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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930128029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893012802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893012802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-01
- Tag1893-01-28
- Monat1893-01
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Tabellarischer und Ziffernjatz »ach höherem Tarif. SrtrarVeilaorn (gesalzt), »ur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Dostbesörderung SU.—, mit Postbesörderung 70.—. ^nnahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgab«: Bormittag« 10 Uhr. Marge u-Au-gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Soun- und Festtag- früh ' ,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je riuo halbe Stunde früher. Aiizrtgrn sind stet- an di« Erpedtti«« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^51. Zur gefälligen Leachtung. Unsere Eq-edition ist morsten Sonntag, den 29. Januar, Bormittags nur bis V-9 Uhr geöffnet. Lxpeültlon üvs I,eip/,lx6r l Amtliche Bekanntmachungen. Sonnabend den 28. Januar 1893. 87. Jahrgang. Steckbrief. Gegen den angeblich in Reuth in Sachsen zuletzt aufhältlich gewesenen Produclenhändler Hrlnrich August Diciirl, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Betrugs verhängt. ES wird ersucht, denselben zu verhaften und in das nächste SerichtSgesängniß abzuliefern. Leipzig, den 27. Januar 1893. Irr UntersuchuugSrichtcr tzri dem Königlich«» Lauvgerichtr. Burkhardt. Steckbrief. Gegen den am SO. April 1835 in Tottleben geborenen Agenten Zshan» Christoph Meinhardt. welcher flüchtig ist, ist die Unter- juchungShaft wegen Betrugs verhängt. ES wird ersucht, denselben zu verhaften und in daS nächste EerichtSgesängniß abzuliesern. Leipzig, den 27. Januar 1893. Irr UntkrsuchungSrtchtcr hei Sem Königlichen Landgericht«. Burkhardt. Steckbrief. Gegen den am 14. Mai 1853 zu Wittenberg geborenen Agenten Friedrich Wilhelm Puvlmnn», welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Betrug« ver hängt. ES wird ersucht, denselben zu verhaften und in das nächst« Ecrichtsgesängnih abzulieser». Leipzig, den 27. Januar 1893. Irr vntersuchungSrichtrr bei dem Königlichen Landgerichte. Burkhardt. Politische Tagesschall. * Leipzig, 28. Januar. Wird die BolkSstimmung der Militairvorlage günstiger? Herr von Bennigsen glaubte neulich in der Militaircommisston Anzeichen hierfür zu erblicken, unk wir mochten ihm nicht Unrecht geben. 6s ist in den letzten Tagen eine ganze Reibe von Kundgebungen in die Oeffent- lichtest gedrungen, welche zum Entgegenkommen, soweit /« sich mit den wirthschastlichen Rücksichten vereinigen läßt, aufsorderten und vor einem zerrüttenden Streit um diese Frage dringend warnten. Diese .Kundgebungen sind aller dings fast ausschließlich aus denjenigen VolkSkrcisen bcrvor- gegangen, denen die nationale Befestigung de« Reichs, zu der m erster Linie die starke militairische Rüstung gehört, stet« im Vordergründe des politischen Streben« stand. Es sind freilich auch diejenigen Kreise, welche gegenwärtig weniger denn je den Ausschlag bei den Wahlen geben. In der großen Masse deS Volk« herrscht nach wie vor dieser Frage gegen über eine fast stumpfe Gleichgiltigkeit. Bon einer