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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.02.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930215015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893021501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893021501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-15
- Monat1893-02
- Jahr1893
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VezugS-PreiS l» ber Himptexpebitto» ober den im Ttadt- bezirk und de» Bororten errichteten Au»« xobeftelleo »bgeholt: vtetteljLdrlich ^l4ckO. bei zweimaliger täglicher Zustellung in« hau« SLO. Durch die Pos» bezogen für leutschlaad und «Oenerreich: vierlestLbrllch » L— Dir-ctr tägliche Kreuzbaodsenvaag in» Lutlaud: monatlich ^ S—- Tie Mvrgen-An-gabe erscheint täglich '/,? Uhr, di» Abend-Ausgabe Wochentag- 5 Uhr. Ledactioa und Lr»rdUis»: Ao tz««ne-g aGe 8. Tie ikrpeditton ist Wochentag» oannterbrochrn geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale«: Ltt, ltiemm « Eortt». (Mfktt Hatz»), Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Anzeigeu.PreiS Die ögejpalteoe Petitjelle 20 Pfg. Reklamen unter dem Redaction-strich (4ga> spalten) 50-^, vor den Familieaaachrtchien (6 gespalten) 40-^. Gröbere Schritten laut Unserem Prei». Verzeichnis Tabellarischer und Zifferusatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), unr mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Vostbesördernug 60.—, mit Postbesördrrung 70.—. Annahmeschluß für Auzeize«: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,9 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestelle«, je eins halbe Stunde früher. Anzeige« sind siet« an di« Exhedttta» zu richten. L-nl« Lösche. lkitharineustr. 14, part. und Königsplatz 7. Organ für Politik, LocalgeMte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. .N 83. Mittwoch) den 15. Februar 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lrkluutmachimg. Hochmuth'sches Stipendium. Ta» von der am 22. April 1887 zu Dresden verstorbenen Frau Johanne Friederike verw. Advocot vr. Hachmuth geb. Viehl sur einen Studirenden der Rechtswissenschaft au der hiesigen Uni- versität gestiftete Stipendium ist zu vergeben. Empfangsberechtigt siud fleibige, sittliche und befähigte Bewerber, und zwar: , a. zunächst auS der Familie .Hochmuth", d. falls einer au- dieser Familie sich nicht melden sollte, eia Studirender, welcher den Namen „Hochmuch" sührt, und v. fall» auch eia solcher sich nicht bewerben sollte, ein Studirender aus der Stadt Leipzig. Bewerbungen sind unter Beifügung eine- Reise-, Sitten- und Bedürstigkeitszeugnisse», sowie eines Zeugnisses, dab der Bewerber an der hiesigen Universität die Rechte studirt, dez. mit dein verst. iliwocaten Herrn vr. Karl August Hochmuth blutsverwandt ist, bis zum SV. April lfd. Jahre» bei uns schriftlich anzubringen. Leipzig, den 9. Februar 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. Id. K44.vr. Georgt. E. Vermiethungen. In den nachgenannten, der Stadtgememeinde gehörigen Grund stücken sind folgende MiethrLumc gegen viertel- bez. halbjährige Kündigung anderweit zu vermtethen: 1) Markt Rr. 1 — «attztzau» - «erkaussgewölbe Nr. 23 am Naschmarkt. 