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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.12.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941203010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894120301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894120301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-12
- Tag1894-12-03
- Monat1894-12
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Bezrrg-.Prrt< t» da Hauptexpedttio» oder de» i« Stadt» dezirk and den Bororteu errichteten Au», oabestellen abg » holr: viertel jährlich ^ 1.50. bei zweimaliger täglicher Zuftelluug in« -au« dchL Lurch dt» Pakt bezöge» für Deutschland and Oesterreich: viertrlitbrlich Pi-—. Direkt» täglich« lkreuzbaudleud»»- t»t T-Iland: mauatlich ^l 7ck0- Morgen-Ausgabe. Dl» Morgen-Su-gad« erscheint täglich '/«7 Nh«, di» Abend-Ausgabe Wocheutags b Uhr. NeLacNou und LkveLM»»: LataN«e»,aße 8. Di» Expedition itz Wochentag« uuunterdroche» srü» S bis Ad«ch» 7 Uhr. /iliile«: Vit« Me»«,'« Vartt». («lsre» Hichulb Uuiversitätssreaß, l, L»»i« Lisch«, Katdartneustt. 1«, pari. uad »äaig«»latz H ttpüatr TlWblalt Anzeiger. Lrgan för Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ««zetgea-Prei» die 6 gespaltene Petirzrile 20 Wg. Neclamea uiilei dem Ziedactionsslrich (Igs- spa!t»n> bOH, vot den Fanliliennachrtchte» l6 gespalten) 40 Großer» Schrijiea laa« uosaan Preis- verzetchaiß. 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Die Frauenfrage wird io Deutschland meist immer noch vom Standpunkte der Theorie au« behandelt, während andere Culturstaalen längst dazu vorgeschritten sind, sür die praktische Ausgestaltung der theoretischen Vorschläge Sorge zu tragen. Da nun die Frauenfrage — man mag eine Stellung zu ihr einnebmen, welche man will — ebne Zweifel eine der markantesten Cullurersckeinungen unserer Zeit ist, bietet eine vergleichende Studie über den Stand derselben in den verschiedenen Eullurftaalcn der allen und neuen Welt hervorragendes Interesse. Eliza Jckenbaeuser (E. Rosevallc) in Berlin bak jetzt in einer lescnSwertben Schrift den Versuch gemacht, ein Bild der Behandlung der Frauenfrage in allen «ändern de- Orientes und OccidentrS zu geben.*) Cie bat das reichlich zufließende Ouellenmalcnal mit Vorsicht und kritischem Scharfblick benutzt und sich die Objectivilät dcS UrtbcilS gewährt. Indem wir aus die Schrift der Ver fasserin Hinweisen, wollen wir nur kurz an dieser Stelle das Ergebnis der Studie kennzeichnen. Da» Eldorado der Frauenfrage ist und bleibt die neue Welt. Dort haben dir Frauen seit 1818, in welchem Jahre dir erste „Woman'S RigbtS Convention" stattsand, unablässig für die Verbesserung der Lage des weiblichen Geschlecht« gearbeitet. Auf alle» Arbeitsgebieten haben sie sich in Amerika zur Geltung zu dringen gewußt. Sie sind im Mission-wesen (N/, Million Frauen gehören der MisüonSgesellschast an), bei der Regelung der Frauen- und Kinderarbeit (weibliche Fabrikinspectorcn in den Vereinigten Staaten), in der Armenpflege, Kranken pflege und im Gefängnißwesen hervorragend tbälig. In den meisten Staaten nehmen sie an der Verwaltung der StaalSirrenhäuser Tbeil und in den Frauengesängiiissen von Massachusetts müssen alle