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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.09.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940929022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894092902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894092902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-29
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I *«7- - < Bezug»«Pretr M »« Ha>»»q»editio» »»« de, «» « »«iek »nd he» v»r«te, «richtet» U^. 2k»ck««»,»holt: »trrtrljtdrlich^lL^ Li Mrt»«lia« täglich« Z-ftellung in« Hau« -st bchO. Tftwch dt« Post bezog«» fiir DrntschlanL »nd Oesterreich: vi«teljäl>rlich tz>—. Direct« tägliche -rruzbandicnduug t«I Ausland: monatlich >4 7.50. Dt»Morge»M»«gab« erscheint täglich'/,7 U»r. di» Abend-Au-gab« Wochentag« 5 Uhr. Ne>«ctio» und Lkveditio«: AotzanneSgafie 8. Die Arpedilio» ist Wochentag» ununterbrochen tzüssiret »o» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. /Male»: vtt» Me»»'« Larti». (Alfred Had»^ Universitätssteaft« 1, Ln«t« Ldsche. Knchariuenstr. 1«. part. und »Suig«Platz 7. Abend-Ausgabe. LipMerIiAMalt Anzeiger. LWN fiir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschiiftsverkehr. rrnzetgeN'Preis die 8 gespaltene Petitzelle 20 Psg. Reklame» «nt« dem Redactio»«strich («», spalten) 50^, vor den Familtrnnachrtchk» («gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarisch« und Ziffrrusatz nach höheren: Tarif. Ertra-Veilagrn (gesalzt), uur mit d« Morgen-Äusgabe, ohne Posibeiorderung >l 60.—, mit Postbesorderung ^l 70.—. Ilnnatimeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morge u-Äusgade: Nachiiultag« 4 Uhr. Sonn» und Festtag» früh ' ,9 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen >e ein« halb« Stunde früher. U«»rtge« sind stet« an die Erpeditt«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Tonnabend den 29. September 1894. 88. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Tonntag, den 30. September, Vormittags nnr bis /zO Uhr geöffnet. Lxpedltlon üv8 L.e1pril«er 1'»xeblLtte8. politische Tagesfchau. * Lcipzig, 2'.». September. Unser wohlinsormirter Berliner tt - Üorrespontent hal gestern darauf bingewiescu, daß in dem neuen Nrtchsetat die Rairtrularumlagen nicht allein einen erheblich höheren Betrag erreichen, al« im laufenden Jahre, sondern auch die Ueberweisungcn nicht unbeträchtlich übersteigen. DaS wird Niemanden überraschen, der die Lag- »ichl durch die ge färbte Finanrbrille de« Herrn Richter betrachtet. Diese Situation wird den Reichstag noch einmal vor die ernste Prüfung stellen, ob er mit der fast vollständigen Ablehnung der An träge auf Vermehrung der ReichSeinnabmen woblgetban bat und ob auch gegen einen erneuten Versuch, die Finanzlage zu bessern. Widerstand ratbsam ist. E» sicht fest, daß dem Reichstag eine Tabaksabrikatsteuer wieder zugchen wird; dabei soll aber den in der vorigen Session bervorgetretcnen Bedenken möglichst Rechnung getragen werden, die Eontrolmaßregeln gemildert, die Steuersätze vermindert werden. Das Ziel scheint sich vorläufig nicht mehr auf bedeutende HerauSzahlungen an die Einrelstaaten zu erstrecken, sondern nur auf eine reichliche Deckung der Matricularbeiträgc durch die Ueberweisungcn. Dieses Ziel zu erreichen, ist unerläßlich, wenn nickt die heilloseste finanzielle Zerrüttung eintreten soll. In allen Bundesstaaten bestcbt daS Bedürfnis nack größeren Aufwendungen, nach auSkömm- licken Bcamleiibesoldunge», nach Erfüllung so mancher Aus gaben der Cultur und LaudeSwohlfahrt. Die Bundesstaaten können schon jetzt