Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941020015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894102001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894102001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-20
- Monat1894-10
- Jahr1894
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Prei- t> der Hauplexpeditton oder den im Stadt- bezirs und den Vororten errichteten An», »abesttllea abgchoit: vuiteljährlich^t 4.56b bei zweimoliaer täglicher Zustellung in» Hon« 5.50. Durch die Post bezogen iür Lenljchlaud und Oesterreich: vierieliäbrlich >4 S.—. Directe täglich« Kreuzbandiendung in« Lolland: monatlich ^ 7.50. LstMorgen-AuSgade en'cheini täglich '/,< llyr, di« Abend-Ausgabe Wochentag« 5 Uhr. Nr-ortion und LrpeLitio«: 2«ha»neS,astr 8. TieExvedltion ist Wochentag« annntrrbroch«» geössuet vo» srüh 8 bi« Abeud« 7 Uhr. Filiale«: vtt» «»»«'« eortim. («lfre» »a»«1d Uoivenititrsteatze 1, Laut« Lösche. Atcharineiiftr. 14, Part und Sönla-Vlatz e. Morgen-Ausgabe. KWMr..TaMatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeslhichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. R„zeigen-VreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfß. Reclamen unter dein Redaction-strich (4g»> ipaUen) 50E, vor den Aaintllemuchrichte» (6 gespalten) 40 >4- Größerr Schriften taut nnserrm Preis» perzeuhuiß. Tabellarischer und Zissrrnsatz »ach höherem Tarif. Ektr«-veiiagen (gefalzt), »,r mtt »er Morgen-Su-gab«. ohne Postbesörderxg ^4 ölt.—, mit Poftbesörderuag ^4 ?v.—. ÄnnahmeschlnL fir AaM-e«: Abead-Aurgab«: Bormittag« 10 Uhr. Morge u-Lu-gat>«: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Pesttag« früh '/^ Uhr. Lei den Filiale» nid «nnahmestelr» je et« halbe Stund« früher. Anzeige» sind stet« -a di« Er-edttde» za richten. Druck »ud Verlag von E. Pol» in Leipzig 537. Sonnabend den 29. October 1894. 88. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 21. Oktober, Vormittags nur bis Vsv Uhr geöffnet. LxpeMlan «tos I^elp/Ieer l'ueodlattes. Amttiche Bekanntmachungen. Bekannlmachnng. Die Entschädigung für die in Lripzig-VolkniarSdorf vom 1». zum 20. 2rpt.u,brr d. Ja. iu der Brra-, Bogisla»,-. Vonrad-, Eisrnduhn-, Eliiabrih-, Ewald-, Ada-, Julius-, stirch-, Louisrn-. Natoliru-Ltratzc. am Nnbrth, an der Nirtzschkr. in der Lchttl-, Torginie»-. Wilhrim- und Wurzencr- Strahr einquartiert arwesrnen Truppe» vom Nünigl. lO. Ju- fanterir-Rcgtmrnt Nr. 184 kann in den »ächs:en 8 Togen bei unserem Ouortier-Amie, Naschmarkt Nr. 2, im Erdgeschoß links, Zimmer Nr. 30 erhoben werden. Der da« Quartierbillet Vorweisende gilt al« zur Empfangnahme berechtigt. Leipzig, am 17. October 1891. Ter Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Laiuprecht. Königliches Gyinnnsinnl. Nnmeldnngen für dieOsteraufuabtnr, namentlich für Sexta, werden schon jepi erbeien, und zwar Freitag, de» 2V.. Montag, den 29.. und Dienstag, den SV. October, II-> Uhr. Bei der Anmeldung ist das letzte Echulzeugniß (Michaeliscensur) vorzulegen. Persönliche Vorstellung de« Schüler« ist erwünscht. Leipzig, am 19. Lclober 1894. Or. Ltoliarck Lichter, Rector. Realgymualium. Die Anmeldungen zur Osterausnakme werden