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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.01.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930117018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893011701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893011701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-01
- Tag1893-01-17
- Monat1893-01
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Piöckrrnschen Winkel zwischen der Luppe »ad der Kluthrinne 7 Rmtr. Eichen-Rutzschrtte II. Llasse, 61 - Eichen- > v I Rüstet- ! vrrunschrtte. sowie 8 » Linden- - 70 starke Abraumliausrn und 130 starke Langhansen «ater den im Termine öffentlich ansbängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort uud Stelle an den Meistbietende» verlaust werden. Zusammenkunft: aus dem obgengenannten Schlage. Leipzig, am 30. Decrmber 1892. DeS Rath» Aorstdeputation. DiMahls-Lekannlinachuilg. Gestohlen wurde laut hier erstatteter Anzeige: l> 27V ^l in Dvppelkroneu und Kronen mit Bildnissen Kaiser Friedrich'- und Wilhelm s U„ 1V8 >li in einem Ein- und Zehn-, 2 Fünf- und 2 Drei-Doüarstücke», im November v. I., sowie et» starker goldener Nt»g mit einem großen 4 wur gefaßten Brillanten, vom 2. bis 9. d. M.; L) 3 Stück achromatische Linsen — Panorama-VergrößerungS Mer — bestehend auS Messinghülseu mit Schraubeugcwiudcn, am I. d. M.; 3) eine Nickel »Vyltndcruhr mit Secunde und blauen Puncten an den Zahlen und mit anhäageuder Nickclkette, i 12. d. M.; 4i eine silberne EstlinSernhr mit Secunde, geriester Rückseite »ad herzförmigem Schildchen, vom lO. bt» 11. d. M.; v> eine goldene Tamen-Lylindcruhr mit geriefter Rückseite uad kleinen Rostflecken tm Deckel, Mitte v. M.; Kostne aoltzrnc Damcn-Eyltnderuhr mit rundem Schildchen «»s dnMmsAkK und anhängeuder viersträngiger goldener Kette mst 2 Quasten, am 3. d. M.; etn Winterüderzirher von hell- und brauukleincarrirlem Atoff mik^riner Ateche Hornknöpfe, Stoffkragen und graubaum- wollenem Mter, am 12. d. M,; 8) rin Wtntcrübcrtteher von schwarzem geflockien Stoff, mit Eammetkragen, Lederhenkel, 2 Reihen übersponnenen Knöpfen, btau- »ad brauncarrirtem Schooß- und schwarz- und blaugestreistem tlermelfutter, am 7. d. M.; 3) ein Wtnterüberzieher, vou dunkelbraunem gestockten Stoff, «ist wollenem carrtrten Futter, braunem Dammetkragea und Perl- «nuterknöpfea, eine schwarze Pelzmütze, mit schwarzem Futter, >m 8 b. M.: 10) ein Winterüderzirher von dunkelblauem glatten Stoff, mst schwarzem Sammetkragen, blaucarrirtem Schooß- und schwarz seidenem Aermelfutter und einer Reihe schwarzer Hornknöp'e m «rdeck.er Batterie, etn dlausetdene- Halstuch mit weißen Streifen wd rother Kante, am 7. d. M.; 11) etn Wtnterüderzteher, neu, von graubraunem glatten Stoff, mit rtoer Reihe überzogenen Knöpfen, verdeckter Batterie, dellcarrirtrm Kutter, Sammetkragea und Stoffhenkel, vom 10. bis II. d. M. 12) etn Jacket, sogenannte« Saeco, von schwarzem Diagonal, mst seidenen Spiegeln, schwarzem Futter und 2 Reihen schwarzen kletnnußknöpsen, vom 2. bis 6. d. M.; 13) ein grotzrr schwarzer Pelz mit grauem Uebrrzug und fchwarzem Kragen, am 9. d. M.; 14) eine Netsedrcke, schwarz und bezw. mit rehfarbigem, ge blümtem Muster, am 7. d. M.; Ib) 2 K«pfktffen mit Federn, am 11. d. M.; 16) 2 Waschgeschtrre von geblümtem Dresdner Steingut — 8 Krüge, 2 Becken, 2 Seifennüpse rc. —, vom 11. bis 12. d. M. 17) ea. SV Stück ungehobelte Spindbretter, am 4. d. M 18) eine »aide Tonne MatjeS-Härtnge, am l3. d M. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenständ» oder über den Thäter sind ungesäumt bet unserer Lrstninalabtheiluaa zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 16. Januar 1893. Da» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Bretschaetder. Ass. Br,, o. o. Die letzte Lauzlerrede. K Uebrr der Militairvorlage schwebt ein eiaentbümlichcS Lerbängniß. Kaum bat sich der ungünstige Eindruck, den die ersten verwirrenden Nachrichten über die Borlage und dann die ungeschickten militair-officiösen VertbeidigungS versuche derselben bervorgcrufen kalten, etwa» abgeschwächt so kommt die große Rede de» Reichskanzler- Grafen Caprivi i» der ersten Sitzung der Militaircommission und stiftet in ganz Europa neue Verwirrung. Vergebens muß die „Nordd. >Üg, Ztg." einmal über da« andere versichern, Graf Caprivi habe nicht gesagt, wa« ihm die Berichte ziemlich über einstimmend in den Mund gelegt haben; nirgend« will man daran glauben, daß die Zuhörer de- Kanzler« ihn so völlig mißverstanden hatten, überall hält man sich an die Berichte und zieht au« ihnen den Schluß, daß Graf Caprivi unser Berhaltaiß zu Rußland al« unabänderlich schlecht ansehe und daß er e« siir die Aufgabe Deutschland« im Dreibunde er» »chle, die österreichischen und dir englischen Kastanien auS dem Feuer zu bolen. In London. Wien und Pest klingt doch und immer höber da« Lied vom braven Mann Caprivi. »alürlich auf Kosten de« .doppelzüngigen" Fürsten Bismarck der zweifrlbast war, ob die orientalifche Frage die Knoche» eine- einzigen pommerschen Grenadier« für un« wertb wäre, Jetzt — diesen Schluß zieht da« Ausland au- den Berichten über di« Rebe de« zweiten Kanzler« — sind alle deutschen Knochen in erster Reihe dazu da. sich für österreichisch-un garische Interessen zerbrechen ^n lassen, und da man nickst »iffen kann, wie viel von diesem Massenartikel die öster reichisch« Orienkpolitit gegebenen Fall« beoölhigen wird, so ck dir Militairvorlage »rogebracht, wädrend Oesterreich- llnzarn nmnlg mrd Ital,»» gar nicht« für di« Er liölmng ibrer militairisck'en Stärke tbun. „Schwab' zahlt, Ungar reil'l". Das ist der Eindruck in England und Oester reich. Bon Rußland ist noch kein Widerhall herüdcr- gellungen, man darf sich aber darauf gefaßl machen, daß dort von einem geflissentlichen Reißen deS DrahlcS durch den deutschen Reichskanzler geredet werde» wird. Der russcufeindliche Herr Bedel bat übrigens diesen Eindruck auch gewonnen, er lebt im „Vorwärts" den Grasen Caprivi höcklich. Nun sind das ja alles Mißverständnisse und der „Nordd. Mg. Ztg.", die jetzt in jeder Ausgabe irrige Austastungen berichtigt, darf man glauben, daß der Kanzler den Krieg mit Rußland nicht für unvermcidjich hält und daß er die Aufgabe der deutschen Politik darin erblickt, in erster Linie die deutschen Interessen zu wahren. Cs gelingt aber »ur, die Ab lick len deS Grasen Caprivi zu rechtfertigen, nicht aber seine Handlung, die CommissionSrede selbst, die auch vou den Coin- »lissionSiuitglicdcrn in den allermeisten Punetcn genau so ver landen worden ist, wie von den Berichterstattern, — die Com- missionSmilgliedcr sind eben auch die Berichterstatter. Ter Reichskanzler wollte keine Wendung in der deutschen aus wärtigen Politik signalisiren, »och auch den Schein erweck:», daß eine solche in Aussicht stände, er ll>at cs aber. Und damit hat er ganz iin Stile deS neuen CurscS gearbeitet, dessen Unfähigkeit, die Tragweite deS gesprochene» Wortes zu ermessen, zu seinen hervorragendsten und unheilvollsten Eigen schaften gehört. Daß seine Rede einen liefen Eindruck ans die Hörer hcrvorbrachle, haben wir schon hervorgcbobc»; aber dieser Eindruck seiner auswärtigen Ercursion war, wie sich immer mehr bcrauSstcllt, kein befreiender, sondern ein ver blüffender. Wie unS von durchaus zuverlässiger Seite be richtet wird, antwortete