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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.09.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940919021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894091902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894091902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-19
- Monat1894-09
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8782 'äezt; und sein LiebeSwrrben bei Nutzlaizd dürste nach russisch-ossiciöser Ankündigung vollständig erfolglos bleiben Vor Orzein nämlich Hali« die „Nowoie Wremja" gemeldet, daß in Sofiaer RegicrungSkreise» eine Denkschrift vorbereitet werde, welche au die Großmächte versandt werden solle, um die Anerkennung de-Prinzen Ferdinand von Coburg al« Fürsten von Bulgarien zu befürworten Gleichzeitig solle nach Petersburg eine besondere Deputation entsandt werte». Der „Nord*, welcher bekanntlich Bcziebungen zur russischen Regierung unterbälk, kommt jetzt auf diese angeb- liche Absicht der bulgarischen Regierung zu sprechen und schreibt Folgendes: „Rußland, da» immer aus- Genaueste die Verirrt »ist^l, weit« es unterschrieben, weiß nicht, was die Reue der Verlierer der buk- geloschen Pseudoregierung bedeuiet, noch Hai e» Äi.ast die Wunsche dieser «igenihumljcheu Pilger anzuhören. Lo lauge da» dulgari'che Kürsteiilhllnl sortsahrt, den Verirag zu brechen, der di, ge'ehiiche Grundlage seine» Bestehens bildet, so lange tritt die kai>erl che Ae. gierung nicht in Beziehungen zu de» Vertretern einer ungeietzlichea Gewalt, weder in direcle, noch Indirecte. Telbsi wen» die Tenk- schrist als ein Nothschrei sich erweisen sollte, worbe Rußland, das an den bulgarischen Ungejetzlichleiteii nicht Thttl hat, sich in die Bersuche zur Lösung der Wirrnisse nicht eiumischeu " In ähnlichom Sinne bat sich ein „auswärtiger Diplomat* zu einem Vertreter der „Moskauer Zeitung" geäußert. Ob unter solchen Umständen der neue Cur« >n Bulgarien noch lange weiter gesteuert werden kann? Bon, k»re«uische» Kriegsschauplätze werhe» Len „Central News* noch folgende Einzelheiten gemeldet: Die Japaner habe» ihren Tieg mit unglaublicher Schnelligkeit auSgenutzt. Sie stellten inneikalb ln Stunden die Verbindung zwischen Pingyang, Pongson und Söul durch Feldtelegrapheii her, durchsuchten dr« Häuser nach chinesischen Flüchtlingen, sandten «me fliegende Heersäule nordwärts, um die Pässe zu besetzen, ohne welche chinesische Truppendurchzüge unmöglich sind, und erließen eine Bekanntmachung, worin sie die Koreaner aus- sorderlen, ibren friedlichen Beschäftigungen iiachzuaehe» und aller Frinvselizkeittn und Verhandlungen i»it dem Feinbe sich zu enthalte», unter Anbroliuiig kriegsgerichtlicher Ahndung Die Chinesen wurden geradezu in einer Falle gefangen. Der japanische FeldmarschaU Hamagala ließ in der festen Voraus- leyuiig, daß die Chinesen innerhalb der Befestigungen ver bleiben würden, alle vorgeschobene» chinesischen Posten wie in ein Netz zurülllrcideii, >o daß die Chinesen thatsächlich bei ko» letzte» Angriff schon umziiigel! waren. Viele Tausende Ilohen nordwärts, sauren Le» Rückzug abgeschnltten und er gaben sich regiineliterweise. Die japanischen Verluste sind leicht, da die Chinesen nur wenige Augenblicke Stand hielt ». Die Zahl der gelödteicu Chinesen wirb auf 2300 an gegeben Die Mauern der Stadt wurden durch die Kanonade beiä'ädigt, die Stabt selbst blieb »»behelligt. Der FelbmarschaU Hainagala hat jchon auS Hiro schinia die Glückwünsche des Kaisers erhalle» und durch Tagesbefehl die Truppen wegen ihrer aus gezeichnete» Tapferkeit gelobt. Cr sc, stolz, solche Truppen zu befehlige» Thatsächlich rechtfertigte die Genauigkeit, mit oer die verschiedenen Heeressäulen bei den Angriffe» mit wirkten, dieses Lob. Die Japaner waren den Chinesen drei fach au