schon vom 26. bi« 28. diese» Monat« (Freitag, Sonnabend» Sonntag), zwüchen II und I Uhr, ln der Schul« entgegengeaommen. Ich bitt», die Schüler persönlich vorzustellen und folgende Scheine mitzubringcn: Geburtsurkunde und Evnseisionsauswei« (oder statt beider zusammen das Familienbuch), Jmpsbcscheiiiiginig und letz«? Skbulcensur. Leipzig, den 17, October 1894. Ter Nektar. Prof. vr. Böttcher. . Arzt-Gesuch. Hierselbst ist baldigst di« Stelle eines zweiten Ttadtarzte» zu besetzen. Staatszuschuß 900 Impfen 400 Krankenkassen der Dörfer ca. 1000 Daneben umsangreiche Privaipraxi«. Gesuche wolle man späieslens bis I«. Nooembrr 1894 einreichen. Persönlich« Vorstellung erwünscht. Geyer i. E., October 1894. Ter Stadtralh. vr. Lonrad, Bürgermeister. Aus -er Berliner Stadtverordneten versammlung. Die Scenen, die am vergangenen Donnerstag lm Berliner Stadtverordnetensaale sich abspirlten, werden bei un« in Leipzig gerade jetzt wo die Aeiiderung de- Gemeinde wablrecht« derathen wird, mit besonderem Interesse zur Kenniniß genommen werden. Die Helden de« Tages waren natürlich die socialdemokratischen Stadtverordneten, und der Au-gang-punct de« Scanbal« war ein social demokratischer Antrag. Derselbe ging, wir schon früher mit getbeilt wurde, dahin, den Magistrat zu ersuchen: vom l. April 1895 an für alle von den städtischen Verwaltungen und Betrieben beschäftigten Arbeiter eine tägliche Arbeits zeit von 8 Stunden einzuführcn. Stadtverordneter Singer begründete den Antrag. Er beschränkte sich im Wesentlichen daraus, an einigen Beispielen, welche einige anßerreu.sche und deutsche BelriebSstätten gegeben, zu zeigen, daß der achtstündige Arbeitstag sehr gut durchführbar sei, Industrie und Handel nicht schädige und nicht allzu große finanzielle Opfer verlange. Ter Bvrfteber bemrrkte darauf, daß von den Stadtver» ordneten Vr. Gerstenderg u. Gen. ein Antrag eingegangen sei, über den Antrag Singer u. Gen. zur TageSoronung überzugthen. Stadtverordneter vr. HermeS begründete als Mitunter zeichner diesen Antrag. ES sei über die Frage des achtstündigen Arbeitstage- hier früher schon genügend verhandelt worden so daß e« überflüssig erscheine, nochmal- darauf rinrugeheu (Zuruf deS Stavtocrordnctrn Singer: So!) Er würde r- vcrsieben, wenn die Sccialdenwkraicn bei der Gesetzgebung au Einführung de« achisiündigen Arbeitltaze« hinwirken würden Daun wäre eS rin Zwang, dem Jever sich zu fügen häkle, und Keiner würde benachtbeiligt werdrn. Durch diesen Antrag hier würde aber nur veranlaßt werden, daß die Arbeiter von außerhalb in noch größerer Menge nach Berlin kommen würden, um an der kürzeren Albeiiszeit theilzunebmen. Ein Ueberschuß von Arbeitskräften würde die Folge sein und die weitere ein Drücken d«S Lohnes. (Sehr richtig!) Au dem Lande aber würbe eia großer Arbeitermangel entstehen (Sehr richtig!) Wir glauben deshalb, daß wir arbcitev freundlicher als Sie sind, wenn wir den Antrag ablebnen (Erregung und Widerspruch Lei den Sociaidemokraten.) Eine Verkürzung der Arbeitszeit möchte auch er io manchen industriellen Betrieben herbeigesührt sehen, aber durch gegen seitige Vereinbarungen, wie dies ja auch in de» von rem Etadkv. Singer