Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188805080
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-05
- Tag1888-05-08
- Monat1888-05
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1888
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Erste Leilage zum Leipziger Tageblatt and Anzeiger. 12S. Dienstag den 8. Mai 1888. 82. Jahrgang. verstoßen. Hlßailsche Erzähl»»« »«» L»d»l« tzitlcht. * Nichdru« »ackot«». (Fertset-vq.) IV. „O Heinrich, e» war nicht leicht. Deinen Aufenthalt zu «rkunde», und da ich ihn wußte, war e« noch schwerer und mühsamer, zu Dir zu dringen . antwortete sie traurig. „Und da« wäre Dir jetzt gelungen?" fragte er noch immer in zweifelndem Tone. Eine große Thräne rollte langsam a» ihrer Wange herunter. „Du Armer, wie mußt Du gelitten, wie muß man Dir mit« gespielt haben, daß Du selbst da« vertrauen loren hast?" klagte sie schmerzlich. „Aber glaube an ich bitte, ich beschwöre Dich! Nur wenn Du au mich glaubst, vermag ich Dich zu retten." s Da« waren Töne, vor denen endlich die rauhe Ni»d« schmolz, die sich um da« Herz de« Unglücklichen gelegt hatte, „verzeih, Geliebte", bat er und reichte ihr die Hand. „Wen aber Later, Mutter und Gewister verleugnen, an wen soll der noch glauben?!" „Du bist also immer noch überzeugt, daß D« der älteste Sohn de« Burggrafen bist?" fragte sie. „Fester al« je. Ein Federzug. durch den ich anerkenne e> nicht zu sein, macht mich frei. Ich soll Urfehde schwören, und morgen werde ich thun, wa« man von mir verlangt." „Go willst Tu Deinen Ansprüchen entsagen?" „Ich werde e» thu», sie haben mich mürbe gemacht, via ich erst wieder in Freiheit, dann —" „Um aller Heiligen willen, wa« sinnst Du. Heinrich?" unterbrach ihn da« Märchen. „Einen Eid willst Tu schwören, mit dem Vorbehalt, ihn zu brechen?" „Bleibt mir rin anderer BuSweg? Ich habe lange ge» sträubt, jetzt ist meine Kraft zu Ende. Ich setze nur Lüge gegen Lüge." „Besser Unrecht leiden, al« Unrecht thun", mahnte Gertrud sanft. „Schön gesagt", erwiderte er trotzig. M ck b't e.b-r Aste» verlasscn, auch Kurt, der —" »Fkurt ist hier", fiel sie schnell ein. „WaS weißt Du von ihm?" „Durch ihn habe ich ja erfahren, wo Du Dich befindest, mit ihm bin ich gekommen. O Geliebter höre mich doch nur. ich habe Dir ja jo sehr viel zu berichten von mir und ihm." „So sprich", sagte er weich. .O, e» thut gut, endlich einmal wieder eine liebe Menschenstimme zu hören, sprich, Gertrud!" Sie hatte schon lange wieder die Laterne bedeckt, damit nicht ein durch da« Fenster fallender Lichtschimmer sie verrathe. Eng aneinander geschmiegt setzten sic sich auf eine niedrige Bank und mit leiser, gedämpfter Stimme erzählte da« Mädchen: „Du hattest mir au« den Niederlanden Botschaft gesandt, daß Du nach AnSbach zneückkehren und dann auch wieder zu mir kommen würdest, und ich zählte die Tage und die Stunden, aber Du kamst nicht; ich Hörle nicht« von Dir. e« vergingen Monden, Du warst wie vom Erdboden verschwunden. Ich wußte nicht, ob Dir ein Unglück zuzestoße», oder ob Du der armen Gertrud vergesse» habest. Da sagte mir eine« Tage« mein Vater, der schon lange voraus gedrungen, ich solle einen der Bnrgkuechte freien, den ihm der Gras zur Unterstützung in seinem Amte geben gewollt. „Nun, Dirne, werden Dir die Grillen wohl endlich vergehen! Dein ebemaliger Liebhaber liegt in Kelten und Banden, hat einen Mordversuch aus den Burggrafen gemacht und wird schwerlich mit dem Leben davon kommen. E» ist ei» Knecht da. der dem Grafen die Botschaft gebracht hat". Nun ließ eS