Bcamtenposten mit Frauen besetzt werden. Den größten Einfluß haben die Amerkanerinnen auf die Verwaltung der Schulangelegenheilen errungen. In den Bereinigten Staaten belief sich nach dem letzten Eensu» die Zahl der weiblichen Lehrer aus l9l 000, die der männlichen nur aus >04 OVO. Aber auch im Posldienst, Eisenbabndienst, in der Presse, in der Seelsorge (in Massachusetts allein l 65 Pastorinnen) sowie aiS Aerztin findet sie weitgehende Verwendung. Große Selbstständigkeit besitzt dir amerikanische Frau auch hinsichtlich der Verwaltung ihres Vermögen» und der Erziehung ihrer Kinder. Sie bat alle Rechte und Freiheiten, und nur das Wahlrecht zur Ausübung der bundesstaatlichen Politik bat sic. abgeseben von den Staaten Wyoming und Colorado, noch nicht errungen. In Australien, da» sein Emporblllben in erster Linie den zahlreichen englischen Missionärinnen, Krankenpflegerinnen, Aerrtinnrn,Lehrerinnen u. s. w.. die sich daselbst niederließen, ver dankt, ist den Frauen überall da- Recht eingcräumt, in Communal angelrgendeiten ihre Stimme abzugeben. Zuweilen be schränkt sich da- Recht aus die ledigen Frauenspersonen. In Neu-Seelant haben sie sich seit 1893 auch da» politische Stimm recht errungen. Eine Specialität Australiens sind die Frauen als selbstständige Landwirlbinnen (Farmerinnen) und SchaszücklerinnSn. Sowobl in Neu-Seeland als auch in den meisten anderen australischen Colonien bat eine große Anzahl oon Frauen Eingang in die Ministerien gesunden. In Indien ist man neuerdings ebenfalls bestrebt ge Wesen» die sociale Lage der Frauen zu bessern. Haben sie e« doch durchgesetzt, baß sie sich in der Normalschule von Labore oder in der Alexandraschule in Amritsor zum Uni versitälSexamen vorbereiten dürfen, und erst kürzlich haben zwei Jnrierinnen an der Universität von Calculta ibr medicinische- Staat-examen glänzend bestanden. Die Stadl Amritsor besitzt ein Ho-pital, in dem junge Märchen praktische medicinische Curse durchwachen, sowie Krankenpflege uno Arznei» künde lernen. Srimati Hari Deve beabsichtigt jetzt, auch das Kindrrgartenweien in Indien versuchsweise rinzusübren In England bat sich die Frau die denkbar größten Freiheiten erkämpft. Der „Woman'S prorerty Act' sichert der englischen Ehefrau vollständig die Verfügung über ibr Vermögen, wie auch die Zinsen und wa» sie mit ihrer Hände Arbeit verdient, ihrer freien Verfügung unterstehen. Im Jahre 1869 hat da» englische Parlament nach langem Sträuben een Frauen England» auch da- Muoicipawadl- reckt verlieben, während sic da» politische WiblreLt trotz be hoben Interesse-, welche» sie sür die Politik zeigen, noch nicht erlangen konnten. Zum Universiläk-studium sind sie nur bei wenigen Fakultäten nicht zugelassen, aber die Zabl der weil, lichen Aerzte nimmt von Jahr zu Jadr ganz erbeblich zu. Sie sind zu allen Berufen, mil Ausnahme der Ad vokatur, zugelassen. Die jüngste BrrusSzäblung zeigte die englische Frau in 331 verschiedenen Berufen delchäftizt. In Schottland herrschen ziemlich dieselben Zustände, während in Irland ibnei. jede» Wahlrecht entzogen ist. Auf der zwischen Irland und England gelegenen Insel Man baden dagegen die Frauen auch da» politische Wahlrecht. In Frankreich wird namentlich seit zwei