angefübrten Betrieben der Fall gewesen nicht aber durch einen Zwang. Die Stadt Berlin habe al« großer Arbeitgeber sich «uch der Industrie zu süaen. Eine Verkürzung der ArbertSzeit in Len städtischen Be trieben würde eine Begünstigung derjenigen Arbeiter sein, welche zufällig in Len städtischen Betrieben arbeiten und zwar auf Kosten der Stenerzabler. Daß bei der jetzigen Art der Beschäftigung sich Unzuträgiichkeiten ergeben, sei ibm nicht bekannt. (Singer: Oho!) Dann möge man doch eine Klage darüber Vorbringen, vamii Abhilfe geschehen könne. Wie komme man gerade dazu, den achtstündigen Arbeitstag als den Normal-Arbeitstag zu fordern ? lieber den zweckmäßigsten ArbeitSiag seien sich die Gelehrten noch nicht einig. Biele sind für einen neunstündige» Arbeits tag, Anderen sind noch 7 Stunden zu viel. In allen Be trieben könne dock die Arbeitszeit nickt gleich gemacht werden, da auch nickt überall die gleicke Arbeitsleistung vorge schrieben werde» kann. Ei» Zwang dürfe hierin am wenigsten auf die wirlbschastlichen Betriebe auSgeiibt werken, nur wo sich Unzuträgiichkeiten berauSgcstellt, sei er zulässig. Eine schicke sich eben nicht für Alle. Der AntraH würde nur eine Vertheuerung der Produkte berbeisührcn; diejenigen Arbeiter, welche den achtstündigen Arbeitstag nicht haben, würden darunter bluten müssen. Und Lau», welcher Unternehmer würbe cS sich gefallen lassen, wenn die Statt ibm eine acht stündige Arbeitszeit zur Beringung machen wollte? (Zuruf der Sociaidemokraten: England!) Das sind svcialbeiiwkratische Ideen. AuS Rücksichten (Zuruf der Socialbcmokratcn: Redens arten!) auf die Arbeiter selbst bitte er, den Antrag abzulehnen. Stadtv. SachS v.: Er babe sich gegen den Antrag auf einfache Tagesordnung zum Wort gemeldet, weil er durch eine nioiivirte Tagesordnung ein für alle Mal weiteren derartigen Anträgen Vorbeugen wolle. Ter Antrag Singer kouime ihm vor, wie ein Mävcken auS der Fremde. Die socialdeniokrarisch« Partei trete hier zum ersten Male als eine politische Partei auf, um ibr Programm des achtstündigen Arbeitstages znr Durchsübrung zu bringen; weil sic eS im Parlament nicht könne, wolle sie eS hier zuerst zu verwirklichen sucken. Herrn Singer scheine dabei der Schalk im Nacken zu sitzen, er mußte sich doch sagen, daß dieser Antrag bier nicht turckkommeii wird. Er babe angenommen, daß Singer wenigstens noch andere Gründe für diesen Antrag Vorbringen würde. (Singer: Das liegt nicht an mir, sondern an der Geschäftsordnung!) Stadtverordneter Sachs ll: Das sagen alle unverstandenen Größen. (Stürmische Heiterkeit.) Wenn man von der Com- mune verlangt, daß sie vermöge ihrer größeren Macht in den wirtbschajtlichen Betrieb eingreisc und eine Arbeitszeit auch für den Privatbetrieb sestseye, so müsse men eS sich auch ge fallen lassen, wenn dies« Festsetzung auch nach einer anderen Ricktung stattfindet. Und wie würde die- den Herren dauu gefallen? W»nn Herr Singer vorbin den Heine citirt habe, so wolle er ibm di« Fortsetzung zurufrn: Sie tranken heim lich Wein und predigten öffentlich Wasser. (Erneute stürmische Heiterkeit.) Bei diesem Anträge bandle es sich wieder einmal nur um eine große Demonstration