mir keine Nutze, bis ich den Boten gesprochen. E« war der Kurt, der überall umhcrgezogen. bei den Grafen von Isenburg und von Hanau, dem Markgrafen von An-bach und de,, Herren von Neuß, um Hilfe für Dich zu werden." „Und was hat er auSgerichlel?" fragte Heinrich schnell. .Sie glauben Alle, daß Du der echte Burggraf bist, aber —" „In einen Kamps mit dem Anderen will sich um meioeb willen Niemand eiulassen!" rief der Gefangene. „So ist eS". bestätigte Gertrud. „Sie haben Kurt mit dem Bescheid entlasten, wenn Du im Wege Rechten« Deine Sache führtest, wollten sie Dich unterstützen. Dazu mußt Du aber frei sein." „Und deshalb schwöre ich morgen Urfehde." ..Da« wirst Du nicht thun. Ich weiß ein«» andere« AuSweg." „Du?" fragte er erstaunt. .Ja. doch höre weiter: Du warst in Nolh und Gefangen schaft, da litt eS mich nickt länger daheim. Ich bat und flehte Kurt so lange an. bl« er mied mit sich nahm. Heimlich habe ich da« HanS meines Vater» verlaßen, in der Verkleidung eine- Troßbuben bin ich mit Kurt durch- Land gezogen. Hier aber habe ich wieder weibliche Kleidung angelegt, habe in der Burg Dienste gesucht und bin schon seit Wochen unter einem Dach« mit Dir." „Und davon erfahre ich erst heute?" seufzte Heinrich. „Es ist mir auch hart genug angekommen", versetzte da» iunge Mädchen mit einer gewissen Schalkheit, „aber ich mußte vier erst bekannt werden und vir Gelegenheit kennen lernen. ES war kein leichtes Stück Arbeit, daS vertrauen DcincS WLchlerS so weit zu gewinnen, daß er mir gestattete, zuweilen feine Kammer zu säubern, und lang: dauerte e«, bi« ich ihm dazu behilflich; dann reichte sie ihm di» Hand und führte ihn vorsichtig aus dem Gemache, da« sie hinter sich wieder verschloß. Durch Gänge und Hallen, treppauf, treppab ging der Weg. Gertrud wußte sehr genau Bescheid, und Heinrich folgte laut» lc« seiner Führrria. „Jetzt kommt der gefährlichste Theil unseres Wege», wir wüsten ein kleine« Stück de« Sckleßhos:« überschreiten; halte Dreh dicht an der Mauer", flauer,e sie. indem sie eine Thür öffnete. In demselben Augenblicke trat der Mond hinter einer Wolke hervor und nbergoß mit seinem Licht« die beiden mir der» * dunkeln Gestalten. Gleichzeitig stieß der Thurmwacht inS mich i Horn. ' „Wir sind verloren!" murmelte Heinrich. „verbirg' Dich hinter jener Mauer", flüsterte sie. Mit angehaltenem Alhei» lauschten sie, aber der Wächter vollendete seinen Nuudgang, ohne sie bemerkt zu habe». Dichte Wolken jagten wieder über den Horizont nnd bedrckten den Mond, nnd unter dem Schutze der Fi»slcr»iß gelangte» sie an rin AuSsallSpsvrtchen und in« Freie. „Gerettet!" jubelte Heinrich. „Eine schwere Hand legte sich aus feinen Ar«. „Noch nicht!" sagte eine tiefe Slimme. Tod und Teufel, ich laste mich nicht wieder elnsangen!" brauste er aus. „Wenn Ihr Euch so gcbcrdet, könnte e« Euch bald begegnen, junger Herr", sagte der Man», der an» einem Gebüsch her- vorgetreken war. „Kennt Ihr mich nicht? Ich bin ja Kurt!" „Alter Freund!" jubelte Heinrich; brr aber wehrte ihm. Still, kein Wort, wir habe» keinen Augenblick zu verlieren. So lange Ibr aus burggräflichem Gebiete seid, giebl'« für Euch keine Sicherheit." Scbwcigrnd zogen die Drei de» Wege«. Der weg-kundige Kurt führte sie meistens aus dicht verschlungenen Waldpsaden, zu denen sich nur selten der Fuß eine» Wanderer- verirrte Sie ginge» viele Stunden, ohne sich nur einmal eine kurze Rast zu gönnen. „Gertrud, Tu kannst nicht mehr weiter! ries Heinrich. „Aengstige Dich nicht um mrlnetwillen, Geliebter", bat sie, „ich