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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.09.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940911024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894091102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894091102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-11
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TadeNarlichcr und Zissernjatz nach höherem Tarif. ——o»»c-» Srtra-Vcilagc» (geialzt), nur mit da Liorqe» - Ausgabe . ob » e Postbesörderung 80.—, mit Postbejorderung 70.—. Ännatsmetchlnk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag» lO Uhr. Piorge n-?lnrgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag» früh ' -9 Uhr. Bei Len Filialen und Annabmestellen >e ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag non E. Polz in Leipzig ^465. Dienstag den 11. September 1894. politische Tagesschau. * Leipzig, l l. September. Die Geschichte der letzten vier Jahre macht cs erklärlich, wenn hie und da die Meinung austauchl, der Künigobrrgcr Vorgang werde eine folgenlose Episode bleiben. So erklärlich aber auch diese Meinung ist, so unwahrscheinlich ist es bei der jetzigen Lage der Tinge, rast ihre Vertreter Recht be- hallen. Vor Allem hat rer Kaiser, wie unser Berliner cht-Eorrespondent betont, durch die in feierlichster Form an die Eonservativen oder den Adel gerichtete Aus- sorterunz, ilm im Kampfe siir Religion, Sitte und Lrrnuiiz zu unterstützen, doch ohne Zweifel verkündigt, daß er seine Regierung in einen solchen Kampf ciiilrckcn zu lassen entschlossen sei. Sehr zum Unterschieb von dem seiner zeit viel gedeuteten, mittlerweile aber vergessenen Ausruf an die Brandenburger, ihm durch Dick und Dünn zu folgen, hat der Kaiser in Königsberg, wen» auch in allgemeinen Um rissen, ein Ziel bezeichnet. Selbst Diejenigen, die nicht zu den iu der Hauptstadt ÄltpreußenS Angeredeten gehören, werden incht bestreiten wollen, daß dort eine gewisse Verheißung ersolgl ist. Sodann drängt die Lage zum Handeln. Auch wenn die Rothwcndigkcit, Schutzwälle gegen die Um- sturzbewezunz auszurichlen, nicht vorhanden oder erkannt worden wäre, müßte das Bcrhältniß der Reichsregierung zur preußischen eine Klärung erfahren. Da nun aber Maßnahmen gegen den Umsturz, mögen sie wie immer gedacht sei», geplant sind, kann der Mangel eines Einvernehmens oder richtiger der Gegensatz zwischen Preußen und dem Reiche nicht längerforidaucr». Die Preßcampagne der letzten Wochen hat dar- gelhan, daß auch in Preußen allem, wenn inan den Weg der Particulargcsetzgebung deschrcilcn wollte, ohne die rück haltlose, von perjöulicher Diplomalle gänzlich unbeeinflußte Unterstützung der oberste» Rcichsbehörde nichts auszurichten ist. Ter König von Preußen kann nicht zur Sanclioniruug brauchbarer politischer Gesetze gelangen, wenn nicht die ver antwortliche Regierung des deutschen Kaisers ihre Jedermann vernehmbare und von keiner Seile an- gczwciselte Zustimmung kundgegebci, hat, und umge kehrt. In der großen Frage nach Umfang und Richtung emcr Gesetzgebung znm Schutze der Ordnung fällt die Iden tität des obersten Reichs- und dcS obersten preußischen Be amten auch parteipolitisch sehr schwer ins Gewicht. Daß eS sich nicht allein und wahrscheinlich auch nicht in erster Reihe um Maßnahmen aus dem Gebiete des Preß- und Vereins- rcchtes bandeln wird, scheint aus ofsiciösen Andeutungen bervorzugehen. Zum Schutz von Religion, Sitte und Ord nung hegen aber gewisse Parteien Pläne, die von anderen, im