nach außen, um die gelockerten Reiben der Sociattemo- traten zu befestigen. (Lachen bei den Sociaidemokraten.) Aus der eine» Seite bat man durch den Bierboycott die Arbeiter brodlos gemacht und hier will man durch eine Ver kürzung der Arbeitszeit die brodlos gewordenen Kräfte ein gestellt sehen, die Herren schieben eben nicht mehr, sonde n sind die Geschobenen. (Nach diesen Worte» kommt cS zu einer tumultuarischen Scene: der Stadt verordnete Singer springt von seinem Platze auf, scklägt mit der geballten Faust donnernd aus stillen Tisch und ruft mit dröhnender Stimme: .Zur Ge schäftsordnung!") Stavtverordneter Sack- ll schließt mit den Worten: Ja, zu einer socialdruiokratischen Dcnionslraliou nach außen dazu soll die Commune nicht gemißbraucht werden. Stadtv. Singer: Er müsse sich auf das Nachdrücklichste dagegen verwahren, daß rin Mitglied dieser Versammlung unter der MaSke, gegen den Antrag auf Uebirgang zur Tagesordnung sprechen zu wollen, einen Antrag, wonach geschäslSordnungSmäßig der Referent nicht mcbr zum Schluß wort kommen kann, in die Di-cussion eingreist, um in solcher Weise Jemanden anzugreisen, der sick nicht mcbr verlbeibigcn kann. Da« erkläre er für eine Feigheit. (Stadtv. Stadthagen ruft dazwischen: Unverschämte Feig heit!) Stadtv. Singer: Er werte dem Stativ. Sachs H dir ibm gebührende Antwort bei der Begrün dung seine- nächsten Antrages geben. (Ungeheure Erregung. Ruse: Größenwahn!) Stadtverordneter SachsH: Er bäte von der Geschäftsordnung den richtigen Gebrauch gemacht. Wie er sich weiter verhalten werde, darüber werde er Andere befragen. Stadtverordneter Stadthagen ruft: Zur Ge schäftsordnung! und verwahrt sich, ohne da« Wort hierzu erhalten zu haben, dagegen, daß der Vorredner in dieser unverschämten Weise die Tagesordnung gemißbraucht habe. (Ungeheurer Lärm. Der Vorsteher ruft den Stadt verordnete» Stadthagen zur Ordnung. Ruse: Raus! Rau-I Die So c i a l d «m o k ra t en springen von ihren Sitzen auf. Stadtverordneter Zubeil ballt die Faust und ruft in die Versammlung hinein: .Ver sucht'« doch einmal!") Als sich Stadtverordneter Siadt- bagcn wiederholt zur Geschäftsordnung meldet, bemerkt der Vorsteher, daß er die ganze Versammlung beleidigt babe und außerdem vom Stadtverordneten Sach- ll persönlich gar nicht genannt worden sei. Stadtverordneter Stadtbagcn: Auch ick bin genannt worden, denn ich bin unter kri» Antrag mituntcrzeicknet. Vorsteher vr. LangrrhanS: Wenn Sic gegen meine Geschästssübruag Klage zu führen haben, dann beschweren Sie sich schriftlich; in der nächsten Sitzung wirb die Beschwerde dann erledigt werden. Di« aufgeregt« Debatte ist tamit beendet. In nament sicher Abstimmung wird der Antrag aus Uebergang zur Tagesordnung mir 94 gegen 18 Stimmer, angenommen. Dagegen stimmten außer den Socialdemokraten einige Mit glieder der neuen Fraction der Linken - Soweit der Bericht der „Nat.