einer der Zuhörer new am selben Abend aus die Frage »ach seinem Eindruck: „Machen Sie sich aus ein Freudengcheul in der Wiener und Londoner Presse gefaßt." Man kann sich ja nickt darüber Wundern, daß Graf Caprivi das auswärtige Gebiet nock nicht beherrscht wie sein Vorgänger und daß ihm bei einer Crcursion aus dieses heikle Gebiet nickt immer daS rechte Wort zur Verfügung sicht. Aber mil Recht schreibt man der Münchener „AUgeni. Ztg.": Von einen, Diplomaten oder Juristen ist nicht zu verlangen, daß er nach zwei Jahren ein ArmeccorpS comuiandiren kann, Ausdauer die Gewissen der Arbeiter „vom religiösen Spuk zu beireien". Dieser Spuk gehört nicht in »»icre moderne locialisiische Weltanichauung hinein. Er muß daher als erbitterter Feind dieser Weltanschauung an allen Ecken und Enden bclämpst werde». Und in diejen Tagen gerade, wo sich der religiöse Svuk mit Hilfe der Staatsgewalt der Eieisler und Herzen unlerer Kinder bemächtigen will, La haben wir den Kampf gegen ihn auizuncdinen. Der Staat hat unserer alheistiichen. sociallstischen Welt- anschauung den Urieg erklärt. Wohlan, beantworte» wir seine Kriegserklärung mit einein MnssenauSIritt aus der Landeskirche". Die Unabhängigen dürsten mit ihrer Agitation cbcnio wenig Erfolge erreichen wie vordem die Socialtcliiokrälic, die schon zu Most'S Zeilen alle Anstrengungen machte, die „Gcnosseii" der Kirche abspenstig zu machen, und wie dies neuerdings seitens deS freireligiösen Sprechers Voglberr geschehe». — Iw, Heinrich Braun, der Herausgeber des „ Socialpolitisckcii CentralblattS", bespricht in demselben die amtliche Arbeiter st a t ist ik. Die Commission für Arbeiler- stalistik sei, so meinr Braun, wenig zweckentsprechend organisirt worden: dureaukratisch sei die Organisation der Com Mission, bureautralisch daS Vorgehen bei den Erhebungen und bureaukratisch auch die Geheimhaltung der Resultate. Wen» er, Iw. Brau», stets unterrichtet sei und Besprechungen auf Grund von Originalen briugcu könne, so verdanke er daS »ur der persönliche» Liebenswürdigkeit eines Mitgliedes der Eonimission. Die Commission, so erzählt der Verjasscr weiter, habe sich sür die Aufnahme mittelst Fragebogen unk dafür entschieden gehabt, daß die Erhebung sich nicht ans jeden vorhandenen Betrieb erstrecken, sondern sich »»t der Stichprobe begnügen solle. Hiergegen seien von einigen Coi»n»ssio»Smilgliedcrn Bedenke» geltend gemacht worden, ». A. von Herrn von Schicker, der erklärte, die AnSsüllung der Fragebogen durch die Bäckermeister enl balle au letztere die Aufforderung, gegen sich selbst auSzusagcn; worauf der Borsitzende Ur. von Rotlenburg erwiderte, in der Auskunft verArbeilnehincr licgeeinc Control« gegen die Angaben der Arbeitgeber. Die Bäckergesellen hätten, »ach Braun, bei den Meistern Kost und Wohnung, sie stände» in einem patri archalischen, abhängigen Verhälkniß. und deshalb hätten, wie ausdrücklich constalirl worden, in einer Anzahl von Fällen die Arbeitgeber eigenmächtig die Fragebogen für ihre Gesellen auö- gesüllt. Die Stichprobe sei umsomehr zu verwerfe», weil cS den Untecbehörden an der erforderlichen Oualisicalion fehle. ebensowenig von einem zum GeneralstabSches oder Kriegs»'^est>,«stellt sei auch durch das kaiserliche statistische Amt, daß minister qualificirtcn Militair, daß er nach zwei Jahren ^sd:e Vertheilung der Fragebogen umeroalb der einzelnen die schwierigen Wege der großen Politik versteht, welche zu beherrschen nicht ein Titel, sondern angeborenes Geschick, diplomatische Begabung und längere Erfahrung erforderlich sind. Dafür, dag er dies Alles nicht besaß, als er zur Ucbcr- nahme der Nachfolge deS Fürsten Bismarck berufen wurde, ist Graf