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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940924012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894092401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894092401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-24
- Monat1894-09
- Jahr1894
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Bez«-D^prei» K h« Hauptexpedttio, h«, k» Stilb»» beztrk «b b» Vorort«» errichtete» A,8- oabestelleu »bgeholt: vierteljährlichst^ bei iweimoliaer täglicher Zustellung t»t Haut ^l ü.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliübrlich 8.— Direkte täglich» ktrruzbandiendung t»« LuOaud: monatlich 7 SO. Die vkorgen-Ln-gsb» erscheint täglich V,?lly^ die Abead-AuSgab« Wochentag« ü Uhr. Lr-artion und LrveLitioa: Aohaane»,affe 8. DieErvedttion ist Wochentag« ununtrrbrvche» geössaet vo» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filiale«: DK» Me«»'« kortim. sAlfre» UaiversitätSftraße 1» Lo«i« Lösche. , »«barinenstr. 14. pari und König«»!-» 7. Morgen-Ausgabe. eipMer TascbM Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. A«-etg«pV*er» Ne Hgefpaltmr Pettlzeile 20 Pfg. Verl»»«» mürr dem NedactioaSftrich (4>o» fpaUeu) bO-4, vor den Aamilieuuachrichü» (S gespalte») 40-4- Großer» Schriften laut unterem Preis, »erzetcharß. Tabellarischer und Ztffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Veila««» (gefalzt), aur mit der Morgen-Au«gabe, ohne Postbesörderuag . 60.—, mit Postbesorderung 70.—. Iinuaifmeschluß fir Anzeige«: Abend-AnSzab«: vormittag« 10 Uhr. Marge n-Au«gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtag- früh '/,9 Uhr. Sri den Filialen und Annahmestellen >« ein» Halde Stund« früher. Uairtge» sind stets an di« Gr»e»ttt«a zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig ^- 488. Montag den 24. September 1894. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Wegen Neubeschüttung wird »er Wind«ützle»wrg in seiner Ausdehnung vom Bayerischen Plane bi« zur Johanni«» Allee vom 28. diese« Monats ab aus die Daoer der Arbeiten für allen unbrfugte« Fährverkehr gesperrt. Leipzig, de» L2. September 1894. Der Math der Stadt Leipzig. IX- 10294. Vr. Georgi.Stahl. Bekanntmachung. 8u der«ietheu ist ein« große Wohnung nebst reichlichem Zubehör im III. Ober geschoß de« städtischen HauSarundstücks Grimmassche Straße Nr. 3 vom 1. Oktober l. I. eventuell 1. Januar I89S ab. Im Einvernehmen mit der gegenwärtigen Inhaberin und dem Vermiether würde die Ueberaahme der Wohnung auch vor dem 1. October erfolgen können. Miethgesuche werden auf dem Rathhause, I. Etage, Zimmer Nr. 8» entgegen genommen. Leipzig, den 1L. September 1894. Der Math der Stadt Leipzig. I». 3863. vr. Georgt. Morche. Bekanntmachung. Di« Bibliothek der Handelskammer bletbt vom L4. September bi» zum 7. October (incl.) geschloffen. Leipzig, den LI. September 1894. Die Vtbliothrkverwaltung der Handrl»ka««er »u Leipzig. Bekanntmachung. Dt« weitere Ausgabe von Synaaogenkarten findet Montag, den 24. September, vormittags 11—12 Uhr ckanzlei (Synegogengebaude, eine Trevp« hoch) sta zen Inhabern bestimmter Plätze wird da« Recht, im kommenden Synagoaenzahre zu benutzen, bt« 24. September b. I., Mittags 12 Uhr in der Äemeindekanziei (Synegogengebäude, eine Trepp« hoch) stall. Den