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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941012020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894101202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894101202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-12
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Tabellarischer und Zissernjatz - nach höherem Daris. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de, Morgen-Ausgal>e. ohne Posibesörderung 60 —, nitt Postbejorderung sl 70.—. ^nnalsMkschlub für Amrigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Ubr. Viorge n-Au-gade: RochmittagS 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Vei den Filialen und Annabmestellen ,e ein» halb« Stunde früher. Anzeigen find stet- an die Expedition zu richten. Druck nnd Verlag von E. Polz in Leipzig ^?523. Freitag den 12. Oktober 1894. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. vernnethnng. In den reichseigenea Grundstücken Grimmaischer Sieinweg 3 and Poststratze 4 und 6 sind zu verinielken: Eagle,ch ader später: Gri««atscher Eteinweg :i. «ordergebäude. im 4. Stock Wohnung (drei zweisenstrige, ein einfenstriges Zimmer und Zubehör) sür 400 >/. jährlich: im 3. Clock des rechten Seitengebäudes, große, Helle Geschäftsräume (260 qm) sür 1600 .si jährlich; Paftftrakc 4, linke» Hosgkbäude, 2. und 3. Stock, zwei Ärbeitssäle (16 und 14 Fenster) 1000 jährlich; Post strahl a, fünftes Stock, drei zweisenstrige Zimmer, zwei Pommern u. s w. 200 jährlich. Vom I. Januar 18NL ad: Pastftrahk 4, linkes Hofgebäud«, im Erdgeschob, Riederlags- räume 720 .st jährlich. Bam I. April 18S.» ad: Grimmaischer Ttcinmrg 3, Seitengebäude rechts, 2. Stock und Quergebäude 2. Stock, Wohn- und Geschäfts räume (achiscnstrtger Arbeitssaal) 1200 >t jährlich. Meldungen wegen Besichtigung der Räume und Mlethsgejuche sind au das kaiserliche Postamt 1 am Auguslusplatz (AuskunstS» stelle, Eingarg im Posthose) zu richten. Leipzig, i>. Octodcr 1894. Der «aiserliche Lder-Paftdireeiar, Geheime Dder-Paftrath. Walter. politische Tages schau. * Leipzig. 12. October. Nachdem gestern der preußische Ministerpräsident Graf Eulenburg aus HubcrtuSstock und der EultuSminister De. Bosse aus Posen wieder in Berlin eingelroffen sind, wird deute, wie unser Herr tztz-Correspondent uns tele graphisch meldet, das preußische EtaatSminiftrrium eine Lwung abhaltcn, in der über die vorbereiteten Gesetzent würfe zur Abwehr der Umsturzbewegung beralhen werten soll. Man irrt wohl schwerlich in der Annahme, daß eine beute in der „Post" veröffentlichte Zusammen- stclliuig von Aussprüchen des Grafen ßapridi über die Socialdemokratie und d'c von ihr drohende Gefahr auf die Stellung vorbereiten soll, welche der Herr Reichs kanzler zu den preußischen Borschlägen cinnehmen wird. Tiefe aus Len letzten vier Jahren stammenden Aussprüche lauten: „Die socialdemokratische Frage ist dir Frage, die für das Ende dieses Jahrhunderts, vielleicht für Jahrzehnte dcö nächsten Jahrhunderts, die herrschende sein wird". „Tie Socialdemokratie ist zur Zeit die größte Gefahr im Reich." „Wir wollen in dieser Beziehung ein gutes Ge wissen haben; wir wollen aber in der anderen Richtung, wenn, was Gott verhüte, eö einmal zu ernsteren Dingen kommen sollte, auch eine starke Hand haben." „Ich habe den aufrichtigen Wunsch, daß diese Frage aus friedlichem Wege gelöst werden möge; ... ich würde aber glauben, daß die verbündeten Regierungen, wenn