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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.10.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941012017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894101201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894101201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-12
- Monat1894-10
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1. MP W LeWr TlllMtt lllü ÄMW Ul. M, ZmtP 1L Lltckr M. (MM-AxsiM Lönigreich Sachsen. Ul Leipzig, ll. October. Gestern Nachmittag tras Fürst Rruß-Köstritz hier ein und nahm im Kaiserhos Wohnung. -» Letpztg, tl. October. Der außerordentliche Professor für Physik an unserer Universität, Herr vr. Walther KVn i q, der seit einiger Zeit beurlaubt war, hat aus gesundheitlichen Gründen um seine Entlassung nachgesucht. — Da« Brhring'sche Diphtherie.Heilserum, dessen Beschaffung und Anwendung man jetzt von allen Seiten meldet, wird, wie wir erfahren, in unserem Leipziger Kinderkrankenhau« schon seit längerer Zeit verwendet, und zwar mit inSgesamml recht gutem Erfolge. — Die jüngsten öffentlichen Vorkommnisse haben, wie u»S mitgetbeilt wird, Herrn Director Map Staearmann zu dem Entschlüsse gebracht, über die besprochenen Vorgänge ein ausführliche» Uro memoria zu verfassen und dasselbe dem Rathe der Stadt Leipzig, sowie sämmtlichen Mitgliedern des deutschen Bühnen-BereinS zu übermitteln. * Leipzig, N. October. Am 7. October er. Nacht» gegen 1 l Uhr ist in dem Restauration-Vorgarten de» Bayerischen Bahnhöfe» Hierselbst ein etwa 3 Jahre altes Mädchen verlasse, augetroffen und vorläufig im hiesigen Waisen- Hause untergrbracht worden. Eine polizeiliche Bekannt machung in heutiger Nummer, auf welchc wir unsere Leser verweisen, veröffentlicht verschiedene Einzelheiten, aus denen sich vielleicht AnhaltSpuncte zur Ermittelung der Angehörigen des Kinde« ergeben können. * Leipzig, 1l. October. Am S. d. M. ist, wie da« Polizei» amt i» unserer heutigen Nummer bekannt macht, von einem Rollwagen auf der Fahrt vom Bayerischen Bahnhof nach dem Allen Theater eine kleine Holzkiste, ger. L. 852, gestohlen worden. Diese Kiste enthielt tOKilo Quecksilber- Präparate, welche das Au-sehen von klarem weißen Zucker haben, aber sehr stark wirkend giftig sind. Die uu- rechtmäßigen Erwerber begeben sich also in große Gefahr. Wir machen im Uebrige» aus den Inhalt der polizeilichen Bekanntmachung ausdrücklich aufmerksam. — Wie un« mitgetheilt wurde, hat vergangene Michaeli« eine Anzahl Schüler unserer Ul. städtischen Fortbil dungsschule, welche eine gute Eensur ihren Herren Princi- palen vorzulegen in der Lage gewesen sind, eine Geld- belohnung erhalten. Wir freuen uns darüber umsomehr, weil au« solchen Belohnungen für Betragen, Fleiß und Leistung in der Schule zugleich auch ein Berstäiidniß und ein rege« Interesse für die Bedeutung unserer städtischen Fort bildungsschulen spricht. Möchte» doch ja alle Herren Princi- palr, Lehrmeister und Arbeitgeber wenigstens mit einem Worte der Anerkennung oder de« Tadels Eiusicht in die Schulcensuren nehmen; unserer Jugend, über deren Verhalten hier und da geklagt wird, kann Solche« nur znin Besten dienen. Wie die Werkstatt ein berechtigte» Interesse an dem Unterrichte unserer Fortbildungsschulen hat, so muß sie auch die Schule in ihrer Erziehungsarbeit unterstützen. — In jeder größeren Stadt, wo Einer dem Andern wenig bekannt wird, kommt e« vor, daß arbeitsscheue, träge Individuen ihre wohlhabenderen Mitbürger brandschatzen, um von den milden Gaben, die verwirklich nothleidenden Armuth zu Gute kommen sollten, ein sorglose» Leben zu führen. Der gleiche Uebelstand ist auch bicr bemerkbar und diese schamlose Bettelei wird von gewissen Leuten ganz geschäftsmäßig betrieben. Der Eine schreibt um einen bestimmten