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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941001028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894100102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894100102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-01
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V»z«s».Pr»i« Mt« HtUGGtzpedttto» ob« de» t» Hmtrl »tz dM> Vororten --»i-tze»«-» U>-» vierteljährliche-4.S0z «i 1>oei»«liarr täglicher Zustellung io« Hau» -4> LckL Durch di« Poft bezog«» für «»Ischlaud mid Oesterreich: viertel,ädrltch »M . Direct« täglich« KreuzbanLieaduag iX RuSluud: mouaUich el 7.b0. Lch Morge»-«»«g!lbe erscheint täglich'/,? Uhr, di» Lbead-Aalgav« Docheulagj ä Uhr. Lüchctto« »tz Lrpetzitioa: AutzauneSgasse 8. Bt» Expedition ist Wochentag- anavterbroche» Ghffuet von ftich 8 bi- AbeaX 7 Uhr. Filialeu: vtt» Me»» « Gurti«. (Alfred HdH» Uuiversität-straßr 1» L«,i-L-ssh«. . AGHurtueustr. 14, part. und Köulg-platz ^ Abend-Ausgabe. Uch)igtrTagcl>lait Anzeiger. Organ flr Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. "'uzcigen-PretT -te 6 gespaltene Petttzecle 10 Wz. Reklamen um« demRedaction-strich <ägm spalteni SO-^, vor den Familiennachrichte» («gespalten) 40 ^ Gröbere Schriften laut unserem PreiS- uerzeichnlß. Tabellarischer und Ziffernfatz nach hüberem Tarif. Extra-Beilage« (gesalzt», nur mit der Morgen-LuSgab,, obne Postbesürderung e» 60.—. m»t Posibesärderuvg ^ 70.—. Aunaismeschluk für Anzeigen Abead-Au-gabe: Bormittag- 10 Ubr. Morge a-AuSgade: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtag« srüh '/,9 Uhr. Del den Filialen und «nnahmeslellea je eia« halb« Stnnde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Druck und Berlaq von E. Bolz in Leipzig ^-SVL Montag den 1. Oktober 1894. 88. Jahrgang. Allgemeiner Velegirterttag der nalionalliberalen Partei. ^ Frankfurt a. M, NO. September. Zum Allgemeinen Delegirtentag der nationalliberalen Partei waren gestern bereit- die meisten Theilnehmer hier eingetroffen z um dem von, nationalliberalen Frankfurter Wahlderein veranstalteten Begrüßung-fest im Palniengartcn beizuwohnen. Zu ernsterem Zwecke batte sich derCentral- vorstand nahezu vollzählig ungesunden; ihm lag eS ob, die von seinem »ck lino berufenen Ausschuß vorbereiteten Anträge (Resolutionen) für die Delegirtenversammlung sestzustcllen. Daß er sich dieser Ausgabe in gründlicher Weise gewidmet hat, geht wohl zur Genüge au- der Tvatsache hervor, daß er seine Sitzung um 11>/, Uhr de-BormittagS begann, aber erst um lO>/, Uhr de- Abend- zum Begrüßung-scst im Palmen- garten sich einfand. Diese sorgsame Borbereitungsarbeit hatte dann allerdings den guten Erfolg, daß am heutigen Tage die Meinungsverschiedenheiten in der Versammlung der Delegirten selbst auf wenige bestimmte Punctc sich beschrankten, in allen wesentlichen Puncteu dagegen die Vorschläge des Centralvor- standeS bereit- einer weithingehenden Zustimmung begegneten. Vom Centralvorstand hatten sich einzcfunden die Herren Abg. l>r. Krause (Ostpreußen), Abg. Hobrecht (Westpreußen), Kaufmann H. Kauffmann (Berlin), Professor vr. Kaufmann (Schlesien), Stadtrath Duvigneau (Provinz Sachsen), Abg. vr. Sattler, vr. Raydt, Abg. Wallbrccht (Hannover), Abg. Möller (Westfalen), Abg. vr. Böttcher, Abg. Wurmbach (Hessen-Nassau und Waldeck), Kaufmann C. L. Schäfer (Frankfurt a. M.), Aba. v. Evnera, Abg. vr. Hammacdcr, Professor vr. Kahl, Eug. Pfeifer (Rbeinprovmz), Abg. vr. Aub, Frcih. v. Kreß (Bayern r. d. Rh.), Abg. vr. Bürk- li», Abg. vr. v. Marguardsen (Rheinpsalz), Vr. Gensel, vr. P. vogel (Königreich Sachsen), vr. Schall, Kaufmann G- Müller (Württemberg), Abg.Basicrmann, Abg. vr. Blanken born. Professor vr. Meyer (Baden), Abg. Bergsträßer, Abg. vr. Osann (Hessen), Geh. Rath vr. Tomrich, Kaufmann Grübet (Thüringen), vr. W. Oechelhäuser (Anhalt), Kauf mann vr. Schmidt (Braunschweig), Direktor Brecht (Hansa stadt«); außerdem vom geschäftsführenden Ausschüsse de- Centralvorstande- Geh. RegierungSrath Simon und General» Secretair Patzig (Berlin). Die Zahl der Anmeldungen von Delegirten hatte gestern die Zahl von 440 erreicht. Begrüßung-fest t« Palmengarten. Da- Frankfurter Comits begrüßte gestern Abend die Gäste in dem herrlichen Palmengarten, der in Deutschland seine- Gleichen sucht und zu dieser Feier im vollsten Glanze erstrahlte. Der prächtig geschmückte große Saal war gefüllt von Fremden und Einheimischen, die bei trefflicher Musik, vorzüglichem Männergesang und im Austausch begeisterter Worte einige frohe Stunden verlebten. Den Willkommen gruß brachte den Gästen der Vorsitzende des Wahlvereins, Herr Carl Ludwig Schäfer, in herzlichen Worten mit der Versicherung, Frankfurt sei stolz, daß man eS zum Orte der Versammlung gewählt, und werde Alles aufbietcn, den Delegirten den Ausenthalt möglichst angenehm zu ge stalten. Den Kaisertoast brachte der Abg. vom Rath aus. Der andere Vertreter der Stadt Frankfurt im Landtag, Abg. vr. Oswalt, feierte die nationalliberale Partei, die nicht zusammengehaltcn werde durch eine Gemeinsamkeit der Interessen, sondern durch die Gemein samkeit der politischen Anschauungen und Uederzeugungen Wie in der Vergangenheit, so habe die Partei auch in der Zukunft hohe Aufgaben zu erfüllen, die zu berathen den Zweck de- DelegirteutageS bilde. Auf- Neue würde die Partei sich bekennen zu der Politik, die sie als heilsam für da- Vaterland erkannt. I» begeisterten Worten gedachte RechtSanwalt vr. Fester de- Fürsten Bismarck, dem unsere Partei den Boden ihrer Bethätigung verdanke. Wir feiern den Altreichskanzler nicht als Parteimanu, sondern als den Mann, der den Traum deutscher Einheit verwirklicht, und freuen unS, daß er noch lebendig unter uns weilt und zu unS redet. Mögen seine Worte Gehör finden an allen Stellen. Herr v. Hergenhahn mahnte die Jugend, dem Beispiel unsere- Kaisers zu folgen in deutscher Gesinnung und Pflicht treue. Die Jungen, die berufen sind, an Stelle der Alten zu treten, mögen deren Fahne bochbaltcn, dann böten sie eine Gewähr, daß sic schützen das geeinigte Deutschland, mit schirmen den Frieden und im Augenblick der Gefahr am Platze seien. Hiermit war die Reihe der vorgesehenen Trinksprüche beendet, doch weß da- Herz voll ist, deß gebt der Mund über, und so börlen wir »och manch' gebundenes und ungcbundcne- Wort, daS Kopf und Herz erfreute; u. A. rühmte Herr Wil helm Dietz eie edle Musica, die Herz und Gemüth erhebt, vor Allem den Männcraesang, der in so vorzüglicher und ruhmreicher Weise vom Necb'schen Männerchor gepflegt werde, der mit sechs Liedern zur Erhöhung der Fcststimmung sein gut Theil beigetragen. Redner dankte dem Dirigenten Schwarz und brachte ein jubelnd ausgcuommcncS Hoch dem Männerchor. Al- endlich am späte» Abend die Mitglieder dcS Central» Vorstand- sich einfanden, nabm Herr Schäfer nochmal- das Wort, um diese Männer, „die erst arbeiten und dann erst ans Vergnügen denken", durch ein Hoch zu begrüßen. Aba. v. Eyncrn feierte in humorvoller Weise da- ComitS zu Frankfurt, welches gezeigt habe, daß öS auS energischen Männern