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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.11.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941106025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894110602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894110602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-11
- Tag1894-11-06
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vez«ss«Pret» d» H»pt«iP«dtttoa öd« de» i» Stidt» 28»>e» «»« h l -«lüjLhrlich^E klHt»al»a« -glich« 3»ft»ll»»g dx Ha^ b.üO. V«ch di« Post d^e» für D«ntschl«»d M- Oesterreich: viertel,ädrlich g.—. Direct» —glich« Kre^bandlradnng U»1l«ch: «onallich 7.bO. Dt« Morg«»->irsgab« erscheint -glich'/,? Uhr, dt« Ndenb-Lasgab« Wochentag« 5 Uhr. Lrdactto« »«> Lr»edittou: A»tza»»egD«G« 8. Die Expedition ist Wochenleg« ««»»terbrochen g—ffaet von früh 8 bi» Lbeud« ? Uhr. Filiile»: Ltt» »kr««'« »«rli«. t«Ifrrd Hahn), Universiti-strah. 1. L.ui« Lösche. »nthart-eilstr. 11. Part, uad »Saigsplatz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Vnzeigen.Prei- dle «gespaltene Pelitzeile 20 Psg. Reclamea unter dem Redactioasstrich (lg«- spalten) 50-^, vor d«n Famitienuachrichte» <6 gespalten) 10->h. SrSbere Schriften laut unserem Prri«. verzeichniß. Tabellarischer und Zisserasatz nach höherem Tarif. Extra-veilagrn (gesalzt). nur mit de. Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuug 00.—, mit Posibejörderung "0.—. Ännalimeschlub für Änzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 1 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annabmestellen je ein» halb« Stund« früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von <k. Polz in Leipzig ^-568. Dienstag den 6. November 1894. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Erweiterung -es Fernsprechverkehrs von Leipzig und Markranstädt. Zwischen den Stadt-Ferusprecheinrichtuogen in Lübeln, Wald- Hei«. Mittweida. -rantenberg (Sa.). Zschopau, «»nabrrg (Erzgeb ), vuchtzolz (Sa ), Lugau, Lelaintz «Erzgeb ), StoUbrrg (Erzgrb.) und Burgstädt und der Etadtsernsprecheinrichtung in Leipzig und Markranstädt ist der Sprechverkehr eröffnet. Die Gebühr für das Gespräch bis zur Dauer von drei Minuten beträgt eine Mark. Leipzig, 4. November 1894. Ler Kaiserliche Lbrr-Poftdirector, Geheime Lder-Postrath. W a I te r. Politische Tagesschau. * Leipzig, 6. November. Gegenüber den Klagen und Anklagen, die der Freisinn beiderlei Geschlecht« wegen des Scheidens des Grafen Caprivi erhebt, muß man sich Zweierlei vergegenwärtigen. Einmal den GrmüthSzustand Derer von der „Bereinigung", die den Verlorenen mit vollkommener politischer Uneigen- uützigkeit, ganz um seiner selbst willen, geliebt baden, sodann und hauptsächlich die schon am 27. Lctober von Herrn Richter geäußerte Meinung, eS würden sich durch die agitatorische Au«oütznna de« Rücktritts freisinnige Geschäfte machen lasten. Wir hegen in letzterer Hinsicht geringe Besorg nisse; eine ähnltch« Speculalion ist dem Deutscksreisinn schon mit einem unvergleichlich größeren Geschiedenen miß glückt, und wenn, wie vorauSzuseben, die nächsten Abonnements- Einladungen der „Freisinnigen Zeitung" die verstärkte Nolb- weadigkeit, dieses Blatt zu beziehen, mit dem Rücktritt deS Grasen Eaprivi begrünten werden, so dürsten sich daraus kaum Verschiebungen im deutschen Parteiwesen ergeben. Die Zahl Derer, die sich von dem Zauber dieses NamenS an- gezogcn fühlen, ist im Lande so klein, wie die freisinnige Gefolgschaft. Nun sucht man freilich aus den Umständen des Rücktrittes de« zweiten Kanzler« Capital zu schlage». Die Entlastung, so wird gesagt, sei die