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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941011029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894101102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894101102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-11
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Br-i-A-PreiA » d« Hanptrrpeditio» »der de, «» d»trk „d d» Vorort» «richtet» N>». ob,«holt: virrteMrlich^lE trt Meiwoliaer täglicher Zustellung in« kaut >1 dckL Durch dir Post bezogen für Lrutschlanb und Oesterreich: vierteliährlich . Direct» tägliche ikreuzbandienduag t«l Kurland: monatlich ^l ?.S0. Lt»Morge»-Ansgabe erscheint täglich '/,7 Uyr, dt» Abend-Ausgabe Wocheniags ü Uhr. Lrdartion und ErpeLMo«: Aotzaunergassc 8. DteKrpedttton ist Wochentags anuuterbroch» getffnet von früh ö bis Abend! 7 Uhr. Filiale»: v«, «r»W's Torli». («fr» Universitätsstrab« 1, Loutr e-s»«. . ... _ >rchari»»str. Is, pari, und SSnigsvlatz «- Abend-Ausgabe. elPMtr.TilgMM Anzeiger. Lrgan für Politik, LocalMichtr, Handels- und Geschäftsverkehr. ??n;etgenPrei- die «gespaltene Pettrzelle SO Psg. »eclamen unter dem Redactionsstrich (4 za- fpaUea) 50-^. vor den Familienaachricht«» (K gespalten! 40-E. Arötzere Schriften laut unserem Preis» «erzeichnib. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. 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Be stätigt sich nun die Meldung unseres Berliner tztz-Correspon- denten, daß gleichzeitig mit den bereits ausgcarbciteten FeldzugScntwürsen gegen den Umsturz auch die zur Eindämmung der Polnische» Bewegung zu ergreifenden Maßregeln im preußischen Ministerratbe )ur Beratbung kommen sollen, so wird man dem Ergebniß dieser Berathung wohl noch eine Weile geduldig entaegenbarren müssen. Die Ofsiciöscn und ihre Affiliirtcn versickern in diesem Stadium, weitere Preßerörterunge» hätten keinen Zweck mcbr, sie ihrerseits sehen aber die DiScussion munter fort und zwar dies nach wie vor nach der Methode, die Dinge aus den Kops zu stelle». Nachdem sie die ursprüngliche Lehre, daß die Socialdemokratie der Heilung entgcgenreife, abschwörcn mußten und die Auffassung eS sei Sache der Parteien, „anzufangen", nicht festzubalten wagen dursten, verfolgen sie den alten Zweck durch die Hervor- kebrung von ConflictSbesürchtungen. Dieselben Berussofficiösen und demokratischen Gouvernementalen, die das Bestimmungs recht des Kaiser- als durch thatsächlich niemals erfolgte Parteicnangriffe auf den Kanzler des Monarchen bedroht schilderte», fordern jetzt, der Kaiser solle sick in die AbhänaiAkeit von einer zufälligen ReichStagSmekrbeit begeben. Der RcickS- tag will nicht, folglich darf der Kaiser nicht — das ist überall in der Kanzlerpresse zwischen denZeilen zu lesen. Dem Monarchen, dem eS als Furcht ausgclegt wird, daß er den Umsturz- bestrebunge» entgcgcntreten will, wird gleichzeitig angesonnen, aus Furcht vor einer Mehrheit Lieber-Bebel-Rickter seine in Königsberg gegebene Zusage nicht zu kalten. Diese Drohung mit dem Eonflict widerstrebt durchaus dem EonstitutionaliSmus, wie er nicht nur im Reiche, sondern auch in allen Einzel- slaatc» lebendig ist; sie schlägt der deutschen monarchischen Auffassung geradezu ins Gesicht. Und wie eS scheint, wird sie laut und unebrerbietig in diesen, Stadium auSgestoßen, au- Besoraniß, der Eonflict könne, wenn der Reichstag erst vor der letzten Entscheidung stände, auSbleiben. Die parlamentarische Lage ist keineswegs geklärt, kann es auch zur Zeit, wo man die Pläne der Regierung nickt kennt und der Reichstag nicht beisammen ist, nickt sein. Herr Richter jedenfalls ist über die