Zahl überlegen, ebenso an Artillerie und nicht minder a» chiileitigenz. Fii Tokio herrschte gestern ungeheurer Jubel. Die Glocken winken de» ganzen Tag geläutet und Salut- ichüsse abgcjeiicri In Shanghai verbreitete die Niederlage giostes Ciltieb.ii. Allenthalben sürchlet man, daß auf den Sieg ein Ciiiitiarfch in China erfolge. Li-Hung- Tscyang soll tegraoirt worhen sein und deshalb Selbst mord begangen haben. Teutsches Reich. * Leipzig, l:i September. Eine bedeutsame Nenii- »iscenz fuidcn wir i» dem zweite» Buche des ersten Bande« des von I4r. H. Blum herausgegebcneii Werkes „Fürst Bismarck und seine Zeit*. Fm Frühjahr 1852 suchte in Preuße» die eonservative Gruppe, die sich unter Bclbmaiin- Hollweg S Führung von der äußersten Nichten abgelöst hatte, »ul der .Zustimmung de« Königs eine andere Zusammen- letznlig des Herlenbause« durchzusühren. Die Ritterschaft wollie damals nionarchischcr sein als der König und diesem allein die Ciiischlicßung über die Zusammensetzung de« Hciren ba»ieS Vorbehalten. Die Thaisachc, daß die Rilterschast gegen ihren König stand, machte großes Aussehen. Bismarck, damals preueiischer Gesandter am Bundestage >» Frankfurt a. , äußerlc sich darüber am 23. April in einem Schreiben an de» Milttileiprälircnicii Freiherrn v Manteusscl in einer Weise, die überrascht durch die Uebereinslimiiiung seiner Ansicht »nt der, die Kaiser Wilhelm II. kürzlich in KöuigS- beig geaasten hat. ..Daß die Stellung", sagte damals Herr v. BiSmalck, „in welche unsere stritterschast in dieser Sache geiatben, eine schiefe und mehr durch Partei-Umtriebe als durch sachliche Gründe herbeigesührt ist, habe ich Sr. Majestät wiederholt erklärt. Für eine Thorheit halte ich eS, in Preußen eine eonservative AvelSoppositi on im Widerspiel gegen die Krone zu machen. Dazu sitzt uns rer Absolutismus zu sehr in imcoo ot iiLnpuiue und eine Entsreindung zwischen Krone und Ritterschaft kann nur dahin führen, die Schreiber- und Gendarmenherrschaft nomine rezke als einzigen AuSgaugSpuncl übrig zu lassen * 6. bl Berlin, 18 September. Auf ihrem SiegeSzug bei den Grwerbegerichl-wahlcn hat die Socialvemo- kratie eine unerwartete Niederlage erlitten; dir socialdemo- kratischen Candidaten sind in Dortmund mit 1550 gegen 1605 Stiinmen. welche auf die Candidaten der vereinigten antisocialistischen Arbeiterparteien fielen, unterlegeu. Weit über de» localen Rahmen hinaus hat diese Wahl Bedeutung. C« ist bekannt, daß in Esten eine Versammlung christlicher Bergleute (katholischer und evangelischer) getagt hat, um aus christlicher und gesetzlicher Grundlage ein gemeinsames Vorgehen z» erzielen. Der Geist des Friedens und der Cintracht, welcher >n Cifen herrschte, führte auch dazu, daß sich in Dortmund alle antisocialistischen Arbeiterparteien die Hände reichten, um den gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Cs bedurfte wenig Anstrengungen, um den evangelische» Arbeiterverein, die katholischen Vereine, den Dortmunder Brauerverein und die Hirfch-Duncktr schen Gewerkverein» zu einer festen Phanlaop gegen die Socialdemolratie zu vereinigen. Letztere geberdete sich wie toll, als sie von dem Bündniß erfuhr, das als „harmonieduselnder, christlich-patriotischer OrdaungSbrci" inaaßloS bekämpft und beschimpft wurde. Die vereinigten antisocialistische» Arbeiterparteien sind bei der Auswahl der Candidaten äußerst geschickt verfahren; großen Werth legten sie daraus, daß kein Gewerbe unberücksichtigt blieb; eS waren schlichte, in ihrem Berus erfahrene Arbeiter, welche sie prä- sentirlen, und ein glänzender Sieg war die Folge. Tie Socialdemckraten batten einen solchen für vollkommen un möglich gehalten, ui» so größer daher die Bestürzung bei den „Zielbewußten". UebrigenS steht der Vorgang in Torimuud nicht vereinzelt da; in M-Gladbach kam ebenfalls ein Bündniß zwischen den katholischen und den evangelischen Arbeitervereinigungen bei der GewerbegerichiSwah! zu Stande; aber bemerken-werlh ist, Laß dieser Vorgang sich so schnell erneuert hat. — Ueber die KönigSberger Kaiserrede erfahren die „Bcrl. N. N.