Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.10.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189410074
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18941007
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18941007
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-07
- Monat1894-10
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.10.1894
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vezugS-Prei- K dar Hanptrrpedittoo oder de» im vtnd»- he^ck »nd da, «,»NI««N eeeichtew, ,°bZ»Pl«,d,,h,I»: vtechchMAich^SAL »ei zweimnliaer täglich« Znstettnn, in« Haa«^ILA» Lnrch die Post bezogen kür Leutschland nnd vaffarreich: vier»Üätzriich 9» ch—. L»«t» »i-lich, KrnEbandio^n», in« »>«l«ch: »nnnUich ^ 7AÜ. LiaMororn-Ausgob« »richeint täalich V,7Uß^ dt» »d«dchl,«^b« «ach.,,-,« L UhL Lr-<utig» »nL Lrpediti«»: Aotzn»nr««nff« ». Li. Irpeditiv» ist Wocheuiag« annnter-rocha» »dsk-t MM srü» v dt« Ab»»« 7 l». v«, «««,'« Lortt». («fra» Hotzld UniversitätSswaß« 7. L.nis Lisch.. - I«, pert. u,d KSnIgSplntz L WMgerIilgMaü Anzeiger. Lrgan för Politik, Localgeschichte, Handels- und GeschSstSverkehr. A«zeige».Prei» die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Naclame» unlar da» NedacttonSstrtch (4ß»> spaUo») bO-4, vor dm, Anmitieanachrichk» (6 gespötten) «04- Größer» Schriften laut ,«j«v» PniS- ««zeichntß. Tabellarischer ,,d gtstansatz »ach höherem Lanj. Drtr»-Vetl«>«» (gafalzt), »»« »M «, Moraen-Aulgabe. oh»r Poftbessrdarn», , »lt PoftdesSedarnn, 70.—. Annntzmeschlnß fir ^azeißen: >b»»d->»«aab«: vormittag« 10 VH». Lroega n-Tasgad«. Nochmittoo« «Uhr. Soll». nnd Festtag« früh '/,» lltzr Okt den FNialen und Annahmestelleu j. rftes Haid. Stnnd« früh«, U>ch«t^» stad stet« ,, di» LEtzsOUEa» M richt«. Druck »»d Verlag von L. Pol» t» Sechzig ^?513. Sonntag den 7. Oktober 1894. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. «.,.» d«r Negultruug »er Pleitze »ei N«sch»1tz wird der vrrkrtr «it Wafierfahrzeu-en seßer Art au» der Flußstreckr zwischea der Brücke der Königlich Sächsischen E>aat«eisenbad» und dem Leipzig-Lonnewitz«, Kretbade für die Daner der Regulirungt- arbeiten unleriagl. Leipzig, den 21. September 189«. Der Vst» 0«r Gtsdt Leiz>»1«. Id. <470. I>r. Georgt. vr. Just Lekanutmachung. Di« Räum, der Rechnung»- ««» Laffrndrrmaltuug »er Gg«auft«lten. Kurprinz-Sttaß» 1«, l. (Markthallen ^kckgebäubc), bleiben «egen vvrzunehincnder Reinigung «, ----- geschloffe». Le« R«ttz» »er Stadt Leipzig anftnltri liontag, »e« 8. Lrtoder 18S4, Leputgtion »u »e« Gasaiiftaite». Lekanutmachung. Wegen der am Li«n«t«g, »e« S. ve»«»er »teie« Aatzre» stattfindenden Reinigung der Expedition«»«»»» unserer Lportel- chiunahme« I NN» II, N-ichmarkt 2, att.« Polizeigebaude, 1. Obergeschoß, Zimmer 6 und 7. bleiben dieselben an genanntem Tage für den grichäsllichen Verkehr geschlosst«. Leipzig, am ü. Oktober 1894. Der Rath »er Ltadt Leipzig. vr. Georg t. Rchltz. Bekanntmachung. Die Leichenfrau Fra, V«»g Pitzschk« wohnt jetzt verliner Ttr«tze Rr. 4H 4. vhergeschetz. Leipzig, den 3. Oktober 18S4 Ler Vattz »er Ltadt Leipzig. br. Grorgt. Liel VIN. «»38. ietrich. Bekanntmachung, die An»eldn«g zum en.