bin stark und kräftig"; aber die Füße drohten ihr doch den Dienst zu versage». „Nur noch kurze Zeit haltet au«", mahnte der Alte, „dort drüben ist die Grenze." Nach einer Viertelstunde war sie endlich überschriKen. Kurt deutete ans ein unweit der Landstraße liegende« Hau«. „Dort mögt Ihr rastrn; ich habe Alle», wa» Euch noth ist. hingeschaffk. Gehabt Euch wohl!" „Du willst unS Verlusten?" fragte Heinrich. „Ich gelobte Euch, wenn ich Euch in eine Falle lockte, so brächte ich Euch auch wieder heraus", versetzte der Alte, „ich habe mein Wort gelöst." „So glaubst auch Du nicht an mein Recht?" Kurt zuckle die Achseln. „Da« habe ich nie gelhan. Nur mein Wort wollte ich lösen, jetzt habe ich nicht« weiter mit Eurem Handel zu schaffen." „Ich glaube an Dich und ich folge Dir, wohin Du auch gehst!" ries Gertrud, während Kurt noch einmal mit der Hand winkend im nahen Dickicht verschwand. Heinrich wandte sich nach der Gegend, wo Teyssingrn lag; Kun'S plötzlicher Abfall hatte wieder sciireu ganzen Trotz wackacrusen. „Wahre Dick, Burggräflcin!" rief er. die geballte Faust drohend in die Lust erhebend, „jetzt bin ich frei und will Dick bekämpfen mit allen Miltcln und auf allen Wegen. Habt Ihr mich auSgestoßen, so will ich gegen Euch haudcln, wic's einem AuSzcstoßencn geziemt." Er drehle sich um nnd ging weiter. Still weinend folgte ihm Gertrud. Sie mußte erst dir düstere Stunde Vorliberziehen lasten, ehe sie versuchen durste, ihn milderen Sinnes zu machen. V. In dem seltsamen Rechtsstreit, den der junge Burggraf von Plauen und Meißen nun schon seit Jahren mit sciucm alö unecht erklärte» älteren Bruder— schlechtweg der „Bastard von Hartenstein" genannt — führte, sollte das Endurtbeil gesprochen werden, und eine große Anzahl edler böhmischer Herren hatten sich auf dem Schlosse zu Prag eingesnnven, wo die Verhandlung gesühet wurde nnd auch da« Erscheine» der Hauplpcrfoncn in dem die Gcmülhcr lebhaft beschäftigenden Drama zu erwarte» war. Man stritt herüber und hinüber. ES waren säst ebenso Biele, die den älteren Heinrich für den echten Sohn VeS Burggrafen und seiner Gemahlin Barbara hielten, als Solche, die ihn einen Betrüger oder zum Min desten einen Verblendeten »anntcn und alle- Recht aus Seilen de- regierenden Burggrafen sahen, hätten sie für ihre Ansicht auch weiter keine» Beweis anzusühren vermocht, als daß der junge Herr im Besitze der Titel und Güter seines verstorbenen BaierS sich befand. Leati possickentos (Glücklich die Be sitzenden) — dieser Grund ist zu allen Zeiten ein sehr stich haltiger gewesen. „Ter Neuß von Planen, die Grafen von Hanau, der Abt vo» Fulda, der Gras von Leißuig und viele andere böhmische und fränkische Adelige haben seine ritterliche Geburt bezeugt oder sich dazu erboten", ries der Ritter von der Heyde. „Sogar die Llieste Tochter de« verstorbenen Burggrafen, die Frau v. Lobkowitz, soll ihn al» ihren Bruder ancrkannt haben", fügte der Herr von kutitz hinzu. „Dagegen steht daS Testament de» Burggrafen, da» Zeug meine Zeit ersehen und die Schlüssel zu Deinem Gesängniß I niß seines Gemahl«, der Frau Barbara, und das der in einem bereit gehaltenen Stück Wachs abdrücken konnte. »Und daS ist Dir geglückt?" fragte er eifrig. .So gut, daß Kurt, der sich in der Nähe verborgen hält, danach den Schlüssel schmieden lasten konnte, mit dem ich Dein Gksängniß mir erschlossen habe." »So bi» ich frei!" ries er aufspringend. Sie drückte ihn sanft aus seine» Sitz nieder. „Geduld, Geliebter", bat sie. „Für morgen Nacht haben Margarethe Pigkler", wandte