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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941029025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894102902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894102902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-29
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(«lfre» Universitüttstrobe 1. L««t« Lösche. Knthnrtnrnstr. 14. part. und KSnigSvlatz 7. Abend-Ausgabe. KipMtr.TMblaü AiHeigev. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Anzeige«.Preis dir «gespaltene Petitzeile L0 Pfg. N«cl««r» nnler dem RedactionSsirich (Sao- spaUen) bO-4, >or de» Famüiennachnchk» («gespalten) 40^. Vrvßer« Gchriste» lant „serem Preis- »«trichnid. Tabellarischer und ZtAansatz nach höherem Tarif. Erlen-Veiiage» (gesalzt). anr mit de» Marge». Ausgabe, ohne Postdesördernng 80.—, mit Postdesördernng 70.—. L»»eiMeschl»z für Ä.azeiyeu: Nb»»d-Au«gabe: Vormittag« 10 Ul>r. Dt argen-»»«gab«.-iachmittag« «Uhr. Sonn- »nd Festtag« früh '/^t Uhr. >«i de» Filiale» »nd Aauadmestrlle» >e ei« halb« Etnnd« früher. Unzeige» find ftett^n^di« Erpesithe» Drnck «nd Verlaq von E. P olj in Leipzig ^-554. Montag den 29. Oktober 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 29. October. E« war vorauszuschcn, daß die „Freunde- de« «rasen TaprtVt, die ihn um seiner Unterlassungen wegen liebten und die meisten seiner Thalen bekämpften, nach seinem Sturze sich nach dem Schuldigen umsehen würden, der ihnen den Freund geraubt, »brr da« hat man doch nickt erwartet, daß die durch den Rücktritt de« zweiten Kanzlers am schwersten Getroffenen, nachdem die Mär von einer gegen den Grasen Caprivi gesponnenen Intrigue zerstört worden, an die höchste Stelle im Reiche sich bcranwagen und ihr impuliren würven, der Nachfolger de« Fürsten Bismarck sei Icdiglick einer persönlichen Verstimmung seine« Monarchen zum Opser gefallen. Allerdings hat cs den Kaiser, nachdem er da« .ActionSprogra»»»- de« Grafen Caprivi gegen die Umsturzbcstrebungen gebilligt balle, verstimmen müssen, daß der Kanzler an dieser dem Monarchen wahr scheinlich nicht ganz leicht gewordenen Billigung sich nicht genügen ließ und seinen Widersacher in dieser Frage, den Grase» Eulcndurg, zum Rücktritt drängte. Aber den sach lichen Gründen, welche diese Berstinimung erzeugen mußten, persönliche zu substituircn, ist ein Verfahren, da« selbst bei solchen „Politikern" auffallen muß, bei denen da« persön liche Interesse da« sachliche Unheil zum Schweigen zu dringen pflegt. Uebrigen« war die Verlegenheit, in die Caprivi durch seinen Druck auf den Grafen Eulenburg den Monarchen in einem Momente brachte, wo durch dessen Vermittelung die Differenzen zwischen den beiden Staatsmännern beglichen zu scinschicncn,nichtdlecrstc der Verlegenheiten, die Gras Caprivi dem Träger der preußischen und der deutschen Kaiserkrone durch Handlung und Unterlassung — am häufigsten durch Unter lassung — bereitet batte. Wir brauchen nur daran zu erinnern, daß die den Kaiser am Ende zu einem entgegen kommenden Schritte gegen den Fürsten Bismarck uöthigentc Spannung zwischen dem Monarcken und dem Schmiede der deutschen Kaiserkrone eine so hochgradige und folgenschwere sicherlich nicht geworden wäre, wenn nicht der Nachfolger des Fürsten, statt seinem Monarchen ein besonnener Rathgeber zu sein, durch die unselige Veröffentlichung der „Uriasbriesr- Orl in da« Feuer gegossen hätte. Allerding« wollte der Kaiser „sein eigener Kanzler- sein, aber da er unmöglich über alle Einzelheiten der Lage sich unterrichten konnte, konnte er des Ralhgeber« nicht entbehren, der vor