bestehe. Abg. vr. v. Marguardsen dankte nochmal- den Frankfurter Freunden und schloß mit dem Wunsche, daß der Delegirtentag zu dem gleichen Ergebniß komme. Herr Schäfer brachte ein mit stürmischem Beifall aufgenommeneS Hoch den Iubilaren per Partei, die in diesem Jahre ihr 70. Lebensjahr vollendet, den Herren v. Bennigsen, vr. Hammachcr und Excellenz Hobrecht. Mit bewundernSwcrther Frische und wahrhaft jugendlichem Feuer dankte vr. Hammachcr und gedachte begeistert des ruhmreichen Führers der Partei, Herrn v. Bennigsen, den sein Amt leider verhindert, hierher zu kommen. Wenn je eine Partei stolz sein dürfe auf einen Führer, so sei eS die nationalliberale Partei. AlS Alle verzweifelten an der Zukunft im zerrissenen Batcrlande, da richteten sie sich empor an Rudolf von Bennigsen, der in dem von ihm geschaffenen Nationalvercin niit patriotischer Begeisterung auf ein einig Deutschland hinarbeitcle. Wenn er auf diesen Mann ein Hoch ausbringe, so sei er überzeugt, daß er es hole aus der Brust jedes Einzelnen, und der Donncrruf, der durch die Räume ging, gab dem Redner Recht. Nach Mitternacht erst war daS schöne Fest beendet, das den Parteigenossen aus Nord und Süd, auö Ost und West so gute Gelegenheit zum AuSlausch der Meinungen ge geben, wofür vem Frankfurter Wahlcomit« auch an dieser Stelle Dank zu sagen nicht unterlassen sei. Der akl-rmetne Delegirtentag wurde heute Vormittag pünktlich um ll Uhr im großen Saale dcS SaalbaueS von dem Vorsitzenden des Central Vorstands, Abg. Hobrecht, der zugleich die überaus zahl reich erschienenen Delegirten herzlich willkommen hieß, eröffnet und wählte demnächst zu Vorsitzenden die Herren: Abg. Hobrecht, Abg. vr. Hammachcr und Abg. Vr. Aub und zu Schriftführern: vr. Schall, Abg. vr. Sattler und Gencral-Secretair Patzig. Nach einer kurzen Begrüßung de- Delegirtentag- durch den Vertreter der Franksurter Parteigenossen, Kaufmann Schäfer, leitete der Vorsitzende, Abg. Hobrecht, die Verhandlungen de-Delegirtentag- mit einigen Betrachtungen allgcmeinerRatur ein, die überall mit freudiger Zustimmung begrüßt wurden. Der Zweck dieser Zusammenkünfte, die ja des Oeftcre» wiederkekren, sei, nickt ciwa die Feststellung formaler Programme, sondern die gegenseitige Kräftigung der gemeinsamen llebcrzeugungen, die AuSspracke über Fragen de- Tage- und turck neugewonnene Fühlung mit den Freunden auö dem ganzen Lande wieder neue Anregungen nach Hause zu bringen. Der leitende Grundsatz für unsere Verhandlungen, wie überhaupt für die Haltung der Partei, sei eS, nickt ander- als rein sachlich zu verfahren und jeden Versuch einer Machtsrage sernzubalten. — Im alten Geiste eintrctend in die Verhandlungen, stärke sich die Partei immer aufs Neue durch den Ruf: Seine Majestät der Kaiser, Wilhelm II., lebe bock! (Die Versammlung er hebt sich und stimmt begeistert dreimal in da- Hock ein.) Der Cenlralvorstand hat inzwischen den Delegirten die nachfolgenden Resolutionen unterbreitet. Ter Delegirtentag wolle beschließen: I. Gegenüber der bedrohlich wachsenden Gefahr der Unter- wühlung unserer staatlichen und gesellschastlichen Ordnung hat die nationalliberale Partei niemals einen Zweckel gelassen, daß sie es bei der Abwehr der Umsturzbestrebungen an sich nicht fehlen lassen werde. AuS besten Kräften hat sie mit gewirkt, den berechtigten Forderungen der minder begüterten Elasten in sachgemäßer Weise gerecht zu werden. Dazu sind wir auch ferner bereit. Ebenso entschlossen sind wir, daS Noth- weudige zu thnn, um die Grundlagen unserer nationalen, staatlichen und