Decennirn energisch sür dir Ausbildung de» weiblichen Geschlechtes ge arbeitet. An den Volksschulen und Lyceen sind sie als Lehrerinnen angestelll und müssen nach dem Gesetz *) Der gegenwärtige Stand der Frauenfrage in allen Enitnr- Paale» Lin» vergleichende Studie Bon Eliza Jchenhaeuler. Leipzig Verlag der Noßberg'iche» Hofbuchhaadlung. vom 30. Oktober 1886 auch in den Schulcommissionen vertreten sein. An der Akademie von Toulouse finden wir sogar einen weiblichen Schulinspeclor. Der Besuch der Universitäten ist den Frauen sreigestellt. Zugleich -luden wir sie im Post-, Telegraphen-, Telephon- und Eisen babndienst. Im Handel sind ungefähr 500 000, in der In dustrie eine Million Frauen tbälig. Da- communale und politische Wahlrecht fehlt ibnen. Auch über ihr Vermögen darf die Frau, wenn sie verehelicht ist, nicht mehr frei verfügen. Gegen die Bestimmungen de- 6oä« üapuleon, da» eheliche Güterrecht betreffend, wirb unablässig von ibnen Front gemacht. In der Schweiz sieben den Frauen alle Berufe große und da» Frauenstudium hat in dem Lande der Berge schöne Erfolge auszuweiscn. Dir Fra» besitzt da» Gemeindewablrecht und ist auch vom politischen Wahlrecht nicht principiell aus geschlossen. In Belgien ist man der Frauenfrage schon frühzeitig näber getreten. Dom 12. bi» l8. Jabrbundert durften die unverbciratbelen Frauen in denjenigen Provinzen, die unter dem Gesetz von Braumont standen, an den Communal- wablcn und den Gemeinocberatbungen tbcilnebmcn. Auch im Fürsrentbum Lüttich, in Flandern und Brabant genossen sie dieselben Rechte. Erst nach der Revolution von 1830 wurden diese Vorrechte beseitigt, und beule können nur die weiblichen Grundbesitzer (Wittwen oder Märchen) noch durch den ältesten Sohn oder Verwandten daS Wahlrecht auSüben. Gegen die staatliche Anstellung von Frauen herrscht eine große Voreingenommenheit. Selbst an die Telephonistin nen werden so hohe Anforderungen in Physik, Arithmetik, Geometrie, Algebra, Erdkunde und Geschichte gestellt, daß nur Wenige sie erfüllen können. Im ganzen Eisenbahn-, Post-, Telegraphen- und Tclepbondienst sind nur 240 Frauen tbätig. Die Universitäten sind ihnen geöffnet, die Ausübung der Medicin und der Pbarmacie ist ihnen sreigegeben» d»e der RcchtSanwaltsckast aber versagt. In Rußland ist e- seit längerer Zeit üblich, den Töchtern eine so gründliche Erziehung zu geben, wie den Söbnen. Sie besuchen die Mäkchcngymnasien, die an Frequenz den Knaben gymnasien nicht nachueben. Im Widerspruch mit dieser Con» cession steht eS, daß die Universität den Frauen verschlossen ist. Haben sie auf den Gymnasien rin Diplom erhalten, so könne« sie zum Uatrrrüht an Gymnasien zugelasse- werden. Die mcei.inische,« und pbarmaceutische« Euv>e in St. Petersburg sind aus Betreiben der Zarin wieder er öffnet, so daß der russischen und der polnischen orau der ärztliche und der Apotdekerberuf offen sieben. Auch eine Tbierarziin wurde neuerdings staatlich angestellt. AlS Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen, Eisenbahn- und Tclegraphrnbeamlinnen finden sie vielfache Verwendung und auch ani Handel und Gewerbe betbeiligen sie sich in namhafter Weise. In der dörflichen Selbstverwaltung haben sie Sitz und Stimme. In