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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.12.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941212019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894121201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894121201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-12
- Tag1894-12-12
- Monat1894-12
- Jahr1894
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BezugS-PrelS W tee Haupterpeditio» oder de» im Stadt» tqkt »»d den Vorort«» errichteien A,S» .abestellen abgeholt: vtrrteljLdrlich^It.biL zweimaliger täglicher 8»ft»ll»»g tn» H«» 5chL Durch dt« Post bezogra für te»rfchla»d o»d Oesterreich: vterrelitdrlich -4 «.—. Direct» tägliche Kreuzbandiendellg tu» A»«la»d: «»»alltch ^t 7 50. Morgen-Ausgabe. Die Morgeu-AaSgab« «rfchetut tägNch'/,? Uhh di« Lbeud-Lulgabe Wochentag» 5 Uhr. Le>«rtt«m «a» LrpeLitüm: L»tza»,e«,«ffr 8. Di« Expedition ist Wochentag» »nnnterbroche» g.Sffaer »»» früh S dt» «den»» 7 Uhr. Filialen: Ott» Ae»»'« Eorttm. («lfre» Ha-ol, Universitit»skrade 1« Laut» Lösche. kitdartaenftr. 14, part. »nd Löniglvlatz 1. cip narrTagtblall Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Vnzeige«.PreiS die 8 gespaltene Petttzeile SO Pfg. Reklamen nntrr dem Redactioirsstrich säg«» ivaUe») 50-ck, vor den Fannlirnnochrichle» lSgespalten) 40-ch. Größer» Schriften laut unserem Preis» verzetchuitz. Tabellarischer und Ziffer iisatz »ach höherem Tarif. Extra»Veila««« (gefalzt), »ur mit der Morgen->»«gabe. vdu« Poftbeforderun, öl).—, mit PoftbefSrderung ^l 70.—. Aantchmelchlui str Anzrigen: «de»d.«»»gade: vormittag» 10 llhr. Dlorge»»>u»gad«: RachmUMg« »Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,» Uhr. Bei de» Filiale» und Annahmestelle» je ein« halb« Stunde früher. s» uz eigen sind stet» an dir Expedition zu richte». Druck und Verlag vo» E. Polz tu Leipzig ^-«33. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. Wegen baulicher Herstellungen bleiben die Räume unserer WasserwerkSvrrwaltung in der altrn ThomaSschule Montag, den 17.» und Dienstag, den 18. P. MtS.» sür den Verkehr mit dem Publicum geschlossen. Leipzig, den 7. December 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. Ie. 8870. Or. Geor gi. Cichoriu». Bekanntmachung. Wir haben die von der Canalbrücke bis zur Kreuzung mit der Iahnstrab« verlausende Fahrbahnstrecke der Nonnenstraß« in Leipzig« Plagwttz. sowie Fahrbahn und Fußwege der über den Caaal führen den Nonnenstraßenbrück« in städtische Unterhaltung übernommen. Leipzig, den 6. December 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. Ie. 5819. l)r. Georgi. BlS. Mittwoch den 12. December 1894. 88. Jahrgang. Nutzhotzauction. Donnerstag, den IS. Decemder d. IS., sollen von vor mittag» v', Uhr an im Vnrganer Aorftrevirre aus dem Miltelwaldichlage in Abth. 6a: 8l Eichen»Nutzktvtze von 25—1I9ew Mittenstärk»u.2— 8mLänge «9 Vnchen- 8 Avorn- » Lü Eichen- 38 «üstrr»- 17 Matzholder-. 5 Linden- > 48 «llrrn- 22 Stück Schirrhölzer unter den km Termine aushangcnden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werdcn. Zusammenkunft: ans dem Mittrlwaldschlage in der Rähe »on Vöhlttz-Ehrrnberg, am srüheren alte» Aorsthanse. Leipzig, am 4. December 1894. Le» Raths Forstdeputatton. - 19— 43 « » . 2— 9 « - 24— 41 . . 6—12 - M 24— 49 « - « 2—13 . - 18— 63 « » » 3—10 » - - 17— 60 . . 