Uebrigc» zur wirksamen Sicherung des Bestehenden freudig bereiten Richtungen bekämpft werden müssen. Wir sind weit ciitsernt, uns mit dem viel mißbrauchten Worte „Reaction" Schrecken einjagen zu lassen, aber eS scheinen uns auf geistigem und wirthschaftlichem Gebiete Grenzen gezogen, deren Uederschreitung gerade das befördern würde, waS be kämpft werten soll. Bestünde aber in Preußen eine Reizung zu weitgehenden reaclionaircn Maßnahmen, so dürste man dafür in erster Reihe wobl die Entwickelung verantwortlich mache», wie sie sich nach der Trennung der Acmter des Reichs kanzlers und de» Ministerpräsidenten vollzogen hat. Alle programmatischen Erklärungen ändern nicht« an der menschlich za verständlichen Thatsache, daß die Unterstützung, welche die Reichsregierung bei dem von ihr am höchsten geschätzten Werke auf der äußersten Linken gesunden, ihr (der Reichs- regierung) Gemüth nicht unbeeinflußt gelassen hat. Daß man da durch in Preußen »ach rechts gedrängt worden ist, ist eine Erscheinung, die nicht auödleiden konnte. Roch ganz andere als die „KrcuzzeitunzS"-Leute sind durch die weitgehende Nachsicht gegen die Revolution»«« zu dem Wunsche nach Zuständen gebracht worden, die sie vordem nicht herbcigeschnt hatten. Ein Uebennaß in der Beschränkung von Freiheiten läßt sich im Reiche leichter vermeiden, als in Preußen. Sollte man aber in Preußen allein vorgeben wollen, so hat der Liberalismus, wie wir il»i verstehen, ein starkes Interesse daran, daß vorher im Reiche beseitigt werde, was in Preußen infolge einer natürlichen Reaclivn einen allzu lebhaften Rück- chrittseiser erzeugt hat. Die imposante nationale Kundgebung, zu der das Deutschtbum in der Provinz Posen sich rüstet, die H»ll>ig»»gsfahrt »ach Varzin, bildet für die polnische Presse fortgesetzt den Gegenstand hämischer, mitunter geradezu unverschämter Angriffe. Als Probe, in welcher Weise die Polcnblätter ihrem Aerger Lust zu machen sich erdreistcn, möge folgendes Eitat aus dem neuesten Hetzartikcl des „Dziennik" dienen: „Sic nehmen also ihre Portemonnaies, packen ihre Taschen mit falschen Kragen und Handschuhen, falschen Gedanken und Gefühlen, und nachdem sie duslenden Weihrauch und Märtnrerpalmen in die Hand genommen, begebe» sie sich aus den Weg nach Barst». In ihre» Gala-Frackschüßen bringen sie da» unter, was das Wichtigste in dieser Sache ist: ihre werthvolten Hintergedanken, welche der leitende Gedanke der ganzen Expedition sind und bleiben werden ... Es fällt uns hier der Vers eines Gedichtes eines heute noch lebenden deutschen Dichters ein, welcher sich auf diese Pilger anwenden laßt: Tapfer zu scheinen Wünschen die kleinen Fauligen Seele», Wenn sie niit Zittern Das, was sie meine», Schlau durch Verhehle» Geben zu wittern. . . ES wäre nicht der Mühe wertb. derlei gehässig^ Aus lassungen zu verzeichnen, wen» nicht, wie der Telegraph bereits gemeldet hat. die „Bcrl. N. N." auf Grund unbedingt zuverlässiger Mittheilungen eine Nachricht brächten, aus der bcrvorgcbt, daß das Organ der polnischen Adelspartei in seinem verhetzenden Vorgehen durch das Verhalten der obersten Eivilbehörden der Provinz geradezu be stärkt wird. Nach diesen Mitteilungen ist nämlich den Beamten der königlichen Regierung in Posen die Tbeilnahme an der Fahrt nach Barzin ausdrücklich aufs Strengste verboten worden, und der Lberpräsidcnl Freiherr von Wilamowitz ist so weit gegangen, zwei Herren, welche bei der Veranstaltung der Knntgebuiig eine hervor ragende Rolle spiele», von der ihnen bisher zugedachten Theilnahme an den