Schweben baden die Frauen in Gemeinkeangclegen- heilen da- active Wahlrecht, seit dem 22. März >889 in Cckul- angelegenbeiten und der Armenpflege auch da» passive. In Norwegen baden sie nur in Schulangelegenbeitcn Wahl recht und in Dänemark (Insel Island ausgenommen) sind sie gänzlich von der Gemeintcverwallung ausgeschlossen. Die Zulassung zur Universität haben die Frauen in Schweden, Norwegen und Dänemark erreicht. Weibliche Aerzie uno Apotheker sind an der Tagesordnung. Auch als Eisenbahn-, Post- und Trlegrapbenbeamte finden sie Anstellung. Im schwedischen und im dänischen Parlament fungiren sic al« Steno graphen, in der lutherischen Kirche Schweden» auch al« Küster uno Organisten. Den Zuständen in Schweden sind die sinn- ländischen gleichgeordurt. Jo Spanien sind wenig Fortschritte zu bemerken. Den Mädchen und Frauen de« Bürgerstande« ist da» Studium durch Teeret vom l6. März 1882 untersagt. Auck sind sie von der Leitung einer Zeitung ausgeschlossen, wa» sonst nur noch in Bulgarien verkommt. Zum Verwaltungsdienst in der Trlegrapdie sind nur ledige Frauenspersonen oder Wittwen zugelassen. In gleicher Zurücksetzung befinden sich die Frauen in Portugal. Da» Land, welche» schon im 13. Jabrbundert die Frauen zum Studium zuließ und weibliche Professoren der Juris prudenz, der Medicin, der Naturwissenschaften und der Philosophie besaß, Italien, ist in späterer Zeit zwar engherziger geworden, weist aber noch beule sehr namkasle weibliche Gelehrte aus. Weibliche Aerzte, Lehrerinnen, Tele graphistinnen sinken aller Orten in Italien Beschäsligung. Die Anlbeilnabme an der Gemeindeverwaltung ist ihnen versagt. Naiürlich auck da» politische Wahlrecht. In den Niederlanden nehmen die Universitäten von Amsterdam, Lenden. Utrecht unr Groningen weibliche Slu- venten auf. Auch die ökonomische Emancipation vollzieht sich allmählich, während die politische Emancipation noch in weile Ferne gerückt ist. Gar keinen Play findet die Frauenfrage in Rumänien, weil dort den Fraue.i Alle» gewäbrt ist, wa» sie in anderen Ländern erstreben Sogar zur Advocatur sind sie zugelafsen. Nur da» politische Wahlrecht fehlt ihnen nock. In Oesterreich ist e» der Wiener Frauen-ErwcrbS- verem, der sich große Verkienstr um die Hebung ver socialen Lage der Frauen erworben bat. Er bat Stickschule, Schnribereischule, Maschinenstrickschule, Feinwäfchereischule, Nädsckule, Frifirschule, ei» Atelier sür Musterzeichnen und sür kunstgewerbliche Maltecknik, eine Zeickenschnle, eine höhere Arbeitsschule, eine Handelsschule unr ein Märcken-Lveeum. Der StaatSkruckerei liefert er geschulte weibliche Kräfte und der Wiener Local Telegrapbengesellschast stellt er Tele graphistinnen zur Verfügung. E>n zweiter Verein, der „Wiener Verein sür erweiterte Frauenbiirung*, tritt für dir Mävckengymnasien rin, er will die Zulassung zum Universität» studium durchsetzen. Der Versuch, weibliche Aerzte anzuslellrii, ist im vergangenen Jabre einmal in Bo-men gemacht worden. Al» Lkbrrrinnen. im Posldienst, in der Telegraphie und dem Eisenbahnwesen spielen die Frauen auch in Oesterreich eine bedeutende Rolle Dir Landwirtdschasl betreiben sie virlsach selbstständig. Da» active Wavtrecht können Grunrstücks- drsiyerinnen durch