diesen Bedürfnissen nicht mehr vollständig gerecht werde» und werden cs in Zukunft immer weniger ver mögen. Eine weitere Ausnutzung ihrer eigenen Einiiabmcquellen ist nicht mehr möglich, nacktem die ibnen vorbedallencn direclen Einnabmesieucrn überall schon bis an die äußerste Grenze a»gespa»nt sind. Und nun sollen die Bundesstaaten auch noch mit jedem Jahr wachsende Abgaben an das Reich abfübren, da diesem durch eine kurzsichtige und übelwollende Opposition die Mittel zur Bestreitung seiner eigenen Aus gaben verweigert werden, so leicht sie auch zu beschaffen wären. Hierin liegt eine Unvernunft »nd Einsichtslosigkeit, die allmählich zu gänzlich »nballbaren Zuständen sübren muß. Tic Kritik an der Obstruktion teS Reichstags gegen eine ver ständige Rcichösinanzpolitik wird wohl scbr bald in den Einzcl- landtagen geübt werden. An die bereits abgehaltenen politisch» Parteitage schließt sich morgen der Telkgirtciltan der «attMialltbcralrn Partei an. Abgesehen von dem zu Eisenack gefeierten GrnndungS- jubilLum, findet eine derartige Versammlung der National liberalen ganz Deutschlands ^um ersten Male außerhalb Berlins statt. Freudig begrüizeu dies namentlich die Süd deutschen, die das als Versammlungsort gewäblte Frank furt a. M. als den »ngesäbren Mittelpunkt der Gegenden betrachten, in denen die nalionallibcralc Partei bei den RcickSlagSwahlen des vorigen IabreS ibre meisten Erfolge aufzuweiscn balle. Um einen zablreicken Besuch der Ver sammlung braucht man also nickt besorgt zu sein. Und mit voller Zuversicht darf man erwarten, daß der Geist der Eintrackl über de» Verbandlungc» wallen werde. Die Aufgabe d^ Frankfurter Tages ist nicht die Beralbung eines neuen Programms oder ein zelner großen Streitfragen, Wie lebhaft auck früher wohl der Wunsch nack einem neuen Programm bicr und da ausgetauckt ist, die große Mebrkeit der natioiialliberalcn Parle, ist der Ansicht gewesen, daß es zweckmäßiger sei, in veriodischen Versammlungen über die jeweils im Vordergrund stehenden politische» Fragen eine gemeinsame VerballungS- linie scstzuslellen. Diese Fragen sind aber zur Zeit nickt derart, daß sie große Meinungsversckiedenbeilen in der »ational- liberalen Partei dcsürcktcn ließen. Nacktem die Handels verträge unabänderlick seslsteben, wird über daS, wa- zum Schutze und zur Förderung der wirlbsckastlicken Interessen aus de» verschiedenen Gebiete» erforderlich ist, eine Ver ständigung ohne Schwicrigkeil zu erzielen sein. Ebenso wird die Nolbivendigkeit einer festen Ordnung dcS finanziellen Verhältnisses zwischen dem Reich und den Einzelstaaten kaum von einer Seile in Zweifel gezogen werden. Gerade io der nationalliberalen Fraktion des ReickStagS hat über da- Wesentliche der auf den erwähnten Gebieten zu er- wartenden gesetzgeberischen Aktion schon während der letzten Session volle Ueberciiislimmung geherrscht, und man balle deshalb wobl bezweifeln können, ob die Berufung eine« DelegirtentageS mit der bereits im März entworfenen Tages ordnung überhaupt notbwendig gewesen wäre. Der Laus der Dinge hal es jedoch gefügt, daß die Frankfurter Versammlung mitten in eine Gäbru » gfällt, die im Frühjahr Niemand vor- hersebe» konnte. Ein in diesem Augenblicke zusammentrelendcr Delcgirlenlag wird über diese Gäbrung nicht mit Stillschweigen binweggehen können. Es mag dahingestellt bleiben, ob man sich eingehender mit der Po lens rage besckäsligen wird. So sebr diese Frage deutsch-nationaler Natur ist, so ist doch eine Betbätigung der RcichSgesctzgebung ihr gegenüber nicht in Aussicht zu nehmen, vielmehr kann sie