Stellungnahme der CcntrumSpartei keineswegs beruhigt. Er giebt sich beute in der „Freis. Ztg." alle erdenkliche Mühe, einen Borschlag zur Aendrrung des Strafgesetzbuches (Be strafung von Angriffen aus die Einrichtungen der Ehe, der Familie und de- EigenlbumS), welcher von EentrumSblättern für discutabel erklärt worden ist, als „kolossale Dumm- beit" zu kennzeichnen. Niemand weiß, ob eine Gesetzes bestimmung dieser Art von den Regierungen beantragt werden wird und wie sich gegebenen Falls das Eenlrum gerade zu dieser verhalten würde; aber eS erleidet keinen Zweifel, daß zahlreiche und kräftige Elemente einer Gesetzgebung zur strafrechtlichen Bekämpfung der social revolutionären Propaganda nicht grundsätzlich widerstreben. DaS Treiben eines gewissen ThcileS der officiösen und der HentrumSpreffe sowie der Freisinnigen und Demokraten kenn zeichnet sich denn auch als den Versuch, den Monarchen durch den Hinweis auf den politisch und national unbrauchbaren, von einem, wie er sich selbst nannte, „Mußpreußen" geführten demokratischen Flügel des Eentrums einzuschüchtcrn und die konservativ gerichteten Elemente innerhalb dieser Partei ge wissermaßen zu cscamotiren. Die Borlage soll verhindert werden, weil man deS negativen Abstimmungsergebnisses nicht sicher ist. Sagt aber der Reichstag zu Allein Nein, so ist durchaus nicht der Zwang zur Auflösung, geschweige den» der Eonstict gegeben. Vielmehr bleibt die Hoffnung, daß ei» großer Tbeil der EentrumSabgeordneten durch seine Mäkler, wenn nicht durch eigene Einsicht, bei einem späteren Zurückgreifcn auf die Vorlage zu einer geänderten Stellungnahme bewogen wird. Tie politische Well wird mit der Tbalsache rechne» müssen, daß der Zar oou einer Krauthcit befallen ist, die nickt viel Hoffnung aus eine völlige Wiederherstellung läßt. Flößt auch vielleicht der Zustand des Kranken teinc unmittelbaren Be sorgnisse ei», so sind doch die Kräfte des vormals riescn- starten Monarchen in einem Verfall begriffe», dem die Aerzte bisher nicht Einhalt zu lhun verinvchtc». Bon Petcrhos sehen wir de» Kranken unstet nach Spala reisen, von Lpala nach der Krim, vo» der Krim nach Korfu, als ivolllc er der Verfolgung eines uiicrhitltiche» Feindes ent fliehe», der ihn »ich! mehr loSläßt. Seitdem eS fcst- fkeht, daß ei» Aufenthalt außerhalb der ReichSgrenzcn beschlossen ist, habe» sich auch Gerüchte über die Ein setzung einer Stellvertretung, einer Regentschaft, ver- breuel. Sollte eS sich bestätigen» daß eine Regenlschast ge plant werbe, in welcher der Großfürst Wladimir, deS Kaisers Bruder, dem Thronfolger als älterer Berather an die Seite gesetzl würde, so tonnte dies nur günstig aus die öffentliche Meinung ini sriedebedürfligen Europa wirken. „Der 26jährige Großfürst-Throiisolgcr Nico laus, der Berlobte der heffischcn Prinzessin Allx" — so führt der „Schwäb. Merk." aus — „gilt für einen liebenswürdigen, gutartigen jungen Mann, der sich aber um Regierungsgeschaste bisher teiue Sorgen gemacht Hai und dazu auch »och gar keine Gelegenheit halte, denn von Staalsangelegenheiten ist er bisher gänzlich fern gehalten worden. Politisch ist er ein unbeschriebenes Blatt; man weiß nicht, welche Neigungen, welche Grundsätze er hat, und man weiß insbesondere »ichk, ob er vo» derselben Willensstärke ist, die seinem Vater »achgerühmt werden muß, der „»uitten der sich au ihn drängenbcu Strömungen stets sich in seiner SelbstwiUig- keil behauptet und, zumal in der auswärtigen Politik, allen Verlockungen sich unzugänglich bewiesen hat. Daß mit ihm eine Säule des Friedens verichwinde» würde, ist schon oft, fast dlS zum Uebcrdruß, ausgesprochen worben. Eben deshalb