Folge einer plötzlichen Eingebung deS Monarchen und sie sei ohne Gegenzeichnung ver antwortlicher Räthe der Krone erfolgt und beweise da- Vor handensein „sonderbarer Zustände", die sich mit dem Con- stitutionaliSmuS nicht vertrügen. Diese Erzählung von dem wie ein Blitzstrahl auü heiterem Himmel erfolgten Kanzler- Wechsel, deren Verbreitung sich die harten und die weichen Freisinnigen mit gleichem Eifer angelegen sein lasten, ist eine Legende. Will man sich davon überzeugen, so braucht man nur die freisinnigen Blätter vor dem 20. Oktober vorzu- nehmrn. Man findet dort eine „Eaprivi-Krisis" Wochen hindurch scstgcstellt, und nachdem der Reichskanzler in der Frage der Bekämpfung des Umsturzes „gesiegt", brauchle» die freisinnigen Führer zwar nicht an eine als baldige Einlassung zu glauben, sic wußten aber, was Jeder mann wußle, daß nämlich die Stellung deS Grasen Eaprivi erschüttert geblieben war. Der passive Widerstand, der so lange Zeit dem kaiserlichen Programm entgegengesetzt worben war, die in den Sommer zurückreickenoen Treibereien, nicht etwa gegen den Grasen Eulenburg allein, sondern auch gegen andere Minister, waren eben durch die „Einigung" über die Umsturz-Action nicht ausgelöscht, diese hatte vielmehr nur über die Schwierigkeiten, welche die Trennung der Aemter unausgesetzt bereitete, scheinbar wieder einmal hinweggebolien. Scheinbar — der Artikel der „Köln. Ztg." zeigte das Gegentheil und damit die Unmöglichkeit einer Vertagung der KrisiS. deicht eine plötzliche Eingebung, sondern ein Wasserlropsen, der das Gesäß überlausen ließ, weil eS voll war, hat den Rücktritt des Grasen Eaprivi berbeigefübrt, und Herr Richter wie Herr Barth sind über diesen Sachvcrball keineswegs im Unklaren. Nun daS „coiisritulionelle" Bedenken. Darüber ist daS Nölhige gleich falls in den freisinnigen Zeitungen nachzulesen. Als der »ationalliberalc Delegirtentag in Frankfurt a. Ni. die Forderung nach einem einheitlichen RegierungSsystcm erbob, wurde dies von den Freisinnigen als der Versuch, den Kanzler zu stürzen, „gebrandmarkt" und ein solcher Versuch, der in Wahrveit nicht gemacht worden war, schien den Lorkäinpscrn dcö parlamentarischen RegierungSsyslemS als ein ruchloser Eingriff in die Prärogative des Kaisers und Königs. Tag für Tag denuncirte Herr Richter die Nationalliberalen als Schmälerer der Kronrcchtc und deducirte daS Recht deS Herrschers, seine Räthe — zu behalten. Nun die Ent lassung eines Kanzler- erfolgt ist, zeigt sich plötzlich daS staatsrechtliche Gewissen der Demokraten beunruhigt, an scheinend aber nur deshalb, weil der Zurückgetretcne Graf Caprivi ist; als die Entlastung des Fürsten Bismarck ohne „Zuziehung der parlamentarischen Vertreter des ob siegenden Systems" — beiläufig, welches waren diese im März 1890 ? — und glcichsalls ohne Gegenzeichnung erfolgt war, fand Herr Richter die Zustände keineswegs „sonderbar", vielmehr entzückend. Ter „unentwegte" Freisinn rivalisirl eben mit den „Junkern" in der Anwendung der Maxime: „Und der König absolut, wenn er unfern Willen tbut." Zur Zeit habe» die Einen so wenig wie die Andern Auosick,». »vre» Willen — der Krone zu vclroyiren, so beflissen auch Herr Barth die Reaction an die Wand malt. Käme sie, so hätte „man" doch wenigstens einmal Recht behalten. Der „Nationalliberalcn Evrrespondenz" wird bestätigt, daß dein Reichstage alsbald nach seiner Eröffnung die Vorlage zur Bekämpfung der Uinfturzbestrebuiigeil zugehcn wird, und zwar zunächst als einziger Gegenstand. Da bei dem verspäteten Beginn der Session nach den einleitenden Förinlichleiieii nur »och wenige Tage vor den WcihnacktS- ferien