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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941010027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894101002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894101002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
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v»-«gS-PretS ß, tz« Ha»pt«r-«dit1o» «d« d» im Stadt, dmtrk «d di» Vororte» errichtete» A,»- ^bestelle» «bgeholt: vierteljährlich 1 4L bei »weiwaliaer täglicher Zustellung inj Heu« »l 5-50. Durch die Pos» bezogen für Deutschland und Oesterreichs vierieljädrlich ^tz «,—. Direct» täglich« Kreuzbaadiendnag stch Auslaad: inouollich ^l 7.50. Dtt vtorgrn.Su«gabe erscheint täglich '/,7Uyr> di» Lbeud-AuSgabe Wochentags 5 Uhr. ^ Lediikttou »nL Lrpeditiou: z»hannr»,asse 8. Di» Expedition ist Wochentag« uuuuterbroche» Giijffuet »o» früh 8 bi« Lbead« 7 Uhr. Filiale,: vtt» «e»»'« e»rti«. mitte» dich». Uuidersitätlstrabe i, Lo»««Lßs»e. , Odihuriunistr. t«. Part und Sönlgsvlatz L. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Lrgan fiir Politik, Localgeschichte, Hondels- und GeschSstsverkchr. 2lnzeige«.HZrets die «gespaltene Petitzelle L0 Psg. Reklamen unter dem Redactionsftrich («au- spaltea> 50-H. vor den Familie»nachrtchk, lS gespalten» 40-^. 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Zu diese» Vorgängen gehört taS blutige Duell zwischen dem jetzigen preußischen Gesandten in Hamburg, ». Kiderirn-Wächter, und dem Kladderavatsch- Rcvacteur Polstorss, ein Knalleffect, den >u einem RcchtS- staate kein Mensch als eine befriedigende Lösung des vorbcr- gegangenen papiernen Kampfe- anschcn kann. Es ist daher erfreulich, daß das .Deutsche ArelSblatt", Organ der deutschen AdelSgenofscnschast, auf den Fall etwas näher ein geht, und zwar in einem Artikel, in welchem sehr deutlich zu Gunsten des Herr» Polstorss und gegen Herrn v. Äiderlen Stellung geuommen wird. ES heißt in diesem Artikel: „Daß über die beiden Duellanten eine kurze Festungshaft der- hängt werden würde — sie haben je 4 Monate erhalten — stand ia zu erwarten und ist nur von privatem Interest'»." Bemerkens- w«rth sind dagegen die Eröffnungen der beiden Herren zu der Sache selbst, welche die Veranlassung zum Zweikamps gewesen ist. ES wird noch allgemein erinnerlich sein, daß Herr von Kiderlen. Wächter, da« Auswärtige Amt, in«, besondere das ossiciöje Prestbureau, im Briefkasten des „Kladderadatsch" in schärfster Weise angegrisse» wurden, ohne daß einer der Betroffenen einen Strafantrag gegen den An- greiser gestellt hätte, obwohl dieser eine gerichtliche Entscheidung fortgesetzt und in unzweideutigster Form vrovocirte und sich zu einem actenmäßigen Beweise aller seiner Behauptungen erbot. Der StaatSanwalt beantragte gegen Herrn Potstorff eine höhere Strafe al« gegen Herrn von Kiderlen, weit die größere Schuld auf Seiten der Erste«,, liege. Dagegen verwahrte sich Herr Polstorss. Die Angriffe des „Kladderadatsch" gegen Herrn von kiderlen seien erst noch reiflicher Ueberlegung aus Grund unantastbaren Material« unternommen worden. Die Regierung hätte sich entschließen müsse», gegen den .Kladderadatsch" das Straf- verfahren zu veranlassen, aus die Gefahr hin, daß alle Behaup- tungen