bisherigen dieselben Plätze Montag, den Vorbehalten, lieber dir bi« zu diesem Zeitpunkte nicht io Einpsang genommenen «arten wird anderweit verfügt. Die aus neue Anmeldung hin vvrgrmerkten -arten tverden Montag, den 24. September, Nachmittag» »on S Uhr ah nach der Reihenfolge der Anmeldungen auSgegeben. Wir bitten, bei Empfangnahme der »arten die bisherigen -arten und di« btesjährige« Gemeindefteuerauittungrii mit zubringen. Leipzig, den 21. September 1894. Vorstand »er Israelitischen Reltgion»ge«ei«de zu Leipzig. Politische Tagesschau. * Leipzig, 23. September. Drr heutige Tag, der aus Westpreutzcn zahlreiche Schaaren nach varzi» führt, ist, wie die „Bert. N. N." in Erinnerung dringen, zugleich der Jahrestag des Eintritt- de» Fürsten BiSmarck in sein Ministcramt. Am 23. September 1862 vollzog König Wilhelm die CabinetSordre, durch welche er den damaligen Gesandten v. BiSmarck an die Spitze der Staat-leitung berief und damit den Grundstein zu der großen Entwickelung der folgenden Jahrzehnte legte. Indem wir dankbar jener weisen königlichen Entschließung gedenken, geben wir zugleich von Neuem der Freude darüber Au-druck, daß die gigantische Gestalt de» Fürsten BiSmarck jetzt nach 32 Jahren noch unter unS weilt und in ihrer weltgeschichtlichen Bedeutung nicht allein der Geschichte, sondern auch der lebenSwarmcn Gegenwart an gehört. Der heutige Tag giebt wiederum ein beredte« Zcugniß, daß die Nation die Einwirkung de« Begründer« ibrer Einheit auf ihre Geschicke und auf den Gang unserer öffentlichen Angelegenbeilen nicht entbehren will, so lange sein Auge noch offen, sein Mund noch beredt, sein Herzschlag noch der de« deutschen Volke« ist. Und erfreulicher Weise hat der gestrige Tag. an dem die Antwort de« Kaiser« auf die Begrüßung de- Bürgermeister» von Thora bekannt wurde, einen neuen Beweis dafür erbracht, daß wenigsten« in einer großen nationalen Frage da« Haupt de» Reiche« sich ein« weiß mit seinem einstigen ersten Rathgeber und in dieser Frage die Rückkehr der preußischen und der deutschen Politik auf die Bahnen wünscht, di« Fürst BiSmarck eingeschlagen. Die ernste Mahnung, die der Kaiser in Thorn nicht nur an die Polen, sondern auch an Alle ge richtet hat, deren Pflicht die Erhaltung und Kräftigung deS TeulsckihnmS ist, fällt wir ein Heller Sonnenstrahl aus da« Fest, da« heute in Varzin gefeiert wird, in die Seele de« Altkanzler« und in dir Herren seiner Gäste. Leider fehlt e« auch an einer Neinen Wolke nicht. Dem genannten Blatte wird nämlich au« Graudrnz vom gestrigen Tage tele graphisch gemeldet: „Die Bethelligung an der HntdigungSfahrt nach varzin ist hier und tn der Umgegend sehr lebhaft. Dt« Eisenbahndtrretior Bromberg Hot die Zusage, zweistöckig» Waggon« zu stellen, wie st« im Bromderger Vorortverkehr und auch auf der Berliner Ringbahn benutzt werden, plötzlich zurückgezogen und hält di« Weigerung aufrecht. Der Secundairbabndetrieb »ach Hammer mühle erlaubt nur 13 Waggon-, welch« über die Maßen überjüllt sind, so daß viele Sraudenzer nach Danzig oder Marienburg fahren um dir Fadrt nach Barzin dort antrelen zu können." Bermutblich ist die Thorner Kaisrrrede in Brombrrg noch nickt bekannt gewesen, al« dir plötzliche Zurückziehung der Zusage erfolgte. Vielleicht ist auch in letzter Stunde die Weigerung