NiklaS Hasscnstei» ein, »Und ich sage Euch, daß nian einen Sohn, zu dem sich Vater und Müller einmal bekannt und den sie als solchen ausgezogen, nicht au« dem Besitz der Kindschaft setzen kann", erwiderte heftig der von Wildeu.slein. .ES gehört ein schwerer, schier unmöglicher Beweis dazu, wenn man auösühren wollte, daß sich Baler und Mutter geirrt haben." .Sie gestehen damit zu, daß sie der Güter halber Einen wir Alle- vorbereitet, bi- dahin halte Dich still und verrathe > fälschlich skr ihren Sohn au-gegeben haben, der e- nicht ist-. Dich nicht. Morgen Nacht zwölf Uhr hole ich Dich; ich kenne j sagte ri» Anderer. riu Pfvrtcken, da« in« Freie führt, und dort erwartet un« Kort. Erhob Dich wohl!" „Du willst mich verlassen?" „Ich muß fort, schon zu lange habe >ck> verweilt, ver mißte man mich und schöpfte man verdacht gegen mich, so wäre Alle« verloren." „Mein guter Engel, mein Schuhgeist!" ries er und schloß sie in seine Arme. Sie entwand sich ihm und schlüpfte hinan«. von allen Tagen seiner Gefangenschaft ward Heinrich derjenige am längsten und unerträglichsten, der sie enden sollte. Der Sommrrtag wollte kein Ende nehmen, und al« die Sonne hinter den Bergen gesunken, schien es ihm, al« dauere e« viel länger al« sonst, di» die Dämmerung nirderstnke und die Schatten der Nackt sick über va« Thal breiteten. Endlich batte ihm sein Wärter den gewöhnlichen Abend« besuch gemacht, aus dem Schloßhofe verstummte da« Geräusch de« Tage«, dir Nacht brach an; al« wolle sie sein Vorhaben brünstigen, so finster und sternenlo« war sie; dichte Wolken verhüllten den am Himmel stehenden Vollmond. Mit angr- haltenem Athe« lauschte der Gefangene. Viertelstunde aus Viertelstunde kündet« de« Tharmwächler« Horn. Jetzt war e« Mitternacht »nv leis«, leise öffnete sich seine Kerkertbllr. Gertrud trat ein, in eine» weiten faltigen Mantel gehüllt. Vesten Kapuze sie über den Kopf grzogn, hatte, rin« gleichen Mantel trna fi« «der de« Ar«. „Schnell, »irs »« Manwl über!" flüsterte fi« nnd .Da» ist eine Veröffentlichung der eigenen Schande nnd deshalb al« Beweismittel nicht zulässig!" ries der Ritter von der Hevde ein. „Freilich, da die Neuß alle den Vor namen Heinrich führen, konnte die Wirrniß noch weit leichter möglich gemacht werden. Da werden selbst die klügsten Juristen nicht den vick n Knoten auseinander zerren." „Und ich bleib' dabei, die eigenen Ellern werden doch nicht ihr Kind verstoße»", erwiderte Haffcnstein. „O. Heinrich IV. hat'« immer mit allerlei Listen und Winkelzügen gehalten", meinte Herr von Luliy. „Hat er sich doch durch einen verfälschten Lebubries Sitz und Stimme au den Reichstagen zu erschleichen gesucht" „Dann ist auch hier Alle» »nr Cpiegelsechlcrel und der Kleine damal» unlergeschoben worden, um die verwandten zu narren", meinte ein Anderer. „Unsinn I" polterte Wildenfiein. .Der Heinrich von Planen ist echt, dabei bleib' ich. Ec ist jahrelang al« der älteste Sohn Heinrich s gehalten worden, und wie hält« man ein solche» Trugspiel vor allen Leuten durchjühren wollen! Da hätten längst die Mauern davon geredet und jed: alte Magd da« Geheininiß auSgrschwatzt." Der Streit wurde immer heftiger. .Warten wir den UrtheilSspiuch ab. ihn, w..ceu sich die Parteien zu sügen haben und wir auch", mahnte der alte besonnene Wolf Schlick. »flKrtut Ähr, der V»r--r«f, brr jetzt königlich böhmisch« Schenk ist, werde, wenn da« Urtheil gegen ihn auSfällt, sich sofort entschließ:,,, aus seinen Titel und seine Besitzungen zu verzichten?" sragtr der Herr von Zatsch