3-10 - - » 19— 50 « » 4—10 » 15— 34 « - » 5—12 » -u. Viebstatils-Leklinntmachung. Bestohlen wurde laut kirr erstatteter Anzeige: 1) eine silberne Remontotruhr mit Secund« und geriefter Rückseite, Rtckrllrtte mir gelben Steinen und einer Münz« mit Abbildung Kaiser Friedrich's, am ü. diese» Monat»; 2) eine silberne Vhlindrrnhr mit Secundr und ringravirtem Pserdekops, am 5. dieses Monat»; 3) 21 «roh Ltahlsrdern (Alsredseder 2160 k) vom 22. bi» 25. vor. Monats; 4) rin Mantel mit Pelerine von dunkelgrauem Diagonal, mit einer Reihe schwarzer Steinnußknöpfe, blauem, schwarz« und weitz- carrirtem Schooß- und dunkelgrauem Krogensutter, Kettchenhenkel und unter dem »ragen mir der Bezeichnung: „Weißflog L Leistner, Bernburg, Wintergartens«!. II" re., vom 9 bi» 10. diese« Monat«: 5) ein Wintrrüberziehrr von braunem glatten Stofs, mit braunem Sammetkragen. braunem Futter und übersponnenen Knöpfen, vom 29. dis 30. vor. Monats; 6) rin Havelock vo» dunkelbraunrm Cheviot, mit Pelerine, brannseidenem Autler, 2 Reihen schwarzer Knöpf» und Kettchen Henkel, am 27. vor. Monats; 7) ein llrbcrzikhcr von hellbraunem gestreiften Stoff, mit braunem Futter, braunen Hornknopsen mit verdeckter Batterie und Stofiherkel mit der Firma: „Ludwig Götze, Markt 6", am 5. dieses Monats; 8) rin Fraurn-Paletot von schwarzem Plüsch, mit weiten Aermeln, wahrend der letzten 3 Wochen; 9) ein «übel mit Fett, 29 üg schwer, siguirt: ..6 L Oll 7697", am 20. vor. MonatS; Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstand« oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Triminal.Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, den 10. Decemder 1894. Das Polizciamt der Stadt Lripzi>. Bretichneider. Ml. ZUM Streik in pullman. Mit Spannung erwartete man das Erscheinen des Schluß berichte» der vom Präsidenten Eieveland eingesetzten Streik Eominission, die über die Ursachen und den Verlauf der großen ArdeilSeinslellung in Chicago eine vier Monate währende Untersuchung geführt hat. Die am 14. November in Washington ausgegebene Publikation liegt nun auch hier vor. Sie ist geeignet, auf beiden Seiten des OceanS Auf sehen hervorzurusen, denn sie bringt eine durchgreifende Correctur der Zeitgeschichte, wie sie hüben und drüben über jene gewaltige sociale Erschütterung geschrieben wurde Wer auf ein umfangreiches Generalstabswerk über den ameri kanischen Arbeiterkrieg des letzten SommerS gerechnet hat, wird von diesem Berichte einigermaßen enttäuscht sein. Er umfaßt nur 53 Oclavseiten, bietet aber dennoch ein anschau liches Bild der kritisch beleuchteten Personen und Zustände, die vor und während der Arbeitseinstellung in der Fabrik». stabt Pullman und bei 24 großen in Chicago mündenden Eisenbahnlinien entscheidend gewesen sind. UebrrdieS enthält er durchaus eigenartige und bemcrkenSwertbe Schlußfolge rungen in Form von Vorschlägen zur Streikverhütung Einem Aussatze, den Prof. Singer in der Wiener Wochen schrift „Die Zeit" über diesen Bericht veröffentlicht, ent nehmen wir Folgende«: Nach den Angaben der Eisenbahngcsellschaften beläuft sich der durch Eigenlhumszerstörung und besondere Auslagen ver ursachte Schaden aus mindestens 685 398 Dollar-, wogegen der entgangene Gewinn, die entfallenen Einnahmen au 4 672 916 Doll, geschätzt werden. 