2) Nafchmarkt Nr. 4 — Alte Börse — eine Abcheilung de- Gewölbes Rr. III, 3) Ertmmaische Ltratze Rr. 1 eine kleine Wohnung in der 4. Etage, 4) Kupfrrnätzchen Rr. 1 — ehemal. Kramerhaa» — «ine Kellerabtheilung, b) Uuivcriitätsstraile Rr. SV «ine kellerabtheilung, 6) Brühl Rr. »O — Sannen weiser — Niederlagsrünme im 7) dresdner Ttratze Rr. SS — ehrmal. Thorhaus — der frühere Spritzenschuppen, 8) Rarschallstratze Nr. S — Fenerwrhrdepot — ln Lelpzig-Neudnit» eine Hoswohnung in der 4. Etage, 5) Claraftratze Nr. 16 — rhemal. tSrmeindeamt — ln LripziA-Reuschönefeld fünf Kellerabthetlungen, 10) Telitzschrr Strotze Rr. L1S in Letpztg-Eutritzsch eine Wohnung in der 2. Etage links, 11) ErmelndeamtSstratze Nr. 6 in Leipzig-Lindena«: ». Niederlagsräume im Parterre links, d. eine kleine Wohnung in der 2. Etage. Es sind die Räume unter 1, 2, 5 und 10 vom I. April d. I., diejenigen unter 9 vom 1. Juli d. I. ab und alle übrigen sofort zu vermiethen. Mi-thgcsuche werden auf dem Rachhause, 1. Etage, Zimmer Nr. 8, eutgegengenommen. Leipzig, am 9. Februar 1893. Der Rath her Stahl Leipzig. I» 4080,92. Iw. G eor g i. Krumbiegel. OeKentlil'lio LaiulelslekranslLlt. Die Xmneldunx von llnvcklunxslekrllnxe», vclcbe Iconiwends Ottern io die k?tlb- oder XacluvitttUscurss der vebrllngs- »dldelluox emtreten sollen, erbittet sieb der vnterreicbneto in der 2eit vom 6. bin mlt A. Alirr, vormittag« von 11 dl« 12' , vdr, vromiigllek unter persönlicher Vorstellung der >v- rumeldevden durch ikre Herren krin/ipale. Vas letats Lcbul- reuxniss oder dis Lensurliste des Schillers ist bei dieser Oo- legendeit vorrulegen. IVilkrend der gedachten 2eit «erden auch Xnwelduugen llir den elnjNbrlxen Incktrlssouschuktllelieu tlursus eutgvzzvn- gknvmwen, an «elcdem sieh ll»ndlu»g«l«l»rllngo dettieilit-eo I nnen, die >m Lesitre des ?.«upn>isses kör dio «issenschoitlichs lleiahi^ungt rum Lüzjilbrig-k'renviUigendieusto sind. Unterricht 10 Stunden «öchentlick. ccliul^eld 90 beiprizr, ün Vsbruar 1893. 6»rl Volkr»«, virsotor. Lekanntmachung des Leipziger privalschullehrervereins, Aufnahme von Schülern nutz Schülerinnen Petr. Im Auftrag des vorgenannten Vereins ersuchen dt» Unterzeichneten, die ihren Schule« Liter« 1893 znznfnhreuden Stutzer tzaltzlgst anmrlden zu wolle«. Tie im Verein vertretenen Knaben- und Mädchenschulen ent svrcchcn den städtischen Realschulen (bez. mit Progymnasiaiclassen) und höheren Mädchenschulen und sind außerdem mit Elcmentar- r assen verbunden, in welche nach den gesetzlichen Bestimmungen Linder aufgenvmmen werden, di« vor dem 1. Juli das t>. Jahr vollendet haben. Tie Mädchenschule» haben Einrichtung und Lehrziel der üssent iickien höheren Mädchenschulen; sie sind also, mit Einschluß der Elementarclasjen, zchnclaisig. Die drrrchtiaten Knabenschulen führe» ihre Zöglinge vom Beginn des schulpjlichtigen Alters bis zu der durch daS Gesetz vom lö Februar 1884 für die öffentlichen und privaten Realschulen vor- geschnedenen Reifeprüfung, so daß «in Knabe bei nonnalen Anlagen bereit- im vollendeten 15. Lebensjahr ein« abgeschlossene Schulbildung und den Besitz des Freiwilligenzeugnifies erlangen kann; zugleich bereiten sie für die entsprechenden Llassen der öffentlichen höheren Lehranstalten vor. Im Interesse der Einheitlichkeit der Bildung, zur Erleichterung der Lern- und Lehrarbeit und zur schnellen und sicheren Erreichung der Schulziele ist cs wünschenswerth, daß auch der Prinatschnle die Kinder möglichst «tt Beginn de» schnlpflichttgru Alter» zugrkührt werden. — Tie Unterzeichneten sind zur Entgegen- nakme von Anmeldungen und zur