gesellschastlichen Ordnung zu schützen. Zu einem Kampfe gegen die Umsturzparteien bedarf eS aber nicht allein des kräftigen Widerstandes der bürgeriichenKreise. sondern in erster Linie auch eine« klaren Programms der Regierung nnd einer zielbewußten einheitlichen Haltung derselben, welche bis jetzt nicht ersichtlich gewesen ist. II. In Bestätigung de- vou der Partei allezeit eingenommenen Standpunktes geben wir au- Anlaß der neuerdings wieder schärfer hervorgetretenen national-polnischen Bestrebungen wiederholt der Ueberzeugung Au-druck, daß die Unterstützung der deutschen Volksgenossen in den östlichen Provinzen gegen daS Polenthum die uuabwei-Iiche Pflicht aller patriotischen Männer in Gesammtdeutschland bildet. Wir erwarten von Seiten der Regierung im Reiche und in Preußen, daß alles unterbleibt, was di« polnisch-nationalen Ansprüche zu bestärken geeignet ist. III. Für daS finanzielle Berbältniß zwischen dem Reich und den Einzelstaaten muß eine sicher« Grenze ge zogen werden. Nicht allein, daß das Reich für di» Ausbringung der sür seine Ausgaben nothwendigen Mittel auszukommen hat: die finanzielle Lage der Einzelstaaten verlangt, daß auch ihnen Mittel aus den Reichsquellen zngewiese» werden. IV. In der Erhaltung eine- gesunden und kräftigen Mittel standes in Stadt und Land erkennen wir eine der wich- tigsten Vorbedingungen sür die gesichert« wirthschaftlich« Ent wickelung und sociale Ordnung im Reiche. Wie wir jeder aus dieses Ziel gerichteten eigenen Thätigkeit der Betheiligten daS wärmste Interesse entgegen bringen, sind wir auch bereit, dem- selben Zwecke dienliche gesetzliche Maßnahmen anzuregen und zu fördern. 1) Ja Anerkennung der Rothlage, in welcher sich — zumeist in Folge der Entwickelung de- Verkehrswesen» — die Erwerbs- Verhältnisse der deutschen Landwirthschaft zur Zeit bc- finden, erachten wir eS aus Gründen der nationalen Politik, wie der Nationalwirthschast in verdoppeltem Maße sür unsere Pflicht, alle diejenigen Maßnahmen nachhaltig zu unterstützen, welch- dazu dienen, diesen hochwichtigen ErwerbSzweig der nationalen Production zu erhalten und zu kräftigen. Zur Erreichung dieses Ziele- ist daS Zusammenwirken der Gesetzgebung, der Verwaltung und aller übrigen Kräfte de» öffentlichen Leben» um so mehr geboten, als die auf dem Grundsätze der Selbsthilfe beruhenden Mittel, so sehr deren au-giebige Anwendung von den Gliedern de- landwirthschast- lichen BerusSslandeü gefordert werden kann, allein nicht aus- reichen. Namentlich gilt es, den mittleren nnd kleinen bäuer lichen Besitz zu unterstützen. Wie dem Reiche, so stehen auch den Einzelstaaten unstreitig viele Mittel zu Gebote, um berechtigten Beschwerden der länd lichen Bevölkerung abzuhelsen und die üble ökonomisch« Lage derselben zu verbessern. Dazu rechnen wir in erster Linie eine gerecht« und maß- haltende Besteuerung de» landwirthschaftlich benutzten Grund- und Gebändebesitzeo, namentlich die Beseitigung einer ungerecht fertigten Doppelbesteuerung, wo solche noch besteht. Dahin gehört ferner die Begünstigung und Herbeiführung intensiver Cultur durch vermehrte FachbildungSgelegenhcit. durch Entwicklung de» Neben- und Kleinbahnwesens, durch Schissbarmachung und Reguiirung der Flüsse und Herstellung neuer, der LanLwirlhschast nutzbar zu machender Wasserstraße,',, nicht minder die eingebendste Rücksichtnahme aus di« laickwirlh- schaftlichen Interesse» bei der Bildung der Eisenbahntarise für den Transport von Dung- und Futtermitteln, sowie der Stückgüter. Für die LandeSmelioration, insbesondere