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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930126027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893012602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893012602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-01
- Tag1893-01-26
- Monat1893-01
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Reclamen unter dem Redaelionsslrick ^ge spalten) üOsj- vor den Aaimliennuclrichlen (6gespalten) 40 Größere Schristen laut unserem PreiS- verzeichniß. Tabellarücher und Zifsernjatz nach höherem Tarif. Ertra-Vetlagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. odne Posldeiörderung 60.—, mit Pvslbesöcderuiig 70.—. Äunalimrschlub für Anreigkn: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge n-Auegad«: Nachinulags 4 Uhr. Sann- und Festtag» früh ' «0 Ul>r. Lei Len Filiale» und Annabiutsielle» i» eine halbe Slunde srüher. AuzrigkN sind stete- an di« ElPeSittsn zu richten. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 87. Jal'MIIg. Amtliche Bekanntmachungen. II. Realschule. H»r Feier de» Geburtstages Lr. Majestät »es deutschen ßsiserS wird Freitag, de» 27. Januar, Vormittag? !) Uhr ein Lchulactu» stattfinden. Tie hohen Behörden, die Angehörigen unserer Schüler, sowie alle Gönner und Freunde der Schule ladet zu dieser Feier im Namen de» Lehrercollegiums ganz ergebenst ein Leipzig, den 26. Januar 1893. A. Ad. Brause, Director. Politische Tagesschau. * Leipzig, 26. Januar. Der Reichstag hat den vom Abg. Rintelen beantragten Gesetzentwurf Uber einen zweiten Absatz zu tz. 69 des Straf gesetzbuch», nach welchem die Verjährung rüden soll während der Zeit, in welcher auf Grund de» Gesetze« eine Lkrrsversolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werken Kim, in erster Lesung derathen. Der Anlag zu diesem Anträge ist der Umstand gewesen, daß eine lange parlamcn- larisihe Session dczw. eine lange Vertagung einer solche» illsclAc der Immunität der Abgeordneten zum Ablauf von Verjährungsfristen und damit zur Straflosigkeit von Ver gehe» führen kann. Ter Antrag wurde voni Antragsteller mxsoble» und von den Nationaltibcralcn, Eonscrvalivcn und freisinnigen befürwortet. Der socialdemokratische Abgeordnete Itrdtbagen war der Einzige, der mit durchaus unhalt baren juristischen Tüfteleien den Antrag bekämpfte. Vci der Stellungnahme der Parteien wäre mit Rücksicht ans die Arbeitslast des Reichstags der sofortige Ein tritt in die zweite Berathung angezeigt gewesen. Da gegen erhoben indessen die Socialdcmokraten Widerspruch, t,e zweite Berathung wurde daher vertagt. — Das Haus -mH dann zu der Fortsetzung der Berathung über die socialpolitischcn Anträge der AbAg. Ackermann und de« EenlrumS über, und zwar zunächst zu den die Eon- snnwereine, welche Geschäfte mit Nichtmitglictcrn machen, beiresienkea Bestimmungen Der Antrag Ackermann ersucht um die Vorlegung eines Gesetze-, durch welckeS den Eonsum vereinen die Abgabe von Maaren an Nichdmitglicder schlecht hin und unter Strafandrohung verboten wird. Nach dem Anträge des EentrumS sollen Personen, welche in Eonsnm- rereinen mit dem Verkaufe der Waarcn beauftragt sind, wenn sie der Vorschrift des tz. 8 Abs. 4 zuwider Maaren an Nichtmitglieder verkaufen, mit Geldstrafe bis zu lüO .