tiefgehenden Aufregung gegen die Vorlage ist nicht« zu merken, die protc- tirendcn Beschlüsse, die La und dort in Bcrsaiiimlnngen gefaßt werden, sind mall und wenig ausdrucksvoll, schablonenhaft ge macht. Aber andererseits — von einem Druck der Wählerschaft aus die der Bcrstäntigniig abgeneigte» Abgeordneten ist auch nicht viel zu spüren Recht zum Bewußtsein ist die große Wobltbat der zweijährigen Dienstzeit den weiten Massen noch nicht gekommen. Daß darin durch eine allgemeine Wablbewegung viel geändert würde, müssen wir bezweifeln. Da« aber erscheint nn« sicher, daß auch im Volke und auch in der Wählerschaft der freisinnigen Partei und de« EentrumS eine Neigung zu einem tiefgehenden answühlenkc» Eonflick mit allen seinen Ge fahre» nack innen unk außen nicht vorhanden ist. Die Berstänbigung, vorausgesetzt, daß sie auf einer Grundlage besonnener und billiger Abwägung de« Möglichen erfolgt, findet, wen» wir uns nicht sehr täuschen, auch in der großen volkSmasse, so wenig sie auch zum Wort kommt, mehr und mehr Zustimmung. Wäre es anders, so wäre der Wider spruch mächtiger und urwüchsiger zu Tage getreten. Ueber die RcichstagSsiynng vom 2t. Januar, in welcher bei einer namentlichen Abstimmung über die Wahl de« Abgeordneten v. Reden die Besch lußliiisähig- keit fcstgestellt wurde, liegt jetzt der stenograpbische Bericht vor. Es waren danach von «ili Eonscrvanven 29, von lll Centruiiismitgliedern und Welfe» 49, von 18 Freieonservalivcn 8, von 42 Nalionalliberalen 28, von «7 Freisinnige» 29, von 3V Socialteniokraten 2l,von lstPolen 8,von l«>Mitglieder» der Bolkspartci 2 unk 5 „Wilde", zusammen 179 Mitglieder zugegen. Sonach waren die BolkSparlei ungefähr mit 2», die Frei sinnigen mit 39, die Eonscrvativen mit ebensovicl, die Frci- conscrvative» mit 44, das Eentrum mir 48, die Polen mit bu, die Socialtrmokraten mil 62, die Nationalliberalen mit 66 Procent ihrer FractionSstärke vertrete». Bolkspartei und Freisinnige hatten also die geringste, die Nationalliberale» die höchste Frequenz aufzuweisen. Zur Kennzeichnung des parlamentarischen Pflichteifers der venckiedciien Parteien ist diese Zusamiiiciiftellniig nicht ohne Interesse. E« schien noch gestern so, als ob der diplomatische Zwischenfall wegen der Pariser Botschafterhrtze erledigt sei. DaS halbamtliche Wiener „Freindenblatt" be sprach die Erklärung, welche der französische Minister dcS Auswärtige», Develle, dem österreichisch-ungarischen Bot schafter Grafen Ho»oS bezüglich der gegen ihn in der französischen Presse gerichtete» verlem»derisck>cn Angriffe ge geben hatte, und äußerte, daß durch diese Erklärung der Zwischenfall als beigelegt erscheine. Nun liegen aber beute Nachrichten vor, welche daraus hinauSlausen, daß der Zwischen fall durchaus noch nicht erledigt ist, ii» Gegenrbeil bedeutend an Schärfe zugenoiiinien hat. Nach einer Melkung aus Wie» ist die Reclamation der französische» Regierung wegen der seiten« Lesicrreich-UngarnS an geblich erfolgen Anfeindungen vom Grafen Kalnokn zurückgewiesen worden. Dieser soll ferner den, französischen Botschafter Tecrais erklärt baden, daß, da kein Blatt »aiiibaft gemacht sei, und der „Budapest, Hirlap" notorisch de» Franzosen sreunklicki und dem Dreibund feindlich gegenüberstekc, »ick»« zn