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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930209024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893020902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893020902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-09
- Monat1893-02
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Februar 1893 in Barmen stattfinden soll, laden an fünfhundert evange lische Männer aus allen Thcilen Deutschlands ein; der Auf ruf bat solgenden Wortlaut: „Nicht leichten Herzen-, aber durchdrungen von dem Gefühl« einer unabweisbaren Pflicht, nicht« unversucht zu lassen, um ein« gesteigerte Gefährdung de« confessioneilen Frieden« von unserem theuercn Vaterland« abzuwcnden, Ibun sie diesen Schritt, überzeugt, damit im Sinne ihrer evangelische» Glaubensgenossen zu handeln. Noch einmal möchten sie — ehe es zu spät ist — laut ihre Stimme erheben und es aussprcchen, daß die einzige Antwort aus alle Bestrebungen zu Gunsten der Wiederzulossung der Jesuiten sir jetzt und alle Zukunst nur ein Niemals fein kann und darf. Der Jesuiten-Lrden, dessen Morallehrcn und dessen Lehre» rom Gide besonders jede Grundlage der Rechlspflegc, sowie deutsche Treue und Redlichkeit untergraben müssen, der Jesuiten- Lrden, dessen Lehren vom Staate Fürsten und Könige unter di« Herrschast eine« Papstes stellen, der auch die Unterthanen ihres Treu eides entbinden kann, sodaß heimlich und leise zwar, aber mit un- sehlbarer Sicherheit das monarchische Gcsühl im Volke untergraben wird, der Jesuitenorden, ausgeschlossen schon im vorigen Jahr hundert auö zahlreichen katholischen Staaten und aufgehoben als Störer des consessionellen Friedens von einem unsehl- baren Papste, gehört nicht in das deutsche Reich mit seiner über- wiegend protestantischen Bevölkerung. Ansprachen haben zugesagt die Herren Professor Or. tbeol. Achelis, Marburg. Professor Di. tbeol. Georg Rietjchel, Leipzig, Hosprediger vr. tbeol. Rogge, Potsdam." Von den Namen, die unter der Einladung stehen, heben wir folgende hervor: Pros. vr. Ludwig K. Aegidi, Geh. LegalionSrath z. D., Berlin, Lberschulrath Gymnasialdtrector vr. Albert v. Bamberg, Gotha, v. H. Basserinann, Professor, Heidelberg, v. Karl Benrath, Proiessvr der Theologie, Königsberg i. Pr., Professor v. Willi bald Beyschlag, Halle a. d. S., Geh. Justizrath Professor v. vr. Vierling, Greifswald, Geh. Hosrath v. Bojanowski. Weimar, Consistorialratb I). Creme r, orb.Professor der Theologie, Greifswald, Lonsislorialrath v. Dalron, Berlin, Geh. Commerzienrath Herrn. Telius, Bielefeld, v. Vr. Richard Dove, Geh. Justizrath und Professor, Mitglied des Herrenhauses, Güttingen, Generalsuper- iutendent Dryander, Berlin, Eduard Elben, Stuttgart, Pro fessor vr. für. A. Elnininghaus, Vorsitzender Director der LedensversicherungSbank, Gotha, Professor vr. B. Erdmanns- dSrsser, Heidelberg, künigl. Hos- und Toinprediger Fader, Probst zum heilige» Grade, Berlin, Professor vr. Finkelnburg, Eeh. Mebicinalrath, Godesberg, Geh. Kirchenraid Prof. V. Fricke, Tomberr des HochsliftS Meiden, Leipzig, Probst und Professor l). Frhr. v. d. Goltz, Wirkl. Lberconsisivrialroth, Berlin, Prosessor I). Julius Kaftan, Berlin, Professor vr. Georg Meyer, Heidel berg, Senatspräsident von Meyeren, Wirkt. Geh. Ober- regierungsralh, Berlin, Professor v. Nippold, Jena, vr. Wilhelm Oncken, Professor der Geschichte, Gießen, Gymnasial- prosessor a. D. vr. I. G. Pf leide rer, theol. Lehrer am Johanneum, Bonn, Lonsistorialpräsidcnt