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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.01.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930121020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893012102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893012102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-01
- Tag1893-01-21
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Abgeordneter Fund (freisinnig) ermabnte dringend, >n der Commissionsberathung genau zu untersuchen, ob nicht die vorgeschlagenc Sleuererhöhung für die ProvinzbankierS, deren Bedeutung sür das creditbcdürftige Publicum er bervorhob, geradezu verderblich werden könnlc. Abg. Gamp (ReichSp.) würde eine Erhöhung der Emmissionssteuer der hier in Rede stehenden Erhöhung der Umsatzsteuer ver ziehen und begründete dies des Näheren. Manche Bedenken egen die Umsatzsteuer, wie sic Abg. Siemens entwickelt alle, erkannte er als berechtigt an und namentlich hielt er wirksame Maßregeln zum Schutze der Provinz bankiers geboten; indeß glaubte er, eine Erhöhung der Umsatzsteuer, namentlich soweit eS sich um Zeit geschäfte handle, sei wohl angängig. StaatSsccrctair v. Maltzahn suchte durch Ausstellung einer ein gehenden Berechnung die Befürchtung zu beseitigen, daß infolge der Sleuererhöhung daS Anlagegeschäst sich mehr von den Provinzialbankiers abwenden und den hauptstädtische» Banken zuwenden werde. Nachdem noch zwischen den Ab geordneten Siemens und Graf Arnnn eine wiederholte Auseinandersetzung über Zustände und Schäden an der Börse staltgesunden hatte, wurde die Vorlage der Militair- eommission überwiesen. Der Gesetzentwurf wegen Er gänzung dcS Gesetzes vom 2. Juni 1860, betreffend die Eaulionen der Bundesbeamten, wurde ohne Debatte in erster und zweiter Lesung angenommen. Die WahlrechtS-Commission des preußischen Ab geordnetenhauses begann gestern ihre Beratbungen. Es lagen eine große Reihe von AbänderungSanlrägen vor. Abg. LLagerhaus (sreis.) beantragte, das ReichStagSwahlrecht auch für die LanttagSwahlcn rinzusübren. I» richtiger Eon scguenz dieses Vorschlag« beantragte Abg. Graf (nat.-lib.) als eventuellen Untcrantrag, dies Wablrecht auch auf die (iommunalwahlcn auszudehnen. Ter Evciilualaiitrag Gras wurde angenommen, der Hauptantrag LangerhanS gegen 6 Stimmen des EentrumS, der Pxlen und der Freisinnige» abgelehot. Da» schwindende Interesse am Panamascandal ist durch die 200 im Geschäft des Bankhauses Osiray aus- gefundcnen und beschlagnahmten Arton'schen CbcckSwieder um ein Bedeutendes angefacht worden. Augenblicklich be schäftigt sich der Untersuchungsrichter Franqueville mit der Frage, wer diese EheckS behob. Die Arbeit ist überaus schwierig, weil die meisten Unterschritten unleserlich sind. Mehrere CbeckS, die aus 200 000 Francs lauten, tragen die Unterschrift einer Frau, deren Adresse nicht auf- zusinden ist. Dem Blatt „XIX. Jahrhundert" zu folge zerriß der Untersuchungsrichter in Folge der Erklärungen des Bankbeamten Stephane den Beschluß, betreffend die Nichtversolgung der srühereu Minister Rouvier, Roche und Tbevenet, da eine neue Untersuchung »otbwcndig geworden ist. Die Angelegenheit nimmt eine schlimme Wendung sür Clemeuceau. TieZeilung „Pclit Journal" fordert die Ver haftung deS Letztere». Deroulede meldete eine Anfrage über die Bclheiligung Clemenceau'ü am Panamaschwindel in der Kammer an. Für Clcmcnccau ist nämlich die Aussage des früheren SccrclairS Neinach'S, Stephane, deshalb sehr be lastend, weil dieser mit aller Beslimmlheil daran festhält, daß er die später von Andricnx in der Photographie überreichte NamcnSllstc im Aufträge Rcinach'S zu Elemenecau ge bracht habe. Im „Figaro" liegt riese Anssage Stepbane'S im Wortlaute vor. Nachdem Elemenccan vor dem parla mentarischen Unlcrsnchnngsausschuffc bestritte» hatte, jemals ei» ähnliches Schriftstück erhallen zu haben, wurde Stephane von Neuem vor den Ausschuß gefordert, woselbst dann ein weiteres Verkör slattsand. Ans die Frage, ob er jemals andere Briefe zu dcm rakicalc» Parteiführer gebracht habe, verneinte der frühere Secretair Neinach'S dies aus drücklich, indem er die näheren Umstände anfnhrle, unter denen er daS Documenk einem Diener Clemenceau's übergeben habe. Besonders belastend für diesen ist die Thatsacbe, daß die Vergleichung des pbotographirten NamcnS- verzeichuisscS Andricnx' mit der Handschrift Stepbane'S völlige Ucbercinstimmung ergeben bat. Hiernach muß an genommen werken, daß Clcmenccau selbst die Liste an seinen Freund Cornelius Herz gelangen ließ, von dem dann Andrieux jene Photographie res Docnnicnles erhielt. Bei der Confrontation von Clemcnceau und Stevhane, welche gestern vor dem Untersuchungsrichter stattfand, soll cü zu lebhaften Auseinandersetzungen gekommen sein. — Die Panama-Unler- suchungöcommiffion vernahm gestern Andrieux. Derselbe erklärte, er könne die 101 in dem Checkbuch Arten'« vor- kommcildcn Name» nicht »lilthcilcu; Arton allein besitze entscheidende Beweismittel. Rouvier habe im Jahre 1887 100 000 Frcs. an die „Laitterne" gezahlt, damit den Angriffen derselben gegen ibn, Rouvier, Einhalt gethan werde. 80 ooo Francs von dieser Summe seien Rouvier zu diesem Zweck vom Miniskerrarh auü den geheimen Fonds bewilligt worden. Arton stehe im Briefwechsel mit den Dcputinen Laguerre und Mcrmcix. Ob Nemach die mehrfach erwähnte Note Clemcnceau habe übergeben lassen, wisse er nicht. Die Conrmission wird heule Clemenceau, Laguerre und Mermeix vernehmen. — Die Verhaftung von Cornelius Herz bat in Paris große Befriedigung hcrvvi gerufen. Der Anwalt Herz' in London ist der frühere General Staatsanwalt Clarke; derselbe hat gegen die AuSlicserung seines Clienten entschieden Verwahrung eingelegt. Herz prvtestirle in einem Schreiben an den Grostkaiizler der Ehrenlegion gegen seine Ausschließung auö dem Orken. Er bedauert, tag er um Frankreich sich so große Verdienste erworben habe und ver sichert, daß seine mit Erispi gewechselte Eorrespondc»; den Nachweis ergeben werde, daß er weder in DreibundSk>ensten gestanden, noch Italien vom Dreibund abzulöse» versucht habe. Dem Vernebnien nach wird die Angelegenheit Herz einen besonderen Gegenstand der Untersuchung bilden, um den schwebenden Panamaproceß möglichst wenig zu verzögern. — Mehrere Abgeordnete werten in der nächsten Kammersitzung den Erlaß eines eigenen AuSnahmegcsctzcöparagraphen dean tragen, welcher die Verschleppung von Geldern aus dcm Panamafonds seitens der Angeklagten verhindern soll. Die demnächst beginnende Tagung des englischen Parlamenls kündigt sich unter ziemlich stürmischen Wetter- zeichcn an. Der Gegensatz der Parteien dürste schon gleich bei der Adreßdebatle heslig aus einander platzen, da die Opposition sich mit der Absicht tragen soll, aus diesem An laß eine scharfe Generalkritik an dcm Programm und der Negicrunzspraxiö dcS liberalen CabinetS zu üben. Als mulbmaßlicbe Tauer der Adreßdebatte wird deshalb auch ein Zeitraum von I l Tagen bis 0 Wochen angenommen. Indeß die Hauptschlacht wird auf dem Boden der Homernlevorlage geschlagen werden. DerEinbringnng dieser letzteren siebt man als bald nach dem Schluß derAereßkeb.rtte enlgege». Politiker,welche niit minisleriellc» Persönlichkeiten Fühlung haben, geben zu versieben, daß cs dcm staaksmännische» Genie Gladstonc's ge lungen sei, die schwierige Materie in eine so gesälligc Form zu kleiden, daß Aussicht Vorbauten sei, alle die Einzcl- gruppcn der Cabineismcbrhcit bei der Fahne des Homerule sestznhaltc». Insbesondere sei cS dcm Premier gelungen, Mittel und Wege zu sinken, welche dem Projccl die Sympathien seiner englischen Anhänger sicherte», ohne ihm darum die Unterstützung der national irischen Partei zu cnlsrcmtcn. — Bis hierher wäre somit anscheinend Alles ans daS Beste bestellt, nur Ein Puncl stört die völlige Har monic im Lager der Negicrniigssrcnndc, und taö ist der Gesund beitSzustand deS Premiers. Herr G l akslon e ist lwcbbetagt und der >Lchonnng bedürslig. Obwohl sein Kräjtczustand im Aiigen- blick ei» durchaus günstiger ist, so erscheint doch seine Wider standsfähigkeit gegen außergewöhnliche Strapazen, wie sic sein hohes Aint mit sich bringt, gegen srüker erbebtich herabgcmindcrt, dazu bat seit einigen Wochen der Appetit Mr. Gladstonc's nachgelassen und seine Badereise nach Biarritz unternahm er auf dringendes Anrathen der Acrzte. Die dort genossene Ruhe hat zwar einen wohlthätigcn Einstuß aus den greisen Staatsmann geübt, was aber trotzdem die Acrzte besorgt macht, ist die ungemeine Langsamkeit der Kräfte;» »abme. Diese Wabrncbmnng bleibt übrigens nicht aus die nächste Umgebung Mr. Gladstvne'ö beschränkt, sondern drängt sich Alle» ans, welche Gelegenheit haben, mit dem Premier in unmittelbare Berübrung zu kommen. Tie Abnahme der Lebenskraft könnte aber, wen» sie weitere Fortschritte macht, auch die Belbeiligung Glatslone'S an den Slaatsgeschästen in Frage stellen und damit den AnSgang des Homcrulcselr zugeS selber. AuS diesem Grunde herrscht im Lager der eng tischen MehrbeilSparteien eine nichts weniger als rosenfarbcnc GemütbSstimmung. Auch Italien hat nunmehr seinen finanziellen Scandal, für den bereits der Name Panamino, das kleine Panama, gcfnntc» wurde. Schlimm genug sind die Mit- theilnngen anS Italien, wenn cS auch die größte Ueberlreibnng wäre, einen Vergleich mit ren schauerlichen Enthüllungen der Panama Assairc sieben zu wolle». Es hal sich nämlich bcrauSgesteUt, daß die Ban ca Romana den Ausweis Uber ihren Notenumlauf gefälscht bat. In dem TlattiS der Banca Noinana war die Noten Eireulatio» mir dreinndsiehsig Millionen Lire angegeben; in Wahrheit jedoch betrug der Umlanf hunkerlsülifundtreißig Millionen Lire. Es ist noch nicht ganz klar, oh cS sich hier um ein Verbrechen einzelner Personen bandelt, oder ob die Bankvcrwallung als solche, um sich vor dem Concursc zu retten, die Noten heim lich in Verkehr gesetzt bat. Schon vor einiger Zeit waren Gerüchte verbreitet, daß die Banca Nomana Note» mit gleichen Nummern doppelt auSgegcben habe. Die Angelegenheit wurde auch im Parlamente besprochen, und die Regierung entsendete eine Commission, welche die Mclallrcscrve und den Status der Notenbanken zu prüfen Halle. Bei dieser Untersuchung scheint der verbrecherische Tbatbcstand erhoben worden zu sein, und in Folge dessen wurden der Gouverneur der Banca Romana, Tanlango, und der Cassircr der Bank, Lazza- roni^ verkästet. Die Nachricht, daß eine Notenbank heimlich Papiergeld in Circulation bringt, klingt so aben teuerlich, daß man sie kaum versieben würde, wenn man nicht wüßte, daß die Verhältnisse der italienischen Notcndankcn überhaupt in den letzten Jahren ganz besonders verworren und ungeklärt gewesen sind. Seitens der italienischen Regierung sind energische Schritte geschehen, um dcm an da« Tageslicht gebrachten Ucbcl gründlich beizukommen. und es läßt sich hoffen, daß dadurch einer weiteren Krisis Einhalt gethan wird. Ans alle Fälle bedürfen die italienischen Notenbanken einer einschneidenden Reform an Haupt und Gliedern. ES war zu erwarten, daß der Besuch der rumänischen Minister Catargiu und Lakovarh in Berlin und Wien Anlaß zu politischen Folgerungen geben würde. Wir konnten schon in der Morgennummer ein Telegramm anS Bukarest ver öffentliche», wonach dort der vertragsmäßige Anschluß N n m ä »ienS ankenDreib u » d als bereits vollzogene oder wenigstens cndgiltig beschlossene Sache betrachtet wird. Man habe sich überzeugt,baß unter kc» gegenwärtigen Verhältnissen von Beobachtung derNeulratität nicht mehrdicNede sein könne. Daß das eigene Interesse Nnmänicn ans eine Anlehnung an de» Dreibung Hinweis!. daS ist eine längst feststehende Thatsachc, daß aber i» der jüngsten Zeit bindende Abmachungen erfolgt seien, möchten wir trotz der Bestininilkeit der Bukarcstcr An kündigungen vor oer Hand noch bezweifeln. Die Anwesenheit der rumänischen Minister in Berlin scheint, wenn man nun einmal politische Folgerungen ziehen will, doch wohl vor Allem den schwebenden Handelsverlragö-Berhandlungen ge golten zu haben. Die Nachrichten über die angeblich erfolgte Aussöhnung zwischen dem Exkönig Mita» und der Exkönigin Natalie scheine» die Form einer Sccschlaiigc annchmcu zu wollen. Als die erste Meldung hiervon auslanchte, da kam sehr bald eine Mittheilung hinterdrein, der Hosmarschall der .Königin Natalie bestreite entschieden die Nichtigkeit dez. die Möglichkeit der Aussöhnung zwischen den beiten seindtichen Ehegatten. Am anderen Tag trafen aber wieder Nachrichten ein, der Fricdcnsschlnß sei eine wirkliche Tbatsache, u»v mau loniile lese», daß der Sohn Milan'S, der junge König Alexander, beim Empfange der Mittheilnng seines Vaters von der erfolgten Anssöhiinng in die Worte aus-' gebrochen sei, daß dies zu den schönsten Stunden seine« Lebens gehöre. Auch beute liege» in diesem Sinne telegra phische Melkungen vor; nntcr Anderm läßt sich die „Franks. Zeitung" aus Belgrad melden: die Versöhnung des ExtönigS- paarcS errege dort das nachhaltigste Aussehen und die Hof dame der Königin, Fräulein Maschin, habe in einem Schreiben den Schritt des ErkönigS, der zur Zeit noch in Biarritz weile, bestätigt. Um »nn aber daS Ouodlibcl der Nach richten voll zu mache», veröffentlicht heule das „N-uc Wiener Tagbl.", entgegen ankeren Melkungen, eine Depesche aus Belgrad, wonach von compctentcr Seite die Nachricht über eine Aussöhnung Milans mit der Königin Natalie als erfunden bezeichnet wird. Beide hätte» die umlaufenden Gerüchte in Belgrad selber dcmcnlirt. Eü wird unter solchen Umständen wobl das Beste sein, ruhig abzuwartcn, wer Recht hat. Wir denken, die Mensckbcit wird gegenüber der Frage, ob Milan und Natalie wieder eines Herzens und eines Sinnes geworden sind, jedenfalls ruhig schlafen können. Deutsches Reich. üü. Berlin. 2». Januar. Infolge eine- äußeren Um standes dal die Rete, welche der »alionallibcrale Abgeordnete Pfähier während der NotbskandSdcbatte über den Streik im Saarrcvicr hielt, bisher wenig Beachtung gefunden. Nu» der stenographische Bericht vorliegt, hat die Presse allen Anlaß, auf diese», ans genauester Sachkenntnis; beruhenden, durchaus unparteiische» und dabei von dem wärmsten Wohl wollen für die Arbeiter durchwehten Vortrag nachträglich ausmcrksam zu machen. Insbesondere verdient die weiteste Verbreitung, was der Redner über die Haltung der Bcrg- werksvcrwaltnng bemerkte. Nach den Aeußcrungcn deck HaiidelcmunisterS Frhr» v. Berlepsch mußte cö scheinen, als ob die localen Behörde» völlig Herren ihrer Ent schließungen gegenüber der Streikbewegung gewesen wären. Daß dcm nicht so war, gebt aus folgender Äuslassnng Psählcr« hervor: „Die Stellung der Bergbehörden war unter den ob- Feuilletsn. Für die Ehre der Familie. Roman von Clarissa Lohde Nachdruck vrrdkien. (Fortsetzung.) »Sie scheinen sich ja sehr gut oricntirt zu haben", unterbrach ibu Rösicke mit bebenden Lippen. Daß dieser Freche ihm solchen Vorwurf macken durste! . . . O, seine Frau batte Reckt gehabt — jetzt sah er es ein, er hatte turch diese« Verschweigen einen Fehler begangen, der sich jetzt bitter an ibm rächte. „Wer auf schwierigen, Boden operiren will, muß vorder Ltvdien machen", erwiderte Herald, jetzt immer mit einem lenen Spott in dcm Ton. der Rösicke anfs Höchste erregte, .Sie babcn in Ihrer Rechnung einen Faclor vergessen: die Liebe, die Sebnsucht einer Mutier." „Und dcSbalb lockten Sic die beiden Jüngsten, Uner fahrensten aus dcm Schutze der Heimath fort ?" rief der Commerzienrath. »Nach den beiten älteren, der verbciralbclen Tochter und dem Sohne also, scheint sich die liebende Mutter nicht gesehnt zu haben." „Ich konnte ihr nur bringen, was ich zu erreichen vermochte, und ihr Sehnen galt allerdings zumeist ihren Zwillingen." „Wozu diese Unwahrheit?" schrie nun der Commerzien- ralh; „diese Frau hat keine Sehnsucht nach ihren Kindern, keiue Liebe für sie. Sie haben mit den kindlichen Gefühlen der beiden armen Mädchen ein schnöde« Spiel gelrieben. Listen Sic denn auch, welche Strafe auf die Entführung MinderjäkriArr steht?" Herald tackelte überlegen: „Vergessen Sie doch nicht. Herr Commerzienrath, daß die beiden jungen Damen über sechzehn nabre und mir freiwillig gefolgt sink, um sich von mir in die arme ihrer Mutter führen zu lasten." „Heimlich, auf Schleichwegen, unter falschen Vor spiegelungen." „Würden Sie eine Begegnung der Mutter und der Kinder »gelassen baden, wenn man Sie davon benachrichtigt hätte?" ragte Herald dagegen. „Nimmermebr!" „Da geben Sie ja selbst zu, daß ich mich in einer Zwangslage befand. Sollte cS Ihnen übrigens bestalle», mich »nlcr Anklage zu stellen, sv werden mir die beide» jungen Dame» vor Gericht bezeugen, daß ich keinen Zwang auf sie auSgeübt bade." Der Commerzienrath zuckte bei diesen Worten zusammen. Herald bemerkte cS mit heimlicher Befriedigung. „Uebrigens werden Sic nicht daran denken, mich anzuklagen. Man schleppt junge Damen, von denen die eine die Braut eines Präsitenlciisobncs ist und die andere wahrscheinlich demnächst etwas AchiilickeS werden soll, nicht als Zeuginnen vor Gericht; man schlägt cS auch nicht an die große Glocke, wenn sic heimlich aus dem Hause der Pflegeclkern gegangen sind, sei es auch, um ihre Mutter zu suchen, und man läßt am liebsten nichts davon verlauten, daß diese Mutier von de» Tobten auscrstanden ist. Verhält es sich nicht so, Herr Commerzienrath?" „Und wenn eS sich so verhielte?" „Dann würden wir ja wohl zu einer Verständigung kommen." „Ha, so sind wir denn endlich auf dem richtigen Punctc angclangt!" ries der Commerzienrath. „Nun wird ja die Liebe, die Sebnsucht der Mutter offenbar werden. Die Sehnsucht, die jetzt den Preis sür das an den unschuldigen Mädchen geübte Attentat cinfordcrt!" „O, o, Herr Commerzienralh, was gicbt Ihnen ein Recht, so niedrig von mir zu denken!" rief Herald; aber die zur Schau getragene Entrüstung war nicht gut gespielt und er setzte auch sogleich hinzu: „Ich bin allerdings kein reicher Mann mehr, allerlei Unglückssälle haben mein einstmal« großes Vermögen verschlungen; den Rest desselben mußte ich opfern, um mit meiner Frau nach Europa zu reisen, eS wäre nur billig, daß mir daS jetzt ersetzt würde." „Gut. so nennen Sie die Summe, die Sie beanspruchen! Ich erkläre aber gleich, daß ich erst dann zahlen werde. wenn Tic mir gesagt haben, wo sich die heimlich von Ihnen Fortgclvckten befinden, und ich sie mir selbst zurückgebvlt habe» werde." Ein überlegenes Lächeln umspicltc die Lippen Herald'S. „Ich bade diese Forderung vorausgcscbc», Herr Com