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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941025025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894102502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894102502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-25
- Monat1894-10
- Jahr1894
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Tabellanicher und Ziffrrajatz nach höherem Tarif. Ortra-Veiiaae» (gefalzt», »ar mit de, M.-men-Ausgabe. ohne Postbelörderaaß üL—, mit Post Beförderung 70.—. Anaalfmelchlnb für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags lO lldr. Dtorge »»Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sona- and Festtags früh '/,S Uhr. >A d«a Filialen and Annadmestrlle» je et« halb« Stund« früher. U»zet>e» fiad ft«t« a» di« Urpedttha» z» richte». Drack »ad Veriaq von S. Pol, in Leivzig 547. Donnerstag den 25. Oktober 1894. 88. Jahrgang. politische Togesschau. * Lridjig, 25. October. Gestern bezeichnet« bekanntlich die „Nordd. Allgem. Ztg." die Meldung der „Kreuzztg", daß eS dein Reichs kanzler Grafen ika-rivi gelungen zu sein scheine, „für eine aus seine Veranlassung auSgearbeilele Vorlage (zur Bekämpfung der llmsturzbcwcgung) sowohl die Zustimmung deS preußischen Slaatsministeri um« wie die Allerhöchste Billigung zu erlangen", als anscheinend verläßlich — in der nächsten Rümmer bezeichn«« das „Kanzlerblatl" die Meldung, daß eine auSgearbeilele Vorlage bestehe, als irrig und erklärte, „der Entwurf der Vorlage stehe noch nicht fest" und solle erst in den gemeinsamen Beratkungen der auf Anregung dcS Reichskanzlers in Berlin eintreffcuden st i m m s ü b r e n d e n Minister der verbündeten Einzelstaaten erwogen und dann als Prä- sidial-Vorlage. nicht als preußische, beim BundeSraibc eingebracht werden. Diese Widersprüche sowohl, wie die letzten Angaben des „Kanzlerblattes" geben unserem Berliner >Korrespondenten Anlaß zu solzenter Betrachtung: ,,E« ist ungemein kennzeichnend für die Zerfahrenheit unserer politischen Zustände, wie sie Lurch die Trennung der Aemter de« Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten bedingt ist, daß heute (Mittwoch» Morgen, also vierundzwanzig Stunden vor dem Eintreffen der mittelsiaatlichen und sonstigen stimmsührenden Minister — nicht etwa das Publicum nichts Sicheres über den Staad der Dinge wußte; darauf hat es schließlich keinen Auspruch, daß aber das Kanzlerorgan die falsche Nachricht eine« anderen Blattes als anscheinend zutreffend bezeichnele und sich heute Abend Lementiren muß. Tie falsche Meldung sprach von einer „aus Ver anlassung des Grasen Coprivi auSgearbeiieien Vorlage" aber, so ersadren wir jetzt, eine solche exisiirt nicht, „der Entwurf der Borlage" — welche Feinheit i» dem stilistischen Unsinn — „sieht noch nicht fest". WaS steht nun sest? Grundz üg«? Man sollte es meinen, denn etwas muß man den hierber (nach Berlin) gebetenen Ministern doch unterbreiten. Die „Nordd. Allg. Ztg." spricht denn auch von einer Einigung der leitenden Behörden de« Reichs mit der preußiichen Regierung, aber sie läßt dieser — von anderer Seite bestrittenen — Milthcilung Bemerkungen folgen, die »ach Lage der Tinge stutzig machen miisjeo. „Sind", so schreibt Las Kanzlerblott, „die leitenden Behörden de« Reichs mit der preußischen Regierung einig, so ist eS für si« doch voa sehr wesentlicher