einen Stellvertreter auSüben, In Deutschland sind den Frauen, wir bekannt, nock wenig Concessionen gemacht worben. Ihre Rechte sind gegen über anderen Staaten sebr beschränkte, Am wenigsten selbst ständig sind sie in Sachsen. In Bauern müssen sie si» sogar einem „mäßigen Züchtigung-recht" de» Manne» unterwerfen. Der Entwurf für da« deutsche bürgerliche Gesetzbuch verheißt ihnen in dieser Hinsicht bessere Zeiten. Was in Bezug aus die Erziehung, Bildung und ErwerbSlbäligkeil der Frauen in den letzten Jahren geschehen ist, verkanten sic zumeist fick selbst. E» ist darüber schon so viel geschrieben worden, daß wir an dieser Stelle nicht näber daraus einzngehen brauchen. Da in allen Culturstaaten da» Bestreben sich gellend macht, den Frauen größere Selbstständigkeit zu gewähren, wird auch Deutschland sicherlich nickt zurückblciben, soweit eS sich um gerechtfertigte Ansprüche handelt. Deutsches Reich. ^ Berlin, 2. December. In dem stolzen und kunst- gescbmllcklcn Monumentalbau» der fortan sein Heim bilden wird, tritt der Reichstag am 5. December wieder zusammen. Wer den gewaltige» Prachtbau beschaut, der wird sich frei lich ernster und webmüthiger Betrachtungen nicht erwehren können: Vergleiche zwischen dieser äußeren Verherrlichung de» Parlamentarismus und derverminkerten Bedeutung,dem zurück- gefangenen Werth, Gebalt und Anicken brr Reich-Vertretung dränge» sich unwillkürlich auf. Der Reichstag bat die großen Hoffnungen, die einst an scincWirksamkeit geknüpft worden und in den Zeiten de» patriotischen Aufschwungs auch in Erfüllung ge gangen waren, »n späteren Verlaus mebr und mehr getäuscht. Er ist jetzt keine Stütze Ver nationalen Sacke mehr, sondern eher ei» Hemmniß für die Befestigung und da» Fortsckreitcn der Reichseinrichlungen. Parleisucht. wirlbschastlicher Jnter- esscnstreit, Haß und Leidenschaft baden das vaterländische Gesübl in gar zu weilen Schichten de- V S und seiner Ver- trelnngUherwuchert. Auch dem Verlaufder jetzt wiederbeginnendcn parlamentarischen Arbeite» kann man nur mit ernsten Besorgnissen entgegensehen. Der Reichstag befindet sich einer grünvlich rrorganisirten Regierung gegenüber; in die wichtigsten Aemter sind neue Männer eingetreten. Lauernd und zurückhaltend, zum Tbeil auch mißtrauisch und feindselig, siebt die Mehr heit de- Reichsiags dem „neuesten CurS* gegenüber, dessen Richtung noch zu wenig zu beurtbeilrn ist. Ob über die großen Fragen, welche den Reichstag beschäftigen werden, eine Verständigung gelingt, läßt sich noch nickt erkennen. Wir wollen noch da« Beste hoffen und den ReichSlag in «einer neuen Heimstätte mit dem Wunsch begrüßen, daß er gute Arbeit zum Wohl des Vaterlandes leiste. A Berti«. 2. December. Der BundeSratb beschäftigt sich gegenwärtig mit einer Vorlage, welche aus eine Abänderung der Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Walz- und Hammerwerken vom 29. April 1892, bin zielt. Al» bald nach dem Erlaß dieser Bekanntmachung von den verschiedensten Walz- und Hammerwerken Klagen darüber ertönten, baß e« bei Ausrechtbaltung der betreffenden Bestimmungen unmöglich sein würde, überhaupt nock jugendliche Arbeiter zu beschäftigen, würben seitens de« preußischen Handelsministerium- über die Berech