merzienrath, und ganz in Ihrem Sinne einen Vertrag auf- gesetzt, den ich Sic zu prüfen bitte. Doch verzeihen Sic, wenn ich gleich binzusüge: Auch ich bin Kaufmann, was ich fordere, ist wohlüberlegt und ich kann in keiner Weise davon abgcken." Dabei zog er ein Papier anS seiner Tasche, daS er mit leichter Verneigung dcm Commerzienrath überreichte. Dieser aber batte kaum eine» Blick daraus geworfen, als er zorn- glühend bervorsticß: „DaS ist eine Unverschämtheit, Herr! 10 000 Dollars wagen Sic sür Ihren Bubenstreich zu fordern. Wofür batten Sie mich, daß Sie glauben können, ich würde Ihnen ein solches Sündengeld auSzablen?" „Wofür ich Sic halte?" cntgcgnctc Herald noch immer in dcm gleichen böslich kühlen Tone. „Für einen sehr reichen Herrn, dem loooo Dollars eine Kleiniakcit bedeuten, während sic für uns die Grundlage unserer Existenz werben sollen." Gerade die Kaltblütigkeit dieses Menschen brachte den cholerischen Commerzienrath völlig außer sich. „Ich werde Ihne» diese Summe nicht geben, darauf verlassen Sie sich", schrie er. „Und wenn Sic Ihre Forde rungen nicht hcrabslimmcn, so erhalten Sie überhaupt nickt« ven mir." „Dann schwöre ick Ihnen, daß auch Sie Ihre Pflege befohlenen nie Wiedersehen werden." „Wie, Sic wagen zu droben?" „Nur zu warnen. Herr Commerzienrath!" — Ich dächte, eS wäre auch Ihr Vortbcil, wenn crie cinlcnktcn und eine Sache tobt machten, die für alle Theile compromitlircnd werken dürfte, sobald sie bekannt würde." „Sie ist eS leider nur schon zu sehr", brummte der Commerzienrath, die Stirn faltend. — Er dachte an den Präsidenten, an Arnold, aber dennoch, dennoch — solcher Schurkerei durste er nicht nachgebe». — DaS mühsam erworbene Gclo, das ja auch einen Tbcil der Mitgift ElSbcth'S bildete, diesem Spieler und Verschwender auSlicfern? Herald beobackletc ih» lauernd. „Meine Zeit ist gemessen", bemerkte er nun, „ich hatte schon vorhin die Ehre, dem Herrn Commerzienralh daS mitzutheilcn." „Niederträchtiger Hallnnkc", knirschte Rösicke zwischen den Zähnen, — aber er neigte sich dennoch über daS Papier: — Wen» dieser Mensch wahr machte, waS er gedroht, wenn er die lieben Mädchen wirklich davonführlc, sie für immcr ibrcn Pslcgccltern entriß? — Im Stande war er dazu. Was kam c« ibm und der leichtfertigen Mutter darauf an, ob die unschuldigen Kinder für ihr Leihen unglücklich würden? Ein Zng des TrinmpbcS trat aus Herald'S verwittertes Gefickt. Der von ibm so geschickt Gestellte mußte ja unter schreibe», ibm blieb kein anderer Ausweg. Bevor aber der Commerzienrath noch zum Entschlüsse gekommen war, wurde plötzlich die zu den Wvkiigemächern führende Tbür ansgesioßen und in derselben der Baronin Sperner schlanke Gestalt sichtbar. Unmnttii^ über die in seiner Hausordnung völlig un erlaubt Storung, wandte dieser sich der Eiiilrelciidcn zu: „Du, Adele? Was führt Dich der? Du sichst, ich bin beschäftigt." Und dennoch wagte ich cS, bis z» Dir vorzndringen", ries diese freudig errca» dagegen „Bringe ich doch eine f'rolic Bolschasl Tic Schwellern sind wierer da. Sie harren draußen, um sür ibrcn »nnberlcglen Schritt Deine Vcr- zcihun.z z» erbitten." Wie vom Blitze getroffen, schwankte Herald bei diese» Worten. Ein unarliculirter Laut entrang sich seinen Lippen. „DaS ist unmöglich", schrie er aus — „cs kann nicht wahr sein, — cs kan» nicht — sie lönncn« nicht über das Her; gekrackt habe», ihre Mutter so rasch schon wieder zu verlasse» — " Adele zuckte zusammen Ucker ibre schönen Züge breitete sich eine liefe Blässe. „Mr. Herald", sagte sie, — „ick bi» von Allem unterrichtet. — Ihre Pläne sind gescheitert. Wodurch? — DaS werken Sic daheim erfahren —"
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