lbu» wäre. Noch bedenklicher lautet die Meldung ans Paris, daß der österreichische Botschafter Graf HonoS Vorstellungen beim Minister de« Aenßern Develle erbeben Kat, weil bei mehreren öffentlichen Festessen am Todestage Ludwig'« XVI. beleidigende Reden gegen Marie Antoinette gehalten wurden. Graf HoyoS wird, so wird weiter gesagt, einen längeren Urlaub nehme». Das sieht also gar »ick» so a»S, als ob der durch Frankreich verschuldete Zwischenfall erledigt sei. Nach den ncncsten Nachrichten ist die Lage des Ministe riums Giolitti i» Folge de« italienische» Bankcnscandal« eine kritische geworden. Allerdings ist kein ausreichender Grund vorhanden, de» Sturz Giolitti's als unniittelbar bevorstehend zu betrachten, im Gcgenlhcil. es wirb sogar von der eine» Seile bcstimnil behauplet, »ach der Gesainml- stininiung, die »ach dein Nedekainps über die Baiikangclegeu- beil bisher zurückgeblieben sei, tonne man de» Erfolg der Negierung bei der Abstimmung als sebr wahrscheinlich de zcickmen. Indessen, de, der leitensck>afllichen Erregung, welck't die italienische Volksvertretung ersaßt hat und die namentlich auch von Herr» di Rudini zielbewußl gesteigert und auSge- nützt wird, ist der Ausgang der Kaiuincrtebattc sür de» Fern stehende» kaum wehr berechenbar. Die Entscheidung ist mit dem Schicksal des Antrages aus Einsetzung eine« par lamentarischen Untcrsnck> ungSauSschusscs verknüpft, für de» jetzt, im Gegensätze zu seiner Haltung am 29. De- ccmbcr, auch Rutini cinlritl. — In einer am Freilag ab- gehaltenen Fraetwnsversaniinlung der coiistilulioncllen, bisher regicrungssrelilidlicheii Radikale» wurde beschlösse», der parlainentarischc» Bankuntersuchung z>i;»sl»»ine», falls die Ergebnisse der RegierungSuntcrsuckinng unbefriedigend erscheinen sollte». Viele Abgeordnete der Rechten und de» Eeniruins verständigle» fick über die Befürwortung einer Tagesordnung Eanipis, die eine parlamentarische Unter suchung bchuss Alisdeckung der wahren Ursachen der Bank krisiS für nolhweudig erklärt. Seit in Folge des schweizerisch-französischen Zoll triegeS Frankreich mit einem JabreSabsatz von 21.8 Millionen Franken vom schweizerischen Markt so gut wie au-geschlossen ist, bat sich »m dieses Erbe ein ziemlich lebhafter Kampf der berbeiligten Eoncurreiizländer enlsponnen, der in seinen Erfolgen »och weniger als in seine» Mitteln zu ersehe» ist. BcachlcnS- werlh erscheint gleichwohl daS Bvrgehcn der österreichischen Industriellen, welche unter Leitung mehrerer Handelskammern unk AuSfuhrvereine einen Ausschuß ernannt haben, um in Zürich eine Ausstellung und Niederlage ihrer Eoncurrenz artikel zu errichte». Vielleicht einigen sich auch die Interessenten kreise in Deutschland zu solchem planmäßigen Vorgehen, zn mal dadurch die vielfach ersolgrcichcrc mdividuell« Thätigkeit nicht beeinträchtigt, sondern wirksam gefördert werden dürfte. Der mit hochgradiger Erregung gepaarte Unmuth, der die Franzosen angesichts der neuesten Wendung der cgypti- schc» Dinge ergriffen hat, stellt ihrer Logik und ihren Gcdächtnisssäbigkesteii kein besonders günstige- Zeugniß au« Die politische TagcSpresse in Pari« und in der Pro vinz, aufgeschreckl durch die brulale Sprache der That- sacben, entrüstet sich einmal über das ankere gegen die „treulose, völkerrechtswidrige, Vertragsbrüchige Politik" de« Londoner EabiiiclS. vergißt aber ganz uud gar, daß Alles, was den Franzosen a» den gegenwärtige» Zuständen des NillandcS mißfällt, geraden Weges auf daS Verschulden ihrer eigene» SiaatSlciler zurückgesührt werde» muß. Wie iinnier man über die Berechtigung und Zweckmäßigkeit der englischen Occupatio» vom internationale» Standpunct aus uribcilt, soviel steht dock, objektiv fest, baß England nun und nininiermchr die Gewalt, nach Belieben da selbst zu schallen und walle», erlangt haben würbe, hätten Frankreichs Regierung und Volk, statt unver wandten Blickes aus das Loch in den Vogesen zu stieren, sich gewisscnbaslcr um die Rechte und Pflichten ihrer W e l l m a ck> l st r l l u n g gekümmert. Gerate Egypten niniink einige der glänzendsten, rubinvollstcn Blatter in der neueren Geschichte Frankreichs ei». Tie Heldeiikunde der Pyramidenschlacht, die epochemachenden Verdienste der französischen Egyptologcn um die Ent schleierung der Geheimnisse altegyptischer Eulturepochen, daS technische Wunderwerk des Baue« deS SuczcanalS — alles daS sind Momente, deren Erinnerung daS Herz jedes Franzose» von palriolsschcm Stolz schwellen macht. Und neben dieser idealen Seite der Sache standen in Egypten »och materielle Interessen ersten Ranges für Frankreich aus dem Spiel Vergeben«. In seiner einseitigen Verbissenheit aus den Revanchcgcdanken ließ Frankreich »ach Ablauf des westniächllichcn Eonbominat« den Zeitpunkt, sich dauernd eine gleichberechtigte Stellung «eben England im Nillaod« ru sicher», unbenutzt verstreiche» — und: „was Du von der Minute au-gcschlagcii, bringt keine Ewigkeit zurück". Jetzt ist i» Pari« die Erregung groß und guter Rath theuer. Man möchte die egvptische» tlnterlassungSsünken der Vergangenheit wctliiiackicn, aberwie? SollEuropa sür Frankreich die Kastanien au- dem Feuer holen ? Etwa dieselben Mächte, denen die furcht bare» KriegSrüslunge» der Ncpublick gelten, die Europa nicht zur Ruhe toniiiien lasse» ? dieselben Mäckilc, deren Botschafter Uiiler den Augen der französischen Minister von einer zügel lose» Presse ungestraft insultirt werden? Ei» Apell an die europäischen Mächte hätte sür Frankreich unter solchen Um stände» keine» Sinn. Frankreich erntet am Nil jetzt die Früchte einer Saat, welche politischer Unverstand und fana tischer EhauviiiiSinuS seinerzeit ausgestreut haben. Die spanische Presse veröffentlicht seit einigen lagen Ar tikel von Generalen und bervorragenden politischen Persön lichkeiten, die au-nahmlo- die Neutralisirung der Meerenge von Gibraltar verlangen und sich sur eine energischere und wachsamere Politik zur vertheidiguiig der spanischen Interessen in Marokko auöspreche». Der vorüber- gebende Aufeitthatt de- neuen englischen Gesandte» Sire West Ridgeway bat die Presse von Madrid veranlaßt, in einem noch schärferen Ton wie bisher die Eampagne zu führen, die im Grunde nur gegen England gerichtet ist. Insbesondere verbirgt die unabhängige und republikanische Presse ihr Mißtrauen gegenüber der in ossicicllen Kreisen bestehenden, einer Annäherung au England betreff« der marokkanischen Angelegenheiten nicht unAnstigen Strömung durchaus nicht. Deutsches Reich. * Leipzig, 28. Januar. Nach telegraphischen Meldungen ist der