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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188805092
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880509
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880509
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-05
- Tag1888-05-09
- Monat1888-05
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1888
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2876 Verkehr der BerusSgenosftnschafte« z» bilde» »»d die gemeinsame» Ar.gelrieishcilen der Lerui-genoffenschafte, aus dea ihnen gesetzlich zuiewiesepea und »och seiner zuzuweiseaden Gebiete» za sördern." — ttlsdan» wurde da- Amendement der Sächsische» Textil-Bcrui«- genoffeisschast, betreffend die Vertretungen de- Berus-genoffenschastS- Lerbande«, in niodificirter Form genehmigt. Hieraus wurde eia Süireibeij d.S Vorsitz-nden dr- Centralverbaade«, Lommerzieuralh« Haßier (Ayg-burg). verlesen, nach welchem der Beitritt der dem Verbands noch fernstehenden Genoffenschasten nach Annahme der Staiulentzvdcrun.i i» Autsicht gestellt wird. Eia Anirag, schon jetzt einig- dieser Genosscuschasten in den Vorstand zu wählen, wurde aus Wunsch de- Vorsitzenden der Süddeutschen Texiil-BerusSgenossen- schast ölst statulenw drig abgelehnt. Schließlich erfolgte die Wahl deS Ausschusses. Oiewählt wurde» die Berus« - Genoffenschasten: Kuappsctiäst»-, Sleludrl!gi«-Beruj-.Genossenschaften, B.G. der chemi sche» ünddslrie, Norddeutsche Tcxlii-B.-G., Norddeutsche Holz-B.-G., Zucker-Iudustrie-B -G.. Brauerei« und Mälzerei-B.-G., Nordöstliche Bougew tks-B.-G.. Buchdrucker«, Baugewerks.B.-G., Spedition-- Speicherxt- und Kellerci-B.-G. und ElbschrfffahrtS-B.-G. — Köln, 7. Mai. Der deutsche Beruf-geaossea» schastStag lehnte den Antrag der Müllereigenossenschast, betreffend die Begründung einer Lehranstalt, in welcher solche Unsallbeschüdigte, welche infolge vo» Beinschäden, Bcinverlusten oder sonstige» Ber« letznugeu iu ihrem bi«herigen Berufe einen Erwerb nicht mehr finden kSnuen. sür einen anderen Berus, zu dessen Au-übnng sie trotz jener Beschädigungen befähigt, ouSgebildrt werden, unter der Ec- Wägung äst, daß die Berlissgenossersschastcn kein Zwangsmittel besitzen, die Berlehien zur Ausbildung zu zwingen. Zu dem Anträge der BerusSqenvitenschasi sür chemische Industrie, betreffend Vereinbarung mit Lein Vlerztrtoge über eine sachgemäßere Form der ärztlichen Gutachten, wird aus Antrag Holz der geschäft-führende Ausschuß deaustragt, mir dem Acrztetage entsprechende Verhandlungen einzu« leite». Die nächstjährige Versammlung findet in Berlin zur Zeit der Ausstellung statt. Für da- nächste Jahr führt den Vorsitz die Buchdrucker«Berus-genoffenschast, den stellvertretenden Vorsitz die nordöstlich- Baugewerko-Berui-genossenlchast, da- Schriftsühreramt die chemische Beriistgeuosseaschast und da« Schatzmeisteramt die Norddeutsche Textilderus-geuosseuschast. Richteramt. Herr Borcherdt als eigwvillraer heftiger alter Eapulet gab eia wohlgeluogeue« Charakterbild. Herr Knüpfer al< Montague war in der Schlußscene zu trocken und zu nüchtern. Die Gräfin Eapulrt dr« Frl. Truhn re- »räsentirte die Mutter angemeffe», die, mehr Saloudame, sich offenbar wenig um ihr Kind gekümmert hatte. Herr Bischer ai« Apotheker gab un« ohne Milderung da« von Shakespeare o fchars gezeichnete Jammerbild. Der Peter de« Herrn Tietz war ein Putziger Eclave; die kleineren Rollen, Gräfin Mo»- tague (Frl. Kuntzschmann), Bruder Marcu« (Herr Wack), Simso», Gregorio und Abraham (Herr Reimer«, Herr 1) Liter, Herr Langeuhan) und die anderen griffen stet» am rechte» Ort in die Handlung ein; die drei zuletzt erwähnten Herren spielten die JutroductionSscelie lebendig. Wir zweifeln nicht, daß Frl. Marie Barkany unser Publicum noch durch manche interessante Leistung heranziehcn und fesseln wird. Rudolf von Gottschall. Neues Theater. Leipzig, 8. Mai. Shakespeare'« schöne Jugend, tragöde „Romeo uudJulia" haben wir hier seit längerer .Heil nicht gesehen, und doch ist fie eins der beliebtesten Dramen de« großen Briten. Gestern halte da« Gastspiel de« Frl. Marie Barkany vom Berliner Hostbeater der Direclio» Anlaß gegeben, un« die« Trauerspiel, da« eine so süße LiebkSschwärmerci, eine so heiße LiebeSIeivcnschast athmet, wieder vorzusttbrcn, und zwar mit schönem Ersolg. Den Lvwen.anthcil desselben trug der Gast davon, welcher sich nach allen AcischlUffen mehrmals für den Beifall de« Publicum« bedanken durste. Frl Marie Barkany deckt mit ihrer Erscheinung da« Bild