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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.05.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188805071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880507
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880507
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-05
- Tag1888-05-07
- Monat1888-05
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.05.1888
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Erste Anlage zum Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. A? 128. « Montag den 7. Mai 1888. 82. Jahrgang. verstoße». Historische Erzählung v»u Ludwig-«dicht. ^ . «.chdniit »ntei». (Forlsetzung.) M. " Eva von Nosenbcrg betrachtete drn sterbenden Burggrafen ait Blicken unsäglicher Verachtung. »WaS kannst Du noch wieder gutmachen?' fragte sie Hohn» soll. »Nicht« mehr. Ich habe meine Zeit gut gewühlt, Niemand ist in Tein-r Nähe als G>ete, uno könntest Du über laut rufen, so würde sie doch taub für Dich sein. Du weißt, daß Du da» Opscr eine» NlendwcikcS geworden, daß Du ein Ungeheure« Unrecht an Deinem Kinde verübt hast, mit einem Feberzuge könntest Du r« ungeschehen machen, aber diesen Federzug zu thun liegt nicht mehr in Deiner Macht! Fahr wohl. Burggraf, aus Nimmerwiedersehen I- Sie stand aus und wandte sich um. »Nicht Von der Stelle!- ries der Kranke. »Hier bleibst Du. Herbei, herbei, mein Weib, meine Kinder, m Deinem Beisein will ich, muß ich — wehe mir!" Er brach zusammen. Ihren Schleier hielt er krampfhaft mit der Hand fest, doch mit einem schnellen Nuck riß sie sich lo«. »Du hältst Niemand mehr. Burggraf v. Hartenstein. Grete, herbei, mein Werk ist vollbrackt.- Sie verschwand durch die geheime Thüre; von der anderen Veite trat Grete in da« Gemach deö Kranken. Roch einmal raffte sich der Burggraf auf. »Mein Weib. meine Kinder, meine Lehnsleute, schnell, schnellt- keuchte er. Die Alte sah ihn eine Minute mit grausam forschenden Vlicken an und murmelt«: »Ich kann ihm schon Len Willen thun. sie kommen doch zu spät.- Nicht lange währt« eS. so füllte sich da» Sterbezimmer «it den Herbcigccusenen. Der Burggr.f machte verzweifelte Anstrengungen,'sich verständlich zu machen. »Heinrich, Heinrich-, stammelte er Sein Erbe trat herzu. Gr schüttelte den Kopf. »Barbara, daS Testament —- »Wir halten Alle», wie Du verordnet-, betheuerte seine Grmablin. „Der reckte Burg—graf —", schwächer und schwächer Ward seine Stimme — er vermochte nicht mehr zu sprechen. Roch versuchte er sich durch Zeichen verständlich zu macken, krastlo» sanken die Hände aus da« Dcckbelte. Die Augen verdunkelten sich, schwächer und schwächer wurden seine Alhem» rüge, tiefer senkten sich die Schalten deS Tode« aus ihn herab. endlich ein letzter Seufzer — Burggraf Heinrich IV von Rcuß-Plaucn-Mcißen war nicht mehr ... „Haben Eure Gnaden gehört, noch im Tode hat der gestrenge Herr bestätigt, daß unser junger gnädiger Herr der reckte Burggraf se«", raunte Grete der Burggräsin zu. „Meinst Du?" „Gewiß, so und nicht anders waren seine letzten Wort« zu deuten." Als man dem Tobten die Lugen zudrückte und ihm die Häude aus der Brust znfammenlegen wollte, fand man zwischen den erkalteten Fingern der rechten Hand ein Stück von einem feinen schwarzen Gewebe. Niemand vermochte zu sagen, wie eS dahin gekommen sei, im gaiizen Zimmer war nicht«, wovon «4 mAglichenveise hcrriihren konnte. Die Burggräsin nahm Viv-Merkmüroige Reliquie au sich und bewahrte sie auf. rv. »Seit mehr denn einer Woche schleppst Du mich die Kreuz und die Quer im Lande umher, ich sage Dir, daß ich Dir weiter nicht folge» will." , - »DaS habt Ihr auch nicht nölhia, junger Herr, denn wir sind zur Stelle." DaS Zwiegespräch ward zwischen zwei Reitern geführt, die an einem nebligen Novemberabend aus müden Gäulen eine schmale Bergstraße entlang ritten. »Wir sind zur Stolle-, wiederholte der Aoltere der beiden Reiter, der die Kleidung eines DieustmanneS trug, während Gewand und Haltung feines Begleiter« den jungen Adeligen erkennen ließen. »Dort liegt Teyisingen-, fügte er hinzu, mit der Hand vorwärts deutend, wo die Umrisse einer Burg allmälig deutlicher auS dem Nebel horvortratcn. »Und dort erwarten mich meine Mutter und mem Bruder ?- fragte der junge Mann. »Die vcrwittwete Frau Burggräsin und der junge regierende Herr Burggraf-, verbesserte der Alte, »warten dort Euer." »Streiten wir un« darum nicht, alter Kurt, die Sacke Wird sich bald genug ausklären. Zu welchem Ende könnte mich meine Mutter, oder wie Tu willst, die Frau Burg, gräfin, zu sich entbieten lassen, als um mich in meine Rechte «iuzusetzen? Eö sei denn- — er hielt sein Pferd mit einem plötzlichen Nucke an — »man sinnt Berrath gegen mich.- „DaS thut man nickt, junger Herr, verlaßt Euch darauf", brtheucrte der Alte. ..Würde >ch mich soust zu dem Geschäfte haben gebrauchen lassen, Euch in aller Stille von Ansbach abzuholen?" „Keinem Anderen al» Dir wäre ich gefolgt", fuhr der junge Mann fort, indem er sein Pferd wieder langsam weiter traben ließ. „Du hast eS immer gut mit mir gemeint, mich manche- Mal vertheikigt, wenn die Grete wieder arge Dinge vou dem Trotzkopf zu berichten wußte. Und dennoch, je näher wir unserem Ziele kommen, desto bänglicher wird mir zu Sinn — ich hätte Dir nicht folgen sollen. Und wer hindert mich, noch im letzten Augenblicke umzukchren?" „Meine Bitten und Eure eigene Klugheit", niahnt« Kurt. „Glaubet mir. our zu Eurem eigenen Besten verlangt mau «it Euch zu unterhandeln." ^ „Wozu alsdann dir Heimlichkeit?" ^ „Hat Euer ganzer Handel nicht schon Geschrei genug gegeben?" entgegnet« Kurt. „War e« rathsam, c« wiederum an vie große Glocke zu hängen, daß Ihr zu einem Zusammen treffen mit den Herrschaften entboten worden seid?" „Du magst Recht haben, vorwärt« denn in Gotte« Namen.!- rief der junge Mann und spornte sein Pferd an. Sie ritte» einige Minuten schweigend nebeneinander her. »Und wenn man mir doch eine Falle gelegt hätte?" fragte Heinrich nach einer W-ile. in dessen ohnehin zum Mißtraue» neigendem Grmülh von Neuem Verdacht ausstieg. »So hilft Euch der hinaus, der Euch hincingebracht hat, da« gelobe ich Euch-, ries der Alte. Sie waren am Ziel; der Thurmwächter stieß in« Horn, die Zugbrücke rasselte nieder: Burg Tryssingen hatte die müden Reisenden ausgenommen. Der junge Heinrich war mit dem Markgrafen Kasimir Von Au«vach einig« Jahre in den Niederlanden bei der Armee de« Kaiser« gewesen. Nach Deutschland zurückgekehrt, empfing ihn die Kunde vom Tode de« Burggrafen und von dem von ihm errichteten letzten Willen. Einflußreiche Gönner, die Heinrich besaß, rirlhen ihm, nicht länger still zu sitzen, nun sei die Stunde gekommen, wo er seine Ansprüche bebauptrn vnd vertheidigeo oder aus immer