Bedeutung, auch di« Erfahrungen d«r andere» Bundesstaaten z» hören, die i» allen die Socialdcmokratie betreffen» den Fragen sebr schwer inS Gewicht sollen können, in einem daö äußerliche Größenverbällniß, in welchem der einzelne Bundesstaat zu anderen ttel», weit überragenden Maße". Der merkwürdige Relativiatz gestattet natürlich, späterhin auS den vielleicht schon bekannten „Erfahrungen" einiger Bundesstaaten alles mögliche Eapital zu schlage» — „moraliicheS", denn bei der Entscheidung im Bundesraih werfen die Staaten ihre Stimmen nach dein brutalen Maßslabe ihrer Stärke und politiichen Bedeutung und nicht nach ihren Erfahrungen in die Waagschale. Au« diesem Grunde kann man die Bcrmuthung nicht ganz von sich weisen, eine Störung der zwischen der Reichsregierung und der preußischen angeblich erzielten Einigung würde nicht da« Gegenthetl des der einen oder der anderen Seite erwünschten Ergebnisses dieser Berathungen sein. Tie Einberufung de« Reichs tage« aus den srühcn Termin des lü. November ist »ebenfalls nicht erst gestern beschlossene Sache, und der „Actions-Enlwurk" wird, wie man deute aus der „Norddeutschen Allgemeine» Zeitung" er fährt, eine Präsidialvorlage, nicht eine solche Preußen« beim Bundes- rathe sein. Ta hätten die „gemeinsamen Besprechungen" der Minister doch früher beginnen sollen. Bei dem nunmehr beliebten Verfahren ist es zum Mindeste» nicht ausgeschlossen, daß die „Präsidialvorlage", deren „Entwurf" laut der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" auch nach der „Einigung" mit dem preußischen Ministerium nicht seststeht, «ine Gestalt erhält, wie sie den von der ReichSregierung mit der preußischen geführten Unterhand lungen nicht entspricht. In diesem Falle müßte freilich die durch die Aemter - Trennung verursachte Verwirrung sich zum Chaos steigern. Dazu bemerkt die „Nationalztg." heute, Gras Eaprivi werde eine Vorlage eindringen, die der Au»saffung auch de« Kaisers entspricht, und diel» Auslassung ist bekannt. Aber in den letzten Tagen hat sich die Besüllbluiig nicht gemindert, e« könnte di« bezeichnet« Kugel geschoben werden, aber unter einer derartigen Lekonomie der Kraft und Geschicklichkeit, daß sie die Badn nicht durchlauft oder höchsten« den vordersten Kegel umwirkt. Dieser Be- sorgniß entzieht sich auch die „Post" nick»! trotz Le« stolzen Worte« der „Nordd. Allg. Zig.": „Lasur, daß mit Ernst vorgegongen wird, bürgt der Reichskanzler". Al« das Kanzlerblatt die« schrieb, glaubte es allerdings, der Entwurf der Umslurz-Borlage sei sertiggeslellt." Merkwürdizer Weise gicbt sich die „Nordd. Allgem. Ztg ", obgleich sie feststclll, daß eine Vorlage noch nickt bestehe, in einem anderen Artikel den Anschein, als ob sie ganz genau wisse, wie der Entwurf auSsallen werde. Dieser Artikel lautet: „Wenn wir eS «IS bedenklich bezeichnet haben, ehe die inner«« Verhältnisse in den Parteien und lhre Beziehungen unter einander sich geklart und gebessert haben, Borlagen an den Reichstag zu bringen, die zur Zeit — auch bei einer ReichStagSausiüluag — al- hoffnungslos betrachtet werden müssen, so liegt un« selbst verständlich nichts ferner, als einem priacipie'.len BuS- biegea vor der Möglichkeit einer ReickistagSaus- lösung da« Wort zu reden. Im Gegenthetl, hier wie überall in der Politik deS neuen Kurses wird di« Be sonnenheit und Mäßigung in der Festsleckung der