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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930119025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893011902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893011902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-01
- Tag1893-01-19
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Labellaritcher und Zissernjap »ach höherem Toris. Shtra-Veilagen (gesalzt), nur mit der Monzen-Aurgabk. ohne Poslbesorderung 60.—, mit Posibesörderung 70.—^ Ännalsmelchlnk für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag« lO Ubr. Morgen.Ausgabe: Naa>miklags 4 Uhr. Sonn- und Festtag« srüb '/,S Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen stein« balde Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Vr-rdtttau zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 3° At. Donnerstag den 19. Januar 1893. 87. Jahrgang politische Tagesschau. * Leipzig, iS. Januar. Die neueste Taktik des neuen Curses ist Schweigen — Schweigen wenigsten» bei solchen Gelegenheiten, wo alle Welt aus eine Antwort wartet. Gestern nahm daö Plenum tcS Reichstags den Antrag Ackermann, der die Vorlage eines Gesetzes fordert, durch das sür die selbstständige Betreibung eines Handwerkes der Befähigungsnachweis eingcsührl unk die Privilegien der tzrs. IOt)o und lO»t' der Gewerbeorrnung auSgedel.nt werdcn.niit allen Stimmen gegen die gesammle Linke des Hause» einschließlich der National- liberalen und eines TheileS der Reichspartei an: die Redner der Mehrheit bohrten und dobrtcn an den Vertretern der Regierung, um wenigsten- einen Tropfen Wahrheit über ihre jetzige Stellung zu dem altbekannten Anträge zu er- bcbren — vergebens; der BundeSratbStisch glich einer ein- gksrorenen Wasserleitung. Und ebenso ging cS in der gestrigen Sitzung der Militair -Commission. Nickst nur diese, sonder» zanz Deutschland hatte gehofft und erwartet, daß in dieser «itzunz der Herr Reichskanzler den bekannte» Ver- nnttelungSvorschlaz des Abg. v. Bennigsen beantworten ober doch wenigstens einer Erwähnung würdigen werde, aus der man einen Schluß auf seine Stellung zu dem Vorschläge sieben könnte. Aber man wartete vergeben«; der Herr Reichskanzler schwieg gerade über diesen Vorschlag wie da« Grab und begnügte sich damit, taS bekannte und schon bunderlmal als unannehmbar nachgewiesene Anerbieten le« Herrn Or. Lieber, die zweijährige Dienstzeit innerhalb der fetzigen Präsenzstärke zu bewilligen, zum bunderlund- einlen Male als unannehmbar zu bezeichne». Man berichtet uns nämlich über den Verlauf der gestrigen Sitzung der Mililair-Conimission: „Zunächst sprach. Or. Lieber (Ctr.). der sich gegen die Au«, sührungen des Abg v. Bennigsen wendele. Ter Reichstag sei ver pflichtet, die VvlkSstimmung zu beachten. Auch diesmal seien von der Regierung zu Gunsten der Mititairvorlage dieietben Gründe geltend gemacht worden, wie immer bei solchen Vorlagen. Ter Redner wie« dann aus die Windthorst'sche Resolution hin, welche gegen das Vcrdy'sche Projekt und gegen jedes andere aus die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht hinzielende, iwie auch gegen da« jetzt vorliegende Pro>ect gerichtet sei. -em Bertraueu m di» Mtlstairvertvattung sei stark erschüttert; der Dreibund sei stark genug, sich seiner Haut- zu wehren Man solle die Abnahme de« Nationalgesüht« in Bayern uild Sachten nicht durch neue Lasten steigern. Ta« Centrum sei nach wie vor bereit, di« zweijährigt Dienstzeit innerhalb der jetzigen