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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930211020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893021102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893021102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-11
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Den Zolldebatten im preußischen Abgeordnetenbausc und Reichstage unk der Gründung des Bundes der Landwirtbe ist am Donner-tag der vielbesprochene Vorstoß auS Anlaß einer Petition betreffend, wobl richtiger gegen den Handelsvertrag mit Rußland gefolgt. DaS Manöver erfuhr noch aus anderen GesichlSpuncten Beurtbeilung, als Ccmpetcnzübersckreitung eine« Einzellandtage- und als kennzeichnend für die Stellung der Conservaliven zur Negierung, es dürste aber nur als aararischc Action gedacht gewesen sein. Zwar als Herr Arendt mit dem Anträge bervortrat, die Petition des Lanb- wirthschastlichen CentralvereinS der Provinz Sachsen der preußischen Regierung rur Berücksichtigung zu überweisen und an den Beschlug einen sehr scharfen Tadel der RcichSregicrung zu knüpfen, war die Auffassung vorherrschend, daß dieser de» Grasen Caprivi publicistisch schroff bekämpfende Abgeordnete für eigene Rechnung der RcichSregicrung eine kleine Liebens würdigkeit zufügcn wollte. Diese Ansicht wurde aber als bald durch den gleichfalls freiconservativcn Abg. BopeliuS berichtigt, der die sofortige Berathung und die An- nabine deS Antrages seines Parteigenossen befürwortete. Die sofortige Berathung wurde denn auch beschlossen und die Annahme wäre höchst wahrscheinlich erfolgt, wenn nicht der nationalliberale Aba. vr. Friedberg die Geistesgegenwart gehabt hätte, den Antrag zu stellen, das Hau- solle die Anwesenheit deS Ressortminister« also deS HandelSministcrS, verlangen, und wenn nicht der im kritischen Augenblick zufällig erschienene I>r. Miguel mit großer Energie die sofortige Berathung bekämpft hätte. Nach ten ernsten Worten des FinanzministcrS, der den Fall vom reichöpolitisckcn Standpunct beleuchtete, bot der Antrag Friedberg einem Theil der Conservaliven und Freiconservativcn bceMöglichkeit,sich zurückzuzieben.obneformellihrcnClandpunct zu verlassen. Während für die Zurückvcrweisung der Petition an die Commission nur 1l5 Abgeordnete gestimmt batten, ver langten 197 den Minister, stimmten also thatsächlich für die Absetzung der Angelegenheit von der Tagesordnung. Berliner Blätter sprechen von einer Niederlage der Agrarier, und eS ist ja richtig, daß ihr lleberfall mißglückt ist. Bedenkt man aber, daß eS zur Abwehr der Anwendung einer Vcrfassungs- bestimmung bedurfte, die für ganz außerordentliche Fälle vor< gesehen und seit der ConflictSzcit nicht angewandt ist, so wird man die Niederlage nicht gerade eclatant nennen können. Jedenfalls zeugt der Anschlag von dem Unternehmungsgeist, der zur Zeit die Agrarier belebt, und deshalb ist er uns nicht unwillkommen. ES will nämlich scheinen, als ob die Be- wegung, welche unter die Landwirtbe getragen werden soll, von vielen Seiten unterschätzt werde. Die überaus niedrigen Preise der landwirtbschaftlichen Erzeugnisse sind geeignet, den hochconservativen Agitatoren die Wege in bisher nichtconservativc Bauerndörfer zu ebenen. Und politisch ist die Bewegung vor allen Dingen. Donnerstag haben zwar im Abgcordnetenhause die Frciconservativen