sie nicht den Fall ins Auge faßten, daß die friedliche orga nische Lösung unmöglich wird, ihrer Pflicht nicht genügen würden." „... kein Gesetz einzubriiigcn, keine Maßregel vorzu schlagen, die nicht von dem «standpunct geprüft worden ist: wie wirkt sie auf die socialdemokratische Frage ein?" „Die Staatsregierung ist sich ihres RecktS und ihrer Pflicht, die Gesetze mit allen ihr zu Gebote stchcuden Mitteln durckzusühre», die Ordnung im Staate zu erhallen, den Besitz zu schützen, vollkommen bewußt . . . Wir wissen ganz genau, was unsere Schuldigkeit ist, und sind gewillt, alle der Regierung zu Gebote stehenben Macht mittel rücksichtslos anzuwenben, wenn wir, was Gott verhüten wolle, vor die Nothwendigkcit gestellt werden " „Sollte überhaupt ein Mensch glauben, daß die in den socialistischca Büchern und Reden entwickelten Dinge ohne Herstörung de« Staates zur Ausführung kommen könnten? Wer solche Theorien vertritt, sepl immer einen Kampf mit den bestehenden Berhälknissen voraus " Die „Post" schließt aus diesen Sätzen, daß der Herr Reichskanzler über die Gefährlichkeit der Socialdemokratie, den revotutionairen Eharaktcr derselben und die Pflicht dcS Staates, nötbigenfaUS mit repressiven Maßregeln gegen sie vorzugehen, ähnlich denke, wie die Mittelpartcie». Sie erwarlcl daher augenscheinlich, daß aus den Bcrathungen des preußischen StaatSministeriumS unter Zustimmung dcS Reichskanzlers Gesetzenlwürse sür den preußischen Landtag und den Bundes rath hervorgeben, wie sie von den Mittel- parlcicn gefordert werden. Geschieht das, so muß sich Gras Eaprivi hauptsächlich aus diese Parteien stützen. Es wird dann aller Welt klar werdjeu, warum seine eigenen Ossiciösen verschiedenster Farbe seit Wochen alle Hebel in Bewegung gesetzt und sogar da« Ge spenst einer gegen ibn gerichteten Verschwörung an die Wand gemalt haben, um ibn von einer seinen eigenen Ucberzeugungen und den Forde rungen der Mittelparteien entsprechenden Politik abzuhalten. Auf die Urbersüklung unserer gelehrte» verusssächer Wersen die amtlichen Angaben über die am l. Oktober in Preußen vorhandenen Gerichtsassessoren und Referendare ein trübes Licht. Während sich die Zahl der GerichlSassessoreu seit fünfzehn Jahren aus das Sechsfache erhöbt hat, nimmt die Zahl der Referendare zum Mindesten nicht ab. Es ist geradezu eine Stauung in der Verwendung dieses jüngeren BeamlennachwuchseS cingctreten, und viel bester ist eS auch nickt in anderen Anstellungen, die eine gelcbrte oder auch technische Vorbildung erfordern. Viele allmählich schon recht gereifte Männer könne» noch jahrelang aus seste Anstellung warten und »lüssen vielfach, wenn die eigenen Einnahmequellen versiegen, in die traurigsten Ver hältnisse komiiicn. Einigermaßcn nützlich gegen diese» Ilcbcl- stand könnten wohl geeignete Einwirkungen auf eine Ver minderung dcS ZudrangcS zu den höheren Studie» sein. Leider aber beschränkt sich die Ucbersüllung des ArbcitS- inarkteö mit erwerbsuchenden Kräften nicht nur aus Stellungen, die eine höhere Geistesbildung verlangen, auch die Handwerker und Industriearbeiter klagen vielsack, daß sie keine genügende Arbeit mehr finden können. Man lese . B. nur die Angabe» über die Tausende von bcschäftigungs osen Bauhandwerkern, die infolge des Stockens der Bau thätigkc.t in großen Städte», namentlich in Berlin, erwerbslos geworden sind, nachdem sie sich durch eine ganz ungesunde und unmöglich haltbare Bauspeeulation batten anlocken lassen. Nur bei der