daraus verzichten müsse. Ehe er aber noch einen öffentlichen Schritt zu thun ver mocht hatte, wurde er durch eine Botschaft der verwittwete» Burggräsin und ihre« Sohne! überrascht, di« sich jetzt mit ihm « aller Güte zu benehmen und aureinanderzusetzen Wünschten, wie ihm der alte Kurt, ein Freund sriaer Kindheit, treuherzig in seiner ehrlichen Weise versickerte. Irglog, und nur der Eingebung de« Lngeablicke« folgend, hatte Heinrich sich zu der Reise bereit erklärt, und erst unter» weg« waren ihm allerlei B.tcnkcn gekommen, die sei» Be» gleiter indeß immer wieder zu be'cbivichtigen gewußt halte. Nun war er da. e» gab kein Zurückiveicken mehr, und e» war ja auch gar nicht denkbar, daß »ran etwa» Ankere» dabei im Sinne gehabt, al« ihm wieder lein Recht zu geben. Große Sehnsucht schienen Mutter und Bruder nach dem Verstoßenen freilich nicht zu empfinden. Wohl ward ihm ein Gemach angewiesen unv ein Imbiß vorgcsctzl, ab:r von der Herrschaft bekam er nicht» zu sehen. Er warv bedeutet, daß man ihn am nächsten Tage zur schicklichen Stunde zu einer Unterredung zu sich bescherken werde. Klopfenden Herzen- harrte er derselben entgegen. Er war früher niemal» hier gewesen, obwohl Teysstngen ebenfalls zu dem Besitz de« Burggrafen gehörte, und deshalb erschien ihm Alle« weit kälter und nnheimlrcher als in Hartenstein. Wohin er blickte, sah er fremde Gesichter, und da« einzige bekannte, da» ibn am Eingänge zu den Gemächern der Burg- grästn angnustt, Grete'S falsche», hämisches Gesicht, war nicht geeignet, ihm al» gute Vorbedeutung zu erscheinen. Die Burggräsin saß in ihrer Witlwentracht in einem Lehnstuhl, neben ihr stand ihr Sohn, der junge regierende Burggraf. Eine» Blick warf Heinrich aus Beide und er wußte daß man in ihm »ick» den Sohn und Bruder, soodern den Fremdling sehen wollte. — .ES ist n»S angezeigt worden, Heinrich Pigkler," begann die Burggräsin mit eine! Stimme, welche durch die Be» mübunge», ihr Festigkeit zv g-ben, hart unv schneidend klang, „daß Du Dir noch immer de» Namen v. Plauen anmaßest; wir Haber Dich zu unS entboten, ui» Dir tic» zu untersagen." Hcinrich heftete eine» langen, vorwurfsvollen Blick auf die Dame und ries mit schmerzlicher Stimme: „Darum also locktet Ib. mich her? Darum mußte ick in aller Heimlichkeit den Weg von AnSback hicher machen? Ich hatte Andere-, Besseres für mich erwcrtct." „Nickt darum allein", begütigt« die Burggräsin, und e« war ihr. al» könne sie die Blicke nicht abw-nden von dcm jungen Manne, der sich während der Jahre, in denen sie ibn nicht gesehen, zu voller Kraft und Männlichkeit entwickelt halte. „Wir meinen c« gut mit Dir, möchten Dich vor Un heil wahren und zu einem freundlichen Abkommen mit Dir gelangen." „Ein Abkommen?" fragte Heinrich. „Ick wüßte nicht, daß Ihr irgend ein Abkommen mit mir zu treffen haltet." „DaS haben wir freilich nicht", siel der junge Burggraf mit hochmiithiger Miene ein. „Es ist die Guave meiner Frau Mutter, die sich Deiner erbarmt —" „Meiner erbarmt?!" unterbrach ihn Heinrich heftig und in seinen« Gesichte zuckte und wetterleuchtete e». „Wer er wartet Erbarmen von Euch, wer hat e» verlangt? Gerechtig keit, nicht» al« Gerechtigkeit fordere ich." „Wenn wir die Gerechtigkeit walten lasten, so klagen wir Dich de« Betrug«. Anmaßung eine« Namen- an, den Du schändest!" ries der Burggraf; aber dir Mutter legte beschwich« tigend