3lv0 Pullnian-Arbeiter baden einen Verdienstentgang von 350 000 Doll. und l 00 000 Eisenbabnarbeiter einen solchen von etwa l,4 Mill. Doll erlitten. Biele dieser Arbeiter sind beute noch unbeschäftigt Diese Verluste wurden jedoch bei Weitem von denjenigen übrrtroffen, die der ganzen VolkSwirtbschaft durch die Sistirung de» Eisenbahnverkebre» im wichtigsten Handels- und Ver- kehr-ceatrun. de« Landes zugesügt wurde >2 Tödtungen und schwere Berwundungen, 5,75 Polizeiarretirungen und 190 gerichtlich verfügte Verbaslungen, von denen 7l zur An klage vor der Jury sübrten, illuslriren die criminelle Seite de« Streik«, der im Städtchen Pullman seinen AuSgangS puact hatte. Im AoSstellungSjabre hat wobl die Mehrzahl der Gäste a»S Europa diese dem WrllauSstellungSpark« benachbarte „Musterstabt sür Arbeiter" besucht und darüber, wenn nickt an die Zeitung seiner Heimalb, so dock an seine Angehörigen enthusiastisch berichtet. Allerdings erscheinen die HäuSckrn mil Gärten, die Straßen und Plätze, die Bäder und Biblio theken dieser Arbeitercvlonie in einein gar glanzenden Lichte, dessen tiefe Schallen ausfindig und allgemein bekannt zu macken der Streikcommission Vorbehalten blieb. Tie Wohl- lbäligkeit wird in Pullman nur gegen übermäßig Hobe Baar- ablung geübt, nur um den Preis der Fesselung an dir Sckolle, der Knebelung und völligen Entwaffnung im Lohn- kämpfe. Die Mietbe der bübscke» HänScken ist um 20—25 Procent böber als in Ebicago, da die Gesellschaft daraus be lebt, daß fick das in den Baulichkeiten inveslirle Capital mit 6 Procent, just doppelt so doch verzinse, wie Häuser der besten Lagen in Chicago, und an den BibliotdekS- und Bädergebühren muß auch noch reichlich verdient werden. Freilich sagt die Gesellschaft, daß keiner ibrer Arbeiter in Pullman wobnen müsse, aber „die Furcht vor Entlassung zwingt die Arbeiter, dort so lange wobnen zu bleiben, st auch nur eine einzige Wohnung leerstebt. weil von der Ge- ellschaft bei sinkender Eonjunclur den Mielbcrn von Arbeiler- »äusern der Vorzug eingeräumt wird." Die bittere Pille der »lötzlichen, vorder nicht einmal angekündigten Lobnbcrabsetzung im September 1893 wird den Arbeitern ncch ganz besonder» verleidet durch Cdicanen der Werksübrer und Ausseber Endlich beschweren sie sich im Mai d. I. und fordern dir früheren )öhne, gestützt aus die Aussichten der kommenden GcschäftS- bilanz, die eine weitere Steigerung der Dividende um 360 000 Dollar» gegen da» glanzende Vorjahr verspricht. Dock „aus der einen Seite siebt eine überaus reiche, aber unnachgiebige Gesellschaft, und auf der anderen eine große Zahl von Arbeitern, die zwar vortrefflich an Charakter und Tüchtigkeit, aber arm sind. Und da die in Pullman geschaffenen Arbeitsbedingungen die GeschäftSleitung jederzeit in den Stand setzen, Löhne und Mielbzinse in absoluter Weste zu dictirrn und jede Arl von Unabhängigkeit zu unterdrücken, welche eineOrgani- salionSbilduiig, Einigung»-, Schiedsgerichts- und Streikbestrr- bungen ermöglicht",verharrtdie Gesellschaft bei ihrerWeizrruug, die früheren Löhne zu bewilligen oder mit den Mietlizinsen herunterzugeben, so daß die Arbeiter am tl. Mai notb- gedrungen den Streik erklärten. „Es ist erwiesen und unwidersprochen", sagt der Bericht auf S. 35, „daß keinerlei Gewalttdätigkeit oder Eigenthumsverletzung seiten» der Aus ständigen oder der mit ibnen Sympatbisirendeu in Pullman statigefunden hat." Da» CommissioaSgutachtcn gewährt den Beschotterten mit folgenden Worten die verdiente Genug- thuung: „Ein derart würdiges, mannhafte» und konservatives Verhallen inmitten der Aufregung