-ii tesuasl werden. Außer den Antragstellern Ackermann und Hitze sprach sich der sreiconservative Abg. v. Stumm für diese Äniräge auö, dabei hauptsächlich aus den verderbliche» isinsluß der zum Vertriebe geistiger Getränke gegründeten (iensnmvercine Bezug nehmend. Entschieden bekämpft wurden tu Anträge von den Soeialdemokrate» und den Freisinnigen. Ah-r auch der nationatliberale Abg. El einen (Ludwigsbasen) sxraL sich gegen die Anträge aus, weiche den Geschäftsbetrieb ran Eonsumvereinen für gewissenhafte Personen kaum noch möglich machen würden. Aus einer mittleren Linie bewegte sich der Abg. Buhl (natlib.), welcher der Ansicht war, daß, wenn überall die an Nichtmitglieder verkaufenden Eonsum- vcttine ebenso wie andere Gewerbetreibende besteuert würden, der Gerechtigkeit vollauf genügt werde; doch erklärte er sich bereit, den Antrag des EentrumS in einer Eommission zu prüfen. Die Debatte ist noch nicht zu Ende geführt, sondern vertagt worden. Die gestrige EtatSberatlmug im preußischen Abge ordnetenhause führte zu einer bemerkenSwerthen Er örterung mancher Vorgänge, welche sich neuerdings aus dem Gebiete der Strafrechtspflege abgespielt haben. Anlaß zur Kritik bat insbesondere der Verlauf des Ahlwardt- ProcesseS gegeben. TaS häufige Hervortrete» des Vor sitzenden mit persönlichen „ScnlimcnlS", welche deutlich seine Ansicht über Schuld oder Unschuld des Angeklagten erkennen ließen, der Mißbrauch der Vertbeidigung, die Ver ungliiiipfung Traußenstehcnder, die Ablehnung von Anträgen von Seiten de- Gerichts unter verletzenden Vemcrkungc» — das Alle» hat allgemein Befremden erregt. Es mußle daher ein vom Justizminisler v. Schilling verlesener Erlaß an die Gerichtspräsidenten, welcher der Wiederkehr solcher Erscheinungen Vorbeugen soll, allseitigc Zustimmung finden. Der Erlaß lautet: „Berlin, 21. Tecen.ber 1892. Tie Unparteilichkeit des Richters soll sich auch in der strengen Sachlichkeit des dem Richlerspruchc vorausgehendcn Verfahrens bethätsgen. In Slrassachen, welche zu de» politischen oder socialen Parteikämpsen der Gegenwart tn Be ziehung stehen, ist diese Bethätigung besonders nothwrndig, gerade hier aber auch mit Schwierigkeiten verknüpft. Für den Angeschul- digten liegt >n diesen Sachen die Versuchung nahe, die Vrr- lheidigungsmitiel, dir ihm La» Gesetz der Anklage gegen über gewährt, in der öffentlichen Verhandlung nach außen hin zu benutzen, um die Anhänger seiner Bestrebungen im Lande zu crinuthigen und zu vermehren. Es bedarf der ganzen Umslcht und Langmuth der leitenden Richter-, um einem solchen Verhalten gegenüber jeden Schein einer Voreingenommenheit zu vermeiden, und andererseits, um die Verhandlungen über die ihnen be reiteten Hemmnisse hinweg zu führen und sie von den zur Sache nicht gehörigen Erörterungen fern zu halten. Zu ver bewährten Hingebung der Gerichtspräsidenten darf da» Ver trauen gehegt werden, daß sie sich bemühen werden, diesen Anforderungen gerecht zu werden; ich Halle es jedoch für an gemessen, auf einige GesichtSpuncte hinzuwciien, deren Beobachtung für die Leitung der Verhandlung von Nutzen sein dürste. Vor allen Dingen empfehle ich eine strenge Handhabung der Sttzungspolizei und die Durchführung einer der Würde des Gerichtshof» entsprechende» Rede- ordnung. Wenn jeder bei der Verhandlung Betheiügte — die Mitglieder de» Gerichtshofes nicht ansaeschlosse» — »rst sprechen darf, nachdem er zum Wort zugelassrn ist, werden dir Aergerlichkeilen vermieden, zu denen ein srciverlaustndes Wechsel- gejvräch führt. ES soll damit nicht gejagt werden, daß der Vor sitzende sich aus die äußere Leitung der Verhandlungen beschränken soll; cs ist vielmehr seine Pslichl, die Wahrheit zu ersorschen, und er wird es daher nicht vermeiden können, Zeugen uud Aiigejch'ildiLt«. aus Widersprüche, Lügen und Ilnwahrschcinlichkeilen hinzuweise,, und zur Aufklärung geeignete Bemerkungen einzusicchten. Der Vor sitzende wird jedoch gnl