äußersten Grenze mit dem EntickHuß, innerhalb dieser Grenze das den Volksvertretungen Borgeschlagene mit voller Entschlossenheit und Einsetzung der ganzen Kraft der Regierung, aus jede Gefahr hin, durchzujetzeu, Hand i» Hand gehen. Für diese Energie der Action bürgen, wie wir denken, genugsam die Reden Sr. Majestät de« Kaisers aus der letzten Zeit. Auch haben wir nicht ohne Grund gestern von einem „Exerciren im Feuer" gegenüber der Socialdemokratie gesprochen: nicht voa Paradedemoastra- ttoneu. Man befindet sich in der Thal in einem starken Irrthum, wenn man bei de» geplanten Maßnahmen einen „schwächlichen Grundzug" vorauSjetzt. Wir sind im Gegeutheil einiger maßen gespannt, ob sie weatgstenS einem Tdeil der aatroaaillberalen Partei nicht als zu weitgehend er scheinen werde»." Woher jetzt mit einem Male diese nicht einmal vor der Möglichkeit einer Reichstagsauslösung zurückschrcckeiide Energie und woher die Zuversicht, daß mit tcu Be sprechungen der stimmsührenden Minister mit dem Reichs kanzler Vorlagen hervorgeben, die wohl gar den National- liberalen als zu weitgehend erscheinen werden? Um aber das Maß der Verwirrung voll zu machen, geht der „Köln. Ztg." aus Berlin von einer augenscheinlich auö der Umgebung des Grasen Eaprivi stammenden Seite eine Darlegung zu, welche die angeblich zwischen dem Reichs kanzler und seinen preußischen Minislercollegcn herzcstclltc Einigung als Märchen hinsleUt und eine Majorisirung Preußens durch die mit dem Reichs kanzler bereits im Wesentlichen einige Mehrheit der nickt- preußischcn Regierungen in beinahe sichere Aussicht stellt. Diese Darlegung lautet: Träumen vcrriclh Tein Vater sich. Er bat den Unglücklichen im Forste erschossen und Dein Schwager Erich bat recht gesehen." „Gottes Barmherzigkeit!" stöhnte Felix aus, der bald seine Müller, bald den in seiner furchtbaren Qual sich windenden, Lumps stöhnenden Vater anstarrte. „Jener Witlmer war unschuldig — und mein Vater selbst — war ein — Mörder?" Tie letzten Worte kamen kaum noch vernehmlich über seine Lippen. Dann trat er plötzlich an seinen Vater heran und fiel vor ihm aus die Knie. — „Sag, hast Du mir noch etwas u künden? Laß angesichts de« Totes jede Unwahrheit chwindcn. Gott kann Dir ja nicht vergeben, wenn Tu nicht der Wahrheit die Ehre giebst!" Als er eine Weile vergeblich auf Antwort gewartet batte, erhob er jich unk drückte beide Hände verzweiflung-voll an seine Schläfen. Mutter, mir ist so öd und leer hier im Kopse, ich bin der Aufregung nicht gewachsen. Wie ist da« nur möglich — nur möglich!" Da faßte ibn jeine Mutter bei der Hand und zog ihn dicht an da« Schmerzenslager des Verscheidenden „Schau ihn Dir an, mein Sohn", sagte sie, während sie sich straff ausrichtete und der alte Harle Ausdruck in ihren Zügen wieder zu Tage trat. „Al- Dein Vater jung war. da war er so blühend und schön wie Du — und, Gott ist mein Zeuge, ick liebte ibn nicht weniger, als Dein junges Weib au Dir bängt ; dann aber kam sein Leicklsinn und trat zwischen unS! Mein Himmel, was habe ick geweint und gesteh», Wa lrate ich liebend Alle« in ihn bineingesprochen — vergeblich blieb mein heiße« Mühen. Sein Dämon riß ihn fort, er zwang ihn, sein ganze- angestammte« Vermögen sinnlos zu vergeuden, er zwang ihn, seine eigene ehrenvolle Stellung zu untergraben! . . . Höre mich an!" fuhr sie nach kurzem schweigen wieder