vr. Richter, Stettin, Hofprediger v. Rogge, Potsdam, UniversitätS- curator und Geh. Sberregierungsralh v. Vr. W. Schräder, Halle a. d. Saale, Commerzienrath Walter Simons, Elberfeld, Senatspräsident Vr. K. v. Stößer, btarlsruhe, Pastor V. E. Sülze, Dresden-Neustadt, Professor vr. Albrecht Weber, Berlin, vr. zur. Max Weber, Stadlrath, Charlottenburg, Werner, Conlre- Admiral a. D., Potsdam, vr. B. Wiese, Wirklicher Geheimer Ldec-Regierungs-Rath a. D., Potsdam. . Der Zutritt ist nur evangelischen Männern gegen ^cinc Eintrittskarte, die am Nachmittage selbst im Bureau (Vereins- baus) oder im Contor deö Mitunierzcichneten Herrn D. B. Wiemann-Barmen in Empfang zu nehmen ist, gestaltet. Letzterer sendet die Eintrittskarle vorher auf Bestellung franco gegen Einsendung einer 10-Pfennig-Marke jedem Evangelischen zu. Die Eintrittskarte, auf den Namen des TheilnehmcrS lautend, wird beim Eingang zur Feststellung der Präsenzliste abgegeben. Herr Richter siebt überall Compromißsplitter, aber den grwalligen Compromißbalken, der immer tiefer in seine eigne Partei eindringt, sieht er nicht. Ein klerikales Blatt wird bart von ihm angclassen, nur weil eS festgcsteUt hatte, Parlamentskreise hielten die Militairvorlage nicht mehr für aussichtslos. Und die ganze Schaalc seines ZornS ergießt sich über die Nationalliberalen, weil sic weder für den Eonflict, noch für die Ablehnung der zwei- zährigcn Dienstzeit, noch auch für ein starkes Zurück bleiben der deutschen Wehrmacht hinter der französischen schwärmen. Dabei läßt er sogar den Frciconscrvativen HanS Delbrück, der alle Forderungen der Regierung be willigt seden will, im nationalliberalen Auftrag »ach Elber feld reisen, um dort für die Vorlage zu sprechen. DaS ent spricht natürlich den Tbalsackcn nicht, Herr Delbrück reist aus eigenen Antrieb. Im deulschsreisinnigcn Lager aber Gencigt- beit zu einer Verständigung zu erblicken, erscheint in den Augen des Herrn Richter noch immer „albern". Und doch wächst sic dort zusehends. Hatte schon die „Nation" zwar nicht einem Compromiß, aber der Unterstützung Caprivi'S im Allgemeinen das Wort geredet, so übt jetzt das „Berliner Tageblatt" ab- sällige Kritik an einem in einer Broschüre vertretenen Vor schläge, weil dieser nicht weit genug gehe. Es heißt in diesem deulschsreisinnigen Blatte: „Unterdrücken könne» wir unsere Ansicht nicht, daß, so lange die Ersatzrcserve bestehen bleibt, die Organisation krank bleibt." DaS richtet sich direcl gegen Herrn Richter, der die Ersatzrcserve bei- behalten will und kürzlich in seiner Zeitung auöeinandcr- gesetzt bat» eS sei für die Wehrfähigkeit vollkommen gleich- ailtig, ob von jedem Jahrgange gegen 18 000 Mann zwanzig Wochen oder zwei Jahre hindurch auSgebildct würden. DaS „Berl. Tagebl." wird in militairischen Dingen von dem deutschsreisinnigen Abg. Hinze berathen. Auch heute liegen Anzeichen dafür vor, daß in der letzten Zeit eine wesentliche Besserung in der allgemeinen volitischen Lage Europa'- sich vollzogen hat. „Der Besuch dcS Zarewitsch in Wien und Berlin", so wird der „Times" auS der österreichischen Hauptstadl gemeldet, „war nur die äußerliche und sichtbare Bestätigung der zwischen den drei Kaisermächtcn bewerkstelligten Annäherung. Thatsäcktich mag zuversichtlich gesagt werden, daß während der letzten zehn Jahre niemals weniger Aussicht auf einen Eonflict zwischen den Großmächten vorhanden gewesen sei als jetzt. In Wiener politischen und militairischen Kreisen wird betreffs der Zukunft die größte Zuversicht bekundet. Der Fall, der bislang