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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940913027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894091302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894091302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-13
- Monat1894-09
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Yezug-PreiS H, tz« Hanptexpcditt»» oder de» I» Stickt dezkl «d de» Vororte« errichtete« qabestellen ab-eholt: vierteljährlich hei zwetrnallaer täglicher Zustell,»- i»< h«»s >>l bchL Durch di« Post bezöge, lür teuijchiuad u«d Oesterreich. vi«riel>ährlich X El.—. Direct» täglich« Kreuzbandlendung t»> Luälaud: monatlich 7.50. DI» Vtorgea-Aulgob« erscheint täglich '/,7 Uhr, dt« Abead-Busgab« Wochentag« 5 Uhr. Nedarlion und LrpeLitioar Johanne«,affe 8. Die krvedition ist Wochentag« ununterbroch«» -«öffnet vo» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filiale»: vtt, Me««'« e.rti». («lsred Hatz«». Uawersltät«steabe 1, L-nt« LSsche. Katharinenstr. I«. pari. und KSuIgSplitz 7. Abciid-AnSaabc. Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Donnerstag den 13. September 1894. ««zetgenolprel» dl« 8 gespaltene Petitzeüe 20 Psg. Reklamen unter demRed«tion«strich («g»> spalten» 50 vor den Aamiliennachrichte» (Sgejpallen» 40^. Gröbere Schrillen laut »nferem Prri«» verjeichnib- Tabellarischer und Zissernjatz nach höherem Tarif. Ertra-Veilagra (gesalzt!, nur mit der Morgen-Auegade. odne Dostbelörderua, >l 60.—, mit Postbejorderlmg 4 70.—. ÄnnatsMkschluk für Itnzrige»: Abend-Ausgabe: Bormittags lO Ubr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh ' ,!> Uhr. vei den Filialen und Annahm-eftellea j« «in« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck »«d Verlag von E. Pol» in Leipzig 88. Jahrgang. Politische Tagesfchau. * Leipzig, 13. September. Wie der Telegraph bereits gemeldet hat, ist endlich auch da- Organ de- Fürste»» Bismarck auS der Zurückballung herauSgetrclen, die e« bisher der Königübergrr »aiserrede gegenüber beobachten zu müssen geglaubt batte. Bei der Stellung der „Hamb. Nach»." zu dem Altreichskanzler war cS begreiflich, daß dieses Blatt nicht nur jede- eignen Ur- thcilS, sondern auch der Wiedergabe aller fremden Aus lassungen über die kaiserliche Kundgebung so lange sich enlbielt, bis von Varzin eine Aeußerung vorlaz. Diese liegt jetzt vor; zweifellos ist eS Fürst Bismarck selbst, der in den „Hamb. Nachr." sich folgendermaßen vernehmen läßt: „Die bedeutsame Rede, die der Kaiser in Königsberg gehalten hat, beschäftigt, wie natürlich, die deutsche Presse in eriler Linie. Ein Jeder sucht aus dein niaiinigsaltigen Stoff, den dieselbe gewährt, zu enluehmen, waS ihm und seiner Partei patzt. Zu diesem Bcduse wird die nach ihrem logischen Zusammenhänge wohl erwogene Rede des Monarchen in verschieden« Theile zer pflückt, wo dann ein jeder Theil, aus dem Zujammen- hang gerijjcn, geeignet ist, verichiedenarlige» Ausfasjungen ein« Unterlage zu gewähren. Wir glauben, Latz die Rede nur als Ganzes ins Auge gesatzt werden kann, und danach allein bilden wir »ns unser Urtheil. Der Kaiser hat den ostpreutzischen Edelleute» und Agrarier» seine Unzufriedenheit mit der Form, in der sie ihre Opposition gegen die Handels- vertrage betrieben haben, nochmals zum Ausdruck gebracht, dann aber zn erkennen gegeben, dag er dies« Phase des Meittiingskanipses. wie sie in