voll erwiesen würden. Das Hab» dieRegierung aus ganz bestimmten Gründen unterlassen, »nd so habe er den» nicht umhin gekonnt, sich Herrn von »iderlen zu stellen, obgleich durch solch« Schießerei iu der Sache absolut nichts bewiesen werde» konnte, Herr von Kiderlen bestritt nuu entschieden, daß für die beleidigenden Behauptungen auch nur ein Schimmer von Beweis erbracht werden könne. Seine Vorgesetzte Be hörde habe den Slageweg nicht betreten, weil es sich um Dinge handle, die sich nicht beweisen lassen. Aber diese Argumentirung nimmt sich doch einigermaßen befremdend au«, dq eS ja gar nicht der Regierung oblag, feinen Be- weit zu führen, sondern einzig und allein Herrn Polstorss." Selbstverständlich richtet sich da- Urtbeil des Organ- der .Edelsten der Nation" nicht nur gegen Herrn von Kiderlen, sondern auch gegen seine Vorgesetzte Behörde. Da- preu ßische Abgeordnetenhaus wird hinter dem .AtelSblatte" nicht Zurückbleiben dürfen und bei einer EtalSposition, die nickt näher bezeichnet zu werden braucht, Aufklärung darüber verlangen müssen, ob eS in Preußen .Sitte" werden soll, daß Beamte, gegen welche öffentlich schwere Beschuldigungen er- boben werden, zur Pistole greisen, um bei dem laisser «Iler ihrer Vorgesetzten Behörden diese Beschuldigungen tobt zu knallen. Ueb«r einen LpiritnS-Monopol-Plan, den eine aus Mit gliedern der freien wirthschasllicken Vereinigung des Reichs tage-, de- Bunte- der Landwirthe und des Verein- der Spiritusfabrikanten Deutschlands bestehende Commissivn ent worfen hat, macht Herr von Diest-Daber in der „Kreuz zeitung" Mittheilung. Herr von Diest hebt besonders hervor, daß die Beratbungcn, die im lausenden Monat fortgesetzt werden solle», einen privaten Charakter" hatten. Den wird daS Project wohl auch bebalten. Ihm zufolge soll ein Monopol eingcsübrt werden, nicht um dem Reiche Mehrein nahmen zu schassen, sondern lediglich um tcn Preis für die Brenner zu erhöhen; zu diesem Zwecke würde da- Reich der SpiriluS-Zwischenhäntler werten, der den Spiritus von den Brennern kaust und an die Wirtbe :c. verkauft; den Preis, welchen daS Reich den Produzenten zahlt, sollen die Regierung und der Reichstag mit einander vereinbaren. TaS könnte, wie die „Nal.-Ztg" bemerkt, ein schöner Schacher, und zwar keineswegs nur uni de» SpirituSprciS, werde»! Auch eine Ausfuhrprämie soll bezahlt werten, wozu die Geld mittel durch Beseitigung der Steuerfreiheit zwar nicht für alle gewerbliche Verwendung de- Spiritus, aber für einzelne Zweige derselben beschafft werden sollen; die Steucrfreibeil soll für die Essigfabrikation, für Zucker fabriken, Apotheken, Parfümerien .u. s. w." abgcschafsl werden. Man kann wohl ohne Bcsorgniß die weitere Ent wickelung dieser .privaten Arbeit" mit anseben. lieber die schwebenden Berhantzlungr» der enrotzätschrn Grotzmächtr zu», Schutze ihrer Staatsangehörigen in China wird dem .Hamb. Eorr." von unterrichteter Seite aus Berlin geschrieben: „Die allgemeine Voraussetzung ist die, daß jeL« Macht im einzelnen Fall« verpflichtet ist, ihren Schutz nicht nur den eigenen Angehörigen, sondern den Angehörigen aller anderen Mächte zu Theit werden zu lassen. Ter Schutz wird zunächst lediglich den Kriegsschiffen der einzelnen Mächte zu übertragen