ihre Hand aus seinen Arm und bat: „Nicht also, mein Sohn, laß mich die Unterredung führen. Denke an DaS, waS Du mir gelobt." Zu Heinrich gewendet, fuhr sie dann mit milderer Stimme sort: „Du kennst den letzten Dillen meine» Gatte», Du weißt, daß Tu keinerlei Ansprüche an seinen Namen und seine Hinterlasteoschast zu machen hast." Heinrich trat ihr rin paar Schritt« näher und sprach, ihr fest in die Augen blickend: »Ich kcune eS, Fron Burggräsin. aber ich glaube nicht daran, bis Ihr c» mir Wort für Wort bestätigt habt. Könnt Ihr da»?- fuhr er eindringlich sort und jauchzte dann plötzlich aus. «Ihr könnt eS nicht, die Lippe sträub» sich, daS Wort beraiiSznlasten, die Zunge versagt Euch den Dienst. Mutter, Mnitcr!" ries er. vor ihr aus» K»ie sinkend vnd ihre Hand ergreifend. »Mutter, ich flehe Dich an. ES ist nicht wahr, daß ich De», Erbarmen verschmähe, habe Erbarmen mit mir und Dir, gicb der Wahrheit die Ehre, daß ich Dein Sobn bin!" Einen Augenblick saß die Burggräsin wir überwältigt und keines Wortes mächtig, einen Augenblick war e» ihr, als inüstc sie diesem leidenschaftlichen AuSruse Gehör schenken, als dürse sie nicht taub sein gegen die Slimine der Natur; aber die Regung ging vorüber, al» sie den jungen Burggrafen mit kein Ausruf: »Welche unerhörte Frechheitl- vorwärts aus den Knicendc» zustürzc» sah. „Ich bin nickt Deine Mutter-, sagte sie tonlos, „mein Gemahl, der in Gott ruhende Burggraf, hat verordnet, waS Rechtens war." »Diese ist Deine Mutter!" schrie der junge Burggras und stieß eine Thüre auf. Margarethe Pigkler trat ein. »Wiederhole Jenem, wo» Tu ihm schon einmal gesagt hast, aus daß er sich seiner Niedrigkeit bewußt wcrdcj- herrschte sie der junge Herr an. - " ^ »Spare die Lüge. Weib!- knirschte Heinrich, der mit einem Satze auS seiner kniernben Stellung aulgesprungen war. »Ick glaube Dir nicht; ich glaube Euch Allen nicht. Lügner und Betrüger seid Ihr inSgcsammt - »Bursche, was wagst D»?- donnerte der iunge Burggraf. »Ruhig, ruhig, mein Soh»-, mahnte die Mutter. ^ »Bis zu diesem Augenblicke war ich im Zweifel, ob ich der Sohn dieses Wecke-, oder ob ich ter Sohn Jener sei-, er deutete mit der Hand auf Margarethe Pigkler, dann aus die Burggräsin. »jetzt weiß ich, daß ich rin echter Neuß bin, diese Stunde hat eS mich gelehrt." »Heinrich, laß Dick nickt von Deiner unseligen Hastigkeit hinreißen-, bat die Burggräsin mit weicher Slimme. »Wir wollen ja Dein Beste-, wenn Du Tick nur fernerhin de- Zunamen» „von Plauen" enthalten willst, so sollst Du die Dir verordnte Versorgung erhalte», auch wolle» mir be» wirken, daß Du in den deutschen Orden ausgenommen tverdest.- Er lachte bitter auf. »Da» war e« also? Dazu habt Ihr mich hierher entbieten lasse» ?- »Und Du wirst Dich vernünftig und willig finden lasten!" mahnte Frau Barbara. „Bemüht Euch nicht. Frau Burggräsin", erwiderte Heinrich schneicend. „Vor einer Minute flehte ich Euch an. mich als Euren Sohn anzuerkennen, Ihr habt e» verweigert. Mit einer Mutter, die ihren Sohn verleugnet, habe ich so wenig zu schassen, wie mit Jener da. die Ihr gedungen habt, mich Sohn zu nennen. Ein Betrug ist so ungeheuer wie der andere." „Elender, wa« unterfängst Du Dich!" schrie der Burggraf. „Ruhig, junge« Büischlcin. mit Dir werde ick sogleich weiter reven", wandte sich Heinrich zu ihm. „Die Frau Burggräsin will nicht meiae Mutter sei». Du nicht