-tuttz. r«nstrma»»e«uuterricht der Srruzparochie »etr. Sille in Leipzig-Neusladl-Ntuichüneseld wohnenden Sinder, welch« Ostern 189S conftrmirl werden sollen, haben sich, wenn irgend tbunlich, in Begleitung ihre« Vater« oder ihrer Mutter an den uochvrrzeich. neten Tagen bei einem der beiden Parochialgeistlichen unter Bei bringung einer Brbtirt«- und rausdescheiuigung zum Loufir mantcnunterricht anzumelden. Pfarrer Pacht nimmt die Anmeldungen in der Sirchentxp«- dition, L-Neuschöiiefeld, Clarastraße 16, parterre, entgegen: Lien«taa, den ». Oktober, «—6 Uhr Nachm , Mt«t»»ch, den 10 October, 2—6 Uhr Nachm. Ltako««» Richter an derselben Stelle: Freitag, den 12. Oktober, 4—6 Uhr Nachm., Lounaoe»», den 13. October, 2—6 Uhr Nachm. La» e».-luth. Pfarramt z. tz. Rre««. M. P-che, Pf. Lekanntmachung. MittMoch, »en 10. Oetoder, Nachmittag« 3 Uhr. wich rin Prösf»»»g«gottr«»ienf. für den diesjährigen Lonfirmanden-Unter- richt in der St. Markustirch« gehalten werden. Sämmtliche Lon- firmanden der St. Mariusgeinelnde wollen sich dazu einfinden. Dir Eltern und Angehörigen sind freundlichst geladen, an dieser Feier Theil zu nehmen. Leipzig-Reudnitz, den 6. Oktober 1894. Pfarramt Lt. Mark««. Ed. Rausch, Pastor. Gefunden oder al« herrenlo« angemeldet resp. abgegeben wurden in der Zeit vom 16. bi« 30. September 1894 folgende «egenstände: ein Geldbetrag von 7 SO >z. »i» Poriem. mit 3 II mehrere dergl. mit geringeren Beträgen, eine goldrnr Damrn- Remantoiratzr. eiu« alte silberne Ehlinder-Uhr, lt gol»eue Ringr. ein Trauring, einige goldene Armreife, 2 Lorallen- droschen, ein« golden» und ein» silberne Brosche, 1 Paar Granalohrringe, rin Portemonnaie mit einem Ohrring, »In goldener Manschettenknopf« eine Echildtrotnadel, »ine Hut- seder, «in seidene« Tuch, rin Ligarreuetpi mit Photographie, ein sranzös. Lesebuch, et« a-ldktierSlrnuner, 2 ander» dergl., eine Brille, mehrere Schirme und Stöcke, eia« bunt« Luch- Mütze, k> Damast-Lervieilrn (gez. „UlnbiMou"). »t,» dunkel- blaue Lnabenjack«, ein weifirr Frauenrock und ein« Schürz«, rin Packet schwarzer grftretstcr lamentlridrrstoff, «tu» Parti» Schlüfiet, ein Puppenwoaen, ein« Peitsch«, »in» lederne und «ine wollene Pferdedecke, »tu leere« Bierfaß. Zur Ermittelung der Eigenthümer wird die« hierdurch bekannt gemacht. - . - - . Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welch« im III. Ouartal 1893 Fundgegenftände bei un« abgegeben habe», auf, dieselbe, zurückzufordern, andernfall« darüber de. Rechten gemäß verfügt werden wird. Leipzig, den k. Oktober 1394. La« P»ltzei«Rm1 »er Lt«»t Leipzig. Bretschneider. Ml. Die ßädlifche Aparcaffe »»leiht LSerthpapierr vmer günsstge» Vedingnngen. Leipzig, de» 10. Januar 1694. Lt« Lpareasfen-Leptttatio«. Oekilnnlmnchung. Anmeldungen zu den SlUSbilduNg«- und <Ste»erholn«>«- rnrsr« in der „erste» Htlsr »ri N«gtück»säle« ' werden bi« zum in unserer GeichLitsstell« (I. Eanilät»wach«) Hainstraß« 14 genommen. tnIgeHrnge — menrar» können »bendaselbst lü. Oktober — gege« 1 Einschrribegebübr „ Anmeldnoae» zum DoMrnrNr schristlich) bewirkt werden. Leipzig, de» 1. Oktober 1894. Ler vorstan» »«» Lowariter-Vrrein«. vr. weä. Aßmu«. louch Im Hasse einig. L Im Rückblick auf die verflossene Woche darf die national- iberal« Partei mit dem Friedrich H. de« Siebeniiihrigen