thun, seine Vorhaltungen in die dem Ernst der Sache gebührende Form zu Neiden, und auch da, wo Anlaß zu tadelnden Bemerkungen gegeben ist, sich >eder jarkaslischenFörderung derselben zu enthalte» und unter allen Umständen zu vermeiden, eineHaltung einzunchmen, nach welcher seine persönliche Stellung zur Schuldsrage als ei ne bereits feststehende erscheint. Tic Sachlichkeit in der Leitung der Berbanviung muß besonders gegenüber dem Vertheidiacr beobachtet werden, in dessen Mitwirkung das Gericht ein wichtiges und nützliche- Element der Findung inatklicll wichtiger Entscheidungen zu erblicken bat. An« der Stellung der Verlheidigung entiprinqt auch die Pflicht des Vorsitzenden, aus die Ausrechterhaltung der der Ver- theidigung gezogenen Grenze» bedacht zu sein. Insbesondere muß mit Entschiedenheit ei» Verhalte» der Verlheidigung, welches der Wurde des Gerichts oder der Ehre der be- theiligten Personen cntgegentritt, zuruckgewiesen werden. Tie Verthcidigung darf Fragen und Anträge stellen, aber «S ist ihr nicht gestattet, daran Bemerkungen zu knüpfen, welche in Len Schlußvorlrag gehören, in»besondkr« nicht die Glaubwürdigkeit der Zeugen oder fremder Personen ihrer Beurtbeiinng zu unter werfen oder durch außer Zusammenhang mit der Sache stehende Bemerkungen bloSzustellen. Ew. u. s. w. ersuche ich, Liese Aus fassung gegenüber den Vorsitzenden der Gerichte umgesäumt zum AuSdrucke zu bringen. Insbesondere erwarte ich, daß mir nur solche Beamte zur Beförderung zu Präsidenten oder Tireetoren vor- geschlage» werden, welche diese Eigenschaften besitzen." Der ehemalige französische KriezSminister und gegen wärtige ccmmandirende General des 18. ArnicccorpS Ferron hat nunmehr einen Redactenr des „Nouvelliste de Bordeaux" Miltbeilungcn über die Benutzung geheimer Fond» durch den früheren Eonseilpräsidenten »nk Finanzminisicr Rouvier gemacht, durch welche die Voulangistcn in besondere Erregung gegen diesen Staatsmann versetzt werden. Antricnx hatte bereits behauptet, daß General Ferron als KriegS- minister aus de» geheimen Fond- seines RcssorlS dem damaligen Eonseilpräsidenten Rouvier, der als Finanz- ministcr nicht über geheime Fonds diSponirle, die Summe von 40 000 Francs zur Verfügung gestellt bade. Diese Summe war »ach den Angaben Andrienx' dazu be stimmt , den gegen Rouvier in einem bonlangistischen Blatte persönlich gerichteten Angriffen ein Ende zu bereiten. General Ferron erklärte nun, das? bis aus die angeführte Summe die Mittbeilungcn Andrienx zutreffend wären. General Ferron betonte zugleich, daß die Minister durchaus unbeschränkt wären, welche» Gebrauch sie von den ihnen gewährten Geheim fonds machen, so daß er an Stelle Rouvier s der Deputirtcn- kammcr überhaupt keine bezüglichen Mittbeilungen gemacht hätte. Der commandirende General des 18. Eorps fügte hinzu, daß er, falls er vom parlamentarischen Untersuchungs ausschüsse ausgcsordert werden sollte, Zeugniß adzulegen, die- genau in dem angegebenen Sinne thun würde, wie er denn auch durchaus correct gebandelt zu habe» glaube und »ichlS zu verbergen habe. — AIS Zeichen LcS großen Miß vergnügens, in daS die Boulangistenpartci durch de» Gang, den >etzl die Dinge im Paiiamascantal angenommen baden, versetzt worden ist, kann die Drohung Deronlcdc'S an gesehen werden, Laß er der Regierung mitgcthcilt hat, er beabsichtige, sic in der Kammer zu iiiterpellircn, falls die Untersuchung gegen die in die Panania-Angctcgenbeit ver wickelte» Parlamentsmitglieder eingestellt würde. — Dir „Gazette de France" berichtet, daß zwischen Roullier, welcher alsGenexalprocurator im Panamuproceß vor den