sür eine rationelle Wasserwirthschait, snr das laudwtrthschastlichc Unterricht», und BersilchSwejrn, sür die Hebung der Viehzucht und Viehhaltung sind, wo solche noch schien, geeignete VerwaltungS-Organi- salionen zu schaffen und ausreichendere Staat-mittel bereit zu stellen. AIS besonder- wichtige Aufgaben erachten wir noch die Für- sorge für thunlichst vollkommene Einrichtungen zur Gewährung billigen und unkündbaren Grundcredits unter de» laudwirtbschasttichen Erwerb-Verhältnissen ongepoßten Forme» und Bedingungen und unter Berücksichtigung einer planmäßige,, Schuldentilgung; die Förderung des landwirlhschastlichen Genossenschaft-- wesen« in allen seinen Verzweigungen insbesondere zur wohl feilen Befriedigung de- Personalcredit», zu», Bezüge der laut- wirthschafllichen Betriebsstoffe, sowie zur Verarbeitung und Vcc- werthung der landwirthichastlichen Erzeugnisse; eine reichSgesetziiche Regelung des Versicherungs wesens, weitereAuSbildnng derSeucheugesetzgebung und einen reich-gesetzlichen Schutz gegen die Verfälsch ung der wichtigsten landwirthschastiichen Betriebsstoffe. Ans dem Gebiete der Besitzverhältnisse halten wir an dein von der Partei stets vertretenen Standpunkt scst, daß die fort schreitende innere Eolonisatio» durch die Bildung neuer Hos- stellen eine- der wirksamsten Mittel ist, um die Erträge de» Boden- zu beben und einen wirthschaftlich und moralisch gesunden Bauernstand auch in solchen Theilen de- Reiche- zu schaffe», wo der Zusammenschluß der Grundstücke zu großen Gütern «in 1LI F-nrllrt»«. Der goldene Mittelweg. Nachdruck vcrbotcil. Roman vou Erich Rott. (Fortsetzung.) .Aber ich bitte Dich, meine Liebe", sagte der Baron ganz verblüfft, während eine tiefe Furche zwischen seinen Augen dräuen erschien, .ich bin doch wohl Mann'S genug, um —" .Nein, Du bist nicht MannS genug!" rntgegnetc seine Gattin, während sie sich der Tasche bereit- bemächtigt hatte und nun deren Inhalt, unbekümmert um da-Fußaufstampse» de« Gereizten, einer genaueren Prüfung unterwarf. .Diese Summe reicht, um mit ihr ein halbe« Iabr unsere Haus haltung zu bestreiten . . . tausend Mark sind eS, wie ich sehe ... ich werde eS einzurichten wissen, daß eS zureicht; Tu aber würdest da« Geld noch nicht acht Tage in den Händen haben, unter irgend einem Vorwände würdest Du nach der Residenz reisen und die Summe >m Handumdrebcn bi« auf den letzten Pfennig verspielt haben!" setzte die Dame hinzu, während sie ihren Gatten, verächtlich lächelnd, mit einem geradezu glühenden Haß verrathendrn, hochmüthigen Blicke musterte. „Aber ich lasse mir so etwa« nicht bieten!" ereiferte sich Thumar, während er von Neuem mit dem Fuße aus den Boden stampfte. Die Baronin lachte nur scharf aus und ließ das Portefeuille dann in ibre Tasche gleiten. „Spiele mir doch keine Komödie vor, mein Bester", sagte sie voll sckneiveureii Hohnes, wäbrend sie ihn wieder »nt einem malitiöscn Lächeln betracklete. „Wir kennen uns doch, mein Freund; ein Mann, der so sündhaft verschwenderisch mit seinem, Dank der Verschwendungskunst seiner Vorfahren, bereit« stark gelichteten Vermögen gewirth- sckastet hat, hat auch nicht dir geringste Berechtigung, sich zu beklagen, wenn man ihn seinem Wertd angemessen bcbandcll und ihm vor allen Dinge» nickt über den Weg traut!" Thumar biß sich ans eie Lippen; aber er gab keine Antwort, sondern ging, während sich sein Kops wieder leicht nach vorne senkte, nach dem Tische, auf welckem er einige Briefe bemerkte, setzte sich nieder und nabm einen derselben zur Haud. »Immer