fallen gelassen worden. Jedenfall« aber wird ihr Eindruck auf den Fürsten und seine Graudrnzer Gäste ver- wischt werden durch die Tborner Kaiserworte, die zugleich den Bromderger ultramontanen Polenbeschützera den Brwri« liefern, daß die Protektoren einer deukschfetnd- lichen Bewegung die Stützen nicht fein können, die drr Kaiser in dem Kampfe gegen die Umstürzler sucht. Di» fortschrittliche Presse bleibt dabei, daß man den A»ft»r,beftreb»««e» nicht mit Zwang»- und Kampf mittel» «otgegenwirkr» könne, sondern nur m»t geistige» Waffen, mit Belehrung und Ueberzeugung. Daß es allein mit Zuchimitleln gethan sei, wird freilich Niemand behaupten; dieselben sollen nur den ver- wüstelen und unlerwüblten Boden wieder empfänglich machen für vernünftige Worte der Verständigung und 'ür die versöhnende Wirkung der großen arbeiter- reundlicken Reformen, die sämnnlick gegen den Widerstand >er Fortschrittspartei zu Stande gekommen sind. Mit der jetzigen verwilderten, verrohten und verhetzten Social- deiuvkratie kann doch nur ein weltfremder Sonderling »och vernünftig reden wollen, und der wird niedergebrüllt und vielleicht sogar verhauen, wenn er muthig genug ist, au« der scheren Schreibstube i» die praktische Agitation hina»«- ulreten. Auf die Wirksamkeit der geistigen Waffen der sortschrittSpartei warte» wir nun schon teil Jahrzehnten, srvtz aller Belehrung aus ZcilungSpapicr und in geschloffenen Vcrsaiiimlungen sehen wir nur, daß die Socialdemvkralie jede« Jadr riesiger anschwillt. Und merkwürdig, gerade da, wo die fortschrittliche Belehrung am rüstigsten und unmittel barsten an der Arseit ist. läuft Alles den Socialdemokralen ^u, so in Berlin und den »leisten andern großen Städien, die fast ohne AuSnabme nur noch Socialdemokraten wählen. Wo die fortschrittliche Belehrung weniger Boden sinket, wie in kleinere» Städten und aus dem Lande, da ist ie Bevölkerung auch für die Socialdemokratie wenig enipsänglich. Ist denn die Fortschrittspartei so blind, um nicht zu seben, daß sie noch nie einen Socialtemokraten be kehrt oder belehrt bat, Wohl aber jede« Jahr Tausend« ihrer bisherige» Anhänger in daS Socialistenlager hinüberbelehn? Die gksainmic heutige Socialdemokratie bildete früher den estesttn Stamm der Fortschrittspartei. Und angesichts solcher Lrfvlge reden diese Leute immer noch von der Wirksamkeit ihrer Belehrung! Die neue belgische Kammer, die im November zusammen» tritt, wird in zwei Sprachen verhandeln. DaS ist ein bedeutsamerer Umschwung der Verhältnisse, als man vielleicht meint. Da- vlä mische Volk fordert sein gute« Recht, und e« wird ihm endlich versassungSgemaß gewährt. Die Verfassung bestimmt, daß der Gebrauch der LankeS- prache fakultativ ist, also in dem Belieben jede« einzelnen steht. Bisher wurden in beide» Kammern alle Verhandlungen nur in französischer Sprache geführt; einzelne vlämische Deputirte leisteten zwar ihren Eid in vlämischcr Sprache, aber sonst wurde diese Sprache nicht angewendet. Jetzt haben alle vlämischen Wählervcrsamm- lungcn von ihre» Candidaten gefordert, daß sie in beiden Kaiiimern vlämisch sprechen, und mehrere ihrer Wadl sichere Depulirte haben sich hierzu verpflichtet. Auch die bisherigen Antwerpen er Senatoren und Tepulirten haben dem „Nederduitschen Bond" für den Fall ihrer Wiederwahl die