und bedrodt vom Hunger macht der Zuzählung zum vernebmstrn Typus amerikanischen StaalSdürgerthumS würdig und muß bei gleich klugem Vor gehen nach allen übrigen Richtungen sehr bald zu einer gesetzlichen Abstellung alle» die Arbeit bedrückenden Unrechts führen. Die» zu verneinen, hieße den Patriotismus ab schwören und den moralischen Bankerott diese» Staate» und diese» Volkes erklären." Daß ein derartige- Verhalten der Pullman-Arleiter nicht nur den Beifall de« größten TheileS der Bürgerschaft, sondern auch die werkthätige Sympatbie der Union 'der Eisenbabn- arbeiter gewann, ist jetzt erklärlich. Die Bürgermeister von Chicago und Detroit suchten in Pullman zu vermitteln; sie wurden gar nicht angehört. In der Zeit vom 9. bi» 26. Juni fanden die Verhandlungen der Union der amerika nischen Eisenbahnarbeiter statt, die sich schließlich, da keinerlei Intervention fruchtete, mit den Pullman Arbeitern solidarisch erklärte und eine Boycottirung der Pullma»- wagen auf sämmtlichen Eisenbahnlinien in- Auge faßte. Damit wurde die Entscheidung über Krieg und Frieden in die Hände der Bereinigung der Eisrnbabndirectoren gelegt, die e» nur rin Wort gekostet hätte, um, wie von den Arbeitern gefordert wurde, Pullman — nickt etwa zur Be willigung höberer Lobiffätze. sondern nur zur Unterwerfung unter ein Schiedsgericht zu bestimmen. In einem ausführlich motioirten Schreiben, da» aus die allgemeine Notblage und die mit ihr verbundenen Gefabren einer großen Arbeits einstellung verweist, legte der Eisenbahnarbeiterverband den Direcloren ein solche« Vorgehen an» Herz, doch .lohn M. Egan, Vertreter de« DirectorenvrrbandeS, weigerte sich, dieses „im höflichsten Tone verfaßte und nur auf die friedliche Beilegung eines großen und verhängmßvollen Streiks abzielende Schreiben" selbst au» den Händen de« abermals eine Ver Mittelung anstrcbenden Bürgermeisters von Chicago ent gcgenzunehmen, den er bei diesem Anlasse mit den Worten änließ, er solle sich doch nicht von diesen Arbeitern als Lauf bursche gebrauchen lassen. TaS wohl nicht erst noch aus führlicher zu begründende Urtbeil der Streikcommission über diese Haltung lautet wie folgt: „Die Politik beider, der Pullman - Gesellschaft und des Eisenbabndirectoren - Verbandes, verschloß allen Einigung-- vnv Ausgleichsversuchen die Thür. Die Commission ist au Grund des BeweiSvcrfahren» und in Erwägung aller be gleitenden Umstände von der Ucberzeugung durchdrungen, daß «ine ankere Politik den Verlust an Menschenleben und die großen materiellen Einbußen dcS Streiks verbütel baden würde." Vom Verbände der Eisenbahn - Gesellschaften beißt e« später noch ausdrücklich, daß seine beharrlichen und arg listigen Pläne daraus gerichtet seien, aus Umwegen Rechte sich anzueignen, die in den Eisenbadnconcessionen nicht er- tlieilt und vom Volke oder dessen gesetzgebender Gewalt auch nicht zu erlangen sind. Eine stillschweia>.nde oder gar gesetz liche Gutheißung dieser Cartellirung muffe auf eine Conccn- lralion von Macht und Capital hinauSlaufen, die ebenso dem ganzen Volke und dessen Freibeiten, wie den Arbeitern und deren Rechten gefäbrlich würde, und dies führe mil Noihwendigkeil zur Verstaatlichung der Eisenbahnen, al« der einzigen Rettung vor der Uebermachl der cartellirtcn Bahnen. Wie weit r« der Verband der Eisrnbahnverwaltung in der Beherrschung de« ArbeitSmarkleS schon gebracht hat, geht au» den folgenden Sätzen