mitgethan, ja sogar im Vordertrcffen gestanden, aber während eS Herrn BopeliuS wirklich um möglichst günstige Bedingungen im Handelsverträge mit Rußland zu thun gewesen sein dürste, handelte eS sich für die RechtSconservativen zweifellos darum, den nichtconservativen Lantwirtbcn, die man im Bunde deutscher Landwirtbe zu conservaliven Parteizwecken gebrauchen will, zu zeigen, wie energisch die Fübrcr der Bewegung vorzugeben gedenken. Die geradezu grobe Antwort, die Freiherr von Mi nni aerobe dem Finanzminister gab, kann die Auffassung, daß krasse Effecte beabsichtigt werde», nur bekräftigen. Die KrcuzzcilungS-Leute seben ein, daß sie dem Antisemitismus gegenüber einen schweren Miß griff gctba» haben. Die Programmändcrung, statt die Antisemiten den Conservaliven zuzuführen, bat viel mehr die Folge, daß die Antisemiten den Conservaliven die Wäblcrmassen abspannen. ArnSwalde und jetzt Liegnitz zeigen die- deutlich. Die nichtantisemitischcn Bauern, und diese bilden die große Mehrzahl, sind von den Gründern deS Bundes deutscher Landwirtbe bestimmt, die Lücken in den conservaliven Reihen wieder auSzusüllen Ter Augenblick, darüber darf man sich keiner Täuschung bingcben, ist gut ge wählt. Daß der Baner bei den jetzigen Preisen vielfach nicht auf seine ProductionSkosten kommt und nur in seltenen Fallen eincn Gewinn herauSschlägt, ist Tbatsache. Tdatsache ist eben auch, daß der Getreitezoll um einen halben Tbaler niedriger geworden ist. Für die Lcbre, daß hier ein ursächlicher Zusammen bang vorliegt, wird der kleine Landwirth sehr empfänglich sein, gleichviel, ob sie wahr oder irrig ist. Da trifft eS sich denn sehr ungünstig, daß unter diesen PreiSverhälinisscn auch dem großen russischen Ccncurrenten der deutschen Land- wirtbschast die Einfuhr erleichtert werden soll. Aus sehr große lantwirthschaftliche Gebiete Deutschlands wird die Herabsetzung des Zolls auf russisches Getreide gar keinen Einfluß üben, demnach erscheint eS nicht unwahrscheinlich, daß auch dort der Hinweis aus den Vertrag mit Rußland ans die Landwirtbe einen Eindruck machen wird. Tie Erwägung, daß der russische Vertrag aus politischen Gründen abge schlossen werden müsse, ist für de» kleinen Landwirth natur gemäß nicht sehr gewichtig, er kann überdies mit Fug entgegenhalteu, daß die Laiidwirthschaft aus Rücksichten der äußeren Politik schon überaus stark belastet ist und »och stärker belastet werden soll, da die bäuerliche Bevölkerung un- verhältnißmäßig mehr Arbeitskräfte an das stehende Heer abgicbt als die städtische nnd industrielle. Es kann Niemandem anqesonnen werden, gegen seine Uebcrzeuguug nnd nur aus Rücksicht auf die Stimmung der Wähler den russischen Handelsvertrag zu bekämpfe»; eS muß aber betont werden, daß gewisse berechtigte und erfüllbare Forderungen der Laiidwirthschaft, wie z. B. die Aenderung deS Gesetzes über den UnterstützungSwohnsitz, durch den Abschluß der Handelsverträge noch dringender geworden und einer etwas rascheren Berücksichtigung wcrth sind. Z» Bezug auf den russischen Handelsvertrag selbst darf man von de» Vertretern der gemäßigten Parteien Wohl rin Einverständniß — und nicht nur ein stillschweigendes — erwarte», wen» wiederum und am reckten Orte, das heißt im Reichstage, das Verlangen gestellt wird, daß die deutschen Interessen in diesem Handelsverträge besser gewahrt werde» als in dem mit