zur Verfügung stehen werde», wird die Zeit mit der erste» Lesung dieses Gesetzentwurfs wohl vollständig auSgesüllt werden. Diese Anordnung erscheint zweckmäßig, damit nicht wieder, wie schon osl, die erste Elatöderathung sich über alle möglichen großen schwebenden Fragen verbreitet, die einheit liche »mb auf die vorliegende Sache beschränkte Behandlung verzettelt und eine Voreingenommenheit schasst, ehe genau bekannt ist, was eigentlich in der Umslurzsrage vorgeschlagen wird. Wird diese wichtige Vorlage „reinlich" d. h. lediglich vom sachlichen Standpuncle aus bedandelt, so ergiebt sich auch für den neuen Reichskanzler die so dringend nölhige Gelegenheit, te» parlamentarischen Boden genau zu unter suchen, auf dein die weiteren Kämpfe sich abspielcn werde». Daß die neue Regierung gegenüber den einzelnen Parteien nicht dieselbe Haltung dewabren kann, die Gras Eaprivi beobachtet hat, bürste klar sei»; die Partei verhältnisse im Reichstage sind so unerguicklich durch die Mitschuld der früher» Regierung geworden, welche die con- scrvalive Partei eine Entwickelung nehmen ließ, daß sie sich aller gemäßigte» Elemente entledigte und in die Bahnen einer auSschließtiche» Interessenvertretung deS Großgrundbesitzes dinüberlenkte, während einige volkStdümliche Horderungen nur so nebenbei einen äußerlichen Schmuck des Pro gramms bildeten. Auch de» neuen Männern wird eben die Ucberzeugung innewobnen, daß sich auf die Tauer nicht gegen die conservativc Partei regieren läßt, daß sie vielmehr eine» Weg suchen müsse», auf dem eine Heranziehung der Conservativc» zum Zusammen gehen mit den übrigen staalserbaltenden Parteien ermöglicht wirb, wenn nicht bei allen wichtigen Angelcgenbelte» stets die Entscheidung bei dem unzuverlässigen, nur nach taktischen Gesichtspunkten bandelnden Eenlrum liegen soll. Eine starke Regierung bat noch immer so viel Einfluß auf die Eonser- valioen besessen, daß sic sich, wenn auch oft nach längerem Sträube», deren Wünsche» gefügt baden, denn die Partei weiß sehr wohl, was sie sein würde, wenn die Regierung einmal nicht die schützende Hand über sic breitete. Be> keiner anderen Frage aber läßt sich so leicht eine Ucber- cilistininiung zwischen Regierung und Eonservativen er ziele», wie bei der Frage nach der wirksamsten Bekämpfung des Umsturzes. Und ist einmal in dieser Frage ein Einvernehmen erzielt, so ist für die Zukunft schon viel gewönne». Auch die eonservativen Elemente deS Ecn- trumS werken sich, wenn bei der „reinlichen" Beralhung der sogenannten Umsturzvorlage Regierung. Eonservalive und M'tteiparteirn sich finden und einigen, schwerlich von den demokratischen Elementen in eine Opposition treiben lassen, die zu einer Auflösung d«S Reichstages und zu Neuwahlen führen könnte, bei denen die oppositionellen Parlc>cn einen schweren Stand haben würden. In der französischen Deputirtenkammer kam eS be kanntlich letzter Tage wegen der Affaire Mirman zu heftigen Debatten, welche mit dem Beschluß endeten, daß Mirman's Abgcordncteninandat seine Dienstpflicht nickt aus höbe. Den Ausschlag gab offenbar eine Rede des Kricgs- niinisterS General Mercier, welcher der Kammer zu bedenken gab, daß, wenn man die Armee außer dem Bereiche der Politik lassen wolle, man nicht Dcpulirte in dieselbe einsühren dürfe. Der Artikel 7 des VcrsassungSgcsetzcS über die Wabl der Deputirten vom 30. November 1875, aus welchen die Regierung sich stützte, lautet: „Kein MiUtair oder Marincur, welcher der activen Land - oder Sec Armee angehört, welches immer sein Grad oder seine Functionen sei» mögen, kann zum Mitglied der Deputirten-Kammer gewählt werden." Nun gehörte