ligung dieser Klagen Erhebungen angestellt. Dieselben ergaben, baß man tbatsäcklich mil den Vorschriften über die Beschäftigung der jugendlichen Arbeiter zu weit gegangen war. Namentlich wurden die Anordnungen, daß die Pausen nach einer bestimmt wiederkcbrendcn Zeit gewährt werken müssen und daß über die Gewährung der Pausen eine Liste zu führen ist, al» irblerbasl anerkannt. E- liegt darin sowobl eine ernste Gefährdung kr» BelrirbeS. al» auch eine Ueber- lastung derjenigen Vorarbeiter, welche mit der Controlr der jugendlichen Arbeiter betraui sind. Man dürfte in der An nahme nick« seblgeben, daß diese Ergebnisse der damaligen Erhebungen in der dem Bundesratbr nunmehr unterbreiteten Abänderung-Vorlage enthalten sind. * Berlin. 2. December. Der Aba Bebel schließt im Vorwärts* seine Polemik gegen Vollmar mit einem langen Artikel, der gleich seinen Vorgängern an da» Wort erinnert: „Getretener Ouark wird breit, nicht stark*. Bebet wendet fick darin gegen den Vorwurf, daß die von ihm ver iretene Richtung schablonisire, reglementire, uniformire Davon könne dock keine Rede sein, wenn man in der wichtigsten Principirnsragr, der Budgelabstimmung in den Einzelstaaten, den Parteitag als höchste Instanz anruse Wie wenig die Parteileitung von dem preußischen Corporal geist beseelt sei, beweise bock auch, daß sic vor 2 Jahren da- Angebot der Münchener Genossen, da» dortige Parteiblatt zu übernehmen, abgelebnt bade. Bebel untersucht daun die Gründe de» süddeutschen ParticulariSmuS, der bei den Ge nossen stärker vertreten sei, als bei brr Bourgeoisie, und südrt au-, wie notdwendig die entschiedene Abwehr aller au eine Versumpfung der Partei gebenden Bestrebungen se, Auch dir Parteiliteratur sei verflacht. Nack dem Falle de» SocialistrngesetzeS erhoffte man einen Zuwachs tüchtiger, intelligenter Kräfte; er sei auSgeblieden. Es sei Kode Zeit, daß da» alle« ander» werde. Er habe in seinen AuS südrungrn Vollmar angegriffen, weil er in ikm ea« Haupt der von ihm als verbängnißvoll gehaltenen Strömung sebr Der sachlichen AuScinankersesung sei aber Vollmar a»S gewichen; er bade niit elenden Verdächtigungen geantwortet Er sei vorläufig sertig, aber zu weiteren, Kamvst bereit Unklug unv unstaar-männisch sr< eS. vaß Vollmar den An trag, Bebel nach München einzuladen, persönlich bekämpft bade. Eine» Vertrauensvotums, wie eS sich Vollmar in der Münchener MontagSversammlung bestellt bade, bedürfe er nicht. — Der Prinz von Wale» wird mit seinem Solmr, dem Herzoge von jftork. am Dienstag früh hier erwartet und aus der Rückfahrt von Petersburg nach London in Berlin einen Tag Ausenthalt nehmen unv in dem Palais der Kaiserin Friedrich absteigrn. — Die „Berl. N. N.* bestreiten, daß Fürst BiSmarck (der dazu im ersten Schmerze auch schwerlich Sammlung gefunden bat) da» Hinsckeiren seiner Gemahlin den kaiser ticken Majestäten angezeigt habe. „Der Kaiser bat die Trauernackrickt auf rem postalischen Dienstwege erfabren indem da» Varzinrr Postamt bereit» am Dienstag Morgr der Obrrpostdirection in Kö-lin bie Meldung machte, da) infolge de» Ableben- der Fürstin rin starker Depeschrnanbrang zu erwarten unk ArbettSbsssr erforderlich sei. Der Obervost birector meldete die» dem Ttaarssrcrrtair, und durch Herrn l>r. v. Stepban dürfte die Meldung weiter an Se. Majestät gelangt sein. DaS Beileidstelegramm de» Staat-secrerairS des Reichspostamt« war da» erste, welche» Fürst BiSmarck empfing, was er auch in seinem Dank an Herrn l)r. v. Stephan dervorgeboben hat. Kurz darauf folgte da» Telegramm Sr. Majestät de« Kaisers." — Nack einer Wiener Mittheilung de» „Berl. T.