Ertheilung jeder grwünjtbten «llskiinst tißltch (antzer Sonntag») zwiichen 11 «n» st,1 Uhr bereit. Dir. vr. E. Barth, Berechtigt« Realschule mit Llementarclasirn (Quersttahe 19). Dir. W. Metz (Tkichmann'sche Schul«, Mädchenabth), Höhere Mädchennhule mit Selerta- und -rminarclaffe« (Universität-- stronr 26), Fernsprecher Sir. 20ö9. Dir. vr. Roth (Teichmaon sch» Schule, Saabenabth ), Berechtigte Realschule mit Broaqinnasial- und Eiemenwrclasie« Eike der Uaiversität«. und Schillerftrahe). Fernsprecher Nr. 20ä9. Dir. vr. Willem »mit». Smiit'sch« Hshere Töchterschule t«, der Weih« 4). Dir. vr. Schulter, Progymnasiom mit Realschulclafs», (Kleine vitrgaeff» 6; »o, Jnut ab Sidonieustrah« SS). Dir. k. »«»er. verechttg», Realschnle lEnrtralstt-h« l). Lekanntmachung. Die Leuchtkraft de« städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 6. bis 12. Februar 1893 im Argandbrenner bei 150 Litern stündlichem Eons,im das 18,8 sacke der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von .bO Millimeter Flammenhöhe. Das fvecifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,435. Leipzig, am 13. Februar 1893. TeS Raths Deputation zu den «asaustalten. Lekanntmachung. Von dem Unterzeichneten Armen-Amie sollen Donnerstag, de» t6. Februar 1893, Bormtttags »ou 9 Uhr an im Stadthansc allhier verschiedene Gegenstände, als: Möbel, Betten. Wäsche. Kleidungsstücke, Haus-, Küchen- «nd WirthschastSgeräthe u. A. «. öffentlich versteigert werde». Leipzig, am 14. Februar 1893. Da» Annen-Amt. 831. Hrntschel. Artus. Conseroative Partei und Centrum. * Unter diesem Titel hat der Sächsische LandeS- verein dcö Evangelische» Bundes ein Flugblatt heraus gegeben, das sich in erster Linie gegen die „Leipziger Zeitung" und ihre centrumSsreundliche Haltung richtet, aber auch m solchen Kreisen Beherzigung vrrbieut, die nicht auf die politische Weisheit dieses conservativcn Blatte« schwören. Wir heben daher aus der Flugschrift die folgenden bedeutsamsten und beachtcnSwerlhcstrn Stellen heraus: Fürst Bismarck hat im Sommer 1892 in Jena Worte gesprochen, die gerade jetzt der allgemeinsten Beachtung wertst sind. „Wir können nicht regiert werden unter der Leitung einer einzelnen der bestehenden Fractionen, am wenigsten unter der des Centrums. Wir wollen bei jeder poli tischen Frage die Interessen des Vaterlandes Hu oberst stellen. Warum sollten wir nicht unseren nationalen Ucberzeuguugen mit derselben Energie ausschließlich Folge leiste», wie die Mitglieder des CentruniS von Lieber und Hitze dis zum Herrn von Schorlemer Alles über ein Kammslück scheren? DaS Ccntrum halte ich nach wie vor für einen Gegner deS NeichS in seiner Tendenz, nicht in seinen Mitgliedern. Es giebt ehrliche Deutsche i» Masse unter ihnen, aber die leitende Tendenz ist gefährlich. Ich betrachte eS als ein Unglück, wenn die Regierung ihre Tendenz hauptsächlich darauf zuspitzt, dem Centrum zu ge fallen. Ich bin eingcschworeu auf die weltliche Regierung eines evangelischen KaijerlhumS." Wenn irgend einer, so hat BiSmarck ein lebhaftes Vcr ständniß, säst eine geniale Inspiration für DaS, was dem deutschen Reiche frommt, nickt ininder ein reges Gefühl für die Ehre desselben; die Gewißheit davon bat im vergangenen Jahre da» deutsche Volk zu beispiellosen Huldigungen an den Altreichskanzler fortgerisscn. Verwachsen mit dem ReickS- gedanken, deutsch vom Kopf bis zum Fuß, hat sicher seine Seele