-Ltg.". Der „Vorwärts" ist selbstverständlich sofort bei der Haud, den tdatsächlicken Verlaus der Vorgänge in einer Notiz seiue» localen Tkeile« auf den Keys zu stellen. Da spricht er im Tone sittlicher Entrüstung von dem .Pärni der freisinnigen Mehrheit", von den „Dutzenden von Schimpsworten, die sie in den Saal hineinbrüllieu", von dem „BeifallSgejoble zu dem Vergeben deS Herrn Sach- ll." Zu seinem Schaden hat aber ka« sociaidemokratische Eentraiorgan in seinem auSsllbrsickcn Berichte über die Sitzung die prvvocatoriscken Ausschreitungen der „Genossen" nicht climinirt. Da weiden die Leser sowohl über ton Faustschlag de» Herrn Singer, al- auch über die Ruse bei den Socialdemokraten: „Unverschämte Feigbeit! Feigling!" der Wabrbeit gemäß unterrichtet» nur Herrn Zudeil'S „Aufforderung zum Tanz" ist auSgemerrt worden. Wir baben eingangs bemerkt, weSbalb diese Austritte gerade für Leipzig besondere- Interesse haben. Möge die Lehre, die sie enthalten, uichl »»beherzigt gelassen werden! Deutsches Reich. * Leipzig, 19. October. Zum Proceß Leist schreibt ein OssiciosuS: „Eine Euticheidung über di« Einlegung der Berufung gegen das Unheil der DiSciplinarkammer in Sacken Leisi ist bisher nicht erfolgt, weil die Ausicrligung des Unheils noch nicht vorliegt. In jedem Falle enthält dar Unheil keine N öthigung für den Reichs- kanzler, L«ift anderweitig zu beschäftige»." Ganz abgeseben davon, daß eS mißlich ist, bei der Er wähnung des Herrn Leist obne Nolb von .Nötbizung" zu sprechen, muß der Versuch, den Reichskanzler iu einer Frage deS nationalen Taclcs zu einer rein formalen Ent scheidung zu dränge», aus das Energischste zurückgewiesen werde». Ist schon der Gedanke, Herrn Leist fernerhin über haupt in einer amlsickcn Stellung zu sedcn, peinlich genug, so erschiene eS u»S geradezu ungebeuerlich, wollte die Re gierung ibii auch in Zukunft in den Coloaien verwenden. Wir fürchten nicht, daß diese Absicht bestebt; aber der Ver such, für sie Stimmung zu machen, darf nicht ohne Wider spruch bleiben. Berlin, 19. October. Einen Maßsiab für die Höbe der Warte, von der a»S der Berliner Freisinn ernste politische Frage» betracktet, giebt soeben wieder die »Voss. Ztg". Mehrere Blätter batten ncucrriiigS die Verlegung der Altersgrenze sür die Auoübung des ReichS- tagswahirechtS ans das 30. 8ebtnS>abr sür einen biScuinbaren Vorschlag erklärt. Dazu bemerkt da- ge nannte Blatt: „Wir haben schon erwähnt, daß Gras Wilhelm Bismarck, al- er Abgeordneter zum Reichslag wurde, just 26 Jahre alt war. Wenn »>aa reis genug zum Abgeordneten ist, wird inan folglich auch reii genug erichel»»» müsse», das active Wahlrecht auszuüdeu: dock vielleicht lügt die Bismorckprcsse eine beionderr Bestimmung für die Familie Bismarck hinzu, die etwa, wie die Fürsten mit 18 Iai ren volljährig werden, jetzt und sür alle Zeiten di« Wahl müiibigkeit in ähnlichem Atter erreichen könnte." Mit dem Gedanke» von AuSnabmebestimmunzcn auf diesem Gebiete sollte dir ..Voss. Ztg." nicht spielen. Sie verrälh in den wenigen Zeilen eine derart krasse Unreife, daß der Wunsch lebendig werken könnte, fortschrittliche Pubsieisten, wenn sie auch im vorgerückten Alter kindisch bleiben, von der Ausübung deS Wahlrecht- ganz auSzuschticßen. * Berlin, 19. October. Mit „socialdemokratischer und antisrmitischer Angstmeierei" beschäftigte sich eine Lsfe»lsiche Versammlung de- antisemitischen ,socialilairen Bunde-". Der Vortragende, Herr Struppe, wollte unter