Maßnahmen warnte, die zum Heile nicht führen konnten. Daß er im Grasen Caprivi ren Mann nicht gesunden, der bei aller Rücksicht auf die kaiserliche Initiative doch die Form und da« Maß derselben durch sachverständigen Rath zu beeinflussen verstand, hatte der Kaiser schon längst erkennen müssen. Eine Verstimmung des Monarchen au« fach lichen Gründen hat daher sckon längst bestehen müssen; ihre Symptome sind dem ruhigen Beobachter nickt entgangen. Sie mußte zu einer Katastrophe führen in dem Momente, wo der zweite Kanzler, nachdem durch kaiserliche Initiative eine Differenz beglichen und eine in dieser schweren Zeit doppelt peinliche Verlegenheit beseitigt zu sein schien, durch eine auf Verstimmung zurückzusührende Handlung den schon durch viele Unterlassungen documenlirten Mangel an ralhgeberischen Eigenschaften überzeugend an den Tag legte. Diese letzte Handlung hat lediglich beschleunigt, wa« nicht ausbkeiben konnte und wa« schon längst eingetreten wäre, wenn der Monarch nicht au- naheliegenden Gründen sich gescheut hätte, den Irrthum cinzugestehen, in dem er bei der Wahl de« Grafen Caprivi sich befunden. Da« ist auch die Ueberzeuguug der „Schles. Ztg", die über den tieferen Grund der Kanzlerkrisi« sich folgendermaßen äußert: „Ist es den« möglich, daß Naturen wie die de« Kaiser« und de« Grasen Caprivi dauernd zu gemein- Frnilletsn. sanier Erstrebung gleicher Ziele verbunden bleiben? Unser in voller, noch jugendlich männlicher Kraft siebender kaiserlicher Herr ist unleugbar lebbaslen Affecten in hohem Grate zu gänglich, er besitzt ein feurige«, stolzes und furchtlose« Herz. Er liebt sein Volk mit der ganzen Glulh diese« Herzen«. Der Kaiser bat aber auch einen energischen Willen und ist ersülll von dem Glauben an seine bohc, ibm von Gotte« Gnaden verlieben« irdische Mission. Nichl« ist seiner Nalur fremder, nichts widerstrebt ihr mehr als ängstliches Zurück- ckrecken vor möglichen Sckwierigkeitcn und harten Kämpfen. In folge dessen ist cs ibm allerdings schwer, einen scharf pro- noncirten anderen Willen neben dem seinigen zu tulocn, namentlich wenn dieser ankere Wille sich in einer Persönlich keit von der jede« Maß übersteigenden Genialität de« Fürsten Bismarck verkörpert. Da« ist der eigentliche und tiefste Grund der von allen Patrioten schmerzlich empsundcncn Trennung des Kaiser« von seinem alten Kanzler, der dem deutschen Volke die Einheit erkämpft und dem Hohenzollern- hause den Kaiserthron errichtet hat. Aber wenn e« auch aus die Dauer unthunlich war, daß zwei so Willensstärke und in abgeschlossener Eigenart dastehende Naturen wie der junge, damals noch auf keine Verdienste um das Vaterland zurück blickende Monarch und der alte Kanzler, dessen greise« Haupt bereit« mit unverwelklickem Lorbeer bedeckt war, in un getrübter Einmüthigkcit sorlarbeitcn und wirken konnten — war darum wirklich der geeignetste Vertreter de« genialen Staatsmannes und ersten Berather« der Krone ein Mann wie Gras Caprivi, dessen Naturell schon jeder energischen Initiative widerstrebt, der stet« geneigt ist, allen Kämpfen auSzuweicken, die den Erfolg nicht mit Sicherheit vvraus- sehcn lassen, und in dessen Geiste niemals ein selbstständiger staalSmännischer Gedanke gereist ist? Da« wäre doch nur möglich, wenn dir andere Möglichkeit vorlägc, daß von dem Kaiser sowohl in der Gesetzgebung wie in allen Einzelheiten der Verwaltung per sönlich die Initiative auSgchen könnte. Da« ist aber eben un mögt ick, auch für den genialsten Monarchen, und in dieser Beziehung mag der Kaiser sich lange einem jetzt wohl von ihm selbst erkannten Irrthume bin- gegcben haben. Sobald