* aus Wien wirk dort von amtlicher Seite die Meldung des Berl. L-A.*, daß Kaiser Franz Joseph durch ein telephonische» Gespräch mit Kaiser Wilhelm gestern den Fernsprechverkehr auf der Linie Wien-Berlin eröffnet habe, dementirt. — Die vereinigten Ausschüsse de» BundeSratbS sür Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten ll.'Sschitffe für Zoll- und Steuerwesen, sür Handel und Ver kehr unk für Justizwescn, sowie die vereinigten A»-schüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Venkehr hielten gestern Sitzungen. — Im KriegSininistcrium ist die Novelle zum Militair- ensionSgcscy auSzearbeitet. Sie entspricht dem in der letzten RcichStagssesfio» angenommenen Antrag von Schöning, wonach denjenigen Officielcn, Sanität».Osficiergn, Beamten unk Mannschaften des Heere» und der Marine, die in Folge einer im Kriege 1870 7 l erlittene» Verwundung oder sonstigen Ticnslbeschärigiiiig verhindert waren, an der weiteren Unter nehmung de» Feldzüge« lkeilzunebnien und dadurch der An rechnung eines zweiten Kriegsjahre» bei der Pcnsiouirung verlustig gegangen sind, der PensiviiSauSsall erstattet werden ollle. Die Novelle soll im Lause der bevorstehenden ReickS- agSsession vorgelegl werden und danu den Bietreffendcn im )ause de« Sommers »895 der Betrag auSgc^Uill werden. — Der LiMuSmniister l)r. Bosse ist nach verbürg abqereist. — Der preußische Gesandte in Hamburg, Gedein«r Legationsralb von Kiderten-Wachler. ist aut seinen Bosten zurückgeleyrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übesnoinmea. — Der sächsische Geiandt», Gras oon Hodenthal und Bergen, ist von kurzem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hart die Geschäfte der G«>aud»schost wieder übernommen. — Ter LegationS - Nath vr. Gras von Kleisl-Tvchow hat eine Stellung at« Kaiserlicher Minister-Resident sür Venezuela auigegeben, um sich Ver Bewirtdiltiaiiung ieiner Hüter in Pommern zu widmen. Lr war b,S zum Jahre >892 LegationS-Lecretair bei der preußischen Gesandrichasl in Stuttgart. r>o>n dort wurde er als Nachfolger de» jetzigen Gesandten in Gnalcr»a!a, Legaiioneroth- Peyer, zum Minister-Reiidenlen in Caracas ersiannl. In demieiben Jabre noch starb sein Bater und ihm sielen d»r Grasentitel wie die Famiiiengüter zu. 1>r. Gras von ttieist befinchel sich iwon seil dem Früdjadr i» TeulschianV. Da in der »äa,sie« Jett noch ein zweiter Miniiter - Resioenl seinen Abschied zu nehmen gedenkt, so werden binnen Kurzem von den gegenwärtig vorhandenen sieben Minisler- Stesidenluren zwei neu zu besetzen sein. — Wie die „Post* hört, ist der Entwurf des Tabak- seuergeseyeS nunmehr festgesetzt; er- gebt dem Bundes- ratbe in diesen Tagen zu. Wie verlaut»!, ist sür Cigarren unk Cigaretten eine Steuer von 25, sür Kau- und Schnupftabak eine solche von to »nv sür Rauchtabak von 50 Procent in Aussicht genonnien. Tie