mit spöttische», Zweitel. .Der UrtheilSspruch wird ihm nicht« anhaben", höhnte Wittenstein. .Wäre ich der Heinrich von Plane», ich bätte mich nicht jahrelang von den Federfuchsern h», und her ziehen lasten, sondern selbst zugegriffe», und meine Sache mit dein Schwerte geführt Zuletzt wird er'» doch inüffeu." .Und eS wird brav- Edelleute genug gebe», die zu ihm stehe»!" stimmte der Ritter von der Hevde bei und schlug zur Bekräftigung seiner Worte an da« Schwert an seiner Seite. .Ruhig, ruhig, meine Freunde, bedenket, wo Ihr seid!" warnte NiklaS v. Haste,isiei». .Lastet un« trachten, daß der Handel, wie da« Urtheil auch auSsalle. endlich sein säuberlich geschlichtet werde, a»s daß nicht dem Adel Schmach nnd dem Lande Unheil daran« erwachse", mabnte Wolf Schlick. Der Eintritt der Mitglieder de« Gerichtshofes und der streitenden Brüder machte dem Wortkamps ein Ende. Ter junge Burggraf Heinrich erschien in reicher sürstlicher Tracht, mit alle» Abzeichen seine« Range» und seiner Würden geschmückt, von einem zablreichrn Gefolge nmgeben. Der ältere Heinrich trat nur in Begleitung seine» NcchtSbeistande» ein und trug eine dunkle, unscheinbare Kleidung. Seine Züge waren scharf und düster, aber für Diejenigen, welche die Familien, von denen er abzustamme» behauptete, genauer kannten, lag in diesen Zügen der giltigstr Beweis für dir Gerechtigkeit seiner Ansprüche. Mochte der junge Burggraf unverkennbar ein Renß sein, in Heinrich'» Gestalt und Gesicht spiegelte sich ein Gemisch deS Renß'sche» und des Askanischen Geschlechtes wider, wie eS so ausgeprägt die Natur nicht allzu oft hervorbringt. Die Verbandliingen begannen und noch einmal erschöpften sich die NechlSbeistände kecker Parteien in den scharfsinnigsten Beweisen und Gegenbeweisen. Endlich lagerte sich tiefe, tiefe Stille Über der Versammlung. Alles lauschte in othemloser Spannung dem Urlhcile. Die Richter erhoben sich, und mit lauter Stimme la» auf einen Wink de- Vorsitzenden der Schreiber den folgenden Bescheid: „K»»d und zu wissen Jedermann ist zu Recht erkannt, daS Herr Heinrich von Plauen» der nach dem alten Heinrich von Plane» alle Hab' und Güter innehält, allein dessen rechter Erbe mit der Frauen Barbara, seinem ehelichen Gemahl, er zeugt sei. Und deshalb soll derselbe Heinrich so im Reich erzogen, sich in die Güter und Erbschaften diese» Herrn Hein richs von Plauen nicht einlegen und sich derselben nicht an» maßen, noch unterstehen, denn er zu den denselben Gütern und Erbschaften kein- Gerechtigkeit hat."*) Dw Gerichtsherren erhoben sich, grüßten mit Neigen de« Kopses den Burggrafen und verließe» den Saal. Stolz und trinnipbirend stand Herr Heinrich von Plauen da, glück- wünschend umringten ihn seine Freunde, denen sich jetzt Mancher zugrscllte, der vorhin Beifall Denjenigen gespendet, w-lche die Rechte de« Bastards verträte». Nur ein kleines Häuslein hatte sich um den Letzteren geschaart. M t fest auseinander gepreßten Lippen und düster zusaminciigezgenen Bremen schritt der jetzt all' seiner Erbrechte beraubte junge Mann langsam der Thüre de» GerichlSsaalc» zu. .Euer Recht habt Ibr erstritten, Burggraf v. Planen tönte die sanft« und doch so eindringliche Stimme de« alten Wolf Schlick durch de» Schwarm der Schmeichler und Glück- wünschenden, die den Sieger umringte». »Thnet jetzt auch, waS billig ist!" .Und'da« wäre?" fragte der junge Herr, den alten Edel mann hochmüthig mit de» Blicken messend. Der ließ sich dadurch jedoch nicht auS der Fassung bringe». .Nickt also, mein Sohn", sagte er