die friedliebenden Mächte beunruhigte, war die Aus sicht auf ein vollkommenes Einvernchmci! zwischen Rußland und Frankreich. Den bcstuntcrrichtctcn Persönlichkeiten zufolge besteht ein solches Einvernehmen überhaupt nicht. Dieser befriedigende Wechsel der Lage wird Oesterreich wie Italien gestatten, eine Vermehrung ihrer MilitairauSgaben zu unter lasse». Hier und da finden sich beunruhigende Winke in der officiösen Presse; aber es braucht denselben keine Bedeutung beigelegt zu werden." Eö ist Wohl nickt überflüssig, daran zu erinnern, daß Oesterreich und Italien schon vor dem „befriedigenden Wechsel der Lage" eine Vermehrung der MilitairauSgaben unterließen — auS anderen Gründen als deshalb, weil sic den „Wechsel" kommen sahen. Der Bankscandal hält in Rom andauernd die Ge- mülher in Aufregung. Wir haben schon mitgetheilt, daß die Veruntreuungen und Schwindeleien der italienischen Bank- directorcn dadurch an sehr unliebsamer Bedeutung gewonnen haben, daß leider hervorragende Staatsmänner und Parla mentarier, in ähnlicher Weise, wie das in Frankreich geschehen ist, an den unsauberen Machenschaften sich bcthciligt haben. Der Fall des Abgeordneten de Zerbi ist der hervorstechendste. Vom Jahre 1888—l89l empfing er »ach den Casscn- biickern 5,28 000 Lire, nm die Interessen der Banca Romana in der Presse oder in der Kammer zu vertreten. Die Gerichtsbehörde bat nm die Ermächtigung der straf rechtlichen Verfolgung dieses Abgeordnete» nachgcfucht und die Kammer hat sie gewährt. Aber alle Welt glaubt, daß die Zahl der Staatsmänner, welche von der Bank Vergünsti gungen und Beträge erhielten, viel größer ist. Man nennt sogar de» Namen eines Ministers. Diese Leute gehören aber zur Linken und man fürchtet, daß das Ministerium feine Freunde zu schützen suchen wird. Man schreibt aus Rom, eS sei unmögtich, de» peinlichen Eindruck zu beschreiben, den die betreffenden Vorgänge in der Kammer und im Lande gemach» baden Jbre Folgen werden sedr ernste sein selbst in politischer Hinsicht. Seit einigen Jabrcn verliert die Kammer mehr und mehr die Gunst der öffentlichen Meinung. Diese neuen Vorgänge werden in Italien de» Gegnern der parla mentarischen EinrichtungcnWasser auf dieMüblc treiben und ihren Angriffen große Zugkraft geben. Die Stellung des EabinctS Giotitti hat sich selbst ganz verändert; cö ist gleichzeitig sebr stark und sehr schwach. Es gicbl wenig Männer, die im gegenwärtigen Augenblicke seine Stelle einzuncdmcn wünschten, und dieser Umstand bildet die Stärke des EabinctS Giotitti. Aber eS gicbt auch wenig Leute, welche nicht zugcben, daß seine Haltung voll von Jrrthüuicrii, Fehlern und Ungeschick lichkeit ist. Wir konnten schon andcuten, daß der Beschluß derAn- klaaekammer in Betreff der Panama-Angeklagten in Paris einen sehr ungünstigen Eindruck hcrvorgebracht habe. Die beule vorliegende» Mitlheilungcn bestätigen diese Annahme und die Franzosen lassen wieder einmal an ihrer Negierung, die beschuldigt wird, daß sie allen ihren Einfluß aufgeboten habe, um einen derartigen Beschluß berbrizusübren, kein gutes Haar. Hier einige bezeichnende Acußerungen: „Figaro" schreibt: DaS Publieum wird überzeugt bleiben, daß man diejenigen retten wollte, deren Zorn die Regie rung fürchtete, und daß man die kleinen Leute auöschlacktct, deren Drohungen keine Angst cinslößcn. „GaulviS" sagt: Rouvier hätte eine offene Erörterung vor den Geschworenen der Einstellung vorzichcn sollen. „Pet. Journ." meint: DaS bat man nicht erwartet, als die Regierung vom Parlament die Aushebung