einer heißblütigen, süvländiscben Schönen. Und da« ist Shakespeare'« Julia und zwar in solchem Maße, daß ei» Philosoph wie Eduard von Hartman» glaubte eingehend Nach weisen zu müssen, wie weil sich diese Julia von einem deutschen Mävcheindeal entferne. Sie ist die Heldin einer italienischen Novelle, und Shakespeare hat ihren Nationalcharakler gewährt. Kaum hat der Liebe Wctlerstrabl gezündet, da ist da« blut junge Mädchen Feucr und Flamme, Leidenschaft und Hin gebung, kümmert sich nicht mehr um de» Hause« Gesetz und den Willen der Eltern; nur die kirchliche Form erscheint ihr unerläßlich, um dem Geliebten ganz angehörcn zu können, und so wird die geheime Trauung Hai« über Kopf in« Werk gesetzt. Ein größerer Gegensatz gegen die deutschen Grelcben und Klärchen läßt sich nicbt denken. Frl. Barkany hat da« Feuer, welche« sür die Darstellung eine« so temperamentvollen Mädchen« unerläßlich ist. Ein unbeschriebene« weiße« Blatt ist da« Herz desselben nur in den ersten Scenen, dann wirb e« alsbald von leidenschaftlicher Gluth ersaßt, welche ihm die schwärmerischen Ergüsse aus dem Balcon dictirt; e« folgt die erste geflüsterte Zwiesprache der Liebe, die ja alSbalv für den raschgefaßten Entschluß der Trauung den Schleier dc« Geheimnisses braucht. Da« Alle« brachte Frl. Barkany trefflich zur Darstellung; e» vibrirte auch in den Flüsterworten die ganze Allgewalt heißblütiger Liebe. Al« Julia vom Zwei- kamvs Romeo'«, vom Tode de« Detter« und von Romeo'» Dcroannung die Kunde vernimmt, da steigert sich diese Leiben« fchaft zum erschütternden BuSbruch de» Schmerze-. Hier zeigte der Gast, daß er über die Mittel verfügt, die zur Dar stellung hochtragischer Momente erforderlich find. Noch einmal eine LiebeSfcene voll Hingebung, dann die unerschrockene Ab wehr de« ausgevrungenen Bräutigam«, der trotzige Wider spruch gegen Vater und Mutter, die Schlastrunkscene, der entscheidende Höhepunkt der Tragödie. Trefflich sprach Frl. Barkany den großen Monolog; wir fühlten un« anfangs mit dieser Julia von den Schauern der Erbgrust angewe'ot, bi« sie sich in« Unvermeidliche ergiebt »nd den Becher leert. Viele« in der Darstellung war warm empfunden, Andere« sein aukgesührt, und wenn die Kritik ihr volle« Lob nach einer Seite hin etwa« einschränken muß, so gilt die« dem bisweilen zu plötzlichen Uebergang au» dem Piano in« Forte; auch würde manche« Wort der Dichtung einen intensiveren Eindruck machen, wenn r« mehr mit innerer al« äußerlicher Energie gesprochen würde. Nack alle» diesen Seiten hin war Herr Hartmann (Romeo) der Partner der Hauptscenen, ganz im Einklänge mit dem Gaste. An feuriger Leidenschaft kam er ihm gleich; ein,eine Scene» waren mit Bezug hieraus kaum zu über» treffen, besonder« der Ausbruch der Verzweiflung beim Pater; aber auch Herr Harlmann konnte bi-weilen die Kraft seiner Stimmmiltel ermäßigen und mehr Modulationen anbringen. Er bewies ja in vielen Scenen, daß er die« vermag; aber öfter« schein! ihn di: Freude am Bollklang seine« Organ« so zu beherrschen, daß er länger aus den Höhen, wo e« zur Geltung kommt, verweilt, al« gerade nölhig ist. Jedenfalls war Herr Hartman» ein Romeo, der den Grundzügen de« Charakter« und dem edlen Styl der Dichtung durchaus gerecht wurde. Den Pater Lorcnzo spielte Herr Quincke, welcher auch da« Trauerspiel gut in Scene gesetzt hatte. Eine stimmung« volle decorative Ausstattung und Beleuchtung war nirgend« verabsäumt, »nd die Volksscene mit den Zweikämpfen, dem ziischauenden Public»», »nd dem einschreitcnden Staatsober haupt machten einen lebendigen Eindruck. Die Reden de« Pater Lorcnzo, eincS Natur- und Blumenfreunde« voll sinniger Weisheit und »i die Handlung eingreifender Thatkrast, sprach Herr Quincke mit Berstäntniß, wenn auck vielleicht der Ton noch salbungsvoller sei» konnte; denn besonder« der erste Monolog bat etwa- Pomphafte« in seiner Naturbegeisterung. Wen» wir Herrn Hause ler (Mercutio) ein Cömpliment machen sür reu trefflichen Vortrag der Erzählung von der Feenköiiigi» Mab »uv der Scheidcwortc de« z»m Tode ver wundete» Humoristen, so könnt» wir doch nicht umhin, zu bc merke», daß »»« seine künstlerische Individualität sür diese Rolle »ichl geschaffen zu sein scheint. Wir denken un« dafür einen Schauspieler clira wie Karl Sontag, mit dem vollen Behagen encs urwüchsig-il jovialen Humor« — ein ausgezeichneter Darsteller solcher Rollen wie Referendar Fel« wird den Mercutio nicht ganz kecken können. Desto mehr Anerkennung verdient H:,r Hänseler sür die Wirklingen, die