Verbanvlungen über die Landwirtb- schaftSkammcr-Sayungen binterbcr in rer aus gesprochenen Absicht» die an den Verhandlungen tbeil- nehmenden polnischen Herren nickt zu verletzen, auSzuschließcn. „Die Erklärung für dieses Vorgehen" — so fügt das genannlc Blatt seiner Mitteilung hinzu — „ist unschwer zu finden Die leitenden Regieruiigükreije der Provinz konnten ihre bisherige polenfreundlichc Politik so lange nn- gestört weiter treiben, als sie an höherer Stelle den Giauben ausrecht erhalten konnten, daß die überwiegende Masse des Poscner Deutschthums hinter ihnen stehe. Dieser An nahme ist durch die Fahrt nach Varzin, diese gewaltige Kundgebung deS deutschnationalcn Bewußtseins, der letzte Boden entzogen. Die deutsche Bevölkerung^ der Provinz Posen will durch die Huldigung für den Schöpfer der deutsche» Einbeit in keinem anderen, als im nationalen Sinne demonstriren, sie läßt sich von keinem Mittel der Ucbcrredung von ihrem Vorhaben abbringcn und weist die von gewisser Seite beliebte Unter stellung, cs bandle sich um eine Demonstration gegen den Kaiser, als eine niedrige Verleumdung mit Entrüstung und Verachtung von sich. Eine solche Demon stration würde ihrer i» guten wie in trüben Tagen stets herrlich bewährten Königstrcue und der ganzen Sinnesart der von ihrem Vertrauen getragene» Veranstalter der Fahrt nach Varzin widerstreben. Die Vorbereitungen zu der Hiildigungssahrt nelnncn denn auch ihren rüstigen und ver heißungsvollen Fortgang, ihr glänzendes Gelingen kann keinem Zweifel mebr unterliegen. Den leitenden Regierungskreisen in Posen aber kann nicht dringend genug empsoblcn werden, ihre Wachsamkeit und Energie »ach einer ander» Seite bin zu wenden. Wie uns von durchaus vertrauenswürdiger «Leite berichtet wird, veranstaltete vor nicht langer Zeit ei» polnischer Edelmann »nd Rittergutsbesitzer im NegierungS bezirk Bromberg eine öffentliche KoScz ins ko-Feier. Der Feslraum war mit polnischen Fabnen und Wappen auS- zeschmückt, und der Veranstalter der Feier hielt eine Rede, in der er u. A. beiläufig Folgendes sagte: „Ihr soll! Polen sein und bleiben und im Nothfall Euch, wie rüher, mit Beil, Axt »nd Sense vertheidigen. Einen König haben wir jetzt nicht. In früheren Zeiten übernahm in solchen Fällen der Erzbischof die Regierung. So habt Ihr jetzt zu diesem zu halten und ihn als Eueru König zu betrachten." Wir wissen nicht, warum die Polizeibehörden von diesen alle Merkmale der Hochvcrratbsparagraphen auswciscndcn Vorgängen nicht die geringste Vormerkung genommen habe». Schreiten die beruscnen Behörden gegen derartige aufrühre rische Knndgebungen nicht ei», dann müssen in der Bevölkerung und insbesondere auch bei den unteren Beamten Auffassungen entstehe», die vom staatlichen und nationalen Gesichtspuncte a»S sebr beklagt werden müssen. Die Behörden in der Provinz Posen würden der Staalsregierung und dem Staatsinteresse jedensalls einen besseren Dienst erweise», wenn sie dem ver wegenen Treiben der polnischen Fanatiker einen entschiedenen Dämpfer anssetztc», als indem sie sich durch ibr Verhalten gegen die Varzincr Fahrt in einen Gegensatz zu dem Kern der königs- und reichStreucn deutschen Bevölkerung bringen. Die Poscner Deutschen betrachten es als ihr guicS Recht, ebenso wie die Bewohner anderer deutscher LandcStheilc, ihre Huldi gung dem großen Staatsmann«: zu bereiten, dem sie wie alle übrige» Deutschen ein deutsches Vaterland und ein bohen- zvllernschcs Kaiserhaus danken und dem vor wenigen Monaten erst der Kaiser selbst seine Hnle und