Steuer soll erhoben werden, sowie bie in bcstsiumtcn Räumen her aeitclllen Waare» diese verlassen; zur Zablung der Steuer soll jeder Fabrikant verpflichtet fein. (In der vorjährigen Vorlage würben bekanntlich verlangt: von Cigarren und Cigaretten 33>/, P,oc., von Kau- und Schnupftabak 50 Proc. und von Rauchtabak 68»,, Proc. te» FatrturawertbcS. D. Red ) — In den Kreisen d^r Landtag«! adgeorbnelen wird vielsach der Wunsch laut, der Begrün der Session mbckle etwas frühzeitiger erfolgen, alö eS bisher Brauch war. DaS Osterfest sälll im nächiien Jahr auf den 14. April. C« könnle leicht wieder der Fall einlrciten, daß der Etat nicht rechtzeitig fertig wird. Andererseits wäre eS freilich auck wünlchenSwcrth, den ReichSlag noch einige Zeit ungestört allein arbeiten zu lassen. — Di» Ucbersichten über di« Geschitststhätigkeit de? Hause» der Abgeordneten in der »rite» Session der 18 Legis laturperiode, mit gewohmer Gründlichkeit von dem Bureondireclor, Geb. RegierungS-Äath Kteinichmidt, vewaßt, sind soeben erschienen Sic enthalten in der üblichen Weis» die Rednerliste, die Uebersichl über den StaalshausdaitS-Eiat und die, Haupiübersicht. — Dem Vernehmen nach ist über die bei den Verhand lungen des Reichstage» erörterten Schwierigkeiten der Ans- tebnuug de- Dienst alter S-Ltuse» syst eins auf die Be aiule» der Post- und Telcgraphen-tVerwattung nunmehr eine Verständigung erzielt, so daß demnächst auch der gesammie Beamteukörpcr der Post- und TeEgraphenverwaltung in das Dieustaltkr->Ltufenshstcm cindezog», werden soll. * Haa»«»er, 30. November. Etwa 2o Mitglieder des Bundes der Lankwirlhr haben bwr eine Hannoversche Ortsgruppe gegründet, der a»«t> Militair«, z. B. General Lieutenant z. D. v. Lödell, Rcchttüanwälte und Kausleute bei getreten sind. Ja den Berbaaditunge» wurden die Handels vertrage scharf angegriffen und der Antrag Kanitz besüi wortet. Jede Unterstützung emmtner Z veige der Landwirt!' sckast, z. B. der Zuckerrübeninvmtrie, hieß e», führe nur zu einer Ucberproduciion aus dem lsetreffeuven Gebiete, während beim Körnrrbau eine Ucbrrprc»uctiou in absehbarer Zeit nick« zu besürckten sei * Einbeck, 30 November. Der Lanbratb bat die Gemeinde Vorstände unk Gendarmen re» Kreise« angewiesen, gegen das Spinnstuben-Unwrsrn slr«nq vorzuzeben, Uebcrtrelungen nicht zu dulden und solche z« Anzeige zu bringen. Gegen Gemeinden, welche diese Zusaniwenkünste unbeaufsichtigt lassen, in denen Trinkgelage und Tayz statisinven, uno dir dadurch Zuchtlosigkeit und LittenverwAdrrung befördern, will er mit aller Strenge einsckreiten. " B«chum, 30. November. Bei dem Bischof Hubertus von Paderborn ist eine Anordnung katholischer Bergleute polnischer Rationalität gewesen und bat, wie bie „Rbeinisch- Wests Zig" börl, bie Zusage erhallen, baß demnächst im Jnduslrithezirke mehrere polnischrcbende katholische Geistliche angestelll werde». * Weimar, l. December. Der Großbcriog und die Großberzogin erlassen in der „Weimar, stst" folgende Danksagung: „In unserem tiese» Schmerz über daS vorzeitig» Ableben Unsere- heißgeliebten TobneS, de» LrbgroßderzogS Carl August, ha Un« wie allen Mitgliedern Unsere» Hau'»- di» innig« Thrilnab«^
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