Anwendung des Vlämischen zugesagt. E« wird somit im belgischen Parlamente in beiden Sprachen verhandelt werden müssen. Ueber die hiervon zu erwartenden Folgen schreibt man dem „Hamba. Corr.": „Die vlämische» VollSvcrtreier beherrschen das Französische und Vlämische, aber die Wallonen können nicht ausreichend vlämisch, um eine iu vlämiscker Sprache gehaltene Rede zu verstehen; die meisten Wallonen sind jeder Kennlniß de« Vlämischen bar. E« werden also amtlicbe Dolmetscher angestellt werden müssen, oder die vlämischen Depuiirten müssen ihre vlämischen Ausführungen in das Französische übertragen. Vorsitzenden beider Kammern können nur beider prachen mächlige Volksvertreter gewählt werden und alle Kammerbeamteu, Stenographen, Seeretaire, Huissier« u. s. w. müffen fortab beide Sprachen kennen. Diese Umwandelung wird beträchtliche Mehrkosten Hervorrufen, aber ein mäch tiger Wall gegen die Französirung Belgien« sein. Daß die Vlamländer, wenn sie m die Kammer da« Vlämische einführen, in ihrem guten Rechte sind, wird allseitig an erkannt. E« wird bei dem Zusammentritte der Kammer zu wichtigen Entscheidungen in der Sprachensrage kommen. Von einem Zwischenfall zwischen Atollen «nb Serbien der allerdings schwerlich ernstere Consiicle im Gefolge baden dürste, muß immerhin Notiz genommen werden. Erst gestern erklärte ein Telegramm der officiösen „Agencia Stesaoi", wir unsere Leser wissen, die Meldung von dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Italien und Serbien für unbegründet. Heule aber wird mehreren durchaus zuverlässigen Blättern übereinstimmend gemeldet: Ter stalienlsche Geschäftsträger in Belgrad, Gras Ramuzzi. sperrt« die -anzlel drr italienischen Gesandtschaft und übertrug die Bertretung der italienischen Interessen der eng- ltschen Gesandtschaft. von diesem Schritte Hot da« serbische Ministerium de« Aeußern bisher keine amtlich« Kenntnis». Die Ursache diese« Borgehen« wird der gereizten Stimmung de- Grasen Ramuzzt zugeschrieben, die an« der mißlichen Lage de« italienischen yandel-museum« ent springt. wodurch mancherlei unangenehme Boriälle im Verkehr mit den silbischen Behörden sich ergaben. Außerdem wurde Gra Rainuzzi zur Berichterstattung über di« verworrenen Zustände d»S hiesiaen italienischen Handel«,nuseum« nach Rom berufen. In einer Belgrader Meldung der „Köln. Ztg." wird al« scheu Va"ke>sagenlur in Velgrav al» Privatperson zu be trachten wünsch», während die serbischen Gerichte ihn als Agenten der italienischen Regierung ansehen. Da« Räuberunwesen in Griechrnlanb bat bekanntlich dieser Tage wieder einmal von sich reden gemacht. Nähere Mitthcilungen über die Ermordung de« OberstaatSanwaltS Rosaki« und de« Untersuchungsrichter«, der ihn begleitete, ergeben, daß Herr Rosaki« einen entscheidenden Schlag gegen die Band« de» berüchtigten Papakyritzopulo plant«. Er war der Schrecken der Räuber in Mittelgriechenland. Nachdem er di« Berge de« Parnaffu« von den Unbolten gesäubert, schickt« er sich an, auch dem Treiben Papakyritzopulo'« ein Ende zu bereite», der schon ein Jadr lang die Gegend von Lamia unsicher gemacht hatte. I« Begleitung de« UntersuchungS richtrr« und drr beiden Grricht-schreibrr batte er in den öst licken Dötffern der Provinz Phtivli« bereit« zahlreiche Bauern verbört, dir mit den Räubern