Landwirthsckast hat man noch nickt gekört, daß arbeitswillige Kräfte keine Beschäftigung finden könnten, im Gcgcnlheil. Aber freilich die Lage der Landwirldschaft ist vielfach auch nicht derart, daß sie das Abströmen in die städtischen Erwerbsarten verhindern könnte. Jminerbin weist aber auch die zunehmende Schwierigkeit, der stets wachsenden Bevölkerung sonst genügend Arbeit und Erwerb zu verschaffen, auf die Nothwendigkcit hin, den Bauernstand lebensfähig zu erbalten. Sonst verfällt Deutschland immer mehr einer lleoervölkerung, welche Masten von brotlosen Existenzen schalst und dadurch zii den ernstesten socialen Erscheinungen sübrcn muß. Der Abfluß der überschüssigen tcuischcii Volkökraft nach außer europäischen Ländern bar auck sehr nachgelassen.^ Insbesondere nimmt Nordamerika, das früher alljährlich Tausenden von Deutschen Unterkunft bot, jetzt ungleich weniger aus, weil es nackgeratc selbst bevölkert genug ist und die Erwcrbs- verbällnistc dort viel »»günstiger geworden sind. Die zweck mäßige Verwendung unserer überschüssigen VolkSkrast ist eins der schwierigsten socialen Probleme der Gegenwart. Aber freilich, cS ist leichter, die augenfälligen Uebelständc zu be klagen. als wirksame Mittel der Abhilse anzugeben. Die liberalen ungarische» Magnaten hatten guten Grund, die Annahme des Gesetzentwurfes über die staaklicken StandcSregister mit Eljcnrusen zu begrüßen. Die An nahme dieses Gesetzes bedeutet nämlich nicht mehr und nicht weniger als die Losung der Krisis. Denn nuumchr kann dem Verlangen der Krone entsprochen und die sür die Ein führung dcr Eivilcbe nolhwcndigen beiten Gcseyentwnrsc können zugleich mit dem Hauptgesetz zur Sancticnirung vorgelcgt werten. Es ist dabei vorausgesetzt, daß der ungarische Reichslag die vom MagnatenhauS vorgenommencn Acndcrungcn au dem Gesetz über die Religion der Kinder acccptirt. Sind die drei Gesetze einmal in Krast getreten, so werde» die Klerikalen auch ibrcn Widerstand gegen die freie RcligionS- übnng und die Reccption der Juden ausgeben, oder die Re gierung wird diese Gesetze so lange zurückstcllen, bis der an gekündigte PairSschub aus Siebenbürgen erfolgen kann, ohne der Krone Verlegenheiten zu bereiten. Zu der Wendung der letzten Tage trug übrigens erheblich der Umstand bei, daß die Krone, wenn auch weniger ausfällig wie im Frühjahr, doch nicht minder deutlich ihre WillenSmeinung kundgab, den Streit durch Annahme der Vorlagen beendigt zu sehen. Im Lager der Klerikalen beider RcichSbälstcn wird das Volum des Magnatenhauses große Enttäuschung Hervorrusen. In Wien hatte der Stimmführer der Ultra- montannen, vr. Ebenhoch, sckon die Verwerfung de« Gesetzes über die freie Religionsübung dazu benutzt, an das Oberhaupt der Opposition, den Grasen Ferdinand Zichp, eine mit Tausenden von Unterschriften versehene Beglückwünschung- adrcsse zu richten, und das „Vaterland" stimmte bcrcilS Jubclbynincn an. Interessant ist, daß der Obcrst-Hosmarschall Gras Szecsen gegen das Gesetz über die Reccption der Juden stimmte, während der Obcrhosmcister der Kai serin, Baron Nopsa, der zum ersten Male im Oberhausc erschien, mit den Liberalen stimmte. In der Schweiz erregen höchst tadelnSwcrtbe Vorkommnisse beim Urner Bataillon 87 gerechte Entrüstung. Die „Gotthardposl" — andere, durchaus zuverlässige eidgenössische Blätter haben dieselben Informationen — berichtet nämlich: „Eben ist da« Bataillon 87 wieder in Altors eingerückt, aber in höchster Erbitterung und ohne Major. Er