aber Mirman in dem Augenblicke, da er in ReimS gewählt wurde, nicht der Armee an. da er von der militairischen Dienstpflicht als Professor an dem dortigen Lyceum unter der Be dingung befreit war, daß er sich durch zehn Jahre dem Lcbrsache widme. Dieser Begünstigung ging jedoch Mirman verlustig, als er nach seiner Wahl zum Ab geordneten, welche noch vor Ablauf der zehn Jahre erfolgte, für sein Mandat optirte. Er mußte als Professor demissioniren und wurde damit wehrpflichtig. Das Krieg-Ministerium war somit tormell nn Rechte, als eS Herrn Mirman mit l. November als Recrulen in die Armee einreihte. Andererseits war aber Mirman in dem Augenblicke seiner Wabl noch nicht dienst pflichtig, und darum behaupten auch Jene, Recht zu haben, welche glauben, Mirman könne sein Deputirten-Mandat, das er als Eivilist erlangt, ausüben. Mirman beabsichtigt, an den Sitzungen theilzunchmen und. falls er in eine andere Gar nison versetzt wird, durch einen College» Anträge einbringen und abslimmcn zu lassen. Diese Sachlage versprach' also allerlei Weiterungen für die Zukunft, ziunal da verschiedene höhere Militairs die Diciislsreibeit Minna» S vertreten, da die Ver fassung über dein Mitiiairgescy und das allgemeine Stimm recht über allen Gewalten stehe. -Offenbar hat daS Wahl gesetz hier eine Lücke, die zu ergänzen die Regierung sich beeilen sollte, um der Wiederholung äbnlicher Debatten vor- zubeuge». Alljährlich am l. November wird in Atollen die Jahres feier der Schlacht von Mculana festlich begangen. Die Schlackt war für Garibaldl's Frcischaarcn unglücklich. Wohl sochlc» die Freiwilligen am 3. November l867 bei Mcntana inil bewunberiiswerlbcr Bravour und sie batten auch die Uebcrinachl päpstlicher Truppe» unter dem General Kanzler schon besiegt, als die mit Ebasiepotgewehren bewaff neten sranzösischen Reserven rer päpstlichen Trurpc» unter de Faillu in das Gefecht cingriffen und die Freiwilligen in die Jtucht schlugen. Etwa lOOO Garibaldiancr waren gefallen, l >00 wurden gefangen genommen, und nur ein kleiner Rest konnte sich iinter Garibaldis Führung retten. DaS Andenken an diese Schlackt pflegt von den Arbeiter vereinen und den Patrioten Roms dadurch gefeiert zu werten, daß sic zum Grabmal der für die Freiheit Roms gefallenen Freiwillige» hinauSzichen, wo Reben gehalten weite» und patriotische Kundgebungen statt finden. Anläßlich der Vorgänge in Istrien und der Auslösung der socialistischcn Arbeitervereine in Italien sollten die Kundgebiliigcn in diesem Jahre besonders uinsang- rcich werden. ES sollte gegen die Politik Erispi'S, gegen die Beleidigung Italiens durch das Ausland, gegen die Zunahme der Rcaclion im Inner» feierlich Einspruch erhöbe» werben, und man sprach schon davon, daß Erispi deswegen die Ab- Feuilleton. Monsieur Xaver. Eine altmodische Liebesgeschichte Ss von Moritz v. Reicheubach. Na-tri»! »erboten. (Fortsetzung.) ES waren zwei gleich dunkle und feurige Augenpaare, die sich da trotzig uad herausfordernd entgegenblitzten, und die Gestalten von Onkel und Neffe standen sich hoch aufgerichtet gegenüber. Endlich sagte der Erstere: „E- ist wabrhaftig nicht der Müde werth, daß wir un« darübcr echauffiren. Kommen wir auf dir Hauptsache zu rück! Wirst Du die PetrowSka heirathen?" „Nein!" „Ueberlege wohl, daß dies unsere letzte Zusammenkunft sein dürste!" „Da- kann meinen Entschluß nicht ändern." „So fahre hin, unverbesserlicher Thor! Meine Geduld ist zu Ende." „O, die meine ebensall«!" „Adieu denn, Herr Graf-Stallmeister!" „Adieu, Egoist, unfähig, zu lieben oder Liebe zu ver stehen!" .Ha, ba!" Die Thür schloß sich hinter dem Grafen. Xaver