Preis für Andere Bettelbriefe, die von Jammer und UnglückSsällen, welche die betreffenden Bettler betroffen haben sollen, geradezu strotzen. Ein Anderer weist Adressen reichlich gebender Herrschaften nach und bekommt dafür die auSbedungcnen Proeente. Der Armendiakonie de» BtreinShanse« ist es schon wiederholt gelungen, derartige Persönlichkeiten, die anS der Armuth ein Gewerbe machen, auszufinden und ihnen das Handwerk zu legen. Heute nimmt dieselbe die Gelegenheit wahr, vor einer Lbnlichen Schwindlerin zu warnen, die gegenwärtig in unserer Stadt ihr Wesen treibt. Eine Frau, die einen Fächer ihr letztes Eigentbum nennt, kommt io die Häuser und klagt, daß sie von der Noth gezwungen diesen Gegenstand veräußern müsse. ES ist schon wiederhvlt geschehen, daß man ihren Worten Glauben geschenkt, ihr «in größere« Almosen gegeben und den Fächer in ihren Händen gelassen hat. Die Folge war. daß die Person da- gleiche Manöver bei auderen Herr schaften wieder mit Ersetz auSgesührt hat. Für alle die Herrschaften, die ihre Gaben in der Thal würdigen Armen zuzuwenden wünschen und sich vor solchen Betrügereien schützen wollen, empfiehlt sich der Anschluß an die Armrn- diakonie de« Verein-Hause-. Dieselbe läßt die Fälle, vie ihr überwiesen werden, durch ihre Armenpflezer bezw. -Pflegerinnen aewisseahaft prüfen und empfiehlt aus Grund der Unter suchung die Hilfesuchende» den betreffende» Herrschaften oder warat dieselbe», wenn Uowürdigkeit oder gewerbsmäßige Bettelei vorliegt. Die Armendiakonie de- VereiuShauseS besteht seit 1878 und kennt die näheren Verhältnisse Tausender von Armen, die iw Katalog gebucht und bis aus die neueste Zeit nachgetragen sind. Sie ist daher in hervorragendem Maße im Stande, allen den Herrschaften, die sich an sie wenden, die entsprechende AuSkunst zu ertheilen. —m. Letpzts, ll. October. Von den bei dem Brande der Joses Büttncr'schen Lack- und Firuißfabrik verunglückte», im städtischen Kraukenhaufe «ntergevrachten Feuerwehr männern ist beute der am schwersten Verletzte, Feuerwehr- inan» Schneider, al« letzter von dort entlassen worden. Außer diesem befinden sich noch drei Feuerwehrleute in ReconvaleScenz, welche jedoch, gleichwie eö von den übrigen seiner Zeit Verunglückten bereits erfolgt ist, in nächster Zeit wieder zum Dienst eintreten werden. ** Leipzig, 12. October. Unter den .orzanisirleii" Markthelfern, also unter den socialdemokratisch esinnten, herrscht augenblicklich eine starke Erbitterung gegen- ber den Eonsum vereinen. Letztere erfreuen sich jetzt bekanntlich auch der socialdemokratischen Aegite, allein wie schon die von unS früher niitgetheilten Chemnitzer Vorgänge ergeben haben, fragen die Verwaltungen bei Bebandlnng ihrer Angestellten herzlich wenig »ach dem .Princip". So hat auch kürzlich der Plagwitzer Consumverein Markt helfer angestellt, ohne etwaige stellenlose Mitglieder de« oben- gedachten Verein« der Marktbelfer zu berücksichtigen. Darob große Entrüstung, die io der letzten vereiiiSvrrsammlung zum elementaren AuSbruch kam. Man nahm eine gepfefferte Resolution an, die sich gegen das Verhalten der Consum- verrine richtet. Einigen Mitgliedern war sogar diese Resolution »och nicht stark genug. Ob dadurch die Consumvereine von. ihren BourgcoiSgebrauchea abkommen werden, bleibt tro^ alledem fraglich. ** Leipzig, l t. October. In einer von 500 Personen besnchten Metallarbeitcrversammlung, die gestern Abend io der „Germania" (Sellerhausen) stattfand, wurde über angebliche Mißständr in der Schneider'schen Lampenfabrik zu Reudnitz verhandelt. Die Behandlung der Arbeiter durch die Werkmeister soll sehr viel zu wünschen übrig lassen, auch würden bei den geringsten Versehen sofort verhaltnißmäßig bedeutende Strafen verhängt, so daß e« vorgekonlinen sein soll, daß eine Arbeiterin in zwei Wochen 