mild, .ich war der Zrcund Eure» Later« und darf wohl dem Sohne rathen, zu thlln, wa« er dem Andenken de« verstorbenen schuldig ist. .Sprecht, edler Herr", entgeguete der junge Mann, jetzt unwillkürlich beschämt von der Würde deS Alten. .Ihr dllrsct Den, der so lange für den Sohn Eure« BatcrS gegolten und an dem jetzt", schweres Unrecht verübt ist, nicht toßen, Ihr müsset für ihn sorgen.' „Ja. da» niüssct Ihr", siel NiklaS Haffensicin ein. „DaS habe ich ihm schon lange aiigcbvtcn, Ihr Herren vcrsetzle der Burggraf, „aber er hat- sich aus sein vermeint liebes Recht gestützt und mir allerlei böse Stücke und Händel gespielt. Schützte ihn hier aus dem Schlöffe nicht daö könig liche Geleit, so müßte er dafür noch in verhaft genommen werden." „Laßt da» jetzt ruhen", bat Hasseiisicin. „Sollen wir ihm einen Vergleich anblcten?' .Versucht, wa» Ibr bei dem Trotzkops auSrichtet, liebe Herren", lachte der Burggraf. „Wenn er sich dem Urtel unterwirft, mir Abbitte lhnt. ans die Güter nnd Titel Ver zicht leisten und sich fernerhin friedlich Hallen will, so ver spreche ich. ihm jährlich zwei- bi» dreihundert Gulden zu seinem Unterhalt zu geben." „Ich habe Euer Wort!" rief der alte Schlick und eilte mit jugendlicher Lebendigkeit dem Prätendenten nach, der bereits da» Vorzimmer durchschritten halte. Haffcnstein und andere Edle folgten ihm. „Ein Wort, junger Mann!" ries er dem Davonschreitenden nack Heinrich blieb stehe» „Ihr seid in Verlegenheit, wie Ihr den Namenlosen anznreden habt", lachte er bitter. „WaS könnt Ihr von dem Verstoßenen wollen?" „Wir bringen Euch ein gütliches Anerbieten vom Burg, grasen", sagte ver alte Herr, ohne sick abschrecke» zu lasten. „Mit dem Burggrafen v. Planen habe ich in Güte nichts mehr zu schaffen", 'entgeguete Heinrich hart aus die Mit theilung de» alten Schlick; „ich halte eS wissen sollen, daß die Gerechtigkeit zweierlei Wege hat: sllr den königlichen Schenk und für den AuSgestoßeocn — Thor, der ich war. ihren Wahrsprnck anznrufen und mich mit der Erwartung daraus ködern zu lasten!" „Ihr seid erregt, mein Freund, de schließet nicht guten Nalhschlägen Euer Ohr!" mabnte Haffcnstein. „So laßt sie kenn hören. Eure Vorschläge! Will er mit mir theilen? Will er mir Hartenstein geben oder überläßt er mir die voigtländischen Besitzungen?" „Bei solchen Ansprüchen Eurerseits dürsten wir taube» Ohren predigen!" ries H.isseiistein unniulhig; aber Wels Scblick unterbrach ihn. stellte Heinrich mit milden, eindringlichen Worten vor, daß da« Gesetz gegen ihn entschieden, daß er von Neckt« wegen nicht« mehr zu fordern habe und daß alle Zu gcständniste de« Burggrafen nur au« gutem Willen gemacht würden. „Sagt mir «nr, wa« er zugestehl?" drängte Heinrich. Etwa» zögernd brachte der alte Herr die Bedingungen de» Burggrafen vor. Mit wildem Lachen subr Heinrich aus „Abbitte soll ick thun. da« Urtel anerkennen, mich sried- lich Hallen, aus Güter und Titel Verzicht leisten, nnd dafür bietet mir der burggräslichr Herr den Brttclgroschen von L-Svv Gulden!?" „Zum Leben zu wenig» zum verhungern zu viel", spottete der von der Heyde. „Nicht also, edler Herr", bat Schlick, „wellet nick! Tel *)»««»» in« Fencr gießen, sondern helfen, daß wir e» dämpfe», aus daß nickt ei» Brand daraus entstehe." „Die Verantwortung dafür falle aus Die, welche den Brand angcsachl!" rici Wittenstein. Gemach, Ihr Herren, wir haben e» hier nur mit dem jungen Heinrich zu thu»", sagte Hastenstcin sehr ernst „Wie seid Ibr gesonnen?" „Wie ick gesonnen bin?" ries Heinrich. „Ich sage Euch, ich will mick lieber henke» lasten, al» solche» eingchen."