den .Angstmeiern" beider Parteien nur die Führer verstanden wissen. Von den sociaidemokratischen Führern verlangte er u. A., daß sie sich von deo Juden loSsagicn. ein Verlangen, da- bei den anwesenden Genossen aus heftigen Widerspruch stieß. Die Antisemiten müßten echte Judcn- kritik, d. b. Rasscukritik, üben, dir Juden al« einen schädlichen Ideil de« Menschengeschlechtes behandeln und sich von den Mittelstand-Phrasen loSsagen. Die Socialbemokratie babe hier und da auch einmal antisemitische Regungen ver spür^ e« sei aber den Juden gelungen, diese Elemente zu beseitigen, wie den Maurer Eonrad. Tiefer Behauptung gegenüber schrieen die Socialdemokraten, Eonrad sei ein .Spitzel" gewesen. Daß die Socialvrmokratie sich augen blicklich im Stadium de- stärksten Despotismus befinde, wollten die Genossen ganz und gar nicht gelte» lassen. Daß e- so sei, meinte der Vortragende, liege an schlechten Personen, die zu beseitigen die Anaslineierci der Guten verbindrre. Angstmeierei zeige sich auch darin, daß die Sceialdemskratie für Ahlwardl, der doch sehr volks- sreundlich auftrete, nur Spott und Hohn habe. Der größte Edarakter, der größte Arbeitersreund, Eugen Dü bring, werde von der schmutzigen Socialdemokratie und ihren traurigen Führern eiusach todtgesckwiegen. Die Antisemiten machen nach Ansicht de- Redner- den Socialdemokraten Alle- nach, auch die Angstmeierei; sie sind trotz Ahlwartt'S „Bundschuh" und Förster'« Programm eine reactivnairc Partei. Die reactionairen Elemente hätten eS glücklich fertig gebracht, daß die neue Partei monarchisch, deutsch-national und christlich sein wolle. Ueber da- „monarchisch" wollte Redner kein Wort verlieren. (Zwischenruse: Warum nicht?) „Deutsch- national" und „christlich" vertrügen sick wie Feuer und Wasser. Durch eine Charakteristik der einzelnen Führer suckle uun Rcvner oachzuweisru, daß die neue anti semitische Partei nur eine neue Art feudalistischer und spieß bürgerlicher Politik vertrete. Nur bei Herrn Adlwardt, meinte Redner, lasse sich schwer Angst Nachweisen. Vr. Böckel zeige sich in der letzten Zeit sehr sreibrillich und drauf gängerisch, aber auch zuwartend. Professor Förster sei sehr Ichwer zu charakterisirrn. Sein neue« Programm babe Aebnlichkeit mit dem .Bundschuh" und erinnere an Dühring. Angst habe Herr Förster in seinem Verhallen zu den deutsch- liberale« Antisemiten gezeigt, die dann leider auf den politischen Abenteurer Schweinhagen bineingefallen seien Im Uebrigen sei aber die ganze antisemischc Partei ei» Angstproduct. Aber eS gehe dennoch aus dem Wege der Freiheit immer weiter und bereit« stünden wir im Vorbasen eine« neuen, sreibeitlichru Staate«. (Beifall nnd Zischen.) Die Di«cussion wurde, wie die .Post" berichtet, mitunter reckt lebbast, namentlich durch dir wiederholte» lärmenden Zwischen rufe der Socialvrmckraten. * Berlin, IS. October. Von japanischer Seite ist von Neuem brr Versuch gemacht worden, den Eindruck bcrvorzurusen, als ob zwischen der Reick-regierung und der japanischen Gesandtschaft in Berlin Verhandlungen über den Abschluß eine« neuen Handel«»ertrage« aus der Bast« des englisch lapanischen im Gange seien. Man hat zu dem Zwecke