fort, die Hand ihres Sohne- noch fester drückend. „Dein Vater wurde zum Fälscher, nur um seinen sogenannten noblen Passionen sröhncn zu können; er abmte die Unterschrift eines seiner Kameraden »ach und war leicht sinnig genug, diesen gefälschten Wechsel einem notorischen Wucherer, eben jenem Banquier Liepmann au« Berlin, au«- zudändigen . . . und dann kam da- Verhängaiß über ihn! Von Stufe zu Stufe sank er! Er wurde beim falschen Spiel ertappt — und nur der Rücksicht auf den allen, ehrwürdigen Namen seiner Familie batte er es zu danken, daß er nicht schimpflich cassirt wurde. So entließ man ihn mit schlichtem Abschied. Jener Liepmann aber hatte ihn in der Hand; er glaubte, daß die Angehörigen Deine« Vater« diesen stützen würden, darauf hatte er seinen Plan gebaut, als er hierber- kam. Ich ahnte eS sofort, daß jener Mann Unheil in« Hau« brachte; aber meinem Befragen setzte Dein Vater starren Trotz entgegen ... er schwieg sich mir gegenüber auS . . Liepmann aber batte ibn vor die Wahl gestellt, als Wechsel- sälfcher rin paar Jahre in- Zuchthaus zu wandern oder die Wechsel um eine Rirsensumme einzulöjea ... er glaubte nämlich. Deine« Vater« Verwandte» würden dessen offen kundige Schande, die ja schließlich auch auf fi« zurücksiel, nicht zugeben. Tie Verwandten aber batten, an dem Leichi- sinn dcS Unseligen verzweifelnd, sich von diesem losgesagt — und nachdem Liepmann gleich einem Vampyr unter der MaSke eines zu Besuch Weilende» Deinem Vater wochenlang zur Last gelegt» batte, griff dieser zu einer Dbat der Verzweiflung. I»r flillverschwiegcntii Forste richtete er die Büchse auf den Erpresser, naki» dem Niedergeschossenen die Tasche mit den Wechseln, die derselbe ständig bei sich trug, ab ... in Deine» Vater« Besitz sank ich sie und als «men Beweis seiner Schuld bewabre ick sie beule »och aus!" „Ta- ist entsetzlich!" stöbntc der junge Mann auf, der unter der Wucht des Blicke- seiner Mutter die Augen nieder schlagen mußte. „Das Ibat mein Vater?" „Der Leichtsinn war», der ihn dazu versübrt ha», dieser Dämon, der den Menschen von Stuse zu Stuse sinken läßt, der schlimmer ist al« die Schlechtigkeit de« Mörder«!" sagte Frau von Tbuinar erbarmungslos; dabei Halle ihre Stimme einen harten, melallenen Klang. „Schau ihn Dir an, den Mann, der jetzt als unförmliche Masse vor unS liegt, jeden Augenblick des RuseS gewärtig, der ihn vor den Rickterstiibl des Allerhöchsten rust! . . Kannst Du eS nun begreifen, Wa ich an seiner Seite erlitten habe, kannst Du e« nun erfassen, warum ick zu der schroffen, herben und, wie Du Dir wobt ost im Stillen achseljuckend gesagt hast, zu der überspannten Person geworden bin, die Deinem Vater da« Leben zur Hölle machte? — Ich war ursprünglich nicht dazu geschaffen, eine« Manne« Dämon zu sein — auch in meiner Brust schlägt noch beute ein liebebedürstiges Herz! Er war eS, der mir die Empfindung au« dem Herzen riß, der dieses kalt, starr nnd tobt werden ließ . . nur er allein! Sein Name blieb ja immer auch der meine, ick konnte damals nicht zur Ver rätherin an ihm werte» .. es kostete mich einen schweren Kamps, denn ich wußte e«, daß solchenfalls ein Unschuldiger leiden und um seines Lebens Inhalt betrogen werden mußte — aber ich schwieg dennoch! Wenn ich mich dadurch schuldig gemacht habe, dann bade ich eS gebüßt durch ein lange«, unsäglich gualvolle« Leben!" Ihre Stimme