Assisen figurcn wird, »nd dem Untersuchungsrichter Frangucville ei» Eonslict auSgcbroche» ist, weil crstcrersich weigert, gewisse Anträge Frangucville S zu unterzeichnen. Letzterer habe er klärt, zu demissioiiircn und die Sache vor die Kammern zu bringen. DasGsrücvt, Franqurville habe bereits kemissionirt, ist verfrüht. Bestimmt verlautet nur, der ehemalige Justiz- minister Thevenct werde noch diese Woche außer Verfolgung gesetzt. — Wie weiter verlautet, siebt die durch die Aus- sintung dcS Arton'scheu Ehe ck buche» eingelcitetc Unter suchung in der Panama-Angelcgciibcit uniuittelbar bevor. Die Vorladungen solle» bereits ausgesübrt sein. Unverzüg lich werte bei der Dcputirlcnkammer beantragt werden, die gerichtliche Verfolgung gegen gewisse Trpulirte zu gestatten. Es ist wobl kein zufällige» Zusammentreffen, daß nn- inittcldar vor der Eröffnung des italienische» Parlamenls cin diplomatischer Vorgang bekannt wird, der unter Um ständen zu einem ernsten italienisch-brasilianischen Eonslict sichren kan». Im Decembcr v. I. wurde in Porto Alcgre ein Italiener durch eine» Polizciossicier miß handelt und der dortige italienische Eonsnl machte diesen Vor gang zum Gegenstand einer Beschwerde, die ihren vorläufigen Abschluß damit sank, daß der schnldtragcnde Vcanitc unter Anklage gcstclll wurde. Seither war cS von diesem Zwischen falle ganz still geworden, er schien bereits i» Vergessenheit gcratbc» z» sein. Jetzt mit einem Male Hai die italienische Regierung ihren Gesandten in Rio de Janeiro angewiesen, auf dir Beschleunigung der geforderten Genug- thuung zu dringen und der brasilianischen Regierung zu bcdenlen, daß Italien sich nn Weigcrnngsjallc seine Gcnugthuung selbst verschaffen werte. In Italien wirkt noch beute die Mißstimmung über die nnzn- reichcntc SUbnc der wider italienische Staatsbürger m New-L'rlcans verübten Vliiltbaten kräslig nach, nicht mit Unrecht bat die öffentliche Meinung des Landes cs als eine Niederlage empfunden, daß die vom Marchese di Rudini mit so scharfen Mitteln begonnene GenugtbunnsjS- Action in Sande verronnen ist. Um so beifälliger wird da» schneikige Vorgehen des EadinctS Gioliiti >zegcnilbcr Brasilien ausgenoniinen werten. Alljährlich wantcrn Tauscntc und Tauscntc von Italienern übers Meer, nin zumal i» tc» südamerikanischen Staate» Erlverb ;» suchen, unzählige Fäden rein nieiischlicher und geschäftlicher Interessen spinnen sich von den Küsten Südamerikas nach Italien herüber, Jedermann wird eS daher in Italien der Regierung Dank wissen, wenn sie mit aller Entschlossenheit für die Rechte ihrer jenseits des Meeres weilenden Bürger, die zumeist tüchtige, arbeitsame Leute sind, eintritt. Im Falle von Rew-trleanS war das Eadinet Rudini von vornherein in einer nn günstigen moralische» Lage, weil die dortigen Opfer der VolkSjnsiiz üdcrwiesene Verbrecher, Mitglieder der Mafia und äbnlichcr dunkler Genossenschaften, waren Im Falle von Porto Allcgrc trifft das nicht zu, hier bandelt eS sich um die Mißhandlung eine» Unschul digen durch einen gewalttbätigen Beamten der brasilia nischen Regier»»fl. Diese wird sich denn auch kaum dör Forderung de- italienischen Gesandten entziehen und cs daralff ankommcn lasse» lönnc», daß Italic» seine Drohung i»it -relbstbilsc verwirkliche, denn auch die übrigen eure päischen Vertreter werden nicht umhin können, seine Forderung mittelbar oder nnmiltclbar z» »ittrrslützcn: die eiiropäischen Interesse» sind, waö die RcchtSschutzsrage betrifft, gerate in den unruhigen, von Umwälzungen und Unruhen oft beim gesuchte» südamerikanischcn Staate» solidarisch. Dem Eabinct Giolitti