*) „Bedenkt Euch bester", mahnten die Herren .Lange genug habe ich bedacht, jetzt ist'« vorbei!" tobte der junge Mann nnd eilte dröhnenden Schritte« davon. Heyde. Wildenstein und Andere folgten ihm Mit traurigem Kopsschiltteln blickte ihm Wols Schlick nach. .Ich fürchte, mein Freund, der Burggraf, hat vor seinem Tod.- löle Saat anSgcsäet und die Ernte wird verderbe» sein für sein Hau« und seine Lande." » » » Während aus dem Schlosse zu Prag da« LebenSdrama de« Bestoßenen zu einein so verhängnißvollen Wondepuncte ge bracht ward, faß in einem kleinen ärmlichen Sillbcben in einer düsteren Nebenstraße der prächtigen böhmischen Haupt stadt ein junge« bleiche» Weib und ließ mit einer schier si.bcr- baslen Geschwindigkeit die Nadel mit den Gold- und Silber- ' säven durch den seidenen Stoff gleiten, der in den vor ibr stehenden Rahmen gespannt war. Zuweilen lauschte sie mit angehaltenem Athen,, ob nicht ein wohlbekannter Schritt der Thür nahe, und ein schwerer Seuszcr hob ihre Brust, wen» sie sich abermals in ihren Hoffnungen getäuscht sah — ihre Blicke suchten wie trost- und hilfesuchend den Himmel, fielen aber nur aus die Hobe Mauer de» Kloster», an besten Rück seite daS Gäßckcn sich hinzog. nnd eilten dann schleunig wieder zu ihrer Arbeit zurück, als sei jede Secunde, die sie sich von derselben entfernten, eine schwerwiegende vwsäumniß. Wer die muntere, leichtfüßige Gertrud aus der Burg de« Grasen Wilhelm von Henneberg ru Schlcusingen gesehen kalte, der würde sie nicht ohne Mühe in dem bleichen, sinnenden W.ibe wiedererkannt haben, da« so emsig arbeitend, mit so sichtlicher Angst und Unruhe im Herzen an dem kleine» Fenster saß. Wenige Jahre hatten hingereicht, eine voll kommene Veränderung in dem jungen Mädchen hervor- znbringen. Gertrud war nicht weniger schön al« damals, wo sie ibreu Geliebten im Gesängniß zu Teyssingen ausgesucht hakte: aber ihre Schönbeit war anderer Art. Damals hatte ihr Gesicht noch einem unbeschriebenen Blatte geglichen, jetzt hatten Leben und Erfahrung ihre Züge eingegraben, jetzt sah man, daß sie gekämpft und gelitten, gedacht, gestrebt und überwunden halte ... — Ein alter, milder Priester in ein- sanier Gegend hatte ihren Bund mit Heinrich eingesegnct, dann begann ei» unstete» Wanderleben, da« sie mit ihrem Gatten bald im Reich, bald im voigtlande, bald in Böhmen geführt hatte. Nur mit unsäglicher Mühe war r« ihr gelungen, ihn von grwaltthätigrn Unternehmungen abzuhalten und ihn zu vermögen, daß er geduldig de» AnSgana des noch immer vor den böhmischen Gerichten sortgehenden KindschaslS- Proteste» erwarte. Welche Seelenqualen hatte sie während der Zeit erduldet, wie hatte sie gerungen und gekämpft, damit die Seele Testen, de» sie über Alle« liebte» nicht de» finstere» Mächten verfalle, welche mehr al« einmal ihre Krallen »ach ihm auSstrecklcn; wie hatte sie selbst gelitten unter der GewissenSpcin, welche ihr der Gedanke bereitete, daß sie ihren» Vater I,cimlich entwichen war, um dem Mann ihrer Wahl zu folgen! Dock auch die Vergebung ihre« Vater« war ihr endlich zu Theil geworden. Sie war mit Heinrich in Schleusingcn gewesen, batte die Knie de» alten Burgvogtc« umklammert, Gras Wilhelm, der seinem wilden ehemaligen Zögling die milde, sä.istigcnde Gefährtin gönnte, hatte auch ein gute« Wort eingclegt, und der Vater war schließlich erw-icht worden. Er halte der reuigcn Tochter verziehen und ruhigen Herzen« war sie von dannen gezogen — ruhigen Herzen«, wa» die eigene