wäre eS von hohe», Werthc, wenn, falls diese Säule sänke, nicht ein plötzlicher Sprung in- Dunkle darauf folgte, sondern mittelst Eliiietzuiig einer Regentschaft eine allmähliche Ucbcrlcituiig in den neuen uiibckanine» Zustand gewonnen wurde, und in diesem Sinne wäre der Name des Großfürsten Wladimir e»ue besonders erwünschte Bürg schaft, denn dieser Prinz hat sich bisher in schwierigen und gefahrdrohenden Augenblicken als überzeugten Freund eines guten Einvernehmens mit Deutschland, d. h. al- Frcund des Friedens erwiesen. Eine solche Regentschaft Halle aber auch den VorlheU, daß sie dem europäischen Publicum hinreichend Zen ließe, sich aus einen Fall vorzu- berelte», der, wenn er ganz zäh und unvermuthcl herein- brächc, allerdings eine schwere Erschütterung der FriedcnS- zuversichl bewirken müßte. Hat man Zeit, sich zu besinnen, >v wird mau finden, baß die Person deS jetzigen Kaiser-, so große Dienste sie der Sache des Friedens geleistet hat, denn doch nicht die einzige Stütze deS Friedens gewesen ist, der nach senicm Hingang jäh zusannncnbrechen müstte. Kaiser Alexander ist allerdings standhaft friedliebend geblieben, aber die Beweggründe dazu sind nicht genau bekannt und sic sind wohl auch zusammengesetzter Natur. Liebe zum deutschen Reich und z» deutschem Wesen befinde» fick aber darunter nickt. Wen» er als eine Art Zuchtmeister der Franzosen diese zni» Wohlverbaltcn anhiclt, so mag ei» persönliches Friedebedürsiiiß und Rücksicht aus da- Wokl seiner eigenen Bölker de» Zarcn am »leisten bestimmt bade»; aber eine mächtige Förderung erhielt seine Friedensliebe doch nnzweisel- bast durch die tbatsächlicbcn politischen und militairischen Verhältnisse Europa-. Auch ein verwegenerer und kriegerischer gesinnter Fürst hätte wohl angesichts deS gewaltige» Bünd nisses der Frieden-Mächte gelernt, seine Thatentust zu be zähmen. Der Dreibund aber besteht nock, und wenn heute niit dem Kaiser Alexander eine Bürgschaft des Friedens ver schwände, so würde eine andere noch bleibe», und zwar eine solche, die nicht vom Leben eines Sterblichen abbängt." Die Verhandlungen der ruropnischen («roffmächte wegen des SckutzcS ihrer Staatsangehörigen i» Eliina sind nach zuverlässigen Meldungen noch nicht zum Abschluß gelangt. Doch ist wobl nicht zu bezweifeln, daß hierüber bald eine Einigung erzielt werden wird. Anders aber steht eS mit der weiteren Fra^e, ob eine Einigung auch in Bezug aus die Ab sicht. in den streit zwischen Ebina und Japan vermittelnd einzugreiscn, erreichbar ist. Daß eine solche Absicht bc- steki, ersieht man auS einer Meldung deS „Reuter'schen Bureaus", welche die betreffende Nachricht »nr als „verfrüht" bezeichnet. Sollte man dem Gedanke» näher treten, so wird man bei der zwischen England und Rußland herrschenden Eifersucht der Besürcktung, daß derartige Verhandlungen ernste Gegensätze zum Vorschein bringen dürsten, sich nicht entschlage» können. Mag auch die Nachricht von dem Ausmarsch eines russischen Corps vo» 5000 Mann an der koreanischen Grenze gegenüber den japanischen Streiikrästeu de» Thalsachen noch vorauSeilcn, jedenfalls zieht Rußland in Ostasie» seine Streilkräste zu sammen, um das Gewicht der russischen Intervention bei einem FricdenSschluß möglichst wirksam zu gestalte». Und England hat in Kurzem eine Flotte vo» 2t Kriegs schiffen im Gelben Meere versammelt. Beide Mächte werden sicherlich bei der Schlußabrechnung zwischen Japan und Ebina ihre „Compensationcn" erwirken. Frankreich wird dabei nickt fehlen. Gegenüber diese» Bestrebungen der genannten Mächte, die ostafiatischc Ver wickelung zu einer Ausdehnung ihrer Wellstellung zu benutzen, wird die