8 verdiente und 8 50 ^ an Strafen zu zahlen hatte. Zwei anwesende Werkmeister suchten zwar die vorgebrachten Klagen zu widerlegen, doch nahm die Versammlung eine Resolution an, in der die Verhältnisse in gedachter Fabrik heftig getadelt wurden. tz Der diesjährige erste Familicnabend der Luther- kirchen-Parochie fand am Dienstag Abend 8 Uhr im Saale der Centralhalle in der schlichtesten und einfachsten Weise, wie e« der Sache eutspricht, unter Betheiliguna von etwa 500 Gliedern der Gemeinde statt. Leider mußte auch ein großer Thril der später Kommenden wegen Platzmangel« wieder umkehren. Mit einem geistlichen Liede, gesungen vom freiwilligen Kircbenchor, der unter der trefflichen Leitung de-HerrnOrganistenB Richter steht, und einer Begrüßungs ansprache de- Herrn Pfarrer« v. Seyd ewitz wurde der Abend eröffnet. Daraus folgte rin fesselnder Vortrag de« Herrn Pfarrers über: „Da« kirchliche Volkslied". Den übrigen Tbei! de- Abend» füllten die Sänger und Sängerinneo mit eistlichen und volSthümlichrn Liedern auS; dafür wurde an- aliender Beifall gespendet. Ein gemeinsamer Gesang des Liede» „So nimm denn meine Hände" und ein Schlußwort mit der Bekanntgabe, daß Anfang December ein zweiter Familienabend stattfinden solle, beschloß den genuß reichen Abend. — Am gestrigen Tage vollzogen sich 25 Jahre, während welcher Herr Richard Dahlinger seine Dienste dem Hanse Breitkops L Härtel al« Buchbinder getreulich geleistet hat. Dieser Tag gestaltete sich für den Jubilar zn einem hohen Ehren- und Freudcntage. Er wurde an seine», mit Blumen reichzeschmückten Arbeitsplätze von de» Herren Prinzipalen und seinen Mitarbeitern aus« Herzlichste bcglnck- wünlcht und durch reiche Ehrengaben ausgezeichnet. Am Abend fand ihm zu Ehren ein fröhlicher Commer« statt. Möge der Jubilar seinen Beruf noch recht viele Jahre in rüstiger Gesundheit erfüllen können. — Da die Stenographie für den Kaufmann, sowie überhaupt für «inen Jeden, der viel zu schreiben hat, von bedeutendem Stutzen ist. so sei hier auf die Erlernung eine« Etenographte-TystemS bin- gewiesen, da» nicht nur außerordentliche Kürze, grüßte Zuverlässig, seit und Wissenschaftlichkeit in sich vereinigt, sondern auch leichte Erlernbarkeit und Eiusachdeit, und da« ist da« System der Steno« tochygraphte. Für diejenigen, welche Lust haben, sich die« so leicht erlernbar« System anzueignen. erüsfuet der Elenotachygraphen- Verein „DodmS" zn Leipzig, Sliontag, den 15. October. AdendS ' ,9 Udr in der Ceiuralhalle, Polylechnische- Zimmer, «inen Unle» richt-curjus, welcher nur 10 Stunden in Anspruch nimmt und von einem praktische» Etenographe» geleitet wird. Der EursuS, zu welchem Damen und Herr«» eingeladea sind, ist unentgeltlich. 8 Au« tri» Bureau de» StadtlheatcrS. Im Neuen Idealer gelaugt heute die Oper „Mignon" zur Aufführung. Im Alten Idealer wird „Madame Sa»-.0ISne"» Sardou'S »esselnde» Lust sviel, da» sich auch hier außerordentlich zugkräftig erweist, wiederholt. Morgen, Sonnabend, gebt »in Neue» Thealer Richard Waguer'S Werk „Tristan und Isolde" in Scene. Im Alien Theater wird am Sonnabend „Die schöne Helena'^ gegeben. — DaS Repertoire sur Sonntag ist wie folgt entivorse»: Im N e u e n Theater wird Mozart'« Oper „Die Zauberslote" in Scene gehen; im »Uten Theater komm» „Charley's Tante" zur Aussührnng, und im Carolatheater wird da» Bvlkssiück „Else vom Erlen« hos" gegeben. 