wird sei» nachdruckSvvlleö Auftreten zum Schutze der italienische» Interessen im AuSlandc auch der Kammer gegenüber zu gute komme» »nd vielleicht manche» vom Abfall zurückbaltcn, der in der Bankfraac seine Wege von denen der Regierung zu scheiden geneigt wäre. TaS entschlossene Vorgehen der englischen Regierung gegen de» Kbedive von Egypten findet in England all- seitigen Beifall. Ebaniberlain, der Führer dcr liberalen Uiiionistcn im Unterhaus, sagte am Dienstag bei einem Fest mahle in Birmingham, die Opposition betrachte inil Herz lichstcr Zustimmung, obwohl nicht ohne Ueherraschnng. daS prompte unv entschiedene Vorgehen der Regierung zur Aufrecht Haltung der Autorität England« in Egypten. Die Opposition werde geneigter sein, die Regierung z» ihrem Frcnlwcchset zu beglückwünschen, als ihr Jnconscguenz vorzuwcrsen. Die Regierung dürfe aus herzliche und »msasscndc Unterstützung der Opposition in jeder Anstrengung, die Ehre und die Interesse» des Landes aufrecht zu batten, fest daucm Diese Einigkeit des englischen Volkes wird ohne Zweiicl nicht ohne Einfluß aus das Verhalten des britischen EadinctS gegenüber dem Verlangen dcr französische» Regierung um „Aufklärung" über die Verstärkung der e»glisck)en Truppen in Egypten sein. Die „Ausllärnng" ist nach einem heutigen Telegramm a»S Paris anck schon gegeben worden, indem der englische Botschafter die sranzösischc Re gicruiig vrn dcr Vermehrung der englischen Garnison in Egypten mit dcr lakonischen Vcincrknng in Kennlniß setzte, daß diese Entschließung in teiner Weise die Absicht einer „Besitzergreifung" in sich begreife. Herr Deoelle Feuilleton. Für die Ehre der Familie. Roman von Elarissa Lohde. Naibdruck verdotni. (Fortsetzung.) Die Präsidentin tauschte schnell einen Blick mit ihrem Selm und sagte dann zu Hcgener: „Weniger wäre mehr. Nicht um Octavia'S materielles Wohlergehen bin ich besorgt." „Es ist daS Einzige, da« ick ihr je gewähren konnte, das stricht sie ja unumwunden in diesem Briese auS; cS soll ihr euch ferner nicht fehlen", erwiderte Hrgencr, indem er daS dktt zusaninicnsaltete und sorgfältig einsleckte; auö seinen Berten klang jetzt doch ein wärmere- Gefühl, nickt nnr der Eielz »nd die Eitelkeit, cS war auch eine edlere Seite in seinem Innern verletzt „Wissen Sie, wohin Octavia sich gewendet?" fragte die Priisitentin, die jetzt cinsah, daß keine Ucberrcdung den schwer getränkten Mann von seinem Verhalten abhalten könne. „In einen, kleinen Billet, da- sie hier für mich zurück- gelaisen. bat sie mich ersucht, ihr meinen Entschluß post lagernd nach Zürich zu schreiben; Sic sehen, wie sicher sie sich vor jeder Verfolgung von meiner Seite hielt, und sie bat sich darin auch nicht getäuscht", sügte er mit einem Lächeln dmzu, da« sarkastisch sein sollte, aber recht traurig war. Ädschiednehmend bot er der Präsidentin die Hand .verzeihen Sic, wenn ick, in meiner gerechten Entrüstung «was gesagt haben sollte, was Sie verletzt bat; ich hoffe, la« unglückselige Ercizniß wird an unseren Beziehungen nickt« ändern", schloß er nun wieder in guter Haltung. Auch die Dräsidenlin nabm sich zusammen unk entließ ihn böslick und «menen; al- aber Arnold, der den Bankier binan-degleiiete, nt Zimmer zurückkebrte, da ward ihm ein Anblick, der >bn ns da- Tiefste erschütterte. Seine Mutter lies händeringend, laut schluckzcnd, völlig sassung-lo- im Zimmer aus und ab. ,O diese Sckanke, diese Sckande!" sckrie sie. „Einen solchen Fleck auf den makellosen Ruf unserer Familie zu dringen! Wie glücklich sind dock meine Brüder) Sie sind »xs dem Scklachtseltc gefallen, ihr Leben wie ihr Tod war gleich