*, daß die Fassung in wesentlichen Puncten ursprünglich anders gelautet und zumal in dem Theile, der die Kritik der agrarischen Opposition berührte, er heblich schärfere und entschiedenere Formen getragen habe. Ueber den äußeren Vorgang wird dem genannten Blatte aus Königsberg berichlet. Laß unmittelbar nach dem Antwvrttoast des König- von Württemberg der Kaiser an sein GlaS klopfte und mit lauter Stimme die Anwesenden ausforderte, ihre Plätze zu verlassen und zu ihm heranzutrelen. Die Tafel schien für die Zeit der Ansprache völlig aufgehoben, die Gesellschaft stand in dichter Gruppe um den kaiserlichen Redner und erst, als der Kaiser geendet hatte, nahm man wieder die Plätze ein. — Der Erbprinz zu Hobenlohe-Schillingssürst hat sich nach kurzem Ausenthalt in Berlin aus wenige Tage nach Kamin begeben. — Der Bevollmächtigte z»m BundeSrath. königlich sächsischer Geh. Finanz-Ralh Dr. v Koerner, ist in Berlin eingelrossen. — Der deutsche Militairbevollmächtigt« tn Rom und Flügel- adiuta»! des Kaisers, Oberst v. Engel brecht, hat nach kurzem Ausenthalt Berlin wieder verlassen und sich nach Rom begeben. — DaS MagistratScollegiuin hat zur Turchsührnng der Steuerreform beschlossen, eine Umsatzsteuer von Procent vom Werth der veräußerten Grundstücke der StaLtverordnelenversammiung vorzuschlageu. Ferner hat da» Lollegium beschlossen, vom I. April 1805 das Schulgeld bei den Gymnasien, Realgymnasien, Ober, realschulen aus die staatlichen Sätze von 13V X jährlich zu er höhen. Dergleichen soll daS Schulgeld bei den höheren Mädchenschulen 130 betragen. Dagegen wird daS Schulgeld bei den Barsch ulen dieser Anstalt nur aus den Satz von 110 gebracht werde». — Ter Berichterstatter de- „TempS* bei den deutschen Kaiser-Manövern urtheill, anknüpsend an einen von >bm geschilderte» Angriff der Cavallerie, über die zukünftige Rolle Vieser Waffe so: „Wie alle von »n« seit Beginn der Manöver erwähnten Caoallerieangriffc <vo» einem einzigen abge>ehen) bewies auch dieser, daß die Cavallerie gegen da» Rcpetiergcwedr der Infanterie ohnmächtig ist. Ja, selbst ihr Angriff ans die Artillerie erscheint nur noch während deren Ausstellung möglich." Derselbe Kritiker rühmt die Marsch- lüchiigkeit der Insanterie und die Leistungsfähigkeit der Pferde. — Mit Spannung wird man in diesem Jahre der Wicdercinberusung des BundeSrathS entgegenschen dürfen; sie wird voraussichtlich etwas früher erfolgen, als sonst üblich, denn eS harre» wichtige Geschäfte der Crlediguna. Ins besondere muß ei» Cinvernehmen der Regierungen über die ReichSsteuerresorm nach den in Ausarbeitung be griffene» neuen Vorschlägen und über gesetzgeberische Maß nahmen gegen die Umsturzbestrebungen hergestellt werden. — Der „Reichsanzeiger" batte m diesen Tagen,und zwar keineswegs an hervorragender Stellt, einen Tdeil des offenen Briese- abgedruckt, Lender König von Schweden aus Anlaß der bevorstehenden Feier des 300. Geburts tages Gustav Adolf'- an daS schwedische Volk gerichtet bat DaS veranlaßt die „Germania" zu folgendem WuthauSbruch: „Was die Schweden von Gustav Aböls Hallen und wie sie den 300. Jahrestag seiner Geburt feiern wollen, ist deren Sache; wie oft Hab' ich daraus angcspielt, aber sie hat mich nicht verstehen wollen!" Der Bauer stand wie vom Dvnner gerührt. Cr achtete nicht darauf, daß der Arzt »dm »och für die Nacht Ver haltungsmaßregeln vorschrieb und >ln» noch mttlheilte, daß er in der Stadt eine dcrubizeiid« Arznei zurechlmachen lassen und sie ihm durch einen Bolen nach dem Hose schicken werte. Crsl als der Arzt sein mit einem stinken