der That mit Annahme des russischen und de- rumänische» Handelsvertrages ihre» Abschluß gesunde» hat, als der Vergangenheit angehürig aniehe. Er hat darüber Absolution crtheilt mit den Worien: „Als aus- gelöjcht betrachte ich Alles, waü geschah." Zugleich erklärte er den Landwirlhen: „Was Sie bedrückt, empfinde auch ich, denn ich bin der größte Grundbesitzer in unserem Staate, und ich weiß sehr wohl, daß wir durch schwere Zeiten gehen. Halten wir still, ertragen wir sie in christlicher Duldung, in fester Ent- schiossknheit und in der Hoffnung aus bessere Zeiten." In dieser Hoffnung — und darin liegt für uns das Hauptgewicht der kaiserlichen Rede — fühlen wir uns bestärkt, wenn der Monarch an seine ostpreutzischen Unterthanen den Rus richtet«: „Aus zum Kampfe für Religion, für Sitte und Ordnung gegen die Partei, n des Um stürze«! Lassen Sie uns zusammen in diesen Kampf Hineingehen I" Diese Aussorderung, welch« der ganzen Rede ihr eigentliches Gepräge verleiht, hat für uns und, wie wir glouhen, für Jede», der ohne te»de»ziöse Fractionsstreberei die Kaiserred« liest, in ihrer Quintessenz die Be deutung eines Verzichtes aus Fortsetzung de« Streite nder eine Vergangenheit, welche aus lang« Jahre hinaus un abänderliche Ge ge »wart geworden ist. In der That, die Handels- Verträge sind ein tuit acovmpli, an dem auf ein Decennium hinaus nichts mehr zu ändern ist, und die Berücksichtigungen, di« autzer- halb derjelden der Laiidwirlhschaft zugewandt werden können, werden bei dem „größten Grundbesitzer des Staates" ein geneigtes Ohr sind«». Verzichten wir aus Len Streit über Vergangenes und einst- weilen Unabänderliches und wenden wir uns gemeinsam den Aus gaben zu, welche die Gegenwart unS stellt, indem wir vereint in den Kampf für Religion, Sitte und Ordnung gegen die Parteien des Umsturzes hineingehc». Damit glaube» wir die Deutung der kaiser- liehen Rede, welche durch Hera,,-reißen einzelner Stellen aus de», Zusammenhänge vo» allen Denjenigen abzujchwachen gejucht wird, denen der Kamps gegen di« Parteien des Umsturz,» Unbehagen verursacht, richtig gestellt zu habe». Man mutz der Rede de- Monarchen Gewalt anthun, um zu der Auslegung zu gelangen, welche die;enigen Parteien ihr geben, die stets von einigen „Gewissensbedenken " befalle» werden, sobald von Umsturz und dessen Bekämpfung gesprochen wird. Der Appell des Kaisers, ihn zu unterstützen in dem Kampfe, in de» mit ihm zuiammen hineinzugeheu er seine Künigs- berger Zuhörer ausgesordert bat, wird in den weitesten Kreisen des Landes ohne Rücksicht aus eine Sonderstellung de- Adels begeisterten Ankiang und bereitwillige Hilfe findSn." Unsere Leser werden sich erinnern, daß un sere Auffassung der kaiserlichen Kuildgcbung von vornherein die nämliche gewesen ist. Auch wir haben diese Kundgebung als Ganzes betrachtet, den gegen die ostpreußiscken Edelleute und Agrarier gerichteten Tadel als lediglich auf die Form ihrer Opposition bezüglich angesehen und den Schwerpunkt der kaiserliche» Worte in dem Aufrufe zum gemeinsamen Kampfe gegen die Elemente des Umsturzes gesunden. Wir haben daher der Auslassung deS Aitkanzlers nur wenig hinzuzusüzen. Am wenigsten wird sie Diejenigen erfreuen, die in dem Fürsten Bismarck, der bekanntlich ein Freund des russischen Handels vertrags nicht ist, einen Bundesgenossen bei der fortgesetzten schroffen Opposition gegen die Vertragspolitik und deren Bertreter