deutsche StaatSleitung die Hände nicht in den Sckooß legen dürfen, sondern sich bei Zeiten darüber klar werde» müssen, daß Deutschland im gegebenen Augenblicke »eben den andern Mächten aus dem Plane z» erscheinen hat. Deutschland besitzt dafür, wie die „Bert. N. N." richtig hervorheben, einen unabweiSlichen RechtStitel, der ihm ebenso wie ein Recht so auch eine Pflicht aufcrlegt: Deutschlands Interessen in Ebina sind von allen dortigen europäischen Interessen die stärksten hinter denen Englands, eine Veränderung der Macktverthcilung in Oslasien zu Gunsten der anderen europäischen Mächte kann somit für uns nicht aleichgiltig sein. Die alten europäischen Großmächte Eng- land, Frankreich, Rußland riralisiren heute in der Wcltmacht- stellunz. Deutschland hat die Pflicht, dahinter nicht zurück- zubleibcn, will eS ander- seine Position im Rathc der Völker aufrecht erhalten. DaS deutsche Reich kann entweder nur Weltmacht oder Macht zweiten Ranges sein. Seine Welt- machtstellung aber wird eS nur behaupten können, wenn eS sick fest und entschlossen aus den Standpunkt stellt, daß weitere Austheilungen der Erde zu Gunsten anderer europäischer Mächte nicht stattfinden dürfen, ohne daß Deutschland Comprnsationen erhält, welche da- bis dahin bestandene Gleichgewicht der Kräfte vollwerthig wieder Herstellen. Was Deutschland zunächst dringend braucht, sind Koblrnstationen an den einzelnen großen Meeren, okne welche die BetriebSkrafl unserer Marine und damit unsere gesammtc überseeische Politik gelähmt bleibt. Die Gelegenheit zum Erwerb geeigneter Stationen dürste sick bieten. Möge sic nicht ungenutzt bleiben. Die Aungtschechcn haben kürzlich zwei große Bersamm- luiigen abgcdalten. vr. Eduard Gregr sprach vor seine» "Mäklern in Ehroustowictz bei Hohenmauth, vr. Herold vor cuien Wählern in EzaSlau. Lemerkenöwcrth ist, daß, wäh rend vr. Gregr sür eine entschieden radicale Opposition der Iiliigtschechcn eintrat, vr. Herold in seiner Rede zur. Mäßigung mahnte, vr. Gregr sagte unter Anderm: Unsere Opposition that sich durch ihre Talente, Kenntnisie und ihre Klugheit hervor, und noch dieser Tage führten unsere Männer in den Delegationen in einer Weise das Wort, Laß ihnen ganz Europa (!) Ausmerksamkeit schenkte. Die Erfolge, die unsere Oppo- sition bisher errungen, sind in der That sehr gering, doch daran sind nicht wir schuld, sonder» die auswärtigen und inneren Verhältnisse, in erster Linie aber die Parteiverhältnisse in Böhmen. Wo wären wir icho», wenn uns von den gegenwärtige» politischen Parteien nicht uniinterdroche» Hindernisse in de» Weg gelegt würde»? vr. Gregr griss dann die Alltichcche», den Clerus und den conservativen Adel an und bcmertte, bezüglich der Realisten wolle er kein Wort ver lieren, weil dieselben dessen nicht würdig seien. Die Omladinisten bilde» zwar keine Partei, cs seien jedoch junge Leute, Doctoren, Ltndenlen, welche volle Achtung verdiene». Man findet unter den selben Talente und Patrioten, mit welche» wir schon deshalb sym- palhistrc» müssen, weil sic z» unserer Jugend, zu unserem Nachwuchs zähle». Waü »ns an ihnen nicht gesollt und wodurch sie uns schade», ist der Umstand, daß sie sich vo» »liieren Gegnern in der Belninpsnng der freisinnige» Pariei als Sturmböcke ausnützen laste» Doch werde» die Lniladunstc» hoffentlich ihr Berhältnitz zu uns ändern. Cie sind uns schon deshalb willkommen, weil durchs ein entschiedener radikaler Geist in das tschechisch« Bolk kommt, («lürmiicher Beifall.) AlS ein Alttschccke da- Wort ergriff, um gegen das allgemeine Wahlrecht zu sprechen, entstand cm solcher ^turni, daß der anwesende Bczirksbauptmann. au« Hokenmaulh