Caprivi nicht verantwortlich ru machen. Nur ist cS wenig begreiflich, daß er sich mil solcher Vorliebe in ein Fach vertieft, weiches nicht das seinige ist." Daß bei einem Diplomaten Reden Thalen sind, zu dieser Erkenntniß ist der Nachfolger deS Fürsten Bismarck während seiner bald dreijährigen Laufbahn als leitender Diplomat eine« Fünfziginillionen - Reiches nicht durchgedrungen. Ob sich das in der Zukunft ändern wird, muß einstweilen dahin gestellt bleiben. Bis jetzt kennt der Herr Graf in der Politik imi»er nur eine Schwierigkeit: diejenige, vor der er ge rade steht. Erzeugt die Art ihrer Beseitigung andere, größere Hindernisse, so ist daS die Sorge de« kommenden Morgens. Die Natur der Dinar erweist sich aber in jedem Falle stärker als der deutsche Reichskanzler, der StaatSsccretair deS Aeußeren und die „Nordd. Mg. Ztg.": der nächste Zweck wird nickt erreicht, aber die heraufbeschworenen neuen Schwierigkeiten bleiben nicht aus. Die halbe Ver leugnung des IahreS l866 gegenüber einem wclsischen Reichs- tagSabgeordnelen hat die Welfen nickt begütigt, aber die hessischen Particularisten rrniulhigt. DaS Schulgesetz und mit ihm der preußische Ministerpräsident sind trotz der BrüSkirung der Nationalliberalen gefallen. Tie OSnabrücker Rede von der Wiederherstellung des (natürlich durch Dculsch- land gestörten!) europäischen Gleichgewichts durch die Kron- städter Tage — diese, nebenbei bemerkt, im schroffsten Wider spruch mit dem Commissionövortrag de? KanzjerS stehende Rede bat in Rußland keine Wirkung hervorgcbracht, dagegen den Revanchcgelüsten der Franzosen gewissermaßen eine moralische Unterlagt gegeben. An diese Beispiele, die sich leicht vermehren ließen, reibt sich nun die neueste Leistung, welche dieMititairvorlag» nicht gefördert hat, während die europäischeLage durch sie, gelinde au-gedrückl, nicht klarer geworden ist. Dem allen Blücher blieb nach dem Wiener Congrcß nichts übrig, als resignirt zu beklagen, daß die Feder verdorben, was das Schwert gut gemacht: er stand vor unabänderlichen Thatsachcn. Will Graf Caprivi unheilvolle Thatsackc» abwenden, so bleibt ihm nichts übrig, als bei der zweiten Lesung der Militair vorlage im Plenum den Versuch zu macken, den Eindruck, den er wider Willen durch seine CommissionSrede bervor- gebracht, nicht nur abzusckwächen, sondern in das directe Gegcntheil zu verkehren. Und selbst wenn il»n das gelingt, wird er weder das Vertrauen deS verbündeten Auslandes zu seiner diplomatischen Befähigung erringen, noch im Reiche die Zuversicht erwecken, daß die den, Volke angesonnencn neuen Opfer hinreichen werden, dir Fehler der Diplomatie au«jugleichen Deutsche- Reich. ID verltn, 16. Januar. Die unabhängigen Socia- listen werden in Kurzem eine lebhafte Agitation sür den Austritt au« der Landeskirche entfalten, und zwar an allen den Plätzen, an denen sie Anhänger haben. Veranlaßt dazu füblcn sie sich durch den jüngsten Erlaß deS preußischen EultuSministerS, nach welchem die Kinder der Dissidenten zwangsweise zur Thrilnahme am Religionsunterricht ange halten werden sollen. Da« Organ der Unabbängigcn wirft der srartionellen Socialdemokratie vor, daß sie nicht niebr den Beschluß des socialdemokratiscbcn CongrcsseS z» Mainz, der im Jahre >872 tagte, respectire. Dieser Beschluß lauter „Es ist den Mitgliedern, nachdem sie durch Annahme de« Partei Programms sactlsch mit jedem religiösen Vekenninih ge brachen baden, zu einpseblen, auch formell ans den kirch- ltchen Genossenschaften auszutreten." Da« unabhängig« Blatt schließt seine Aufforderung zum Maflenau-lritt au« der Kirche mit folgenden Sätzen: „Sie sdt» Bewegung dee Uaattzängigea- ha» «tr »nerniüdltcher