vcrebrnngSvolle Dankbarkeit anfS dicuc bezeugt hat. Der HultigungSsahrt nach Varzin widerstreben, heißt, wie die Dinge in Pose» nun einmal liegen, dem deutschen National- und dem preußischen Staats- gctaiikcn Abbruch thun und jene polnisch-nationalen Be strebungen fördern, gegen die feierlich zu protcstircn der politische Grundgedanke jener Masscnfahrt ist." Bekanntlich hat der Fürst primaö von Ungarn. BaS- zary, nachdem einmal die von ihm selbst ansaiigs heftig be kämpfte neue Ehkgesetzgebung vom Hause der Abgeord nclen wie von dem der Magnaten sanctionirt worden war, eS abgclebnt, noch länger an der Spitze der entschiede» klerikalen Mamiatenschast und der regierungsfeindliche» Eaplano kratie, die Opposition gegen das Eabinct Wckerle fonzu- setzc», und dadurch die niedere Geistlichkeit des Landes, welche die Hoffnung auf eine Wieterbeseitiguiig des Eivilcbe- gesctzes »och immer nicht aufgicbt und in dieser Richtung offen und im Geheimen weiter agitirt, derart in Harnisch gegen sich gebracht, daß er sich zu einer öffentlichen Miß billigung dieses Treibens mit dem Hinweis gcnölhigt sah, er babe stets und in jedem Stadium deS kirchcnpolitischen Kampfes im Einverständniß mit dem Papst gebandelt. Nun erwächst dem Hauptorgan der klerikalen Hetzer auf einmal in dem römischen Gewährsmann dcS Wiener „Vaterland" ein Verbündeter, der die Verdienste dcS Führers der c»t- chiedcn klerikalen Magnatcnschast, des Grafen Ferdinand Zichy und seiner engeren lirchcnpolitischeii Gesinnungsgenossen bervorbebt und das Wohlgefallen res Papstes an der „ver- sländnißvollen Tbätigkeil dcS ungarischcn niederen und jungen Klerus, sowie die crmnthigcntc Zustimmung Leos XIII. zur mannbasteii Vertbeidigniig deS kirchlichen BanncrS seitens der katholische» Blätter constatirt. Darin liegt eine Art DcS- avcu dcS Fürstprimas, dem cs sorian äußerst schwer alle» dürste, seine hierarchische Autorität gegenüber den ultra- klerikale» Elemente» zu behaupte». Die römische Zuschrift dcS „Vaterland" bat um so größeres Aussehen bcrvorgerusen, als gleichzeitig der „Osservatorc Romano" allen Meldungen, als ob die valieanische Diplomatie beschwichtigende Instructionen an den ungarischen Episkopat gerichtet hätte, ein Dementi entgegensetzte. Mag auch die Färbung der römischen Zu- chrijt des „Vaterland" einigermaßen den specicllen Wünschen und Bedürfnissen der Grafen Nikolaus Moritz ESzterbazy und Ferdinand Zicky angepaßt sein — dcS Eindruckes kann man sich doch nicht erwehren, daß im Valiea» neuerdings eine Ilnterslrömniig sich geltend macht, welche die ungarische klerikale ActionSparlci entschieden begünstigt und deren Organisation »nd Operationssäbigkeit zn fördern trachtet selbst um den Preis einer ganz erheblichen Schwächung der Position dcS gegenwärtige» FürslprimaS. In liberalen, der Regierung nahestehenden Kreisen ist man natürlich höchlichst bcsreintct über die Auslassungen der genannten Blätter und der „Pcslcr Lloyd" giebt den Verirelern und Beratbcrn dieser llnlcrslrömnng z» bedeute», daß sic sich da in ein gefährliches Spiel eingelassen habe», daß nicht dem liberalen Staate und nicht dem Liberalismus verderblich werden mnß, sonder» jener kirchlichen Aspirakion, in deren Namen dieses Doppel spiel gewagt wird. An dein energischsten Widerstande werde cs nicht fehle». Franzosen und Belgier wetteifern jetzt in der AuS- geslalliiiig ihrer afrikanische» Macktsphären gemäß deS französisch eongostaaltiche» Grenzrcgulirungsvcrlragcü. Frank reich schickt sich an, in die ihm abgetretenen Positionen