blickte ihm finster nach. Dann warf er den Kopf stolz in den Nacken. „E« war eine Feigheit, ihn um Vergebung zu bitten", sagte er. „aber ich tbat e«, getrieben von dem Wunsch, Elisa beth eine gesicherte Heimath dielen zu können. Feige war ich und schwach, daß ich ihren Besitz unv unser Glück dem Wohl wollen eine« Dritten verdanken wollte. Ich muß Elisabeth erringen, verdienen!" Er ging aufgeregt im Zimmer aus und ab. Hundert abenteuerliche Entschlüsse kreuzten seinen Kopf. Plötzlich blieb er stehen. Er dachte daran, daß ihm Land«leute erzählt hatten, die Polen rüsteten, um diesmal mit ihren russischen Unterdrückern vereinigt gegen die Türken zu ziehen. „Krieg". rief Xaver, „Krieg, da« ist'«, wa« mir helfen kann! Ich muß mich hervortbun, ich muß eine Stellung er ringen, und da« kann ich am besten im Felde." Seine Augen blitzten unternehniung-lustig. „Ich nehme Kriegsdienste!" ries er entschlossen. „Für Elisabeth und unser Glück werde »ch Wunder der Tapfer keit idun!" Und er eilte ,u ihr, um sie mit seinen Plänen für dir Zukunst bekannt zu machen und die Abenteuer seiner Ver gangenheit zu beichten, die ihr ja noch unbekannt waren. VI. Zwei Tage waren srttdem vergangen, Tage ungestörten Versa»»e»se,a« sstr die beiden Liebenden, die zwischen dem Glück, sich endlich gefunden zu haben, und dem Schmerz der nahe bevorstehenden Trennung schwankten. Elisabeth halte sich in Xaver- KriegSpläne gefunden und beschloß, sich offen an ihren Vater zu wenden und ilm zu bitten, re bei sich auszunebmen, bis Xaver zurückkebrte. Sie Ware» beide gerade mit Ler Abfassung eines Briese« an den alten Herrn von Howkirch beschäftigt, als ihnen der Secretair und Vertraute desselben, ein Herr Münzseld, ge meldet wurde. Sie waren verwundert über diesen unerwarteten Besuch, da sic ja nicht wußten, daß Gras Eickberg direct nach Hockkirch gcfabren war; aber Herr Münzseld trat so sicher und geschäftsmäßig in- Zimmer, als gebe e« nicht- aus der Welt, was ihn noch verwundern, und gar keine Veran lassung, weSbalb man über ihn erstaunen könnte. Er richtete die Empfehlungen seines Herrn an den Herrn Grasen PorinSky und die gnädige Gräfin aus, als sei cs daS Natürlichste von der Welt, daß er diese Beiden va vereint vor sich sab, be merkte mit einem betrübten Achselzucken, daß der Herr von Hockkirch leider durch einen Gicktansall verhindert worden sei, selbst zu kommen, und versicherte mit einem freudig tbcil- nabmSvollen Lächeln, daß eS ibn glücklich mache, die Frau Gräfin wieder aus dem Wege der Heilung anzutrcffe», was er, aus Dero blühendem Aussehen zu schließen, annehmen könne. „Mein Gott, woher wissen Sie —" sing Elisabeth an. Herr Münzseld meinte, die Frau Gräfin werde sich wohl erinnern, daß Seine Gnaden der Herr Graf von Eichbrrg vor ein paar Tagen seinem Herrn Schwiegervater die Freude seines Besuche« gemacht habe, und sie werte auch ohne Zweifel wissen, daß dieser Besuch der Regelung einiger geschäftlichen Angelegenheiten zwischen den beiden Herren gegolten bade, und daß er eben zu diesem Zweck dicrber geschickt worden sei. Aus Xaver« Aufforderung, sich deutlicher au«zudrücken, er klärte Herr Münzseld, er bade Alle« gesagt, was er zu sagen habe, erlaube fick nur, den Herrschaften seine vom Herrn von Hochkirch und Grasen Eichberg auSgesertiglcn Vollmachten zu präsentsten, und habe hiermit die Ebre, sich zu empfehlen, da er unverzüglich an die Ausführung seiner GeschästS- augrlegeoheiten geben müsse. Erst später am Tage gelang eS Xaver, ibn nochmal« frst- zumachen und au- dem verschwiegenen Mann einige »ädere Andeutungen hervorzulocken. E» schien danach, daß Herr von Hockkirch