er aber diese Erkrnntiüß gewountn batte, mußte er sich auch von einem Berather trennen, besten Fähigkeiten auf politischem Gebiete ruckt über diejenigen eine« lediglich auSführcndcn, wenn auck noch so brauchbaren Beamten hinausgingeu. Erst allmählich hat unser Kaiser erkannt, wie sehr von ihm die Fähigkeiten de« Grafen Caprivi über schätzt worden sind, und schwer genug mag ihm da« Ein Acständniß seines Irrthum« geworden sein. Aber er ist eine Natur von wahrhaft fürstlicher Offenheit, und am höchsten stehen ibm doch da« Glück seines Volke« und die Ehre de« Vaterlandes. Deutlich trat in seinen letzten Reken sein Mißfallen mit der schwäch lichen Concessionsbereitschaft de« „neuen Curses" in innerpolitischen Fragen — spcciell in der polnischen — hervor, und diese« Mißfallen mußte schließ lick eine Spitze gegen den leitenden Staatsmann annchmcn besten Eigenart nicht nur der Reichspolitik, für die allein er in den letzten Iabren verantwortlich war, sondern auch der preußischen den Stempel ohnmächtiger Schwäche auszedrückt bat. Da« immer deutlicher zu Tage tretende Widerstreben de« Kaisers gegen die schwächliche Haltung seine« selbstgcwählten ersten Ratbgeber« stimmte durckau« zu der von Seiten de« Fürsten Bismarck seit dem Beginne der staatümännischen Laufbahn de« Grasen Caprivi gegen testen Politik gerichteten Opposition. Aufmerksamen und leidenschaftslosen Beob achtern der Vorgänge in der auswärtigen Politik ist schon seit längerer Zeit eine sporadisch austretende unerwartete Energie in der Behandlung diplomatischer Fragen ausgefallen, die unmöglich auf den Grasen Caprivi zurückgcsiibrt werden konnte und die auf einen be ginnenden Wechsel der in unserer Staatsleitung bi« Vabin vorherrschend gewesenen Tendenzen schließen ließ. Diese plötzliche Energie trat namentlich^ in der Stellungnahme Deutschlands zu den Wirre» aus Samoa und in der erfolgreichen Absertigunz unserer englischen Freunde bei Gelegenheit de« letzten zwischen England und dem Congostaatr abgeschlossenen Vertrage« zu Tage. Es folgte da« Wort de« Kaisers, welche«'von der Möglichkeit bandelte, daß er sich selbst,,»» dieSpitze derOpposition- stellen könnte, und endlich die kaiserliche Rede in Thorn. Nur parteipolitische Verblendung konnte diese Anzeichen ver kennen, die auf das Ereigniß bindeuteten. dessen zwar unver meidliches, aber in diesem Augenblicke dock nickt erwartete« Eintreffen die Herzen der deutsche» Patrioten jetzt so lebhaft bewegt." Wa« der österreichische Minister de« Innern aus die Interpellation in Betreff der in Pirano und Eapod'Istria Frage aufgeworfen wurde, ob Prinz 8oui« seit dem Tode seines Valcr«, de« Prinzen Isrüme Napoleon, nickt dem Verbannungsgesetze von 1888 gegen die Peäleu denlcn und ibre direkten Erde« unterstehe. Unlängst wurde diese Frage ossieiö« verneint; aber wenn die Regierung sich an den Wortlaut de« Gesetze« halten wollte, so könnte sie dem jungen russischen Obersten den Aufenthalt in Pari« untersagen, denn Artikel l de« Gesetze« vom 22. Juni l88«i lautet: „TeS Gebiet« der Republik sind und bleiben verwiesen die Häupter der Familien, die in Frankreich regiert baden, und deren directe Erben in der Reihenfolge der Erstgeburt." Ter Prinz Ludwig ist gegenwärtig der direeie Erbe seine« uuverhciralheten Bruder«, des in Brüssel lebenden Prinzen Victor» und wahrscheinlich bängt cs von seinem eigeneu und dem Verhalten der Freunde seine« Vater« ab, ob er sich de« Aufenthalte« i» Pari« un gestört wird erfreuen dürfen. Prinz IsrSmr Napoleon hegte bekanntlich eine große Vorliebe für seinen jüngeren Sohn, von dem er zu sagen pflegte: „Dreist ein richtiger Bona- vorgesalleuei» SlraH en-E xce sse n erwcherk hal, war mckls j wäbrend er Bictor einen .Savoqarde»-, den Sohn .. . Mutter Clotilde, nannte. Sollten der ehemalme Ab geordnete Lang!