zu ^nden hosilen. Dieser Hoffnung hat Fürst Bismarck ein Ente gemacht. Er räth den Agrariern zum Berzichl auf die Fortsetzung deS Streites über eine Vergangen heit, die zur unabänderliche» Gegenwart geworden ist, und ermahnt sie, ihre Kampfeslust gemeinsam mit den anderen staatSerbaitenden Elementen gegen den gemeinsame» Feind zu richten. Aber auch an die weiter links stehenden Parteien wendet sich die auf die kaiserlichen Worte sich stützende Mahnung deS Fürsten Bismarck. Gerade diese Parteien werden immer von „Gewissensbedenken" befallen, wenn von Bekämpfung LeS Umsturzes die Rede ist. Angesichts der von dem Kaiser mit ernsten Wort n gezeigten Gefakr schärft der Altkanzler auch den links stehenden Parteien das Gewissen. Daß Fürst Bismarck auS den kaiserlichen Worten auch die Ankündigung neuer gesetzlicher Kampfesmittel herausgelesen bat, ergicbt sich klar auS seinem Hinweis aus jene „Gewiffenöbebenken". Man darf nun mit doppelter Spannung auf die Borlagen warten, die den parlamentarischen Körperschaften zugcden werden. Wenn sic zweckeiitsprechend sind, werden sie den Beifall deS Fürsten Bismarck haben. Und sein Urtheil wird um so schwerer ins Gewicht fallen, mit je größerer Zufrieden heit und Genugthuung die Mehrheit der Ration in diesen, Fall« einen Beweis der inneren Annäherung zwischen dem Kaiser und seinem ersten Kanzler erblicken darf. Dieser Tage ist eine deutsche Togorxpeditto» unter Füh rung des Herrn von PawlikowSki von Hamburg ab gegangen. Es bandelt sich dabei um folgende Zwecke: Ei» GebietScrwerb Deutschland- in Afrika ist, da durch die Ueber- einkommen zwischen Deutschland und England »nd Frankreich vom 15. November 1803 bczw. 15. März 1891 auch taö Kamcrungcbict eine definitive territoriale Gestaltung er halten hat, nur noch im Hinterlande vvn Togo mög lich. Soweit unsere Kenntniß von diesem Hinter lande reicht, ist eS zweifellos, daß diese Territorien nickt nur wegen ihrer handelspolitischen Bedeutung, sondern insbesondere auch wegen ihrer hervorragende» Fruchtbarkeit und dichten Bevölkerung mit zu den werlbvollsten des Sudan gehören. Dies der Grund, weSkalb die Engländer und Franzosen bereit- seit längerer Zeit die Absicht zn er kennen aegcbc» baden, im Norden der deutschen Togo- colonie festen Fuß zu fassen, und weSbaib wir erwarten müssen, daß demnächst englische und französische Expeditionen in das Hinterland von Togo und auch in die bisher einzig und allein von Deutsche» (I)r. Ludwig Wolf und Haupt mann Kiiiiz) durchforschten Gebiete werden entsandt werden. Es gilt, den Franzosen und Engländern zuvor- zukommen und durch Entsendung einer deutschen Expe dition Deutschland jene an sich und jür daS Togo- gebiet so überaus werthvollen Gebiete in möglichst weitem Umfange zu sichern. Die deutsche Eolonialgescllsck'ast, welche in ihren VorstandSsitzungen zu Berlin am l7. März und zu Frankfurt a. M. am l5. Mai d. Z. die Tcgosrage einer ein gehenden Beratbung unterzog, hat dem Gedanken der Ent sendung einer Expedition die wärmste Sympathie entgcgen- gebracht. Fast einstimmig wurde anerkannt, daß die Er forschung und Besitzergreifung der nördlich und nordöstlich von Togo gelegenen Gebiete und womöglich ein Bor- dringcn dis zum Niger sich zur Zeit aiS die weitaus wichtigste Ausgabe der deutsche» Colonialpolitik darstelle. Diese Erkenntniß bat die deutsche Colonialgcsellschast ver anlaßt, einen namhaften Betrag