brach; durch Secunden herrschte lastende, beängstigende Stille, unterbrochen einzig von dem winselnden Gejammer des Sterbenden im Zimmer. Dann aber plötzlich richtete fick die Baronin wieder straff aus. — „Und diese« Ente nimmst auch — Du!" sagte sie, während e« machtvoll in ihren Augen ausslammte. „Du. Felis, mit Deinen reichen Anlagen, mit Deinem ,m Grunde guten Herzen! Auch Dich hat der Dämon de« Leichtsinns erfaßt, auch Dick wird er, wenn Du nicht noch in zwölfter Stunde in Dich gehst, von Stuse zu Stuf« sinken lassen — mein Sohn, mein Kind, da» ich geboren l" schluchzte sie plötzlich auf. während sie beite Arme um den Solm schlang und den von ihren Worten mächlig Erschütterten jammernd anichaule, während dabei unsägliche Angst au- de» hageren Züge» ihre« Gesichte« sprach. „Noch umsaßl Dick da« liebend« Herz D«u>e« De,de«, noch steht Demc Mutter i» heiße» „Die erneuerte Kundgebung de« kaiserlichen Vertrauen« und der kaiserlichen Bei stimm »na, die dem Reichskanzler Grasen Eaprivi in Bezug ans seine Vorschläge zur weiteren Bekämpfung der Umslurzparleien zu Theil ge worden ist, wird in sehr effreulicher Weise dazu beitrage», die Lage zu klaren. Man w»,ß, daß der Reichskanzler ein entschiedener Gegner von Ausnahmegesetzen ist und daß auch dt« Er- sahrungea, die er während der letzten vier Jahr« gemacht hat, ihn in dieser seiner Ueberzeugung nicht haben ummmmen können; wohl aber hat er, und zwar nicht seil deute und gestern und auch nicht erst seit der Ermordung des Präsidenten Earnot, die ihm unterslelllen Behörden, vor Allem da- ReichSjustizamt, angewiesen, an der Hand der einzelnen Vorkommnisse zu prüsea, wie weit daS gemeine Recht, insbesondere da« ReichSftras- ^rsetzbuch, für eine energische Bekämpfung der Bus- chreitungra der Umsturzparteten auSretch« und wie weil die btsberige Handhabung der desiedenden Bestimmungen zu wünschen übrig gelassen habe. Soweit eS uothwrodig er scheint. bestehende Lücken in der ReichSgesetzgebung auS- zusüllen, hat dabei der Reichskanzler stets al« den maßgebenden Gksichl-punct betont, daß e- dringend erwünscht sei, für die Be kämpfung der Umsturzparteien thunlichst all« bürgerlichen Parteien zu gemeinsamer Zustimmung za vereinigen, nicht aber sie durch übertriebeneMaßnahmen zum Kamps« untereinander heraaszasorderu. Gras Eaprivi Hai es deshalb wiederdolt betont, daß eS besser und wirksamer sei, etwa« Positive« unter thunlichst einheitlicher Zustimmung oller OrdaungSparteien zu erzielen, al- weitgehende Forde- rungen ouizustellen, die scheinbar, aber auch nur scheinbar, den Eindruck einer großen WilleaSseslikeit und Thalkrast hervorrusen könnten, die aber thatiächlich lediglich di« bürgerliche» Parteien zersetzen und dadurch nur den Zielen gerade der Unisturzvarieie» dienen würden. Die jüngsten Erscheinung»« ia der deutschen Presse, die statt einer Sammlung der Kräfte weit mehr eine Fehde Aller gegen Alle zeigten, vermochlrn den Kanzler lediglich in seiner Auffassung zu bestärke». Einen schroffen Gegensatz zu dieser Anschauung nahm der preußische Ministerpräsident Gras Botho Eulenbürg ein Er hatte Vorichläge gemacht, von denen ihm selbst voa vorahereio klar sein mußt», daß er si« weder in dem gegenwärtigen noch in einem neugewShlten Reichstag würde durchsetzen können. Gras Eulen- burg Hai inzwischen diese seine Vorschlag« selbst zurück- gezogen; aber