die sofortige Rückkehr seine« Schwiegersohnes nach Walditz verlangt habe» unv daß r«, als dieser sich weigerte, zu Streitigkeiten zwischen den beiden Herren ge kommen sei. UeberAalle« Weitere schwieg Herr Münzseld; da er aber laut seiner Vollmachten, zwar mit aller Di«cre»ion, aber doch vollständig al« Herr, in Walbitz schaltete und waltete, Beamte absetzte und andere berief, die RecknungSdücher an sich nahm und so weiter, schloß Xaver, daß e« zum vollständigen Bruch zwischen Hochkirch und Eichberg gekommen sein müsse, wa« für ibn und seine Wünsche ja nur vorlbeilhasl sein konnte. Die Liebenden beschlossen daber, den Bnes mit der offenen Darlegung aller Verbältnifse ruhig an den alten Hochkirch abzaschicken. Herr Münzseld fand e« für gut, dem Voten, der seine» scharfen Auge« nicht entgangen war, ei«. Eommentar zu diesem Briefe mitzugebe», der seinem Herrn bewies, in welch' lücktige Hände er das Amt eines Aufpassers und Berichterstatters gelegt batte; denn so ungesäi r Kälte der Titel gelautet, der Herrn Münzseld von Rechtswegen zuge- kommcn wäre. Der Coinmcniar entbielt außer den von den Leuten erfragten »äderen Umständen deS WaltbanSbrandcS, die genau mit Elisabeths Brief stimmte», eine Charakteristik Xaver'S, die den, BeobachtungSlalent Münzfcld'S alle Ehre machte. Der Schluß deS ganzen Schriftstücks lautete un gefähr so: „Nack meiner unmaßgeblichen Ansicht würde diese heikle Angelegenbeit sich am besten abwickcln lassen, wenn man das Vertrauen deS Grasen Xaver PorinSky gewänne, so daß dieser unbesorgt seine beabsichtigte Reise nach Polen machte und Kriegsdienste näknic. Wird eü mit dem Türkenkriege Ernst, so kommt uns wohl ein glücklicher Zufall zu Hilfe, — wenn nicht, so sind wir ibn jedenfalls fürs Erste los und bekommen hier freie Hand. Er ist feurig, ritterlich, unüberlegt. Es ist besser, man reizt ibn nicht. Euer Gnaden werden gewiß die rechten Worte finden, wenn Sie da« in Erwägung ziehen wollen." Und der Herr von Hochkirch fand die richtigen Worte in einem Briefe an seine Tochter. Ohne irgend welche Ver sprechungen zu machen, schien er doch mit dem Gang der Ding« nickt gerade unzufrieden sein, warnte nur vor Un- übcrlcgtbeiten und sprach von der Zeit, die Alle« zum guten Ende sührcn werde. Schließlich tbeilte er seiner Tochter mit, daß er ihre Scheidung beantragt habe, da er, abgesehen von allem Andern, mit der Vermögen-Verwaltung seines Herrn Schwiegersohnes scbr „malcontent" sei. Ibr selbst, seiner Tochter, stehe eS frei, ihren Aufenthalt in Waltitz zu behalte», nur mache er sie daraus ausmerksam, daß die Gegenwart eine« jungen Manne«, der in Beziehungen zu ihr stehe (der Name war nickt genannt), nicht „convenabel" sei, so lange sie noch den Namen deS Grasen Eickberg trage. Herr Münzseld hätte ohne Zweisel beifällig gesckmunzclt, wenn er den Brief gelesen hätte. Aber da« wurde ihm nicht vergönnt, und erst als die Resultate de« Briese» sichtbar wurden, da verklärte ein wohlgefälliger Lächeln sein Gesicht; denn er batte richtig vorausgeseben: Xaver glaubte Alle« im besten Gang und rüstete sich zu seinem Türkenzuge, da er zu stolz war. um al« Flüchtling, ebne Heimarl» und ohne Stellung, die Hand Elisabeth'« von ihrem Bater zu erbitten Und Elisabeth sah ibn mitThränen, aber ohne Widerspruch scheiden; denn ibr Herz war groß unk stark genug, »in Xaver'S Ge fühle zu verstcben. und sie wollt: ,n dem Manne, den sie liebte, auch den Helden bewundern. Al« sie wieder ganz bergestellt war, nahm Xaver Abschied von ihr, und Herr Münzseld versäumte nickt, ihm seine besten und ergebensten Wünicke mit aus den Weg zu geben unv am selben Tage noch einen reitenden Boten nach Hochkirch abzuschicken, der die Meldung de- Vorgesallenrn dorthin brachte. ES war nun sehr still in Walditz geworden, und Elisa beth ging wieder träumerisch und einsam zwischen den ge schorenen Buchenhecken de« Garten» hin, d,e Zeugen ihre« kurzen Glücke« ««wese» waren Luch ihre Bücher Holle sie wieder bcrvor, und die ersten Worte, aus welche ihr Auge siel, als sie te» Rousseau ausschlug, waren dieselben, welche sie l»rz vor ihrer Bclannlschaft mit Xaver gelesen batte: „bnitv!, cv <,»i 0!