praktisch nur in Preußen zum AuStrag gebracht werden. Um so zweifelloser ist eine Ausgabe de« gesammten Reiche- der Kampf gegen die Umst urzp arteten. Dieser Kamps ist durck dir Königs- bergcr Rede des Kaisers ossiciell verkündigt; aber das war kein willkürlicher Emsall des Monarchen, eS war der Aus druck dessen, was Jeder, der im Laufe dieses SomnierS die Vorgänge im AuSlante nicht nur, sondern auch im Inlandc aufmerksam und unbeirrt durch die Interessen des ParleiegoiomuS beobachtet hat, in der eigenen Brust empfand; es war die Erkcnntniß. daß obne eine wirksamere Abwehr der social- revolulionairen Bewegung unser öffentliche- Leben n»l un- seblbarer Sicherheit einer verbängnißvollen Katastrophe entzegentrcibe. Aus den volk-parteilichen Parteitagen bat man soeben Resolutionen beschlossen, welche daraus binauS- konimc», daß die wirksamere Abwcbr nur durch immer weilergchcndc socialpolilische Vorschriften zu Gunsten der Arbeiter, vor Allem aber durch eine weitere Ausdehnung der allgemeinen staatsbürgerliche» Freiheiten zu bewerkstelligen sei. Von der ungeheuren Mebrbeit der nationallibcral ge sinnten Bevölkerung darf man ohne Bedenken behaupten, daß sie zwar, aus den Grundsätzen der Gerechtigkeit und der christ lichen Nächstenliebe fußend, einem vorsichtigen Weilerschrkilen auf der Bahn dcS ArbcilerschutzeS nicht widerstrebt, daß st ader eine wirksamere Abwebr der socialrevolutionairen Grsabr für aussichtslos hält, so lange die Zügellosigkeit der Bewegung, welche die Propaganda der llmsturzparteicn aus dem Boden der bestebcndcn Gesetzgebung für sich in Anspruch nimmt, nicht erbeblich eingeschränkt wird. Mit der gesammten nationalliberale» Presse ballen wir eS für selbstverständlich, daß der Frankfurter Delezirlcntag dieser Anschauung einen angemessene» Ausdruck giebt, verbunden mit der Aufforderung an die Reichsregierung, d. b- nicht an den Reichskanzler, sondern an die Gesammtbeit der verbündeten Regie rungen, mit Vorschlägen zur Verschärfung der gesetz geberischen Waffen gegen die llmsturzbesirebungen hcrvor- zulretcn. Die österreichische Anarchistenpartei bat sich aus- gelöst. In den Psiiigstseicrtage» des IabreS 1892 war diese Partei, welche ossiciell die Bezeichnung „Unabhängige" führte, aus einer Eonse»cn; in Wien gegründet worden und sie ge langte bald zu einiger Bedeutung, so daß sie über drei vier- zrbnläglich erscheinende Organe und eine Reibe von Bereinen verfügte. In Wien selbst wurde in der Blülhezeit der Un abhängigen die Zahl ihrer Anhänger, wie den „Münchener N. N." a»S Wie» geschrieben wird, aus 1500 geschätzt, und e« war daS Vertraue», welches die Partei in Arbeiterkreise» genoß, so groß, daß mehrere Fachorganisalioncn, besonders die der Schuhmacher, nabe daran waren, in ibre Hände zu gerathen. Die Reicks - Facborganisation der Bäcker übertrug im Jahre >89.1 thalsächUch ihre oberste Lei tung an den „Unabhängigen" Krtjchall. Mil der Ver haftung der Haspel-Gruppe, welche im Herbste vorigen IabreS ersolgte, trat ein plötzlicher Umschlag in der Haltung der Arbeilersckast ein. Infolge verschiedener Umstände verloren dir Unabbängigen daS bisher genossene Vertrauen der Arbciter- kreise, ja in »bre» eigenen Reihen griff Mißtrauen Platz, und einige fähige Führer verließen die Partei. Mit ihnen sielen ganze Vereine ab. Dazu kam die Thätigkeit der Behörden, welche die Hauplagilatoren durch Einkerkerungen oder Aus weisungen unschädlich machte. Einzelne Fübrer mußten stieben, einzelne suchten auch freiwillig das Ausland aus. Dce be deutendste» Fübrer waren Johann Rißmann und August