Geburtstag des Kaisers überall in den Bundes staaten und in den preußischen Provinze» unter warmer Thcitnabme breiter Volksschichten festlich begangen worden. Aucki unsere im AuSlande weilenden Landsleute haben an zahlreichen Orlen Keierlichkitten zu Ehren deS Kaisers ver anstaltet. I. Lcknvarzenberg, 27. Januar. Herr ReichstagSabgeord- neter Holtzmann sprach am vergangenen Sonntag im HandelSvereuie zu Lauter über die Anträge belr. Beschränkung des Hausirbandels. Er bezcichnete den Stand dieser Frage für höchst bedenklich, kegt aber die Hoffnung, daß die sächsische Regierung beim BunbeSrath für kaS bedrohte Ge werbe. welches einer zahlreiche» Bevölkerung deS Erzgebirge« Verdienst bringt, eintrcten werde. Redner empfahl, Bitt schriften an de» Reichstag und BundeSrath zu senden. Herr Holtzmann fand den Dank der Versammelten und reichen Beifall. Der Borsitzeude des Hantelsvereins erwähnte noch, daß Herr OberregierungSralk Freiherr von Wirsing au« Scnwarzenberg sich der Sach: warm annebme unk Schritte bei der sächsischen StaatSrcgierung gelban habe, das Hausir- gewcrbe, aus welches ein großer Theil der Bewohner des Feuilleton. Für die Ehre der Familie. Roman vo» Llarissa Lodde. «-»truck »«rtolcn. (Fortsetzung.) In diesem Augenblick klingelte eS und bunkclrotb im Gesichte, von Margot gefolgt, die mit verweinten Augen angstvoll flehend die 6ommerzicnräthin anblickte, erschien Tante Homberg. „So, nun sind wir fertig!" schrie sie, sich in einen Stuhl werfend, „nun können wir einpacken und Berlin für immer verlassen. Ick wenigsten« bleibe nach dieser Blamage nickt Enger hier. O, mein Himmel, sich so in den Zeitungen zu lesen, — die reicke Frau H — Schwester de« Eommrrzien- -atbe- R, al- wenn nicht jeder wüßte, wer daS sei. —Mit ,fingern wird man aus un« zeigen — o, ich bekomme.Krämpfe vor Wuth — und natürlich, wer wird die öffentlich so com- pwmittirten Zwillingsgeschwister noch nehmen. Sir werden beide zurücktreten, daraus wette ich, der adelige Herr Assessor ebenso wie der bürgerliche Ingenieur!" »Der bürgerliche Ingenieur", tönte jetzt eine Stimme dinier der Erregten, „verwahrt sick gegen solche beleidigende Annahme. Er schätzt sich beute wie gestern glücklich und stolz, der Verlobte Margot WoldenS zu sein!" — „Erickl" sckrte Margot nun auf und lag schluchzend an de» Geliebten Brust. „Du liebst mich also noch und trotz alledem —" .Eine Liebe» der solche elenden Jämmerlichkeiten etwa« anbaben könnten, wäre eben keine Liebei" „Ach, dächte Arnold auch nur so!" „Er denkt ebenso, davon sei überzeugt. Für ihn aber liegen die Berbältnisse schwieriger." „Arme El-betb!" „Ne wird für ibre Liebe einen Kampf bestehen müssen, wie Arnold auch Ist das so schlimm?" „Ach, sie ist so gar nicht sür den Kamps geschaffen", war Margot« bekümmerte Antwort. „Und seitdem jener un selige Wahn sie beherrscht —" „Weicher unselige Wahn?" „Ran. von der Erbschaft de- Blute«, der sie nicht mehr Mlißt, seit wie »o Jlkelr waren " „Ten mußt Tu ihr auSzurcden suchen." „Das habe ich auch versucht — und Abele auch. Aber seit Paul jene» dummen Streich begangen, ist sie ganz wie vernichtet." Die Unterhaltung der Verlobten wurde durch den Eintritt deS Spernkr'scken Ehepaares unterbrochen, die auch durch den ZeiliingSariikel auf'gesckreckt