hat süns Tage Festung in Airoto sofort angetreten. Der Uataillvnsarzt, Haupt- »ia»n Rauer, hat zehn Tage, weil er zu viel Leute dispcnsirte.... Tie Soldaten erzählen Unglaubliches über die Schinderei am Gotthard, namentlich über Len Stabsmajor Gerlsch, und es brauchte die vereinten Anstrengungen der Lisictcre, um die Mannschaften deS Bataillon» 87. die »och immer ihre Pflicht thaten, vor AuSschreilungc» zurück zuhallen. Bon Mittwoch aus den Donnerstag war das Bataillon 87 über zwanzig Stunden unterwegs; die Leute sielen in den Reihen nieder vor Schlaf und Müdigkeit. Wir sprachen einen Lsficier, der dem Balaillon nur für diesen CurL an- aehörle, also einen Unbetheiiigten. Er sprach mit höchster Zu- sriedenheit von Lsficieren und Mannschaften und mit eben solcher Entrüstung von der elenden Behandlung, die ihnen widerfahren". Unseren socialdcmokratischen Bewunderern dcS eidgenössischen Milizsystcmö sei auch dieser Vorgang zur Beachtung empfohlen. Aus England wird von verschiedenen Seilen bericklcl, daß cS mir der Einigkeit im Eabinct Roscbcrh schleckt bestellt sei. Man will jetzt wissen, daß die Abwesenheit der Minister Harcourt und Eampbell bei dem plötzlich ein bernsene» Ministerratbe doch andere Gründe Halle, als daß sie nickt rechtzeitig hätten einlrcfsen könne». Es gilt als ticuilich gewiß, daß sie cS abgelchnt hatten, dem Rufe Lord Rosebery« zu solgen. ES werden osten Beschuldigungen gegen die serngcdliebencn Minister erhoben, weil sic ick einer Pflicht entzogen hätten. Dieselben werden tickt umhin können, die Anschuldigungen zurückzuwcisen, und o wird auch in weiteren Kreisen offenkundig werden, was ür die Intimeren kein Gcheimniß mehr ist. Lord Rosebcn, gezweckte nämlich mit der Einberusuna des Ministerratbe«, rcie Hand sür die in Betreff OstasienS zu ergreifenden Maßnahineil zu erhalte». Der Ministerrath sollte ibm eine sörinlickc Vollmacht in dieser Beziehung ertheilcn. Hiervon bekamen die abwesenden Minister Kcnntniß und wußten es so einzurichtcn, daß ihr Nichterscheinen in dürftiger Weise mit Rücksicht aus ihren Urlaub und die angebliche Uniuög lichkeit, rechtzeitig cinzutreffen, entschuldigt wurde, ohne daß sie einer dircclcn Weigerung, wie dies jetzt von mancker Seite geschieht, geziehen werden konnte». In Wirklichkeit handelte cS sich aber um die mittelbare Ablehnung de« von Lord Rosebery gehegten Wunsche«. Ob sich hieraus nicht ein offener Zwiespalt zwischen de» Eabinclsinitglicteri« er geben wird, bleibt abzuwartcn, dock lassen sich die Gegen sätze kaum uicdr verschleiern; teil» Lort Rosebery richtet sich bezüglich OslasienS aus eine Action ein, von der er, wenn cs die Jiitercssen Englands erheischen sollten, nickt zurück- schrecken würde, wäbrend Harcourt zu jene» zählt, deren oberster Grundsatz die Erhaltung dcö Friedens ui» jeden Preis ist. Der Fclkzug der Holländer auf Loinbok läßt nun endlich den Sckluß aus eine» günstigen Ausgang z». Es in amtlich bestätigt, daß die Hauptstadt der Insel, Matarain, de» ErpedilionStruppc» in die Hände gefallen ist. Sobald das iiiililairischc Ressort einmal seine Ausgabe mit dem richtige» Ernst ansaßlc, konnte sür den Sachverständigen kein Zweifel bleiben, daß der Aufstand unterdrückt werden wurde. Nichtsdesto weniger hat die Stunde von der Einnahme MataramS in den Niederlanden allgemeine Genuglhuung bervorgcr»sc»; den» trotz ihre« angeborenen Phlegmas sind die Niederländer von einer sehr lebhaften Vaterlandsliebe durckkrungen. Sio blicken