Braunen be spanntes Kaleschlci» bestiegen und da« sich entsernende NätergercU in dem Dunkel der bereinbrecheiidcn Nachk ver klungen war, kan, wieder Leben und Bewegung in die hohe Gestalt Wiuller's. „Sakerineiil", preßte er zwischen den zusaminengekniffeiitn Lippen beivor, „feil bat mir grad noch gesehlt! Also doch. O dieser Bube bat »»r mein Kind gestohlen ... er hat sie krank und elend gcmachl. und nun noch ein Kind von der Brut! O wie i>b >b» Kasse!" „Lcbrochi, bist Du c« de»» wirklich »eck, ich kenne Dich »immer!" sagte seine Fra», ib» beim Arm fassend »nd ib» »oben sich aut die Bank »itderzicbend. „WaS sind wir glück lich' Leul' gewesen unser Lebe» lang, ein Herz und eine rccel' n»r ich bin iiiinier gut auSgekominen mit Tu llnd nun aus einmal — seitdem die unglückliche Heiratb, die mir ja auch wider d» Strick' gegangen >sl, zu Siante gebracht worden itt. bist Du aus einmal so giftig ... so ganz anders .... »nt die C.sbelb, die srüber doch Dein Nelldakle und Tein Ci» »nt D ein Alle« war, ans sie das! Du auch einen sündigen H'st gewoisen lind ack>! für da« Bübl: hast kein freundliches Wönle lnebr übrig. Jetzt weiß ich auch, warum ClSbetd so gar still und einsam geworden ist, sie hat so viel gelitten unter Deiner Nandbeit!* „A b. laß mich in Frieden", knurrte Winkler, „ich Hab' nieme» Kops lo roll, daß ich ihn am liebsten gegen die Wand reimen moebt'!" „Ich will e- Dir künde», was ihr schwerste- Herzleid war", iul'i seine LebenSgejäbrii» dastig fort, nikein sie seinen An» eigiiss, ..gesülchter bat sie sich vor Dir, sie bat nicht kc» Mntk gebabt, es Dir einzugesteben, wa» ihr unter dem Herren z» leben begann! . . Nicht einmal der eigenen Mtttwi t at sie« anveltraiit, D» weißt freilich nit, wie eS ihr .„»> >en i»r, wie sie wieder beim mußte, in da« B.tterl niS, niil ibieni Bube», Dn weißt »it. wa» em Weib > u So-.g' unk aiieslehtn muß bei seiner schweren Sind' . . Ior MaiinSlenl' seid ei» hartherzig' Bolk und wollt « kaum glauben, daß wir fühlen und emxfiaten, so gut wie Ihr! Nu» gar in solcher Stund' ... da stehen wir immer mit einem Fuß im Grab. Und nun erst, wo ihr Maun erst in da» Grab gebettet worden ist, wie viel schwerer mag ihr da zumutbe gewesen sein. Jetzt ist mir- freilich klar, seitdem ich gewiß weiß, WaS ich die ganze Zeit über geahnt habe. Sie zittert vor Dir, sie lebt in baiiger Furcht vor dem Anbruch ihrer schweren Stund' dahin, weil sie de- eigenen Vater- Unbarmherzigkeit fürchtet!" Sie vollendete nicht, sondern barg da« Haupt weinend in der Schürze. Der Bauer gab lange keine Antwort. „DaS wird ein Aussehen geben im Torf!" knurrte er endlich. „Jetzt kann ich mir ja denken, warum sic so leutscheu war; haha, jetzt bin ich ihr gut dafür, die Bettelbrut auszuzieben", sagte er endlich giftig austachend. „Man vergönnt mir'- schon lang, weil man mir meine» Reichtbum neidet, daß eS so ein Cnd' nimmt mit meiner Herrlichleit. Ist« die Möglichkeit, der Mann an der Schwindsucht dahingeraffl, und nun so ein neues Wesen, da« schon den Tode-keim in der Brust trägt!" „Und da« ist Alles, wa« Tu zu sagen weißt, hast kein Wort jür Tein armes, unglückliche» Kind? Geh', svllt'st Dich bi« in» Herz hinein schämen!" Entrüstet erhob sich die Bäuerin »nd ließ ihren Manu stehe», »m nach dem Stübchen ihrer Tochter dinaufzueilen Sie fand Frau ElSbetb bei Bewußtsein im Bett. Mit einer ibr jetzt nur zu erklärlichen Scheu blickte sie aus die Eintreleiike, Diese umschlang mit beiden Armen den Nacken der limsällige» junge» Frau „Mein gute-, liebe» Kind, was mußt Du getragen haben die Zeit über", murmelte sie, „aber »nn weiß ich, warum, und nun stütz' Dich aus Deine Mutter!" „Weiß der Vater schon darum? Mein Gott, wie nahm er « aus?" murmelte die junge Frau unt zuckenden Lippen „Er bauzt «in wenig, ist aber bald wieder gut", juckte Frau