me», Bruder, ich dränge mich Euch nicht aus. Aber mein gute- Recht will ick wahren. Ter echie Burggraf bin ich, unv nicht rasten noch ruhen will ich. bi« ick erlangt habe, fwaS mir von Gölte»- unv Rechtswege» gebührt. „Versuch e» dock, T» Maulheld", höhnte der Burggras. Heinrich grisj bei dieser Beleidigung nach seinem Schwert» aber er zwang sich zur Ruhe. „Meine Sacke ist gut genug. Zu mir stehen der Mark graf von AnSdach. die Grasen von Nassau, Isenburg, Sotm» unv Hanau, der Abt vo» Fulda, vornehmlich ober die edlen Herren von Neuß. Hat mir dock Herr Heinrich Reuß. rer Friedfertige, eigenhändig geschrieben: WaS man thäte, müßt« »it Recht geschehen, er gedächte seinen Vetter, den Burggrafen, unter der Erde zu keinem Bösewicht machen zu lasten."*) „Versprechungen sind leichter gegeben als eingelöst", mahnte die Burggräsin. „Siche Dich vor, ehe Du Dich in Händel wieder einläsjost." „Und stände ick ganz allein, hätte ich nicht» al» diese Arme und dieses Schwert, so Wollte ich doch meine Rechte wahren." „Bedenke Dich, wir bieten Dir einen billigen Vertrag", bat Frau Barbara. „Einen billigen Vertrag nennt Ior da»?" rief er. „Ent weder ich bin der Sohn jene» Weibe-, dann schuldet Ihr mir gar nicht-, oder ich bin der erstgeborene Sohn de- Burggrafen, dann kommt mir AlieS zu — Nicht» oder AilcS will ick haben." „Wohlan, dann also nicht»", sagte der junge Burggraf. „Meinst D»?" subr Heinrich auf, seiner fast nickt mehr mächtig. „Ich sage Dir. Kniiblei», wahre Dick. Hade ich Dich erst einmal mit mir genommen oder etliche Schlösser eingenommen, so will ich schon zu einem guten Vertrag kommen." „Unverschämter Prahler!" schrie der junge Burggraf und wachte eine Bewegung, um nach seinem Schwerte zu greisen. In demselben Augenblicke blitzte in Heinrich'- Faust daS Schwert. Er drang ans den Burggrafen ein, Frau Barbara warf sich zwischen Beide und mit gellender St uime um Hllse schreiend stürzte Margarctbe Pigkler au» der Thüre. DaS Zimmer füllte sich bald mit Dienern und Reisige». Heinrich wehrte sich wie rin Löwe gegen die aus ih» Ein» dringenden, aber er mußte der Uebermacht Weichen. Ent» wassnet lag er am Beden. „Bindet ibn und bringt ihn in ein festes Gemach", gebot der Burggras. „Berrath! Vcrrath!" knirscht' Heinrich. „Ihr habt mich l-ierher gelockt, habt mir sichere- Geleit gelobt." „Du selbst hast den Pakt gebrochen", sagte finster der Burggras. „Fort mit ihm!" Heinrich wurde auS dcm Zimmer geführt. „Daß e- dahin kommen mnßte!" stöhnte die DurggiLfl». „Mein Sohn. waS willst Du thun?" „Den Rasenden »»schädlich machen, Mutter." „Du wirst sein Leben schonen?" fragte sic bebend. Der junge Burggras sah sie vciwunvcrl an. „WaS gilt Euch dieser Elende, Frau Mutter, daß Ihr so um ih» zag t?" fragte er scharf. „Ihm wird geschehen, WaS Reckten- ist." Die Bnrggräst» schwieg. Der Gefangene war ihr ja ein Fremder, sie hatte eS selbst belbouert, wie durste sic ihn schütze», der die Hand gegen den Sobn erhoben und furcht bare Drohungen gegen dessen Lebe» und Freiheit auSg-sloßcn halte?! Der Herbst und der Winter waren vergangen und noch immer saß Heinrich im engen Gewahrsam in Tcyssingen Den Kops gegen tic Scheiben deS kleinen vergiktcile» Fenster- seines Gemache» gedrückt, blickte er voll Schnsncht binauS in die Landschaft, die sich m»l dem ersten jungen Grün de- Frühling- bekleidete. „Gefangen", knirschte