aus dem Fonds der Gesell schaft siir die Togoexpedition zu bewilligen. Durch diese von der deutsche» Cotonialgesellschast bewilligten Mittel im Verein mit der Unterstützung, welche dem Unternehmen vom Aus wärtigen Amte und einzelnen Colonialsrcunden zu Theil geworben, war die Möglichkeit gegeben, »uiimehr die Ent sendung der Expedition lhatsächlich ins Werk zu setzen. Die Sicherung der sranzüsischcn Alpengrenze egen Italien hat das französische HeereScommanko zur inführung eines ganz eigenartigen Systems, des sogenannten Gruppensystems, veranlaßt, nach welchem die gesammtc Grenzstrecke, vom Montblanc bis zum Col de Tonde, in zwölf Abschnitte oder Gruppen getbeilt ist. Unter „Alpengruppc" (groupv alpin) versteht man eine, selbst ständige Truppcnahtheilting, bestehend aus einem Bataillon Alpen>äger, einer GebirgSbatterie und einer PioUKr- abtheilung. Für Cavallcric ist in jenen unwegsamen Gegenden keinerlei VeiwendungSmöglichkcit. Jede Alpengruppc steht unter dem Befehl deS Alpenjäger-BataiUonscommandeurS und hat einen Grenzabschnitt als Spccialrevicr, worin den ganze» Sommer exercirt und niaiiövcrirt wirv, dergestalt, daß jeder einzelne Mann seinen Grenzabschnitt in- und auswendig kennt. Es scheint aber, daß trotzdem die Ver- theitiz»»göanstalte» noch zu wünschen übrig lasten. Ins besondere gilt die Paßhöhc des Großen St. Bernhard für »iigciiügcnd gegen einen italienische» Uebcrfaü gesichert. Die Erbauung eines SperrfortS in der Position der Teux-Tete- fei, so wird von einem Fachmann, der sich den Stand der Dinge kürzlich angesehen hat. versichert, unumzänsilich nölhig, »m italienischen Offensivgelüstcn ein für alle Mal vorzubeugen. Etwas besser ist die Paßhöbc deS Kleinen St. Bernhard bewacht. Dort sind unweit eincrvcrsallenen Rcdoule,welche seincrZeit der junge General Bonaparte, als er gegen Italien zog. erbaut batte, solide Baracken bergcrichlel, die einer kriegsstarken Compagnie Obdach gewähren können. Diese Baracke» sind während de« Sommcrö voll belebt und selbst im Winter ist dort ein Coiiiniando von l Osficier und 30 Alpenjägern regelmäßig stationirt. Aebnliche Baracken sind noch an zahlreichen andere» Puiicte» der französischen Alpengrcnze gegen Italien errichtet, und alle Anstalten so getroffen, daß die Grenze gegebenen falls im Handumdrehen hermetisch gesperrt ist. Die Absichten der Franzosen aus Madagaskar lasten sich kurz dabin resumiren, daß die Insel vollständig der Machtsphärc Frankreichs einverlcibt werten soll. Ter Form nach wird Frankreich die HovaS so höflick und ver bindlich wie möglich behandeln, in der Sache aber strengstens darauf hatte», daß allen feinen Forderungen weitestgehende Erfüllung zu Tbeil werde. Um England kümmert man sich in Paris bei dem ganzen Mabagaskardandel, scheinbar wenigsten-, gar nicht. Die »>S Auge gefaßte Entsendung beträchtlicher n»l>- tairischcr und marilimerActionSiiiiliel an Ort und Stelle, imFall die Hova-Regierung sich widerspenstig benehme» sollte, beweist, daß die Franzosen diesmal in Madagaskar reine Bahn machen wollen. Es soll den Madagassen jeder Vorwand zur Verdunkelung der Situation und zur Umgebung ihrer Verpflichtungen genommen werden. Deshalb soll der neu ahzuschließente Vertrag »ur in dem französischen Wort laut verbindliche Wirknug haben, damit die HovaS fick nicht hinter Interprelalioiistüiistc und llcbersctzlingSiingcnauigkeitcn verstecken können, wen» cS