er der Rolle abgewonuen. Uneingeschränkte« Lob gebührt der Amme der Fra» Baumeister: da« war eine köstliche Figur, au» freiem G-iste, In stirer »ngeinrl-n Plauderhaftigkeit und naiv-mate rialistischen Weltanschauung. Ihr Hervorruf War wohl verdient. „Ram-o" ist ei» Stuck mit säst lauter jugendlichen Haupt beiden: da ist n.ch der sasl'ional" Pari«, ein Riller und Brautwerber i-ammo il t.rul; da isl ber wie ei» kollernder Trulhah» ausbrausende Tybalt; sie wurden von den Herren Stratzmann »nd Malthae« charakteristisch dargestellt. Der Benvolio ist der anständigste dieser jungen Leute: Herr Herbst batte die» wohl richtig ersaßt, aber er war etwa« z» lehrhaft in seinem To» Vo» den mächtige» Stadlberren übte Herr Treu! Irr al« E»calu« nül Würde da« höchste Leipzig, 7. Mai. ES wird hierdurch auf da« nächsten Montag, den 14. d. Mt«., bei Bonorand in Aussicht genommene WohlthätigkeitS-Concert aufmerksam gemacht, daS außer einem sehr interessanten und anziehenden Pro ramm: Toccata von Bach-Esser, FrühlingSbotschast von fsade, Hirte»« und Jägerchor von Schubert, Zigeunerleben von Schumann, Serenade (vmoll) von Bolkmann, Chor, Fantasie von Beethoven und „Aufforderung zum Tanz" von Weber-Bcrlioz, auSgesührt von bekannten »nd oft bewährten Solo-, Chor» und Qrchesterkrästen, unter Leitung deS Herrn Musikbirector Heinrich Klefse, auch de« guten Zweckes wegen die allgemeine Beachtung verdient. E« handelt sich darum, eine ttnterstützuiig-casse für verarmte, hilfsbedürftige Musiker (Jnstrumenlalisten wie Sänger) zu gründen, denen au» den eristirenten Krankencassen Hilfe nicht gewährt werden kann. Solche Maßnahmen sind nicht nur de» humanen Zwecke- wegen gut zu heißen und warm zu befürworten, onber» auch deshalb, weil dadurch in Zukunft da- Publicum von oft sehr belästigender Inanspruchnahme de« menschlichen Mitgefühl« verschont bleiben dürste. Möge dem Musiker» dessen Hilfe und Mitwirkung stet« bei Wohl» thätigkeitSzwecken in Anspruch genommen und immer gern gewährt wird, aucheinmal dieFreude und der Loh» vergönnt sein, durch de« Publi cum» Entgegenkommen für seine Interessen Unterstützung zu finden. Wir bitten deshalb um Berücksichtigung ver Einladung zum Concrrt. Leipzig, S. Mai. Neue» Theater. Am Himmel» ahrlSlagr, Donnerstag den 10. VS., geht, wie schon mil- gelheilt, die neu einstudirte große heroische Oper „Ferdi nand Eortez" von Spontini im Neuen Theater in Scene, nachdem sie durch siebzehn Jahre hier nicht mehr gegeben worden ist. Der freudige Eifer, der die in der Oper beschäftigten Mitglieder unsere» Opern-Ensemble« bei der Neueinstudirung beseelte, dürste die Gewähr dafür bieten, daß auch die Aufführung eine treffliche sein und ihre Aus nahme seiten« de« Publicum» unserer wackeren Künstlerschaar den willkommenen Lohn für die vielfachen Blühe», welche die Einstudirung erforderte, bieten wird. Noch sei bemerkt, daß die „Eortez"-Aussührung am Donnerstag um '/,7 Uhr ihren Anfang nimmt. Leipzig, 9. Mai. Stadttheater. Carl Reinecke'S hier mit so großem Beifall gegebene Oper „Auf hoben Befehl" wird am Freitag im Neuen Theater wiederholt wcrden. Diese Aufführung aber wird daS lebhafteste Interesse de« ganzen musikalischen Leipzig wackrusen, denn der Componist deS Werke-, Herr Prof. vr. Carl Reinecke, hat sich in liebenswürdigster Weise dazu bereit erklärt, seine Oper an diesem Abend selbst zu diri- ziren. Einige auswärtige Bühnenleiter haben zur FreitagS- Vorstellung von „Auf hohen Befehl" ihr Erscheinen in Aussicht gestellt. * Der von un« reproducirte Artikel „über künst lerische Dankbarkeit", au« der Feder des geistvollen Kritikers Herrn Ludwig Hartman», hat, wie un« ver- chiedene Mitlheilungen bezeugen, ungemein angesprochen. Nur in einem Puncte wünschte man vo» verschiedenen Seilen eine Berichtigung. Ohne die un- eingehenden ausführlichen Schriftstücke „zur Berichtigung- zu berücksichtigen, wollen wir hier nur kurz den Thalbesiand klarstcllen. Herr Hart mann bemerkt» daß Richard Wagner eine vernichtende Broschüre über LiSzt'S symphonische Dichtungen geschrieben habe. Diese Bemerkung erscheint un« al» ein Jrrthum, welcher vielleicht au« einer Verwechselung der Urtheile über LiSzt und Berlioz hervorgegangen ist. Richard Wagner, eigentlich Gegner der Programmmusik, hat dennoch in LiSzt'S symphonischen Dichtungen hochbcdeutende Offenbarungen ve« künstlerischen GeniuS erkannt. Ausführlich legt die» der Meister dar in dem Briese an Ll. „über Franz LiSzt'S symphonische Dichtungen". (Zweite Auslage der gesammelten