Oesterreich. Wenn wir ein politisches Interesse an dem Zustandekommen deS Vertrags haben, so ist dies aus russischer Seite mindestens in demselben Grade der Fall. Wirtbschaftlick aber ist die deutsche Position weit stärker als die der russischen Unterhändler, zumal sich zur Zeit der Ausfubrverbote gezeigt bat, daß wir hinsichtlich unseres RoggenbedarfS von Rußland gänzlich un abhängig geworden sind. Tie „Nordd. Allg. Ztg." hat dies wiederholt an der Hand von Zahlen unwiderleglich dargethan. Zn Paris hat die Berurt Heilung deS alten LcssepS ersichtlich allgemein einen peinlichen Eindruck ge macht. Beinahe die gesammte Presse hat nur Worte des Mitleides und der Tbcilnabme für den nunmehr so tief vom Gipfel seines Ruhmes herabgestürztcn Erbauer des Suez canal-S. Wie hart das gerichtliche ^ von LcssepS jedoch erscheinen ma^ r^ ehrliche» Leute Tbat der Gerechtigkeit, die tcc ' ichmerzlichc Genug sicher ist. Fre,l.ck „l es e.n- 'bera"« '^ ^ g?- ibuung. d.e d»n. R-chtSgesu de- VottG g-ditt^ ^ misckt mit menschlickem .'.cUleid l" - Nicht« als ur.he.lten und m.t brennend r sc», Reckt ist dem greisen LesscPS . . ^,>..,1 wirkt der Gedanke t.es ^'^''"^"^jch^wruch! i" ten voll Arbeit und Ruhm nach dem .nickte p ' betten Mauern einer Gefängmüzelle ende» der ' Z ^ bockgeseierte Name des -ctwpserS ' ben wobt dienende.. Werkes aus de.» , „den 'ckwinden und durck eine iLtraslingSnumnicr s ^ . »,en ,t>, eraanaeue llrtl.eil nickt vollziehen, man wird ,h» mck, !n eine? Z-ll- sterben lassen. D.e Andern aber d.e unter dem blendenden Dccksch.Ik tausenke auSaeplündert und betrogen haben, sie werten ihrer Straft n.cht entgehen. Die häßlichste Rolle u..,er.h..e. sp.clt Herr Eissel, in ihm ist d.e dca-,o.,ale,t-lk >l der Franzosen am sckmerzlichsten getroffen. Für Karl dcsepS, Fontane und Co,tu läßt sicl. allen,allS noch gt .-" d . .ack ' daß sie im Interesse eine» Unternehmens von Weltbedeutung gAndigi haben. Herr E.ffel aber ist als -.".Beute,ager von sckuödes.-r Selbstsucht, deren Bloße durch kc.n ideales Mäntelchen verdeckt werten kann, gekennzeichnet, er hat aus schließlich für die eigene Tasche gestohlen, ihm war das große Werk LcssepS' nichts als eine gute Gelegenheit, sich zu be reichern. Und da« ist derselbe Eissel, dessen ^.hurmbau ganz Frankreich als eine nationale RnhmeSthat be,ubclle. derselbe Eisiel, vo» dem sein Vcrthcibiger vor Gericht geprahlt hat, er habe »der großen Gcbebmüthigten von 187» das Almosen von etwas Rubin gereicht". Was Ferdinand von Lesseps anbetrifft, so verlautet schon beute osslcioS, daß dessen Begnadigung nach Erschöpfung des Instanzenweges erfolgen wird. Die Streichung Lessep«' aus der Ebrenlegivn und den Listen der ^c-Lciemio trantzaivo wird nicht stallsinten. Die neue liberale Regierung in Spanien betrachtet eS mit Recht als ihre Hauptaufgabe, Ordnung im Chaos der spanischen Finanzen z» schassen und sie hat zu diesem Zweck eine Reihe von Ersparnissen im Staatshaushalt vorgenonlinen, vor Allem Kürzungen am Mililairelat. Es entspricht nun vollkommen den spanischen Verhältnissen, daß das Vorgeben des Ministeriums Eagasta Unzufriedenheit in Kreise», die davon betroffen sind, hcrvoraerusen hat. Wie vorauSgeschen wurde, ist eS vor Allem die Armee, die sich gegen ,edc Verringerung des HeereSstandeS aus finanziellen Grünten sträubt. Besonders heftig spricht sich die „Eorre- spondencia Militär" gegen