mit berechtigtet» Stolz aus ihre glorrcickeit geschickt lichcn Ucberlicfcrnngcii und wachen eifersüchtig über die Ebro der LandcSflaggc. So war cS denn weiter nicht zu verwundern, daß der Ecker, den die Expedition in der Nacht des 26. August durch den Verrath der Balincscn erfuhr, in der Hciniatb großes und schmerzliches Aus sehen erregte. Mit dem Verlust von etwa 3«» Ossicicren und too Mann ist die Lehre, daß man den Ei»gebore»e» unter leinen Umständen tränen darf, allerdings sehr thciicr bezahlt, klebrige»« wird inan da« Ergebnis! der ciiigclcitelcn Untersuchung abwarten müsse», che sich ei» abschließendes Unheil über die Handlungsweise der Triippeiisnbrcr fälle» läßt. Jetzt, wo Mataram in der Gewalt der Regier»,ig von Niederländisch Indien ist, entsteht die Frage, was iii Znktinst an« bei» Sultanat von Loinbok werde» soll. üöird man kein Sultan seine, wen» auch beschränkte Selbstständigkeit lasse» oder wird die Insel in die dircclc Verwaltung der Ecntralregierung von Batavia übernommen werden ? Bei Beginn des Feldzuges gegen die Balinesen hatte man beschlossen, den Sultan auf dem Throne zu erhalten, freilich unter strenger Eontrolc des Fer»iHeton. Der goldene Mittelweg. 25s Roman von Erich Rott. Nochtrllck »«rbotea. (Fortsetzung.) Dittmer hatte sich mit ungeschlachter Bewegung von seinem Sitze erhoben; eine von Secunke zu Secundc sich steigernde Wutb prägte sich in seinen GesicktSzügen auS. — „Der Schuft!" stöhnte er aus. „Hat er zur Polizei geschickt, aber da« soll ihm wenig Helsen! . . . Hier ist der Zettel, dar aus ftcbt seine Schuld! In alle Welt hinaus will ich cS schreien!" Ans einen Wink dcS Bürgermeisters waren die beiden Polizisten hcrangctreten. — „Man hat den Baron bewußtlos ans der Landstraße auSgestreckt gefunden; al« er zu sich kam, batte er sofort Euch beschuldigt und beschrieben. Ihr seid doch der ehemalige Forstheger Wiltmer, nicht wahr?" Der Gefragte nickte mit dem Kops. „Und zwanzig Jahre unschuldig im Zuchthaus gewesen, daS wollt Jbr gewiß auch wissen?!" sagte er höhnisch. In demselben Augenblick trat Erich, den Gertrud ver geblich zurückbatten wollte, vor. „Großvater, sei barmberzig mit dem Mann, den solch schweres Perbängniß ereilt bat. Es will bereits in seinem Handel unheimlich Tag werden", versetzte er in bittendem Tone. Winkler betrachtete seinen Enkel mit einem höhnischen Blicke. „So, Du bist auch hier? Ha, da< konnte ich mir ja denken", entgrgnele er dann abweisend. „Aber mit Dir bade ick nichts abzurechnen, ick stehe al» Obrigkeit hier. Der Mann dort ist verklagt von einem mir bekannten einwand», freien Mann WaS er sür einen Handel sonst noch hat, da« mag er vor Gericht au-machen. Ich verhafte ihn im Namen de» Gesetze». Heute noch wird er nach der Kreisstadt traoS- portirt." „Hier steht'» schwarz aus weiß, daß ich unschuldig bin!" schrie Wittmcr mit durchdringender Stimme, al» die Polizisten ibn ansaffrn wollten. WinNer wollte ihm den Zettel entreißen, aber da war auch schon Trick vorgetreteo und batte denselben Wittmer au« der Hand genommen. „Grbt ihn mir", sagte er, „er ist bei mir in guter Hand", setzte er hinzu, während er zugleich sorgsam den Zettel ver wahrte. „Ich übergebe ihn selbst dem zuständigen Gericht. Du mußt schon verzeihen, Großvater, daß ich mir dieses Recht anmaße!" wendete er sich dann an de» ihn eben mit einem stechenden Blick messenden Alten. „Aber ich habe diesem Unglücklichen, dem Vater meiner anverloblen Braut, versprochen, daß ich