Schriften Richard Wagncr'S Band 5, S. 182). Die ein- gebcnden, äußerst interessanten Ausführungen deS Autors möge Jeder selbst Nachlesen; hier werden zur Feststellung de« Thatbcstande« zwei kurze Citale genügen. Zunächst sagt der Meister mit Bezug aus die symphonische» Dichtungen Franz LiSzt'« (Seit- 193): „Ich vergebe einem Irden, der biSber an dem Gedeihen einer neuen Kunstsorm der Instrumentalmusik zweifelte, denn ich muß gestehen, diefen Zweifel vollkommen gcihetlr zu haben, so daß ich mich Denjenigen beigesellte, die in unseren Programmusiken eine höchst unerquickliche Erscheinung sahen, wobei ich mich in der drolligen Lage fühlte, gerade i»it unter die Programmmusiker gezählt und mit ihnen in einen Tops geworfen z» werden. Bei den beste», ja oft wirklich genialen Erscheinungen dieser Art war e« wie immer begegnet, während der Anhörung den musikalischen Faden so gänzlich zu verlieren, »äß ich mit keinerlei Anstrengungen ihn sestzuhallea oder wieder anzulnüpsen vermochie." Sodann führt Wagner Berlioz al« warnende« Beispiel an. Nachdem er die Schönheiten und Vorzüge der LiSzt'schen Jnstrnmentaischvpsungen hervorgehoben hat, ruft er den „Mißtrauischen" zu: vertraut nur. und Ihr werdet erstaunen, wa« Ihr durch Euer Ber- trauen gewinnt! Solltet Ihr zögern, solltet Ihr Berrath fürchten, so vrüs» doch nur näher, wer Der ist, dem Ihr vertrauen sollt. Wißt Ihr einen Musiker, der musikalischer sei, al« Liszt? der olle« Vermögen der Musik reicher und tiefer in sich verschließe, al« Er? der seiner und zarter fühle, der mehr wisse und mehr könne, der von Natur begabter und durch Bildung sich energischer entwickelt habe, al- Er? Könnt Ihr mir keinen Zweiten nennen, oh io ver traut Euch doch getrost diesem Einzigen (der noch dazu ein viel zu nobler Mrnsch ist. um Luch zu betrügen) und seid sicher, daß Ihr durch dieie« vertraue» da am meisten bereichert sein werdet, wo Ihr, mißtrauisch, jetzt Beeinträchiiqung fürchtet I werden Wie jedoch Richard Wagner über Berlioz urtheilte, den wir in einer anderen Notiz mitthrilen. Ordentliche Sectionsversammlnug »er Geeit««, IX. Leipzt» der Sprtztti««»-, Speicheret- ««,» Sellerkl-BerusSgrnoffciischast. * Leipzig, 7. Mai. Im Saale de« Kaufmännischen Verein« wurde am heutigen Nachmittag unter der Leitung ihre- Vorsitzen den. Herrn Moritz Merfeld, die ordentlicheS»ctioii«veriammlung obengenannter Berus-genoffenschast abgebailen. Mit kurzen herz lichen Worten begrüßte der Vorsitzende, die Veriammluug eröffnend, die Erschienenen und hieß dieselben herzlich willkommen. Anwesend waren 47 Mitglieder, welche 269 Stimme» vertraten. Den ersten Gegenstand der TageSordnuug bildete der Ge- schastSbericht für dos Rechnungsjahr 1887. Demselben ist entnehmen, daß die Sektion zur Zeit 962 Betriebe mtt 4338 I beitern zählt; rS traten sonach tm Berichtsjahre 263 Betriebe mit 734 Arbeitern blnzu. Damit ist indessen die Anzahl der zur See tion gehörigen Betriebe »och keineswegs erschöpft, nameatlich dütsd sich, wie deir Berich« angiebi, ein großer Theil mit Handel-geichäften verbuudeuer v-eich»r»ien, sei e« an« Unkenntniß de« Gesetze«, sei e« au« andere» Gründe», »och der VersichernngSPsllcht entzöge» habe». Da di« An«dehuuug der Verstcherung«pflicht aus alle Hondci-gclchasie sür di« nächste Zerr nicht zu erwarten steht, soll mit der Heran- ziehung der letztere» weiter vorgegangeu werden, a»d r« wird dabei aus die sachgemäße Beihilfe aller VerlrouenSmänner, sowie aller Benoffenschail-mügiieder gerechnet. Au Entschädigungen wurden im letzten Geschäftrjahre im Ganzen ruud 7010 ^l (und zwar sür Rente» an verletzie Wiitwea uod Kinder, sür Kosten de« Heilversahreu«, sür Beerdigung«, und Brr- pflegungSkoste») bezahlt, während die Äerwaiturig-kosten sich aus insgeiammt ruud 772k ^l beliefe». Im Laus« de« Jahre« 1887 kamen S11 Unfälle zur Aamelduug, von denen sich 178 durch Wiederherstellung der Verletzte» erledigten, während in drei Fällen die Entschädigung abgelehnt wurde und in 30 Fällen Entschädigung zu leisten war brzw. noch zu leisten ist. Unter letzteren desind«>i sich drei Tode-sälle. — Die meisten Unfälle ereignete» sich ia Speditivn-belriebeu, nämlich 110; eS folgen daun die BüterverladungSbetriebe mit 68 und hieraus die Kellereibeiriebe mit IS Unfällen. Am weuigsteu wiesen von letztere» aus die Holz- speditiouäbelriebe uud die Eoioaialwaareuhaudlungen, »imlich je drei Unfälle. Bei Weitem die meiste» Verletzungen waren äußerliche. Boa dea Verletzungen ereignete sich die verhältiiißmäßig größte