der Unverletzlichkeit von zebn seiner Mitglieder verlangte und dadurch aus eigenem Antriebe eine Aufregung steigerte, die sich auch jetzt noch nicht gelegt hat und die Ver schwel erklärliche Gerichtsbeschluß neu anfachcn wird. „Sivclc" schreibt: Der Gerichtsbeschluß beweist, welchen Fehler die Regierung beging, als sie auS Furcht vvr Andricup' Drohungen den Tbeaterstrcich aussübrte, der im AuSlandc und bei uns stärker wirkte, als aller Klatsch Delahaye's und seiner Freunde „Petit Parisien" äußert: DaS Vor gehen der Regierung, die ohne jede Prüfung zehn Par lamentarier bloöstcllte, war voreilig und ist nicht gut- umachen. „Juslice" erklärt: Frankreich wird verblüfft ein. DaS Publicum fragt sich, ob eS daö Opfer einer ungeheuren Fopperei ist. „Lanternc" meint: Tie Richter kai:cn der Regierung einen Dienst erweisen wollen, aber es ist ein schlechter Dienst u. s. w. Einige Blätter scherzen: Grevy hat den Ehcck in der Oper gegen Mitternacht, Dugue auf dem Opcrnplay Nachmittags erhalten. Daraus schließen die Spaßvögel, daß dieselbe Thal vor der Oper und am Tage ein Verbrechen, i» der Oper und NachlS keine« ist. Andere Blätter weisen »ach, daß die drei Angeklagten keinen Einfluß und Parteianbang babcn. Böral ist ein vereinzelter Senator, Proust ist mehr Kunst kenner als Politiker, Dugue ist Wilder und steht außerhalb der Partcivcrbändc. Die Freigesprochcncn dagegen sind alle einflußreiche Mitglieder von Gruppen. Andricux erklärt, er werde von Rouvier nicht ablasscn und ihn durch Wieder holung der Anklagen zwingen, ihn wegen Vcrlciiindnng u verklagen. So werde die Sache doch vors Geriet» ommen. — Inzwischen hat gestern i» der Pariser Deputirtenkaminer eine durch bonlangistischc Abgeordnete voranlaßte heftige Verbantlnng über das Verhalten der An klagekanimer und der Regierung stattgcsuiidc», die anscheinend mit einem Sieg der letzteren geendet bat. Man wird jedoch nähere Nachrichten abwarte» müsse», »>» klar zu erkennen, ob cs ein wirklicher Sieg ist. Thatsache ist, daß in Paris das Gerücht von der Demission des gesummten Cabinet- oder einzelner Mitglieder verbreitet ist; das Gerücht wird indessen dementirt. Die Leser finden über die gestrige Kaminervcrhandlung, bei welcher der Abgeordnete Cavaignac in sehr lcmerkcnSwerther Weise hervorgetrrten ist, Nähere- unter „Frankreich". Der Erbprinz von Montenegro, Prinz Danilo, ist. wie bereits gemeldet, nach Petersburg weiter gereist. Schon vor einiger Zeit hieß eS, daß Fürst NicolauS, der onst fast alljährlich nach Petersburg sich begiebt, nun aber chon seit mehreren Jabren diese Reise Unterlasten hat, wieder einen Besuch beim russischen Hofe mache» werde. Die Nach richt erwies sich aber als irrig, und eS begreift sich um o mehr, daß an die nunmehrige Reise des Prinzen Danilo nach der russischen Hauptstadt Combinationen geknüpft werden, als man mit den vielbesprochenen Vor gängen in Montenegro auch russische Kreise in Verbindung bringen wollte. Zwar wurde, nachdem man die Montenegro betreffenden Gerüchte lange Zeit sortwuchrrn ließ, von Eetinje auS nachträglich den Gerüchten Uber einen Gegensatz zwischen bei» Fürste» von Montenegro und dem Erbprinzen ein Dementi entacgengesetzt, allein die Meldungen, daß die Verhältnisse in Montenegro sehr verworren seien, wollten nicht verstummen. Die fortgesetzten Auswanderungen monte negrinischer Notabel» konnten nicht anders denn als eine Bestätigung der in Umlauf gekommenen Nachrichten gelten, »nd daß die in der letzten Zeit gemachten Versuche de- Fürsten, die Ausgewanderten