Krtschall, welche Beide mehrere Jahre in, A»«lande in enger Fühlung mil anarchistischen E'rkeln verbracht ballen und bei Be grünvung drr österreichischen Anarchistenpartei sich inGraznicdcr- jießen, da sie an-Niederöskcrreich auSgewicsen waren. Krtjchall ist vor zwei Monaten gestorben und Rißmann giebt soeben bekannt, daß er wieder auSwandert, weil er in Oesterreich keinen Boden für seine Tbätigkeit findet. Mittlerweile sind die Partei-Organe alle eingcgaiige», und der von der Organi salion übrig gebliebene Rumpf trägt schon seit längerer Zeit keinen aiiarchislischen Ebarakler mehr. Wobt ist ein gut Theil Radicalisinus zurückgeblieben, und eS ist auch nicht aus geschlossen, daß von einzelnen Individuen Versuche zu terroristischen Actioncn unternommen werden, doch die anarchistische Partei in Oesterreich hat in sich und für die Genossen im Ausland ausgebört zu bestehe». WaS die terroristischen Neigungen anbelangt, so sind solche in weil stärkerem Maße unter den Tschechisch-Nationalen vor handen, welche auch schon seit Monaten seiten- der aus ländischen Anarchisten, mit denen sie daS gemeinsame Be kenntniß zur Propaganda der That verbindet, größere Beachtung finden. Auf der ungarischen Bischofs conferenz ist endlich, wie der Telegraph bereits gemeldet bat, durch Verlesung eines päpstlichen Schreiben- erwiesen, daß Leo Xlll. mil der Haltung dcS ungarischen Fürst-PrimaS BaSzarh in der kiichenpoliiischen Frage einverstanden ist. Die Kirche siibll sich verpflichtet, die Resormgesctze als etwa- hinzunchiiicn. daS nicht mcbr abzuwcnten, — sie zu „dulden". DaS vom Papst auSacsprochciie „I'ati «ledere" läßt darüber keinen Zweifel, dclir in Bezug auf den Gesetzentwurf über die Religio» der Kinder wünscht der Papst einige Aende- ruiige». Die ungarische Regierung batte sich vcrvflichiet, diese Vorlage im Verein mit dem Gesetz über die Eivilebe dem Kaiser zur Sanclion vorzulegen, damit beide Gesetze gleich zeitig i» Kraft trete» könnten. Im Ausschuß de- Magnalen- banseS hat sich Eardinal Schlauch im Allgemeinen für die Aniiabme de- Gesetzes ausgesprochen, da durch dasselbe jenes Princip verwirklicht werde, für welche- er Iabre hindurch gestritten habe, nämlich die Freibeil der Eltern bei der Be lt,»imuiig der Religio» ihrer Kinder. Doch protestirt der Eartinal gegen die Deutung dieses BolumS, als ob er durch dasselbe irgendwie zur Sanclion der Eivilehe bei tragen wolle. Diese Absicht liege ihm fern. BcmerkcnS- werlb ist, daß Baron Pronah vom protestan tische» GcsichtSpunctc aus gegen das Gesetz sprach. DaS Weztauscngesktz sei, wie dieser Magnat aussübrtc, eine Folge de» lleberciserS gewesen. TaS inlciconfcssionellc Gesetz vom Iabre >868 obne Slrasianciion Halle den denkbar günstigsten Zustand geschaffen, cs solle in Kraft bleiben, und nur in einer "Novelle solle ausgesprochen werden, daß Nie mand eine Einmischung in die Entscheidung der Eltern zu liebe, im Falle teS ZwciselS aber solle der Vater entscheiden. Dieses Gesetz werde de» Friede» nicht bcrstellcn und den Reibungen teil, Ende bereite». Tie in dem Gesetze ent haltene Sanclion babe keine Wirksamkeit, vielmehr öffne.die Vorlage der E-isuisiik Tbür »i»d Thor. Der Hliinistcr- präsidcnt trat diese» AuSsübrunge» scharf entgegen und sagte, daS Geier« sei nnler den obwaltenden Uinständen Las beste AilSkuiistSiniilel. Das Gesetz wurde denn auch vom Ausschuß angenommen. Rach der nunmekr vom Papst erhaltene» Richtschnur wird der ungarische Episkopal dem Zustandekommen der vier kirchenpolitischen Vorlagen kein Hindcrniß inebr i» den Weg lege», und so ist die