in geheimer Verbindung sieden mußten, al« auf der Fahrt »ach Lamia der verbängnißvolle Urberall erfolgte. Di» Band«, di« den Angriff unternommen batte, ist zwar nirdergemacht worden, aber deS Führers papakyritzopulo, der selbst nickt dabei gewesen zu sein scheint, ist man »och nickt babkast geworden. Ein PreiS von 20 000 Drachmen ist aus seinen Kops gesetzt. — An die endgültige Beseitigung des Brigantentbums ist solange nicht zu denken, als die Eorrnption der griechische» Gerichte an dauert. Unlängst wurde z. B. vor dem Lariffaer Eriminal» gericht gegen ein Mitglied der Teputirtenk ammer und dessen zwei Brüder wegen Mitschuld an einem Raubansall verhandelt. AuS den Zeugenaussagen erbrüte, daß die Beute getbeill war, und zwar erkiell einen Tbeil al« Weibegesckenk --- die Kirche. Nalürlick bot die parlamentarische Gegen partei Alles auf, um auS der Angelegenheit politisches Capital zu schlage», aber eS gelang den Freunde» der Angeklagten, trotz belastender Zeugenaussagen, daS Gericht zur Frei- preckung der Angeklagten z» vermögen. So lange Derartiges in Griechenland gcickcben kann, dürfte cS mit dem Erlöschen dcö BrigantenthuniS daselbst gute Wege haben. Deutsches Reich. * Berlin, 23. September. Die Verhandlung gegen en Kanzler Leist, welche am >6. October vor der DiSciplinarkanimer i» Potsdam statlstndet, wird unter Ausschluß der Oesfentlichkeit vor sich geben. Letztere« geschieht nickt nur wegen der bei der Verhandlung zur Sprache kommenden Vorgänge mit de» gefangenen schwarzen Frauen au« SittlichkeilSrücksichten, sondern auch im Interesse des Deutschen Reiches im Allgemeinen. Gegen den Assessor Leblau wird eine TiSciplinarverbantlung überhaupt nickt lattsinden, da derselbe von der Bestimmung des 8. >»0 deS Gesetze-, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reich« beamten vom 3l. März l873, Gebrauch gemacht und seine Entlassung auS dem Reichsdienst unter Verzicht a»s Titel, Gebalt und PensionSanspruck nackpesucht bat. Kanzler Leist ist ans Grund des tz. 72 dieses Gesetzes angeklagt, weil er gegen die 88- >0 und 13, welche bestimme», daß jeder Reichs beamte die Verpflichtung bat, daS ihm übertragene Amt der Verfassung und den Gesetzen entsprechend gewissenhaft wahr- zuaekiuen und durch sei» Verhallen rn und außer dem Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu erzeigen hat, sowie daß er für die Gesetzmäßigkeit seiner amtlichen Handlungen verantwortlich ist, verstoßen hat. Die Verband lung vor der Disciplinarkammer, welche auS L Mitgliedern besteht, leitet Landgerichts-Präsident Vr. von Seydewitz in Potsdam. Die Staatsanwaltschaft vertritt Wirkt. LegationS- rath Ilr. von Dirksen in Berlin. * Berlin, 23. September. Der zur EentrumSpartei ge hörige Reicks- und LandtagSabgeordnete Brandenburg bat lünzst in Lingcn auf einer Versammlung des dortigen VolkSoereinS über die Srellungnabme LeS EenlrumS zu den TageSsragcn gesprochen. Beachtenswert!, sind die Aeußerungen deS Redners zur kirchenpolitischen Gesetzgebung, in- osern sie deutlich erkennen lassen, welche Absichten in diesen Kreisen vorwallen: „Wir hatten schließlich den CentrnmS antrag wegen der Ansbebung deS JesuitengcsetzcS. Wie Sie wissen, nabi» ihn die Majorität de« Reichstage- an und lehnte ihn der BundeSrath ab. Aber er wird wieder kommen, sofort