de« Berichte» drrvor: „Dir reißend schnelle, von der Gesetzgebung nur beschleunigte Accumulation von Reicktdum und Macht in den Händen einzelner Personen und Corporationen hat die geschäftliche und industrielle Lage vollständig umgewandelt. Unsere Eisenbabaen wurden con- cessionirt unter der Voraussetzung, daß ihre Eoncurrenz so wohl da» Publicum hinsichllich ver Tarife al« auch dir Ar beiter hinsichtlich der Löhne und anderer Bedingungen schützen werde. Die Cartellirung bat diese Theorie aus den Kops gestellt und da« natürliche Walten de» Gesetze» von Angebot und Nachfrage ernstlich gestört. Während die Eoncurrenz der EisenbabngeseUschastcn vom Arbeit-Markte allmählich ver- chwiiibet, macht sie sich bei den Arbeitsuchenden mit wachsender Strenge geltend. Da giebt'S z. B. unter den 24 Eisenbahnen in Cbicago gar keine Eoncurrenz mehr bei Anwerbung von Weichen- tcllern. Sie sind nicht mebr 24 miteinander concurrirrnde Arbeitgeber, sondern in der Tbat nur ein einziger. Bei dieser ortschreilenken, durch daS Capital bewirkten Berkebruna der Gesetze von Angebot und Nachfrage kann Niemand da» Recht noch die Klugbeit der Arbeiter in Zweifel ziehen, dir sich ver einigen, um fick vor den verderblichen Folgen zu großen Arbeits angebote» zu schützen." Dir schroffe Weigerung der Eisenbahn-Gesellschaften, zu Gunsten eineSSchiedSoersabrenSinPullmanzuintervtniren.setzkt die Boncottirung der Pullmanwagen, d. i. die völlige Läbmung de» Eisenbabnverkebres, in» Werk. An den hierauf folgenden Gewalttbatrn betbriligien sich nickt so sebr die Streikenden, al» vielmehr da» seil Schluß der Ausstellung gänzlich be schäftigungslose und in Folge der seitherigen argen GeschäjtS- stockiing immer zahlreicher gewordene Lumpen-Proletariat. Organisirte Arbeiter von der Art der Streikenden fürchten AiiSsländc und die damit verbundenen Ausschreitungen weit mehr, al» nicht organisirte, ebenso wie civilisirte Volker vor Kriegen eher zurückschrccken, als uncivilistrte, und so con- statirl auch der EommisstonSberickt die einmütbiflk, selbst von Arbeiterführern ausgesprochene Bernrtheilung der Streiks, BoycottS und Aussperrungen. Sie seien eine unseres Zeitalter» unwürdige Barbcrei, welche Arbeit und Capital in gleicher Weise schädige, die Neckt-stckerheit grsäbrte und alle bösen Instinkte aus beiden Seiten ent fessele. Fort mit dieser Barbarei und an dir Stelle wechsel seitiger steter Bedrobung solle rin geregelte« EinigungS- und Schiedsgerichtsverfahren treten. Die Summe au- den eingestellten Beobachtungen ist in den Vorschlägen gezogen, welche dir Streikcommission dem Präsidenten der Vereinigten Staaten erstattet, än erster Linie wird in Eiscnbadnangelegenbeiten die Errichtung einer ständigen Streik-Commission empfohlen» die äbolich wie der bundesstaatliche Eisendaharatd (Interstate Eommerce Com mission) in Tariffraaen, mit weitgehenden Vollmachten in der Untersuchung und Beurtbrilung von Lobnfraaeu auSgrstattet werten soll. Zweiten« empfiehlt die Commission den Einzel- ftaaicn sür alle Slreikangelegenbriten die Nachahmung de« im Staate Massachusetts bewährten Einigung» und Schieds gerichtsverfahren» und die Anuullirung von ArbeilSverlrägea, in denen den Arbeitern der Beitritt zu Gewerkschaften unter sagt ist. Schließlich wird den Arbeitgebern nadrgelegt, die Arbeiterorganisationen anzuerkennen, mil ihnen in stete Fühlung zu treten, bei aussteigender Eonjunctur die Löhne