« und sein Kreis so uiiklug sein, den Prinzen Louis während seine« Pariser Ausenlhalte« al« Prätendenten auSspiclen zu wollen, so könnten trotz der officiösen Verlaut barung unangenehme Folgen für den directen Erben de« Prätendenten eintrcte». weniger al« eine Aufklärung über die Entstehungsgeschichte der gn die istrianischen Gerichte ergangenen Verfügung zur Anbringung der zweisprachigen Amtsschilder, und doch war alle Welt aus die Gründe gespannt, welche diese Ver- ügunz vcranlaßlen und gerade da« Coalitions-Ministerium bewogen, damit eine neue Sprachensrage zu schaffe», deren Wirkungen in den bekannten beklagenSwerthen Vorfällen sich offen barten. Man ist noch nicht einmal klardarüber, von wem eigentlich der geheimnißvolle Auftrag ausgegangen ist Nur ganz nebenbei wird von einer Verfügung de« (üstenländischen Ober-LandeSgerichles diese« Inhalt« gesprocke,, und doch kann diese« Gericht dieselbe unmöglich au« eigener Machtvollkommen beit erlassen haben. Eben)o wenig ist der Interpellation« Beantwortung mit Klarheit und Sicherheit zu entnehmen, wie die Regierung die Beendigung de« Consticte« und die Beruhigung der aufgeregten Bevölkerung sich denkt, ob die Zweisprachigkeit in Istrien trotz Allem durch gesübrt oder ob der bisherige, wohl von keiner Seite an gcsocktene Zustand ausrecht erhalten werden soll. Die Blätter ker vereinigten deutschen Linken beklagen sich bitter über die« AuSbiegen vor dem Wesentlichen der Angelegenheit, da« den Mit bewunderungswürdiger Initiative «nd kühnem Wage- muib dringen die Japaner und entreißen den Chtnesen eine Position »ach der ander». Wie an anderer Stelle gemeldet wird, dlockiren sic nicht »ur Port Arthur und die umliegenden Häsen, sondern bedrohe» auch mit 8l Torpedobooten da« nicht minder wichtige Fort Wei-bai Wai, die Port Arthur gegenüberliegenke zweite Wacht de« Gols« von Petschili — bald dürfte der Weg nach Tientsin und Peking srci sein, und e« fragt sich nur, ob die Jahreszeit den Japanern gestatten wird, ihre Siege in diesem Winter noch au«zunutzcn. — Wa« die Kämpfe am Haln-Flusse anbetriffr, fo kann man dein chinesische» Höchsteoinmandirendea den Vorwurf unverzeihlicher Nachlässigkeit nickt ersparen, da er nickt ein mal de» Versuch machte, dem Gegner den Flußübergang zu klassischen Mustern a»S der Taaffe'scken Epoche nachgebilder l verlege». Zu seiner Entschuldigung läßt fick »idessen sei; man fühlt fick aus sehr betrübende Weise von dem „Ministerium der Offenheit und Wahrheit" enttäuscht und sragt, welche Wirkung die Regierung auf die parla mentarischen Verhältnisse erwarte, wenn sic entschlossen sei» weiter die starke Hand zu zeigen. Die italie nischen Abgeordneten au« Istrien haben bisher mit bemerkcnSwerlhcr Mäßigung jeden oppositionellen Schritt unterlassen und auf alle Art zu erkennen gegeben, daß sie Alle« vom Wohlwollen der Regierung erwarten. Nur für den Fall, daß sie in dieser Hoffnung getäuscht werden sollten, baden sie den Entschluß kundgegebcn, aus dem Coronini-Club zu scheiden, wa« diese ganze, der Coalition angebörigc Fraction in Frage stellen würde. E« heißt aber die Istrianrr Abge ordneten »ur Ausführung ibre« Entschlüsse« geradezu nöthigcn, sic dem Unwillen ihrer Wähler prcisgeben, wenn ihre ge duldige Zurückbaltung mit der unnachsicktlichen Durchführung der Doppelspracbigkeit in den italienischen Städten beant wortet wird. Wenn die in Aussicht gestellte Schwächung der