gilt, de» Vertrag loyal auSziisühren. Frankreich legt enlschcitcndcs Gewickl darauf, dast die Hova- regierung nicht nur der Republik daS Recht zur Einmischung in die Beziehungen Madagaskars zu den fremden Mächten zugesteht, iondern auch, daß der sranzösische Goncralresident mit hinlänglichen Vollmachten behufs wirksamen Schutzes von Leben und Gut der weiße» Ansiedler ausgerüstet werde. Im Einzelnen lassen sich die französischen Forderungen wie solgt präcisircn: 1) Madagaskar soll sich unzweideutig zur Anerkennung des Eigentduuisrechls der Ansiedler an Grund und Boden verpflichten und lcdensaUr sollen die Lrb-Pachlverlräge, welche »ach dem Ver trage von 1885 allein zulässig sind, nicht mehr der Restnctions- ciaujel unterliegen, weiche ihnen alle gesetzliche Geltung nimmt; 2) sollen di« Ansiedler Grund und Boden direct vo» teil Ein heimische» erwerben oder pachten können; 3! solle» alle Kauf-, Pacht- re. Vertrüge auf der Generatresideiitschaft regislrirt werden; 4! soll die »ladogassische Regierung sich nicht länger dem Bau von Eisenbahnen und Chausseen, dcre»A»lage derGciicralrrsidcnt für nölhig erachtet, widersctzc»; 5) soll die inadagajstsche Regierung die Erlaubnis; zur Vornahme der sür nölhig erachteten Ftutzregulirungen erlhcilen; 6) soll Frankreich besngt sein, überall i» Madagaskar Mititairvoslen an- zutege». Weiter ist die Regelung der inneren Verhältniffe Mada gaskars, namentlich auch der LandeSfinanzen, unter Mitwirkung Frankreichs i»S Auge gesatzt. Tie »ladagassischk Rrgirimg soll ge halten sein, nur Franzoien als inilrlärriche Lehrmeister oder als Civitbcaiiite anzuslellen, und endlich soll der Rechtsverkehr zwischen Feieilletsn. Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernfeld. -tachiruck »erboten. (Schluß.) „Wie geschah eS?" „William Brownell hatte nach seiner Verheiratbung die Bühne verlassen und lebte mit seiner Gattin in verschiedenen kleinen bürgerlichen Stellungen. Als Lehrer, als Schreiber, als Buchhalter, meist in sehr bescheidenen, oft in ärmlichen Verhältnissen. Aber er war ei» Mann von umfassender Bildung und Fähigkeit und machte seinen Weg. Nach einigen Jahren hatte er sich zu einer ansehnliche» Vertrauensstellung in einem größeren Bankbause als Privatsecretair des Chefs. Mr. Dunbär'S, emporgearbeilct, wo er sich sehr gut stand. In dem Hause Dunbar'S lebte ein Neffe desselben als Angestellter, der, ein moralisckier Taugenichts und leichtsinniger Verschwen der, ebne daß Jemand davon abnle oder wußte, sich durch heimliche- Spiel in Schulden gestürzt hatte. Die Spiel- aesellschaften, in denen er sich ruinirt, waren durch Thrale und Rawlinson veranstaltet worden, welche damals ebenfalls eifrig dem Spiele oblagen. ES scheint, daß Thrale um diese Zeit selbst bedeutend verloren halte und dem habgierigen, leiden schaftlichen Manne jedes Mittel recht war, seine Verluste auszugleichen. Der junge Tunbar wurde geplündert, er wurde in «chulden gestürzt, durch List und Drohungen veranlaßt, immer neue- Geld berbeizuschaffc». Von den diabolischen Nathschlägcn seiner Verführer oder ihren schlauen Winken geleitet, fälschte er und unterschlug, seinem Onkel auf diese Welse eine Summe von etwa 10 000 Pfund Sterling raubend. Er hatte, um sein schändliche« Beginnen auSsühren zu können, Deine« Vater« Freundschaft gesucht, zu dessen Bureau er al« Kind de« Hause« Zutritt halte, zu dessen Schrank, in welchem er