ver ^ breitet, der japanische Gesandte in Berlin werde nach dem Ab schluß eine- solchen Vertrage- seinen Posten verlassen. Hierzu schreibt der .Hambg. Eorrespondcnt" ossieiö«: .Wie schon vor längerrr Zeit mitgetbeilt, bat die Reichsregierung eS mit diesen Verhantlungen nicht eilig, da dir Stipulationen de« japanischen Vertrag« ibrcr Ansicht nach keineswegs so günstig sind, daß sie sic zur Grundlage eine« eigenen Ver trage« machen möchte. Jedenfalls finden auch zur Zeit Ver handlungen nicht statt." V. Berlin, iS. October. (Telegramm.) Der Kaiser begleitete deute Vormittag um 10 Nbr 10 Minuten Leu Großberzog von Mecklenburg-Schwerin zur Wilv- parlstation, von wo der Großberzog die Reise nach Canne« antrat. Um Ubr empfing der Kaiser .den Contre- Armiral Hoffman», Eommandant der Kreuzerdivisio». vor dessen Abreise »ach Ostasie». Abend« gedenken die kaiserlichen Majestäten mit dem König voo Serbien da- Diner auf Jagd schloß Glienicke bei de», Pr inzen Friedrich Leopold von Preußen cinzunebmeii. Ter Großberzog von Oldenburg und der Fürst Neuß ä. L. baben gestern Abend von Berlin au« die Rückreise angctrcten. Der Fürst zu Lippe ist beute Morgen von Potsdam abgereist. Der König von Serbien unternabm beute Vormittag in Begleitung de« Ober-IägermeisicrS Frbrn. v. Heintzc einen Pürsckgang im Wildpark. - Ander gestrigen Mittagstafel im Marmor- saalc des Neuen Palais nabmen auch der Ministerpräsident vtras Eulendurs und der Sraat«sccretair de- Auswärtigen Frhr v. Marscha« Theil. ch vcrlin. 19. October. (Telegramm.) Nach Mit ibcilmig des Arbeitsausschusses der Bcrlincr Get»rrPe-A«S- strlluna vom Jahre 1896 bat Prinz Friedrich Leopold das Prot ect orat der Ausstellung übernommen. Der Kaiser babe geäußert, eS sei dringend zu wünschen und unbedingt Ps licht, daß die Betbeitigten ihre volle Kraft einsctzten, damit die Ausstellung sich würdig und glanzvoll gestalte. Minister v. Berlepsch hat das Ehrenpräsidium übernommen. (-) Berlin, 19. Oclobcr. (Telegramm.) In der gestern unter dem Borsitz de« Vicepräsitenten des StaatSminisleriumS, StaatSsecretairS des Innern Vr. v. Boetlicher, abgehalteurn Plenarsitzung de- Buutzrsrattzs wurden der Antrag von Schwarzbnrg-Sondcrsbausen, betr. da- Ausscheiden der staatlichen Tirsbaubetricde de« F8> strnibumö Sckwarz- burz-SonterShausen aus der Tiefbau-BerusSgenossenschaft, dir Vorlage, betreffend den Entwurf von AuSsübrungS- bestimniungen zu dem Gesetze über den Schutz der Brief tauben und den Brieftaubenverkehr im Kriege, sowie die Vorlage über die geschäftliche Bebandlung der an den Bunresralb gerichteten Eingaben den zuständigen Aus schüsse» überwiesen Außerdem wurden die Rubegebäl ter sür eine Anzahl von RrichSbeamteu scstgeslellt und Ein gaben vorgeiegt. Berlin, 19. October. (Telegramm.) Nach tele graphischen Meldungen aus Teutsch-Oftafrtka hat am >8. d. M. die Einweihung der ersten deutschen Eisenbahu- Theil st recke Tanga-Tangeve slattgefunde». — ES war ausgefallen, daß in der DiSciplinarverhand- lnng gegen de» Kanzler Leist LegalionSrath Rose von kiesein als von einem Ratbe erster Classe gesprochen hatte. Hierzu sei bemerkt, daß Leist natürlich nur als Ver treter deS