mit der Auslösung der Versaminlung drohte. Erst dann tonnte der Attlschechr seine Ausführungen fortsetzen, in welchen er das Vorgehen der jungtschechischen Abgeordneten dekämpstc. Die Vcriainniliuig schloß mit einem Vertrauensvotum sür Vr. Gregr. Abg. vr. Herold erklärte, er sei >ür eine ge mäßigte Opposition, denn durch eine radicale Opposition könne nichts erreicht werden. Man müsse daran denken, daß demnächst die LandtagSwablen stattfindcn, und eS wäre angczeigt, eine Einigung »nt den übrigen staatsrechtliche» Parteien zu er zielen. Bezüglich der Omladinisten sagte Vr. Herold, daß die jungtschcchische Partei mit ihnen kein Eompromiß ab schließen könne, so lange sic sich nicht unbedingt dem Eoi» mando der jungtschechischen Partei fügen. Bcini Niiuburgcr Parteitage sei die gemäßigte Opposition anerkaniit Worte», und nur in dieser wolle und werde seitens der großen jung- tschechischen Partei weilergearbeitct werden. Hcrotd'S An führungen fanden ebensalls lebhaften Beifall. Es ist also eine Spaltung innerhalb der jungtschechischen Partei im Anzüge. Ter schwel,zerischc BundeSratb bat den Eutwurs zu einem DundeSgesetz über die DiScipltiiarstrajordnung sür die eidgenössische Armee genehmigt. Der Entwurf «»fällt in 7 Abschnitte. Der erste begrenzt den Umsang der TiSciplinarstrasgcwalt, indem er bestimmt, welche Personen der TiSciplinarstrasgcwalt unterworfen sind und welche Handlungen der DiSciplinarbcstrasung uiilerlicgcn. Abweichend von der bisherigen Kasuistik sucht der Artikel 2 taS DiSciplinar- Feuilleton. Der goldene Mittelweg. 24j Roman von Erich Rott. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Forschner riß da- Fenster ans. — „Macht, daß Ihr weiter kommt, hier ist keine Unterkunft sür Tagediebe!" rief er hinan«. „Aber ich bitt' Dich. Vater, gerade heut' soll Keiner die Müble ungespeist verlassen", sagte Frau Forscher, während sie sich gleichfalls auS ihrer Sopbaecke erhob, „daS Mittag essen ist so gleich fertig, da kann er mithaltcn!" Der Mann auf dem Hose hatte das HauS inzwischen beinahe erreicht. Jetzt richtete er einen durchdringenden Blick auf Forschner und lachte dann heiser auf: „Brauch Euer Mitleid nit", rief er mit ranker, grimmig klingender Stimme, während er zugleich in seiner linken Hand einen Zettel schwang. „Da Hab ick'S schwarz aus weiß, baß ich kein Strolch und Bettellump bin, den man vom Hof jag«, sondern daß ich wohl ein Recht bab', etwa« gar Liebe« von Euch zu fordern." Dabei br?ch er in rin durchdringende- Lachen aus. .Glaub' beinah', der Kerl ist besoffen", knurrte Forschner, während seine Brauen sich zusammeorunzrlten. „DaS bat man früher im Dorfe auch nicht gekannt", sagte er dann, sich zu dem auf seinem Studie sitzengebliebenen Erich wendend, „da galt'« arbeiten und Schweiß vergießen, heute bringt uns die Eisenbahn eine Menge Tagediebe mit heran . . und die machen mit ihre» Bettelpfennigen die Schnapsläden reich und die Umgegend unsicher." Die Müllerin war inzwischen geschäftig nach der Thür geeilt. „Ich will - der Magd nur sagen, die soll dem Mann ein Essen zurecht machen", versetze sie und öffnete die Thür." Da aber nahm sie auch schon wahr, wie der herkulisch gebaute Unbekannte stampfend, immer schmerzlbast da« Gesicht verziehend, die walzenförmigen Füße auf die Sleinstufen setzte und in den Hau-gang rintrat. Unwillkürlich wich die sonst so beherzte Frau einen Schritt zurück, als sie in daS aufge- schwcmmte Gefickt de- Fremden schaute, daS einen finsteren, abstoßende« Eindruck auswieS. „Sehe wohl nicht zum Küssen au-, was?" rief dieser mit rohe» Scherz. »Wbrr das kommt davon, wenn man zwanzig Jahre im Zuchthaus saß, daS