Barbara zu beschwichtigen, aber sie vermochte nicht zu Verbindern, daß da« junge Weib bei ihren Worten bang erzitterte. .Ach. Mutter, Mutter. Du weißt nicht, wa« ich gelitten habe!" flüsterte es dann schmerzgebrochen. „Aber nun ist e« bald zu Ente, gelt Mutter? Wenns nur »ich« um den Erich wäre »nv um da- kleine Wesen, da» unter meinem Herz lebt und dessen Herzschlag so eng mit kein meinen bebt und zittert, ich ginge ja gern . Und nicht wahr. Mutter, wenn ich nicht mehr bin. tau» trittst Du rin für mein«» kleinen Buben, er ist fo zart." da» geht uu« nicht» on und soll un» hier auch nicht weiter beschäjtlgen. Entschiedenen Protest aber erheben wir gegen das allem wirklichen Patriotismus wie dem natio nalen Anstande Hohn sprechende Verfahre» de» osficiellen Organs der Reichs- und preußischen Staals- regierung: den Verwüster Deutschlands, über welches er und seine Horden unsägllche« Unglück gebracht haben, in dieser Weise zu verherrliche». Am allenoriiigslen kann der Umstand, daß der de- rüchtigte Schwedenkonig sich aut politischen Gründen als Be schützer de« ProieliantiSmut auslpielte, die kochst uupalriotilche und für nabezu die Hälft« der Bevölkerung des deutschen Reiche« kies verletzende Handlungsweise de« „Deutschen Reichs- und preußischen Slaalsanzeigert", der nicht etwa ein osficielle« Organ de» Protesian- ti-mus, sondern der paritäti chen Regierungen ist, rechtfertigen. Wir sprechen die bestimmte Erwartung aus, daß die zuständigen Stellen einer Wiederholung derartiger grober Mißgriff« unbedingt Vorbeugen werden " — Der „Reichsanzeiger" tbeilt mit, daß die inter nationale Uebereinkunft vom 15. April l893, betreffend Maßregeln gegen die Cholera, nebst dem Protokoll über den Beitritt von Großbritannien und Irland zu der selben von den Niederlanden ratificirl worden ist und die Niederlegung der RatificalionS-Urkunde in Berlin stall gefunden hat. — Kürzlich wurde berichtet, dem ForschungSrcisenden l)r. O-kar Baumann, der sich um Verwendung im deutschen Colonialbienste beworben habe, sei eine Assislenten- stelle mit 100 Monatsgehalt angetragen worden. Jetzt erfährt die „Nat.-Ztg" von zuverlässiger Seite, daß l)r. Baumann eine Stellung bei einer Privatgesellschaft er kalten sollte, die Plantagenbau in Lstafrika beabsichtigte. In Verbindung mit dieser Privatstellung sollte er nun amtliche Functionen als Nebenamt übernehme», für die ein besondere« IabreSgebalt von einigen Tausend Mark in Aus sicht genommen war. Die Verhandlungen zerschlugen sich jedoch. In dem vom Gouverneur in dieser Angelegenbeit eiiigtganzeneii Berichte wurde zugleich hervorgehoben, daß. fall« lir. Baumann bei einer anderen Privatgesellschaft eine Stellung übernehmen würde, ihm zugleich amtliche Functionen übertragen werden könnten, für die er dann einen Monats gehalt von 100 -ät erhalten würde. — In Bezug aus die Nachricht, daß man in den Tagen de« Kaisermanövers in Marienburg rolhe Zettel aufrührerischen Inhalts angeschlagen gesunden und infolge dessen alle Soldaten des XVll. Armeccorps, die den Namen Kowalski tragen, verhaftet habe, wird jetzt ge schrieben, daß weder bei den den Kaiser begleitenden Polizci- beamtcn, noch auch bei der LantcSpvlizei von derartigen rolhen Anschlägen etwas bekannt geworden sei. „Allerdings wurde am t l. i-repteniber, an welchem der Kaiser die Führung halte, ein Husar, Namen-Kowalski vom Manöverselde bei Mühl hausen weg arrelirt, aber wegen eine« Todtschla g-, den der als Ncservisl Eingezogene »n Cwilstante an einem Mädchen begangen halte. An demselben Vormittag ereignete sich eine kalbe «tunde später noch eui peinlicher Vorfall, der die sensatio nelle Nachricht mit veranlaßt haben mag. Ein betrunkener Maurer, der sich unter den Zuschauern befand, batte näm lich schon durch sei» lautcS Auslreten mehrfach die Aufmerk samkeit aus