taatsgcbiete Schwierigkeiten ergeben habe, weil »euere statistische Erbebungen über Anzahl und Personal der Betriebe fehlten. Infolge dessen seien mancherlei direct cvnstatirte Fehler begangen worden. Ferner seien in den große» Städten einzelne Bezirke ansgewählt worden, ans welche die Erbebung beschränkt wurde, was schon der Abgeordnete Siegle bemängelt habe. Die Statistik hätte als eine öffentliche Angelegenheit behandelt werden und die Bctheiligtcu hätten daraus genügend vorbereitet werden sollen. Die Hinzuziehung der Arbeiter sei stets zu empfehlen und vorthcilhaft, wie schon der badische Fabrikinspector vr. WöriS- Koffer bekundet habe. ES müsse Wandet geschaffen werden durch eine zweckentsprechende, auf neuen und völlig selbst ständigen Grundlagen aufgebaule Organisation in der Form eines Reichs-Arbeitsamts, das die Gewähr biete für eine wissenschaftlichen Erfordernissen genügende und gleich zeitig die Bedürfnisse der Gesetzgebung und Verwaltung be friedigende Ausführung einer Arbeitsstatistik. V. Berti», >6. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser leidet an einer leichten Erkältung; er konnte deshalb gestern der Einladung deS conimandirenten Generals v. Mccrschcidt - Hüllessei» nickt folgen und heute der Gc- dächtnißseier sür Werner Siemens in der „Philharmonie" nicht beiwohne». - Berti», l«>. Januar. (Telegramm.) Die „Nord- denlsche Allacm. Ztg" hatte ein Privaltelegrainm ans Wie» mil der Meldung gebracht, daS „Wiener Tagbl." vom l3. Januar berichte über den angeblichen russisch-fran zösischen Vertrag und lege seine Sensationsnachricht dein Reichskanzler Grasen Caprivi i» den Mund. Um irrigen Auffassungen vorziibcngcn, erklärt nun die „Nordd. Allgem. Ztg.": „CS wird nickt erst der Versicherung bedürfen, nicht nur daß derRci chSkanzjcr überhaupt kcineAndeutung gemacht bat, als sei ihm etwa« über die russisch-französische Admachung besannt, sonder» auch, daß wir den Artikel deS „Wiener DagblattcS" ausschließlich wicdergegcbcn baden, um den Leser über daS, was die Wiener Blätter schreiben, ans dcni Lanfenken zu halten. Wir konnten daher daS Urtbeil über die Nachricht deS „Wiener Taghlalleö" ruhig dem Scharfsinn unserer Leser überlasse». Es ist willkürliche Insinuation, wen» einzelne Blätter unser Telegramm so darstcllcn, als hätten wir damit den Inhalt deS Artikels unS irgend wie angeeignet." ec Berti», lti. Januar. (Telegramm.) In hiesigen amtlichen Kreisen hält man die Welsenquittungen-An- gelegenbeil sür erledigt. Ausschlaggebend war dabei der wesentliche Umstand,daßselbst dcrCabinclSralhSchim m e l- pfeng unter dem Hinweis auf die Urbeber Lunge und Miller die ganze Sacke als einen durchsichtigen Schwindel bezeichnet«:. Wie versichert wird, aedenkt die eidgenössische Gerichtsbarkeit der ganzen Angelegeit auch in anderer Weise »aber zu treten. Berlin, 16. Januar. (Telegramm). DaS Gerücht, der General von der Goltz Pascha werde in einigen Monaten aus den ottomanischcn Diensten scheiden, wird von amtlicher Stelle als unbegründet bezeichnet. Der angeblich beabsichtigte Wiedereintritt deS General- von der Goltz in die teulsche Armee wird überhaupt sür vollständig unwahr scheinlich gehalten. — AuS der Provinz Brandenburg ist eine große Anzahl Gendarmen telegraphisch nach Gelsen kirckcn beordert worden, »,» bei dem dortigen Streik den Sicherheitsdienst mit zu versehen. — In den Kreisen der Industrie macht sich gegen wärtig eine Bewegung zu Gunsten der Einsetzung eine» Zollbeirathc« bemerkbar. Der Ecntralvcrband deutscher Undnstrieller will die Frage in seiner nächsten Drlegirten- versammlung einer^Erörlcrung unterziehen. Ter Zolldeirath ist als ständiger Sachverständigen-Au-schuß