er, „gefangen. Wochen und Monde» schon in diese Zelle gebannt, abgeschnitle» von der Lust, dem Sonneustrahl, dem Leben — begraben, ehe ich tzestorben bin. O, eS ist himmelschreiend, eS ist grausam, schmachvolU" In seine Gedanken Verloren batte er nickt bemerkt, daß sich die Thüre seines GesängniffcS hinter ihm geöffnet, er schrocken fuhr er herum, als eine Stimme hinter ihm sagte: „ES hängt ja nur von Euch ab, augenblicklich in Freiheit zu sein." „WaS verstehst Du davon, Aller", sagte er kurz und barsch. „Nun, daS wird wohl auch just nicht Über den Verstand von unsereinei» gehen", brumintc der Diener, der da« Amt de- TcsangenwärlerS bei ihm versah. „Burggräsliche Gnaden hätten Euch wegen Eures Augrisss aus ihn an Leib und Leben strafen können." „Hält' er's gelhan, so war'S vorbei", seufzte Heinrich. „Den Fürbitten der gnädigsten Fra» Burggräsin habt Ihr'S zu danken, daß Ihr geschont und in einer Hast ge halten wertet, wie sie sonst nur Adeligen znkommt". „Und Du meinst, ich sei kein Adeliger?" siel der junge Mann bitter ein. „Mit Verlaub, junger Herr, ich meine, c- sei eben Euer Unglück, daß Ihr von dem Gedanken nicht loskonimen könnt Wolltet Ihr Euch darein finden —" „Und beschwören, ick sei der Soh» der Margarethe Pigkler", siel der junge Mann ein, „ich kenne vie Litanei, Alter, singst sie mir ja alle Tage vor. ES nützt Dir aber doch nichts, ich bin nun einmal barlhvrig und hartköpfig." „Sollte mir leid thun", sagte der alte Mann. „Wäre schade um daS junge Blut, wcnn'S im Gdsängniß verkommen müßte." Er verließ da- Zimmer und der Gefangene durchmaß mit großen Schritten den kleinen Raum. „Warum lasten sie mich hier langsam verkommen? Warum habe» sie mich nickt sogleich geloklet?" fragte er sich. „Hat mich denn Alle- vergessen? Meine vornebmen Herren Vetler» unv Freunde? Kurt, der mich biehergctockt und mir Hilfe ver sprach? Gertrud, meine Gertrud, auch Du? Doch was verlange ich von Euch Allen? WaS kann ein Mensch, de»! die eigene Mutter verleugnet und verstößt, von Anderen er warten? Ich werbe rasend, wenn ich hier nock lange sitze", fuhr er nach einer Pause sort. „Warum thuc ich nicht, was sie von mir verlange»? Warum setze ich nickt die Lüge gegen die Lüge? Ein erzwungener Erb ist kein E,d. Doch ich will »och eine Zeit warte», vielleicht kommt mir noch Hilfe von außen, vielleicht schasst Curl endlich Rath." AtS man an jenem Tage Heinrich überwältigt und fort» gc'chafft halte, war der alte Kurt scheinbar sehr eifrig thätig gewesen, de» Wehrlosen in sein Gesängniß schassen zu helfe». In Wirklichkeit hatte er dabei nur die Gelegenheit erspäht, ihm zuzuraunen, er werde nicht rasten und ruhe», bis er ihn« wieder zur Freiheit verholsen habe. Aus diese« versprochen stützte sich Heinrich; aber die Hoff nung ward schwächer unv schwächer. Er saß vergesten, ver tanen in seiner Hast und sah Niemand als seinen Kerker meister. der alltäglich die gleiche Frage an ihn richtete, ob er sich den Bedingungen de- Burggrafen fügen wolle, und täglich die gleiche verneinende Antwort von ihm erhielt. Wieder Ware» Wochen vergangen, branß.'tt lachte die volle Pracht de» Frühling»; wie ei» Vogel ängstlich mit den Flügeln gegen die Gillerstäbe de» Käsig» schlägt, so raiinic der Gefangene ia seiner Pein gegen b«e Wände seines Ge maches. »Sie sind fest und undurchdringlich!