freiwillig zu erböhrn und Lohnreduclivnen nie ohne Angabe der Grunde zu verfügen. Die viclbeklagte sociale Schädlichkeit der großen amerika nischen Eisenbahnen ist wobl noch niemals so deutlich auS- einandergesetzt worden wie in diesem amtlichen Berichte, der, frei von jeder Parteilichkeit, die Dinge zeigt, wie sie sind. Deutsches Reich. H Vrrlin, 11. December. Nack radikaler Anschauung sinnen bekanntlich dir Parteien der Rechten und insbesondere die Nationallibrralrn nnautaesetzt Tag und Nacht darüber nach, da» RrichSwadlgesetz gründlich adzuändern, und tragen fick in dieser Hinsicht mit den arglistigsten An schlägen. Da» Verzeichniß der ringegangenen Initiativ anträge entbält nun allerdings eine ganze Anzahl von Anträgen zur Abänderung de» Wahlrecht«, welche größtentbeil« auch eine Verfassungsänderung in sich schließen, sie kommen aber merkwürdiger Weise sämmtlick nicht von denjenigen, denen fortwährend der Vvrwurs gemacht wird, am Wahlrecht und der Verfassung zu rütteln, sondern von den Radicqlen, die sich besonder- zu Hütern dieses Wahlrechts berufen glauben. Es geht daraus hervor, daß die, welche da» Wahlrecht noch mebr verpöbeln wollen, edle VolkSsreunde sind, die aber, welche gelinde Zweifel hegen, ob unser Wahlrecht nicht so schon zur reinen Ochlokratie sübren müsse, staatSslrcicklüsterne Verräiher der VolkSsreiheilen Da sind zunächst Anträge, welche die reichSvcrsassungSmäßigr Einführung einer au- Wahlen der Bevölkerung hervoraeaangenen Vertretung in jedem B undeSstaat zur Zustimmung zu jedem LandeSgesetz und zur Feststellung de- SlaaiShauSdallS bezwecken. Während sich die Freisinnige Vereinigung mit dieser allgemeinen Forderung begnügt, fügt die Freisinnige Volkspartri da» Verlangen hinzu, daß diese Vertretung au» allgemeinen, gleichen und direclen Wahlen mit geheimer Abstimmung hervorgeden muß (wo bleiben dann aber die Communalwahlen? Da bekommt da» fortschrittliche Princip auf einmal ein Loch). Die Social drmotraten erbeben gar die ungeheuerliche Forderung, die Wahl grenze aus zwanzig Jahre brrabzusetzen und keinen Unterschied de« Geschlecht» zu macken. Die reichSver fassung-mäßige Einsührnng einer Volksvertretung ist in früheren Sessionen auch von nanonalliberalrr Teile unterstützt worden, aber jedesmal an dem Widerspruch de- BunteSratbS ge scheitert. Tie Angelegenheit beziebt sich bekanntlich nur au Mecklenburg. ES ist auch jetzt keinerlei Aussicht, mit dieser Forderung durchzudringen. Dir noch weitergehcnden An sprüche der Volk-parteien und Sociatdemokraien kann man überhaupt nickt ernst nehmen. Ein Antrag der Volk-Parteien bewegt sich innerhalb de« RabmenS der Reich-rersassung und verlangt Vorlegung de« im ReicdSwablgesetz vorgesehenen Gesetze« über die Abgrenrung der Wab lkreisr mit Berück- siwtiguna der seit 1867 veränderten BrvölkerungSvrrhält- nisse. Auch dies» Forderung ist nicht neu, aber sie wäre nur dann gerechtfertigt, wenn man von einer lediglich meckanischenAuf- sassung der Beschaffenheit und deSEHarakterS derrinzelnrn Wahl kreise abginge, jede individuelle Verschiedenheit derselben be achtete. und nicht allein die rode Volkszabt al« au»schlaggebend gelten ließe. Ländliche und kleinstädtische Wahlkreise baden für den Staat und die Gesellschaft eine besondere Wichtigkeit und verdienen nicht, von der krankhaft angrschwollenrn Uebervölke- rung in den großen Industriestädten erdrück« zu werden. Breite, für