seinen Stempel, seine Bücher aufbewahrlc, er sich Nachschlüssel ansertigen ließ, in dessen Wobnung er als vermeintlicher Freund verkehren konnte. So kam eS, daß die Fälschung der Check- mit dem von William Brownell bewahrten Stempel verübt wurde, dir Aendcrung der Zahlen in seinen Büchern, die Unter schlagung der Gelder in seinem Ressort geschahen, Spuren, welche auf die Verübung der Tbat hinwiescn, sogar in seiner Wohnung gesunden wurden. DaS gesammtc Geld ging in den Besitz von Thrale und Rawlinson über. Als die Zeit nahte, wo durch die bevorstebenden Abrechnungen daS frevent liche Beginnen de- jungen Dunbar entdeckt werden mußte, verlor dieser den Mutb, dem. waS kommen mußte, entaegcn- zutreten — er jagte sich nach einem neuen Cpiclvrrlust eine Kugel iu den Kops und war der irdischen Gerechtigkeit entrückt. Bald daraus folgte die Entdeckung de« Geschehenen. Alle Spuren wiesen aus William Brownell, alle Beweise waren -egen ihn — er wurde verortheilt. Zwar brachte man den unerklärlichen Selbstmord de» jungen Dunbar mit der Sache in Verbindung, aber nur um die Schuld Deines VaterS um so schwerer erscheinen zu lassen. Es lag nicktS gegen Dui.bar vor; war er dennoch etwa m die Sache verwickelt »nd sein Selbstmord der Ausfluß dessen, so konnte er nur der Verführte, William Brownell als der Verüber der Verbreche» sei» Ver führer sein, der da« traurige Ende diese- jungen Menschen lebens noch mit zu verantworten batte." „Entsetzlich! Und soll cs keine Genugtbuung, keine Wieder herstellung seiner Ehre sür meinen unglücklichen, im Grabe ruhenden Vater geben?" „Die vollste! Sie ist ihm bereit- zu Tbeil geworden bei Allen welche von jener damaligen Sache wissen, und ich werde sie ihm auch in der Ocffentlichkeit zu Tbeil werden lasse», waS möglich sein wird, ebne den Namen Thrale, da Du ihn jetzt trägst, compromitircn zu müssen. Job» Thrale und Rawlinson wurden in der ganzen Sacke nicht genannt, sie treten nirgends in ihr aus. Ihre Mitschuld an derselben wäre mutbmaßlich nie entdeckt, die wahre Sachlage nie ent hüllt worden — da, kurze Zeit vor de», blutigen Ende Thrale'S und säst fünfzehn Jahre nach dem Tode Deine« Vaters spielte mir ein wunderbarer Zufall oder eine über wältigende Fügung de- Geschicke« die Aufklärung der Sache zugleich mit den Beweisen sür da» Ganze in die Hand. Der alie Tunbar war gestorben, da« Bankhaus unter der Leitung seines Sohne» wankte und drohte zu fallircn, eS fanden Unterhandlungen mit den Gläubigern über die Möglichkeit statt, es zu stützen und ru halten. Ich wurde zum Bebufe eines Berichte« über die Vermögenslage, besonder« auch hinsichtlich des beträchtlichen PrivatbesitzeS der Familie, der mit in Activi- tät treten sollte, hinzugczogen und arbeitete i>» Hause selbst, in einem Privatzimmer, da« man mir eingeräumt, an einem Schreibtische, in welchem ich die mir eingehandigtcn zablreickcn Actenstücke und Schriften nach der mir bequemen Ordnung placirt hatte. Dennoch vermißte ich im Verlaufe meiner Arbeit rin mir nothwendigeS Schriftstück» da« ich verlegt zu haben glaubte, als ich eS an dem vermutbeten Platze nicht fand, und daS man, wie sich später ergab, den Papieren beizusügcn vergessen batte. In der festen Ueberzeugung'. daß ich e» nur an einer Stelle ausbewahrt haben könne, die mir entfallen sei, und daß es sich irgendwo in dem Schreibtische finden müsse, durchsuchte ich den letzteren, suchte immer