in der nächsten Session, und er wird endlich durchdringen. Meine Herren, wenn ich das Jrsuitengesetz eben nannte, so werden Sie. glaube ich, von mir erwarten, daß ich auch ein Wort über dir übrigen kirchenpolitischen Gesetze sage. Freilich sind dieselben nicht im Reichstage, sondern im preußischen Landtag ergangen; aber ich bin auch Mitglied deS preußifchen Abgeordnetenhauses — bereit« seit zwölf Jabren. Ich habe die Erlasse der Maizescye nickt miterlebt, aber ich durfte zu ibrer Aushebung Mitwirken. Leider ist die Aushebung eine sehr unvollkommene. Nickt alle Maigcsetzc sind aufgehoben. In dieser Hinsicht will ich nur erwähnen, daß e« auch mit der Rückzahlung der Sperrgrlder noch nickt in Ordnung ist. Ich habe mich darüber im Abgrordnetenbause ausgesprochen und einen Artikel in den katholischen Zeitungen veröffentlicht. Ich verweise die interrssirten Herren darauf, bin auch gern zu näherer Auskunft bereit. Meine Herren, die Maigesetze sind somit, wie ich bereits hervorhob, nur bald aufgehoben. Der Regierung ist nur Vollmacht erlheilt, von ihrer Anwen- diing abzilscbe». Wir sind für DaS, was wir al« unser Reckt zn fordern haben, vielfach aus die DiScrelion, die Gnade der Negierung angewiesen. Und dann habe» wir diese Gnade sehr tbeuer erkauft: durch die Bewilligung der Anzcigepflichl und de« stattliche» Einspruchsrechts bei der Anstellung der Geistlichen. DaS ist aus die Dauer nicht zu dulden. Sie sehen, meine Herren, der Eulturkampf hat noch nicht zu einem definitiven Friedensschluß, sondern nur zu einem Waffenstillstand geführt. Dagegen ist ein neuer Kamps um die Schule entbrannt, wobei da« Centrum für Las Recht der Eltern und der Kirche gegen daS staatliche Schul- monopol einzustehen hat. Wahrlich, eS ist auf dem kirch lichen »ud auf dem Schulgebiet für unS Katholiken »och viel zu erkämpfen und zu vertbeidigen. Dazu bedürfen wir fort gesetzt de« festen Zusammenhalten« und einer zielbewußteu Vertretung." — Der Regent Prinz Albrrcht, der stark erkältet von den Kaisrrmanövern bier eintras, und deshalb sein Vorhaben, den Herzog von Sachsen-Atlenburg, seinen Schwiegervater, aus Schloß Hummel-bain zu besuche», ausgeben mutzte, hat auch auf die für gestern geplante Rückreise nach Schloß Kamcnz vorläufig Verzicht leisten müssen, da er sich noch nicht wohl fühlt. — Fürst Chlodwig zu Hobenlohr-SchtlltngSsLrst, kaiserlicher Stattdalter in Elsaß-Loidringen, bat noch kurzem Ausent- yalt Berit» «teder vrrlaffea und sich nach Ait-Auffee in Steiermark begeben. — Der preußische Geiandl« iu DreSde», Gras Dönhoff, ist au« Dresden hier «ingetrofieu. — Au« deutschen industriellen Kreisen werden jetzt allerlei Klagen laut, daß die russische Regierung einerseits rurck Erhöhung der Eisrnbahntarise, andererseit» durch allerlei künstliche Aullegungrn de« Zolltarif« tbat sächlich di« in dem Handewvertrag mit Tieutschland zuze standen«» Zvllermaßigungen wieder aushed«. E« sollen darüber bereit« diplomatische Verhandlungen statt- gesunden haben. — vr. Oskar Bau mann, der c« abgelehnt hat, in den Verwaltungsdienst des Reiches zu treten, ist mit der deutsch- ostafrikanischen Gesellschaft nun dahin übereingekommen, daß er für sie einen Aufrag in Ostindien auösührt; dann eht er nach der ostafrikanischen Küste und zwar nach einer pereinbarung