Präsenzstärke anzunehmen, doch könne nur die gesetzliche Fest- slkllung dieser Dienstzeit acceptiri werden. Tie Finanzlage des Reiches, sowie die allgemeine WirthschattSloge seien sehr be denklich, und deshalb seien die Abgeordneten nag, Berlin geschickt, um den Daumen auf den Beutel zu ballen. Ter Reichskanzler Graf Laprivi erwiderte, er könne die Finanzlage nicht so tragisch aniehen, wie vr. Lieber, da auch Finanzniinister vr. Miauet der Militairvortage zuslimme. In Bayern und Sachsen denke kein Mensch daran, sich vom Reiche abzuiondern. Zur Defensive gegen Frankreich seien wir stark genug, nicht aber zum Krieg aus zwei Fronten. Abg. v Hammerstein sprach sür die Vorlage, warnte ober vor gesetzlicher Feststellung der zweijährigen Dienstzeit. Nach, dem noch der Reichskanzler erklär» Halle, ke nen Grund zu baden, seine früheren Aeußerungen über die auswärtige Politik zu be- dauern, und nachdem der Abg. Hinze (freist) gesprochen, wurde die Sitzung vertagt. Hiernach ist die ganze Sitzung pro nilulo gewesen. In den maßgebenden Kreisen Hamburg- spricht man sehr erbittert über LaS Verfahren der großen englischen AuSwandercr-Linien, weiche, seitdem die Cholera auSgebrochen ist, sich weigern, ihren Verpflichtungen gegen diejenigen Passagiere nachzukommen, denen sie BilletS zur Reise nach Amerika ab Hamburg verkauf! haben. Den Ham- burgischcn Behörden Kaden viele Hunderte von Auswanderern, welche solche englische Fahrkarten hatten, monatelang zur Last gelegen. Man schätzt jetzt noch an sachkundiger Stelle die Zahl der Fahrkarten, welche die englischen Gesellschaften in Deutschland. Oesterreich und Ruß land zur Fabrt ab Hamburg und Bremen verkauft babcn und denen sie jetzt die Beförderung verweigern, aus nicht weniger als 2« litt». Die maßgebendste und größte der englische» Gesellschaften, die Cunard-Linie, bat dem wenig tonalen Vorgehen der britischen Linien dadurch die Krone ansgesctzt, daß sic ihre Passagiere, deren Beförderung die Hamburgische Polizei-Bebörkc von ihrem Agenten in Hamburg erzwungen bat, nach der Ankunft in England einfach zurücksaiitlc. Angesichts dieser Vorkommnisse wirb man» einer endlichen Rege lnng des AuSwa ndcrcrwescnS durch ein ReichS- gesetz um so mcbr das Wort zu rcrcn haben. In Paris nimmt die Carnot-Hctzc — man kann eS kaum anders bezeichnen — nock imnicr ihren Fortgang. Eö ist beinahe nnbegreiflich. daß viele republikanische Blätter die sehr eigennützige, sebr aus ein bestimmtes Ziel berechnete Eanipagnc der monarchistischen Abgeordneten gegen da« Ober- baupt der Republik unterstützen. Aber freilich, — so ganz unbcgrcislich ist eS doch nicht, wenn man sich rcrgegeniväriigt, daß in den politischen Kreise» Frankreichs der PatriotiSinnS zur Zeit nur noch ein Vvrdängcschilt sür engherzige Partei- intercsse» und persönlichen Ehrgeiz ist. Die Mißstimmung gegen Earnvt liegt nun einmal in der Lust, jeder wirst ibm etwa- Besonderes vor: so der „Matin", der Earuol beschuldigt, weder Rouvicr, »ocb Floquct und Freyeinel ge halten zu baden, wicwobl ihm diese ebctem nicht verschwiege» hätte», daß sie zur „Rettung der Republik" Panamagelder brauchten. — Von den weiter vorliegenden Meldungen ist diejenige beiiicrkenSwertb, daß dem „Journal deS DöbatS" zufolge Fontane vor dem Untersuchungsrichter Frangncville erklärte, daß die socialistische» Abgeordneten Beyer und Gilly gleichfalls Gelder von der Panamagesellschast erkalten hätten. Die genanten Abgeordneten erhielten eine Vorladung vor de» parlamentarische» Ausschuß — Dem „Petit Journal" znsotge ist gestern endlich ein VorfübrnngS- bcfebt gegen EorncliuS Her; erfolgt Ein Pol>;cicvmmissar soll in einem Bankhanse 3n<t von Ar ton ausgestellte und von bekannten Persönlichkeiten quittirte EbcckS ausgcsundc» haben. ^Gerüchtweise verlautet, die Entdeckung dieser Ekrck« werde eitle neue Gerichtsverhandlung veranlassen, die getrennt von deni Panamaprvceß gefsihrt werten soll — Die „Libre Parole" meldet, daß der Zar eine besondere Commission nach PariS gesandt habe, um über die Paiiamavorgäi,ge sich Bericht erstatten zu lassen. Die Commission soll vor 3 Lagen dort eilige troffen sein und von da sich nach London begeben haben bcduss Fortsetzung weiterer Forschungen. Vielleicht ist das auch nur eine jener unbegründeten Gerüchte, die in Paris von der jenigen Presse, welche den Panamascandal als willkommenen Sport betrachtet, in die Welt gesetzt werde». — Ter Cor respondent des „Budapests Hirlap", Szekely, bat Paris gestern Nacht >2 Uhr 35 Mi»., von zwei Polizciagcntcn be gleitet, mittelst der Eisenbahn verlassen und sich über Belfert »ach der Schweiz begeben. Ter österreichische Botschafter Gras Hoyoü ersuchte die Regierung »»> Mitlheilung sämmtlichcr auf die Verhaftung und Ausweisung Szclcly'S de zügtichen Actenstücke. — Zn Betreff der ausgewiesenc» deutschen Journalisten theilt der „Hamburg. Corrcsp." Folgendes mit: „Einer unserer Pariser Eorrcspvntenlc», der n»Ier dem Zeichen -s-s schrieb, ist der augenblicklichen Strömung in Paris, überall Feinte und Spione zu wittern, zum Opfer gefallen, indem er in allerdings sebr böslicher Form ausgesordert wurde, Frankreich iniicr^ halb 48 Stunden zu verlassen. WaS zu der Maßregel Anlaß gegeben haben kann, scheint unser Correspondcnl selbst »och nicht zu wissen, cS ist ihm nur im Allgemeinen bctculct worden, daß er sich durch seine Correspondenzcn mißliebig gemacht babc. Selbst eine genaue Durchsicht derselben bat uns keinerlei AnhaltSpuncle hierfür gegeben und wir hoffen, daß man sich auch in Paris bicrvon überzeugen und den Ein tritt unseres Corrcspondenlcn wieder gestalten wild." Die französischen Socialdcmvkratc» sind wunder same Käuze Da bat der bckannlltch in soe-altcinokratiscke Hände gefallene Statlralb von Marseille den »» närrischen Budget sigurirenden AuSgabeposten sür die berittenen Schutz leute gestrichen und dafür ein Siadlniusikanicncvrps ins Lebe» gerufen, jedenfalls um einem längst und dringend empfundenen Bediilsiuß der Genosse» abzubelscn. Dagegen ver lautet kein Sterbenswörtchen von Maßregeln zur Abhilfe deS Rotbslandcs der „Arbeitslosen", obwokl die social- dentokratischc» Gtnieinbcrälbe Frankreichs Gelegenheit genug bätle», in dieser Richtung ihren guten Willen und ibr Können zu erweisen, wen» auch nur der zehnte Tbcil von dct» wahr wäre, was französische Genossen, mit ihren dcnlschcn „Brütern" welleiscrnk, von der NoUüagc deS Arbciler- ProlclariatS zu erzählen wisse». 'Wenn man indes; die municivalcn BcnvallungS-Kn»ststücke der socialdcmo- kratischen Sladträlhe ein wenig scbärscr beobachtet, so crbclll auch bald, warum sür wirklich gcinemnützigc Zwecke inchtS absällt, nämlich auS dem einfachen Grunde, weil die öffentlichen Gelder zum größte» Tbcile zur Füllung der KricgScasse tcS Pariser oentralcn Reool»lioneane>ä>u»es diesem letztere» zugesübrt werten. Ta ist cS denn freilich kein Wunder, wenn in de» Provinzialgcmeinrc» die Ber- wabrlesnng der öffentlichen Zustände erschreckende Fort schritte macht. Tic Antwort, welche der