zur Rückkehr bestimmen zu lassen, erfolglos geblieben sind, beweist auch, daß sich an den Ver hältnissen nichts geändert hat. Eines ist sicher und wird auch durch Berichte auS Ragusa bestätigt, daß in Montenegro große Unzufriedenheit herrscht und daß sich dieselbe gegen die Person de» Fürsten kebrt, dessen herrisches Wesen große Mißstimmung bervorgerufen, und Persönlichkeiten, die früher zu den Ge treuen des Fürsten gehörten, bestimmt hak, das Land zu ver lassen. Unwiberlcgt ist eS auch geblieben, daß die Unzufriedenen Hoffnungen auf den Erbprinzen setzen, dessen Anschauungen von jenen seines BatcrS abweichen. Unter solchen Ver- bältnissen muß cs Beachtung finden, daß der Erbprinz sich gerade jetzt nach Petersburg begiebt, wo bei dem Interesse, das man daselbst an Montenegro Hat, seine Aiiwescndeit jedenfalls den maßgebenden Persönlichkeiten Veranlassung geben wird, sich über die Zustände des Fürstrn- tbuni» z» äußern. Man war in Petersburg von jeher daran gewöhnt, daß der Fürst von Montenegro den Einflüßen der maßgebende» russischen Kreise folge. In der letzten Zeit scheint sich aber in dieser Hinsicht in Montenegro manches geändert und bieranS ergeben zu haben, daß gerade die gegen den Fürsten in seinem Lande berrschende Strömung vou russischer Seite, sei eS unmittelbar oder mittelbar, Unter stützung gefunden hat. Deutsche- Reich. SS Berlin, 8. Februar. Herr Liebknecht attestirt sich im „Vorwärts" „urwüchsigeFrische", mit weicherer die fünf tägige Redeschlacht über die Socialdrmokratie zu Gunsten dieser Partei beendigt habe. Da er eS selbst sagt, muß «S wokl wahr sein, der Eindruck des HauscS war allerdings ein anderer. Die svcialdcmvkratischcii Göller und Heroen unter liegen eben auch den Nalnrgcsetzcn, wenigstens unter der heutigen »iiserablc» Gesellschaftsordnung. In einem Puncte hatLiebknecht aber daS Richtige getroffen, nämlich, daß die große Debatte der Sache der Ordnung nicht viel nützen werde: Beweis der Richtigkeit der Beschluß der Parteileiluna, die mit Fug al- schwach bezcichiietc FrcitagS-Rede Bebeles at« Flugblatt zu verbreiten. Die Partei würde sich wohl Hüten, daS zu lhu», wenn sie befürchten müßte, daß eine schiefe Logik und die Umgebung des Kerns der Sache ihr zum Nachtheilt ge reichen könnte. Im Gegentbeil erwartet sie von den Getreuen mit Recht das Urthcil, daß Bebel eS den Bourgeois „gegeben" Feuillston. Ver Sonderling. «I Roman von P. Felsberg. Nachdruck veriol,». «Fortsetzung.) Der Arzt that nichts, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er blieb zuerst ernst und schweigsam, nur mit Rosa, die er zu Tisch geführt, plauderte er unv lauschte mit sicht lichem Vergnügen den lebhaften, halb kindlichen, halb tief ernsten Reden dcS jungen Mädchens. In der ersten Stunde, die er in Rosa'S Näbe verbrachte, war er von ibrem ganzen ?öescn angenehm berührt und erkannte mit Hreude, cin tiefes Gemuth und ein kindlicher Sinn sich bei ihr wunderbar «ereinl fanden. Dennoch ruhten seine Blicke oft zerstreut aus der Schwester, tie wenig sprach; aber das, wa« sie sagte, gefiel ihm, e« zeugte von einer selbstständigen Denkungsart. „Sie besitzt Geist und Verstand und ist schön, sebr schön", dachte Doctor 2uslus, und eS dünkte ihm eine dankbare Ausgabe, das Herz u wecken, da- von einer unnahbar stolzen Seele bewacht zu ein schien. Herr von Werden verstand eS. in seiner Weise die Unter- ballung so zu lenken, daß JustuS bald den reichen Schatz seiner Erfahrungen, die er in fernen Ländern gesammelt, »»steckte. Er sprach gut. klar