sich gelenkt. Plötzlich hieß eS, derselbe habe eine MajestätSbcleitigittig auSgestogen, und schnell Halle sich die erregte Menge um ihn gesammelt. Man hätte in der patriotischen Stimmung den Frevler sicher gelyncht, wenn er nicht aus Beseht des Kaisers den Händen der wüthende» Menge entrissen und arretirt worden wäre. Später brachte man den Arrestatcn gejcsjclt nach BrauuSberz." — Tie „Tage-zeilnng" ergänzt ihre Mittheilung über die angebliche Spionage der hiesigen russischen Marine- Attachvs durch die Meldung, daß auch der KönigS berger Consul coinpromiltirt sei, weil er seinen Lands mann begleitete, als ein wachsamer Gendarm beide dort entdeckte, wo sic nicht« zu suchen halte». — Nach einer Meldung eine« hiesigen Berichterstatters sollen jetzt »ach der Rückkehr des Cultusniinisterö die Vor arbeiten zui» LehrerbcsvldungSgesetz in Angriff ge nommen werden. * Danzig, lo. September. (Telegramm.) Das gestrige Flottenmanöver in der Ostsee dauerte von 8 Ubr srüb bis 0 Uhr Nachmittag«. Gegen 4 Ubr fand vor Rixhoost eine große Seeschlacht statt, an welcher die ganze Flotte betheiligt war. * Barzt», l8. September. Den „Bcrl. N. N." wird von hier berichtet: Fürst Bismarck befindet sich nach den An strengungen, weiche der letzte Sonntag ihm auserlegtc, i m besten Wohlsein. Bei dem Frühstück, zu dem die Mit glieder de« ComileS geladen waren, saß der Fürst an einer Ecke des Tisches und führte eine höchst anregende Unter haltung Uder die früheren unt jetzige» Verhältnisse in Posen, woran sich besonders der ihn: zur Rechten sitzende Landes- ökonomieralb Kennemrnn und der Oekonomierath Körner- Stolcncin dctheiligten. Der gleichfalls als Gast anwesende Geheime Rath von Hanseman», der von Berlin aus nach Schlawe gesahrcn war, um sich at« größerer Grundbesitzer ui der Provinz Posen der Huldigung anznschließe», brachte bereit« die Nacht vom Soliuabenv zum Sonntag im sürst- lichen Schlosse zu. „Gieb Dich nur zufrieden, mein liebes Kind", mur melle die Mutter, der die Hellen Thränen in den Augen standen, „ich guck' geschwind nach ihm, ich bin gleich wieder bei Dir!" Im Nebenzimmer an daS Bcttchen rcS Kleinen tretend, konnte sic es nicht Verbindern, daß die Hellen Thränen ibr über die Wangen rannen und ein inneres Schluchzen ibre Brust erschütterte. Der kleine Erich schlief rubig und fried lich, rosig angehaucht im zarten Gesichtchen. in seiner Bettstatt, und mit frohem Bericht kehrte Frau Barbara an daS Schmerzenslager ihrer Tochter zurück Die Prophezeiung de« Arztes erfüllte sich gar bald; schon wenige Tage später genas Frau ElSbeth eines kleinen Mädchens. Der kleine Crick machte gar wunderlich große Augen, als die Lene ihn eines Morgen- uiS Zimmer der Mutter führte und er in deren Arm, in dem er bisher allein zu ruhe» ge- wobnt gewesen war, ein winzige-, wunkerliebliche« Kink wahrnabin, da» sein Schwesterchen sein «ollte. Zuerst wollie er freilich nicht viel von dem schlafenden rosige» Geschöpscheo wissen, denn instinetiv fühlte er, daß durch dasselbe ibm ein Theil der Liebe, welche biSber für ibn allein in dem Mutter herzen geschlummert, entzogen werben mußte. Dann aber, al» die Mutter ihn liebevoll sich reichen ließ und einen Kuß aus seine Wange drückte, und ihm sagte, daß er immer ihr Sonncnstrabl bleiben werde — von diesem Augenblick an hatte Erich sein Schwesterchen lieb und im Anblick de» kleinen Wesens, das unbekanntem Leben hold cnlgegenschlief, lernte er sogar die Mutter ein wenig entbebren, die mit einem traurigen, unabänderlichen Geschick im Nebenzimmer rang. Wodl siegte noch einmal ibre Lebenskraft über die An fechtungen de» Wochenbette», noch einmal schien sie einem neuen, frisch pulsirenden Leben entgegenzuschlummern. Aber eia anderer Zustand stellte sich ei». Sie redete, kaum daß der schrecklichste ffieberbann von ibr