8 Krnslall-Palast. „Nur noch »ine Woche!" so besagen die Krynall-Palailplacate auf den AukündiguiigSsäulen: und wenn die heutige Vorstellung vorüber ist. tonnen sie süglich verkünde»: „Nur noch beut« und morgen!" Wer Geiallen an den ausgezeichnete» artistischen Leistungen qesnnden bat. die dort allabendlich geboten wurden, wird sicher nicht versa,»ne», eine der wenigen noch statt- findenden Vorstellungen zu besuchen. Am Sonntag werden aber- mal» zwei Vorstellungen stattfinden, die eine Nachmittags, die andere Abend». Für die ersiere sind wiederum ermäßigte Preise angesetzi Heute und morgen, sowie Sonntag Abend sind die Preis« die gewöhnlichen. — In Kasl'S Restaurant, Cchloßgasse 10. findet täglich Loucert der so beliebten Damen-Eapell» „Euterpe" (5 Dame» und 3 Herren) statt. Die Capelle hat mit großem Erfolge iu China coucertirt. r. Oschatz, tl. October. Am lO. d. M. Abends bat sich der Necr ut Richter — früher Telegraphist in Reichcnbach — von der 4. EScadron de» diesigen l. Ulanen-RegünentS von einem Eisenbahn rüge überfahren taffe». Ter Tod trat sofort rin, da Kops und Füße vollständig vom Rumpse getrennt waren. * Zwickau, It. October. Am Sonnabend treffen beim hiesige» 8. Infamerie-Regiment Rr. 133 die zur Ableistung ihrer active» Militairdienstpslicht au» allen sächsischen Land- Wehrbezirken beorderte» 178 Lehrer und Schulamiscandikaien ein. Diese Lchrer-Recruten bezieben den Ostslügel der städtischen Baracken »nd werdrn in zwei Compagnien sormirt, welchen 2 Hauptlcute, l Premieilieute»aiit, > Feldwebel und 15 Unter- ossiciere und Gefreite zugelbeill werden. — Da« am Moriy- grabenweg gelegene Magazingebäude und da« aiistvßeiidc ebcinalige Trlegraphengebäude werden in nächster Zeit abgebrochen werke». DaS Magazingcbäute, ein enormer Gebäudeeomplex, wurde in, Iabre 1480 erbaut und von dem reichen Bergherrn Martin Römer der diesigen Stadt ge schenkt. ES enthält neun übereinariderliezrnde Böden, in denen gleichzeitig bis zu >3000 alte Scheffel Korn gelagert wurden. Vor einigen Iabr- zehnten ging dieses Gebäude an den Staat und »ach 1807 an die ReichSmilitairverwaUuug über, welche es bis vor drei Iabre» als Kaiumergebäude benutzte. — Bei der kürzlich im Nachbarort Mosel abgeballenen PreiSthierschau wurden vier vom landwirthschastlichen Kreisverein im Erz gebirge gewäbrle Ehrendiplome als höchste Auszeichnung für Gesammtleistung znerkaunl, und zwar den Landwiriben Iunghanns zn Niedermosel, Engerl zu Obermvscl, Iacobi und Pfeifer zu HelmSdors; ferner gewährte» Rittergutsbesitzer Gräser aus Obermosel, der Kreiövcreiilö- Vorsitzende, drei Ehrenpreise, der Gemcinderalb Mosel, der landwirlhscbaflliche Verein Mosel und der landwirlh- schastliche Verein HelmSdors. Oberrothenbach je zwei Ebren- preise. Der Werth der verlheillen Geld- und GegenstaudS- preise betrug 710 ^ u. Trrnrn. ll. October. In dem festlich geschmückten Saale deS Hotels zum Löwen batten sich an, 8. v. M. die Iubilare und I»iiu»gSuieister der diesigen Weberin »ung mit ihren Frauen, sowie eine Anrahl Gaste eingesunken, um das zweihundertjährige Bestehen der genannlen Innung durch CominerS und Ball seitlich zu begehen. In der aufgelegten JnmiugSchronik ist die Gründung der Innung wie folgt registrirt: „Diese- Ehrbar Hand Werk der Lein Zeig V»d Wollen Weder ist aufzerichtet worden den 28. Septem. Anno 1694." Zur Zeit befinden sich i» der 284 Mitglieder zählenden Innung noch 22 Meister, welche aus eine fünfzigjährige und noch längere Mitgliedschaft zurück- blickcn können. Begrüßt wurde» die Festlbeilnehmcr durch Herrn Obermeiste, Kemnitzer. Den Glanzpunkt dcS Festes bildeten die Extratour der Iubilare und die an diese vom AusstchtSrathe Herrn Koder gehaltene Ansprache. bl. Zittau» ll. October. Io der hier abgehaltenei» Präsidialconferenz der sächsischen Handels- und Gewerbekammcrn wnrden folgende Beschlüsse gefaßt. Bezüglich der Verleihung von Anerkennungsurkunden an Lehrlinge und Geselle» erkennt die Versammlung die Nützlich keil und den Wertb der vrn den Gewerbekamiuern zu Leipzig »nd Zittau bereit« eingesübrlen Verleihung von solche» Urkunden an würdige Gesellen und Lehrlinge an und empfiehlt den emzclnen Kammer» die Nachahmung dieser Einrichtung, lieber die regelmäßige