ehrenvoll; ich Unglückliche bin allein übrig geblieben, >» diese Schmach mit anzusehrn. Ich kann, ich werde das «cht überleben!" Sie sank ins Sopha und wühlte den Kops in die Kissen. Arnold war lies erschüttert. „Liebe Mutter", bat er, zn ihr tretend und ihre Hände mit ermulhigeiidcm Druck fastend. „Du darfst Dir das un glückliche Ereignis! nickt zn schwer zu Herzen nehmen, Niemand kann, Niemand wird das Thun Teiner Sckwcstcr Dir anrcchnen; jeder Mensch ist sür sich allein verant wortlich —" „Aber kein Mensch gehört sich allein an", unterbrach sie ihn, auffahrend, „Niemand ist berechtigt, bei seinem Tbun und Lasten nur sein eigene- Belieben zu befrage»; die Her kunst weist Jeden von der Geburt an seinen Platz in der Gesellschaft an. Wem viele Vorzüge gewährt sind, dcr hat auch viele Pflichten zu erfüllen." „Mil diesen Anschauungen näherten wir »nS dock dem Kastenwesen dcr Egypter und Indier", wandte Arnold ein. „ES steckt ein gar nicht zu unterschätzender Kern darin", antwortete die Präsidentin, „dock halten wir »ns jetzt nicht mit solchen Erwägungen ans. „Ralbc mir lieber, was ge schebe» soll, was ich thun kann, um den Schlag abzuwenrcn." Der Assessor zuckle die Schultern: „Ich furchte, da wird sich »ichlS tbun lassen. Herr ven Hegcner ist von seinem Vorsatz, die Scheidung sofort cinzuleitcn, nicht ab zubringen" „O dieser Plebejer, dieser Geldprotz, der sich noch ein- bildet, er habe einem Fräulein von Alicneck eine große Wohl- ibat erwiesen, als er sie zu seiner Frau machte unk sie mit seinem frivole» Luxus überschüttete. Trägt er nickt selbst die Schuld an Allem, waS geschehen, da er sein Ha»S dem Verkehr dieser leichtlebigen Kiinstlerwclt öffnete? — Octavia so jung, so schön, immer sich selbst überlassen. — Unk der Mann, eigene Freuden aussuchend. — Und nun spielt er Len Unschuldigen, den Unerbittlichen. O, wie ich ihn verachte, ihn hasse —" „Unk doch kannst Du nicht leugnen, daß seine Frau sich schwer an ihm vergangen hat" „Nein, »ein, das is» cS ja eben. Octavia muß nachqrbcn. Wenn ich ihr nackrcistc. Vielleicht gelänge eS mir noch, sie zur Ebre, zur Pflicht zurückznführcn" „Du vergiß», daß Hegcner sie nie wieder amnehmen würde; dem Brief, den sie geschrieben, könnte schwerlich ein Mann und am wenigsten ein Mann wie Hegcner ver zeihen — und sie würde sich auch jetzt nickt mehr von Dir bestimmen lassen, wo ein anderer Einfluß Macht über sie ge wonnen hat." „O, dieser Einsliiß", wiederholte die Präsidentin ächzend. „Es ist daö Verhängniß, daS diese Wvldcnö in unser» Weg geführt bat. Erkennst Du jetzt das Erdtheil de« VlulcS? Ist dieses Blut nickt gefährlich? Vcrgislcl es nicht Alle«, was mit ihm in Berührung kommt?" Sic »inklaiiimcrte Arnolds Hals mit ihren Händen und preßte ihren Kopf an den scinigc». „Und auch Du — auch Du! —" Er drängte sic sanst ron sich. „Du bist außer Dir, liebe Mutter, und siehst Gefahre», wo keine sind. WaS haben alle diese Vorgänge mit nur zu schaffen?" „Das fragst Tu »och? Ist ElSbcth doch Paul WoldenS Schwester?" „Und ist Octavia von Hegcner nicht die Dcinige? könnte ich dagegen fragen " „Der Vergleich hinkt. Die Geschwister Wolken sind die Kinder jener Frau, die ihrem Manne entfloh und ihre Kinder herzlos verließ; die sv schleckt ist, daß sic sich dazu bergab, diese vergessenen, verstoßenen Kinder zu den »nlauterjtcu Zwecken zu sich z» locke»; die Mädchen haben ihre» Hang zu Abenteuern durch ihr leichtsinnige« heimliches Davongebcn »nd ihr nicht minder räthselhaskeS Wiedererscheincn bcrcii- dargetban —" „Ich bitte Dick, Mutter, fange nicht wieder davon an —" „Und dock liegt es so nabe