diesem Grunde wachsam sein und Gregory, den Krankenwärter, zur Hand halten müssen." „Arme Annette!" Ioan war vorgetreten in da« Licht und Annette gewann einen Blick aus ihre Züge. „Wir erregt Sie aussehen!" sagte sie. „WaS ist geschehen, wo waren Sie?" „Aus Old Hall!" entgegnrte Ivane zusammenzuckend und hastig da« Gesicht abwcndend. „Bitte, fragen Sie mich nicht weiter, aber man hat ihn heute nicht verhaften können." Sie ließ sich neben Annette auf daS Sopha nieder. „Ich werde zur Krankenwache binaufgchc». nachdem ich einige Minuten von dem eiligen Wege gerastet habe", fuhr sie fort. „Es wird notbwendig sein, daß Jemand von uns über Nacht in der Nähe deS Kranken weilt, und Sie selbst bedürfen der Ruhe." „Oh nicht doch, nimmermehr", wehrte Annette ab. „Tic baden so gut die vergangene Nacht schlaflos an seinem Belte zuzebracht wie ich und müssen nicht minder erschöpft sein. An mir ist die Pflicht in erster Reihe!" „Sic aber sind krank, Annette, von Gemütbsbewegung ausgerieben, Sic müssen sich schonen!" bcharrte Ioan, die Hin gehend bedacht war, der unglücklichen Freundin ihre schreckliche Aufgabe so viel als möglich zu erleichtern und ihrerseits selbst so viel als möglich um den Kranken zu sein wünschte in der Hoffnung, vielleicht noch irgend etwa« von Wichtigkeit von ihm zu erfahren. „Ihr Herz ist schwach von Kummer und Sorge — ich bin stark und bedarf der Thätigkcit. Nichts würde mir so schrecklich sei», als eine schlaflose Nacht allein in Ihrem Zimmer. — Ist Gregory hier?" „Er ist hier und will versuchen, da mein Vater sehr ruhig ist, sich diese Nacht einmal niederzulcgen. Er wird angeklcidet auf dem Sopha in dem Zimmer neben dem Krankcagemach schlafen. An seiner Stelle wird MrS. Fogg am Krankenbett wachen." „Wenn MrS. Fogg hier ist, sind Sie gewiß entbehrlich und können zur Ruhe gehen. Sie werden zusammcnbrechcn, wenn Sie ihre Kräfte nicht schonen, und Sic müssen bedenken, daß Sic derselben noch behürscn werden. Ich selbst stehe Ihnen im Krankenzimmer für Alles ein, und wenn irgend etwas Beunruhigende« verfällt, wird man Sie herbeiruscn." „Aber auch Sie bedürfen der Ruhe — ich möchte, daß auch Sie da» Bett suchten ..." „Vielleicht — später —" sagt« Ioane ausweichend. „In einiger Zeit — lassen Sie mich erst einige Stunden der Wache obliegen, um Sammlung zur Ruhe zu finden." Seufzend gab Annette der stärkeren Freundin nach. In Schweigen versunken saßen die beiden Mädchen nebeneinander, Annette mit kummervoll gesenktem Kopf, die Hände über dem liegen gelassenen Nähzeug auf ihrem Tchooß gefaltet; Ioan da« Kinn in die Hand gestützt, ties athmend und mit den großen, dunkelblauen Augen gedankenvoll vor sich hin in« Weite blickend. MrS. Fogg hatte eS sich nicht nehmen lassen, ihrer treuen Anhänglichkeit an Annette durch Offenbarung ihrer Dienste als wirlbschasllichcr Beistand und auShclfendc Krankenwärterin Ausdruck zu gebe», und wenigstens in letzterer Beziehung halte man ihr Anerbieten gern angenommen. Nur stellte die umsichtige Frau bei dem Krankenwärter Gregory im Stillen die Bedingung, daß er nie weiter als eine halbe Stubenlängc von ikr entfernt sein dürste, wenn sie an dem Krankenbett weile, und hatte der Köchin anverlraut, daß sie stets dafür sorge, Gregory mit irgend einem soliden Gegen stand als Waffe zu versehe», denn du lieber Himmel, sic sei ja nur eine harmlose, friedliche Frau, und man könne doch immerhin nicht wissen, was so ein lateinischer Doctor, der sein Leben lang daran gewöhnt sei, Menschen zu zerschneiden und mit ihren Gliedern nicht viel Federlesens zu machen, sich zuletzt am Ende noch einfallcn lasse, wenn die Reihe einmal an ihn komme. Gegenwärtig machte MrS. Fogg in der Küche ihre Toilette sür die Nachtwache. Zu diesem Behuse legte sie ihr SlaatSgewaud ab »nd begnügte sich mit der Umhüllung eines gewaltigen faltenreichen UnlerrockS von dunkelgrünem, gestreiften Wollstoff; über den Oberkörper zog sie eine mächtige braune und gelbgestrriste Nackljackc, deren Muster zwischen einer Tigcrdaut und einem Giraffenscll die Milte hielt und machte cS ihren Füßen in einem Paar ungeheuren grauen Filzparisern bequem, in welche sie mir ihren Schüben hinemkrat. Zuletzt wand sie ein großes buntes Tuch turbanartig um ihren Kops, dessen Zipfel sic oben in der Mille so geschickt arrangirt hatte, daß sich dieselben wie zwei schöngcschwciste Skalplocken von ihrem Wirbel empordobcn. Lv ausgerüstet stieg sie die Treppe zu dem Schauplatz ihrer Wirksamkeit empor und erschien in dem Vorzimmer de« KrankengemachS, um ihr Amt anzutretcn. „Herr meines Leben-, wie hat sie sich auSstasfirtl" murmelte Gregory erstaunt vor sich bin, als er sie erblickte. „Sie siebt ja a»S, wie eine leibhaftige Indianer-Hexe! — Wozu baden Sie sich denn nur da« Tuch um den Kopf gebunden?" konnte er sich nicht enthalten, ihr ärgerlich zuzusliistcrn. „Gegen den Zug!" flüsterte sie wichtig zurück. ..Zug? Aber wo soll denn hier Zug Herkommen? Hier ist doch in aller Welt kein Zugwind ?" „DaS verstehen sie nicht, Mann!" erklärte die würdige Frau entrüstet. „Ich bin sehr empfindlich gegen Zug und vertrage ihn besonder- am Kopfe nicht. Manchmal zieht cS, das weiß ich vom Waschen her, und ich will meine (Gesundheit nicht aus« Spiel setzen, ick habe sechs Kinder zu ernähren!" (Fortsetzung folgt.)
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