Bearbeitung der Fadrik- arbeiterzählungen saßt die Cvnscrenz folgenden Beschluß: man erklärt e« für wünschenSwerlh, daß jede Kammer in dreijährigen Zwischenräumen für ihre» Bezirk eine Bearbeitung der alljährlich am l. Mai stattfindenten Fabrikarbeiter räblnngen, ungesähr »ach der Art der von der Plauener Schwesterkammcr für l893 vorgenommenen veranstalte, aus der insbesondere auch über die Zabl der Betriebe in den nach der Anzahl der beschäsligte» Arbeiter einzutbeilenden Größenclassen mit der Unter scheidung der verschiedenen Gewerbezweige nach einem von den Sccretairei, anszustellenden Schema Ausschluß zu cr- dallcn ist. Die Cvnscrenz beschließt weiter noch, beim Ministerium des Innern Anfrage zu balten, ob eine Hinzu jiebuiig von Gewerbetreibenden zur Vorbereitung der Gcwerbc- llatistik in Aussicht genommen sei: bierdei soll mit zum Aus druck gebracht werden, daß eine Betheiligung der Gcwerbc- treibenden bei diesen Vorarbeiten dringend wünschen« Werth fei. Al» vierter Punct stand folgender Antrag auf der Tagesordnung: »Rechtzeitige Mtttheilung der geplanten Acnderuugen des EisenbahnfahrplanS an die Mit glieder des sächsischen Eisenbahnraldes". Man beschließt, ein gemeinschaftliches Gesuch an die königl. Gencraldireclic» der sächsische» SlaatSeisenbahnen zu richten, dahingehend, daß den Vertretern der Kammern im sächsischen Eisrndahnratk die wichtigeren in Aussicht genommenen Aenderungen des EisenbahnfahrplanS einige Zeit vor den EisenbahnrathS- sitzttiigen bekannt gegeben werden, wie dies io Preußen bereits vielfach geschieht. Nach einer eingcbeiiden Besprechung über den in AiiSsichl stehenden Gesetzentwurf über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes spricht die Consercnr ihre hohe Befriedigung darüber aus, daß die ReichSrcgierung beabsichtigt, dem Reichstage einen Gesetzentwurf vorzulegen, der da», Ge biet des unlauteren Wettbewerbes bebandclt und daraus ab- ziclt, auf dem ganze» Gebiete unserer Gewerbelhäligkeit wieder Treu und Glaube» zur Geltung zu bringen, und empsieblt den Kammer», auch ibrerseitS diese Bestrebungen in jeder geeignete» Weise zu unterstützen. Zur Ausdehnung der Unfallversicherung aus das Haudelsgewerdc und das gesammte Kleingewerbe beschließt man, eine Commission au» Vertretern der sächsischen Handels- und Gewerbekammcrn einzusetzen, deren Ausgabe eS sein soll, leitende GcsichtSpuncte auszustellen, die den einzelnen Kammern al« Unterlage für die Bcrathungeii über die geplante Erweiterung der Unfallversicherung diene» können. U. Pirna. >1. October. Die Frage der Hundesteuer beschäftigte in letzter Zeit lebhaft die Gcmütber. Zuerst hakkr der Ralb eine Erhöhung des gegenwärtigen Steuersätze» vo» 10 aus 20 und alSkann, nachdem die« abgelehnt worden war, ans 15-6 in Vorschlag gebracht. Seiten» der Stadt verordneten wurde jedoch abermals eine verneinende Stellung eingenommen. Ausschlaggebend war dabei der im Verlause der DiScussion wiederbolt erfolgte Hinweis darauf, daß Pirna durch eine solche Erhöhung leicht i» Len Ruf einer thcuren Stadt komme und hierdurch daS Bestreben, Rentier» und Pensionaire nach unserer Elbstadt zu dauerndem Auscnthalt zu ziehen, vereitelt werden könnte. Eine sinanziclle Absicht tag dem Vorschläge de» NatbS überhaupt »ich« zn Grunde; eS handelte sich vielmehr lediglich um die Absicht einer Vcc ringcrung der Huntezahl, die im Verbältniß zur Größe PirnaS entschieden als eine zu hohe bezeichnet werden muß. Dresden, ll. October. Der König wird daS königl. Jagdhaus Rehcseld heule Abend wieder verlassen und uni Sondcrzug ab Bahnstation HermStorj Rehcseld 9 Ubr 45 Min aus Haltestelle Strehlen einlrcffeu. — Gestern Nach mitlag 0 Uhr 54 Min. trafen dicFrauHerzoginPbilipp von Württemberg (Müller der Frau Prinzessin Johann Georg) mit ihrem Sohne, dem Herzog Robert von