Q»al anbrtras; die Sorge um Heinrich ward nur immer schwerer und drückender. Sie hatte wenig Hoffnung, daß der Proceß zu seinen Gunsten entschieden werde. War , " selbst wirklich Derjenige, sllr den er sich hielt, so stand fügte er leise hinzu, .ein I jh,„ g^ner doch in einer Machtstellung gegenüber, die nackt und bloß in« Elend s jh„ erdicht» mußte. Wäre e« nach ibrem stille», bescheidenen Sinne gegangen, so würde Heinrich allen Ansprüchen entsagt haben, und sic hätten sich einen Fleck Erke gesucht, wo sie den Boden bebaut und ein friedliche» Leben geführt hätten. All' ibrc NcberrcduiigSkunstc vermochten aber nicht den Trotz ihre? Manne» z» beuge», er bcharrle fest auf seinem Anspruch, den er sein gutes Neckt nannte, »nd sie fürchtete, auch ei» vielleicht gegen ihn ausfallender RechlSspruch werde darin keine Acliberiing hervorbringe», sondern ihn nur zur Er greifung der vo» ihr so lange hintangehaltenen Gewaltmaß- rcgel.i treiben. Seit Wochen wellte» sie in Erwartung de» Endurthcil» in Prag. Ihre Mittel waren erschöpft, die Hiisogelder, welche Heinrich von den Bellern und Sippe» zugcslofscn, versiegt. Von, Morgengrauen bi» zur Abenddämmerung saß Gerlrnd am Stickrahmen und fertigte mit kunstgcübter Hand prächtig- Gewänder, Aibcitcn, die ibr die frommen Schwestern >»> nahen Kloster aus ihr inständige» Bitten zugewicse» und reichlich lohnte». „Gott lenke da» Herz der Richter, daß sie einen Wahr spruch thu». der ib» nicht zum Aeußerstc» treibt!" siebte sie inbrünstig. DaS Weit erstarb ihr auf de» Lippen; sie ver nahm seinen Schritt. Tie Thür ward ausgenssc». Da» Baret flog auf den Tisch, der Eingetretcne warf sich ans einen hölzernen Schemel, stützte de» Ellbogen ans de» daneben stehenden Tisch und vergrub vas Gesicht >n der Hand. „Heinrich!" ries Gertrud aufspringend und an seine Seite treicud, „waS bringst Tu?" „Kannst Du nock fragen?" versetzte er dumpf, «ver spielt. verloren! . . „DaS Urlheil ist gegen Dick auSgesalle»?" „Könnt' ich eS andcr» erhoffe»? Narr, der ich war. mein gute- Recht zii erbetteln, e« ,»ir nicht zu nehmen!" „Deine Vettern und Gönner haben Dir Alle gerathen, in Frieden die Entscheidung deS Königs anzurnsen " „Sie bade» gut ralhe» ans ihren festen Stammsitzen, in unantastbarei» Genüsse vo» Namen» Ehre. Macht und Au seben. Sie wissen nicht, wie eS th»t, au» seinem rechtmäßigen Elgcnldiime verstoße», verjagt zu sein wie ei» Hund . . „Nicht also Geliebter", bat sie. „Sei nicht so wild und trotzig und füge Dich dem Spruche!" Er sprang heftig auf und schüttelte ihre Hände ab. die sie wie beschwörend aus feinen Arm gelegt hatte. .Ich mich fügen?" ries er. »Den Spruch soll ich an erkennen, der mich z» einem El,«lösen macht?! Nimmermehr! Man merkt, daß kein avelig Blut in Deinen Adern rinnt, Gertrud, sonst könntest Tu mir »immer dergleichen rathen." Sie zuckte schmerzlich ziisammen. Der Vorwurf tras sie hart. Leise weinend zog sie sich zurück. (Fottsetzung folgt) *) Historisch lEiiigeland») Geehrter Herr Nebacteur! Ick bin ttinwokner der BiSmarck- llraße und muß es reckt beklagen, daß mir lehr häufig Briese (nickt nur von Private», sondern ielbt vo > Aeh-rde») zug hrn, ani denen meine Wohnung mit „BiSmarkstraße" bezeichnet tst. Jeder, der lesen und schreiben tau», soltie doch auch den Name» unsere« große» teulsche» Staatsmannes richiig schreiben können. Fürst UiSmarck schreibt leinen Namen nicht mit t» londer» Mit dem ck und da« sollte doch Jedermann wist»» »ad brachtenI —r.
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