Eoaiition dann erfolgt, dann trägt ausschließlich die Regierung die Verantwortung dafür. In Pari« wird demnächst Prinz L«uts Rapöleon, der Bruder de» in Brüssel wohnenden bonapartistischcn Präten denten, zum Besuche seiner Tante, der Prinzessin Mathilde, eintreffen. Dieser Besuch dürfte der Regierung wieder einige Verlegenheiten bereiten, da neuerdings die ansiihren, daß er wobl selbst kein allzu großes Vertrauen aus die militairische LeistungSsähigkeit seiner Leute geletzt baben wird. Wenn e« wabr ist, baß 18 Bataillone Chinesen sich von einer angriffSweise vergehenden japanischen Minterbeit au« ihrer verschanzten Stellung hinauS- wrrfen ließe», so genügt da«, um auck sür die am Sonnabend erwartete Hauptschlacht, über die Nachrichten noch nicht vorliegcn, den Sieg den Japanern zu prognosticiren. Denn wenn auch nach dem eigenen Eingestänvniß der Japaner die Cdinesen sich au anderer Stelle gut ge schlagen baben sollen, so ist doch dessenungeachtet in keiner einzigen der seit Mittwoch vorgekommcnen Einleitung«- gefechte da« Glück den chinesischen Waffen treu geblieben, und cö widerspräche dem erfahrung-mäßigen Verlaus analoger strategischer Situationen, wenn die in wiederholten Einzel- trcsfen geschlagene und dadurch entmuthigie Partei nun aus einmal in vem Entscheidungskampf diejenigen physischen wie moralischen Eigenschaften entfaltete, welche regelmäßig die Anwartschaft aus den Sieg bedingen. Bei alledem ist e« nicht auSgrscklossc», daß namentlich im Hinblick auf die starke Stellung der Ebincscn da« Nichtvorherzusehendr auch in diesem Falle seine Rolle spiele und einen Querstrich durch die Pläne de« japanischen Marschalls mache. Für China aber wäre damit immerbin nur eine Galgenfrist gewonnen, denn da scheint zweifellos jestzustcbeu, daß die chinesischen Heere«zu- stände erbärmlich sind, und die in Eile zusammengerafften Monsieur Faver. Eine altmodische Liebesgeschichte Ls von Moritz v. Reichenbach. Naölruck »nNole». (Fortsetzung.) Während so die Tage in oft tödtlicher Einförmigkeit hin- aingen, erblühte sie zu immer reiferer und vollerer Frauen- schöne. Ihre Brust hob sich oft in überwallender Sehnsucht nach einem ungenannten und unbekannten Glück, und ihr Herz klopfte mächtig, al- wolle e« den seidenen Panzer der knappen Schnürtaille sprengen, wenn ihr Gatte sie mit seinen endlosen Kleinlichkeiten quälte. Ihr Loo« wäre um Viele« erträglicher gewesen, hatte sie versucht, sich die Herrschaft über den Grafen Felix anzueignen, wa- ihr bei seinem unentschlossenen, der Schmeichelei so leicht zugänglichen Wesen gewiß gelungen wäre. Aber kleinliche Künste lagen ihr fern. Sie hatte gern zu ihm bewundernd emporgebliat — Bewunderung und Liebe wären unzertrennlich für sie gewesen. Sie mußte statt dessen zu ihm hiuabsehen, und al« sie da- einmal erkannt hatte, wäre ihrem Stolz jeder Versuch einer Anuäbcrunq verächtlich erschienen. Stolz und einsam ging sie ihren eigenen Weg, und diesen Weg hatte jetzt der Stallmeister kaver gekreuzt, den sie mit verächtlichem Zucken der Lippen einen „Bedienten" nannte. Und doch glaubte sie den seltsamen Glanz seiner Augen noch vor sich zu sehen, während sie auf dem sturm umtobten Balcon stand und, ohne mit den Wimpern zu jucken, biuau« in die sprühenden Blitze starrte, die da« diinkle Gewölk über ihrem Haupte zerrissen. — Indeß holte der „neue Bediente" die Hils-truppeu herbei, welche Seiner gräflichen Gnaden di« Angst vor dem Unwetter «ertreib» sollten. ll. lkaver hatte sein neue« Amt angetreten, da« beißt, er ritt täglich stundenlang spazieren und überzeugte sich jeden Morgen, «b der Leibkutscher oder di« zwei Stallbevienteo, welche unter seiner Leitung standen, etwa davongelausen oder eine« der sechs Pferd«, welche den ganzen Bestand de- Marstall« bildeten, »ielleicht verhungert sei. Al« aber acht Tage vergingen, ohne b«ß da« eine oder ander« pasprte, fing er an, nach allerlei Dingen zu sehen und zu fragen, die eigentlich nicht zu seinem Amte gehörten. Eine« Tage«, al« er durch den Garten streifte und darüber nachdachte, welch' prächtige Bäume die unter der Scheere de« Gärtner« verkrüppelten Buchen hätten werden können, wenn sie frei gewachsen wären, — eines Tages machte er die Ent deckung, Laß der Schloßgärtner den Violinbogen ebenso gut und sicher zu führen verstand wie die Baumscheere. „Wenn man viel unter Herrschaften gewesen ist", sagte der alte Mann aus Zkaver'S Frage, „so weiß man, daß der gleichen gern gesehen wird. E« ist halt jetzt Mode, daß die vornehmen Herren ihre Leute sür eiu Sonnlagsconcrrt abrichlen." „Bei un« in Polen kennt man diese Mode nicht", meinte Lader. „Ja, da« will ich schon glauben", sagte der Schloßgärtner mit überlegenem Lächeln, „aber bei un« ist da« nun ein mal so." ,Fsiebt die Frau Gräfin auch so sehr die Musik?" sragte Lader. Ter Schloßgärtner zuckte die Achseln. „Du lieber Gott, die darf ja nicht!" „Wer kann ibr verbieten, die Musik zu lieben?" „Nun, da« Lieben verbietet man ihr auch nicht gerade, aber spielen darf sie nicht. Ich könnte davon eiu Stückchen erzählen." Der Schloßgärtner nahm bedächtig eine Prise und zwinkerte gchrimnißvoll mit den Augen. „Darf man'« nicht hören, Herr Martin?" fragte Laver. „Hm. nun eigentlich hat mir ja Niemand verboten, e« zu erzählen", sagte Martin, der froh war, seine Geschickte, die hier schon jeder kannte, einem Fremden nochmal« vortragen zu können, und daher obne weitere Umstände ansing, zu berichten, wie die Frau Gräfin vor etwa nun vier Jahren ihn einst gebeten habe, ibr Unterricht im Violinspiel zu er theileu. Er sei natürlich darauf ringegangen, ohne sich etwa« Böse« dabei zu denken, uud die Frau Gräfin habe in kurzer Zeit unglaubliche Fortschritte gemacht. ..Eine« Tage« spielte» wir also zusammen im Garten Häuschen Biolmr", fuhr der Alte fort, „da aus einmal wird die Thür ausgerissen, und der Graf stürzt wie ein Un wetter zwischen un« beide, während der damalige Stallmeister und der Secretair an der Thür stehen bleiben und uns aa- griosen. Hätten Sie den Lärm gehört, Monsieur Laver'» ich sage Ihnen, ich dachte nicht ander«, al« er würde un« beide zum Fenster hioau«w«rsen, mich nnd di« liebe, arm« Grast». Da« paffe sich nicht für eine Dame, und ich sei ein Esel, und wir sollten un« nicht unterstehen, noch einmal zu geigen. Da« alle« schrie er un« entgegen und sah dabei krebSroth im Ge sicht au« und schalt dann die Gräfin und mich, daß wir beide nicht wußten, wo wir Hinsehen sollten. An der ganzen Ge schichte war aber blo« der Stallmeister schuld, der hatte ihn aufgehetzt, weil er mir einen Tort anthun wollte, und batte ihm vorgeschwatzt, daß wir den Grasen sür schwach hielten und Gott weiß wa» noch. Da hat er sich denn einmal al« Herr zeigen wollen!" Mit blitzenden Augen hatte Laver den Alten angehört. „Und die Gräfin? Wa« that sie?" fragte er jetzt erregt, den Arm de« Erzähler« fastend. „Die Gräfin war todtcablaß geworden und zitterte wie ein Espenlaub", fuhr dieser fort. „Gesagt hat sie aber kein Wort. Cie schritt an ibm vorbei, ohne ihn anzublicken, packte ihre Sachen noch am selben Tage und ging zu ihrem Vater zurück." „Sie konnte ja nicht ander«, sie war ja in Gegenwart ihrer Leute beleidigt worden!" rief Laver. „Aber wie kam sie zurück?" „Ihr