eine gesunde staatliche, wirthschastlichr und sociale Ord nung höchst wertbvvlle Volk«sckichten dürfen eine angemessene Vertretung beanspruchen, auch wenn sie an Kopfzahl von den dumpfen aäbreriten VolkSmaffen der Großstädte Ubertroffen werden. Eine sebr bedeutende Zunabme der Socialdemokraten im Reichstag wäre die unausbleibliche Folge einer ausschließ licken Betonung der Kopszakl. Eine wirkliche Gleichförmigkeit wäre bock nickt berzustellen, man kann doch nicht den kleinsten Bundesstaaten da» Recht entzieben, einen eigenen Vertreter in den Reichstag zu senden, auch wenn sie hinter der normale» BevölkerungSzabl weit Zurückbleiben. Ein Antrag der Frei innigen Vereinigung, der schon wiederholt den Reichstag beschäftigt bat, liegt auch jetzt wieder vor: Abänderung des Wahlgesetze» zum Zweck besserer Sicherung de» Wabl- icbeimnisseS, insbesondere Einführung amtlich gestempelter Imschläge sür die Wablzettet. Der Antrag hat weniger zrunbsätzliche als praktische Bedenken gegen sich, wurde aber in der vorigen Session durch die Parteien der äußersten sinken, da- Centrum und einen Tdeil der Nationaltibcralen in zweiter Lesung angenommen. E» wird wohl mil der Zeit darüber zu einer Verständigung kommen. 1t Vrrlin, N. December. Der Centralverband deutscher Industrieller wird sich in seiner am 14. und l5. d. MtS. zu Berlin slattfindenden Ausschußsitzung auch mil dem im Juni diese» Jahre- vom „NeickS-Anzeiger" veröffentlichten Entwurf einer Novelle zu den UnfallvcrsichrrnngSgesctzen be- chästigen. Zu dem letzteren sind sür die AuSschußsiyung eine gan^c Anzahl AdänderungSanträge eingebrackt. WaS dabei runäckst die in der Novelle zu Gunsten der Arbeiter geplanten Mebrbelaslungcn der Arbeitgeber betrifft, so wird einmal gewünscht, daß der Vorschlag, wonach auch vor dem Ablauf der dreizehnten Woche dem gebeilten, aber in seiner Erwerbsfähigkeit nicht völlig wieder bergestellten Verletzten eine Entschädigung und zwar in Höbe der Hälfte de» ortsüblichen TagelobneS gewährt werden soll, dabin ab- geändcrt wird, daß die BerufSgenoffensckasltn, nacktem sie von den Krankencassen über die Beendigung des Heil verfahrens unterrichtet sind, nach Lage de- Falle- «ine Rente festsetzen, die von der Krankencassr vorschußweise zu zablen und von der BerufSgenoffenschast zu erstatten ist. Sodan» wird die InauSsichlnadmc der Zahlung von Renten an AScendentcn, auch wenn der Gestorbene nickt der einzige Ernäbrer derselben gewesen ist, sowie an Enke und Ge schwister de» Verstorbenen abgelrbnt. Dagegen wird die Neuerung, daß, wenn für die Höbe der' Renten der Betrag de» Arbeitsverdienste« deS Getödteten bestimmend, dieser aber in Folge eine« früher erlittenen Be triebSunsalleS geringer gewesen ist, als der vor diesem Unfälle bezogene Lohn, eine aus Anlaß de« Betriebsunfalles bei Lebzeiten bezogene Rente dem Arbeits verdienst bis zur Höbe de- der früheren Rcntenseststellung ^u Grunde gelegten Arbeitsverdienste« hinzugerecknet werben oll, al» berechtigt anerkannt. Dir Umwandlung dcö ReichS- VersicherungSamtes auS einer RecurS- in eine RevisionS- instanz wird abzulcbncn beantragt Der Neuerung bezüglich der Capilalabsindung wird zugcilimmt, jedoch mil den, Vor behalte, daß es lediglich der Vereinbarung zwischen der BerusS- genvsseiischaft und dem Verletzten überlassen ist, ob und in welcher Höhe eine Abfindung durch Capital statifinden soll, und daß dabei dir Anwendung der