sein, woraus folgt, daß die im Innern lebenden Europäer, saUS es überhaupt noch nolhwendig ist, durch die Eonsuin ausgcsorderi werden, sich »ach den Sustenplätzen zu begeben, wo eine Schutzaction der Kriegsschiffe allein slaiifiiide» kan». Dauitt aber i» allen in Frag» kommende» Häsen dieser Schutz ermöglicht wird, bedarf es einer Bersländigung der Möchte über die Ver» theiluug der Kriegsschiffe aus di« einzelnen Häsen. Inwieweit die Actio» der Kriegsschiffe im einzelnen Falle ausreichen wird, die Sicherheit der Europäer gegenüber dem „lhürichien Volke", wie es neulich in einem chjnesische» Rundschreiben an die Mächte hieß, zu aaiantireil, bleibt abzuwarieu. Mau wird aber sür alle Fäll« Vorkehrungen treffe» müssen, indem man den Eominanbanlen die Vollmacht giebl, im Falle dringender Bedürfnisse Marine« truppen zu landen, wie das deuischersett« in früheren Jahren einmal zur Sicherung der Europäer in Söul ge- schehca ist. So lange nicht «ine uninitieibar» Geiahr vorhanden ist, werden die Mächte selbstverständlich darauf Rücksicht nehmen, daß die chinesische Regierung — wie zweifellos jede andere auch — di« Landung sremder Truppen auf ihrem Gebiete zu verhindern wünscht. Aber dieses an sich berechtigte Verlangen wird nur so lange berücksichtigt werden können, als die chinesische Regierung den ihatjSchiichen Beweis führt, daß sie selbst im Stande ist, die Europäer gegen den Pöbel zu schützen." Im Interesse der Sicherbeit unserer zablreichen Ange hörigen in Ebing ist eS zu wünschen, daß die Berbantlungen recht bald zu einer Verständigung zwischen den Groß Mächten führen. Nach der heule vorliegenden .Pol. Eorr." soll übrigens zwischen England. Rußland, Frankreich und Italien ei» Einvernebme» schon erzielt worden sein. Die Meldung ist jedenfalls unrichtig, da es unS ausgeschlossen erscheint, daß über den Kopf Deutschland- hinweg eine derartige Verständigung herbcigeführt werte. Ist doch auch, soviel man weiß, die Anregung zu einer gemeinsamen Action von Deutschland und England auSgcgangen. Die Polen Oesterreich« haben sich durch die Lembrrger Feste und die Auffrischung der Erinnerung an das groß- pojnische Reich in eine bedenkliche Situation gebracht. Sic fühlen selbst, daß sie dadurch die Wege der äußeren Politik Oesterreich-Ungarn- gekreuzt und in Deutschland wie in Ruß land eine üble Slimmunz erzeugt haben. Wenn die Proteste von außen her im Allgemeinen nicht schärfer sind, so rübrt daS daher, daß Oesterreich-Ungarn mit dem deutschen Reich im Bunde und mit Rußland in guten Beziehungen siebt; die- dämpfte den Widerspruch, und daS Unwetter wird sich vielleicht verziebcn. Fürst Bismarck vertrat in diesem Falle wieder daS Gewissen der deutschen Nation, die eS sich nicht gefallen lasten kann, daß die LandeSlbeile im Osten daS Recht aus Loßrcißung vom Reich in Anspruch nehmen Mit diesen Dingen bängt daS Schweigen der polnische» Abgeordneten Oesterreich- in den Dele- galionSverhandlungeu zusammen. Sonst ergriff stet em Pole taS Wort, ui» die Zustimmung seiner Partei zum Dreibünde und zur äußeren Politik au-zusprcchen. WaS hätte er diesmal lbun sollen? Konnte ein polnischer Redner die Ansprüche, die in Lemberg erhoben worden waren, de- Weiteren begründen? TaS wäre unklug gewesen. Zum