Lopez Domingucz, den KriegS- ininister, aus, den sie den Privaticcretair deS Finanz ministers Gamazo nennt DaS Blatt verlangt den Rücktritt des KricgSniinislcrS mit der Drohung, daß sich sonst die Ereignisse der französischen Revolution in Spanien wiederholen könnten; er fragt unter Anderem, was geschehen würde, wenn das Heer bc, einem Volksansstande untbätig die Arme kreuzte'? Andere Blätter verzeichnen das Gerücht, eS seien Aufrufe an das Heer im Umlaufe, die eS zur Revolution auffordern. Die Lage in Spanien läßt viel zu wünschen übrig. Wenn auch die phantasievolle Erzählung des Pariser „Figaro" von dem Plane, die Mutter beS jungen König» der Regentschaft zu entsetze», nur geringen Anspruch aus ernste Beachtung bat, so war koch in der letzten Zeit eine genügende Zahl von Vorgänge» zu verzeichnen, die die Ruhe in Spanien und die Stellung Sagasta's bedroht erscheinen lassen. Der Zusammenschluß der Republikaner, macke» jede Voraussage unmöglich, welches Ergcbniß die Volkswablcn am 5. März aufweisen werden. Nach einer von unS wiedergegebenen waslassung der „Polit. Corr." soll die bulgarische Regierung in der Angelegenheit der seit inebr als zwei Zabre» ins Stocken qeratbcncn Zahlungen der rückständigen Kriegs entschädigung an die russische Regierung eine» förm lichen Schritt zu unternehmen beabsichtige». Noch im vorigen Zabre bat die russische Regierung die Bezahlung jener Rück stände gefordert, wobei eS sich um eine Summe von 2 400 00» Rubeln handelte. Zn dem im Zabre 1883 aus Grund deS Artikels 22 des Berliner Vertrages abgeschlossenen Uebercinkoinmcil wurde nämlich vereinbart, daß die bulgarische Negierung die OccupationS - Kosten im Betrage von lO 000 000 Rubeln in halbjährigen Raten von 400 000 Rubel» an Rußland zurückzucrstatten habe. Diese Abmachung wurde bis zum Jahre 188K eingchallen. Dann trat eine Stockung ein, und erst im Jahre 1890 wurden die mittlerweile fällig gewordenen neun Raten mit 3 «>«»0 000 Rubel» beglichen. Der nun wieder schwebende Rückstand betrug, als Rußland im Vorjahre aber mals die Zahlung forderte, 2 000 000 Rubel, und eö hat sich derselbe feit sencr Zeit um eine Rate erhöht, so daß Bulgarien gegenwärtig Rußland 2 400 000 Rubel schuldet. Die bulgarische Regierung beabsichtigt nun, wie man auS Sofia berichtet, dieicr Forderung Rußlands eine Gegcnrech- nung cntgegcnziislellen. Tic Gegenforderungen Bulgariens gründen fick Ibeilweise daraus, daß Rußland die während, der Zeit der Oceupation für die Truppenverpflegung auSaegebcnen BonS bisher nicht cingelöst bat, und theilweise aus Ansprüche, welche Bulgarien a»S dem Umstande berlcitet, daß eine Anzahl von Legaten seinerzeit von der russischen Gesandtschaft in Bukarest i» Verwahrung genommen und biSber nicht au-ge- solgt worden ist Zn dieser Beziehung ist der RechtSstandpunet Bulgariens wodl nicht anfechtbar, da die genannte Gesandt schaft nur in Vertretung der bulgarischen Regierung jene Vermächtnisse der in Rumänien verstorbenen bulgarischen Untertbane» in Verwahrung genommen hat. DaS Recht der bulgarischen Regierung, jene Depots zu übernehme», kan» kaum geleugnet werden, wenn man derselben Regierung von russischer Seite die legale Eignung beimißt, die VertragSpflichten bezüglich Zahlung der OccupationSkostcn auSzuüben. WaS die erwähnten BonS betrifft, so muß vor Allem die Frage aufgeklärt werde», ob sich die bulgarische Regierung thatsächlich im Besitze derselben befindet. Vielfach ist nämlich die Version verbreitet, daß die fraglichen BonS vor dem Ende der Occupatio» von den Or ganen der russischen KricgSverwaltung, allerdings ohne daß sic vorder cingelöst worden wäre», einfach cingezogen worden sind. Außerdem dürste von russischer Seite gegen die bul garischen Ansprüche cingewcudct werten, daß wohl die Reckte Rußlands hinsichtlich der OccupationSkoste», nickt aber die aus der gleiche» Zeit hcrrübrenden, ebenfalls die OccupationS kostcn betreffenden Gegenforderungen Bulgariens vertrags mäßig festgcstcUt worden sind. Zn der Organisation des anglo-indischen Heeres wird den HilsScontigcntcn der eingeborenen Fürsten eine stetig wachsende Bedeutung cingeräumt. Wie die Leiter der indischen Regierung den größten Werth auf eine möglichst enge Verknüpfung der persönlichen und dynastischen Interessen der eingeborenen Fürsten mit jenen der RcichSintegrität »ndRcichS- vertheidigung lcgen.ist dieMilitairverwaltungaus möglichstcNutz- barmachung des für ihre Zwecke so äußerst brauchbaren Saldatcu- matcrials, daö in den HauSlruppen der kleinen Dynastien BengalcnS und des Pendschab steckt, bedacht. Diese Truppen, die von ihren Soldherren zur unbeschränkten Verfügung der indischen Regierung für die Zwecke der allgemeinen Landes-Vertbeidigung gestellt sind, erhalten in Folge dessen jetzt auch eine vo» englischen Ossicicrcn und Zn- structeuren geleitete sorgfältige Ausbildung in den vcr- Fäuilletsn. Der Sonderling. «I Roman von P. FelSbrrg. Nachdruck vrrdolni. (Fortsetzung.) Der Postbote kam und störte die beiden Damen in ihren Gedanken. Gertrud eilte ihm entgegen; sie konnte kaum er warten, WaS er ihr brachte. ES war eine ziemlich starke Post, die er heute batte. Zeitungen, Briefe an die Baronin und verschiedene kleine zierliche BilletS an Gertrud. Nur für Rosa kam nichts; sie batte keine wirkliche Freundin zurückgelassen, und mit ihren Bekannten correspondirte sie nicht. Sie erbat sich die Zeitungen von der Schwester und freute sich, daß dieselbe so viele Nachrichten von Denen erhalten batte, die sie ibre Freundinnen nannte; sie war also doch noch nicht vergessen. Mit Eifer las Gertrud die empfangenen Briefe. E« Waren Stimme» auS ihrer früheren Welt, die zu ihr drangen i» ihre Einsamkeit. Sie lauschte ihrem Zauberklang, der ihr ein Bild entwarf von all dem, WaS sie halte verlassen müssen ; e« war ihr, als wäre sie hinabgestürzt in einen dunklen Ab- zrund und blickte nun sebnend, schmachtend wie ein Hungernder, der an Brod und Wasser sich nicht laben will, hinauf zu der lichten Höhe, die ihr unerreichbar war. Sie preßte die Meißen Zähne in die Lippen, wenn sie die überschwänglichen Ausdrücke deS Bedauerns über ibr plötzliches Zurückrichen aus da« Land laS. Ihre Freundinnen, das wußte sie gut genug, dachten ganz ander-, als e» hier stand; sie batten ihr nie ihre Triumphe gegönnt, sie war stets zu sehr die Be neidete gewesen, um jetzt aufrichtig bedauert zu werden. Sie wollte auch nickt Mitleid erwecken, und die an sie schrieben, Wußten die« gut genug. Der freudigen Erregung war eine kühle Ernüchterung gefolgt. Zn diesem Augenblick litt sie unaussprechlich durch ihre Armuth, die doppelt grell ihr vor Augen trat nach dem kurzen Augenblick, den man ihr gegönnt, in jene glänzende kphäre zurückzuschauen, die sie