Kriege« sagen: »Sie sind ja Alle wider mich." Mit AuS- nabme der freiconservativen hat die Presse aller Parteien di« Rede von der deutschen Uneinigkeit zu Schanden gemacht und ich im schönen Verein, .Vorwärts" und .Krcuucitung" mit gleichem Schritt und Tritt, auf den Frankfurter Delegirtentag geworfen. Es verschlägt nicht viel — die national« und temäßigtliberale Partei ist ihre« Hubertusburger Friedens lchcr —, aber e« verlohnt sich, den Beweggründen der ijoalitionSbildung aä koe nachzusraaen. Da ergiebt sich dir merkwürdige und etwas erheiternde Erscheinung, daß Diejenigen, die den Frankfurter Resolutionen im Innern rustimmen, ebensolchen Aerger empfinden wie Jene, die den Beschlüssen widerstreben. Die Radikalen und Gouverne- meutalen, vielleicht besser gesagt: die Radical-Gouvernemen- talen verdrießt eS, daß solche Resolutionen überhaupt ge atzt wurden, und den Anderen ist es fatal, daß sie von den ttationallibcralen gefaßt wurden. Diese Beobachtung läßt sich bei jedem Puncte der Beschlüsse machen. Mit dem, was für den Mittelstand in Stadt und Land und zur Be- kämpfung des unlauteren Wettbewerbe- gefordert wurde, müssen die Conservativen und die Ullramontanen grundsätzlich einverstanden sein und sind es auch, aber die Einen sind von jeher und die Anderen seit Tivoli gewöbnt, ihre Parteiprogramme vor Allem als Instrumente für die Wählergewinnuna anzuseben, und bei dieser geschäftlichen Aussassung sind sie dahin gelangt, Forderungen anderer Parteien, die mit den ihrigen verwandt sink, al« unliebsame Concurrenz zu empfinden. In einer sehr wichtig, ja brennend gewordenen Frage, der der Begijnstigung der Waarenhäuser fürLsssiciere nndBeamte, gehen überdies die Nationalliberalen in dem Bestreben, da» mittlere und kleine Gewerbe zu schützen, weiter als vie Eonservativen. die noch in der vorigen ReickStagSsession einen Redner für die Beamten» und OssicierSgeschästr in« Treffen geschickt haben. In der gleichen Lage wie gegenüber den wirtbschaftlichr» Resolutionen der Nationalliberalen befinden sich — birr in etwa» veränderter Gruppirung — die Parteien gegenüber den politischen. Eugen Richter und die.FrankfurterZeiiung" fühlen ungebeuckelten Schmerz über die Forderung nach einem klaeen ReaierungSprogramni, einheitlicher Haltung, zweck mäßiger Polen- und tbatkräftiger Eolonialpolitik. Dir Eonservativen hingegen empfinden mit Unbehagen den Unter- schied zwischen der offenen, festen und positiven Sprache, dir in Frankfurt gesprochen wurde, und den Formen, in denen sir Kritik zu üben und Forderungen zu betreiben sich gewöbnt haben. Wenn man sich der reclamenbaften, binterbältigen und politisch leeren Rede erinnert, die der .erste conservativr Führer", Freiherr von Manteufiel, kürzlich im Namen de« ParteivorstandeS in Erfurt gehalten hat und mit der die .Kreuz- zeitung" saute cke mieur Staat zu machen versuchen mußte, so wird man eia Gefühl des Neide« aus jener Seite wodl erklärlich finden. Mit der bürgerlichen und der Socialdemokratie findet sich da« Zentrum von den politischen Forderungen der National- liberalen — r« ist außer den erwähnten an die Beschlüsse zur Bekämpfung der Umsturzbestrebungen, sowie zur Ordnung de« Finanzwesens zu erinnern — sachlich unangenehm