Mindesten balle er sich verpflichtet gekühlt, dem Fürsten Bismarck zu antworten; aber auch diese- Duell wäre zu gefährlich gewesen. DaS Schweigen der Polen wurde viel besprochen; deshalb ergriff, wie der Telegraph schon gemeldet bat. einer ihrer Vormänner, Gras Badeni. bei dem von dem Kaiser gegebenen DelegalionSdiner die Gelegcnbcil, um dem Monarchen die Versicherung zu gebe», daß die Polen nach wie vor die Politik de- Grasen Kalnolr, billigen; da sie in gleichem Sinne Iabr sür Iabr ihre Stellung präcisirt bätlcn, so sei eine Wiederholung nicht nolhwcnkig erschienen. Indessen bandelt eS sich nicht um die osficielle Poiitik der polnischen Delegation; eS bandelt sich »in die Lembcrger Ofsenherzigjcitcn der Sapieba und Genoffen, um die wabren .Intentionen" der Pole», die Erzbischof Isacowic; als solche bezeichnet und — segnete. Von den belgischen Wahlen sind schon 25 Ergebnisse be kannt, obgleich die Wahlen erst am 14. October statlsinden Nach dem Gesetze sind nämlich alle Candidaten als gcwäblt zu belrachlen, deren Wahl 10 Tage vor dem gesetzlichen Wahltage nickt bekämpft wird. Infolge dieser Gesetzes bestimmung wurden 21 klerikale Senatoren und Abgeordnete und l liberaler Senator als gewäbll erklärt. Der Um stand, daß die Uttrainontancn schon jetzt 24 Gewäblte baben, besitzt keine Bedeutung, da eS sich hierbei um flandrische Wahlbezirke bandelt, in denen die Liberalen nicht daran denke» können, den Wablkamps auszunehmen. Die Brüsseler klerikale Eandidalcnliste bat allgemeine Ueberraschung bervorgerusen, da mit AuSnabnie de- Minister- des Aeußern, Grasen Merode, kein einziger bekannter Name darauf stebk. Der Führer der Unabhängigen, der frühere Abg. Gras d'Oultreniont, fehlt auf der Liste, die unter 18 Candidaten nicht wenigcr als !> Grafen und Barone zählt. Das Bürgertdum ist nur schwach, die Arbeiterschaft gar nicht vertreten Wenn die Ultramontanen am 14. October mit dieser Liste in Brüssel den Wahlsieg erringen, dann wird sich die neue Wäblersckast tbatsäcklich ein ArmutbSzeugniß ausgestellt baden Ministerpräsident de Burlet bat mit seinem Wahlscldzug kein Glück. Nachdem er erst kürzlich im Hauptort seine- Wahlbezirke», NivelleS, von den versammelte» Wählern aus gepfiffen wurde, ist ibm jetzt daS gleiche Schick sal auch im Wahlorle Wavre widerfabren. Seine Wahlaus sichten verringern sich derart, daß der ultraiiiontane Wahlausschuß sich bereits damit beschäftigt, dem Ministerpräsidenten sür de» Fall seiner Niederlage wenigsten- einen der den Provinzial- landtagen zur Besetzung überlassene» Senatssitze zu verschaffen. Die ultramontane Wablmasckinc arbeitet inzwischen in be kannter Weise. Am letzten Sonntag baben die Bischöfe in sämmtlichen Kirchen von der Kanzel herab die Kirchen besucher ausfordern lassen, sür die klerikalen Candidaten zu stimmen. Die Vertreter der liberalen Wahlvercine haben der Regierung einen Protest gegen diese« Treiben überreicht. Der Protest betrachtet eine derartige Agitation al- eine Eni Weihung der Kirchen und beruft sich darauf, daß die Bischöfe vom Staate besoldet werden und al- solche verpflichtet sind, der Wahlagitation fern zu bleiben. Für den portugiesische» Eolonialbesitz ia Ostafrika drokt eine schlimme Zeit. Portugal hat lange, lange