berbeigeeilt kamen. „Weiß ElSbcll, darum?" war Adele'S erste Frage. „Gott sei gedankt, »och nicht!" entgegncle die Eommerzien- rätkin. „Sie war sehr angegriffen und ist »och aus ihrem Zimmer." „So will ich gleich zu ihr. — Sie muß aus alle Fälle sür einige Zeit von Berlin entfernt werden. Sonst stehe ich für nickt« — Ist Arnold hier?" „Wie sollte er?" cntgegnete die Comnierziciirälbin; „er bat sich gestern Abend schon für den heutigen Tag entschuldigt, da er vormittags amtlich beschäftigt und Nachmittags bei feinem Ministerialdirektor zum Diner ist." „Ack, ja, ich erinnere mich, vielleicht weiß er auch noch nickt«. UnS natürlich ist die Zeitung von jenem Hcrald zugrsckickt Er triumpbirt jetzt wahrscheinlich in Ilfeld über die Rache, die er an uns genommen. Daß sich aber eine Zeitung dazu bcrgegebcn, solch einen Schmädartikel zu bringen, an dir Oeffentlickkeit zu zerren, was nur Familien- fache ist." Die Eommerzicnrälbin zuckle die Achseln: „ScnsationSbedürsniß! — Man glaubt jetzt, nicht» mehr schonen z» brauchen. Aber bitte, sprich nickt hart darüber mit meinem Manne; er macht sich so schon Vorwürfe genug." In der Tbat war der Eommerzienrath noch immer fassungslos. Er batte sich mit Bkcker und Sperner in sein Zimmer zurückgezogen und erörterte mit denselben die Frage ob eS rakhsam sei, einen Strafantrag gegen die Zeitung zu stellen. — Sprrner und auch Becker rietyen entschieden da von ab. „Jener Mensch", meinte Sperner, „würbe sich bereit erkären, den Wahrheitsbeweis anzutrctcn, und dadurch würde die Sache nur noch mehr verbreitet und zur öffentlichen DiScussion gestellt werben. — Suchen wir lieber un» in Zu kunft vor solchen unliebsamen lleberraschungen zu schützen! „Und wie daS? Ich weiß nicht einmal, wo dieser Herald sich hier ausbält." „Da« ist in Ilfeld jedenfalls zu erfahren. Setzen wir einen Vertrag auf, der Herald's Gattin gegen Zahlung der gewünschten Summe verpflichtet, sür alle Zeit jeder An näherung an ihre Kinder erster Ebe z» entsagen. — Ich werde da»» selbst »ack, Ilfeld binübersabren »nd den Ab schluß des Vertrages unter rcchlsgiltigem Beistände bewerk stelligen." „DaS wollten Sie, Sperner?" ries der Commerzienralh erleichtert. „Sic nehmen mir eine Last vom Herzen; kenn ich hin so erregt, daß ich mich zu einer Verhandlung mit dieser gewissenlosen Fra» und ihrem abenteuernden Gallen ganz unfähig fühle. Abgemachl also." 22. Capitel. Währenddessen war Adele in ElSbelh'S Zimmer gegangen und balle dieselbe eben bei der Toilette und in einer sie cigen- thUinlich berührenden heileren Stimmung gesunden „Denke nur, Adele", rief sic der Schwester schon von Weitem zu, ihr ei» Rosabillel hinhaltend, „eben brachte mir baS Mädchen meiner Cchwicgcrmulter eine eigenbändige Einladung derselben, da Arnold »>it dem Vater zu Mittag fort wäre, bei ibr zu speisen, damit sie nicht so allein sei. Ick bade natürlich angenommen und bin sebr glücklich über dieses Zeichen deS Wohlwollens, da« ich nach den letzten Begebnissen von der strengen Frau kaum erhofft batte" Adele, die nickt ohne innere Sorge diese Mittheilimg anbörte, alaublc dock, da sic ElSbelh die volle Wahrbrit nicht »littheilcii durfte, gute Miene zum bösen Spiel macken zu muffen. Tan» war es ja auch möglich, wie sie vorhin ichon geäußert