>t biou, ckito» cv <j>u est vrsi." Ach. sic wußte nun, daß c>n Weib nur gut und wabr zugleich sein kann, wen» cs mit ganzer Hingebung liebt. Sie dachte dabei wieder jenes gewitterschwülen Tage-, an welchem sie Xaver zum ersten Male sab, und eS war ibr, als stünden die schweren, unheil- drobcnten Wolken jetzt über ihrem Haupte. Xaver war ja fort, und ihre Liebe ging einer ungewissen Zukunft entgegen. Aus einer, wen» auch unbefriedigten, dock ruhigen und ge sicherte» Häuslichkeit batte diese Liebe sse gerissen. Heute war sic nickt mcbr die Herrin von Walditz, und die unbestimmte Redeweise in, Briese ihres BaterS sing jetzt, wo sic allein war, a», sie zu beunrubigen. WaS würde der nächste Tag ibr bringe»? Welche Nachrichten würde sic von Xaver er balten, war cs wahrscheinlich, war es auch nur möglich, daß ibrc Hoffnungen sich crsülltcn? Sie batte sich einmal über die drückenden, aber schützenden Schranken, welche sic unigabc», hinwegzcsctzt, und nun fühlte sic zum ersten Male, daß eS da draußen Stürme gab, von denen sie biSbcr nicht- gewußt batte. Einen Augenblick senkte sic wie mutblos das Haupt. Aber dann bob sie es wieder frei empor. „Die Wahrheit bat Macht über mich gewonnen in der Gestalt der Liede", sagte sie, „und nun kouimc, was wolle, ich bleibe der Wahrheit treu!" Der Sturm, den sic vorauSsüblte, war ihr näbcr, als sie selbst glaubte. Er wirbelte ihr zunächst eine Staubwolke auf den Hof, welche compact genug war, um sic allenfalls auch sür ein bcrausziebcntcs Gewitter kalten zu könne», lind dieses seltsame Naturereignis) wurde durch einige Wagen bervorgerufe», welche ,.au lrrunck yalnp" aus die Rampe deS Walditzcr Schlöffe« aussuhren, und auö denen sich allerlei Herrn Münzseld sebr wohlbekannte Persönlichkeiten entwickelten. Da war zunächst Fräulein Barbara Franziska von Hockkirch, die Tante Elisabeth'», welche, gesolgt von einer Kaminerfrau und zwei Hunten mit rotben und blauen Schabracken, dem ersten Wagen entstieg. Sodann folgte der Herr Schloß- predigcr von Hockkirch mit einem so ernste» Gefickt, als bade er eine» Delinquenten zum letzten Ganz rorz»dc»eilen, welcher düstere Eindruck nur durch die mächtige rolbc Reisetasche mit dem gestickten „Willkommen" daraus etwas gemildert wurde, die er fest in den Händen dielt Mit ibm zugleich entstieg ein junger Herr tcni zweiten Wagen, den Herr Münzseld mit besonderer Freute als „HerrRegierungSsceretair" begrüßte, und im dritten Wagen folgte ei» Schwarm von Lakaien und Zofen, die sich neugierig »msaden und, a!>S sie auSgesticAen waren, einander im Wege standen, da sie durchaus nicht wußten, was sie mit sich anfangen sollten. Index batte Fräulein Barbara Franziska mit weithin tönender Stimme nach ibrer Nickte verlangt, und diese kam auch schon auf den ungewöbnlicken Lärm bi» herbei und blieb nicht wenig verwundert sieden, als sie ihre Gäste erblickte. E« lag aber nicht in der Arl Fräulein Barbara Franziska « dir Lcule sich lang« wundern zu lassen, und Elisabeth wußte schon nach der ersten Minute, daß ihr Bater io seiner m»«
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