Aozohl bei dem Transport v»d bei dem Verladen von Gütern. In zwei Fällen wurde von dra Verletzten die Hilfe de« Schiedsgerichts angerusen; beide wurden jedoch durch Vergleich erledigt. Wie »m vorigen Jahre ist der SectionSvorstand bemüht gewesen, Proceffe thuiiiichst zu vermeiden, uud e« soll an diesem Grundsätze auch ferner estgehaile» werden. Die Zahl der Eingänge im BerichiSjahr be trug 10000. Nachdem, vorau«gegangeurr Prüfung uud Abuahnie der Rechnung ür da« Jahr 1887 gemäß, der Borstand entlastet wordea war, de sür den Berwaliungslostenetat deS Jahre« 1889 ein Pausch- l uanlum von 10000 ^l, also dieselbe Summe wie im vorigen Jahre, genehmigt. Der von einem Mitglied- gestellte Antrag, die bestimnlle Summe von KSOO^l für die hauplsächlichstea BcrwaltnngS- kosten zu bewilligen, wurde nach kurzer Debatte gegen 3 Stimmen abgelrhut. Nach erfolgter Auslassung der diesmalig a«»scheidendeli Vor- standSmiiglieder wurden die Herren Moritz Merfeld und Hugo O. Hefster (Firma Hoffman», Hrffter L La.) wiedergewählt, so daß der Borstand nunmehr außer dea beiden Genannlen »och ge bildet wird von den Herren Julia« Schis sa «r, Dresden, Earl Schneider (Firma I. Schneider L Comp ), Leipzig, und Eugen tzaeußler (Firma Gebrüder Haeubier), Gera, Neuß. Ais Ersatz, männer wurden Herr Theodor Schäfer, Riesa, wieder- und Herr Paul Dietz, Leipzig, neugewählt. — Die bei der letzten SectiouS- Versammlung ernannten Vertrauensmänner »nd Vertrauensmann«, iellvertreier fanden hieraus die Bestätigung der Versammlung. Für die auSschcidendea SchiedSzerichisbeisitzer und deren Stell vertreter ivurde» wiedergewähit die Herren Fritz Marx, Leipzig, C. Th. Schulze, Leipzig, und A. Th. Schubert, Chemnitz; als Rechnung-revisoren sür das Jahr 1888 wurden gewählt die Herren Curt Rüdiuger, Ernst Louis Schröder (Firma G. Stichel), Leipzig, und Victor Struve (Firma Gebrüder Erckel), Leipzig. WaS die öffentlichen Blätter onlaugt, in welchen die Bekannt machungen der Sectio» erfolgen sollen, so wurde die „Leipziger Zeitung" nach wie vor beibchalten und cs dem Ermessen deS Vorstandes überlassen, welche» Blätter«» anderweit Anzeigen zu kommen sollen. In Hinsicht aus die bevorstrhende GenossenschastZversammluiig wu.de der Vorstand ermächtigt, eine veränderte Fassung des H. 12, Absatz 1 des Statuts dahingehend zu beanlragen, daß nicht, wie bisher, die bei den GenossenschastSversanimiungea anwesenden Mit giicdcr, sondern »ur die Stimmberechtigten sich bci den Ab- iimmungen zu belbeiligen haben. WaS die sestzustcllendeu UnsallverhüiungSvorschristeu aabetrifft, betreffs bereu gegcnwänig im Auitrage dc» ReichSamteS Verhand lungen statifindcn, so riesen dieselben eine kurze Besprechung hervor, in deren Verlause Herr Landmaun sich lebhaft gegen eine weitere Belastung der Arbeitgeber aussprach, während der Vertreter der „Bodega" hiersclbst sich sür Ernennung von Inipecioren bei der BerusSgenossenichasl, ähnlich wie e- die Fabrikinspeclore» sind, au-Iprach. Vom Vorsitzenden wurde letzterem Redner daraus er widert, daß bereit- die Verlraueusmäunce bei de» Berussgenoffeu schaslen eine dea Fadrikinspecloren analoge Stellung eiunähmcu. Da von den Mitgliedern keine Anträge Vorlagen, schloß Herr Morib Merseld die Versammlung gegen 6 Uhr mit emeni Danke für die Erschienenen und mit dem Wunsche, daß da- Interesse sür dir BrrusSgenossenschast auch ferner rrhallea bleiben möge. ZUM Schuhmacherstreik. * Leipzig, 8. Mai. Gestern Abend fanden anläßlich dc- seit 8 Tagen cingeleilelcn Schuhmacherstrcik- gleichzeitig zwei Versomm luiig-n statt. Während die Gehilfen im Saale de- „Bellevue" über ihre „Lage" berieihen, hatten sich die Arbeitgeber ii» Saale de« Schuh,nacher-InnungshauscS eingefunden, um über die Art und Weise, wie die von ihnen als berechtigt anerkannte Forderung einer Lohnerhöhung in bester und zweckmäßigster Weise durchzusühreu sei, zu berathen. Die von der Innung einberusene Versammlung war sehr zahl reich besucht, auch eine größere Anzahl der Innung nicht angehö render, sowie Meister au» den Vorstadtorlen waren, der Einladung folgend, erschienen. Herr Obermeister Krem er leitete die Versammlung mit einer Darlegung der Lage eia und wie» hierbei daraus hin, daß in deu bisher abgehnllrnrn Innungsversammlungen bindende Beschlüsse nicht gefaßt worden seien, baß vielmehr die allgemeine Ansicht dadiu ging, zunächst eine abwarlende Stellung einzunchmen oder dem Einzelnen ;u überlaffen, sich mit seinen Geselle» zu einigen. Mit Letzterem «i aber durchaus nicht zu