wean er dann auch im Grunvjatz den Eaprivi'schen Gesetzentwurf(?) zur Grundlage der weiteren Behandlung machte, so stellte sich doch bald bei der Beralhung heraus, daß auch aus dies er Grundlage eine Versttadigaag schwer z» erziele» war. Ter Reichskanzler hielt daran fest, daß krinertet Be- siiminungen getroffen werden dürste«. dir bei sachgemäßer An Wendung durch die Gerichte und Behörden dazu führen könnten, in Zeilen scharfer polnischer Kample auch gege» di» bürg er- licheu Parleirn ausgruutzt zu werden. Ja der »instiindigeu Unterredung, die er mit dem Kaiser hatte, sind nun alledteje Anschauungen, wie un« verbürgt mit- gelheiit wird, zur vollen Geltung gelangt. Der Kaiser hat sie durchweg gebilligt, den Kanzler seiner vollen Unter- ftützuna versichert, und da sich nach unserer Kenntniß der Tinge die große Mehrheit derMinister der verbündeten Regie- rungen in der morgigen BundeSrattzSsitzung für eine Beschränkung aus da« im jetzigen Reichstag Erreichbare auSsprechru wird, so hoffe» wir, daß damit dir erwünschte Einigkeit vorerst bei der ersten Häiste der GesetzgebungSgewalt im deutschen Reiche hergestellt und gesichert sein wird." Wenn eS sich wirklich so verhielte, so hätte der Kaiser und König von Preußen, we,l der Reichskanzler mit dem preußischen Ministerium sich nicht zu einigen vermag, die Einwilligung zu dem Versuche gegeben, die preußischen Stimmen im BundeSrathr mit Hilfe der nicht preußischen zu majorisiren. Da« stände mit der Au gäbe der „"Nordd. Allgem. Ztg.", daß die einzubringentc Vorlage nicht als preußischer Antrag, sonder« al- Präsidial Vorlage (die in der Reich-Verfassung gar nicht vorgesehen isl- eingebracht werden solle, im Einklang, ist aber doch so un wahrscheinlich. daß wir eS vor der Haod nicht glauben Was wir glauben sollen, wissen wir freilich nicht und erinnern un« auch nicht, daß jemals seit dem Bestehen de« Reiche» kur; vor Beginn einer ReichStagSsession eine so verwirrende U» klarbeit über da» Regierung-Programm und dir Schritte zur Feststellung diese- Programm« vou inspirirter Seite erzeugt worden wäre. Wie zu erwarten war, ist im öfterretchtsche» Abgeordneten- Hause der istrischc Sprachenkrawall vom Montag Abend zum Gegenstand einer Interpellation gemacht worden. Be kanntlich hatte da« Triester Landgericht ganz plötzlich an geordnet, alle istrianischen Bezirksgerichte mit Ausnahme von dreien, hätten außer der italienischen auch slowenische AussckristStascln zu führen, ebenso müßten sämmtlicke GerichtSsormulare un d AmtSsi eg el doppelsprackig sein. Die istrischen Italiener hätten sich am Ende gefallen jaffe», wenn die zweite Sprache da« Deutsche — die nominelle, wenn auch versassungSmäßig nicht festgesetzte Aiilissprachc in Qesterreick, — gewesen wäre. Ihnen aber da« slowenische Idiom ausdränge» zu wollen, da« überhaupt als keine fertige nioderne Sprache gelten kann, war ein sreoelhasler Versuch Es giebt in Istrien wenig wirkliche Slowenen; die dort wobnendeu Slawen sind Kroaten, die in ihrer Mehrheit auch naiiciiisch sprechen, wie umgekehrt die Italiener der kioaiischcu Sprache zum Dbeil mächlig sind. Istrien ist aber auch sonst sprachlich bunt gemischt Da giebt eS, wie die „Vossische Zig " bervorbeb». ganz deutsche, ganz rumänische unk sogar albanestschc Gemeinden, je nachdem die Einwanderuug vor allen Zeiten erfolgte. Au» welchem Grunde also drängt »ck aus einmal da« slovrnische so in den Vordergrund ? Mit der Triester harmlos erscheinenden amtlichen Verfügung kommt die doppelsprachige Amliruiig und bald die vollständige Slawisirung. >kn Lestrrreich sind drese Versuche, dem Slawenthum Verbreitung zu ver schaffen. in allen gemischtsprachigen Kronländern geglückt. Tie Sprackcnkämpse in Bödmen begannen »> so un auffälliger Weise, und in ihrer Eonseguenz sühnen sie zu den heutigen Zuständen, die ganz Oesterreich ,n Mitleiden schaft ziehen. Darum ist der slowenische Vorstoß in Istne» durchaus nickt zu unterschätzen. Wie gemeldet wurde, stur einstweilen die einsprachigen, d. b. italienischen Tafeln wierer angebracht und die Rübe beraestcllt worden. Daiiiit ist aber nur vorläufig Abhilfe geschaffen. Die Versügung de- Triester LandeSgerickteS muß aufgehoben werden. Dazu wirb sick diese« ebenso wenig wie da« Ministerium verstehen, und es sind daher zuerst parlamentarijchc Kämpfe im RcichSrath zu erwarten. Der Hobenwartclub wird seinen slowenische» Wählern zu ihrem sogenannten Reckte zu verhelfen suche», die Deutschen und Italiener werden vpponiren, und die Folge wird ei» neuer Niß in der Eoalition sein. Wa« die Regierung gerade im gegenwärtigen Augenblick veranlassen kounlr, die Sprachensrage in Istrien auszuwerscn, bleibt vorläufig uner 3«I Fereilletsi,. Der goldene Mittelweg. N-chteuck »erdete». Roman von Erich Rott. (Fortsetzung.) „ES ist ein furchtbare« Unglück geschehen. Erschrecken Sie nur nicht", murmelte der Mann, sich mit dem Rockärmel den Schweiß von der Stirn wischend. „Ich bin gerannt, Wa ich nur konnte, aber Sie müssen eilen, wenn Sie den Vater noch einmal lebend sehen wollen!" „Meinen Vater? Unmöglich!" rief der junge Mann und ein schlotternde- Zittern kam ihm an. „Ich verließ ihn heute Nachmittag erst noch frisch und gesund!" „Er ist verunglückt oder man weiß eS noch nicht recht, ach —", stöhnte der Diener aus, wir sind noch ganz von Sinnen vor Schreck. Unter den massigen Steinen an dem großen Tborweg haben wir ibn hervorgezogen!" „Meinen Vater? IcsuS, da muß ich sofort hinaus", mur melte Felir. Er wendete sich nach seiner jungen Frau zurück, welcher lein Wort entgangen war und die sich nun schreckens bleich im Bett ausgerickiet hatte. „Sei ruhig, mein Liebling", murmelte er, „und vergiß, was Du mir soeben gesagt hast. ES bleibt beim Alten. Ich bab' Dick so lieb; aber ich kann Dir jetzt nicht Alle« sagen, wa« mein Herz bewegt — es ist Alle« so neu — mein Vater im Sterben, der lebenslustige, srohsinnige Mann! E« muß ein Irrthum sein!" „Geb nur". erwiderte Eva, ibn niit sanfter Gewalt fort- drängend, „bring mir bald Antwort. Ich weiß selbst nicht, warum mir so sterben-bang in der Brust wird!" Felix nadm sich kaum die Müde, nach einem Hute zn greisen: da stürmte er schon in die Nacht hinaus. Der Diener batte Müde, ibm zu folgen. Er mußte auch neck in« Dorf hinunter, um den Bürgermeister und den Geistlichen zu be nachrichtige». „Die gnädige Frau", sagte er. „bade eS ihm aus die Seele gebunden, nickt ohne die Beiden zurückzukehren." Felix achtele kaum aus de» zu ibm sprechenden Diener; er nahm eS dann uickt einmal wahr, daß er durch die Nack« allein de» Berg binausstürmte, er gönnte sich nickt Rast noch Ruhe, bi» er den Tdorbogen erreicht batte und nun. von fahlem Mondscheine erhellt, die trostlose Zerstörung selbst sah, welche