gewichen, plötzlich irre. In manchen Augenblicken wußte sie kaum noch den Namen ihre« Liebling« zu nennen. Und selbst wenn Erich verlangend an ihr Schmerzenslager berankam und ihr die zärtlichsten Kosenamen gab. schaute sie ihn plötzlich mit erkältetem, ja gleichgiltigem Blicke an; während sie zugleich darüber klagte, daß eine unerträglich schwere Last ihr Haupt bedrücke und ihr die Gedanken verwirre. Ter Arzt aber, der von dem ibn regelmäßig unten er wartenden Bauern stet» befragt wurde, meinte endlich achsel- zuckcnd, datz ein« gewisse Berstaude«schwäche bei der tungea * Ttetttn, l8. September. Der socialtemvkratische Reich». tagSabgrortuete Buckdruckerei - Besitzer Herbert wurde geltern wegen Majestätsbeleidigung, sowie wegen Be leidigung des Ofsicier«- und Ui,tervssicier«-StandeS der preußischen Armee, begangen durch die Presse, zu drei Monaten Gcsängniß vcrurtbeilt. * Pose», 18. September. Bekanntlich war der „Tägl. Rundsch." von hier berichtet worden, an der HuldigungS- sabrt zu dem Fürsten Bismarck hätten eine Anzahl Regierung«rälbe und Assessoren der Posener Regierung theil- juiichmc» beabsichligt: RegicrungSpräsivenl Hin, ly habe da» Nicht gestaltet; er Labe auf eine Anfrage erklärt, er würde jedem Mikglicte der Regierung, da» tür die Fahrt um Urlaub cinkäme, denselben abscklagen, und Jeden, der ohne Urlaub sübre, in bl« böckste Ordnungsstrafe wegen Dienstvergehens nehmen. Der Lberpräsideiit v Wilamowitz habe auch seinen GutSbeantten die Belheiligung an der Fahrt untersagt. Mit Bezug hierauf wird der „National-Zeitung" von hier ge schrieben: „Tie den Regierungspräsidenten Him ly betreffende Angabe dürste insosern richtig sein, daß er nach einigem Schwanken sich gegen die Tbeilnabme der Beamten an dem Zuge erklärt bat. Wie der Oberpräsident vonWilamowitz sich zur Theilnahme seiner GulSangestellten verhalten bat, wissen wir nicht; zu derjenigen der Staatsbeamten aber soll er sich wohlwollender gestellt haben, als der Regierungs präsident." * vlotha, 15. September. „Genosse" Bock entgegnet auf die Berichte in der bürgerlichen Presse über die in Sachen des Burger SchuhniacherstrcikS in Magdeburg abgehaltenc Volksversammlung in seinem „Volksblatt", daß er unbedingt die Majorität für sich gebabt hätte, wenn er hingegangcn wäre. Cr hätte eS aber vorgezogen, der an ihn ergangenen Einladung nicht Folge zu geben, aus dem sehr triftigen Grunde, weil die Angelegenheit für ihn durch den Schub- machercongreß >n Erfurt, aus welchem allein sie entschieden werde» konnte, mit einem für ihn nabezu einstimmigen Ver trauensvotum erledigt sei. Daß der Retacieur der Magde burger „Volksstiuiiile" das Betürfniß süble, sich vor seinen Lesern zu rechtfertigen, konnte für ihn — Bock — kein Grund sein, in Magdeburg auf einer Versammlung al« „Staffage" zu dienen. — Bock s Zuversicht wird ib» nicht davor schützen, daß die Angelegenheit nochmals den Frankfurter Parteitag der Socialdemokralen beschäjtigt. * Marburg, >8. September. Professor vr. Paasche, dem soeben der Titel Geh. RegierungSraib verlieben worden worden ist, beabsichtigt die akabemiiche Lebrlbätigkeit ganz auszugeben und sich nur der parlamentarischen Arbeit zu widmen. Herr Paasche vertritt im Reichstag den Wahl kreis Meiningen, im Abgeordnetenhaus« den Wablkrei« Rinteln und gehört zu den tüchtigsten jüngeren Kräften der nationalliberalen Partei, namentlich in wirthschasl- lichcn Fragen. Oesterreich-Ungarn« * Wien, l8. September. Die Einberufung de« Reichs« raths ist für den lo. Oktober c. beabsichtigt. * Graz, 18. September. Ein in Villach von den Ab geordneten Steinwender (Nationalpariei) und Gbon (ver einigte Linke) gemeinsam «inberusener VertrauenSmänncrtag beschloß, nach der „K. Z." eine national-fortschrittliche LanbcSorganisation in Kärnten gegen die Slowenisch- Klerikalen. Der