und ruhig» und sein lebhafter Gc ficklSau«tr»ck bei der Red« verschönerte ihn sehr „Wirklich, er ist schön", dachte Gertrud, und diese Ansicht tbeitten die anderen Damen der Gesellschaft mir ihr. Rosa « i Vanzen glüblen, und voll warmer Hingebung lauschte sie auf ! jeke« Wort, da« auS dem Munde ihres Tischnachbars kam. ,L> — wie beneide ick Sie", flüsterte sie dann, daß die eiteren eS nicht hören sollten, und setzte rasch binzu: „Und deck nicht — beneiden ist nickt daS recht Wort, aber ich »öckte. wenn ick ein Mann wäre — so sein wir Sie." Justu« lächelte über dre« kindlich« Geständniß. Er gestand sich, wen» Gertrud dies gesagt, daß er anders darüber gedacht bälke; aber diese stolzen Lippen würden niemals ei» Wort sprechen, das mehr verrieth, als sie verrathen wollten. Sie war ganz die junge Dame der vornehmen Gesellschaft, nur noch kälter, mit einem ruhig erwägenden Verstand begabt, der Uber daS Herz jederzeit zu Kerrschen gewohnt war. Um JustuS Lippen zuckte cin halbes, amüsirteS Lächeln, als er bemerkte, wie absichtlich hochinütbig sie ihn behandelte. „Diesen Stolz beugen, dies Herz erwärmen zu heißem Liebesglück, wäre ein ^riumpb" Der Gedanke reizte ibn einen Augenblick, dann aber kehrte sein alter pessimistischer Glaube zurück. „Nimm Dick in Acht, sie gekört zu den gefährliche» Frauen, die daS Herzblut eines Mannes vergifte» können — unk ick denke, ich habe genug davon!" ries er sich selbst zur Ordnung und bannte damit den Gedanken, der solche» Reiz sür ibn iiattc. Mit Liebenswürdigkeit beschäftigte sich nunmehr JustuS nur mit Rosa; er schien ganz vergessen zu baden, daß Gertrud anwesend war. die sich in kühler Reserve gegenüber der ganzen Gesellschaft verhielt. ES waren meist verbeiratbete Paare anwesend, nur wenige junge Mädchen, die schüchtern zu der vornehmen Gertrud zrelden emporblicktcn, die mit ibrer ruhigen Sicherheit i»> Auftreten und Sprechen ihnen zu sehr imponirte, um sich herzlich an sie anfchlicßen zu können. Nach dem Diner suchte man den Garten auf. Nur Rosa nakm wieder ihr Plätzchen am Fenster ein, ans welches Doctor JustuS sie geleitete, dann war er ihr behilflich, eine bequeme Lage sür den kranken Fuß zu schaffen. Er saß noch eine Weile bei ibr. Sie blickten beide durch daS offene Fenster in den Garten und sahen dort Gertrud allein an einem Baume stehen, sich mit ihrem Fächer Kühlung zu- webend. Ihre Gestalt hob sich herrlich ab von dem grun- goltigen Hinterarnntc, Justus' Blicke hingen lange an ibr, und als ob Roja seine Gedanken erralben könne, sprach sie leise: „Nicht wahr, sie ist rin schönes Geschöpf? Ich muß sie immer bewundern, und um ibrctwillen tbut eS mir doppelt web. daß wir so arm geworden sind. Sie entbehrt, wa« ibr Betürfnlß war; sic ist so ander« al» Mama und ich, sie wird nie zufrieden und glücklich sein in diesen kleinen, ibr fremden Verhältnissen. Sie Kälten sic sehen solle», wie strahlend sic sein kann; jetzt liegt es wie ei» dunkler Schatten auf ihr, da sie ihrem Element entrückt ist." JllstnS schwieg eine Weile; dann fragte er leise: „Und Sie, sind Sie zufrieden, sebnen Sic sich nicht auch zurück, sobald Sie wieder gesund sind, von hier fcrtznkoinmeii in die große Welt?" „Nein", antwortete Rosa rasch. „Hier in unserem alten Fctden bin ich gern, »nr möchte ick reich sei», sebr reich, »m all teil arme» Mensche» Helsen zu können. Früher war ick zusriedener als jetzt; aber »un, da ich so viel vom Elend anderer höre, bedauere ick, nickt die Macht zu babcn, Kelsen zu können. Ich.möchte so reich sein wie Graf