dieselbe alt« Litauri", murmelte er dann mit halblauter Stimme vor sich hin, als er den Post stempel des einen Briefe- entziffert hatte. Er riß den Umschlag ab, entfaltete den Bogen, warf einen Blick aus diesen, knüllte ilm dann mit höhnischem Lacken zusammen und warf ihn in eine Ecke. .Gödel in Berlin will Geld haben, will nicht länger warten. Er bekommt 2000 -L; müßte doch endlich wissen, daß ich nickt zahle» kann." .E» ist Deine Schuld, daß c« so weit gekommen ist", versetzte die Baronin spitz, während sie einmal im Zimmer aus- und niederrauscbte, und dann vor ihrem Gatten wieder stehen blieb. „Deine Sckuld!" wiederholte sie nochmal« mit ärger licher Stimme. .Wir könnten, beneidet von Bielen, in der Residenz leben; wir könnten ein, wenn auch bescheidene«, so dock gastfreies Hau« macken, statt dessen bin ich verdammt, nachdem ich in meiner Jugend ein Leben voll Glanz und Herrlichkeit gesehen, nachdem ich von liebevollen Eltern sür Ansprüche auserzogen bin, die jemals zu erfüllen wir niemals in die Lage kommen werden, verdammt, inmitten dieses ent setzlichen Trümmerhaufen» mein Leben zu vertrauern, fern von den freudenreichen Vergnügungen der Großstadt, sern von der Lust de- Hofe«, deren Einathmen mir zum anderen LcbcnSbetürsniß geworden ist!" Thumar lachte hämisch. — .Solch Verlangen war vor tausend Iabren berechtigt, als Du noch jung warst, meine Liebe", sagte er dann sarkastisch. .Heute verleiht Dir der Aufenthalt in der Burg meiner Ahnen die richtige Folie ... das alte Gemäuer ruft so gut wie Du rin gewisse- archäo logische« Interesse wach!" Dame Eulalia warf dem Spötter einen nadelspitzen Blick zu, dann hob sie die eckigen Schultern und lackte schrill auf; eine nervöse Aufregung erschütterte dabei ihre schlanke Gestalt. .Allerdings, ich bade ein bencidcnSwertbe« Schicksal!" höbnte sie, .ich darf immer und ausschließlich in der Gesellschaft de« Manne« weilen, der mir goldene Berge versprochen hat!" .Die alte Litanei", sagte der Baron, mühsam ein Gähnen verhaltend, .meine Liebe, wir baden un« doch über diesen Punct so gründlich und deutlich ausgesprochen . . ." „Ich kann e« Dir nicht genug in« Gedächtniß zurück rufen, daß D» ein Elender bist!" zischte die maßlo« Erregte, während sie wieder ganz dicht an ihren Gatten berantrat und ihn mit blitzenden Augen maß. „Ein Elender", wiederholte sie. Du hast in jammervoller Weise mit meinem LrbenSglück gespielt nnd r- vernichtet. Ader e« wird die Stunde der Abrechnung auch für mich heran kommen und dann wehe Dir, wehe Dir!" zischte sie noch einmal. „ES geht doch nichts über ein friedliche-, behagliche« Heim und die von den Dichtern so anmutbig besungene HauSsrau, welche die Sorgensaltcn von der Stirn de« Gatten küßt", bemerkte Egon von Thumar in sarkastischem Tone, wäbrend er fortfuhr» die einaetroffenen Briefschaften, die sämmtlich uneröffnet auf dem Tische lagen, einer Durchsicht zu unter werfe». Seine Gattin gab keine Antwort; aber in dem bösen, haß erglühenden Blick, den sie auf ihn warf, lag eine ganze Welt von beredten Anklagen. Eine Pause entstand, die anhielt, bis der Baron mit der Durchsicht der Briese zu Ende gekommen war. .Da« wird ja recht bübsch", meinte er dann, den letzten der Bricse zu den anderen werfend, „wir werden jedenfalls da- Vergnügen haben, in nächster Zeit den GericktSvollzicbcr bei un« zu sehen. FranzeSko in Wien will nicht länger mehr warten; bekommt ebenfalls über zweitausend Mark sür cin- geklagtc Wechsel . . . Na, vielleickt läßt sich daS Schlimmste sür diesmal noch abwenden", brach