cin- zurückc», und was Belgien betrifft, so sind die im Dienste deS Eongostaates stehenden Angehörigen der belgischen Armee mit der Niederwerfung des AraberthumS am Tanganvika jetzt so ziemlich fertig. Die bezüg lichen Operationen des Siegers über Rnmaliza, Hauptmailn» Baron Dhauis, sind von bestem Erfolge gekrönt gewesen. Er wurde in seiner pacifieatorischen Tbätigkeil sehr wirksam durch seinen Kameradc», den Eomniandantcn Lotbaire, unterstützt. Rnmaliza hatte sich nach seiner Nieder lage bei Kassvngo i» eiliger Flucht von Kabambarre zurückgezogen, wohin ihm Lotbaire folgte und ihn am 25>. Januar ans diesem seinen letzte» Schlupf winkel glücklich dclogirtc. Ter Kamps um Kabambarre bildete den Abschluß des Feldzuges gegen Nnnializa überhaupt. Auf die Kunde rer Eroberung jenes Platzes ergaben sich alle arabijcbcii Gucrillabaiidc» und alle Bomas, denen die congo- slaatlichc» Truppen in Fortsetzung ihres Marsches zum Tanganvikascc begegneten, ohne Schwertstreich. Eine dieser Bomas, die von Urwa, batte man offenbar in venkcirigungssäbigen Stand zu setzen gesucht, die Arbeiten waren aber »»vollendet geblieben, weil der congostaatliche Truppensührer sür die Araber zu schnell marschirte. Wäre die Befestigung anSgebaul worden, so Kälte sic »ach dem Dafürhalten Lothalre's dem Araberlhum einen wich- Feurllet-n. Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bcrnseld. Nachtruck »erboten. lFortsetzung.) Mit beleidigter Miene schritt die würdige Frau auf ibren mächtigen Filzparisern — eS war im Moment nicht zu entscheiden, ob dieselben gleichfalls ibren bvgienischen Ansichten, oder nur dem Zweck gewidmet waren, ihre Schritte geräuschlos zu machen — in das nebenan gelegene Gemach und blick« prüfend um sich. Der Kranke lag bewegungslos in seinen Kiffen, das Licht der Nachtlampc war gedämpft, so daß nur ein mattes Halbdunkel i» dem Raume herrschte. MrS. Fogg, deren Auge sich bereits an das in all diesen Zimmern iiiuegebaltenc stille Dämmerlicht gewöhnt hatte, trat sebr leise und sebr vorsichtig aus den Kamin zu. buckle sich, hob geräuschlos das Schüreisen vom Boden auf und kebrte damit in da- Nebenzimmer zurück, wo sie iS dem Kranken wärter Gregory, der soeben nach Ablegung seine- RockeS und der Stiesel »n Begriff war, eS sich auf dem Kanapee bequem zu machen, mit auSgestrccktcr Hand stumm entgcgenbielt. Der Mann fuhr mit einem Seufzer der Erbitterung wieder von seinem Lager empor. „WaS giebt'S denn nun noch?" flüsterte er. „Nehmen Sie das — behalten sie es bei sich", gab MrS. Fogg flüsternd zurück, ihm das Schüreisen mit wichtiger M'ene in die Hand drückend. „Man kann nicht wissen und — und ich würde keine rubige Minute haben, wenn Sie nicht so etwas der Art zur Hand hätten!" Gregory murmelte unbörbar etwa«, da-, wenn man eS gebärt hätte, notbwendig wie eine herzhafte Verwünschung geklungen haben würde, und MrS. Fogg kehrte in das Gemach de» Kranken zurück. Sie setzte sich einen bequemen hvchlehnigen Stubl so zurecht, daß er gerade in der Mitte de- Raumes, genau zwei Schritte von der offcnstebenden Thür des Neben zimmer- stand, so daß dieselbe im Sprunge von ihm au- zu erreichen war, nabni aus ib»> Platz und saß da, die Hände im Schooße gefaltet, sebr ausrecht, wachsam, mit großen offenen Augen an gar nicht- denkend und vor sich hinblickend. So bereitete sich die Nacht vor, die sür dieses Haus und «ll« Person» au« unserer Geschichte, die zu ihm in Beziehung standen, eine so ereignißreiche und von so unermeßlicher Be deutung werden sollte. Tiefe Stille berrschte in