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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930207027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893020702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893020702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-07
- Monat1893-02
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Durch die Post bezogen für reatichland und Lefrerreich: vierleliäbrlich L—. Directe tägliche Itreuzdandjendusg tut Ausland: monatlich e! 9.—. Uevrorgea.«u«gabe erscheint täglich '/,7 Uhr, bi« Abeud-Autgab« Wochentag- b Uhr. Lkdorlion »tz LrpeLitioa: z«tzm,«e»,asse 8. rie Lnodttion ist Wochentag« anunterdroche» geäffuet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. Filialen: ktt» Kle»»« Gorlt«. (Alfred dah«), Universität-skraße 1, Laut» Lasche. Ratdarinenslr. 14, pari, und König-Platz 7. Abend-Ausgave. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Anzeigen-Preis Die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reclamea unter dem Redactton-strtch (4 g«. (palten) bO^. vor den Familieanachrlchteo <6 gespalten) 40-^. Größere Schriften laut unserem PrriS- verzeichoib. Tabellarischer und Ztfferusatz nach höherem Tarif. Ertr«»Beilagen (gesalzt), nur mit de. Morgen-Au-aab« . ohne Doftbesörderuug » 60.—, mit Postbesorderuog 4« 70.—, Ännahmefchluß für Anzeigen: «bead-Au-gobe: Vormittag- 10 Uhr. Morg«n-Au-gab«: Nachmittag- »Uhr. Sonn- und Festtag- früh '/,9 Uhr. Bet den Filiale» und Annahmestellen je «tu« halbe Slund« früher. tlazrtgeu sind stet« au di« Ertzetzitta» zu richten. Druck und Verlag von L. Polz ta L-l-zk». ^?«s. Dienötag den 7. Februar 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachnnß. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 19. Juli vorigen JabreS, den Glaser Ernst Eduard Terpe betreffend. Leipzig, den 28. Januar 1898. Ter Rath der Stadt Leipzig. Aruirnamt, Ablh. 11. ».LVII.IS9K. Hentschel. Mllr. Politische Tagesschau. * Leipzig. 7. Februar. ES ist Herrn Bebet am gestrigen vierten Tage der Cocialistendebatte nicht gelungen, die diSber erlittenen par lamentarischen Niederlagen in einen Sieg zu verwandeln oder auch nur seiner Partei einen ehrenvolle» Rückzug zu sichern. Die Debatte hat zwar aus beiden Seilen auch nicht die Spur eines neuen Gedankens oder auch nur einer neuen Wendung gebracht; eS wurde nicht- gesagt, was nickt sckon früber gesagt oder geschrieben worden wäre, aber eS ist richtig, daß der Hinweis auf den sckwäckslcn Punct der Socialvemokratie, da- Fehlen eines Bilde- von dem verheißenen ZukunftS- slaat, niemals einen so starken Eindruck im Reick, S- laae und im Land hervorgcbracht bat wie während dieser Debatte. Insbesondere die gestrige Rede de- Abg. 11r. Böttcher erzielte eine große Wirkung mit ibrer wohl- begründeten Feststellung: „Die socialtemokratischen Forde rungen sind so gclialtcn, daß sic nicht zu verwirklichen sind — und sie sollen so gehalten sein." Wegen dieser und anderer Schläge, die auf die Häupter der socialdemokralischen Bolksversübrer niedergcsausl sind, mit manchen, namentlich deutsch-freisinnigen Blättern, die socialdcmokratischc Götterdämmerung anbrechen zu sehen, ist sehr optimistisch. Die Gefährlichkeit der Socialdemokratie ist heute noch gerade so groß wie vor vier Tagen, und wenn cS wahrscheinlich ist, daß diese Partei in der nächsten Zeit keine Fortschritte machen, vielleicht sogar locale Rückschritte :u verzeichnen haben wird, so tbnl man gut, den letzten ReichStagSdebattcn hieran gar kein Verdienst zuzuschreibcn. Tie Stagnation bestand schon vor denselben und ist vor allen lingen emcFolge der gedrückte» wirtbschastlicken