Württem berg, zu mehrtägigem Besuche deS Prinzen und der Frau Prinzessin Johann Georg in Dresden ein. Die Hohe» Gäste habe» in dem prinzlichen Palais, Parkslraße, Wohnung ge iiommcn. Im Gesolge befinden sich: die Hofdame Gräfin Dezajsc, der kaiscrl. und königl. Känunerer Major v Montcnach und der Preuiierlicutenant Frhr. v. Gaiaderg-Schöckingen. Feuilleton. Neuruppiner Lilderbogen. vo» Hriartch Lee (Lharlottenburg). Nachdruck oer»«le». Einige Meilen nordwestlich von Berlin dehnt sich die wellige Ebene von Fehrbellin, märkische» Kraut- und Acker land und kümmerliche Fichten. Dort, an einem See, liegt da« Städtchen Neu-Nuppin. Ein Brand hat am Ende de« vorigen Jahrhundert« die alten Häuser zerstört, und König Friedrich Wilhelm H. hat sie im dürftigen Casernenstil neu «ufgebaut. Aber ein noch erhaltener sraniosischer Garten mit beschnittenen TaxuShccken, lächelnden Marmorgöttinncn und ehrwürdigen Buchen und Ulme» erinnert an die alte Zeit. Unter diesen Bäumen hat Friedrich geträumt, wenn Um vom benachbarten RbeinSbcrg die Garnison berüberrirs. Daß aber die Schlachtenthaten seiner Enkel von Nen-Ruppin au« einst in Wort und Bild über sämmtliche fünf Erdtheile eine ruhmreiche Verbreitung erfahren Würden, daran hat er gewiß nicht gedacht. Livingstone erzählt, wie er die bunten Bogen au» der preußischen Mark selbst bei den wilden Völker» fand. Und mit den alten Märcheoaugea taucht dir Kinder zeit vor on« heraus ... Ein kleine«, wenig ansehnliche» Hau« iu der Straßen front. Hier treten wir rin. Da« Geschäft ist seit einigen Jahren au» der Kübn'schen Familie iu andere Hände übergegangen. Entstanden ist eS im Jahr» 1775. Da mals lebte in Neu - Ruvpin der Zeichenlehrer Gustav Kühn. Zu den unbekannten LuxuSgegenstanken gehörten in jener Zeit auch die Zimmertapeten. Die Wände wurden einfach gestrichen, und die sonstigen malerischen Zierrathen darauf von den Maurern mit Hilfe von entsprechenden Schablone» hineingepiosrlt. Da« brachte Kühn aus eine Idee. Er ver stand sich auch auf den Holzschnitt und vielfältigte so seine Zeichnungen. Die Maurer waren im Winter beschäftigungs los und standen ibm gern zu Diensten. Run schnitt er zu seinen Bildern Schablonen, wie die zu den Stubenwänden, »im vir Bilder so zu colonren Soviel Farben, soviel Schab lonen. Für DaS, wa« auf dem Bilde rotb» blau, gelb, grün erscheinen sollte, immer eine besondere. Die Maurer pinselte» eifrig daraus lo«, und nicht viel später standen regelmäßig zur Meßzeit planbrdeckte Frachtwazen vor dem Kühn'scheo Hause und trugen die Erzeugnisse nach Leipzig, Frankfurt, Köln und den andere» denilchen Siapelplätzea Dir Stoffe zu seinen Zeichnungen entnabm Kühn zumeist den Zeitrreigniffe», auch scherzhaften Erzählungen und den Werken der aukkommenbea Elassiker Bald halten die bunten Kühn'scheo V'lderhogra ganz Deutschland erobert. Inzwischen wurde die Buntdruckprcfse erfunden, aber die alte Herstellungsart ist bei dem Kübn'schen Unternehmen zum größten Theil bi» heute beibehaltrn worden, da« zeigt ein Rundgang durch die Fabrik. Erst die Schablonen- schneider mit den Schwarzbild-Borlagen. Da« Schwarzbild wird jetzt nicht mehr durch den thcuren Holzschnitt, sondern durch den Steindruck bergestellt. Der Stoff zu dli, Zeich nungen bietet sich massenhaft. Soldaten, Spiele. Heiligen bilder, MonarchenportraitS, Ulkbilder, Modellirboaen, Tbeaterdecorationen und Figuren, Haussegen, kleine Bilder zum Ausschneiden und Aufkleben für Conditoren und andere Gewerbetreibende. Ankleidepuppen, Geschichten- bilden mit Texten, Illustrationen von Zeitereignissen und hundert Andere«. Im nächsten Raum die Hrrren Maler. Bor jedem rin Stoß Bogen, ordentlich ein geklemmt, damit sich unter der Schablone nicht« ver schiebt, dann ein Farbrntopf, und nun rin Strich mit dem breiten kleinen Pinsel. Die