dem Krankengemach. Im Neben zimmer, das gleichfalls nur vom gedämpften Licht erhellt war, stand das Kanapee, auf welchem Gregory angckleidet schlief, hinter der offenstehenden Thür; am enigegengesctztcn Ente des Raumes, der Thür zum Krankenzimmer gegenüber, war ein Wandschirm ausgestellt, der ein Tischchen mit einer Lampe und den Stuhl abschloß, auf dem noch eine zweite Person die Krankenwache hielt: „Jane Brown." MrS. Fogg, die anfangs mit steif erhobenem Kopse tapfer ansreckt saß, mit weit geöffneten Augen unvcrrllckt vor sich bin in's Leere blickte und an gar nichts dachte, versickerte später stets, daß sie ibrc Augen nur einmal aus einen Mo ment geschlossen, kaum so lange, als man braucht, ein Vater unser berzusagen, wenn man sich beeilt. Allein die Uhr der wackeren Frau muß bei dieser Zeitbemessuna wobl ein bischen langsam gegangen sein, Tbalsache ist, daß Mrs. Fogg'S Ober körper in den nächstcnzwciStunden,nachdem sic aus ihrem Stuhl Platz genommen, sich allmählich etwas nach vorn neigte und aus seiner allmählichen energischen perpendikulären Haltung in eine leicht schräge überging; ihr Kopf senkte sich in lang samem, feierlichen Nicken, bei welchem die Rückwärtsbewegung nach und nach immer seltener wurde und eine immer kürzere Linie beschrieb, mehr und mebr ihrer Brust zu, und endlich ruhte ihr Kinn cndgiltig und fest auf letzterer, während die beiden Zipfel ihres Turbans zerknirscht vorüber fielen und schlaff niederhingen, als geben wenigstens sie jeden Versuch aus, zu läugncn, daß sie schliefen. Nach dem Verlause von zwei Stunden richtete MrS. Fogg plötzlich erschrocken den Kopf empor, erweckt durch einen selt samen Kl^ng, der zu ihrem Ohr gelangt schien. Sie war sofort ganz wach »nd ibr Herz pochte mächtig. Aufmerksam lauschte sie. Hatte sie geträumt oder war das Wort wirklich er klungen. „Tommy — Tommy Fogg!" tönte eS da noch einmal schwach, heiser durch den Raum. Es kam von dem Bette des Kranken her. Er hatte es gesprochen. Dort lag er, bleich, bager', mit irrem Blick in den weit aufgrrissenrn Augen auf MrS. Fogg stierend, eS im Ungewissen lastend, ob er sie erkenne, oder ihr Anblick seine Pbantasie zu wüstem, fieberhaften Umbcrschwrifen anrege. MrS. Fogg'S Haar machte den Versuch, sich unter ibrem Turban zu sträuben und da« Blut wurde kalt in ihren Adern. „Tommy!" rief der Kranke noch einmal heiser. Diesmal war es mit einer unrubigen Bewegung dcS kraftlosen Körpers begleitet, als versuche er, fick von seinem Lager zu erheben. MrS. Fogg sübltc ihre Knie wie ihre Zähne zusamnicnschlagcn und die Fähigkeit, zu sprechen, zu schreien, oder sich zu bewegen, um auszuspringen und zu stieben, ihr entschwinden. Sic war überzeugt, daß ibre letzte Stunde gekommen, aber bemühte sich eifrig, ihre Sinne bei- samnienzubatten, um Tommy s willen, um zu kören, was man von diesen! wolle, dessen unschätzbare Persönlichkeit so un- begreiflichcrweise in diesem schrecklichen Moment mit beran- gczogen wurde. Aus dem Nebenzimmer vernahm man Gregory'- regelmäßig^ tiefe Atbemzüge; was jedoch MrS. Fogg entging, war, daß eine schlanke, dunkelgekleidete Frauengestalt sich leise der Thür genähert hatte und hinter derselben stehend, in der Haltung einer gespannt Lauschenden ihr bleiches schönes Ge sicht an die Thürspalte gedrückt halte. „Tommy! He da, Tcmmy Fogg! Du bist'S?" fuhr der Kranke in seinen Phantasien fort. „Schläfst unter den Buschen? Wach' aus, Tommy? Bist '» guter Junge! Hier ist eine halbe Krone sür Dich — kriech' dort drüben am Haus unter den Buschen