Annahme derselben auch im Plenum des MagnatenhauseS gesichert. Die Kircke „duldet" nunmehr in Ungarn, was sic i» Frank reich längst zugestanden, und eS ist nur ein Acr der Klugheit, wenn die ungarische LischosSconfcrenz sich darüber verständigt, daß die Agitation gegen die kirchenpolitischc» Resornien keine gesetzwidrigen Formen annedmcn dürfe. Die Bischöfe werken sich nach einem beute eingclaufenen Tclegramni aus die lieber reichung einer Adresse an den König beschränken, nach dem daS Oberbaus die kirckenpolilischcn Vorlagen a» genommen bat. In dieser Adresse soll in geziemender Form auf die Gefahren alifmerksam gemacht werken, welche a»S der Sanclion jener Gesetze nach kirchlicher Auffassung sich für den Staat, für die Kirche und alle sonst daran de lbeiliglen Factore» ergeben. Mil diesem Schritte er scheint sodann die Aetion de- Episkopat» als ab geschlossen. Der grundsätzliche Stanvplinct der Kircke wäre damit gewahrt. Ob die maßvolle Haltung der gcist lichen Oberhirle» auch die Eapläne und ihre Heyprefse von demagogischen Wühlereien abhaltcn wird, muß adgewartct werden. Der italienisch serbische Tanfltcl hat, wie der „N. Fr. Pr." auS Belgrad belichtet wird, durchaus keinen sachlichen Hintergrund. Von einem Abbruche der diplomatischen Be- ziebungeii sei keine Rede. Die Sacke verhalle sich nämlich folgendermaßen: DaS Belgrader Handelsgericht hat über den /eitilletoi,. Der goldene Mittelweg. 14s Roman von Erich Roll. Nachdruck Verbote». (Fortsetzung.) „Nun, was schaut mich denn der Kleine so an?" kragte lächelnd der Baron; dann aber ging eS gleich einem Zucken durch seine Gestalt und ein düsterer Schatten legte sich über sein Gesicht. „Ja so", sagte er dann und trat, einer inneren Ein gebung folgend, auf den Knaben zu. „noch immer nickt das damalige Rencontre vergessen? Oder muß ich die Streiche meines Sodnes jetzt noch büßen? Da gicb mir nur die Hand, wir wollen gute Freundschaft halten!" Aber der Knabe Hörle nicht auf die Worte des Barons, wie von einem Schauer gefaßt, wich er zurück vor der dar- gebolencn Hand. Dann ließ er den Kops auf die Brust sinken. Winkler batte grimmig zugesckaul: jetzt hob er die Hand wie zum Schlage, aber Tbumar fiel ihm in den Arm. „Kommen Sie, was kann denn ein so kleiner Junge für seine Voreingeiiommenbeit", meinte er mit gezwungenem Lächeln und zog den Alten mit sich fort. Erich aber blieb sieben, und grauenhaftes Entsetze» drückte sich n> seinen Blicken ans, wäbrend sie dem Großvater mit dem dahinschrenenteu Manne solgten. xm. Winkler biell an diesem Tage seinen Besucher noch lange aus, obwobl es ibm nicht entgehe» konnte, daß Thuniar nur mit zerstreuten Blicken den allerdings überaus stattlichen Viehbestand in den Ställen betrachtete und ebenso wenig auch den reichen G'trcitcvorrätbcn in den weitläufigen Speichern einiges Interesse entgegenbrachte. — „Sie sind eigentlich gar kein Bauer, wie man da» so zu nennen pflegt, sondern eher ein Großgrundbesitzer", meinte der Baron schließlich in ver bindlicher Form. „Da habe ick sogar vorher einen Dampf- pflüg gesehen, wenn ich nickt irre. Ich verstehe selbst von derartigen Sachen scbr wenig, erinnere mich aber, so WaS AebnlichcS einmal auf einer Ausstellung gesehen zu haben. Soll ein sehr kostspielig Ding sein." Winkler nickte blos mit dem Kopse, während er sich zu- -leich selbstbewußt in die Brust warf. — Sic finden Viele in der Gemeinde, mit denen ich darüber in Hader liege", gab er zur Antwort; „die hängen am Alten; WaS der Vater ge macht bat, mache» sie auch, und sind Feinde jeglicher Neue rung, die sie