Fleischfarbe ist die erste, die aus den Bogen kommt, dann folgen die Hellen und daraus die dunklen, n» Ganzen sieben bi« eis Farben. Früher wurden mit dieser Arbeit viel Kinder beschäftigt, besonder« auch im elterlichen Hause. Unterdessen bat da« Gesetz die Kinder arbeit eingeschränkt. Auch in den benachbarten Ortschaften und im Gefäogniß wird aus diesem Gebiete für dir Fabrik gearbeitet, zum Tbril auch von Frauen. Ein Euriosum ist, daß die Gesängnißarbeit, weil hier zu Lande im Allgemeinen die Arbeit-kräfte nicht zahlreich sind und dir Concurrenz sie sucht, theurer ist al- die gewöhnliche. Aber neben den Schab lonen dienen auch eigene Maschinen zum Coloriren. Da« sind aber nicht die gewöhnlichen Buchdruckmaschinen, bei denen da« Papier so oft unter die Presse kommt, wie Farben aufgetragrn werden. Die« Verfahren würde bei dem billigen Preis, zu dem man Herstellen muß, zu zeitraubend sein. Völlig weiß geht hier der Bogen unter dir Walze, vollständig bunlbe- dr»ckt, aber noch ohne den grundirten Schwarzdruck, kommt er aus der anderen Seite heraus. Für jede« neue Muster muß aus diesen Maschine» eine neue Druckplatte hrrarsiellt werden. Diese Platten sind von Schiefer. Dann kommt der bunte Bogen unter die Schwarzdruck-P.esse und so ist er fertig. Die« Verfahren ist kostspieliger al« da« Sckablo- airen. ES wird deshalb nur angewandt, wenn ein Muster in großen Masten oder, wir bei actuellen Stoffen, recht schnell hergestellt werden soll Indessen haben die mit der Hand gemalten Vogen einen Vorzug; die Farben sehen Heller und srrundlicher au«. Die Erfahrung, daß sich die neue Zeit wieder dem Bunten zuwrndet — man denke an die farbigen Herrenschlips, und Frack«, an den Hau«- und WobnunzS- schmlick, a» die «»»erwachte Farbe»sr«ude in der Malerei selbst — betbätigt sich auch hier; di« tiasachen Sckwarzdruck- bogen, die früher beliebt waren, werden kaum noch verlangt oder höchste»« zum AuStusche» für Kinde». „Wo nehmen Sie bloS immer die neuen Ideen her? Ich meine zu den Textbilderbogen. Auch der fruchtbarste Schrift steller schreibt sich schließlich au«, oft viel eher, al« cr'S selber merkt. Und die Ideen zu den Bildern selbst? Zum Beispiel hier der Weinachishampelmann?" — Lo frage ich den freundlichen Besitzer. Nun, in diesem Puncte gilt der Wahlsprnch Moliöre'«: das Gute nehmen, wo man eS findet. Die illustrirten Zeitschriften, alte und neue, besonders auch die sranzösischcn, bieten an Text und Bildern Stoff und Anregung genug. Man siebt, die deutsche Literatur kann die Franzosen nun einmal nicht entbehren Auch werden gute alte Muster wieder auf neu ausgebügelt und außerdem sorgen zahl reiche auswärtige und zufällige Mitarbeiter, besonders die Deutschen im Ausland, die so die Liebe zur Heimalb be kunden, für täglich frische Zufuhr: malerisch veranlagte Väter, die zu Nutz und Frommen ihrer Sprossen nach dem Beispiele des seligen Ctruwelpeterhofmann S eine Max- »»d Moriyiade entwerfen, dichterische Rentier- und pensionirte Beamte, die Verse machen müsse», kurz, ein Tbeil jener ebr- geizigen Classe der Menschheit, deren Herzenswunsch e« ist, sich gedruckt zu sehen, und wär' e« selbst bei Gustav Kübn. Die Einsender bemerken gewöhnlich, daß sie auf Honorar verzichten. Der böchste Satz, drn dir Firma sonst für einen Bogen Text zahlt, beträgt zehn Mark. Diese Dichtungen, die sich durchaus der kindlichen oder einer humoristisch ge färbten, populär - parodistischen Anschauung anbequemen möchten, sind also gar keinr so leichte Ausgabe. Di« meisten Einsendungen sind deshalb, wie aus andern Redaktionen, un geeignet, und der betrübte Dichter bekommt sein Manuscript zurück. Neuntausend verschiedene Muster hat gegenwärtig die Fabrik zur Auswahl. Die Versendung geschieht rieS- weise. Die Auslage der einzelnen Muster ist je nach dem Bedarf