Auch bei EkSbetl, Heimlich keiten, unklare Verhältnisse. Ist da« wirklich die Atmosphäre, ui welcher mein Sohn sich wobl fühlen kan»? Blicke mir ins Auge, Arnold, und behaupte, daß T» noch immer hoffst, in dieser Verbindung glücklich zu werden?" Der Assessor blickte ikr seit in die Augen: „Ja, das hoffe ich, Mutter, denn ich lieb« ElSdetb und glaube an sie Aber wäre cS selbst nickt so, so würde »nd könnte ich nie ziirücktrete» Ick habe ElSbctb mein Wort gegeben, »nd e.n Ehrenmann hält sein Wort —" Die Präsidentin schüttelte nur wie in innerer Abwehr den Kopf. — Im Herze» aber aelobte sie sich nm so sester, diese tbörickte Heiratb, in die Leidenschaften und salsckc- Ebrgefühl den Solm dineintricden, z» verhindern. Galt cl dock, sei» Glück, seine Znlunst z» retten, und siel ihr, dcr Mutter, die l»eiligk Ausgabe nickt zu, seine Jugend vor einem nickt mehr gut zu machenden Jrrtbum zn bewahren? Ihre Schwester war verloren, durch einen dieser WoldenS, ibr Svbn sollte cS nicht werden! Wohl stieg in tieseni Augenblick auch de» Gatten war nende- Wort in ihr auf. Hute Dich vor gewaltsamen Mitteln, sic könnten Dir Deines SobneS kindliche Liebe kosten. — Ack, selbst nm diesen Preis ninßtc sie cs wagen. Die Liebe würde sie wieder zu gewinne» wisse», sobald der crtlc Sturm der Erregung, ans de» sie sich gcsafli machte, überwunden war — Ja, einst, davon war sie fest überzeugt, würde er ihr neck danken, was sic sür ihn, wenn auch gegen seinen Wille» gethan. 19. Eapitcl. Am Abend vorder war die Verabredung getroffen worden, daß Arnold deute mit seiner Braut bei SpernerS speisen »nd dann sie l>ei»igclkilcn sellte. Gut. daß er »och den langen Weg durch de» Thiergarten nach Ebarloltenhurg zn macken batte, bevor er ElSbctd gegeniibkrtiat. denn so sehr er sich auch in Gegenwart HegniciS nnt der Mnrler be herrscht batte, befand er sick doch in einer Aufregung, die niederzukämpfen ihm schwer wurde. Hatte er sckon vorder eine geheime Antipathie gegen de» geniale» Schwager gefühlt, so batte sich diese jetzt in sittliche Entliittnng verwandelt. Ein Mensch ohne Ebre, ob»« Gesüble sür Sittlichkeit, einer jener mvter» angekränkelten Gcn>lßinenschen, dir ibr Leben ver gkiiden »nd keine andere Rücksicht kennen, als ans ibre äugen blicklichen Gelüste, auf da» vergötterte angebeie Ick! — Und er wieder i» kiese häßliche Geschickte hineiiigezogen; die pslichtvcrgrssknc Fra», die Sck'wi'ler seiner Mutter, der elende Verführer — oder gar Versiihrtc, wie Hegcner höhnisch debauptet hatte — der Binder seiner Verlobten. Er schüttelte sich ordentlich in dem Gedanken, als könne er damit den Staub, dcr auch aus ih» gefallen, ve» sick ab schütteln. Aber vergeblich — vergeblich! Dieser Staub blieb »nd verdunkelte die so rein, so i'nbefleckt gehaltene Ebre seine« Namens, und er mußte cs geduldig tragen — »m ihretwillen, ui» seiner Eisbeil, willen, die nnr z» sehr von ihrem eigenen Geschick niedergedrückt sckien. Er war vor der Villa angelangt. Durch da« Gitter de« Garten« bcmcrkic er jetzt ein belle- Gewand schimmern, hörte daS Lacken ron .Kinkerstimmen, in die sich auch ihr belle» Organ mischte. Sie flog wie ein Eis durch die Gänge des Garten- und ließ sick von den Kleinen, die jubelnd hinter ihr her jagten, haschen. Ei» reizende» Bild — und dock erregte es in Arnolds Brust keine freundlichen Empnn- dungen. Sic konnte lacken, beiter sein, während sie gestern erst unter der Last säst ziisainmenzudrechen schien. Welch' seltsamer Wechsel dcr Stimmungen! Mar dock in ihr auch etwa» von dem Leichtsinn der Mutter, wie
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