auch die feinste Witterung für die Seite», von denen unserem Baterlande die schlimmsten Gefahren drohen. Darum fordert seine Warnung von dem steigenden Einfluß des CentruniS die Aufmerksamkeit aller Patrioten heran-; sie kommt von einem Manne, der das Ccntrum und seine Aspirationen besser kennt als irgend einer, von einem Manne, der die bittersten Wunden seiner Arbeit und seine« Ruhms gerade im Kampfe mit dem Centrum davon getragen hat, das, von Windthorst, dem „Meister aller Hindernisse", geleitet, aus dem alten Steinbruch römischer Feindschaft gegen deutsches Wesen Stein über Stein ihm auf den Weg warf. ES ist dem Centruni gelungen, sick der öffentlichen Meinung als eine staatSerhaltentc Partei vorzustellrn . bei den auslösenden Mächten der Gegenwart könne der Staat die Hilfe der römischen Kirche zur Sickerung seiner Ord nungen gar nickt entbehren ; aber wolle er diese haben, so müsse er ihre berechtigten Wünsche nack voller freier Bewegung erfüllen und den Forderungen des CentruniS ciitgegeiikvmmen. Und leider hat dieser Lockruf der Ultramontancn Manchen gewonnen; rin Theil der consrrvativen Partei weist Fühlung i»it den Römischen nicht ab; man schreckt nicht mestr vor dem Gedanken einer conservativ-klerikalen Regierungspartei zurück. Zwar der erste Versuch :u einer prakliscken Frcundsckast zwischen beiden ist in der Probe deS prcußisckcn Schulgesetzes gescheitert. Mit Macht reagirte im Volke die Einsicht, daß, eine klerikale Schule der Anfang vom Ende deutscher Eullur sein würde. Niemand will eine religionslose, eine conscssionS- lose Schule, aber auch Niemand will eine Schule nnlcr kleri kaler Bevormundung nnd Leitung, Niemand außer de» Ultra- montanen, die daS belgische Schulideal auf unseren Boden verpflanzen möchte», wie die« Windthorst ausdrücklich ans der Düsseldorfer Kalholikcnvcrsaininlung >883 verlangte. Belgisches Sckulitral! Hai denn keiner der conservativcn Parteiführer Einblick in die Ergebnisse der amtlichen Scknl- cnguStc i» Belgien vom Sommer >882 genommen'? Welkst' ein Abgrund sittlicher Verwilderung tstut sick mil dieser sreicn, klerikale» Schule aus! „Unsästigkcit der Lehrer, boden lose Unwissenheit der Kinder, die Schulaufsicht in tcn Hände» von Klerikern, die im Amte bliebcn, auck wen» sic wegen Urkundensälschung u. dergl. vcrnrlstellt waren, und zu alledem eine neue Invasion der peliis titros!" Und unvergessen s-i der Kampf, de» der „staalScrbalicnde" Klerus in der n»wi»digslen Weise gegen die von den Kammern besckllossene Unters,icknng der Schulen fül-rie. Das Volt wnrde in der leitcnsckasilick'irn Weise grgc» die Maß regel ansgcbetzl; den RegicrnngSbeamlen, die ihre Pstickt Istnit mußten, wurde die Absolution verweigert; die Mit glieder der örtliche» Eckiildepnlalioncn wurden von den Kanzeln mit den tdrenriistligne» Bezeichnungen namenttick angtiedel; dir commiinaleii Sckulgebäntc wurde» dnrck den nljrams»:anc» Pöbel beschädigt, die Lcstrcr und Lesttr-inncu dieser Schulen i» scheußlicher Weise inißstandelk, den Ellern, die ibrc Kinder in dir Communalschule schiltte», wurden die Sacramcnte rorcntstallen; kurz — ein geradezu roster Kamps wurde in Scene gesetzt. So sieht eS i» einem Lande auS, in de», der römische Klerus die Herrschaft über e»n blind unterwürfige» Volt bat; so wird „der Staat er halten", wo di« ultramontane Partei die Hand am Steuer hat. Und solche Zustände würden auch die