Lage, welche eS der Partei nicht gestaltet, mit ibrer stärksten Waffe, der Lohn srage, zu kämpfen. In solchenKämpfen ziebt die Socialdemokratie „Mitläufer"' an, die zu einem nicht geringen Tbcil, namentlich wenn der Streit langwierig ist, zu „treuen" Genossen werden. Ä ist eine alte Ersahrung: die Socialdemokratie wächst mit kim Prosperircn de- wirtbschaftlickcn Lebens und gebt zurück ml seinem Rückgang. Rickt die Notb, sondern ein verkältniß- oiißizcr Wohlstand giebt den besten Werber ab. Ebarakte- ristisch dafür ist das beglaubigte Wort jenes Augsburger Agitator-: „In der x-Fabrik ist für uns nichts zu machen, kort sind die Löhne zu schleckt." Möglich, daß die augenblickliche Ungunst der Parteiverhältnissc den social- temokratischcn Retnern der letzten Tage die Schwingen beschwert, möglich, daß die älteren und „gesättigten" Lxistenzen, die auf die Wahlstatt traten, überhaupt an LpLNnkraft eingebüßt haben, jedenfalls ist ihre parlamen tarische Niederlage kein Symptom eines dauern den Rückgangs der social-revolutionaircn Bewegung. WaS die Socialdemokratie so gefährlich macht, ist nicht ihr Pro gramm in seinem positiven und negativen Tbeil, sondern die revolutionirende Methode ihrer Agitation. Hierin aber bat sie bis zu dem heutigen Tage mit mehreren bürgerlichen Parteien concurrirt. Der Ultramon- taniSmus bat gegen Staat, Monarchie, gegen das Eigen- tkum, insofern cS sich in den Händen politischer Gegner be- finkel — man denke nur an die Hetze gegen die rheinisch west- säliscken Grubenbesitzer —, ja selbst gegen die »icktkatkolischen Glaubensbekenntnisse nicht weniger roh und mindestens ebenso intensiv aufgercizt, wie die Socialdemokratie. Daß und in welchem koken Maß der Den tscksrci sinn gegenüber den größten und wichtigsten Erwcrdsctassen das Gleiche gethan, ist erst in der jüngsten Zeit wieder im Parlament unwidcr- teglich festgestellt worden. Die Socialdemokratie wandelt bei ihrer gefährliche» Hantirung in bürgerlichen Spuren, »nd wir bezweifeln auch nach diesen Debatten, daß dies anders werde» wird. Die Reden der Herren Bachem, Richter und Stöcker galten nicht der socialdcmokratischen Gciabr, sic halten ledig lich agitatorische Zwecke, cS waren Wahlreden. Herr Richter, für den die Socialdemokratie bis zur Stunde „das kleinere Nebel" war, lobte seine eigenen Schriften gegen diese Bewegung über den grünen Klee, erklärte aber, daß er sich weniger gegen die Socialdemokratie als die moderne Socialpolitik wende» wollte. Wir haben Karin die Ankündigung zu erblicken, daß die Deutschsrei sinnigen bei den nächsten Wahlen die Unzufriedenheit über daS „Klcbegcsetz" scrupctloS ausnutzen werden. Nickt vier Stunden nachdem Herr Richter gegenüber der Social- dcmokralie für die bestehende Ordnung eingetrelcn war, stachelte er in seiner Zeitung aus unübertroffen demagogische Art und Weise die kleinen Beamten gegen die Nlilitair- vortagc auf. Der mit größtem Raffinement geschriebene Artikel wird seine Wirkung nicht verfehlen; kommt eine Erhöhung der Friedensstärke zu Stande, so werden zahlreiche Beamte bei den nächste» Wahlen dcutschfreisinnig, wahr scheinlich aber »och viel mehr — socialdemokratisch wählen. Denn der Dcutschfrcisinn will ja auch für die HccreSrcfori» eine Summe bewilligen, die, auf die Erhöhung der Gehalte der kleinen Beamten verwandt, deren Lage sehr erheblich ver bessern würde. Herr Richter ist klug genug, diese Wirkung vorauSzuseken, aber er zieht cS vor, sich mit der Sociat- dcmokratic in die Stimmen der ausgcrcizten Beamten zu un gleichen Hälften zu tbeilen, als ganz ans Stimmen auS diesem BerusSkrriS zu verzichte». Dieser eine Artikel, zu dessen