ring« um die innere SchloßeiusabN ein einzige«Trümmer selb darstellte. Oben empfing den völlig Fassungslosen die Baronin, schreckensbleich, aber still und in sich gekehrt. „Ich wußte eS. daß e« ein solche- Ende nehmen werde", sagte sie, ihren Svbn bei der Hand ergreifend und ibn in da« Zimmer ziehend, i» welche», der jäh io seinen Sünden vo» der Nemesis ereilte Baron lag. E< »ar «io grauenvoller Anblick, welcher fich dem junge» Manne darbot. Auf dem blutbefleckten Kiffen, winselnd und stöhnend vor qualvollen Schmerzen, kaum noch kenntlich, lag die halb zermalmte Gestalt Tbumar'S. Alles an ihm war zerschundcn, sein Gesicht hoch aufgeschwollen und gedunsen, so daß die Augen kaum noch zum Vorscheine kamen; röchelnd pfiff der Athcm über die mit Blut bedeckten Lippen Felix batte seinen Vater gar lieb gehabt, die leichte froh- sinnige Art desselben batte dem cbensaUS lebenslustig Ver anlagten imponirt; zudem batte er nie ein böse- Wort von dem sich jetzt im TodeSkampse qualvoll Windenden gehört. Erschüttert eilte er aus den unglücklichen Mann zu. — „Vater, lieber Vater! Um HimmelSwillen, was ist mit Dir geschehen?!" Thumar vermochte nicht zu antworten; er konnte nicht einmal zu verstehen geben, ob er die Stimme des Sohne« überhaupt gehört habe; er bob nur ein wenig die Hand. „Wie da- brennt, wie Höllenqualen", kam eS röchelnd über seine Lippen und einige große Blutstropfen sickerten über dieselben. „Ack, alle Glieder zerschlagen, nun ist da« Ente nahe — und — ick soll sterben müssen!" „Mutter, da« ist entsetzlich!" rief Felix au«, während er sich an seine Mutter wandte, die, selbst an allen Gliedern zitternd, neben ihm stand. „Es ist Gottes Strafgericht", sagte sie mit zitternder Stimme, während sie doch nickt verhindern konnte, daß schwere, salzige Tbränentropfen iyre Wangen benetzten. „Warum muß das das Ente sein? WaS hatte ich ibn gewarnt, gebeten, ein Anderer zu sein!" „Mutier, keine Borwürfe angesichts eine« solchen Unglücks", unterbrach sie Felir mit zitternder Stimme, der sich noch immer nicht zu fassen vermochte. „Du hast dock nach einem Arzte geschickt? . . man muß versuchen, zu Helsen, so lange . „Es ist Alle- geschehen, Du brauchst Dick um nicht« ru kümmern", erwiderte Frau von Tbumar, „aber sag'« selbst, war soll hier gescheben? Wir wollen Gott bitten, daß er den Unglücklichen von seinen Schmerzen durch schnellen, wohl- thäligen Tod erlöst!" ES war grauenvoll anzusehen, wie die Oualea den Un glücklichen schüttelten, der sich kaum zu regen vermochte und testen Gliedmaßen sich doch zuckend in die Höhe bäumten, wodurch da« Blut von Neuem zu stießen begann. „Sein Gewissen läßt ibm keine Ruhe und ihn nicht zun, Sterben kommen", versetzte Frau von Thumar mit eigen- tbümlich klingender Stimme, während sie dir Hand ihre« Sohnes ergriffen halte, „er hat ein furchtbare« Verbrechen zu sühnen und ich bi» stillschweigend seine Mitschuldige geworden." „Mutter, wa« sagst Du da?" murmelte Felix, während er der vor ibm Stehenden in da« nur schwach von der im Zimmer brennenden Lampe erhellte Gesicht starrte. „Jener Witlmer, der Deinen Vater anklagte, hat reckt", versetzte sie lonioS. während eS herb um ihre Lippen zuckle. „Ich wußte um Deine- Vater« Geheimniß. aber freilich erst, nachdem dw Thal bereit« geschehe» war. 2» seine» ausgrregte»
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