Gouverneur« vorübergebend die Stellung eines RatkeS erster Classe inne batte, die bei» Gouverneur sür das Schutzgebiet vonKaulcrun (nur imierbalb des Schutzgebiete-und sür seine Am l-dauer) ourch Allerhöchste» Erlaß vom 25. Mai 1885 zugestanden worden ist. Hinsichtlich deS Ranges des Kanzlers vo» Kamerun finden dagegen mit kaiserlicher Äenebmigung rie sür die Stellung der Geschäftsträger bei den kaiserliche» Missionen geltenden Grundsätze Anwendung; er hat somit de» Rang der Nälbe vierter Classe. Der Kanzler übt die Gerichtsbarkeit erster Instanz au«, während al- Gerichts behörde zweiter Instanz (Berusungs- und Veschwerbrgericht) der Gouverneur als Oberlichter selbst sungirl. — Dem Bundesrathe liegt nniimchr da- gesammte, im Reicksanite des Innern vorbereitete Malcriat für die Emsührung der Sonntagsruhe in der Industrie mit Ausnahme der die Nahrungsmittel- und die Saiionindustrie» betreffenden Brsiiminnngen vor. Tie Vorarbeiten sur die Ausstellung der letzteren werden voraussichtlich binnen Kurzem ihre» Abschluß erreiche», und die ent« svreäienden Euiwürse werden dann unverzüglich dem VundeSrathe vorgelegt werden. Sämmtlichk bisber sertiggesrellten Eniwürse sind dein zuständigen BunbesratvSausjchusse überwiesen worden. Di« Enlwürie werden im „Reichsanzeiger" veröffentlicht. * Wilhrlnistzapk». 18. October. RcichStagSabgeordneter vr. Kruse war bier anwesend, um im Rathbaussaal mit den Vertretern der städtischen Collegien, wie mit dem Vor stande de» national-liberalen Verein« über die Schritte zu beratben, welche geeignet erscheinen, den Niedergang Wilhelmshaven« als Marinrslation zu verhindern. Beschlossen wurde nach dem „Hann. Cour", eine Depu tation an den Reichskanzler Grasen Caprivi abzusentrn, sowie eine aus fünf Bürgern besledende Commission mit brr Ausarbeitung einer Denkschrift über die augeubticktiche Lage zu beauftragen. " Lpautzau, 18. Oktober. In der hiesigen kgl. Munitions fabrik Hai eine Lohnderabsetzung staitgesunden; der Stunden- lvhu ist »ni 5 gekürzt worden, so daß die Handwerker jetzt statt 5 täglich 4chO ^4 bei zehnstündiger Arbeit verdienen. Ta« von dieser Maßregel beirossene Personal Hai, der „Volksttg." zufolge, beschlossen, wegen der Lohnreductioa beim KriegSminiflerium vor stellig zu werden. * Nus Echtesten, 18 October. In der einstigen Hoch burg des Freisinns, in Lirgnitz, tobt gegenwärtig eine l'kftige Febde zwischen den „Wasse»stieslern" und „Waden slrümpslern". Der dortige „Liberale" Wadlvcrein will sich nämlich der freisinnigen „BolkSpartei" anschließcn, und das bat die „VereinigungS" Geister in Harnisch gekrackt. Die beiden freisinnigen Blätter verkehren mit einander ob dieser Lache in einer reckt „angenehmen" Tonart. So schrieb dieser Tag der voilspartrilichr „Liego. Anz." mit uuverkrnnbarrr Spitze: „Mögen die Männer de« öffentlichen Vertrauen« gleicherweise wie die Wäblersckait mit Vertrauen und siegessroder Zuversicht an di« Lösung der Ausgabe gehen, dann wird e» mit Leichtigkeit ge lingen. alle die Halben und di« Zweifler, die gewerbsmäßigen Flau macher und die unsicheren Eanloniften, di« grennd« de« Zwielicht«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite