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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941105024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894110502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894110502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-11
- Tag1894-11-05
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Es wird zur Begründung gellend gemacht, daß bei Ucbcrnabnie von Civilstellungen mannigfache An schaffungen nicht umgangen werden können, und daran er innert, daß die berittenen Officicrc bei dem plötzlich noth- wendig werdenden Verkauf ihrer Pferde regelmäßig Geld verluste erleiden. Osficiere ohne Privatvermögcn, und diese bilden die Mehrheit, gerathen durch diese Umstände bei der Verabschiedung in schwierige Berhältniffe. Man wird dem Wunsche der Kriegsverwallung, eine Erleichterung herbeizufübren, das Verständniß nicht versagen können und der grundsätzlichen Verweigerung einer ausgleichenden Ent schädigung nicht das Wort rede» wollen. Auf der anderen Seite ist nicht zu verkennen, daß cs sich um einen Aufwand handeln wurde, der mit der Schlagsertigkeit des Heeres nicht das Mindeste zu schaffen hätte. Bei den rein persönlichen Ausgaben für active und gewesene Mitglieder des Ossicier- corpS wird eS aber künftighin als gereckt und zweckmäßig, um nicht zu sagen iiothwendig, gelten, dievolkSwirt hschastli che Besonderheit des EonsumS der Osficiere, wie sie turck die Benutzung des Waarenbauses für Armee und Marine in die Erscheinung tritt, zu berücksichtigen. Dieses groß- capilalistische Unternehmen von gewaltigem Umfang bedeutet eine Ealamität für den mittleren Kaufmann- und den Hand werkerstand; die Kriegsverwallung bat für die Klagen taube Obren, ja sie bat sogar die Deckung von Staatsbebars bei dem Waarenbause geduldet, und der Reichstag besitzt keinerlei dirccte Handhabe, die vollständige wirthschastliche Zsvlirung der Osficiere, wie sie das große Verkaufs- und Fabri kations-Etablissement der Angehörigen der Armee an- strcbl und zum größeren Theil bereits bewirkt hat, zu hemmen. Was, jedoch auch nicht ohne Zustimmung des Bundesrathes, geschehen kann, das ist die schon in der vorigen Session von den Nationalliberalen beantragte Gleich stellung dieses und deö Bcamtcnwaarenhausc« mit den Eonsum- vcreinen hinsichtlich LcS Verbots der Waarenabgabe an Nichtmitglicdcr. Eine neutrale Haltung der Behörden gegen über dem Osficierverein kann der Rcicköiag zwar an regen, wünschen, fordern, aber er erreickt, wie die Er fahrung lehrt, nichts als Versprechungen, deren nega tiver Werth durch die Thatsachen targetvan wird. Ein militairisches Interesse spricht für die Begünstigung der Anstalt nicht; dag bayerische OssiciercorpS, dessen Beikeilignng höheren OrtS nicht gewünscht wurde und deshalb nicht erfolgt ist, steht ökonomisch hinter dem preußiscke» und dem sächsischen keineswegs zurück, in Officierkrelscn selbst sind die Ansickten über die Vorlheile der Zugehörigkeit zum Osficierverein ge- tbcilt, zweifellos ist nur die schwere Schädigung zahlloser Glieder, des zum Heere doppelt contribuireiiden BürgcrstandeS. Zn dem soeben ausgegebcnen Zahres- berickt über die Gesckäststbätigkeil des Osficlervercins im Zabre 1893/94 wird der Umsatz aus die enorme Summe von rund 5 362 000 ^ beziffert, wovon auf de» eigenen Werkstätlcn- betrieb des Vereins nicht weniger^ als rund 1 762 000 entfallen! Dem Bericht ist die Bestätigung der Behauptung zu entnehmen, daß die Militairverwaltung dem Waarcnhause bei der Beschaffung der neuen OsficierpaletotS einen ueiten Vorsprung vor der Privalindustrie gesichert, wenn nickt gar der letzteren die Eoucurrenz ganz unmöglich gemacht hat. Wir erfahren ferner, daß der Verein seinen Weinhankel dermaßen ausgedehnt hat, daß er eigene Kellereien in Eltville a. Rh. anzukausen sich gcnötbigt sab, nachdem, waS wenigstens auS einer Bemerkung in der Preisliste zu schließen ist, folchc an der Mosel bereits früher zur Verfügung ge standen baden. Beiläufig bemerkt, bat der Verein, dessen ursprünglicher Hauptzweck Bekämpfung des Bergwesens war, 710 226 ^ Außenstände für gelieferte Waaren und 271 l 12 für Darlehen. Man hat eö hier mit einer Anstalt zu thun, die nahezu alle Bedürfnisse befriedigt, nicht etwa nur solche, die dem Osficicr- stand oder auch nur dem männliche» Geschlecht eigeiithümlich sind. DaS WaarcnhauS ist nunmehr lediglich unter dem Ge sichtspunkt der Concurrenz, die eS dem Privatgeschäfte macht, zu betrachte». Indem die Osficiere Handel treiben und die Mililanverwallting daS Geschäft begünstigt, darf sich die letztere nickt beklage», wenn man gegenüber ihrer Eingangs er wähnten Forderung der Billigkeit auf die coinmerzicllcn Bortheile der Zugehörigkeit zur Armee verweist. Werden aber solche Vorlheile, die Dinge bei Licht besehen, gar nickt erlangt und wir glauben, daß sie ausbleiben —, dann hat die Behörde um so weniger Anlaß, den Osficierverein materiell und moralisch zu fördern. DaS rhronbkstcill«»„smantfest Nicolaus' II. von Nuszland hat überall da wo die Erhaltung des Friedens als das vor nehmste Ziel der europäischen Politik betrachtet wird, einen günstigen Eindruck hervorgerufen, denn nachdem der neue Herrscher in wohlthucnder Pietät der friedliche» Regierung seines Paters gedacht, in dem er geradezu die Verkörperung des Friedens erblickt, gelobt er feierlich, an der Friedens politik Alexanders III. fcsthaltcn und als einziges Ziel das friedliche Wohlergehen und die Förderung deö Glücke« aller seiner llntcrtbanen erstreben zu wollen. Wenn der Zar gleichzeitig versichert, den Rubin seines theurcn Ruß land mehren zu wollen, so ist daS etwas Selbstverständliches und mit einem »ach außen hin friedfertigen Regiment wohl zu vereinbaren. Wir glauben, daß eS Nicolaus' II. Ernst ist mit diesen Versicherungen, denn sie entsprechen durchaus der politischen und socialen Lage, in welcher sein Vater daS russische Reich ihm vererbt bat, und eine kriegerische Anspülung würde im gegenwärtigen Augenblick eine Abenteuerlichkeit gewesen sei», die man nur in Frank reich , soweit diesem der blinde Chauvinismus die ver nünftige Ueberlcgung benommen hat. Berständniß ge funden haben würde. Für die Zukunft freilich wird alles darauf ankominen, welche Widerstandskraft der junge, jetzt erst 26 jährige Beherrscher des Zarenreiches den Einflüssen entgegenzusctzeu im Stande sein wird, die direct sich wider strebende» Zntcrcssen vertretend, aus ilm einzudringin ver suchen werden. Das gilt namenllich Frankreich gegenüber. Zn seinem Manifest vertagt sich der Zar zwar auch die leiseste Anspielung ans das unter seuicm Vater geschaffeneEuivcrnebmcn der beiden Mächte und bereitet damit den französischen Revanchepolitikern eine arge Enttäuschung, allein, wenn er in dem Telegramm, in welchem er dem Präsidenten der Re publik den Tod seines Vater« anzeigt, der Ucberzeugung AuS- truck gicbt, das gesammte französische Volk werde lebhaften Aittbeil nehmen an der nationalen Trauer Rußlands, so giebl er damit zweifellos zu erkennen, daß er in dem Verhältniß zu Frankreich eine Acnderung nicht beab sichtigt, und daß er auf die Ausrechterbaltung des Status czuo denselben Werth legt, wie sei» Vater. Diese Andeutung hätte sehr wohl untervleiben können; daß sie doch gemacht wurde, kann nur in der wohlerwogenen Absicht ge schehen sein, nach dieser Richtung hin die Welt nicht im Unklaren zu lassen. An sich liegt ja darin durchaus nichts BcsremdenbeS und keinerlei Gesabr für den Weltfrieden, so lange Nicolaus II., dem Vermächlniß seines ValerS getreu, auf Frankreich weiter mäßigend und beendigend einzuwirken ge willt und im Stande ist. Daß von gewisser Seile alle« auf- geboten werten wird, den neuen Zaren für eine weniger weise und besonnene Politik zu gewinnen, unterliegt keinem Zweifel und läßt sich schon aus der Tbalsackc abnebine», daß da« Telegramm des Zaren den chauvinistischen Hoffnungen in Frankreich bereits neue Nahrung gegeben hat. Es wird sich bald zeigen, ob dieselben berechtigt sind oder nickt. — Was die innere Politik deS neuen Kaisers be trifft, so scheint, wenn man sich an den Wortlaut des Manifestes bält, auch in dieser Hinsicht ein Abweichen von den Valmc» Alexander's nickt beabsichtigt zu sein. Der Satz: „Das Volk wird nicht vergessen, daß die Kraft und die Stärke deS heiligen Rußland liegen in seinem EinSsein mit llnS und in der unbegrenzte» Ergebenbeit gegenüber Uns", kann im Munde eines russischen Selbstherrschers nicht ander« denn alS Ankündigung deS unveränderten Fortbestandes der absoluten Autokratie gedeutet werke». Das siebt nicht au« wie eine Rückkehr zu den liberalen VersassungSplänen Alexander's ll., und wenn das Manifest mit Nachdruck den „russischen Grundcharakter" der Seele Alexander's HI. betont, so wird eS wohl auch bei der RegicrungSmaximc de« Letzteren: „Rußland den Russen" verbleibe». Dem gegenüber ver mögen wir in den Worten, der Zar werbe daS Glück aller treuen Untertbanen zu fördern bestrebt sein, einen Anhalt für ein beabsichtigtes Nachlassen deS gegen verschiedene Nationalitäten und Cousessionen geübten Drucke« nicht zu finden, zumal da inan vielleicht mit größerem Recht den Nachdruck auf die Bezeichnung treue Untertbanen legen kann, unter welchen eben »ur die zu verstehen sind, welche in unbegrenzter Ergebenheit eins sind mit dem Willen des Kaisers, welcher sich ganz durchdrungen zeigt von dem Vermächtniß seines VatcrS, und zwar nicht nur in der Politik nach außen. Es wird also vorläufig Alles beim Alten bleibe», aber inan darf nicht vergesse», daß Tbronbcstciguugö-Proclainatioiicn niemals die Entschließungen der Zukunft binden, die abhängig bleiben vom Gang der Ereignisse. Nicolaus' ll. Manifest läßt Raum zum Fürchten und zum Hoffen, bis an seine Stelle die ersten Thalen de« neuen Herrschers getreten sind. DaS Schweizer Volk hat, wie voranSznseben war, in der gestrigen Volksabstimmung mit ungefähr 320 000 gegen I lO 000 Stimmen bezw. in l3> sgegen 8'/« Eanlonen die vo» de» Ultra- montan cn uud einer Gruppe Protestantisch -Eonservativcr auf dem Wege des Volksbegehrens verlangte Verfassungs änderung, nach welcher die Eidgenossenschaft aus den Zotl- einnahmen jährlich 6 Millionen Franken an die Eantone abgeben sollte, verworfen und damit zu er kennen gegeben, daß eS nicht gesonnen ist, den Bund dadurch empfindlich und dauernd schwächen zu lassen, daß man denselben den Eanlonen tributpflichtig macht. Zn der That hätte die Annahme des ultramontan - conservativen Begehrens die Zurllckführung de« heutigen schweizerischen Bundesstaates zum Slaatcnbund traurigen Angedenkens, wie er vor 1848 besianden bat, bedeutet; das war das eigentliche, schließlicke Ziel des Beutezuges, nicht die Zollbeute von 6 Millionen Franken für die Eantone. — Zn ver lebhaften Agitation, welche der gestrigen Entscheidung vorherging, ist übrigens eine benierkenSwerlbc Spaltung im katbolischen Lagerzu Tage getreten. NalionalrathK e e l.der lange Zeit Ebef der kathvlisch-conservativen Fractio» der Bundesversammlung war, da« Haupt der Parteicoalition im Eanton St. Gallen und einer der angesehenste» katholischen Fübrcr aus eidgenössi schen! Gebiet überhaupt, Halle sich von Anbeginn des Beutezugs entschieden gegen denselben erklärt, auf dem katholischen Volks- Delegirtcntag in Luzern am 12. August neuerdings dagegen opponirt und seinen ablehnenden Standpunkt bis zulctz unentwegt sestgel,alten, im Gegensatz zu den emderen Partci- sükrcrii auS den katbolischen Cantonen. Mit ihm frondirtcn gegen daS katholisch conservative Parteivictal auch eine Anzahl der aiigesckeiisteil katholischen Prälaten, tarnnter die Aebie von Einsicdeln und Engelberg, sowie die bischöflichen Eoininissare in Ob- und Nidwalden. Die „Ostschweiz", das Organ der ostschweizcrischen Katholiken, deutete sogar an, daß noch höhere kirchliche Würdenträger (darunter wahrscheinlich der Bischof von St. Gallen) ebenfalls Gegner des Beutezuges seien. AuS naheliegenden Rücksichten unter ließen eS die geistlichen Häupter, ans der passiven Ablehnung zur activcn überzugeben, allein ihre Haltung hatte den noch deutlich genug den Charakter de« Protestes gegen da« abenteuerliche Unternehmen deS Beutezuges, der auch daran mit gescheitert ist. DaS französische Ultimatum an t ie madagassische Regierung bat den erwarteten Erfolg nicht gehabt. Rach in Paris eingetroffenen Meldungen hat Le Myre de VilerS Tananarivo verlassen, ohne eine Antwort von der Re gierung der Hovas zu erhalten. Damit ist oer Krieg erklärt, und die HovaS nehmen den Fehdehandschuh auf, der ihnen von Frankreich bingeworfcn wurde. Tie Republik ist zur Wahrung ihres OberbobeitöreckteS, daS sich auS dem Vertrage von Tamatavc crgiebt, entschlossen; es sind Kriegs schisse und Truppen unterwegs, diesem Geltung zu ver schaffen. Ter Marsch von der Küste inS Znncre ist schwierig, und 1885 unterließen ihn, wie die „Boss. Ztg." erinnert, die Franzosen, obwohl sie schon Millionen für den Feldzug auSgcgcbe» hatten. Diesmal werden sic ^ibn wagen müssen, denn ohne Besetzung von Tananarivo gicbt eS keinen Frietensschluß mit dein Reich von Zmerina, keine Unterwerfung des HovaSreichcS unter Frankreich. Es ist beute schwer, die 'Aussichten deS künftigen Feldzuges zu erörtern. Die Hovas besitzen ein Heer von 30 000 Mann, sie sind gut cinexercirt und auch mit Hinterladern versehen. Eoniinandantc» sind Engländer, Ainerikaner und Ztaliener. Aus ibrer Seite steht die Unwegsamkeit des Landes, der Mangel an Straßen und an Verpflegung. Die Franzosen hoffen kiese Schwierigkeiten zu überwinden und mindestens die Haupt stadt zu erreichen. Die Häfen sind bereits von Frank reich blokirt, aber cs gicbt eine Menge kleiner Küstciipuncte, in denen »och nie ein französische« Kriegsschiff ankerte, die aber jeder Tbau, jedem Segler gesicherten Zufluchtsort bieten. Auf diesem Wege empfingen die Hovaö bioher ihre Waffen und Muiiilioiisvorrätbc, und sie werben sic auch von dort ferner empsangen. Die Eroberung einer Znsel von der anderlbalbmalige» Größe Deutschlands ist ein höchst schwieriges Unternehme», besonders wenn man weiß, daß niindcstenS England den Widerstand der madagassischen Regierung er- mukbigt. Ob die Königin Ravanavalo Manjcrka lll. bei ersolgreichcin Widerstande nicht auch den Schutz anderer Mächte findet, dürste sich erst zeigen. Zwei Zahst^idertc ringt Frankreich um die größte Znsel deö indischen Oceans; weder in Güte »och mit Gewalt hat eS seine Herr schaft auszwingcii können. Ob eS diesmal gelingt, ist mehr als zweifelbaft. Wie aus Paris mitgcthcill wurde, erklärte der Abgeordnete Le Myre de VilerS den, Preinicrminister der HovaS, er würde seine Mittheilungcn bis zu dem Tage seiner Aiikiinst in Tainatave, die wahrscheinlich Dienstag ober Mittwoch erfolge, ciilgcgcnnehmen. Sobald die französische Regierung ei» iicncö Telegramm von Le Myre de VilerS erbalte» und von dem ciidziltigen Ausschlag seiner Sendung unterrichtet sein wird, werden der Kammer die Vorschläge, welche die Sachlage erfordert, unterbreitet werden. Feirilletsii. Monsieur Faver. Eine altmodische Liebesgeschichte 7) von Moritz v. Reicheubach. Nachdruck verbot«». (Fortsetzung.) Xaver konnte sich nicht enthalten, oben auf seinem Be obachtungsposten am Fenster zu seufzen, aber im nächsten Augenblick dachte er, daß dies am Ende der klügste Streich sein könnte, den daS Schicksal ihm jemals gespielt habe, und daß es nur galt, diese gute Gelegenheit zu benutzen, um mit einem Schlage Herr der Situation zu werden; denn der da unten aus dem Wagen stieg, war kein anderer als Der, dessen Wohlwollen ihm die sicherste Brücke zu seinem Glücke schien, und dessen Versöhnung er seit gestern so dringend wünschte, nämlich Xaver s Onkel und einstiger Pflegevater. Xaver, bei dem Entschluß uud Tbat eins zu sein pflegten, war schon die Trcpve hinabgecilt und hielt Len Neuangekommenen mit seinen starken Armen umfaßt, indem er ihm ein lautes „Will kommen, Oheim'/' zuricf. Ter Fremde betrachtete ihn mit maßlosem Erstaunen. „Xaver, Mensch, welch' eine Tollheit, bist Du'S denn Wirklich?" ries er „Du — Du —" ES schien Xaver zweiselhast, was für ein Titel auf dieses „Du, Tu" folgen würde, und er sllbrte daher, laut und lebhaft »n den Angekominencn bineinsprcchend, denselben mitten durch die erstaunte Dienerschaft die Treppe empor und schloß dann die Thür deö Zimmer«, i» das er ihn mehr gedrängt als geführt hatte, während die Traußenbleibenden nicht wußten, ob sie erstaunter oder neugieriger waren, und ob sie zuerst an der Tbür lauschen oder vor Allem den fremden Kutscher und Diener auSsragcn sollten. So viel deS Be fremdlichen und Abenteuerlichen wie in den letzten vicrund- zwaozig Stunden hatte man seit Zähren auf Walditz nicht erlebt. Zndcß standen Onkel und Neffe sich gegenüber. „Denke nicht etwa, daß ich mich von Dir habe über rumpeln lasten", begann der Onkel, sich jetzt von Xaver loS- machcnd, „ich bin Dir hierber stillschweigend gefolgt, der Leute Wegen, aber nun steh' mir Rede." .Bester Oukel, meine Ueberraschuog, Sie hier zu sehen, ist wahrhaftig ebenso groß, wie die Zhre über meine An wesenheit." „Zch vermuthe. Du bist nicht wegen eines Ehrenhandels hier, wie ick — also wie kommst Du der?" „Verzeihen Sie, Oheim, aber wenn Sie einen Ehrenhandel mit dem Grasen Eichberg bade» sollten, so muß ich Zbnen sagen: ick fürchte, derselbe bat ein Vorurthcil gegen das Duell im Allgemeinen — unk im Spcciellen, wenn seine eigene Person dabei belbeiligt ist. Um einer ähnlichen Affaire mit mir auS dem Wege zu geben, ist er beute Morgen abgereist." „WaS, Du hast ihn auch gefordert?" „Za — aber wie kommen Sie dazu, Sie keiiuen ihu ja gar nickt?" „Mit demselben Recht frage ich Dich! WaS treibst Du in diesem Hause, wie kommst Du hierher?" „Das läßt sich nickt in zwei Worten sagen, aber Zhncn, als meinem einzige» nahen Blutsverwandten, bin ich allerdings die Wabrkeit in dieser Angelegenheit schuldig." „Du erinnerst Dich etwas spät, daß ich der Bruder Deiner seligen Mutter bin!" „O, ich bade eS niemals vergessen, und ich bitte Sie nun zunächst, mir nicht mehr zu zürnen, weil ich Zl>r HauS mit bösen Worten verließ. Glauben Sie mir, ich habe nie aus- gehört, mich Zhrcr Güte dankbar zu erinnern, und ich hätte das Vergangene gern ungeschehen gemacht." „Aba, nun, das laste ich mir gefallen. So sind wir in gutem Fahrwasser." „Sic vergeben mir?" „Za, mein Zunge, gern und herzlich, wenn Du inzwischen so vernünftig geworden bist, Tein Unrecht cinzuscben! Zch bade Deiner Mutter einst versprochen, für Dich zu sorgen — und wenn Du mich nicht dazu zwingst, orechc ich der Lotten nicht mein Wort. Zch lasse also daS gemästete Kalb für den verlorenen Sohn schlackten und will vergessen, daß Du mein HauS im Zorn verlassen hast. Sei willkommen!" Und Onkel und Neffe umarmten sich, Xaver im Herzen jubelnd, daß die erhoffte Versöhnung so unerwartet schnell und leicht gekommen war. „Nun erzäble aber", fing der Oukel wieder au, „WaS treibst Du hier?" „Zch bekleide den Posten eines Stallmeisters." „Mensch^ wa« fällt Dir ein! Ein Graf PorinSky, mein Pflcgesohn, Stallmeister, eine Art Bedienter!" „DaS Letztere war ich nie, Onkel, und ich bedaure, daß Gras Eichbcrg nicht anwesend ist, um Zhoeo da« zu bestätigen. Aber ich denke, meiue Stellung der Gräfin gegenüber ist auch ein Zeugniß —" „Der Gräfin gegenüber? Zst die Gräfin jung?" „Onkel, sie ist eS eben, von der ich mit Zynen sprechen will und muß." „Aha, nun weiß ich schon Deine Tuellgeschichte und so weiter. Da binaus läuft also da« ganze Abenteuer!" „Lasten Sie mich erzählen!" „Meinethalben, aber fasse Dich kurz mit Deinen Con- sidencen — solche Angelegenheiten sehen sich immer ziemlich ähnlich." ES war ein etwas spöttisches Lächeln, daS die fast all- zuvollcn Lippen des Grasen umspielte, als er fick jetzt in einen Sessel warf, um den Bericht seines Ncsscn anzubören. Er konnte sich einer sehr reichen Ersahrung in „dergleichen Angelegenheiten" rühmen, und er galt auch jetzt noch mit seinen fünfzig Zabrcn sür einen schönen Mann, dem die Frauen eS verdachten, daß er sich nach einem Adoptivsohn uinacseben hatte, anstatt endlich daran zu denken, seinen stolzen Nacken unter das sanfte Ehejoch zu beugen. Aber der Graf erklärte, sein Neffe sei ja da, um einmal Das zu erben, was er übrig fassen werde, und er sür sein Theil ziehe die kleine» LiebcS- und Ehrenhändel den Freuden deS Familienlebens vor. Aber so sehr er selbst ein ungebundenes, abenteuerliches Leben liebte, sein Adoptivsohn sollie bei Zeilen einen eigenen Hausstand gründen, und als eS darüber zu Meinungsver schiedenheiten zwischen Onkel und Neffen kam, hatten sie sich getrennt, und Xaver hatte sich gezwungen gesehen, irgend eine Stellung anzunehmen, da er miltelloS war. Graf KoszielSky hatte diese plötzliche Trennung von seinem Neffen, der erklärte, niemals wieterkebren zu wollen, schmerz licher empfunden, als er fick selbst eingestehen mochte, denn er batte ibm gegenüber die Entdeckung gemacht, daß er immer noch über ein hübsche« Capital von HerzenSneigung verfügte, obgleich er sich von Zugend an daran gewöbnl batte, dasselbe, in Kleingeld umgeweckselt, unter allerlei Menschen zu ver- tbcilcn. Xaver blieb immer der Sohn seiner einst scbr geliebten Schwester, und eine Versöhnung mit ihm war das Beste, wa« er sich wünschte — vorausgesetzt natürlich, daß diese Ver söhnung von Seiten des Neffen gleichbedeutend mit Unter werfung sein würde. „Za, da« ist Alle- ganz hübsch uud romantisch", meinte er jetzt, Xaver « Bericht unterbrechend, „aber warum Du dem Mann so die Pistole aus die Brust gesetzt hast, da« verstehe ich doch nicht. WaS willst Du denn mit der Frau anfangen' wen» dieser Held von Eichbcrg ihr wirklich entsagt?" „Zch verstehe Sie nicht, Onkel", meinte Xaver, „was würde mir das Alles nützen, wenn er ihr nicht entsagte?" Ter Graf lachte. „Tu bist wirklich sehr naiv", sagte er, „aber was willst Tu nun eigentlich thun?" „Sobald Elisabeth frei ist, werde ich sie hcirathcn." „Xaver! Tu bist wvkl ganz von Sinnen! Zch denke, wir haben uns eben versöbnt?" „DaS denke »nd boffe auch ich. Aber WaS hat das mit der Heiratb zu thun?" „Hast Lu vergessen, daß mein Entschluß über diesen Punct unabänderlich geiaht ist?" „Sic werden die unsinnige Forderung, die mich damals aus Zbrem Hause trieb, doch nicht nochmals a» mich stellen?" „Wäge Deine Worte, Xaver! Meine Forderung ist wobl überlegt und sehr berechtigt. Zch mache Dick zu meinem Erben, aber ich verlange, daß Du durch Deine Hand die Zu kunft Katharina Pctrowska's sicherst, deren Vater ich, wie Du weißt, unglücklicherweise im Duell erschoß." „Thun Sie sür diese Katharina, so viel Sie wollen, aber verlangen Sie nicht, daß ich sic bcirathc!" „Unsinn! Zbre Mutter würde aus meiner Hand keine andere Versorgung für daö Mädchen anncbmen, und versorgt will ich sic nun einmal wisse». Zch begreife nicht, wie Du das vergesse» konntest." „Und ich begreife nicht, wie Sie mir vcn dieser Sache noch spreche» können nach dem. was ick Zbncii sagte!" „WaS hast Du mir denn Große« gesagt ? Zst eine Liaison mit einer schönen Frau etwa ein Grund, um sich nicht ver» heiratbc» zu wollen?" „Za, diese schöne Frau ist allerdings ein Grund; aber eS handelt sich hier um keine Liaison, die Frau, die ich liebe, ist mir heilig —" „Ha, da, ha, daS erzäble einem Andern. Zch kann mir denken, was für Gebete diese Heilige Dich lebrt." „Onkel, wagen Sie eS nicht, in ticsein Tone von Elisa beth zu sprechen, oder ich vergesse —" „Daß Verliebte gewöhnlich den Verstand verlieren, wahr scheinlich." „Onkel —' .Neffe 4. (Fortsetzung folgt.)
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