berührt, öeine Presse fuhrt denn auch den Reigen Derer, die glauben machen wollen, man bade in Frankfurt nicht cigenllich neue Politik, sondern neue Personen verlangt. Wir geben über die unbewußl« Kritik drr jetzigen Regierung, dir in dieser Deutung der streng sachlichen Resolutionen der National- lidrraleu liegt, mit vrr der Unbesonnenheit der Liebe gebührenden Schonung hinweg. Ebensowenig ballen wir e« aber auch für nöthig, un« mit der plumpen Ausbeutung einer mangelhaft wiedergegebrnen Tischrede abzugeben, dir von verschiedenen Seilen versucht wird; wir befurchten nicht, daß der klar erkennbare Zweck dieses .unehrlichen Spiels" erreicht wird. Am allerwenigsten kann un« da« Mitspielen drr Redaktion drr .Nordd. Allg. Ztg." veranlassen, dem Manöver Beachtung zu schenke», (rine fünsundzwanziq- jährige Geschichte zeigt die nationalliberale Partei al« die entschiedene Gegnerin deS parlamentarischen RegierungS- svstcm-, dessen Wesen in der Beeinflussung der Wahl der Minister durch Parteien besteht. Diese historische Thalsache bildet eine Bürgschaft für die Stellen, auf die durch die Verleumdungen eingewirkt werden soll, und wie wir glauben, eine festere Bürgschaft als die soeben erst vor sich gegangene Bekehrung deS Vorkämpfers der Monarchie nach englischem und belgijchem Muster, Engen Richter'-, zu der den National- liberalen ringewunelten Lehre, daß da« Recht de» HrrrscherS, seine Rätbe zu bestellen, ein uneingeschränkte« sei. Neue Politik, und nur diese, ist in Frankfurt gefordert worden. Daß sie — wenigsten« so weit da« von den National- liberalen an die Spitze gestellte Verlangen, die kaiserlichen Pläne wider die Umsturzbestrebungen zu verwirklichen,in Betracht kommt — in Angriff genommen werden wird» verbürgen die Ankündigungen von Ministerverhandlungen unter Mit wirkung de« Grafen Eaprivi. Bi« aus Weiteres kalten wir un« nun für berechtigt, dir neuesten reichSofficiöfen, nun mehr zumeist in Angriffe gegen die Nationalliberalen geklei deten BedenklichleitSäußerungen al« RückzugSkanonaden aus- rusassen. Die dabei gefallene Behauptung, daß jede« ActipnSproaramm der Regierung Gegner in der national- liberalen Partei finden werte, halte nur einen Sinn, wenn man entschlossen wäre, e« auf diesen Effect anzulegcn, und insbesondere sich mit dem Ultra montaniSmu« über die Er neuerung der l892«r Aera verständigt hätte. Da« ist Wohl nicht der Fall. Vorläufig bietet sich auch noch die .Germania" an, um den Preis der völligen Ver nichtung de« Liberalismus bei der Bekämpfung de« Umsturzes mitzutlmn. Gleich der »Htreuzzeitung" schildert auch diese« Blatt den gemäßigten Liberalismus als völlig ungeeignet, d«r staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung al« Stütze zu dienen. E« construirt zu diesem Behufe eine „Ordnung im tieferen Sinne", die natürlich nur von den Ultramontanen zu haben ist. Daß der Protestantismus in keiner seiner Schaltirungen sie bieten lünne. wird wohlweislich in diesem Augenblick nicht gesagt, ist aber aus deutschem Boden in der Mainzer Katbolikenversammlung von >892 ausgesprochen worden, wo ein Bischof und andere Redner die Evangelischen Deutschland- zur .Rückkehr" zum katholischen Glauben auf- grsordert haben. Auch der Schein, daß ein