ans den Lorbeeren geruht, die eS in den Tagen Heinrichs de» Sccsabrers atS Vormacht überseeischer Entdeckungen und Eroberungen angehäuft. Weder in Indien noch in Brasilien vermochte eS sich zu behaupten, und ab- aescbcn von den azorischcn Inseln ist eS jetzt in colonialer Hinsicht aus einige schwache Reste seiner einstigen aus gedehnte» Besitzungen in Afrika beschränkt. Louren^o Margucz bildet da- Hauptbollwerk des portugiesischen Ostasrika, aber seine Bcrtbcidigung wird zusebendS schwieriger. Von den Colouien gilt der alte Satz, daß Reiche nur durch die Mittel erkalten werde», durch welche sic begründet wurde». Eolonien, welche da- Resultat der Eroberung durch daS Schwert sind, beginnen mit dem Tage an zu verfallen, wo ihren Herren der kriegerische Geist abhanden koinini Niemand wird behaupten, daß ein Ansstand» wie er jetzt b>S dickt vor den Thorc» von Lou>ei»,o Marguez wüthet, etwa zwischen beute und morgen improvisirt wäre. Die Stagnation »i de» überseeische» Besitzungen PortngalS währt schon ge raume Zeit. Die portugiesische Verwaltung daselbst fübrie cm Scheinleben. Sie ließ tic Dinge gehen wie sie eben geben wollten. Weit und breit war Niemand, der den Por lugicsen ans die Finger paßte, und Afrika war groß genug, so daß ein Auseinanterplatzc» unverträglicher Gegensätze so leicht nickt Vorkommen lonnte DaS änderte fick, als die Grenzen der Intercssenspbären der verschiedenen Eolonialmäckte älterem und jüngere» Tat»»:- immer »aber an einander rückten. Portugiesisch - Afrika gerietst sczusagen i» ein Kreuzfeuer nachbarlicher Eoncurrenz. Ven allen Seiten flogen nieste oder »unter disrrete Blicke in taS Innere der portugiesische» Eolonialwirlstschasi. „nd die Eindrücke, welche der Beobachter cnipsing. waren nickt die imposantesten. Kein Wunder, wenn — der Friclioiicn zwischen Portugal und anderen Eolonial- niäckicn gar »ick« zu geteilten — die Eingeborene» selbst, welche beule, im Besitz europäischer Präcisionswaffcn, nicht mehr die g»iri,tii<> nSjrligonstlo früherer Jahrhunderte sind, ausfindig machte», daß cs jür sic ein Leichte-sei.da« portugiesische Joch abzu- schllttcl». Wie viel frenntschastlicker Zuspruch von dritter Seite zu der Erkcnnlniß der Unerträglichkeit der portugic fischen Herrschaft unter den Eingeborenen bcigetragrn bat, kann bicr unerörtcrt bleiben, genug, in England erhoben fick alsbald Stimmen, welche haarscharf .bewiesen", daß Portugal in Ostasrika abgcwirtbschastct bade »nd daß eS die höchste Zeit sei, eine andere Eoinbination a» dessen Stelle zu setze» Dazu kam die vor Kurzem stattgcbabte Ausschiffung englischer Marinesoltatcn zum Schutze dcS Consulais i» Louren>.a Margucz, eine Maßregel, welche den Portugiesen durchaus nicht gefallen wollte, und welche einstweilen wieder rückgängig gemacht wurde. Aber wenn da- Reuter'scke Bureau nickt durch eine besonders portugicsenseindliche Brille sieht, jo müssen seine Berichte an- Loureneo Marguez doch unwill kürlich dein Gedanke» Vorschub leisten, daß dort der Ansang vom Ende der portugiesischen Colonialherrlickkeit drohe, wenn nickt das Mutterland zu einer ungewöhnlichen Kraft- auslrenstung fick a»srasst. Leider sind die Finanzen des Staate»- aus lostspiclige Eolonialunternebmungen nickt zugeschnitten. Und daneben slcbl John Bull und klimpert mit dem Golde, daS er den Portugiesen für Abtastung ihres ostasrikanischcn Eolonialbcsitzes gern freigebig zukonimcn lassen würde, um somehr, als Frankreich jick wohl binnen Kurzem in Mada gaskar cndgiltig scstscycn dürfte. Der goldene Mittelweg. 23j Roman von Erich Rott. Raidtruck «krboteii. (Fortsetzung.) „Ich weiß eS nicht", antwortete furchtsam der Baron, der weiß im Gesicht geworden war und den da- Beben wieder von neuem beschlich, da« er nicht »itbr zu bannen vermochte; die Geschworenen sprachen Sie schuldig!" „Haha, die Geschworenen wußten viel", donnerte Wittmer, während ein Wuthblick den Anderen streifte, aber eS gab Einen in dem Sitzungssaal, in dem sie mich vcrurthcillcn, der genau wußte, daß ich nickt der Mörder war, den batte schon ein unschuldig Büblein nach dem Morde al ben wirklich Schuldigen bezeichnet und dieser, ein erbärm- . lichcr Schuft, der mich vor einem marlervollcn Leben durch ein einziges Wort zu retten vermochte, warst Du!" Der Baron wagte kein Wort zu entgegnen und zitterte an allen Gliedern wie Espenlaub, und als der Zuchthäusler ihn wieder mit nerviger Faust packte, da brach der Angst schweiß a»S seiner Stirn au». .Zu Hilfe! Zu Hilse! Er will mich morden!" schrie er und griff unwillkürlich nach der Tasche, al« ob er nach einer Waffe suchte. .Die erste Bewegung, die Du machst, bricht Dir den HalS; dann packe ick Tick und schleudere Dich dort in- Thal binab", zischle Wittmer, während er den Baron drohend sesihielt. „Hier Hilst Dir Keiner, ich kenne die Gegend so gut, die Bauern baben mehr zu tbun, als auf dem Schloß weg herumzu'.ungern! Du mußt mich hören, ich sage Dir ja: Ich habe zwanzig lange Jahre aus diesen Augenblick gewartet. Zuerst, als sie mich in de» Käfig sperrten, da war ich wie ein wilde- Thier und meine einzige Lust war r«, Tag und Nackt e« immer niir vorzustellen, wie ich meine Finger, erst wieder sreigelassen, uni Deinen Hal« krallen wollte, biS Deine schwarze Seele zur Hölle gefahren wäre. Zittere nicht, furcht samer Bube", subr er fort» als er sab, wie Thumar vor Angst und Entsetze» beinahe vom Wagrnsitze sank, „wollte ich solche» thun, so wäre solche« längst geschehen. Ich sage Dir, ich war rin wilde« Thier zuerst und al- sie mir nicht glauben wollten, daß ich unschuldig sei, al« mir Einer der Aufseher in« Gesicht schlug ob meiner Verstocktheit, da faßte ich ihn au und schlug ihn nieder. Dafür baben sic mir weitere fünf Jahre zudictirt, sonst wäre ich schon fünf Jahre rüher erschienen, um mit Dir Abrechnung zu ballen." Keuchend hatte er da- erzählt; seine Brust arbeitete mächtig. „WaS wollen Sie jetzt von mir?" murmelte Tbuinar nach einer lange», inhaltsschweren, gewittcrschwangeren Pause. „Meine Ebre will ich wieder baben, meine Ehre", sagte der Mann, während ein furchtbarer Groll au- seiner Stimme klang, .Sie kennen mich nimmer im Dorfe wieder, weil ich so verändert bin, aber ich weiß, sie würden die Hunde auf mich Hetzen, würden sie mich erkennen. — Dir wird kein Haar gekrümmt", subr er dann fort, .Du sollst mir nur meine Ehre wicdergeben!" .Wie kann ich daS? Mensch, Sie wissen nicht, WaS Sie sprechen!" murmelte der Baron, aschfahl im Gesicht. Tückisch leuchtete e« ia den Augen de- Zuchthäusler- aus. — „Ich weiß eS wohl, ich habe zwanzig Jahre darüber nachgcdacht, waS ich Dir zu sagen habe! Schau", fuhr er ihn an, während erneute Wuth seinen starken Körper schüttelte, .sie haben mich dort in der Tretmühle an den Amboß ge stellt, dort habe ich Tag sür Tag den schweren Hammer schwingen müssen und darum, trotz der mageren ZuchthauS- kost, lebt Kraft in meinen Armen. Ich könnte Dich nebmen und zerdrücken, wie Du vor mir hockst, Du armseliger Wicht. Die Füße freilich schliefen ein, die Ketten, die man mir »m die Knöchel legte, brachten diese zum Anschwellen und als ein elender Krüppel haben sie mich endlich laufen lasten. Und Alle«, Alles dank' ich Dir, Dir!" schrie der Wüthende, während er sich so dicht über den Baron beugte, daß sein glutheißer Athem dessen Gesicht bestrich .Nun gieb mir meine Ehre wieder, einerlei, wie Du e» thust,, aber heute noch, zu dieser Stnnde, gieb mir meine Ehre wieder! Sie haben es mir schon gesagt, daß mein Kind lebt, dort unten in der Mühle bat ein freundlicher Mann eS ausgenommen, mich würde er freilich mit dem Hunde vom Hose jagen, wenn ich mich blicken ließe. Ich bin ja ein Todlschläger und komme au« dem Zucht hau«, aber um meine« Kinde« willen, vor dem ich nicht zu erröthen brauche, verlange ich, daß Du mich srerwäschst von aller Schuld." .Sie sind von Sinnen, Sie wissen nicht, was Sie von mir verlangen", versetzte der Baron, während er ängstlich um sich schaute, .ich will Ibneo Geld geben, wenn Sie versprechen wollen, wieder fortzugebro, zwei-, dreitausend Mark, damit können Sir schon wa« Luder«« ansangeu." „Ich will kein Geld, ich will meine Ehre wieder, Du Schuft!" zischte Wittmer, den der Zorn wieder zu schütteln begann, .glaubst Du denn. Du kannst Alle« mit schnödem Geld kaufen? Mein Leben ist verseblt, die zwanzig Iabrr eintöniger Qual, die ich hinter Schloß und Riegel habe ver leben müssen, die nimmt mir Keiner mehr ab, die baben mich bis inS innerste Mark gebrochen. Und nur der eine Gedanke, abznrechnen mit Dir, hat mich ausrcchterbalten, dann mag mich, wenn die- geschehen ist. der erste beste Baum tragen, denn mich faßt ein Ekel vor dem Leben an, wenn ich daran denke, daß Schufte in einem Schlöffe prunken und arme Teufel auf Kerkcrstroh verfaulen müssen!" .Kommen Sie zu mir aus- Schloß, fall« Sie etwas von mir wollen, ich kann Ihnen hier nicht Rede stehen, ich weiß überhaupt nicht, WaS Sie wollen, murmelte der Baron tonloS und versuchte e- wieder, die Zügel straff zu ziehe». .Ha ha, da- wäre da- Rechte, daß Du mich greisen ließest!" stieß Jener hervor, während er die nervige Faust vor de- Baron» Gesicht hielt, .nicht lebendig kommst von der Stelle, bi« Du eS mir nickt schriftlich gegeben hast, nimm nur Deine Brieftasche, Bleistift habe ich, ausschreiben sollst Du r« mir, daß ich unschuldig bin, daß Du der Mörder bist und mit diesem Papier will ich im Dorfe hrrumziehen und einem Jeden will ich e« zeigen!" .Der Mensch ist von Sinnen, zu Hilfe! zu Hilfe!" .Schrei, daß Tu berstest. Du bist in meiner Macht, ent weder — oder, sag' ich Dir, so wahr die Sonne vom Himmel scheint, entweder giebst Du mir c« schwarz aus weiß, die ganze Wahrheit, oder ich packe Dich '»nd stürze Dich mit mir dort in den Abgrund binuiitrr; er