streicht Einem die Haut ganz besonders fahl an." „Alle guten Geister!" stöhnte Frau Forschner auf, während sie weit ins Zimmer zurücklief. Der Müller war an die offene Thür getreten, aber auch Erich war, von einer plötzlichen unheimlichen Ahnung ersaßt, vom Stuhle aufgesprungen; er hatte in dem vor der Tbiir Stehenden den Mann erkannt, der am Morgen, gleich ihm, den Eisenbabnzug verlassen batte. Gertrud war ebensalls seltsam weiß im Gefickt geworden. Mit bewegtem Miencnspicl schaute sie nun bald aus Erich, bald auf den sie so unheimlich anmuthenden Mann draußen im Hausflur. „Was wollt Ihr? Macht'- kurz!" herrschte Forschner den Fremden an. „Wir sind beschäftigt." „Werdet mich doch schon anhbren müssen", lautete die lakonische Antwort des Fremden, während zugleich ein tückischer Blick auS dessen schwarzen stechenden Augen flammte. „Ihr seid der Trudel Wittmer Pflegevater — he?" Unwillkürlich neigte Forschner bejahend da« Haupt. Tann aber, von einer plötzlichen, unheimlichen Ahnung erfaßt, trat er einen Schritt näher aus den Fremden zu. „WaS gebt - Euch an, Mann?" stammelte er. „Ihr seid doch nit gar? . . ." „Der Wittmer bin ich, wie er leibt und lebt!" rief der Mann zurück und schaute dann dreist durch« Zimmer, und gleich darauf wies er mit der auSgestreckten Hand auf die wankende, eilig von Erich gestützte Gestalt Gertrud s, „dort steht wohl auch die Jungfer Tochter? Die bat sich blitzsauber bcrauSgemacht, sieht jetzt dem Trudel von früher gar nimmer ähnlich." „IesuS, Maria, Josef!" stöhnte Frau Forschner auf; der Schreck war der rundlichen Frau so gewaltig in dir Glieder gedrungen, daß sie sich nun zitternd niedcrseyen mußte. „Ist das rin Unglück!" Einen Augenblick herrschte tiefe« Stillschweigen im Zimmer. „Mein Bater, mein Vater!" stöhnte plötzlich Gertrud aus, während bange- Entsetzen ihre schlanken Glieder schüttelte. „Unbesorgt, Gertrud, von jetzt an bin ich Dein Schutz und Beistand. Ich werde Dich auch gegen Deinen Vater schützen, wenn e« notb tbut", versekte Erich, welcher nicht verhindern konnte, daß ein leise« Erbeben auch seine Lippen beschlich und die bange Ahnung in seinem Herzen geboren wurde, daß da« Austauchen de« ehemaligen ForsthegrrS seinen GlückeSboffnungcn den Todesstoß versetzen müßte. „Na, die Freud' über da- Wiedersehen scheint ja nit sehr groß zu sein", gröhltc Wittmer, nachdem er der Reihe nach die wie versteinert Gewordenen angcstarrt halte. „Komm doch her, Trudel, fall' Deinem arnien alte» Vater um den Hals, heiß' ihn willkommen . . . Und Ihr, Waldmüller, könntet mir wohl eine» Stuhl anbietcn, bin müd', daS viele Umberlaufen hat mich auch durstig gemacht!" Er wollte an Forschner vorüber, vbnc weitere- inS Zimmer einlreten; aber da blitzte plötzlich wilde Energie in deS Müllers Auge, er hob die Hand, wie zum Schlage auSholcnd, und drängte dann den entlassenen Zuchthäusler wieder über die Schwelle zurück „Wie könnt Ihr e« wagen, Mann, hierher zu kommen und Eurem Kinde das Unglück mit inS HauS zu bringen?" rief der Müller empört, während ehrliche Entrüstung auS seinen Augen stammte. „Ihr müßt dock wissen und begreifen, daß eS keine Ehre mehr ist. Euch als Vater zn besitzen! Und wenn Ihr Eure Zuchthausstrafe auch abqebüßt hal t, wenn nur noch der Herrgott sür Euer damaliges Verbrechen Euch keimsuchcn darf... ,m Heimathdorse habt Ibr verspielt und verthan!" ... „So, meint Ihr?" höhnte Wittmer, während er raub auflachte. „Da, lest lieber einmal diesen Wisck, daS ist gc- schcidter . . . nein, nicht so", unterbrach er sich gleich daraus, alS ihm Forschner mit offenbarem Mißbehagen den Zettel auS der Hand nehmen wollte. „Ich gebe das