Zar ans die NcnjabrS- wünschc der Stadt Moskau crlbcitte, wird gewiß überall große Befriedigung bcrvorgcruscn haben. Wenn der Kaiser von Rußland Gebete gegen den Himmel sendet, ans daß ancb dieses Iabr ein Iabr des Friedens und des Wobl- ergebens sür Rußland werte, so kan» man damit nur zu frieden sei», denn in Wirklichkeit bängt der Friede Europas beute ausschließlich vom Zaren ab. Die Mächte des Drei bundes haben sich bekanntlich nur zum Schutze deS Friedens vereinigt und denke» daher nicht an einen Krieg, und Frank reich, VaS eine Friedensstörung verursachen könnte, ist durch die inneren Wirren, deren Ende gar nicht abzuscben ist, so sehr in Anspruch genommen, daß man von seiner Seite sür diese- Jahr wobt nichts zu befürchten bat. Leider sind aber die Handlungen der russischen Regierung mit den Gebeten deS Zaren schwer in Einklang zu bringen, denn während diese den Friede» erbitten, wird gerade da« angebrochene Iabr mit Bezug ans die Rüstungen Rußlands ein bedenlungsvollcS sein. Im Iabrc I8!«3 sollen nämlich, wie wir erst kürzlich cingcbend targclcgt haben, die letzten im Kaukasus disponibel gewordenen Truppen nach dem Westen verlegt werde», so daß, wen» das lausende Iabr zur Neige geht, die ganrc russische Feldarmee i» dem Raume zwischen Petersburg, Moskau und der deutsch österreichisch rumänischen Grenze conccnlrirt sein wird. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der durch de» junge» Kbedivc v o n E g y p I c », AbbaS II., herausbcfckivorenc Con - slict mit der englischen Regierung eine» sehr ernsten Cbaraklcr halte. Infolge der von Gladstvne iint Lord Roscbery entwickelten Energie dars jedoch nach den neueste» Nachrichten der Cvnsliet bereits als beseitigt angesehen werten. Der Kbedivc halte mit einer Schroffheit, die als kindische Tborbeit betrachtet werden muß, weil er keine einzige europäische Großmacht hinter sich halte, Len Engländern den Febde- Handschnb bingeworscn, indem er die ihnen gcncbnien, tbatsäcblich von ihnen ernannten Minister cnlließ und an ibrcr Stelle Nacksolgcr wählte, gegen deren formelle Er nennung der englische Gesandte Protest cinlcgte. Der Premierminister Fakbri ist ein erklärter Gegner der Engländer und der von ihnen in Egypten bewirkten und nock» beabsichtigten Reformen. Insofern diese unzwcifclbast auch im Inicressc der so lange schwer bedrückten cgyptischcn Bevötkernng sink, wird auch dieses von den Engländern ge- wabrt, indem sic dem Ministcrwechscl widerspreche» In erster Reibe aber bandelt öS sich selbstverständlich um die Position En tantS amNil und am Suez.Eanal, die sür seine WcUstcllung ttnetilbcbrlich geworden ist. Die englische Presse sübrle denn auch eine ebenso offene wie entschiedene Sprache: sie bedrohte de» Kbcdivc mit Absetzung, indem sic daran erinnerte, daß 188 l der auswärtige Minister deS damaligen CabinelS Gladstone, Lord Granville, an de» Vertreter Eng lands in Kairo schrieb: cs müsse de» egnptischen Ministern und Slallballern der Provinzen klar gemacht werde», daß „die Beranlivortlickkeit, welche gegenwärtig bei England liegt, die Regierung Ihrer Majestät vcrpslichlct, aus die Annabme einer ven ibr cillpsvblcncn Politik zu dringen, und daß Minister und Gouverneure, welche dieser Politik nicht folgen, nolbwentiger Weise ausbörcn müssen» zu amtiren". Der englische Gesandte in Egypten, Lord Eromer, erhielt von seiner Regierung den gemessenen Auftrag, dem Kbedivc ein Ultimatum zu überreichen und ihm eine Frist von viernndzwanzig Stunden zu bewilligen, innerhalb deren die neuen Minister-Ernennungen zurückgezogen werden müßten. In einer zweiten Audienz Lord Cromcr'S wies der Kbetive ans die unangenehme Lage bin, in welche er versetzt würde, falls England aus die Wiedereinsetzung FebniiS, tcS früheren Ministerpräsidenten, bestünde. Der Kbetive erklärte sich bereit, Riaz-Pascha znnr Minister präsidenten zu ernennen, und sägte hinzu, er wünsche innig, „i vollem Einoerncknien mit England zu bandeln und mit demselben die srenndschaftlicksten Beziehungen zu unterhalten; er sei bereit, während der Ocenpaiio» CgypicnS durch die Engländer die Ralbschtäge Englands bei alte» wichtigen An lassen zu befolgen. Eromer antwortete, eS liege England sor». den Kbcdivc in eine demütbigcndc Stellung versetzen zu wollen; derselbe erkannte den vcrsöbnlickcn Cbarakter deS Vorschlages des Kbcdivc an und übernahm die Verant wortung. denselben zu acccptirc», obne vorker die englische Regierung zu befragen. Und nach einer weiteren Meldung des Renlcr'schcn BnreauS a»S Kairo von gestern Mittag ist die Krisis thatsäcbltch beendet. Der Kkedive bat dem eng lischen Gesandten Lord Cromcr sein Bedauern über die letzten Vorkommnisse auSgrdrückt und erklärt, er wäre bereit, Ria; Pascha an Stelle Fakhri'S zum Ministerpräsidenten zu ernennen. Cronicr bat diese- Zugcständniß angenommen. Tic übrigen Minister bleiben aus ihren Posten. Die marokkanischen Angelegenheiten sieben auf dem allen Fleck. Nack einer telegraphischen Meldung aus Tanger bat der Sultan Mulen Hassan wvbl in eine Schadlosballung van ><><>(> Lstrl. sür die Ermordnng des britischen Untcrlbancn Inan Trinidad gewilligt, auch billigt er die Einspcrrnng der Mörder, aber ans andere Punclc de- Ultimatum« läßt er sich nicht ein. Ter Sultan giebt ins besondere keine Antwort ans da« Verlangen, kein maurischen Minister für auswärtige Angelegenheiten einen Verweis zu crtbcilen. Da dies der Hanptpnnct des Ultimatums war, wird die Antwort de» SnIlanS nicht als befriedigend erachtet. Nach dcmEmpsang tcS Ultimatums berief berSutlan eine Ver sammlung der UlcmaS ei», die ihm anriclben. sich nachgiebig zu zeige». Der Sultan soll durch die entschlossene Haltung der britischen Regierung bcnnrubigt sein, und er beabsichtigt, den ticnen britischen Gesandten persönlich zu empfangen. — In Velrcss der Entsendung eines französische» Ge schwadcrs in die marokkanischen Gewässer verlautet, daß Contreakmiral Buge den Bcscbl erkalten bat, sich zur Ab- sabrl nach Marokko mit der „Devastation" und „Cccillc" bereit zu Hallen. „Icanbarl" und „Faucon" werden nach Vollcndniig ihrer Ausrüstung dieses Geschwader verstärken. > »ir >. Feirilletsn. Für die Ehre der Familie. Roman von Clarissa Lohde. vertoteri. (Fortsetzung.) ElSbeth und Margot wechselten einen Blick, auch sie suhlten sich glücklich, mit der Mutter allein bleiben zu dürfen. „Wir können sie nickt gleich wieder verlassen", sagte Elrbetb, „als Mr. Herald auf den Rus Bctsy's »och einmal ins Hau« zurückgegangen war, „wenigstens nicht heule scbon —" „Aber man wird sich zu Hause halb todt um uns ängstigen," warf Margot zögernd ein. „Man hat unsere Karte und wird wobl ahnen, wo wir sind. O, wie unreckt, daß man uns so lange in dem Wabne gelassen bat, wir hätten keine Mutter inekr" „Unsere Pslegeellern haben gewiß ihre Gründe dazu —" „Gründe, die Kinder von ibrer Mutter zu trenne», giebt e« nickt, Margot — Sie bat uns da- Leben gegeben, schließt taS nicht Alles für u»S ein?" „Aber sie hat uns verlassen, ElSbeth, — sie hat keine Mutterpflichten an unS geübt." „Und wäre eS so — dürfen wir, ihre Kinder, unS zu ihren Richtern aufwerscn?" „Da« nickt; aber wir dürfen auch nicht vergessen, WaS wir Denen schuldig sind, die un« erzogen, unS geliebt haben, seit wir denken können." — In diesem Augenblick trat Mr«. Herald, an der Seite ihre« Gatten, im selben dunklen Anzuge, den Schleier in dem Haar, an jeder Hand eines ihrer Kinder, mit dem Schritt einer Tbeatcrkönigtn aus die Schwestern zu, die Beide nock zu jung waren, nm taS Gemachte in ibrer ganzen Haltung bald zu erkennen ElSbetb besonder- war nur Gefühl und Empfinden. -Lie umarntte Madel, die mit erstaunten Blicken die sür ihre Erwartung ga» zu einfach Gekleidete mutterte und küßte Waller auf die Stirn, der mit niedergeschlagenen Auge», verdrossen die großen Flicken aus den Knien betrachtete, die Betsy ziemlich ungeschickt aufgenäht batte. Die kritischere Margot übersab bei aller Gerübrtbeit, die auch sic empfand, dennoch nickt die mübsai» verdeckte Armulb, die Unordnung ini Anzüge der Geschwister und der Mutter, deren dunkles Kleid beule, bei Tage, auch mancherlei Desccte zeigte, die sie ani Abend, beim Lampenlicht, nickt bemerkt batte. Mr. Herald genoß noch da- Frübstück mit der Familie zusammen, dann nahm er Abschied, um nach dem Bahnhof zu gehen. — „Du kennst Deine Ausgabe", flüsterte er seiner Frau zu, als dieselbe ibm bis zur Garlenlbür taS Geleite gab: „Du hast die Mädchen hier so lange zu fesseln, bis ich i» Berlin mit dem Eommerzicnrath Alle« in Ordnung gebracht babe. — Aber Vorsicht und offene Augen! Die kleine Margot bat einen scharfen und klaren Blick. — Jetzt übe wieder einmal Deine Kunst, die Menschen zu gewinnen. Du verstandest cS ja früher so gut —", fügte er mit leichtem Spott binzn, „mit Daubenaugcn und girrender Vogelstimnie junge Herzen zu betbören. Freilich waren taS Männcrbcrzen »nd zwar die Herzen reicher Männer. Jetzt gilt eS, die Herzen junger, unschuldiger Märchen, was aller dings weniger interessant ist; aber diese Mädchen sind Deine Kinder, und eS hantelt sich für unS um Sein oder Nicht sein — das halte Dir vor!" Makel und Walter waren währenddessen in der Laube mit den Schwestern zurückgeblieben, die sich vergeblich be mühten, die verdrossen Dasiyendcn zum Sprechen zu be wegen. „Ibr habt Mißtrauen gegen unS, weil Ihr unS nickt kennt?" fragte ElSbeth, das Köpscbcn Mabel'S emporhebcnd und ihr freundlich in die Augen blickend. Makel machte sich unwirsch lo«. „Ihr habt unS nicht- mitgebracht", stieß sie heftig hervor, „und immer bat man unS aus Euch vertröstet, wenn wir nicht- Ordentliche- anznziebcn batten, und ick babc gebofft, beute mit einem neuen Kleide spazieren geben zn kön nen, damit die jungen Herren auS dem Pädagogium mich nicht immer in der alten Fahne sehen." „Und meine Flicken aus den Hosen", schrie Walter, — „Papa versprach einen neuen Anzug —" „Und eine anständige Brosche babc ick auch nickt", fuhr Makel zu klage» fort — „Mama will mir von ihren Schniucksacken nichts schenke», und die sind auch scbon säst alle von Betsy verkauft oder versetzt, erst neulich wieder eine in Nordbausen. Und so lange warten, bis ein Anbeter sic mir schenkt, wie Betsy mich vertröstet, da« paßt mir nickt , denn eS dauert »och einige Iabrc. bi- ich so groß geworden bin. baß die Herren mich beschenken, wie sic Mama beschenkt haben." „Still, um GotteSwillcn, still!" subr ElSbeth bei der in cngl-scber Sprache hervorgesprudelten Rede deS Kindes mit erbleichendem Antlitz empor — „WaS sprichst Du da, Mädchen, von Deiner, von unserer Mutter?" „Nun, waS Betsy alle Tage mir vorerzählt" — trotzte die Kleine — „daß wir erst wieder reich werden, und Hans, Diener und Eanipagen baden können, wenn die Herren um meiner Schönheit willen zu unS kommen, wie ehedem, als Mama noch jung und schön war. Tann erst kann Papa wieder beim Spielen ihnen das Geld abnebmcn — Mabel'S Rete wnrde jäh unterbrochen. MrS. Heralt, die nach dem Abschiede von ihrem Manne zur Laube zurückgckehrt war, ergriff die unvorsichtige Plautcrin am Arm und gab ihr einen Stoß, daß sie anjsckrcicnd zu Boden siel. „Fort, Tu verlogenes Geschöpf! Komm mir", so schalt sic mit schriller Stimme, „nicht sobald wieder vor die Augen, und auch Du, Walter, macht daß Ihr svukoinmt!" Mit verzweislnngSvollcm Häntcringen sank sic ans die Bank neben die erschrockenen Schwestern. „Das ist der Fluch der Armuth", jammerte sie, Ibränentcn Bl'ckcS sie anscbend. „Jetzt scbt Ihr, was ick leide. Die Kinder nickt erziehen zu können wie ich möchte, taS ist ja mein schwerster Kummer. Da sind sie solch ungebildeten Frauenzimmer» überlassen, wie dieser Schwarzen, die ihnen Märchen erzählt von ihren Ellern, an die sic nun gar ansangen zu glauben. L, ick unglücklicke Mutter! Betsy soll mein HauS verlassen. Ack, lange schon hätte ich sie sortzrschickt — aber ich bin schwach und kränklich und die große Wirlbschafl allein zu führen, dazu reichen meine Kräfte nicht aus." Sic trocknete sich die Thräncn anS den Augen, die nickt darin waren und beobachtete über ibr Taschentuch hinweg die wie zn Bildsäulen erstarrten Mädchen. „ElSbetb, Margot!" stieß sic nun wie außer sich hervor, die Hände derselben ergreifend und sie an ihre Brust pressend. „Ibr sckenkl doch dem elenden Gcsckwätz eines Kinde« nickt etwa Glauben? — Sollte ich das erleben, daß meine Kinder, nach denen ich all die Iabrc lang mit Kuninicr und Tbränen mich gesehnt babc, gleich am ersten Tage deS Wiedersehens sich von mir wendeten — v heiliger Herrgott, da- wäre zn viel, — zu viel!" Sic sprang empor, als dränge cS sic. die Gegenwart der Mätcke» zu fliehen, glitt dann doch wieder, wie von einer Obnmackt befallen, aus die Bank zurück. ElSbetb streckte die Hand an-, die Znsam»icnsi»kcnde zn stütze», aber sic war kalt wie Eis »nd kein Wort kam über ihre Lippen. Margot eilte in« Haus, nm irgend eine be lebende Essenz zu kolen, dir Betsy ihr dann auck an« dem Toilettentisch ibrer Herrin, der ganz mit unordentlich übcr- kinandcrgcbänftkn Sckmink- und Pntcrbücksen und Haar sätbcmitlcl» gefüllt war, dicnstsertig bcrvorsnchlc. Aus Margot'« Antlitz zuckte cs in Sckmerz und Veracklung^ — Schweigend griff sie nach der Bückse mit englischem Salz l,»d eilte hinaus. Sic fand die Mutter, da« Haupt an ElSbclb'S Schulter geleimt, mit ersterbendem Blicke ibr ent- gcgensebend. Zu deutlich jedoch malte fick aus den Zügen der Kommenden der peinlicke Eindruck, de» sic durch den letzten Vorfall empfanflen MrS Herald entschloß sich daher rasch, ikrc leidende Miene ausztigeben. Sick ausrichlend, beb sie mit stehender Geberdc die Hände zu den still sich reu ibr adwenktnren Töchtern aus: „Beruribcilt »tick nickt," bat sic. „Ibr kennt da« Leben, kennt die Versuchungen desselben nock nickt. Wäret Ibr älter, so würdet Ibr begreife», daß die Notb, d:c Sorge um d.e tägliche Eristen; zn Manchem zwingt, da« der in gesickerte» Verhältnissen Lebende unbegreiflich, ja vielleicht unwürdig sinket."
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