mit der Leipziger Gesellschaft für Erk- künde, zu der er durch vr. HanS Meyer iu älteren nahe» Beziehungen siebt, vr. Baumann beabsichtigt, seine Forschung« Ihätigkeit auf einen anderen Boden zu verpflanzen, und bat 'ich dazu die Inseln Zanzibar und Pemba, die noch zum Sultanat Zanzibar gehöre», und die zum deulsch-ostasrika nischen Gebiete gehörige, noch sehr wenig bekannte Insel Mafia auSaewähIl. — Die Versorgung der Armee mit Conserven besorgen außer Privatfabriken noch zwei staatliche Etablissements, vo» denen das eine sich in Mainz, da- andere, neuere, in Spandau befindet. Die Heeresverwaltung plant jetzt, einer Spandauer Meldung zufolge, noch die Gründung einer dritten Armee- conservensabrik, und zwar im Osten deS Reiches iu einer der dortigen Festungen. — Wie der Minister der Unterricht«- rc. Angelegenheiten in einer unter dem 18. Juni an die Proviiizial-Schuicoltegien ge richteten Verfügung erklärt hat, kann e« nicht geduldet werde», dast Schüler sich zu der Schule fremd bleibenden theatralischen Attsführungen vor einem großen Publicum zutainiilcn »hu». Abgesehen von andere» Gefahren, die hiermit verbunden sein könne», drohe schon jede der Leitung durch Lehrer entzogene Einübung eines Theaterstückes ein Hiuderniß für den regetinaßtge» Fleiß der Schüler zu werden. E« werde möglich sein, dem Unfug dieser Art zu steuern, wen» den Schülern zur Pflicht gemacht wird, sich vor Mitwirkung an dramaliichen Aussükruugen durch Anfrage bei dem Direktor Gewißheit darüber zu verschallen, ob die Schule ein derartige» Bor- babe» beanstanden muß oder gestatten kann. Ter Minister vertraut. Laß die Ttrectvren die Entscheidung einer solchen Frage in allen Fallen gewissenhaft und taktvoll treffen werden. — Die Honorar« für sociatdemokratische Versainm- lungSredner schwanken nach der „Post" in Berlin zwischen sech§ und zwölf Mark sür die Rede. Iu manchen kleineren Vereine» wird auch weniger gezahlt. Der reiche Kaufherr und Sladiverordnele Boglherr war in einem solchen Verein mit drei Mark Rediierlohn zufrieden. In der Provinz, wo eS zum Theil an Concurreuz fehlt, werden höhere Summen gezahlt. So erhielt in einer Nachbarstadt ein junger Berliner Handtverksgeselle, der ein erbärmliche« Deutsch sprich». 2ü Mark sür einen Bvrtrag. In Havetberg forderte vor zivei Jahren rin Berliner Schuhmacher sür ein Referat 20 Mark, obgleich ihm freie Zeche und freie« Nachtlager gewahrt worden waren. — Daß der Au-druck „Judenblatt" beleidigend ist, ist dieser Tage in dem Proteste de« Zeitungsverlegers Rudolf Moste gegen den Redacieur Vr. C. Müller vom „Rcichcbolen" wegen Beleidigung erkannt worden. Ter Vorsitzende, LandgerichlSrath Collnianii, führte in der Begründung deS Unheil- au«: „Der Ausdruck „Judcnblati" ist beleidigend, denn wenn auch allgemein von „Judenblalt" geredet wird, so muß inan doch dabei an Personen anknüpsen — »ine Zeitung selbst Hai doch keine Religion. Im vorliegenden Fall« ist also „Judcnblatt" für Herrn Moste beleidigend." * Kiel, 22. September. Die „Prinzeß Wilhelm" lief heute Nachmittag ohne Assistenz ein und verholte sofort ans der Kaisenverst. lieber die Strandung der Panzercorvelle bringt ein Bornhotmer Localblatt nachstehende Einzelheiten: „Am 10. September in der Frühe strandete die zu einem größeren deutsche» Geschwader