ärgerlicher und. ich möchte sagen, verbissener, durchstöberte alle Fächer und Kästen de« Möbel«, eine- wenig modernen Cylinderschreibtische«, und stieß plötzlich auf einen versteckt angebrachten Knopf, der auf ein verborgene« Federwrrk zu deuten schien. Ich drückte auf ihn, und ein geheimes Fach sprang aus, von dem vorder aller dings nicht- zu bemerken gewesen und da« eine Anzahl be schriebener Blätter und kleinerer Schriftstücke enthielt. Ick blickte hinein, was eS sei, und säst da- Erste, was mir in die Augen fiel, war der Name William Brownell. Ich las und stand starr, gelähmt! WaS ich gefunden, war ein vollständige« Bekenntniß de« jungen Dunbar, wie ich e« Dir hier mit» getheilt, der Beweis der Unschuld Deine« Vater«; wa« da« Fach sonst noch enthielt, waren Beweise sür die urbeberischc Schuld Job» Tbrale'S und Rawlinson'S an dem Verbrechen des jungen BösewicktS: verdächtige Zettel von ihrer Hand, sic comproniillirende Briese, die sie il»n geschrieben, Quittungen über enipfangene Gelder rc. — Dinge, die er, statt sie zu vernichten, wie sie ihn drangen, gesammelt »nd ausbewahrt als Waffe gegen sie. Weshalb der junge Misiethälcr sein Bekenntniß in dem gebeimcn Fach verborgen ruhen ließ, statt es entweder den Flammen preiSzugcbcn oder eS als Sühne seiner Schuld offen zurückznlaffen, als er an- dein Leben ging — ich weiß eS nicht. Ob er zu plötzlich zur vernichtenden Pistole griff, um vorder noch an eine Maßnahme bezüglich seines Geständnisses denken zu können, ob er im letzten Augenblicke beabsichtigte, daß diese- Gcständniß in dem ge heimen Fach unentdeckl bleiben sollte, oder ob er hoffte, daß man eS hier finden werde — ich vermag cs nicht zu sagen. Ich setzte Mr. Dunbar von meinem Funde in Kenntniß, lhcilte ihm den Inhalt desselben mit, und er überließ mir die Papiere, um. ohne jede Schonung deS Namen« seine- verstorbenen schuldigen Vetter-, jeden Gebrauch zur vollen Wiederherstellung der Ehre William BrownellS davon zu machen, so wie er selbst sich bereit erklärte, sofort in meiner Gegenwart einigen älteren Angestellten deS Hauses, welche jene unglückliche Affaire noch mit durchlebt, die Ehrenrettung William Brownell S mitzutheilen." „Gottes Güte ist groß! Dank ihr und nochmals Dank bi« an daS Ende meines Lebeus sür ihre wunderbare Fügung, die meines Vaters Edre gerettet!" „Reue kam über mich, Nichte Ioau. Ich wollte an Dir, ick wollte an Icssie gut mache», wa- ich, waS wir Alle an Euch, a» William Ärownell, Deinem Vater, gefehlt; ich wollte, daß auch Thrale gutmache. Ich suchte ihn auf, ich theiltc ihm meine Entdeckung mit, ich legte ihm meine Beweise vor. Ich war unerbittlich. Ich wollte — eS erschien mir die- al- der gerechteste Act und der rersöbnendste Ausgleich — gemeinsamen Besitz de- großen Thrale'schcn Vermögen« für Dich und Falconer: eine Heiratb zwischen Euch Beiden. Allein ich wollte Dich nicht zu einer Heirath zwingen, konnte ich doch nicht wissen, ob sich Eure Herze» zu einander finden würden. Ich war egoistisch sür Dich, in der ich meine Clientin sah und deren Rechte aus Genugthuung die größeren waren. Ick wollte de» Vortheil sür Dich, daß Du ohne materiellen Verlust die Heirath frei solltest wählen oder ablehnen können, und ich wollte den Nachtheil für Tbrale, daß er wie sein Sohn von Deiner Entscheidung abhängeu, unter dem Zwange stehen sollte, sich ihr fügen zu muffen. Thrale gestand zitternd