entlang — immer an der Mauer fort — und suche das weiße Taschentuch mit den nassen rotben Flecken, das dort liegt! Lauf, such - und bring'« ber — kriegst noch 'nen Sixpencc mebr, wenn Tu's bringst! Rasch, rasch, — so, brav! Und daß Tu kein Wort davon sagst, daß Dn'S gethan, Junge, sonst sress' ich Dick auf! Ich bin der Teufel! Ja, fürchte Dich, ich bin der Teufel! — Ab, unv der alte Sünder ist todt, ich Habs ihm gegeben! Hei, huste, eS ist zu Ende mit ihm — a»S! Der alte Schurke ist tobt, — todt — todt — abh!" Ein lange-, leise- Stöhnen entrang sich Fogg'S Brust, dem ein dumpfer Stoß ans den Teppich dcS Fußboden« folgte. MrS. Fogg war von ihrem Stuhl heruutergeglitten und lag zusammenaekauert auf den Knien ans dem Boten, in voll ständiger Lähmung vor Schrecken unsähig sich zu bewegen oder rin Wort zu äußern. „Ha, waS war das? Was geschieht da?" ächzte der Kranke, der in seiner Halbwabrnehmung durch den Vorfall auS seinen wirren Phantasien aufgerüttelt und zur Wirklichkeit zurück- gesübrt schien. Niemand antwortete. Einige Augenblicke herrschte tiefe- Schweigen in dem Raume. Aber binter der Thür im Neben zimmer machte sich ein« Bewegung bemerkbar, ein Streichholz, das man anstrich, flammte aus und ein Licht wurde ange« zündet, das mehr Helle verbreitete. „Jane! Ah, Jane Brown!" ries der Kranke, jäb, dessen Stimme lauter und sicherer geworden und dessen Blick auf Ioan gefallen war, die in den Schein dcS Lichtco hinauS- gctrcten. „Jane Brown, sie ist eS, ich scbe sie!" stöhnte der Kranke. „Jane Brown soll zu mir kommen! Laßt sic zu mir — Jan« Brown! Ich will sic sprechen!" Ioan schritt näbcr, die Lampe mit gedämpslcm Licht, di« sic vom Tisch genommen, in der Hand. Das tiefe, regel« mäßige Atbmen Gregory'S balle aufgcbör», er war wach, von IoanS Hand, die ihn hastig am Arm gerüttelt, erweckt. MrS. Fogg rührte sich nicht. Sie lag noch immer schrecken- gelähmt und bilsloS aus den Knien, aber ihre Augen waren weit geöffnet und ihr Gehör unnatürlich geschärft. Sie sah und hörte, als hinge von Beiten ihre LcbenSrettung ab. Gregory seincrseiiS stand im Nebenzimmer an der Thürspalt« und lauschte aufmerksam, wie Ioan eS ihm geboten. Letztere batte die Leuchte seitwärts ans den Kamin nieder- gesetzt, war an das Bett berangctrcten und stand an der Seite desselben. Sie war bleich, aber ruhig und gesammelt. „Sic haben mich gerufen, Hnr Tocior", sagte sie mild, aber ernst und sest. „Hier bin ich, was wünschen Sie mir zn sagen?" Ter Doctvr, den Kopf »nd Schultern in dem Bestreben, sich empo» znrichte», ein wenig crlwbcn. sank matt zurück; allein sei» Auge blickte weniger unstet als zuvor und er schien bemübl. sich zu sammeln. „Ist es Jane Brown — nicht wahr, Sie sind cS?" fragte er ängstlich. „Ich erkenne Sic!" „Ich bin eS, Sir; ick bin Ioan Brown!" „AK, gut. Und Annette, wo ist Annette, meine Tochter?" flüsterte er. „Ich muß sie sehen — ich bin ein sterbender Man» und muß meine Brust von einer Last befreien, ehe ich von binnen gebe. Ich muß Etwas sagen!" „Ihre Tochter schläft, sic ist in höchster Erschöpfung zur Rübe gegangen. Ich beschwöre Sie, zu überlegen, ich be schwöre «ie. Ihre Tochter zu schone». Es schickt sich nicht, wenn Sie etwa- Böses zu bekennen baben, daß die Tochter eS aus dem Munde deS Vater- vernimmt Wollen Sie nicht Ihr Herz zu mir erleichtern? Sie riesen mich, Sic vertrauen mir. Sagen Sie mir, was Sie zu sagen baben; c- wird Ihnen leichter werden, als wenn Sie cS Ihrem Kinde au«- sprechen müßten."
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