gehörende Panzercorvctte zwischen TegtkaaS und Ion« Kapelle nördlich vom Städtchen HaSle a» der Westküste der Insel Bornholm. Da- Schiss befand sich im Verein mit einem anderen Panzerschisse aus einer Recvgno-cirungc- fahrt. Ein starker Nebel halt« beide Schiss« von einander entfernt und bei dem Bemühen, das begleitende Schiss wieder zu finden, gerieth „Prinzeß Wilhelm", da di« Leuchtfeuer im starken Nebel nicht zu erblicken waren, mit einer Fahrt von 17 Meilen tn der Stunde ans eine der Sandbänke, welche diesen Theil der Küste von Bornholm sür Seefahrer so gefährlich machen. „Prinzeß Wilhelm" stand init dein Vordersteven auf fast 4 w Wasser und eS fragte sich, ob man das Schiss mit gewöhn- lichen Lauen und Kelten von der Sandbank würde addringeu können. DaS deutsche Kriegsschiff, welches über 60 m von der Küste entfernt lag, war Gegenstand neugieriger Bewunderung seiten-) der Insulaner, welche in Flschcrkühnen de» gestrandeten Koloß um kreisten. Nach verschiedenen vergeblichen Versuchen, das Schiff stolt zu bringen, denen Kaiser Wilhelm an Bord des „Holienzollern" bei- wohnt», gelang e« endlich, dasselbe vo» der Sandbank abzubringen." * Varzin. 22. September. Hier hat man sich sür morgen aus den Besuch von etwa 1200 Herren und 400 Dame» ein gerichtet. Die Gaste aus Wcstprcutzcn bringen rin Musik- eorpS mit; außerdem kommen wieder die „Neuner" von Star gard, 42 Mann mit dem Eapellmcister Kollmann. zu dem Fürst BiSmarck neulich sagte: „Sind mein NegimcntS- Eollcge". Der Aufenthalt der Herrschaften dauert vier bis fünf Stunden. Gestern waren vier Delegirte in Varzin, um noch die letzten Vorkehrungen zu treffen. Fürst BtSmarck stellt für die Damen und sür die älteren Herren 60 Erntewagen zur Verfügung. Sämmtlickc In spcctorrn werden den Zug zu Pferde begleiten. Nach dem Frühstück erfolgt der festliche Aufmarsch zum Schlosse. Tics mal wird au« der Umgebung der Zustrom weit stärker sein, al« am Sonntag zuvor. Damals hielt ein großes Kricgerfeil in Stolp, zu dem 20 Vereine erschienen waren. Viele von der Bethritigung zurück. Nach der Feier am letzten Sonntag ging e« in Varzin etwa« heiter zu: Vor dem neuen Gastbos saß u. A. ein GerichtSbeamter aus Belgard, drr sein Gla« trank und laut rief: „Bis marck hat mir heute au« der Seele gesprochen!" „Na. da» freut mich", bemerkte rin Herr, der ohne Kcps bedeckung in der Näbe stand. „Mit wem bab' ich da« Ver gnügen?" fragte der Andere. „MeinName istSchweninger", lautete die Antwort. Ta sprang der Beamte auf und sagte: ,O, Herr Professor, Cie kennt man ja in (der ganzen Welt — würden Sie wohl rin Gla« Bier mit mir trinken?" Sckweningrr war dazu bereit; drr Fremde bestellte zwei Gläser, und al« man sie geleert hatte, revanckirte sich der Professor sogleich und ließ dir Seidel von Neuem füllen. Während sie heiter plauderten, kam Graf BiSmarck lachend hinzu und entführte den Professor, der sich mit kräftigem Händedruck empfahl. * Thorn, 22. September. Die Ansprache, die beule Bürgermeister Kohli an den Kaiser richtete und aus welche die bereit« mitgrtheilte hochbedeutsame Antwort de« Kaiser« erfolgte, lautete: „Allerdurchlauchtigster, Großmachttgster -alter und -önigt Allergntdigster -aiser, -öui- und Herr! E«. -atserlich« und
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