verstehen geweien, den von den Gehilfen „dictirten" Tarif anzuerkennen und zu unterschreiben, zumal von verschiedenen Rednern constarirt worden sei, daß der Tarif mangeb hast sei und einer Lorrectur bedürfe. Weiter betonte Herr Krem er, daß bei den meisten Streik« wohl kaum der Fall gewesen sei, daß man die Forderungen der Streikenden „mir nicht-, dir nichts" iwilligte, e» sei vielmehr durch Nachlassen von der einen Seile und »geben von der anderen Seite eine Einigung erzielt worden. Zu bedauern sei de-halb, daß schon nach wenigen Togen eine Anzahl Jnnung-meister und eine noch größere Anzahl selbstständiger «chuh wacher, vielleicht ohne sich die Sache gründlich zu überlegen, den von den Gehilfen dictirten Tarif bcdingung-lo- unterschrieben haben; -u wünschen wäre dagegen aus jeden Fall gewesen, erst die hrutige Stilammiung abzuwarten. Ueber den gegenwärtige» Stand de« Streik« theilte Herr Kleiner hieraus Folgende« mit: In die Streiklistea hatten sich etwa» über 300 Gehilfen eingezeichnet, von denen etwa 90 zur Abreise bewogen wurden, 190 noch streiken, während ein kleiner Theil die Arbeit wieder ausgenommen und ein anderer Theil überhaupt nicht «streikt hat. 4ä Arbeitgeber, darunter 15 Jnnung-meister, Xiben den Tarif unterzeichnet. Zum Schluffe seiner Auslastungen betonte Herr kremer, daß c» >m Interesse der Meister liege, den Streik ou» der Welt zu schaffen und den berechtigten Forde rungen der Gehilfen Gehör zu geben, und er erklärte sür empfehlen«- werth, dr» Toris der Gehilfen einer Prüfung zu unterziehen, event. eine» anderen auszustellen, welcher den Meistern al- Anhalt dient Eine überaus lebhafte Debaite schloß sich den Ausführungen de« Herrn Obermeister« an. Besonder- scharf tadelte eine Anzahl Redner diejenigen Meister, welche den Toris bedingungslos unterschrieben, wa« Letztere veranlaßt-, sich in kräftigerWeiie zn vertheidigen. In gleicherWeis« wurde die Art de« Vorgehen- der Gehilfe.! einer »lißbilligendeu Kritik unterzöge», aber auch vo» aiidcrrr.Rednern aus die verbefferungsbedüi' , Lage der Gehilfen bingewieien. Der von Herrn Klötzer grftellte Antrag, eine Commission von 7 Personen behus« Ausstellung eine« Lohntoris- zu wählen, fand die einstimmige Annahme der Brrsamm lung, Herr Kremer nahm sodann noch Gelegenheit, darauf hinzu, weisen, daß e- der Innung unmöglich gemacht worden sei, mit den Gehilsea ia Verbindung zu treten, da die Letzteren in ihrer Ver- sammlung ausdrücklich erklärt haben, daß sie mit der Innung nicht« zu thu» haben wollten. ES sei deshalb z» empsehlen die Regelung von Werkstatt z» Werkstatt aus Grund diese- LohniarisS, welchen dir Commission „»«arbeiten wird, vorziinehnirn. Gleichzeitig wurde von Herrn Kremer der Vorschlag gemacht, i» diese Commission auch zwei Meister ou- den Borstadtorten zu wählen, um auch de» dort bestehenden Verhältnissen Rechnung zu tragen. Au- der weitem, Debatte stad naiv die Auslassungen de- Herrn Klinischmann bemerken-werth. Derselbe sprach sich dnh-n au-, daß er das Vorgehen drr Gesellen zur Verbesjeiung ihrer Lage zwar billige, zugleich aber di« Art und Weis«, wie der Streik in Scene gesetzt worden sei, bedauern müsse. Dru »aris, wie er von den Gesellen ausgestellt wordeu sei. löuue rr nicht unterzeichnen, er hätte ein verständigere-Vorgehen der Geselle» crwärtet und e- wäre nach ieiiicr Ansicht Pflicht der Meister, mit den ehrlich denkende» Gesellen Hand in Hand zu gehen. Geradezu unmöglich sei e« sür die Meister, den ausgestellien Tarif innerhalb zweier Tage zu prüfen und anzunehmen, wie e« seiten« der Streikenden verlangt worden sei. Nm eine Lohn- erböhling durchznsnhren, batte e» einer längeren einqebenderen Vorhandiung bedurft. ES ivaie am Platze g-wesen. mit der Innung schon vor Ostern die Beratbnng zu beginnen. Do« Lorschreibrn rine« Lohutarii« seit-,« der Gehitten könne sich die Meisterschaft nicht gefalle» lasse», de»» eiue Unterordnung müsse M i» ßaalttch«, wie im gewerblichen uud Familirnlebeu gebe», sauft könne» Staat uud Gesellschaft nicht bestehen. Herr Kremer erklärte sich im Ganz«, mit diele, >u»führ«,ge, einverstanden und wie« noch darauf hi», wie die Meister den Gehilie, choa früher dadurch rnigegengekomme» seien, daß fie 11 Gehilsea in dea Ausschuß für da- Gesellen- und Herbergtwesen bernsen, daß die Gehilsrn aber hiervon keine» richtige» Gebrauch gemacht Hobe». ES wurde endlich beschlossen, am nächste» Mittwoch ein« Ver- ammlung abzuhallen, in welcher drr Entwurf drt vo» drr gewählten Commission au-gearbeitetrn Lohntaris« vorgelegt werden soll. Zu dem Referat über die am 29. vor. MtS. abgehalirar Jnuuag-. Versammlung muß berichtigeud nachgetraaea werden» daß nicht, wie e« dort heißt, von mehreren Redner» nesagt worden ist. von Seite, der größeren „Schuhwaareatabrilanteu". sonder» Schuh, waarenhändler sei deu Gehilfen eiue Unterstützung sür den Fall eiue« Streik« zugesichert. ES ist zu roaftatirea, daß kein Schuh, waareasobrikaut diese Versicherung gegeben» »och dieselbe bi« jetzt brthätigt hat. « Leipzig. 