Vater brachte sie un« wieder." „Ihr Vater? Und er hat sich nicht mit dem Grasen ge schlagen — Niemand bat ihn zur Rechenschaft gezogen, Niemand hat sich zu ihrem Ritter aufgeworfen? O!" Martin blickte ihn erstaunt an. So erregt hatte seine Geschichte noch keinen seiner bisherigen Zuhörer. „Geschlagen? Nein, Niemand bat sich mit ihm geschlafen, da« war auch nicht uölhig, denn er hat der Frau Gräfin alle« abgrbetrn." „Abgcbeten — ha, ha, — aber woher wißt Ihr da«?" „Dir Kammerjungser bat e« gebörl und mir erzählt. Die Sache war so: der Herr von Hockkirch, der ein sehr kluger Mann ist, hat dem Grasen etwa« Geschriebene« vorgelesen. Wa« da« war, bat die Babette nickt reckt verstehen können, aber zuletzt bat der Hrrr gesagt: „So, Herr Schwiegersohn, nua baben Sie dir Wahl. Entweder Sie bitten meine Tochter um Verzeihung, oder Sie verlassen morgen Walditz." Da hat er daun um Verzeihung gebeten." „Und sie mußte hier bleiben — arme, arme Fraul" rief Laver. Der Schloßgärtner sah ihn kopfschüttelnd an. „Nua, da« war doch da- Beste sür sie", sagte er. „So rin bischen Musik kann man schon verschmerzen, und denken Sie nur, Wrna sie sich wegen solch' einer Kleinigkeit für immer getrennt batten — die Frau Gräfin hätte ja ihr Lebtag keine» antern Mann bekommen." „Ibr seid ein kluger Kopf, und ich ranke Euch, Martin-, sagte Laver und stürmte fort. Der Schloßgärtner blickte ihm nach. „Merkwürdig aufgeregt sind sie doch alle, diese Polen", sagte er. Der da scheint aber im Ganzen ein guter Kerl zu sein, nur ein bischen bitzig. — Wa- wird aber unser Graf stolz sein, so einen stattlichen Stallmeister zu baben, denn ein schöner Kerl ist er und sieht au«, al« könne er selber ein Graf sein. Ta« ist elwa« sür un«, denn wir lieben e«, Staat zu machen mit unseren Untergebenen." Der Alte kannte seine Leute und ahnte, daß der neue Stallmeister bald der unumschränkte Günstling seine« Herrn sein würde. Er ging daher sehr bereitwillig darauf ein, als Laver ibm noch am selben Tage nach ihrer Unterredung den Vorschlag machte, ihm Violinstundcn zu ertbeilen. Der Graf war entzückt darüber, daß sein schöner Stall meister so schnell an die Erlernung de« gewünschten Instru mente« ging, und unterhielt sich bei Tisch säst ausschließlich mit ihm, zum Aerger der übrigen Hoschargen. Elisabeth war gewöbnt, ihre Mahlzeiten schweigend ein- zunehmen und die Unterhaltung der Uebrigen nur al- lästige«, aber unvermeidliche« Geräusch anzubören, ohne meist zu wissen, wovon die Rede war. So stolz und kalt aber, wie sie jetzt dem neuen Stallmeister gegenüber saß, balle man sie schon lange nicht gesebe». Dieser schien davon indeß nickt berührt zu werden. Elegant und sicher, wie sein ganze« Austreten, war auch seine Unterhaltung. Eine« Tages regte er da« Musiklbema an, aus da« der Graf sehr bereitwillig ringing, nnd eS war merkwürdig, welch' feine« und richtige- Urtheil dieser „ungebildete Mensch", wie Elisabeth ibn heimlich nannte, dabei rnlwickelte E« war geradezu wunderbar, wie viel er gesehen und gehört baben wollte, und wie La« Alle« so na türlich herau«kam» so ohne alle Prahlerei. Letztere« gab Elisabeth sich selbst aber nickt zu. Sie schalt ibn in Ge danken arrogant und ausdringlich und redete sich rin, gleich vom ersten Augenblick an eine unüberwindliche Antipathie gegen diesen Menschen gehabt zu baben — trotz alledem war eS ihr aber unmöglich, auf Da«, wa« er sprach, nicht binzu- hörcn. Endlich war e« ibr unerträglich, ihm so schweigend graenüberfitzen und so oft, wider Willen, Recht geben z, muffen. (F-rtfePa, folgt.)
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