weitesten Verbreitung der dentsckfreisinnige Fllbrer seine Parteigenossen ausdrücklich anfsordcrt, wird der Social demokratie weit mehr nütze», als ihr die witzigen Einfälle in Nichter'S ReichStagSredcn sammt den „Irrlehren" und den „Socialdemokralischen Zukunftsbildern" — dieser i» Bezug auf ibre Wirkung so sehr überschätzten Schriften — schaden können. Daß die Partei des Herrn Bache in, wenn sie wieder in Opposition zur Regierung treten sollte, der Socialdemokratie wieder Vorarbeiten und mit ihr wieder „znsammcnwirken" wird, ist ebenfalls eine Ueberzeugung, die durch die zwei Reden dieses Herrn nicht im Mindesten erschüttert zu werden braucht. Zu diesen Parteien gesellen sich nun die Eonservativen mit der er klärten Absicht, zwar nickt als Socialdemokraten, wohl aber wie Socialdemokraten die Bevölkerung zu bearbeiten. Die Gründung eines Vereins nach dem Herze» rcS Herrn Ruprecht- Ransern wird der Socialdemokratie in der Folge gleichfalls mehr nützen, als die Rede deS Herrn Stöcker der social- revolutionären Partei Abbruch zu tbun vermag. Allen drei Ravicalen, die sich an dem Strafgericht über die Social demokratie betbeiligtcn, darf man zurufen: „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet." Und auS ihren Rede» auf den ehrlichen Vorsatz zu schließen, in Zukunft die Kräftigung der Socialdemokratie zu vermeiden, erscheint für die gemäßigten Parteien sehr gewagt. Nach den neuesten Meldungen auS Wien gewinnt cS immer mehr den Anschein, als ob aus den Beschlüssen der drei großen ElubS die von der österreichischen Regierung so lebhaft gewünschte feste parlamentarische Dichrheit nicht hervorgehen wird. Die schärfste Opposition gegen daS RegicrungSprogramm macht der Hohenwartclnb, obwohl gerade diesem ein ziemtich weitgehendes Entgegenkommen in klerikaler und aiitonomistischcr Hinsicht zugesickert wurde. Am regier»,,gSfrcuudlichslcil erscheint der Polenelnd. Die sachliche Unterstützung hat kein Elub der Regierung versagt und damit den nächsten ^Zwcck, der Regierung die Arbeite» der lanfcnten Session glatt zu er ledige». erfüllt. Im Hobenwaitclub kam seitens aller demselben angchörenken Gruppen die heftigste Missilimmung ;»»» Ausdruck. Prinz Schwarzenberg erklärte, seine Partei könne dem Fcitballc» am Dualismus »nd an der Verfassung iiiimöglich zusliiiliiicii, weil dies init den staats rechtlichen Grundsätzc» der Partei im Widerspruch stehe. Tie Klerikalen erklärte», daß sic nickt gewillt seien, ihre Forderungen in der Schulsrage zurück;»,stellen. Sebr bestig sprach Tukljc Namens der Südslawen gegen die Stelle von, Schutze deS nationalen Besitzstandes und gegen die Bevorzugung der deutschen Sprache. Die beschwich tigende» Ausführungen deS Ministers Falkenhayi, blieben wirkungslos. Graf Hohenwart thcilte mit, er sei keine Verbindlichkeite» gegen die Regierung cingegangc», da seine zum Programm gestellten Zusätze uiiberücksichligt ge blieben seien. — In partamentarischcii Kreisen hat die Ab lehnung deS RcgierungSprograinmS seitens des Hohenwarl- clubS überrascht und besonders deobalb, weil der Gras Taaffc die Hokcnwarlgilippe als diejenige bezeichnet bat, aus welche er seine Majorität anfgebaut wissen wollte. Man sei in den politischen Kreisen gespannt, wie unter diesen Ver hältnissen die kein Grase» Hohenwart anläßlich der bevor stehenden Feier seine« 70 jährigen Geburtstages die ihm vom Eabinet zugedachte Ovation und Auszeichnung anösallen werde. Die letzte Sitzung der italienischen Kammer bat Herrn Giolitti einen neuen bemerkcnöwerthen Erfolg ge bracht. Ter frühere Ministerpräsident di Rndini batte einen Antrag ans parlamentarische Untersuchung binsichitich