8. Mai. Die Restaurant „Bellevue" abgehaltenr gefte öffentliche Schuhmacher.Ge. hilfruversammluug war von grgra 300 Prrsouen besucht. Den Vorsitz führten wiederum die Herren Thieme, Bouugeö und Laube. Der Vertroueu«moau Herr Richter reserirte ebensall» wieder über da« Thema „Unsere Loge" »ud suchte die Roth. Wendigkeit der Lohnerhöhung uachzuweisen. Er betaute ferner die Rothwendigkeit der Unterschrift der Meister bei der Annahme de« Tarif« und forderte die Streikende» aus, sest ao-zudarren und sich »ich« zu sügeu, »icht minder forderte er, die ber Bewegung »och serustehendr» Lolleaen zum Anschlüsse an dieselbe aus. In der sich aoschließendeo Verhandlung sprachen sich eine Anzahl Redner in gleichem Sinne au«. Drr Arbeügeber Herr Kirsten beklagte dea Mangel der Bilduug bei deu Gehilfen, da „nur durch dieselbe der Mensch seine Lage erkennen lerne und zu verbessern strebe", dagegen „kaue eia Arbeiter, der »icht über seine Lage nachzudenken fähig sei. ruhig sei» trocken Brod weiter". Nach, dein noch Herr Richter aus dea geiuadheitrschädlichea Zustaid einer großen Anzahl Werkstubeu hingewiese» und Abhilse ln dieser Richtung als driagead nölhig bezeichnet hatte, nahm die Versammlung eine Resolution i» ioigeuder Fassung an: „Die heute am 7. Mai 1888 lm Saale de« Bellcvue tagend« öffentlich« Schahmachergehilfeu-Ber. sammlung erklärt sich eiuvrrstaude» mit den Ausführungen de- Resereuten, beschließt ferner die Durchführung de« Tarif- bi« aus Weiteres seslzuhalren und falls derselbe binnen kurzer Zeit nicht bewilligt ist, die jungen Gehilfen zur Abreise zu veranlassen." ErwähiienSiverlh ist, daß «in Rcdner bei seinem zweite» Aus. treten vom ubrrwachenden Polizeibeamten al» Tffchirr erkannt und ihin da- Wrilersprechea mit dem Brmerkea, daß er »icht hierher gehöre, untersagt wurde. Königliches Schwurgericht. * Leipzig, 8. Mai. (DrrLindenthaier Doppel««!».) Der Umstand, daS die Angklagte Baier ihr bereit- vor der Haupt»«- Handlung abgelegte- umfassende« Testäudniß in der letzteren auftecht erhielt, war Veranlassung, die Hauptverhaadluna an einem Tage, wenn auch erst in de» Abendstunden, zu Ende führe» zu können; denn r« konnte aus die Abhörung eturr größeren Anzahl von Zeuge» Verzicht geleistet werden. Bezüglich deS dritten Delikte«, der vrrsochte» Brandstiftung, haben wir vorerst nachzutragen, daß die Baier sich in dieser Be ziehung dahin auSsprach, sie habe nicht beabsichtigt, mit ber Ent zündung der dem alten Messinger gehörigen Kleidungsstücke >c. auch da« Hau- selbst in Brand zu stecken, sondern einzig und allein die Svuren de« Raube- beseiligea wolle». Daß die An- geklagte versicherte, die That allein und ohne jede andere Mit wirkung au-grsührt zu baden, ist von on« bereit« kurz erwähnt worden und diese Versicherung verdient schon um deswillen Glauben, da die Baier gar nicht in der Lage sich befand, einer etwa bei der Biutihat betheiligtcn anderen Perlon im Voraus Mittheiiung über die Umstände zu machen» unter welchen sich dir Ausführung de- Verbrechen- ermöglichen lassen würde, zumal sie gar nickt wissen konnte, ob »nd wann eine« drr Messingerschen Eheleute die Wohnung und ob aus längere oder kürzere Zeit verlassen, oder aber, ob sic nicht durch andere Personen gestört wrrden würden, endlich aber auch der gesammle Raub im Besitze der Angeklagten vorgcfanden worden ist. Die AuSiageu der Zeugen, welche über den Lenmund der Angeklagten abgebört wurden, gestalteten sich verschiedenartig. Bon zwei Zeugen wurde sie de« Diebstahls beschuldigt und eine derselben, eine frühere Wirlhi» der Baier, hat sie deshalb sorlaejagt. Die letzte Wirthm der Angeklagtrn, Frau Sch. hier, gab an, daß die Baier, als Polizei in ihrer Wohnung erschienen, sich sehr frech benommen habe, ferner, daß die Baier an, Abende des NeujahrStagcS V«11 Uhr mit einem vollbepackten Kord Sachen zurückgckehrt sei und geäußert habe, sie hätte sich in Gundors wo sie früher gedient) ihren Weihnachten geholt. Die Schwester der Zran Sch., eine gewisse O., bezeugte, daß