batte, daß ma» im Hanse deS Präsidenten über diese neueste Mackination des Galten ihrer »»seligen Mutter noch »icklS wußte, daß die Einladung wirklich freund lich gemeint war. „Ich kam eigentlich", sagte sie, „um Dich sür heule wieder zu mir zu holen, um über eine kleine Erholungsreise mit Dir zu bcrathcn, die Sperner gestern Abend mir vor schlug, eine Reise an die See. — Tu bedarfst durchaus der Nervenstärkung." ElSbelh schüttelte den Kopf. „Ach nein, Liebe; die beste Stärkung für mich ist Arnold - Liebe. Und jetzt ohne seine Nähe zu leben, nein, da« hielte ich nickt a»S — Für den Herbst vielleicht, wenn die GerichtS- serien sind und er »n« begleiten kann, bann nehme ich Tein Anerbieten gern an " Abele umfaßte die Schwester und drückte einen Kuß aus ihren Scheitel. „Liebst Du ibn denn so sebr, Deinen Arnold?" „Mehr als mein Leben. Jetzt erst, Adele, da ich seit jene» schrecklichen Tagen in Ilfeld zu fürchten begonnen, er könne mir verloren geben, weiß ich, wie ich ihn liebe." Adele fühlte ihr Auge naß werden. Sie preßte die Hand ausö Herz, daS in banger Sorge klopfte. Drohten doch neue Stürme den LiebeSbimmel de« Paare» zu trüben. Sie bangte um Beide, um Arnold wir um ElSbelh, nnd »nter- schätzle nicht die schwierige Stellung desselben seinen Eltern gegenüber. „Da Du nicht gleich mit mir kommen kannst, ElSbctb", wandte sie sich kann nach kurzem Besinnen wieder zu ihrer Schwester, „so werbe ich Dich nach Tische von der Präsidentin mit einem Wagen abholen, da ick, so wie so in der Stadl Einige« zu besorge» habe. Du bleibst dann den Abend bei mir, Deine Ellern und Margot mit Becker kommen auch heraus." Sie batte noch unten nichts von dieser Einladung gesagt, war aber überzeugt, daß sie angenommen wurde, wenn sic da» Arrangement so sür gut hielt. Vor allen Dingen drängle eS sie, sich von dem Verhalten der Präsidentin gegen ElSbelh zu überzeugen und ibr vielleicht, wenn sie noch nichts davon wissen sollte, den Zeitungsartikel mitzulbeilcn, sie zugleich um ibr Schweigen, ElSbelh gegenüber, bittend. Je mehr sie darüber nachtackte, desto besser kam ihr dieser Plan vor, und als sie unten die Belbeiligten davon unterrichtete, stimmten auch diese zu, mit Ausnahme von Tante Homberg, die, da ihr ausS Dringkiitste gegen Elsbetk Schweigen anserlegt war, nur durch verzweifelte Geberben und baS heimlich in der Eommerzienrälkin Obr geflüsterte: „DaS giebt Unbeil, glaube eS mir", ibre Bedenke» kund z» geben vermochte „lind ick ziehe doch von Berlin sort!" Dabei blieb sie auch noch beim Weggehen, als sic mit Margot die Straße hinunter ging. „Der Boten hier wirb mir zu dein Berlin ist zu sebr Großstadt. Ick scbne mich nach Ruhe, und wen» Becker vernünftig ist, kaufen wir eine Fabrik in der Provinz." Margot nickte nur. Ihr war es ja gleich, wo sie lebte, wenn sie nur an der Seite ihre« Becker leben durste Zur bestimmten Stunde machte sich ElSbelh auf, wie immer, wenn sie zu Arnold - Mutter ging, mit klopfendem Herzen, aber doch srobgemuther al« sonst, der an sie ergangenen Einladung z» folgen. Die Präsidentin empfing sic freundlich, wenn auch etwas seierlick Ganz tunket gekleidet, schwarze Schleier um daS leicht ergrauende Haar, kam sie ElSbelh heute noch vor»
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