- jammerte er. »Sie halte» mich in eisernen Banden und von außen kommt Nie mand. mich zu bcjreien! Ich ertrage e» nicht länger, ich muß hinaus. Du hast gesiegt. Bnrgzräflci»!" lachte er bitter. „Morgen will ich Dir verkündigen lasten, daß ich bereit bin, die Urfehde zu schwören. Wie heißet doch der Spruch, den ich aussagen soll?" Er zog au» seinem WammS rin Schriftstück und trat damit an da» Fenster, denn im Zimmer herrschte schon tiefe Dunkelheit und nur spärlich fielen die Strahlen de- am Himmel stehenden Vollmonde- durch die kleinen vergitterten Historisch Scheiben. Doch so sehr er auch sein Auge anstrengte, ver mochte er die Cchriftzüge aus dcm Pergamentblatte nicht mehr z» lese». „Wozu auch?- fragte er sich. »Habe ich den Inhalt deS Blatte- nicht oft genug gelesen, um ihn au-wendig zu Wissen?" „Ich bekenne, daß ich nicht de- Burggrafen Heinrich V. Soh». sondern der der Margarethe Pigkler bin, und schwöre zu Golt und alle» Heiligen, daß ich mich künsliz nie wieder eine» Burggrafen nennen oder dafür halte», noch mich einiger Erbschaft anmaß'n. sondern mich an einem geordneten Unter» -alte genügen lasten will", sagte er laut vor sich her. „Ich kenne de» Spruch Wort für Wort und jede» Dort ist eine Lüge, aber ich werde sie auSsprecheu und beschwören — und dann —" » Ein Geräusch an der Thüre ließ ihn aushorchen, vorsichtig ward der Schlüssel in» Schloß gesteckt, langsam drehte sich die Tbür in de» Angeln. „WaS Willi! Du zu so ungewohnter Stunde?" ries Heinrich dem Eintretenden entgegen. DaS Wort erstarb ihm vor Verwunderung im Munve, denn nicht der Schließer, ondern eine schlanke Frauengestalt stand vor ihm. „Still, um Gotte! willen still!" flüsterte sie. indem sie. die Tbür hinter sich zuschtoß. Dann setzte sie di« Laterne, die sie in der Hand getragen, aus den Tisch, schlug ihre Blenden auseinander, so daß der Lichtstrahl aus ihr Gesicht icl. ließ da» Tuch, da» Kops und Schultern umhüllt hatte, allen und trat vor Len Gefangenen hin, der thr regungSlo», keines Laute» mächtig, z,»geschaut hatte. ..Heinrich, kennst Du mich nicht mehr?" fragte eine sauste Stil» me. „Bist Du ei» Gebilde meiner aufgeregten Ginne? Bist Du en, Btenkwelk kcö Satan-?" sraate der Gefangene und griff wie schwindelnd nach seinem Kopse. „Faste meine Hand. H-inrich, ich bin ein Weib von Fleisch und B nk. bin Deine Gertrud." Er breitete die Arme aus, ließ sie aber sinken, ohne da» junge Mädchen an seine Brust zu schließen. „Nein, nein, Tu kannst Gertrud nicht sein", versetzte er traurig. „Du gleichst ihr an Gestalt, Deine Sprache klingt wie die ihrige, aber Tu bist größer, voller, schöner atS Gertrud. Und wie sollte meine blonde Maid den weiten Weg hieherkommen, wie sollte sic mich ausgesunden haben und in meinen Kerker gedrungen sein? Du bist Gertrud nicht!" „Doch bi» ich «S. Geliebter, ich —" „So hak man Dich gedungen", fuhr er aus. „Man wird Dich ausgrspürl haben, hat Dich hieher gebracht, damit Du mich überredest, daß ich dcm Burggrafen zu Willen sei. Sprich die Wahrheit, ist -- nicht so?" „Nein, nein, so ist e» nicht. Sprich leise, ich bitte Dich, damit unS Niemand hört." „Wie bist Du denn zu mir gelangt?" . „Habe ich Dir nicht versprochen, daß ich Dir folgen. Noch und Gefahr mit Dir theilcn wolle? Da bi» ich" sagte sic einsach. „Hast lange aus Dick warten lasten", grollte er. lFouIctzung folgt ) vermischtes. --- Berlin, 5. Mai. Die KaiserinAugusta cmpsi.ig beute