der Behauptung Tanlongo's, er habe verschiedenen Ministern Geld zu politische» Zwecken ansgefolgt, eingebracht und knüpfte daran die Versicherung, niemals irgend welchen Be trag von der Banca Romans verlangt oder empfangen z» haben. Eine parlamentarische U»tcrs»ch,ing binla»;>ibalten. ist gegenwärtig Giolitti'S eifrigstes Bemühen. Jetzt tag die Gefahr vor, die Kammer würde aus Rücksicht ans di Rndini und lim ihm eine persönliche Gcnngthuuiig zu gewähren, seinem Verlaitgen »ackgebcii. Es war daher ein beträchtlicher Er folg deS Ministerpräsidenten, daß er durch abermalige verbindliche Worte für den Führer der Rechten diesen be stimmte, in eine Vertagung seine« Antrag« auf »nbcstimiiite Zeit einzuwilligen. Dadurch hat die Regierung Zeit für die ungestörte Wci'tcrsübrung der gerichtlichen Untersuchung ge wonnen, die zur Vorladung de Zcrbi'S vor den Untcr- snchnngSrichter gediehen ist; seine Vernehmung wird am DonncrSiag erfolgen. In, Zusammenhänge mit der Untcr- suckiing siebt eine neuerliche vorgcnommcne Verhaftung, über die der „Voss. Ztg." berichtet wird, daß am Sonntag Abend auch ein Nesse de« verhafteten EassirerS der Banca Romans, der dreißigjährige Baron Mickelc Lazzaroni, we-ftn an scheinender Mitschuld am Bankenscandal verhaftet wurde. Vor Kurzem waren ihm seine ansangs beschlagnahmten Papiere »nd Wcrthsachc» zurückgegeben und die polizeiliche lleber- wachung seiner Wohnung aufgehoben worden, weit ibm für die auf neun Millionen angegebene Eontocorrentschuld an die Banca Romans lediglich civilrechtliche Verantwortlichkeit zu- znkoiiiincn schien, der er durck Verkauf seines Besitzes gerecht zu werden begonnen hatte. Nachträglich entstand der Verdacht, daß er zur Eröffnung eines so bcdcnlciidc» EontocorrentS seine Zu gehörigkeit zur Bankleituiig mißbraucht und sich ein zweites be- dculcndcSEontocorrent in bctrügerischcrAbsicht unter dem Namen eines Freundes, des MalerS Peralia, eröffnet habe. Auch Mickele Lazzaroni ist in der vornehmen Welt Roms allbekannt, In haber zahlreicher Clubämter. al- reicher, freigebiger Kamerad bekannt und auSgebeutel. Er war Eommendatorc der Ita lienischen Krone gleich den vier früher verbastcten Mit- beschuldigtcn. Damit bat die Sache jedoch noch nicht ihr Bewende», denn soeben wird auS Rom telegraphisch gemeldet, daß in Folge weiterer Geständnisse Taulooao'S, Lazzaroni « und Bellizzi'S weitere Verhaftungen in der Bank- assairc bevorstehend sind. Unsere Nachbarn jenseits der Vogesen, die Herren Fran zose», sind seit der Anwcscnbkit de« Großfürst-Tbron- svlgerS in Berlin außerordentlich nervös geworden und die Behauptung, daß ein russisch-französischcS Bündniß nicht cxisiire, hat ihre schlechte Laune noch mehr gesteigert. Man sucht »»» i» Pari« mit aller Macht auS dem Berliner Extra- hlatl»»s»g, da« angebliche Attentat auf den Zaren betreffend, Eapital zu schlagen So läßt sich der „Figaro" aus Peters burg über d>c angebliche Wirkung deS Berliner Extrablatt- sckwindcls aus den Zaren eine Raudcrgcschichte melden, die, abgesehen von ihrem Blödsinn, schon darum nicht wieder z» geben ist, weil sie von den rohesten, pöbelhaftesten Beleidigungen Kaiser Wilhelm'« strotzt. Sic muß aber verzeichnet werden, weil sie zeigt, mit welchem Eifer man Deutschland und Rußland zu verhetzen sucht. Der Wahlsieg deS Anti-Gladstoneaner» in HuddcrSsicld kommt dem englischen Ministerium sehr un gelegen. Seine ParlaiilcntSi»cbrheil ist weder der Zahl nach so bedeutend, »och dem inneren Zusamiilcnbange nach so fest, daß cS moralische Erediteinbußen, wie deren durch jede Wahlniederlage geschaffen werden, in öfterer Wiederholung ohne ernsteren Schaden