sein Recht gegen Jeden verthcidigen wolle. Ich weiß eS, er ist unschuldig, und ich bin fest entschlossen, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um auch vor der Welt seine Schuld- losigkcit zu erweisen!" — Zu Wittmcr aber, der sich gegen die Fäuste der Polizisten zur Wehr setzen wollte, sagte er bittend: „Verschlimmern Sic Ihre Lage nickt durch unnützen Widerstand. Freund Forschner ist vielleicht bereit, einen Wagen anspauneu zu lassen. Mein Großvater wird nichts dagegen haben, wenn man Euch sofort nach dem Gerichts gebäude in der Kreisstadt fährt . . . nickt wahr, Großvater, tbust mir die Schande nicht an? ES ist ja auch um Dich, daß der arme alte Mann nicht zum Gespött dcS Dorfes durch die Straße abgcfübrt wird!" Winkler s Gesicht war abstoßend hart geworden. — „Wir Beide reden nachher weiter miteinander", murrte er. „Ich bab'S geahnt, daß uns die erste Stunde Deiner Heimkebr wieder auseinanderbringt . . . mir soll » indessen recht sein!" Dann aber, als Forschner sich erbölig zeigte, sofort ein- zuspanncn und den Wagen selbst nach der Kreisstadt zu fahren, willigte Winkler ein. Er sprach kein Wort mit seinem Enkel mehr. Auch die übrigen Anwesenden ignorirtc er vollständig. Als die Kalesche angespannt war, setzte er sich mit dem Brrhasteten und tcni einen Büttel in diese. Der andere Polizist schwang sich zu Forschner auf den Bock und in kurzem scharfen Trabe rollte das Gefährt von dannen, daß der Staub hoch auswirbclte. Aber fester, unbeugsamer Muth schaute aus Erich s Blick. „Ich habe gelernt zu kämpfen! Stütze Dich nur auf mich. Gertrud", saßte er voll warmen Empfindens, während er sie nur noch inniger an sie beranzog. „Ich halte Dich, ich schirme Dich in unlösbarem Bunde .. . ich will'« der Welt abringen. Dein Glück . . . mein Glück!" XXll In einem Zustande dumpfer Betäubung waren schließlich die Müllerin und Gertrud allein im Zimmer zurückgeblieben, denn unmittelbar nach dem Fortrollcn de- leichten Gefährte» war auch Erich aufgebracht», um sich ungesäumt nach der Kreisstadt zu begeben. Während die Kalesche mit dem Gefangenen, der weit läufigen Spur der Landstraße nachfolgend, ring« ui» die sich auftbürmendeii Berge einen weiten Umweg beschreiben mußte, kannte Erich noch a»S der Jugendzeit einen zwar steil an- strebenden beschwerlichen, aber in gerader Linie nach der Kreisstadt führenden Fußpfad; den wollte er benutze». Er bofftc, dadurch spätesten- zu gleicher Zeit mit dem Gefangcn- transport vor dem Amlsbanse anzulangen. Roch einen letzten Kuß hatte der junge Mann auf die Lippen der Geliebten gedrückt, ehe er gegangen war, dann war Gertrud wie vernichtet in eine» Sessel gesunken und mit in den Cchooß zusammengksalteten Händen vcrkarrlc sie lange Minuten hindurch völlig apathisch und regungslos. Die Müllerin war die erste, welche die Sprache wiedcr- sand. „DaS kam gerade wie Blitz »nd Donnerschlag", sagte sie, „wer hätte denn da« gedacht! Eden noch so glücklich und zufrieden beisammen und da muß auch gerade der Unglücks mensch hereingeschneit kommen ... Er ist Dein Vater, liebes Kind, ganz recht", fuhr sie, sich erhebend, fort und an Gertrud, die keine Antwort gab, dicht bcrantrctend, „aber nimm eS mir nicht übel, ich habe mich gefürchtet vor iki», und dann", setzte sie wieder hinzu, nachdem sie vergebens aus eine Ant wort gelausckl hatte: „Schließlich gehörst D» gar nicht zu ihm, warst ja erst vier Jahre alt, als Du zu uns kamst aus die Mühle. Er hat gar kein Recht an