Vormittag den Wirkt. Geb Rath v. WilmowSki an läßlich seines övjäbrigc» Tieiisl-InbilänmS. Mittag» begab dieselbe sich zum Besuch bei be» kaiserlichen Majestäten »ach Charlolteicknra. — Die Majestäten eiiipsingen gestern im Schlosse zu Charlotte »bürg den Bestich einiger Mitglieder der königlichen Faniilie. Zur Tafel waren der Kronprinz und vie Fra» Kroiiprinzestin eingeladen. Heute Vormittag nahm der Kaiser »ichrere Verträge entgegen und arbeitete von N Ukr ab längere Zeit mit vcm Cyes deS Militair- EabmetS Gcncral von Aibcbyll. Mittag» stattete die Kaiserin Aiigusta den Majestäten einen Besuch ab. An dem heutigen Tiner bei den Majestäten „ahmen außer den Priiizesstane»- Töchtern auch die Erbprinzcjsin vc» Meiningen und die Prinzessin Marie von Sachsen-Meiningen Thcil. Letztere war an« Freitag Abend in Begleitung der Hosoame Frl. v. (Jagern und de» Kaminerberr» v. Heyden an- Meiningen hier ein- getreffen und im Holet Continental abgesticge». Dort statteten derselben bald nach ihrer Ankunst Prinz Heinrich, der Erb prinz und die Erbprnizessin von Meiningen Besuche ab. Im Lause deS heutige» Tages begrüßte die Prinzessin Marie von Sachsen-Meiiiingei« die Majestäten und die Mitglieder der königliche» Faiiliiie. Soweit bis jetzt bekannt, gedenkt dieselbe nur einige Tage in Berlin sich auszuhalten. ---- TaS .Annabergei Wochenblatt- schreibt: Für alle unsere Leser, die an dem Wiederaufleben der blühende» Natur Jntercsse habe», wollen wir auch in diesem Jahre den Beginn der Blütbezeit der ersten Frühlingsblumen angcben und sie mit dem vorjährigen in Vergleich stellen. Daß die hier aiigcsnhltcn Pflanzen stet» an demselben Standorte der Beobachtung unterzogen werden, versteht sich von selbst 1888 Gänseblümchen 28/3. Knotenblume 29/3. Schneeglöckchen 80/3. Vogelniiere 31/3. Haselnuß 8/4. Klebrige Erle 8/4. Gelber Safran 15/4. Frühlings-Safran 15./4. Leberblümchen 18/4. Alpen-Täschclkraut 1K./4. Gllbstern 1K./4. Graue Erle 18./4. Zitterpappel 18./4. Goldmilz 18./4. Buschwindröschen 18./4. Hoher Himmclschlüstcl 18 /4. Seidelbast, Kcllerhal« 18./4. Palmenwcide 22/4. Scharbockskraut 22/4. Aiimuthige Meerzwiebel 22 /4. «857 11. /3. 14/3. 10. /3. 8/3. 5/4. 5./4. 7./4.. 9./4 4/4- V./4. 12. /4. 12/4 12/4. 12/4 12./4. 12./4. 22/4 12. /4. 18./4. 2l./4. 24/4 25./4. 24,/4. 12/4. 13. /4, 18./4. 23 /4 11. /4. 25/1. 28/4. Hungerblümchen 22/4. Enmpsdotterblume 22/4. Hasenbrod 23/4. CorncliuSkirsche 27./4. Felbulme 27/4. Gclbe Narzisse 27./4. Bingelkraut 27./4. Wohlriechende- Veilchen 27./4. Pestwurz 29/4. Rothe Taubnessel 30 /4. Der aufmerksame L-ser wird au» dieser Zusammenstellung erkennen, daß die Blülbenentsaltung der meiste» wildwachsen den unv culUvirten Pflanzen, mit ganz wenig Ausnahmen, einige Tage, ja bei einzelnen mehrere Wochen später einge- >r len ist al» im vergangenen Jahre, WaS natürlich in dem tan antauernken schneereicken W nter seinen Grund hat. Zw. r hat sich daS Lungenkraut im Plattenthale bereit» am l."> I gegen 23/4 im Vorjabre entfallet, aber an dein langiährigen BeobachtungSorte de» Pöblberge» baden sich in diesen, Jahre, nebst der gelben Anemone, bi» heute erst die Knospen cnisaltet. Ebenso zurück sind noch Huflattich, Wold» Veilchen, Stiefmütterchen, Pyramidenpappel, di« im Jahr« 1887 bereit« am 27 /4. ihre Biüthen reichlich «»ts«U«t hart«.
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