ertragen könnte. Man dars nickt vergessen, daß Gladstone'S Mehrheit im Unterhaus«: mir 89 Stimmen, nach dem Ergebnisse der Wahl von HudderSsield nur noch 88, beträgt. Zur Zeit sind jetzt noch 10 Mandate min Uiilerbausc erledigt, die ziemlich zu gleichen Theilcn den RegierungSsreundcn und der Opposition gehören — falls nämlich die Wähler den Wahlmachern nicht unvor- herzuscbciidc Ucberraschnngen ä In HudderSsield bereiten. Die „Daily News" tröstet sich über diese Verringerung der ministeriellen Mehrheit im Unterbause mit der Bemerkung, der Sitz für HudderSsield wäre ohne die große persönliche Beliebtheit Summer s den Liberalen schon bei den Wahlen im Juli d. I. verloren gegangen. DaS erscheint ganz wie Galgenhumor, klebrigen« droht den Gladstoneanern ein neuer Mißerfolg: Die Wahl in Eireiicester. da« die Eonservativen bei der Ersatzwahl im Herbst mit 8 Stimmen Mehrheit erobert batte», ist für »ngiltig erklärt worden, weil viele Personen »litgcstimmt habe», die nicht dazu berechtigt waren. Deutsches Reich. * Berlin, 6. Februar. In Ergänzung unsere« Reich«- tagSbericktS trage» wir die letzten Reden nach der „Nat.-Ztg." ausführlich nach: Abg. I>r. Böttcher (nat.-lib.): Wenn der Vorredner meint, wir könnten über diese« Thema vier Jahre lang reden, so möchte da« vielleicht gehen, wenn jeder die Zeit in Anspruch nehme» wollte, welche er gebraucht hat. Diejenige», die im La»dc hinter uns stehen, würden es nicht begreifen, daß, wen» alle übrigen Parteien hier da« Wort ergriffe» haben, wir un« allein schweigend verhielten. Die Frage der Ausgestaltung der sociatdemokratischen Gesellschalt ist ja zunächst durch de» Abg. Buhl angeregt worden, und wir schämen un« nicht, diese Frage hier an Sie (zu den Socialdeniokratcn) gestellt zu habe». Diese Frage war schon um deswegen berechtigt, weil Sie un« immer Vorhallen, das, unsere GkselljchastSordnnng außer Stand« sei. die Wünsche der Arbeiter in einem berechtigte» Maße zu er füllen: lediglich Ihre socialdeinokratisch« Zutunst-ordnung soll alle diese Schäden heilen können. Da mußten wir klipp und klar her- auSi'ragcn: Wie haltet Ihr tn Eurem ZuknnstSstaat die Heilung für möglich ? Co weit Sie in der ganze» MenschdeitSgeschichie zurück blicke», »ie und nimmer hat e« eine Ciilturstuse gegeben, aus der ein derartig unisassender CommuniSmu« der Production«- Feuillotsn. Der Sonderling. Lj Roman von P. Felsberg. N-chtruck r-er-otm. (Fortsetzung.) Ter grelle Pfiff der Locomotive riß sie zurück in die nüchterne Wirklichkeit. Der Fremde, welcher hier ebenfalls sein Reiseziel erreicht batte, sprang a»S dem Eoupö und bol den Damen seine Hilfe an beim AuSstcizen. Die Baronin Felben dankte liebenswürdig und »ahm bereitwillig seine Hand an, die er ihr zur Stütze reichte, auch Rosa stützte sich sest uns seinen Arm; nur Gertrud lebnte mit einem stolzen „Ich danke!" seine Hilft ab. Leichtfüßig sprang sic aus dem EcupS, und ibr suchender Blick batte sofort eine große, eckte und reckte Landkulschc entdeckt, auS der Zeit ihrer Vorfahren (lammend, welche noch Zops und Perücke trugen. Zwei schwere Ackerpserde bildeten das Gespann, und der sommersprossige Xulscher steckte in der abgeschabten Livrö, als ob er eine ganze Familie darin beherbergen wollte. Dunkle Schamrölbe stieg in die Wangen Gertrud'«, da sic bemerkte, wie aller Augen aus daS seltsame Gefährt gerichtet waren, welches nun niit Gepäck beladen wurde, das in hohem Tlmrm sich ausbaute und sich wie ei» schwankender Berg hin und der bewegte. Sie fand sich furchtbar qedemüthigt und begriff nick», daß ihre Mutter dies so gar nickt nachempsand, daß Rosa noch laut lachen konnte, als sie eS sich in