verschieden. Die Mindest - Auflage ist siuisund- zwanzigtausend Stück, manche aber geht in die Millionen, I» bei den Stapelartikeln, die nicht bloS ein AngenblickS- interesse genießen, z. B. den Heiligenbildern. Jrrihiimcr in der Speculation sind auch bicr nicht auSgrschlossen. So fand eines der letzten Bilder, das die Ermordung Carnol'S vorstrUlt und da» mit ganz besonderer Sorg- salt bergestellt war — denn der Kops Carnot'« war ans photographischem Wege geniacht — nur wrnig Anklang, ei» Beweis, daß da» traurige Ercigniß i» gewisse» Bevölkerung-kreise» ebne nachbaltige Wirkung blieb. Mit Begeisterung begiüßt wurden dagegen Schlachtenbilder ans den letzten deutschen Kriegen. Gustav Kühn eitle unseren siegreichen Fabne» voran« und die Gefechte und Belagerungen prangten regelmäßig schon lange aus dem Bilderbogen, ehe sie in Wirklichkeit geschaben. Nur mit dem Texte wurde bis zum vollzogenen Errigniß gewartet. Da der Zeichner sich l weniger um das Strategische dabei zu kümmern hatte» als vielmehr um explodirende Granaten, abgerissene Gliedmaße», strömende Blutbäche, sich bäumende Pferde, uinstritlcne Fahnen und Kanonen, so konnte er auch ebne rin allzu reiches Maß von Atmung-Vermögen seiner Aufgabe genügcn. Die Bogentextc sind, entsprechend ihrer Verbreitung, in allen Cullursprachcn der Erde vertreten. DaS Institut hat dafür eigene Uebersetzer. Bczeictmend ist, daß der eurc- päische Norden, Skandinavien, Dänemark, Finnland, mebr Bilderbogen kaust als der Süden. Der Norden ist arm, der reiche Süden kaust dagegen mehr die theuercrcn Bilder bücher. Auch liebt der Norden im Gegensätze zu dem gebildeteren Süden mebr die grellen Farben. Besonder- bevorzugt der Norden die Bogen, die Gesellschaftsspiele vor- stellc», Wettrennen init Würsclii, Poch ,c. Er ist Stuben hocker. Der phantastische und künstlerisck veranlagte Süden, zumal Spanien, kaust dagegen viel Tbeaterdecorationen. .lm Allgemeinen übt die sorlfckireitcnde Cultur und Wohl habenheit auch hier ihren Einfluß. Während früher der miltlcre Bürgerstand der hauptsächliche Abnchnier der Bogen war, sind daS jetzt zumeist vie Bauern. Dem Bauern waren früher vier Pseunige für den bunten Bogen zu viel, jetzt zahlt er sic gern. Der Bürger dagegen stellt jetzt größere geistige Ansprüche. Um sich dem Geschmack der neuen Conjunientcn anzupaffen, ist so im Lause der Zeit der ästhetische Inhalt der Bogen gesunken. Da ist z. B. ein Bogen aus den dreißiger Jahre»; eine Darstellung vc» Scenen auS Schiller« Wallenstein; ernsthaste künstlcrijche Composilio» und sehr seine Zeichnung. Die Firma der „Fliegenden Blätter" bat mit ihre» Münchener Bilderbogen zwar löblicher Weise versucht, das gut« Alte wieder einzuführen, aber die große» Kosten decken sich nicht mit dem verhältniß- »läßig geringen Verbrauch. So ist der Bilderbogen jetzt im großen Reiche der Kunst ein Proletarier geworden. Der Kreis seiner Liebhaber aber, was deren Ziffern betrifft, nimmt eher zu als ab. Im Gefolge der die Welt unaus- haltbar erobernden Civilisation zieht auch der bunte Freund aus Neu-Ruppin umher, und siegreich flattert rr jetzt mit der deutsche» Flagge in« Innere de» schwarzen ErdtbeilS. Einer seiner hohen Gönner ist Kaiser Friedrich gewesen. So oft er nach Neu-Ruppin kam, zu seinen Dragonern, so osl besuchte er auch daS Kühn'sche Etablissement. Damals war er noch Kronprinz. ,Na, n» zeigen S,e mal, was Sie Neue« haben", sagte er. Dan» suchte er sich einen Theil aus, Soldaten- »nd Ankleitebilder, ließ sich daS Packet zu- samincnrolle» und steckte eS unter de» Arm. „Für meine Jungen« und Mädels", meinte er. Eist waren damit seine Kinder, dann seine Enkrl gemeint. Und so hatte da« Kaiser kind dieselbe Freude an den» bunten Bogen, wir da« Lellel- kind . . . ,
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