womöglich erst am eigenen Leib anSprobe» sollen. . . . «solch' ein Beharren beim bewährten Alten bat auch viel für sich, wen» eS innerhalb vernünftiger Grenzen bleibt, denn auf der anderen Seite ist so ein bischen Ha»S und Hos mit vielen Versuchen gar bald vertban. Aber ich bade die viele» Iabre meines Leben- über Zeit und Lust gc- babt, die Augen auszumacken s da fand ich bald, daß man sich rühren müsse und daß eS »nt dem Alten jetzt nimmer getka» ist. Der Eine und der Andere im Dorf bat sich zu mir be kehrt und wird nun gleich mir von den Allen „neuniodisck" geschimpft. Wir wagten - dennoch, schafften unS einen Damps- pflug an . . . sie müffcn nämlich wissen, daß ich allein über lOOO Morgen Ackerboden babe, Andere giebt eS im Dorse, die baden auck nicht viel weniger, und so hat er sich gut be zahlt gemacht." „Es ist eine Pracht, den Erntesegen ringsum zu sehe»", sagte Tbumar, der nachdenklicher geworden war und mit achtungsvollem Blick den Alten musterte. „Es war früher nickt so. wie ick mich von meiner Jugend erinnern kann." Winkler lachte und nickte dem Baron gutmütbig zu. „Ich will Euch was sagen, Herr Baron", brummte er bann, „für solchen GebirgSboden giebt eS nur einen einzigen Dung und der beißt Menschcnschwciß. Wenn aber Tropfen zu Tropfen sich gesellt, da lohnt auch buaderfältig die Frucht!" Sic waren an den Obstgarten gelangt und dort trafen sie Frau Barbara, die große Wäsche gebabt batte und nun damit beschäftigt war, einzeln die großen und kleinen Wäsche stücke an weit auSaespannlc, zwischen den Kronen der einzelnen Bäume befestigte Leinen zu hängen. Klein-Evchen spielte mit einem Korbwägelchen, in dem wei reizende Puppen lagen; sie mochte die größere der eyteren nur wenig an .Körperlänge überragen, und eS gewährte einen putzigen Anblick, sie mit den Puppen hantiren und in gar mütterlichem Tone mit denselben verkcbren zu seken. „Die ist mein Ein und Alles", sagte Winkler und gab dem Baron einen verstohlenen Wink, die Kleine bei ihrem Spiele zu belauschen. „Ein entzückend Kind", murmerlte Thumar und klemmte sein Monocle sester in« Auge. Kaum hatte Evchrn die Stimmen der sich ihr heimlich Nähernden gehört, da warf sie auch schon di« Puppen achtlos in den Wagen, wandte sich um und flog wie der Blitz mit ibren kleinen Füßchen über da- sammet- weiche GraS der Wiese auf den Großvater zu, schon von Weitem beide Hände verlangend nack ibm auSsireckcnd. Dan» rcilick, wie wenn sie erst im letzten Augenblick den fremden Mann an Großvater- Seile wahrgenommcn, hielt sie dicht vor dem Letzteren wieder inne und senkte verschämt La» Köpfchen aus die Brust, wobei sie zugleich den kleinen Finger der linken Hand zwischen die Lippen nahm; daS sab so aller liebst au», daß der Baron beifällig in die Hände klatschte. Wie Keller Sonnenschein war eS beim Anblick de» aller liebsten MädckenS über die sonst so barten Züge Winkler- gehuscht. — „Ja, die macht mich noch einmal jung", sagte er. wäbrend er die weichen Sammctpatschen EvchenS zwischen seine mächtigen Hände nabm und die kleinen Aermcken dann so zart und behutsam streichelte, al» ob er fürchtete, durch ein rauhe- Ansaffen sie zu beschädigen. „Hab « auch nit ver meint vor Jahr und Tag, daß mir noch einmal eine solche Freute beschicken sein sollte, glaubte schon wunderwciß, Wa ich für ein alter Mann geworden sei . . . und beule bat mich da« Prinzesscl trotz meiner woblgezäblten sechzig Iährlcin schier wieder jung gemacht. DaS Geblüt braust wieder ganz anders frisch und lebendig durch die Adern . . . vielleicht erleb' ich'- »och", setzte er gut