verlassen hatte. Arm und unglücklich war Gertrud Felde» bei all ihrer Zugend und Schönheit; sie besaß kein treues Menschcnberz, das sic auS freiem Willen um ihrer selbst willen liebte. Der Mutter und der Schwester Liebe nahm sie an wie eine Pflicht, für die sie nicht dankbar zu sein brauchte. Sie blickte nicht auf zu Rosa, die ihr als Vorbild bätte gelten können, sie hörte nicht auf die sanstc», malmenden Worte der Baronin, sic wollte keine Zufriedenheit suchen in dem Dasein eines armen LandsräuleinS. Zu glänzen, zu strahlen war sie geboren mit ihrer kalten, stolzen Schönheit, ihrem ruhigen, überlegenden Verstände, der jeden warmen Pulsschlag ihres Herzens zu unterdrücken gewohnt war. „Wie wird das enden mit mir?" — fragte sic sich jetzt wieder, wie sie sich oft schon gefragt. Zn ihr gäkrte etwas Neues, ihr Fremdes, seit jenem Augenblicke, da ihre kllblen, weißen Finger zum ersten Male die Hand deS DoctorS, in welcher warme« Blut pulsirte, berührt hatten, seit sein mächtiger Blick in ibr Auge gedrungen, so tief, als müsse er zünden auf dem Grunde ihrer Seele und sie zwingen zu Allem, was er wollte. Be klommenen Herzen- erhob sic sich von ihrem Sitz, um freier athmcn zu können. „Er soll mir doch nicht gefährlich werden", in diesem Ausrufe machte sie sich Lust, und das spöttische Lächeln zuckle um ihre stolzen Lippen, deutlicher denn je zuvor. Sie wollte kein Gefühl in sich auskommen lassen, welche- ihr als eine Tborheit erschien. Da« schöne Mädchen hatte volle Gewalt über sein Herz, da« sich ,u regen begann, da« zum ersten Male stürmischer klopfte als sonst. Sic fuhr mit der Hand über die Augen und die Stirn, als wolle sic ten Eindruck, den er gemacht, verwischen für immer. „Ich will nicht mehr an ihn denken", klang eS leise, aber fest entschlossen, und ihre Willenskraft war stärker als ihre Kraft, zu lieben. Doctor IustuS batte im Herrenbause zu Felke» nicht« ver- rathen von der Ankunft de« jungen Grasen Schönburg. Es war der ausdrückliche Wunsch de- Lsficier«, daß seine An wesenheit verschwiegen blieb, und Doctor ZustuS billigte und befestigte den Entschluß in ibm, sich erst ganz seiner Gesund- beit zu widmen, um bann später frisch und neu gekrästiat die Freuten de« Landleben« genießen zu können, die im Spät sommer mit der Ernte und der Jagd begannen. Gertrud Felde» ging raschen Schrittes, den großen Strob- but in die Stirn gezogen, als ob sic sich dahinler verbergen wollte, auf der Landstraße, die nach Schönburg führte. Sie mußte sich Bewegung machen, mußte hinaus auS dem armseligen Nest, mußte wieder etwas sehen, was ihr Auge mit Befriedigung erfüllte. Sie wollte nur einen Blick werfen aus das Schloß der Grafen zu Sckönburg. Wie eine magne tische Macht zog eS sie dorthin. Der Doctor war in Felde» bei seinen Kranken, da« wußte sie. ihn konnte sie nicht treffen, wenn sie den Rückweg durch den Wald nahm; sie wollte in den Park geben, sich da« Schloß aus der Ferne anscbcn mit seinen kleinen, seltsamen Nebengebäuden, von denen sie am Tage vorher bei Werden- so viel Wunderbare« gehört. Eilig schritt sic vorwärts. Sie achtete nicht aus die Sonnen- glutb, die ihr ausS Haupt brannte, trotz de« winzigen Sonnen schirm-, der nicht für den Landaufentbalt bestimmt war, aber jetzt verbraucht werden mußte. Lang streckte sich noch die Ltraßc vor ihr aus im blendenden Mittagssonnenscheine, aber )>e beachtete