er ab, als ein heiserer ZorneSschrci seiner Gattin laut wurde. „Dieser Bürger meister läßt sich vielleicht breitschlagen!" .Da« ist Deine Sache", verfehle Frau von Thumar, während sie sich mit gesuchter Nachlässigkeit in einen Sessel niedersinken ließ. .Ich habe viel über mich ergehen kaffen. Diesen letzten, wenn auch entbehrungsreichen, aber friedlichen Wohnsitz mir zu erhalten, bist Du verpflichtet. In dem Augenblicke, wo mich Deine Schuld auck aus ihm vertreiben würde, da ließe ick die letzte Riicksickt vor der Welt ver schwinden. verstehst Du mich?" Der Baron schnellte von seinem Sessel empor, und rin Zittern durchlief dabei seinen mageren Körper Er versuchte vergeben», rin verlegene« Läckeln um seine Lippen hervor- ,«bringen. .Aber ich bitte Dick, meine Liebe, wa» sollen denn diese ewigen verblümten Drohungen? Ich babe mir nickt» vorzuwersen; Aeußernngen, die ich vielleicht ein mal im Traume habe laut werden lassen, berechtigen Dich nicht . . ." .E« wird sich zur gegebenen Zeit finden, ob DaS, Wa ich weiß, Dich vernichtet oder nicht; überlasse Da« rubig meinem eigenen Ermessen, mein Lieber!" zischte Frau von Tbumar, während sie sich durch Sekunden an der pein lichen Verlegenheit ihre- vergeblich nach Fassung ringenden Gatten weidete. Dann ging sie mit der Haltung einer Königin zu dem au« Perlenstickerei bergestellten Klingclzuge, zog bebutsai» an ihm, um die schon sehr lose gewordene Verschnürung nicht unnötbig zu strapazirrn. und wandie sich an die gleich daraus ins Zimmer tretende Magd, welche au« dem Dorsc stammte und erst vor Kurzem für den Dienst angenommen war. In flüsternde»! Tone ertheilte Frau von Thumar ihre Aufträge für die Küche und den Hausbedarf; dann händigte sie ihrem Mädchen, in dem Portefeuille ihre« Gatten umber kramend und eS cinrichtend, daß die bescheiden Dastehende einen Blick auf die verschiedenen sich in der Tasche be findenden Banknoten zu thun vermochte, schließlich eine» Hundertmarkschein auS. Das Mädchen knixte und ging; Frau v. Thumar aber wendete sich zu ihrem Gatten. „Du wirst heutig noch Felix schreiben", sagte sie, .ich habe von Fräulein von Kcttcnborn, meiner Nachfolgerin i» der Stesse einer Hofdame, beule eine geradezu niederschmetternde Mittbeilung des Inhaltes er halten, daß Fclir sich auf eine Art und Weise bciichnicn soll, die ein fernere« Berbleiben in der Stellung eines Sckul- und Spielgcnossen de« jungen Erbprinzen »> Frage stellt. Du wirst es in Deinem Briefe einzurichten wissen, daß er, bereuend und Besserung gelobend, in sich gebt!" .Immer wieder die alte Geschichte", murmellc der Baron mit verdrießlichem Gesichte, wäbrend er kor sich niedersckaute, .da- ist auck so ein Beltclbrockrn, den man »nS da vor die Füße geworfen bat' Mick will man nickt mebr am Hofe, was tbut da liiein Junge noch dort ? Hätte» mir ja irgend ein Hofamt übertrage» können, aber nur nntcr der Be dingung. daß ich in der Verborgenheit lebe, ließ man sich buldvollst herbei, den Jungen al- Prügelknahen de« Erb prinzen anzunkkinen." „Du vergißt, daß Du Dich durch verschiedene Vor kommnisse bei Hofe unmöglich gemacht bast", siel ihm Frau Eulalia in- Wort, „da sind allerlei Affaircn, z. B. jene Spielgescdichlr, wegen welcher Dn vor Jahren Deinen Ab schied nehmen mnßtest!" „Ack, schweigen wir lieber darüber", sagte Tbumar, nachdem er sich wieder von seinem HustenanfaU» der ihn plötzlich überkommen batte, erholt batte. „Wir haben un- gegenseitig nicht- vorzuwersen." (Fortletzuna lolgt.)
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