gelaunt hinzu, „daß selbst diese« weiße borstige Haar wieder dunkel wird» wie in der fernen Jugendzeit." Wie gebannt stand Baron Tbumar; unablässig batte er daS kleine, wunderliebliche Geschöpf, welche- im zierlichen Ebenmaß seiner Glieder mehr an ein dusliges Märcben- gcbildr, als an ein Wesen von Fleisch und Blut gemahnen wollte, im Auge. „Ein reizende-, entzückende« Kind", sagte er zu wiederholten Malen unk dann beugte er sich zu der Kleinen nieder. „Nun, willst Du mir rin Händchen geben, mein kleines Fräulein?" frug er. Klein Evcken knixte nur, legte da» eine Patschhändchen lächelnd in dir behandschuhte Rechte de« Baron- und trat dann mit einem neuen, anmutbigen Knip zurück. „Genau wie eine woblerzozene junge Dame, daS lobe ich mir", schmunzelte Tbumar, während er einen fragenden Blick auf Winkler warf. „Mil größerer Liebenswürdig keit kann sich auch eine wirkliche kleine Prinzessin nicht benebmea l" „Alle- mein Werk", entgeqnrte Winkler geschmeichelt; „dabc mich » nickt verdrießen lassen, machte ihr mit meinem steifen Bucke' Eompliment« vor Jetzt freilich bring« sie da« besser fertig, als ihr alter Lehrmeister", und voll Freude beugte er sich zu der Kleinen nieder und gab ihr einen herz- basten Kuß auf die schwellenden Lippen. „Ein holdseliges Geschöpf", wiekcrkolte Thuniar. „Nehmen Sie mir - nicht übel, lieber Bürgermeister, aber daS Fräu- leinchen paßte bester in ein Grasenschloß, als in einen noch so stattlichen Bauernhof!" Da glitt ein kaum merkliches Lackeln um die Mund winkel Winkler'S; er sagte nickt», sondern zog nur vieldeutig die Achseln in die Höbe. Dann streichelte er den seiden weichen Lockenkopf EvchenS und bat sie, mit einer an ihm »ngewobnl sanften Stimme, den fremden Herrn auch noch zu den Puppen zu führen und deren Bekanntschaft demselben zu vermitteln. Noch eine lange Weile blieb Baron Tbumar im Gespräch mit der Kleinen, welche so seltsam kluge Antworten zu geben wußte »nd der man die Vierjährige kaum noch anmerktc. Sic wußte so herzig und dabei unbefangen zu plaudern, so geschickt und überlegt die Worte zu setzen, obne indessen dabei den verletzenden Eindruck eine-abgericktcten Kindes zu machen, daß daS Staunen Tbumar S keine Grenze fand. „Seltsam, wie Geschwister so sehr verschieden sein können", sagte er endlich, als Klein Evchen mit ihrem Puppenwagen, zierlich kokett knirciid, davougesahrcn war und er sich »nn an Winkler'S Seile dem Thorweg dcS GebösteS näherte. Sein Blick war dabei wie von ungefähr auf Erich gefallen, welcher bei seiner Annäherung eben schleunigst in dem Dunkel des HauSgangeS verschwand. Der kleine Vorgang war von Winller wieder nicht un bemerkt geblieben und seine Stirne furchte sich wieder in grimmige Falten. „Ist ein Holzbock, der Bube, ist seinem Vater nachgeschlagcn", sagte er traurig. „Der freilich macht Einem immer Aerger, wenn da» süße, bolte Geschöpf dort im Garten nicht wäre, dann wollte ich am liebsten, ich läge sechs Fuß tics unter dem Boden!" Sie hatten inzwischen den Thorbogen erreicht und ver abschiedeten sich nun von einander. Mit matten, schleppenden Schritten, den Kopf leicht nach vorn übergcbeugt, in seiner ganzen Haltung trotz seiner ver- hältnißmätzig jungen Jahre — er mochte böchslcns rin be ginnender Fünfziger sein — einen abgelebten greiscnbastcn Eindruck machend, ging Baron v. Tbumar, »achtem er da« Winkler'sche Gehöft verlassen, die Dorsstraße beraus. Da und dort wurde er von den vor den Däusern Arbeitenden gegrüßt, dann dankte er wohl durch eine lässige Handbewegung
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