eS nicht, sie blickte nur hinüber nach ihrem Hiel, dem Grasenscbloffe, zu dem es sie hintrieb, als käme ihr'von dort ihr Schicksal, als wäre dort ihr einziger rechter Platz, das Z'-l all ihrer stolzen Wünsche. Hinter sich ließ sie Armutb. Elend, Langeweile und Notk, und vor sich sah sie Reick,hum. Schönheit. Pracht und Ueberfluß Dort wohnen, dort herrschen, da« erschien ihr Leben. Glück' „Ich mochte wissen, ob eS eincn Weg gicbt. der vo» Felten bierber fuhrt, hierher für immer, obne ein Zurück in die Erbärmlichkeit , sprach Gertrud beinabe laut vor sich hi» und ganz leise tönte die Antwort in ihrem Ohr so deutlich und klar, daß sie zusammenschrak und um sich blickte als könne ein Fremder die« Wort gesprochen haben. „Gras -chonburg — Gra, Schonburg" — so tönte cs wieder und wieder, al« Ware eS die einzige Antwort auf die Frage, die sie an da» Schicksal gestellt. " ' Sie wollte den Gedanken zurückweisen, aber er blieb hasten Tr?um,""v. -wem köstlichen Wacken Traume, der ihr voriv-egelte. daß sic einst b.er leben könne -lS Herrin des Schlosses, als Gräfin Schvnbnrg S.e betrat den Park und blickte mit balbgcsrnkten Augen- lidern um sich; sic war ruhiger geworden, ein Seufzer hob ibre Brust, so tief und schwer, daß sie jäh erwachte und mit einem leise», bittere» Lacken sich mit der Hand über Stirn und Augen fuhr, als müsse sic gewaltsam das ZukunstSbild verjage», daö sie geschaut zu haben wäbntc; sic ging immer näbcr binauf bis zum Brunnen mit den Satyrn und Rnniphcn »nd stand lange vor dem Meisterwerk, ohne zu ahnen, daß sie beobachtet wurde. Oben binter der Gardine seines Fensters lebnte Lieutenant Schönburg; er batte sie kommen sehe», und rasch griff er zu seinem scharfen Opernglas, um sic zu beobachte». „Teufel — sie ist ein schöne-Weib! Gertrud Felben, hier also seben wir uns wieder!" flüsterte mit blitzenden Augen der junge Graf. „Noch wenige Wochen der Rübe, dann ist ibre Gesellschaft ein bübsckcr Zeitvertreib", lächelte er und maß die stolze Gestalt vom Kopf bis zn de» Füßen. PlöZich bob Gertrud da« Gefickt zu ihm empor. Ein langer, seknsuchtSvollcr Blick glitt über das Schloß; dann ging sie langsam, wie sie gekommen war, nnd die Blicke des stillen Beobachter- folgten ihr, bis sie aus seinem Gesichts kreise verschwand. Mit müden, schweren Schritten ging Gertrud auf der Landstraße in der Sonnenglutb dem Herrcnbausc zu Fcldcn wieder z»; sic halte ganz vergessen, daß sie durch den Wald gehen wollte, um Doctor ZustuS zu vermeiden; sie dachte erst daran, als ein Reiter nicht weit von ihr austauchte, der ihr cntgegcnka», „Pab, WaS Ibnt'S — Er weiß dock nicht, daß ich im Schloßpark war", tröstete sic sich unk verneigte sich ganz leicki, als er ehrfurchtsvoll grüßend an ibr rorübcrritt. Wenige Augenblicke daraus kehrte sie den Kops nach ihm um, sie wollte eigentlich nur seben. wie er zu Pscrtc saß; da wandte auch er sich und blickte ibr nach, wie sie ibm. Dunkle Rötbe schoß in ihre Wangen, sic biß sich aus die Lippen und grollte mit sich selbst und mit ihm. V. Doctor ZustuS batte eS sich zur Gcwvbnbcit gemacht schon am frühen Morgen in den Wald binau« z» reiten und nachher in Felde» seine Patienten ausznsnchc». Langsain ritt er durch den Wald »ud athmete mit wonnigem Beilagen die frische Morgenluft, lauschte mit Entzücke» ten Vogelstimmcn,
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