der geräumigen Kutsche bequem machte. „Ach, daS ist köstlich, eine fahrende Hütte! Mama, warum hast Du unS nicht« von diesem lieben Ungeheuer erzählt", lachte Rosa, und Gertrud ärgerte sich noch mehr, als der Fremde aus dem Eoup« in einem leichten, eleganten Jagd wagen an ihnen vorüber davon fuhr und seinen Hut tief vor den Damen zog. „Tiefer lächerliche Auszug auf der Station hätte unS doch erspart werden können", sprach sie grollend zu ihrer Mutter. „Kind", lächelte diese, „die guten Leute wollten unS eine lufmerksamkrit erweisen; sie denken, eigene- Fuhrwerk ist besser für die FeldcnS als Lohnkutschen, und warum auch nicht'? Kind, Kind, warum bängt Dein Sinn so am Klein lichen. am Aeußercn; sind wir nicht gut geborgen in dem liebe», alten Kasten?" Der behäbige Pächter in seinem besten Sonntagsstaat setzte sich neben seinen Knecht, der beute in der Aclden'schen Livröc steckte und mit verlegenem Grinsen seine Freude darüber äußerte, daß er den bcrrschaftlichcn Kutscher abgab, — »nd fort ging eS in schwerfälligem Trab, gefolgt von unzäbligen neiigicngcn Blicken, vor denen sich Gertrud in den tiefsten Winkel des Wagenpolsters verbarg. „DaS ist der Anfang", dachte sie und biß sich aus die Lippe, „so wird es weiter geben, und in einem Iabrc ist von der stolzen Gertrud Felde» nichts mehr übrig als rin echte-, armes LaiiLsräulcin, über das die große Welt die Achsel zucken würde, wen» eS plötzlich wieder dort erscheinen sollte." Arm sein dünkte ibr gleich mit Schande, und diese Schande möglichst zu verbergen, dünkte ibr richtig; aber ibre Mutier und Schwester schienen sich brüsten zu wollen mit ihrer unverdienten Armuth und nicht gewillt zu sein, dem Schein etwas zu opfern. Es war Abend, als da« Gefährt durch eine düstere Linden allee dem alten Herrenbausc von Feldcn zusubr. „Die alten, prächtigen Bäume!" jubelte Rosa, „daS liebe, gute HauS, wie treu es auSsieht, wie eine schiefe, runzlige Dienerin, die sich mübsam aufrecht erhält, um ihren Dienst nach wie vor z» verrichten." „Ja, so muffen wir denken und Nachsicht haben mit dem Altersschwachen »m der Treue willen, die diese Mauern unS erhalten", stimmte ernst die Baronin rin, die einst wie Rosa so zart und ätherisch gewesen sein mußte und jetzt noch immer schöne Augen besaß, schwärmerisch und tief wie die ihres jüngsten Kindes. An ihrer Seele zogen wechselnde Bilder vorüber. Sic hatte schöne glückliche Zeiten hier verlebt mit ihrem Gatten, der schlickt und einfach war, ein edler, reiner Mensch, iiiebr Philosoph, al- Landwirtb und Jäger. Sir schloß eine Secunde die Augen und preßte die Zabne zu sammen. Darum mußte er so früh den Seinen entrissen werden, warum ein Band zerrissen werden, da« unauslöS- lick war, da- ihn mit ihr verband über den Tod hinaus in treuester Liebe? Der Wage» hielt. Gertrud achtete nicht auf die grünen Laubgcwinde, daS riesige, in schiefen Buckstaben glänzende „Willkommen", welches das Portal mit demWappen derFelden schmückte; sie sah nickt die kleine geputzte Kindcrsckaar mit Sträußchen in den braunen Händen, wie die Orgelpfeifen. Cie schritt an ihnen vorüber in den matt erlcuchtetc», großen Flur mit den mächtigen, bunten Eichentruben, die den uner schöpflichen Leinenschatz ikrer Urahnen beherbergten. Kalte, duiiipse Lust webte ibr entgegen. Der Geruch de» langen UnbewohntscinS entlockte ibr ein „Entsetzlich!" und unwill kürlich wehte sie mit dem seinen, spitzcnbesetztcn Taschentuch, ans dem zarter Bluniendust strömte, ^um ibr Gefickt, als wolle sie zudringliche Insecten verjagen. „Wie eine Todten- grust!" stöhnte sic und ging weiter, jedes Fenster öffnend, das auf ihrem Wege durch die weilen