solcher Preis jemals gezahlt werden könnte, muß vermieden werden. Weitere- Entgegen kommen gegen die ultramontanen Machtansprüchc würden ihn erwecken. Bei drr lückenlosen Befriedigung der religiös«» Bedürfnisse, die drr katholischen Kirche in Deutschland zu Theil geworden ist, wird sich früher odrr später bei der Masse der deutschen Katboliken die ürkenntniß durchringen, daß mit dem Schutze drr Gesellschaft nicht ein Mackttzuwach« sür den politischen UltramontaniSmuS verbunden sein muß. Deutsche- Reich. 8ß. Berlin, 6. October. Graf Eaprivi hat sich bekanntlich gleich nach seinem Amtsantritt veranlaßt gesehen, zwar nicht im Reichstage, wodl aber im preußischen Abgeordnelenhause eine gewissermaßen programmatische Rede ru halten. Freilich konnte man dieser Rede kein RegicrungSprogramm entnehmen, und auch nachdem der Herr Reichskanzler später eine ziemlich große Zahl von Reden im Reichstage gehalten, ist kein Mensch >n« Klare darüber gekommen, welchen bestimmten EurS der .neue EurS" eigentlich tnnebält. Die Unterstützung der Freisinnigen bezeichncte Graf Eaprivi als „uuheimlich" und versicherte außerdem, daß jede GeseheSvorlage vornehmlich darauf hin geprüft werden würde, in wie weit sie der Socialdemokratie entgegen wirke. Dabei bat sich aber tbatsächlich ergeben, daß die bürgerlichen Demokraten und die Socialdeniokralen von der Mehrzahl seiner Maßnahmen befriedigter sind, al« ander« Parteien, und einen Personenwechsel >m ersten ReichSamte am meisten befürchten. Die beiden konservativen Parteien und dir Nationalliberalen bekämpfe» da« System de« Schwanken« und Zauderns, die beiden demokratischen Parteien dagegen begen den sehnlichen Wunsch, daß die jetzige Zcrjahrenheit möglichst lange andauere, und überbieten sich in Vertheidigung de« angeblich durch In triguen und Verschwörungen bedrohten Reichskanzler-. In seiner oben erwähnten Antrittsrede gab Graf Eaprivi eigent lich nur eine bestimmte Erklärung ab: fortan werde ,S keine ofsiciöse Presse mehr geben. Aber der Eindruck ist allgemein: wenn Graf Eaprivi da« ernst gemeint hat, woran wir keinen Augenblick zweifeln, so beweist der jetzige Zustand, daß ganz gegen seinen Willen und gegen seine Absichten gehandelt wird. lieber die Vorgänge in den RegierungSkreiien befleißigt man sich einer seits einer Gebeimnißkrämerei, wie sie zu Zeiten d«S Fürsten ViSmarck ganz unbekannt war; andererseits aber bieten dir Osficiösen auch heute Leistungen, durch welche jede Regierung bloß gestellt werden muß, und all» diese verwirrenden Auslassungen bleiben unberichtigt. Gestern ist der Herr Reichskanzler zum Vortrag beim Kaiser nach Hubertn-stock gereift und gleichzeitig hat der Kaiser den preußischen Ministerpräsidenten zum Vortrag empsangen, der am Dienstag nach Berlin zurück kcbrt. Just zu dieser Zeit bringt die .Nordd. Allg. Ztg." einen Artikel, in dem sie die bürgerlichen Parteien davor warnt, sich über die Gefährlichkeit der socialdcm»- kratischen Umsturzthrorie durch die scheinbar zabme Taktik täuschen zu lassen, die Herr v. Bollmar am dem Parteitage der bayerischen Socialtcmokraten zu empfehlen für angezeigt kielt. Jetzt endlich betont da« ofsiciöse Blatt die Nolhwendigkeit energischer Abwehr der Umsturz-Propaganda — nachdem