ist tief genug, daß wir Beide mit gebrochenem Halse unten ankommen und dann vereinigt wollen wir, wenn ein Gott im Himmel lebt, vor dessen Richterstubl treten und der mag dann entscheiden, wer von un« Beiden der größte Schust ist!" Wie Wahnsinn blitzte c« bei diesen Worten au« den Auge» de« entlassenen Zuchthäu«lrr« aus. Bon neuem beugte er sich über den halb in die Knie Gebrochenen. — „Nunh Antwort, ja oder nein; willst Du e« mir schreiben, ja?" .Ich kann nicht, Mensch, nehmen Sie doch Bernunft an", stöhnte der Baron aus. .Gieb e« mir. sag' ich", schrie der Andere ihn an, .schwarz auf weiß. Hier ist Papier!" Er batte in die Tasche gegriffen und einen zusammenge- kmffeoen Bogen und Bleistift bervorgezogen. Beide« gewaltsam dem Baron m dir Hand pressend. .Schreib, Schurke, wenn Dir Dein Leben lieb ist. Ich bin eia Mensch so gut wie Du, Du mußt mir meine Ehre vor der Welt zurückgcben! Schreib, s>ige ich!" Des BaronS Finger schloffen sich zitternd. Kaum wissend, WaS er eigentlich tbat, versuchte der Baron zu schreiben, wahrend Tausend Gedanken durch sein gemartertes Hirn zuckle». „Ich kau» ja schreiben", dachte er bei sich, .selbst, wen» er den größten Unsinn von mir verlangt, eS wird ihm Nie mand glauben, er bringt sich selbst in die Schlinge, wenn er mir zu drohen wagt, Zeit gewonnen, Alles gewonnen!" „Schreib!" schrie der Ändere wieder und faßte ibn mit der kräftigen Faust von neuem vor der Brust. Der Baron war ibm z» Willen, er schrieb nach seinem Diclat: „Forstheger Wittmer ist unschuldig verurtheill, ich bin der Mörder dcS Bankier- Licpmann." .Und nun die Unterschrift, schnell, schnell!" keuchte der Zuchthäusler. Tbumar unterschrieb mit wankenden Knien. Mit einer rauhen Geberdc riß ihm dann Wittmer Blatt und Bleistift aus der Hand. DaS Erstere steckte er jäh zu sich, den Stift aber warf er in den Abgrund. .Dort soll er liegen und faulen, Keiner soll mit ihm mebr schreiben, nachdem Du Schust mit ihm geschrieben baft!" schrie er. Seine Brust hob sich vor W»tb und die Adern aus seiner Stirn traten bis zum Berste» bervor. „Dir - zu vergelten, all' daS Elend, was ich um Dick gelitten!" stöhnte er, .der Wahn will mir den Sinn verdüstern, wie Blut steigt «S mir vor den Augen aus! Fabr zu, wenn Dir Dein Leben lieb ist. noch bin ick nickt zum Schust geworden, ich möcht' nicht schuldig und Deinetwegen zui» schleckten Kerl werden, aber sabr ;»! Fahr zu!" schrie er; zugleich schwankte er zur Seile und wie» mit besehlender Geberdc den Weg entlang Der Baron warf eine» entsetzten Blick aus ihn. während die Furcht ibm die lange verlorene Elasticität der Glieder wieder zu rerlciben schien. Er zog mechanisch die Zügel an, daS Pferd setzte sich willig in Bewegung, während von rück wärts da- raube, böhniscke Lacken de» ZucklbäuSlerS erklang. Endlich, während e« ihm vor den Augen zu flimmern be gann unk ein Sausen sein Gebirn durchbraustc, balle Tbumar die nächste Wegbiegung erreicht; nun schwankte der Wagen herum, da aber war es auch schon mit der Kraft de» Manne» zu Ende; da« Bewußtsein verließ diesen und mit einem schwachen Aufschrei glitt er seitwärts au» dem Wagen und fiel mit dem Gesicht in den Straßenstaub nieder, währnrtz
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