Räume lag. „O wie lieb, wie niedlich!" rief Rosa. „Sind daS alle Ihre FlachSköpse, Herr Ramdow? Acht, wahrhaftig, acht Stück, und darunter sechs Buben; sieh', Mama, diese» Bur schen mit dem Apfelgesichl! Geb', Junge, bring' niir einen Stuhl hierher; ich tann nickt springe» und lacken wie Ihr glückliches Völkcken. Ich muß immer still sitzen, aber daS tlmt nicht-; schöne Geschichten will ich Euch dafür er zählen, wenn Ihr hübsch artig bei mir sitzen wollt und mir Gesellschaft leistet. Co. und nun gebt mir Eure Blumen alle in meinen Schooß, und dafür gebe ick Euch etwa« Anderes für die kleinen Leckermäuicken: aber nickt die Finger an de» sauberen Sckmrzche» abwischen, sonst schilt Mama, kört Ihr! Hier haltet die Hände aus!" Rosa setzte sich am Portal nieder, die verlegene kleine Schaar um sich sammelnd, die mit lüsternen Blicken aus die Tüte sab, die Rosa ibrer Umhängetasche entnahm. „Gott Lob!" lächelte die Baronin, als sic feuchten Auge- aus da« hübsche Bild blickte, welche- Rosa unter den Kindern bot. „Sic wird zufrieden hier sein und hoffentlich ge sunden." Warm drückte sic die Hände der PäckterSleute, die voll Mitleid »nd stiller Freude auf da» gnädige Fräulein blickten, daS an ihren Kindern so große» Gefallen fand Tann schritt Rosa am Arm der Mutter, gefolgt von den Kindern, mit den Blumen durch die Zimmer, freute sich über all die alten, sonderbaren Möbelstücke und ließ sich schließ lich behaglich auf dem grrßcn, mit blumigcm Kattun be zogenen Sopba nieder, auf dem ihre Großeltern schon als Kinder gesessen. Die Kinder de» Pächter- mußten selbst ihre Sträußchen in eine Vase stellen, und dann wurden sic entlassen, nachdem sie der Baronin die Hand geküßt mit einem Knix, wie Rosa cS sic lehrte unter Hellem, frohem Lachen über die ungeschickten kleinen Burschen, die sich nickt beugen wollten, sondern viel lieber in die Knie knixtcn, wie sie eS von den größeren Schwestern saben. „Mama, ich freue mich zu sehr über die acht FlachSköpse; »n» fürchte ick nicht, melancholisch zu werden, und Tu, Mütterchen, nicht wahr. Du darfst cS auch nicht?" „Nein, mein Liebling, wenn ich Dick freudig sebe", gab die Baronin zurück und ließ ibre Hand über daS schöne, braune Haar gleite», da» in glänzenden Locken daS seine Gesicktcken umgab. „Freudig und ergeben, sorge Dich nickt um mich; hier werde ick sicher gesund, bin ich doch in meinem Element, auf dem Lande, zwischen Kinder» und guten Mensche», fern von all den Luge» der Welt. Ja, ja, Gertrud, zucke mir mit den Schüller», ick Kasse die Lügen der Salon», und Du tbilst mir leid, daß T» sie vermissen kannst, jetzt, da Du doch geftben, wie Alle» Lüge war, was man Dir dargcbrackt. Ich wollte, ich könnte Dir etwa« milthcilcn von meiner Zu- sriedenbcit. Ein kalter Blick der Schwester ließ Rosa verstummen. E» war ibr, als ob er sage» sollte: „Du labmer Vogel, wie kannst Du Dick messen mit mir!" DaS schmale Gesicktcken wurde dunkclrotb. und einen Moment zuckle cS um den Mund mit dem Schelmenzrübchen in bitterem Weh; die Kälte der Schwester verursachte ibr Schmerz, und unwillkürlich flogen die Blicke Rosa » über die Aknenbilder, die in langer Reihe a» den Wänden hingen, »nd suchten dort nach einem so schöne», kalten Gefickt, wie da» ihrer Schwester war, die weder ihrer Mutter, noch ihrem Vater ähnlich sah und deck eine reckte Felde» war. Sie fand niit ihrem schärten Blick keine von allen heran«, die so schön war und so kalt blicken konnte, so von oben herab, wie Gertrud Dienstwillig für die Mutter und die kranke Schwester ging Gertrud ab und z»; schweigend verrichtete sie die Dinge,
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