cs bis in die letzten Tage die Theorie de« „kalten Blute«" vertreten hatte. Welches ist nun die wirkliche Meinung der .maßgebenden Kreise"? Mit den» ebenfalls osficiös bedienten „Hamburg. .Eorrrsp." sind auch wir der Ansicht: r« ist sebr gut, daß der Zusammentritt des Reichstag« „mit schnellen Schritten derannabt." Es ist höchste, allerhöchste Zeit, daß endlich Klarheit in dir Situation kommt. Eine langer« Zaudcrpvlitik könnte sür da« Vaterland schwer« Gefahren herausbeschwören, und inzwischen wird mit dem Ansebcn der Regierung auch diese selbst geschwächt, während die Macht der scrupelloscn Revolutionaire von Tag zu Ta- zunimmt. O Berlin. 8. October. Zwischen dem . Barwärt«" und der „Freisinnigen Zeitung" besteht seit längerer Zeit rin Federkrieg, der hauptsächlich seine Nahrung au« dem Bicrboycott bezieht. Heute droht drr „Vorwärts" der freisinnigen Partei mit Aufkündigung der Freundschaft, weil da« genannte freisinnige Organ von socialdemokratiscker Agi tation gegen ras neue Tabaksteuerproject gesprochen, folgendermaßen: .... ES hat Zeiten gegeben, wo unsere Partei ein taktisches Interesse daran hatte, zu verhüten, daß die frei sinnige Partei aus dem Verzeichnis der Parteien im Reichs parlament ausgelöscht werde; ob diese- Iuterefsc auch sür später« Fälle noch Vorhalten wird, erscheint unS nach dem Verhalten de- leitenden Organs jener Partei mit jedem Tage zweifelhafter." Daß eS ru diesem Bruck nicht kommen wird, dafür werden die Herren Liebknecht und Singer sorgen, die trotz aller ParteilagSbcschlüffe initiier wieder Wahlbündnisse mit den Deutsckfreistnnigen abgeschlossen haben. Aus einen bezüg lichen Hinweis auS den Kreisen der „Genossen" antwortete Liebknecht im vorigen Jahre im Briefkasten, daß Eugen Richter trotz Allem al- ein harmloser Gegner zu betrachten ei. — Um sich KriegSmunition zu beschaffen, wollen die narchisteu in Zukunst Theater und Eoneertr arrangiren. Di« erste Thealervorstellung soll am Sonntag den 2>. d. M. im National-Tbeater stattfinden. E« wird „Ein Fest aus der Bastille" zur Ausführung gelangen Al« Arrangeur ist der anarchistische Leseclub „Fretbett" in Rixdorf vorgeschoben. Der Eintrittspreis ist auf 60 festgesetzt, y>e Plätze sollen auSgeloost werden. Zs Bertt«, 6. October Die Aussichten sür mittel lose Auswanderer sind gegenwärtig so schlecht, wie noch nie vorher. Von überallher werden Warnungen lau». Allent halben ist drr ArbeitSmarkt überfüllt; wer keine anderen Hilfsmittel al« sein Wissen oder praktische« Können bat, geht raschen Schritte« dem sicherem Elend entgegen. Weder nach ge lernten, noch nach ungelernten, weder nach Kovf- noch nach Hand arbeitrrn herrscht irgendwo «in erkennbare« Bedürsniß. Immer lautet die stereotype Redensart: K>.in Vorwärtskommen ebne Capital. Einige südamerikanische Staaten machen scheinbar «ine AuSnabm«; indeß weiß man an« den in Brasilien ge machten Erfahrungen zur Genüge, wir bedenklich eS sür deutsche Auswanderer ist, sich gerade in jene Gegenden zu wagen, wo der mit Sprache, Laad und Leuten unbekannte Ankömmling schutzlos jeder Willkür und Spitzbüberei preiS- geaebcn ist. Man kann also mittellosen AuSwanderungS- lustigen nur immer den dringenden Rath wiederholen, bei Leide nicht aufs