Schönburg, der sich gar nicht um seinen Besitz kümmert, nur genießt und immer wieder genießt, ohne zu fragen: Legt mein Recht, mein Besitz mir nicht auch Pflichten auf? Vergeben Sie, Herr Doctor, Sie sind sein Freund, aber ich weif; nicht, ich dachte, Sir könnten nur der Freund eines edlen Menschen sein, und eS scheint, als ob Gras Schönburg daü Wort ntiliyk-" recht bedacht, aber „ricliv^« ndijge" darüber vergessen hätte " Es zuckle leicht belustigt in den Mundwinkeln dcS Arztes, sein Blick aber ruhte voll Wohlgefallen auf de» gcröthelen Wangen de« jungen Mädchen«, das so eifrig sprach »lit einer Wärme, die ein volle- Ecko fand in seiner Brust. „ES schein», Sic baden schon viel über menschliche Pflichten nach- getackt, so jung Sie noch sind." „^aS ist e>» Erbtbeil von meinem geliebten Vater; er wollte so gern alle Wett beglücken, grübelte und sann darüber nach, entwarf Pläne und bedauerte nur, daß er die Mittel nicht besaß, sir praktisch anSzusühren. Ich keniw PavaS Ab sichten sebr gut; ich bade sein Tagebuch, seine Schriften mit Eifer studirt, und wäre ich ein Mann, ich würde schon Wege finden, seine Entwürfe au-zusühren zum Segen für die ganze Gegend." „Und welche Pläne sind dies?" forschte JustuS crust. „Nicht jetzt, nicht hier will ich Ihnen daS sagen; cin andermal, wenn Sic uns besuchen, wie Sic versprochen babcn, dann will ick es Ihnen niitthrilen. Vielleicht haben Sie Ein fluß genug auf Ihren Freund, um ihn für «ine Sache zu be geistern, die so nabe liegt und so viel Glück spenden kann. Ich weiß nicht, ich habe fo große« Vertrauen zu Ihnen, Herr Doctor; was ich Ihnen gesagt, könnte ich keinem andern sagen, man lachte mich auS. Besonders Ihrem Grafen Schönburg möchte ich eS »ic gestehen; ich mag ihn nicht leiden, er ist ein Egoist — sicher, sonst dächte er auch an andere, nicht nur immer an sich allein." „Soll ich den Freund vertheidigcn?" lächelte Doctor JustuS. „Nein — nein, das Hilst gar nichts, die That spricht zu sebr gegen ihn; daß er nicht- »Hut, der Armuth zu steuern, die in seiner nächste» Nähe herrscht, da ihm die Mittel dazu geboten sind, ist herzlos " „Und wen» er nichts davon weiß —" „Eden da« ist schlimm, er sollte wissen, wie eS hier auS- sicht; warum kümmert er sich nicht um seinen Besitz", er widerte unerbittlich Rosa. „Sic haben recht, mein gnädige« Fräulein, er sollte eS wissen", stimmte JustuS ernst dem Mädchen bei und blickt« nachdenklich hinan- in den Garten, in welchem sie jungen Damen eben begannen, Croquet zu spielen. Gertrud Felde» bctheiligte sich dabei mit der ihr eigene» Grazie. „Habe ich Ihnen webe gethan", klang eS zaghaft voa Rosa - Lippen, „daß ich so über Ihren Freund sprach?" „Nein — o nein!" gab JustuS rasch zurück. „Ich glaubte, Sie verständen mich — „Ja — das thue ich", erwiderte JustuS, und er hielt Rosa seine Hand hin, in die sie freudig einschlug Ein stummer, warmer Blick begleitete das Bündiiiß, da« beide geschloffen i» dieser Stunde „Wen» man so ruhig daliegcn muß, dann bat man Zeit, Uber all die- nachzudenkcn", sprach lächelnd Rosa wie zu ihrer Enlschultigund „Papas Pläne verwirklicht zu sehen, da« wäre mein höchstes Glück Er hoffte lange Jahre auf dir Ankunft des Grafen Schönburg, daS ersah ich au« seinen Schriften. Dem Grafe» selbst batte ich nicht den Mutb gehabt, dies alles zu sagen; aber Sie haben gleich mein Vertrauen gewonnen. „Und Sie, Fräulein Rosa, meine Verehrung",^rach warm der Arzt und küßte die kleine, weiße Hand de« Mädchen«.
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