Dich." Ein Aechzcn kam über die Lippen deS aschfarben im Gesichte geworbenen Mädchens. „Er bleibt immer mein Vater", murmelte diese» dann mit zuckenden Lippen, „und seine Schuld pflanzt sich auch in meinem Leben fort — ich sühl'S, ich bin nicht zum Glück geschaffen." .Behüt', da» sollst Du nicht sagen", suchte Frau Forschner zu beschwichtigen. „Der junge Mann meint » gut und ehrlich mit Dir, da ist kein Zweifel!" „Eben deshalb", versetzte Gertrud, leise vor sich hin schluchzend. „Als ich heute Morgen, wie sonst, an seiner Eltern Grab weilte, war e« mir nicht ander», als wenn der Himmel auf mich sich herabscnktej „Du verstehst mich, Dir kann ich cS sagen, ich habe ihm die langen Jahre über die treue Liebe im Herzen bewahrt, und wenn er nicht ge- kommen wäre, ich hätte nie einem anderen Manne angeböre» können, so lieb habe ich ihn ... . und nun, kaum baß der Himmel mir ein Glück gezeigt und daß Frieden im Herzen werden will, da kommt da» Schicksal schon wieder und sagt: Nein!" „Ich versteh« die ganze Geschichtr auch nicht recht", sagte die Müllerin, „das ging ja, ehe man sich nur unisah, war Alles geschehen. Zum Glück ist der Vater mit nach der Stadl, dort wird er cS wohl richtig erfahre», was cö ge geben bat. Wenn der Baron cS eingestaiidcii hat, das; er der eigentlich Schuldige war, dann kann ja Alles noch gut werden!" Ein trübes Lächeln umspielte Gertrud'« Lippen. — „Ich sürchle, dann wird cS erst recht schlimm", versetzte sie leise. „Erich s Schwester bat sich dem jungen Baron versprochen. Wie wird sic es ausnebnieii, wenn jetzt eine solche Enthüllung kommt . . . und gar tcr alte Winkler mit seinem bösen, barte» Kops. Ich fürchte, Erich geht meinetwegen barten Kämpfe» entgegen." „Er wird sie überwinde», daS ist ein ganzer echter Mann, glaube mir", suchte die Alte zu beruhige». „WaS an mir ist, soll gcschcben", murmelte Gertrud, dabei in lautes Weinen auöbrechcnd. „Ich stiebe bis ans äußerste Ende der Welt, »nd wenn ich als niedrigste Magd mein Brod in Zukunst essen müßte, er soll um meinetwillen kein Herzeleid auSstehcn." Dabei blieb sic, und die Müllerin vermochte nickt« Weiler auS ihr berauSzubekommen; sic konnte auch nickt länger in der Stube verweilen, das Gesinde wollte auch heute die Miltagümablzcit vorgcsetzl baden, zudem kamen auch »»tcr diesem oder jenem Verwände nciigicrigc Weiber i» die Mühle, die auSkundschaslc» wollten, was es eigentlich ge geben und wer der Mann gewesen, welcher von dem Bürger meister und den beiden Bütteln in der Waldmühlc verhaftet worden war. Inzwischen halte Erich in verbältnißmäßig kurzer Zeit die Kreisstadt erreicht und sich auch bald nach dem GericklS- bause gefunden. Dort ließ er sich sofort bei dem amlirenkcn Richter nieldcn und wurde auch ohne Zögern vorgelassen. Der Beamte, ein schon ältlicher Mann, über besten bagcrc» Zügen eS wie Äctcnstaub auSgebrcitet lag, hörte auch, nur zuweilen den Kopf leicht dazu schüttelnd, die AuSsübriingen de» jungen Manne» ruhig an. Dann nahm er au» besten Händen den Zettel entgegen. „Jbr Wort in Ehren, lieber Herr", meinte er endlich, als Erich z» Ende gekommen war und nun erwartnngvoll den Blick aus sein Antlitz heftete, „aber ka» Emgcständniß der von Jbnen bekundeten Tbatsachc dürste dem Vcrbastetcn aus Grund unsere« Strafgesetzbuches ein Jahr Gcsängnitz kosten, denn bei einem so hart vorbestraften Zuchthäusler pflegt da« Gericht keine Milte wallen zu lasten, sonder»
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