Gerathewohl hmausjugeben. V. Berit«, 6. October. (Telegramm.) In den letzten Tagen meldete die „Verl Bors-Ztg ", daß die kaiserliche Fa milie „auch in diesem Winier" einige Wochen in Abbazia zubringen und der Kaiser von dort aus dem Schulschiff „Stein" einen Ausflug nach Venedig unternehmen werde. Ganz abgesehen davon, daß die kaiserliche Familie während de« Winter» im Neuen Palai« dezw. im königliche« Schlosse ru Berlin zu residiren pflegt und bisher auch stet- restdirt hat. genügt eS wobl, jener Meldung gegenüber darauf hinzu weisen, daß eS de» Gepflogenheiten an unserem Hose wider spricht, bereit« im Herbst« isseisepläne für da« nächste Jahr testzusetzen. Berlin, 6. October. (Telegramm.) In der vor gestrigen Sitzung des BundeSeattz«, über deren Beschlüsse schon berichtet worden ist, berichtet der „Reichs-Anzeiger" ferner: Nachdem der Vorsitzende von drr durch den Kaiser erfolgten Ernennung der Mitglieder der Ausschüsse für das Landbecr und die Festungen und sür raS Seewesen Miltheilung gemacht hatte, sand d>e Bildung d«r übrigen Ausschüsse durch Zurusswahl statt. Die Vorlage, betreffend die zollamtlichrBehandlung deritatienischenVcr- schnitt»Weine und Moste, wurde den Ausschüssen sür Zoll- und Stcucrwescn und sür Hantel und Verleb», über- wiesen. Mit der bereits an die zuständige» Ausschüsse er folgten Ueberweisung de« Anträge- Anhalts, hetressend dir steuerliche Behandlung der Abraumsalze, de« Anträge» Anhalts, betreffend die Abänderung des Etat« der Solz- slcurr-Brr waltun gskosrcn sür da« Herzoglhum Anhalt, der Vorlage, betreffend den Entwurf einer neuen Fassung der Anlage V zur Verkehrs-Ordnung für die Eisen bahnen Deutschland«, erklärte sich die Versammlung einverstanden. Außerdem wurden Eingaben »orgelcgt. v. Berlin, 6. October (Privattrlegramm.) Der „Nordd. Allgemeine» Ztg." zufolge wird beabsichtigt, die VnI1rn««n, »e« A»tch«tn«i»„I>än»ea durch feierliche Schlußsteiolegung zu begehen. Der Kaiser habe feine Ihrilaahmr in Aussichl gestellt. 1t. Berttn, 0. October. (Privattrlegramm.) Die „Post" bestreitet die Melkung de« „FreindenblatteS", daß am Mittwoch die zur Untersuchung verdasteten kberfenerWerterr Lchüter bi« auf zwei entlassen worden seien. Schon aus der Größe drr Arbeitslast, welche au« dem Verbör von über >8<» Personen erwachse, ergebe sich die Unmögtichscit der Entlassung einzelner. Die „Post" fügt dinzu, die Ver höre bestätigten, daß eS sich nur um DiSciplioar- vergeden handle, welche mit politischen Dingen nicht das Mindeste zu thun hätten. Nach dem Gange der Untersuchung sei es nicht ausgeichl«ss«n, daß di« Untcrojsiciere, deren Schuld sich nicht erweisen sollt«, die Lbrrseuerwerker- Lausbahn später wieder ausnehmen könnten. ch Brrltn, 6. Oktober. (Telegramm) Der Ober- Präsident bat den Beschluß der städtischen Behörde, daß da von auswärts bixr «ingefiihrtc Fletsch, welches in diesigen Speise- und Gastwirth schäften verabreicht wird, vor der Zubereitung einer Untersuchung unterzogen werden muß, bestätigt. * Tanzt», 4. October. Vor längerer Zeit tvnrde berichtet, daß in der benachbarten Ortschaft Ga rdjchau ei» junger katholischer Geistlicher einer Frau, dle sich kürzlich mit einem evangelischen Mann verheirathet hotte, Sonntag« in der