gedacht, der in allen handelspolitischen Fragen um sein Gutachten angegangen werden soll. E« kann nickt geleugnet werben, daß ein solcher Beiralh für vir Regierung unter Umständen zweckmäßig sein kann. UebrigenS böte die demnächstige ReichStagSvcrbandlung über die Interpellation betreffs des amtlicken Waarcuver- zeichnineS zum Zolltarif eine günstige Getegcnbeit. eine Acußerung der RcichSregicruug auf diesem Gebiete hcrdei- zufübrcn. * Aua NordschleSwig, t t. Januar. An mehreren Orten in unserem Kreise macht sich die Wirkung der Verfügung deS CultuSministerS. de» Religionsunterricht der Dissidc» len kin der betreffend, in besonderer Weise geltend. Die Grund- vigianer i» Rödding »nd Baulund, sowie ihre Genossen in den nmlicgende» Gemeinden batten biSker ihre Kinder von dem ReligionSnntcrrichl diSpcnsiren lasse»; jetzt aber werden sic die Ertaubniß nicht mehr haben. Wie man hört, baben einige Ettern sich geweigert, dem Bcfckle der Behörden Folge zu leisten, und wollen versuchen, aus dem Rechtswege ihre srnberen Gerechtsame zu erstreiten. * kSnabrück, l.V Januar. Wie erinnerlich, wurde berichtet, in unserer Gegend besiehe noch die Sitte, daß der Erwerber einer bäuerlichen Slätte oder der ans eine solche heirathende Ebeiiiann seinen Faniilikiinainen mit dem Name» der Stätte vertausche; »ach einer böbere» Orts erlassene» Besliniiiiuiig sei das seit Karl dein Großen bestehende Gewohnheitsrecht ausuebobc», ein landwirth- schasllichcr Verein in der Nahe von Osnabrück habe aber neuerdings die übrigen landwiklhschastiichcn Vereine allsgefordert, dahin wirke» zu wollen, daß jene Verfügung rückgängig gemacht werde. Diese Versuche werden obne Zweifel erfolglos bleibe», zumal da nicht eine Veslimmniig vollere» Qrl-5 in Frage kommt, sondern eine rechts- gilligc gerichtliche Entscheidung, die von Le» Verwaltungsbehörden den Bclvciligteu wahrscheinlich zur Kenntniß gebracht worden ist. Die gleiche Sitte herrscht auch in einem große» Theile Wesl- saleus, obwohl schon, wenn wir nicht irren, iin Jahre 1829 ein gerichtliches Erkenntnis) da-1 Verfahren sür rechtlich unzulässig bezeichnet hat und seitdem die Gerichte stets den selben Slaiidvnnct eingenommen habe». Dadurch ist wenigstens so viel erreicht ivorden, daß ei» Bauer, der die Erbtochter eines anderen Baueriihoses heiraihet, nicht mehr einfach scinen Namen mit dem seine» »tue» Bejitzc» oder seiner Frau vertauscht, sondern daß er den letzteren Namen seinen eigenen Namen mit dem Worte „genannt" nnhangt. Heißt also der junge Ehemann Worlmon», sein Schwiegervater aber Schulte, so nennt er sich ossieieU Wortniann genannt Schulte und wird so auch in amtlichen Urkunde», z. B. im Grnndbiiche, aufgesührt; im gewöhnlichen Leben aber nennt er sich und wird er von allen Gciiieindegciiosscn nur Schulte ge nannt. Seine Kinder lernen de» eigentliche» Namen ibre» Vaters kam» kennen, in der dritten Generation geht er aber wie man ruhig behaupte» kann, fast i»»»er verloren. Bei der Z-ührung der Kirchenbücher wurde früher wenigstens »ur sehr ge ringes Gewicht daraus gele»!, daß di« Eintragungen unter dein richtigen Namen erfolgten. Vielleicht üben die bürgerliche» Standes- rcgister mit der Zeit einen günstigen Einfluß au«, doch wird dieser ich iin besten Falle nur sehr langsam geltend machen. Die Er mittelung des richtigen Namens ist häufig, beispielsweise, wenn ei» paar Geilerationen hindurch keine männlichen Erden des Hose» Vor hände» Ware», sondern Fremde dineinhcirathelen, sehr schwierig »nd manchmal »ur mit Hilfe de« Grundbuchks, iu dem in der Regel, aber auch nicht immer, der richtige Name sortgesührt wird, möglich. Westfale», die dem Bauernsiande entstammen, geralhcn nicht ielten in Verlegenheit, wenn man sie scherzhaft fragt, ob denn der Name, den sie führen, auch der richtige sei, wir könnten sogar Paria,»«»- tarier auS Westfalen nennen, die den Namen, den sie tragen und unter dein sie allgemein bekannt sind, eigentlich zu Unrecht führe», die Rechtmaßigkeit seine» Besitze- wenigsten« nicht über die zweite, höchste»« dritte Generation hinaus Nachweisen könne». Wie groß die Rechtsunjicherheit, die durch diese Verhältnisse entsteht, in manchen Fällen sein muß, kann man sich leicht vorslellen. Trotzdem hält der westfälische Bauer, wie in allein Althergebrackle», zähe an der Sitte fest; ihr ist »ur enigcgenzinvirken, wenn die Behörden streng daraus achten, daß in allen öffentlichen Büchern und Urkunden, vor Allem in de» Standesregistern und den Grundbüchern, die richtigen Namen beibehalten werde»; namentlich sind die Etandesregtster in dieser Hinsicht sehr wichtig. (M. Z.) * Paderborn, l t. Januar. Kaum ist ein Iäbr vergangen, daß I>r. Simar Bischof vo» Paderborn ist und schon manche unliebsame Veränderungen zeigen sich. Der Bischof schwärmt sür de» römischen Ritus, die Paderborner Eigentbümlich- keitcn, die alle seine Vorgänger geschont, finden bei ibni keine Gnade. Er läßt deswegen seine Seminaristen durch den Sub-Regc»SPieper, einen Hauptvertreter des römischen Ritus, in diesem cinüben. Der frühere Regens llr. Rinteln, dem, vbwobl er selbst in Rom im Collegium Germanicum erzogen ist, die Sache denn doch zu arg wurde, ging, um einem gefügigeren Herrn Play zu machen. Insbesondere ist dem neuen Bischöfe der deutsche Volk« ge sang beim Gottesdienste, der in allen Kirchen der Diöcese mit Ausnahme deS Tome« in Paderborn stattfindct, ein Dorn im Auge. Erklärt er doch aus seinen FirmungS- reisen: „Kein Ponlisical-Aml ob»« Gregorianischen Gesang". Um diesen Cantus später überall cinzusührcn, hat der Bischof einen eigenen Lekrer desselben in der Person des DomvicarS Schauerte bei Seminaristen und Theologen angeslrttl. Des gleichen wird der Bischof auch ohne Zweifel ans die kalbo- iisckcn Lehrerseminare behufs Einübung deS Gregorianischen Gesänge« einzuwirken suche». DaS Beispiel deS Oberbirlen wirkt denn auch bereits auf den jüngeren Klerus. Nickt »ur, daß diese jungen Herren den sacramcnlaten Segen nickt »icbr nach Paderborner Weise, sondern »ach römischer crtkcilc», fangen sic schon an, selbst mit Hintansetzung der Paderborner Agende, Evangelium und Epistel nicht mehr in der schwung vollen alten Paderborner, sondern in der eintönigen römischen Melodie zu singen. Die Mißstimmung unter den alten Geist lichen ist daher, wie man der „N. Pr. Ztg." schreibt, be- greistichcr Weise eine nicht geringe. * Aus dem Nuhr-ebtet, l6. Januar. (Telegramm.) Der Vorsitzende des Bergarbriterverbande«, Schroeder, wurde heule verhaftet. * Mannlietm, 16. Januar. (Telegramm) Wie dir „Neue Badische LandeSzeitung" meldet, ist der Socialisten- sührer Häusler, welcher nach Unterschlagung bedeutender Gelder nack Chicago floh, auSgelirfert worden und hier eingetrofse» * Stuttgart, l t. Januar. DaS ultramontane „Deutsche VolkSblalt" hat bisher weder mil der geplanten, aber noch nickt zu Stande gekommenen Gründung einer württcm- belgischen EcntrumSsraclion, noch mit dem Aus tritt der Abgeordneten Probst und Buckle au- der Linken der Kammer eingehend sich beschäftigt; e« bat sich vielmehr daraus beschränkt, von beiden Vorkommnissen kurz Notiz zu nebmen. Dieser Umstand, sowie die Tbatsache, daß in der erwähnten Versammlung katholischer Landtags-Abgeordneter Meinungtvrrschiedrnbril herrscht», läßt aunr-men, daß im
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