die Baier sehr kärglich gelebt habe. Eine Zeugin S., die mit der Angeklagten zusammen- gewohnt, ist Von der Letzteren eine« Nacht- während des SchlascS um 7 30 bestohlen worden. Inspektor S. vom Rittergut Gundors deponirte, daß dir Baier während ihres Dienste« im Großen und Ganzen willig und gut, zuweilen aber etwa« verdreht qewesen sei, geweint, von Auswanderung gesprochen habe «. s. w. Die Be- baupiungen der Angeklagten, mit einem Sohne der Messiugcr'schen Eheleute kein Verhältniß gehabt zu haben» wurde durch eine Schwester de« Messinger widerlegt. Es wurde weiter constatirt uud war von der Angeklagten nicht in Abrede gestellt, daß bei der Haussuchung ia ihrer Tournüce versteckt 100 von dem geraubten Gelbe vorgesundcn worden waren, ferner daß sie am 2. und bez. 3. Januar für nahezu 60 » allerhand BckleidungSgegenstände, Putz und Tand sich gekauft und einen großen Hang zur Putzsucht (wahrscheinlich ein Hauptbeweg grund zur That) on den Tag gelegt, endlich, daß die Angeklagte am Lharireitage nach dem Empsonge deS heiligen Abendmahles aus eindringliches Ermahnen ihre- Beichtvaters ein Gesländniß der Bluithat abgelegt hatte. Von Seiten der al- ärztlicheSachverstäadige vorgeladenen Herren Hofrath vr. Berger und vr. Thümmlrr wurde zunächst der Befund der beiden Leichen constatirt; danach hat drr alle Messinger eine vollständige Zertrümmerung de- Schädeldaches und damit im Zusammenhänge stehend eine Zerstörung de- Gehirns erlitten: der Tod ist bei ihm sofort eingetrcteu, während bei dcr verehel. Messinger der linke Theil de« Schädel- von den Beilichiägen getroffen und da« linke Ohr zerquetscht, sowie die Stirn eingedrückt worden ist und die Frau »och längere Zeit gelebt haben dürste (da- stimmt ja auch mit den Angaben der Angeklagten überein). Aus die Frage de» Herrn Ober-Staat-anwalt- Häntzjchel über die Beobachlliugen der Herren Sachverständigen in Bezug aus den Geisteszustand der Angeklagten sprachen sich dieselben dahin au«, daß nach dem Verhalten der Angeklagten vor, während und nach der That, sowie nach den angestellten Beobachlungen währeud der Untersuchung-Hast die geistigen Fähigkeiten der An geklagten vollständig normale seien. Vor Ablegung de-Geständnisse- sei ihr Zustand ein sehr erregter, nachher ober ein ruhiger gewesen. Herr Hosrath vr. Berger sügie noch hinzu, baß die Angeklagte eine bei Mörder» sebr häufig ausgeprägte Gleichgiltigkeit besitze. Nach geschlossener Beweisaufnahme faßte der Herr Ober-Staats, anwalt i» gedrängter kürze da- Lrgebniß dcr Verhandlung zu sammen, hielt die Geständnisse dcr Angeklagten, zumal dieselben sich mit den Ergebnissen der BkweiSausnahme in ollen Stücke» deckicn, sür vollständig glaubhafte und damit auch die Mitwirkung einer dritten Person al- völlig ouSgeschloffen. Er bezeichnrte aber auch die Angaben der Angeklagten in Bezug aus die versuchte Brand stiftung al- glaiibhasic und enthielt sich demnach auch eine- Antrag« in Bezug aus die hierzu gestellte Schnidsrage. Daß die Angellagie dir Thal mit voller Ueberlegung an-gcsübrt, sei klar sestgestellt, räthselhast aber bleibe eZ trotzdem, daß ein i» so jugendlichem Aller stehendes Mädchen eine solche Thal begeben konnte. Herr Rechtsanwalt Freytag H„ al- Verihridiger, vermochie nach dem Ergebnisse der Verhandlung diesen AuSsührnngen nicht ent- geg-nzutreten, denn seine Meinung, daß man an den normalen geistigen Functionen bei drr Angeklagten zweifeln könne, sei durch die gegenthriligen Versicherungen der ärztlichen Herren Sach- verständigen widerleg«. Tie Schnidsrage wegen versuchter vor sätzlicher Brandftislung bitte er dagegen zu verneinen. Die Geschworenen gaben ihr Verbiet denn auch im letzteren Sinne ab und so wurde die Angeklagte wegen Morde« und Raubr- zum L«p« verurtheilt, von der Anklage der versuchten Brand- fttstung dagegen sreigesprochen. Tie Baier selbst vernahm das Todesuriheil mit derselben Ruhe und Gleichgiltigkeit, weiche während ber ganzen Dauer dcr Verhand lung nicht von ihr gewichen war: sie verabschiedete sich noch von ihrem Bertheidiger »nd gab ihrer Befr-edigung darüber Au»druck, daß die Sache vorüber sei. Vor definitivem Schluß der Sitzung dankte der Herr Präsident den H«rrcn Geicktworenen sür deren Esser und Pflichttreue bet der gemr»ssamr<> richterlichen Thäligkri«, die viermal zwar von kurzer Dauer gewesen sei, indessen habe die Sitzung zwei Verbrechen »ui- halten, ans welche die schwerste Straft, die irdische Richter über-
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