Tabellen zur Berechnung des Capnal- wertde» der Rente», welche der Tiesbau-BerufSgenosscnschast auferlegt ist, nickt obligatorisch gemach« wird. Auch soll vor ausgesetzt werden, daß die Capilalabsindung stet» eine definitive ist und schließlich eine UebergangSdcstniimung getroffen wertr, wonach bei Abfindung von Rentenempfängern aus früheren Jahren ein entsprechender Theil de» Reservefonds mit ver wendet werden darf. Weitere Anträge beziehen sich aus die mündliche Vertretung der Ansprüche der Entschädigung» berechtigten vor dem Feststellungsorgan der BerusSgenoffen schast, welche abgelrbnt werde» soll, aus die Deckung der durch unbegründete BcweiSanlräge entstandenen Kosten, auf dir Anlegung der Gelder der BerusSgenossenschasten u. A. m. * Berlin, N. December. lieber die Immunität der ReickStagSabgeordneten und die DiSciplin im Reichstage schreibt die „Köln. Ztg.": „Wir Kaden schon einmal bervor gehoben, daß r» dem öffentlichen RechtSbewußisein unmöglich genügen kann, daß scankalbse Vorgänge, wie sie sich am ersten Sitzungstage im neuen RcichStagSbause abspiellcn, lediglich durch eine, wenn auck noch so scharfe- Rüge de» Präsidenten gesühnt werden. Die Rüge hat aus die Thäter nicht den ge ringsten Eindruck gemacht; sie rübmen sich sogar ibrer Handlung. DaS sind Vorkommnisse, die den Ebrenschilt des deutschen Reicks tag- beflecken. Die ReichStag-mitglieder sind e» ihrer eigenen Wurde unk dem Ansehen der berufenen deutschen VolkSvertrelung schuldig, daß derartige Ereignisse in Zukunft nickt mebr ebne schwere und gerechte Südne sich zutragen dürfen. Sie müssen umsomehr aus baldige Ergänzung der jetzt un zureichenden DiSciplinarmaßregeln Bedacht nehmen, al» derartige Fälle bereit» früber mehrfach Anlaß zu schweren Klagen aus Kosten de» öffentlichen Ansehens de» deutschen Reicksiag- Anlaß gegeben baden und al» eine Wiederholung solcher Scrncn bei dem stetigen Sinken de» sociaten Niveau- der ReichSlagsmitgliedrr immer wahrscheinlicher wird. Der einzig krittlige Versuch, dieDiSciplinargewalt zuverstärken, ist im Jahre 1879 gemacht worden; »scheiterte ,m Wesentlichen daran, daß er von den verbündeten Regierungen au-gmg und daß zahl reiche Reich-taa-abgeordnete darin einen Eingriff in da« HauSrechl de» Reichstag« erblickten. Aber schon damals war ein großer Tbeil der Abgeordneten überzeugt, daß Abhilfe geschaffen werden müsse, und der Reichstag beschloß, aus Antrag de» Freiberrn v. Staufsen berg, der Geschäsi-ordniingS- commission den Auftrag zu ertbeilen, unter Vorsitz de« RcickS- tagSpräsidemen die Frage, vb Aendrrungen der Geschäfts ordnung notbwrndig seien, zu prüfen und im BejabnngSsalle sormulirte Vorschläge an daS Hau» zu bringen. Dabei ist es sreilich geblieben, obwohl die Thronrede ausdrücklich betont batte, daß dem ReickStag die Möglichkeit gewährt werden müsse, „die Ebre der Mitbürger, welche dem Reichstag nicht angeboren, gegen die Ausschreilungen einzelner Mitglieder zu schützen und seiner eigenen Autorität da, wo sie verkannt wird, vollen Nachdruck zu gewähren". Diese Nothwrndigkeit eines weitergehenden Schutze» ist inzwischen an einer Reibe späterer Fälle immer offenkundiger geworden j die mil dem Auftreten Adlwardt'S verbundenen scandalosen Vorkommnisse sind noch in frischer Erinnerung. Ter jüngste Vorgang muß sür Alle den Boden au» dem Fasse geduldigen Geschehenlaffen«
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