Alle- zu, gegen mein Versprechen, zu schweigen. Seine Stimmung an jenem Tage war eine fürchterliche: dir Wuth eine« Tiger« seinem Bändiger gegenüber, gegen den er nicht anzuspringen wagt. Zur «ichcrunz meiner Sache verlangte ich jene« Codicill, da- mir eine Bürgschaft sür den Fall seine« Tode- bot — ich wußte, John Tbrale war herzkrank und sein Tod konnte, zumal bei heftigen Erregungen wie an diesem Tage und wir sie in dieser Angelegenheit für ihn unvermeidlich waren, jeden Augenblick eintrclcn. Er sagte daS Codicill zu, daS noch an demselben Tage Abend» spät, wo ich mit dem fertigen Entwürfe aus Old Hall bei ihm cintrcffcn würde, vollzogen werken sollte. Wir schieden, — er »ock in der gleichen furchtbaren Stimmung eine« gereizten TigcrS, der sich geschlagen sieht, einer Stimmung, die, fürchte ich, Ursache der heftigen Begegnung war, die an demselben Abend sein Sohn bei ihm fand. Abend- gegen elf Uhr tras ich, von London kommend» mit den »ötkigen Papieren aus Old Hall ein. Gemäß den verabredeten Arrangements betrat ich das Hau- tunt' die wenig benutzte Seitenthür »ach dem Garte» hinaus, die ich zu diesem Zwecke unverschlossen fand und dinler mir unverschlojse» ließ, und gelangte unbemerkt zu seinem Zimmer, wo er mich erwartete. Aufgeregt und in Hast, daß ich nicht von den Gästen bemerkt werte, bat er mich, im Biblotkekziminer ein wenig zu warten, bis er sich srci- gemacht, um sich »nansfällig und ungestörl mit Rawlinson, der als Zeuge zeichnen sollte, mir einige Zeit widmen zu können. Ich ging in die Bibliothek, die, nur von einer einzelnen Lampe erhellt, »um Tbeil »n Halbdunkel lag, und nabm dort Platz. Hier vernabm ich plötzlich da« tiese, regelmäßige Athmcn eines Schlafenden. Ich erhob die Lampe, ickauie um mich, Nichte Ivan, und erblickte Falconer Thral« schlafend aus einem kleinen Sopha im dunklen Hintergrund« deS Gemachs." „Ich we»ß e« — oder ich errieth eS doch", entgegnet« sie rudig. „Als Thrale nach einiger Zeit in der Thur erschien, »m mich zu sich in sein Zimmer zu rnscn, erwähnte ich nickt- zu ihm von der Anwesenheit seine- Sohne-, den» ich wünschte natürlich, Falconer bei der Erledigung unserer Angclcgcnbcit durchaus bei Seile gelassen zu sehen. DaS Codicill wurde in der Form, wie ich eS aufgesetzt, vollzogen, und Thrale setzte seinen Namen darunter. Rawlinson und ich Unterzeichneten als Zeugen, und ick ging, eS mit mir nebnicnd, ans demselben Wege, auf dem ich gekommen. WaS weiter in jener Nacht geschah, weißt D». Nichte Ivan." „Es war die Nacht de- Morde«!" sagte sie schaudernd. „Du weißt auch, wie Alles, wa- ich bortc. Mich darauf bindrängte, Falconer sür schuldig zu ballen; allein mir fedlte» Beweise. Selbst mit seiner beimlichen Anwcscnbeit im Hause, von der offenbar Niemand außer mir etwa« wußte, konnte ich nicht wagen, ohne Weitere« auszutreten, denn mein« eigene Anwesenheit um dieselbe Zeit dort war eine gleich«; und ich bätte damit nickt- bewiesen, mich selbst im Grunde nicht minder verdächtigt als >bn, zugleich aber daS Gebeimniß meiner Machenschaft dort an jenem Abend aller Welt preisgeben muffen. Mit aller Kraft und Energie wendete ich mich den Nachsorschungen zu, um den Schleier de- Geheimnisse-, der über dem Verbrechen lag, zu lüsten und die Beweise zu finden, deren e- bedurfte, um den Thäter zur Rechcuschast zu ziehen, allein voa hier an war da«
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