Papier nicht her, aber vor die Augen will ich - Euch halten . . . lest nur, meine Ehre und Alle«, WaS d'rnm und dran ist, steckt in den paar Worten!" „Forstheger Wittmer ist unschuldig verurtheilt, ich bin der Mörder deS BanguierS Liepmann. Egon von Thumar" — las Forschner erbleichend. „Um Gottes willen, waS soll daS heißen?" stammelte Erich, während er an Forschner'S Seite getreten war und nun auch den Blick seinerseits aus dem verbängnißvollen Inhalt deS Hettels batte ruhen lasten. „Es ist also doch kein Traum gewcien, da- Kind batte wahr gesehen . . . wahr!" stöhnte Erich dann aus, während er unwillkürlich mit der Linken nach dem Herzen griff. „Wer ist denn der junge Herr?" fragte der Heimgekebrte betroffen, während er prüfend den Blick auf Erich « schlanker, schöner, männlicher Gestalt ruhen ließ. „Ihr kennt mich wobl", entgegncte der junge Mann statt de« Müllers, „an Eurer Hand ging ich manchmal durch den Forst, des Bürgermeister« Enkelkind bin ich und Eurer Tochter Verlobter seit heute!" „Sol So!" versetzte der entlassene Zuchthäusler, wahrend ein Lachen seine Lippe» umspielte, „daß ich nicht gefragt werde, versteht sich natürlich von selbst. Pah", unterbrach er fick plötzlich mit rauhein Auslachc», während er geringschätzig beide Hände auSstreckle, „pah, Vaicrlicb' und KindcStrcu'. daS ist Alles nur duiiiiiics Zeug, ein Schluck Wein ist mir lieber. Tic seine, junge Dame dort mag mir nur fern bleiben. Glaub'S ibr schon gern, daß eS ihr eine llebcrwiiidung kosten würde, mir >»» de» Hals zu falle». . . Ja gelt, taS wundert Euch, daß ick so spreche", subr Wittmer im nächsten Augen blicke fori, als Keiner ibm eine Antwort gab, sondern Alle mit unverhohlener Entrüstung ihn anschanten. Er war vollends in das Zimmer getreten und zog nun die Thür hinter sich in da« Schloß, ohne daß cs ibm Bemand wehrte. „Wenn man so zwanzig Jahre Tag für Tag eintönig verstreichen sieht, Niemand erblickt als den Gefangen» Wärter, nichts um sich schaut als die im Keller ei»gcma»crte Zelle mit den feuchten, triefenden Wänden und dem inodcrigcn Dunst, ganz oben, dicht an der Decke, ei» kleines Luftloch, durch welche» ein paarmal im Jahre die So»»' berunlcr- scheint, sonst nichts . . . und sieben muß, angcschniietcl am Amboß, und da« glühende Eisen schlagen muß, Schlag um Schlag, daß die Funken stieben ... da stiegt Alles aus dem Herzen hinan-, Liebe, Treue und Glauben . . und man wird zum Vieh, in dem nur noch eine Hoffnung lebt, sich zu rächen an dem Schuft, welcher das Unglück angerichtct hat!" Seine Stimme brach. Die furchtbare Erregung, welche ihn überkommen, balle selbst seine Widerstandskraft erschüttert. Er mußte sich niedrrsctzcn. Nun kam aber auch schon Gertrud mit einem gefüllten Glase Weine« zn ihm heran. „Armer Vater, wie mußt Du gelitten haben", murmelte sie mit totlcnblcichem Gesicht. „Da trink, Vater", setzte sie dann leise bin;». „Sei willkommen in der Heimatb, Du irrst, wenn Du glaubst, daß ich mich Deiner schäme." Wittmer sah sie eine kurze Weile hindurch sprachlos an. Dann atbmele er gepreßt auf. „Ich danke Dir für Dein gutes Herz, noch mehr aber sür den guten Wein", sagte er laub und trank dann mit gierigem Zuge das Gla- leer. „Dein Herr Verlobter wird wohl nicht wollen, daß meine Vaterschaft wieder in aller Leute Mund kommt, bobo!" „DaS ist ein furchtbares Unglück!" murmelte M» l r Forschner, der erregt im Zimmer aus- nnb niedergina : e nun wieder, während »»verhülltes Mißtrauen aus lei» :> Zügen sprach, vor Wittmer stehe» blieb und ihn mit einem forschenden Blick betrachtete. „Woher habt Ihr de» Zettel?
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