Kirche vor versamiuelter Gemeinde mit einer zusammengedrehle» Schnur »i«hrere Streiche auf den Rücken apvtieirt hatte. Die bischöflich« Behörde in Pelplin hatte dies Berfnhre« gemißbillig» und dein betreffenden Geistlichen »inen onderen Wirkungskreis an gewiesen. Las ..Wesivr. Voiksbi." i» Tauzia bestritt demols die Richtigkeit der Mittheiiuiig, da nur eine kirchlich - „symbolische" Handiuna vorlicgc. Tie „Tanz. Zig." bringt jetzt da« Resultat der gerichtlichen Feststellung, denn am 3 October hat das Gericht zu Pr. Stargard sein Ilrtheil in dieser Anaelegen- beit gesprochen Die Verhandlung nahm eine» vollen Gericht», tag in Anspruch, lieber ihren Verlauf wird dem genannten Blatte geschrieben: Der evangelische Arbeiter Grandt in Gardschau schloß tm December v. I. mit einem kotholischen Mädchen vor dem Slendesamt die Ehe und ließ sich am T»g« daraus in der evan- aelischea Kirche zu Schvueck evangelisch traue». Im Januar d. I. begab sich Frau Grandt zu dem jetzt iu Ckirim ltirei« Lübau) wobnbaslen Vlcar von Wilkanz, der zu jener Zeit den katholischen Psarrer zu Gardschau vertrat, und äußcrie den Wunsch, ihre Ehe auch »ach katholischem Ritus esngeseanet zu sehen. Der Bicar Iheilt« ihr daraus mit, das, diesem Wunsche nicht nackgekommen werden könne. Da »in« Einsegnung der Ehe »och evangelischem Ritus bereii» vollzogen sei, sei sie al« von der katholischen Ktrch« ezcommunicirt anruletzen. Ais die Frau dann di« Wiederaufnahme in di« katholisch» Gr„>rinschost erbot, mußte sie zunächst versprechen, ihre »inder tolholisch erziehen zu lassen. Nachdem sir ihres Manne« Einwilligung dazu eriongt und beide Ehegatten »in dahin gehende« Versprechen abgegeben hatten, hotte vicar v. Wilkanz von, bischöflichen Vicariat zu Pelplin die Erianbniß »in, di» Ehesrau wiedcr in die Geineinschajt drr kathoiiichen Kirche auszuiiehmen. AI« »un die Frau an einem Freitag, zu ihm kam, um sich rrsiiiuire» zu lassen, eröffne!» ihr der vicar, daß er diese le^rliche Handlung am nächsten Sonntage in der Kirche nach beendetem Goiteabienst« vornehmen werde. Am Sonntag war die Kirche recht stark besucht und der Vicar hielt eine Predigt über die Mischehen, deren Schädlichkeit und llnruläsfigkeit. Kathoiiktn wrrden durch enangelisch« Einsegnung einer solchen Ehe exrommunicirt und müßten erst wieder restiluirt werde». ES set der Gemeinde bekannt, daß »in „solch «rauriger Fall" hier in Gordichau vorgekommen sei, er werde nun zeige», wie »ine solch« Person wieder ausgenommen werd», und theoretisch Züchtigung und Wiederaufnahme vornehme» Er stieg sodann von der Kanzel herab, setzt« sich aus eine» Stuhl, hieß Frau G. vor sichnlederknieen nnd rrtbeilte ihr mit demEingulnm ibee gedrehten Schnur) 10—lb Schläge über den Rücken Der Edeniann »rluhr erst durch Ander» da« Vorgesallene und holte den Arzt, um st« untersuchen zu lassen. Der Arzt konnte nun Kürpernerletzung», allerving« nicht srststellen Nach diesem Ergebniß der Veweilansnahme. zu welcher 23 Zeuge» »or-eladen waren, »on denen aber nur 12 vernommen wurden, weil durch sie dir Sache erschöpfend Narqeftellt war, beantragte der erste Staats anwalt Lippen au« Danzig, den Angeklagten wegcn Beleidigung
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