dculsch-naticnale Volksrerein wurde zur Grundlage der Organisation gewählt. Eine Kundgebung betont, daß die Deutschen sich überall dort verständigen sollen, wohin der zersetzende Einfluß der Wiener Presse nicht reiche. * Pest. l8. September. E» bestätigt sich, daß der König von Serbien aus seiner Reise nach Berlin infolge einer Einladung dcS Kaisers Franz Josef einen Besuch in Pest abstatle» wird. Der Tag ist noch nicht bestimmt. * Le«»brr«, l8. September. In Lttynia, wo seit fünf Wecken die Cholera herrscht, übersiel ein BolkShaufe da« Cbolera-Spital, entführte zwei kranke Frauen und mißbautelte die Beamten. Ter OrtSvorstanv gestattete sodann, daß die Kranken in ibren Wohnungen verblieben, woraus sich die Cholera bedenklich ausbrcitele Heute Nacht steckte eine Menge da« Hau» de« LrlSvorstederS in Brand. Ein RegicrungScoinmissar ist entsendet. — Die Tbeilnebmer am „Sibirien "-Congresse reise» heule in größter Ruhe in ihre Heimath. (F. Z.) Frankreich. * PnriS, 18. September Die Haupiwideruiigen, die der Abgeordnete le Myre de Bilers in Madagaskar durch- zusetzen bat, sind folgende: Ueberlassung des diplo matischen Verkehr- mit dem AuSlandc an den französischen Residenten, bedeutende Verstärkung der französischen Wache. BotenkausS- und Mielhrccht sür b't Franzosen unt Entschädigung der Franzosen, die in der ,ungstcn Zeit schlechte Bebantkung von den HovaS erfuhren. * Der „Figaro" bringt einen Artikel über die Tage von Macon. Dabei passirt der chauvinistische» Rcraction daS komische Versehen, daß sic, mehrjähriger Gewobnbeit tre», den Artikel mit der Ueberschrist „Französisch-russische Cnlcnlc" versieht (branco-russv anstatt t-'runcii-suisse)! . .»» > - — Frau sich auSziibildcn beginne, die gar leicht in bleibenden Irrsinn übergeben könne. Da ging eS wie ein Blitz durch Lebreckt Winkler'S hoch- aufzerichicte Gestalt; mit verglaste» Bocken starrte er den Arzt eine Weile schweigend an, dann aber wandte er sich plötzlich um und ging slampseud seiner Wege. VI Lene hatte alle Hände voll zu tlmn, um der Pflege der vor wie »ach an da» Krankenbett gefesselten jugendlichen Herrin gerecht zu werden Dazu trat auch die Sorge für da» neugeborene zarte Wesen, jo daß die srüber so sorgsame Aussicht über Erich nach »nd nach zu wünschen übrig ließ. Der kleine Bursche war sich nun selbst überlassen, während er srüber der Pol gewesen war, um den sich Alle« drehte, erschien er sich nun aus einmal höchst überflüssig in den ver trauten Räumen, srüber batte er allezeit lustig spielen, singen und jauckzen tüisen, und wenn eS rer gütigen Mutter wirklich einmal zu viel geworden, so batte sie sich lieber selbst in eine der Nebenslnben zurückgezogen, um ihrem kleinen Liebling nur nicht die Freude zu verderben. Ta« war nun ganz anders. Er durste nicht mehr im Wohn zimmer wie sonst lärmen, zudem waren die Fenster dicht verhängt, und wenn einmal aus der überquellenden Brust ein Jauchzen sich über seine Lippen ringen wollte, so war gleich die Lene da. die »»t drohend erhobener Hand ihn wohl gar zum Zinimer binauSjagte Da waren den» dem kleinen Burschen die Thränen oft sehr nahe, und oster als einmal verlangte er nach seinem Multe»le, das so gar nichts mehr von ihm wissen wollte. Zuweilen schlich er fick an daS Bett heran und faßte die über Len Rand desselben herabbänaende Hand der unablässig in unrubigcu Schlummer versenkt liegenden Mutter und streichelte sie, bedeckte sie mit Küssen und den au- seinen Augen bervorbrechenden Thränen. Aber all' die Schmeichelnamcn, sür die Frau ElSbetb sonst ein so willige» Obr besessen, verfingen jetzt nicht mehr, und Erich mußte sich endlich mit pochendem Herzen, niedergeschlagen und betrübt, von dem Schmerzenslager der Hartgeprüften sorlschleichen. zortsetzung folgt.)
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