deutsche Erde schänden, wenn eS dem Centruni, „dieser Garde deS Papste«", gelänge, maßgebende» Einfluß zu erringe»; dieser Emstuß würde ihm zufallcn, wenn die konservative Partei an der Illusion sestbielte, im Centrum einen BnildeSgcnofscii zum chutze staatlicher und mvnarchisebcr Einrichtungen zu besiyc». DaS ist der wunderbarste Aberglaube, daß die röniisckc Kirche die zuverlässigste Stütze aller Autoritäten nnd Ord nungen sei. Diese» Wahn zu verbreiten nnd insbesondere die ^taatSlenker für ihn zu gewinnen, ist eine der eifrigsten Sorgen RoniS. Und noch in dem Grundgesetz tcS modernen VaticaniSmnS, in der Encyklika mit dem SyllabuS von 186 l, ist cS mit unverfrorener Dreistigkeit ausgesprochen worden, daß der Protestantismus der Brunngncll aller rcvolutionairen Bestrebungen sei; nur der FclS Pclri sei auch daS tuudamvntuin rv^nm-uiu. Wer von diesem Felsen zu bröckeln versuche, der lockere auch den Unterbau menschlicher Ordnung. DaS ist ein altes Märchen, den Häuptern deS Volke- oft genug vorcrzähll, auch in den Tagen der Refor mation und nicht blos auf deutschem Boden. Nickst leicht war z. B. in der Zeit der Kirchenerneucrung der Canto» Bern zur Entfernung der römischen Mißbräuche zu bewege». Bern war ein bürgerlich-aristokratischer Mllitairjiaat. Die Partei der Junker widerstand der Reformation; sic hielt sich an einem Ausspruch deS HauplgegiicrS religiöser Er neuerung, de« gelebrten FaberS, damals GcncralviearS in Constanz, später Bischofs von Wien, der gesagt hatte: „Es geht jetzt über n»S »nd hernach wird cs über die Junker gehen." Dasselbe Motiv wnrde, um aus vielen Beispielen nur noch einige vorzubringeii, benutzt, als cs sick um Wieder herstellung deS durch Napoleon I. beseitigten Kirchenstaate« handelte: wenn diese älteste und leailimfte Monarchie der Revolution nicht entrissen werde, so könne lei» anderer Monarch auf die Rettung seiner Dynastie vor dieser Revo lution zählen. Wie gellen uns noch die Obren auS der Bewegung von t848 von den dreisten Versicherungen der Römischen, rbre Kirche sei der Damm, an dem die wilden Wasser sich brechen würden, der einzige; Niemand tonne, wie sic, die Völker zur Botmäßigkeit unter d«. Autorität zurück- führcn. Leiter hat die- willkürlichste aller Dogmen bei Staatslenkern wie bei conservativen Politikern Glauben ge sunden. Als Pius IX. den Haupttbeil seiner weltlichen Be sitzungen verlor, schrieb damals nach der Anleitung deS nltramontanen „UnivcrS": „Wäre der Papst nicht mehr König, dann wäre das Kreuz allen Kronen entrissen, nichts würde die Welt mehr schütze» und sie bald in Götzendienst verfallen", die „Kreuzzcilung" Worte, um die sie kein Pro testant beneiden wird: „Daß die katholische Kirche gewürdigt ist, der Stein des Anstoßes zu werden für die unbcimlichcn Gewalten, die nach tödtlicker Verfeindung über dem ent wurzelten Kreuze sich die Hände zu reichen »suchen, ist ein ehrendes Zeugniß für sie, um daS sie der Protestantismus zu beneiden hat. Jetzt ist cs an uns, mit Ratli und Tbat zu zeige», daß gegenüber dem Frevelbund der offene» Revo lution und deS Despotismus wir in kirchlicher und politischer Beziehung nnS der Solidarität unserer und der kalbolischen Sache in vollem Maße bewußt sind. Nickt blvS die luthe rische Pfarrkuse, auch der preußische Königsthron steht unter einerlei Recht mit dem Patrimonium Petri." DaS ist wahrlich eine Anschauung mehr als naiv, vcr lassen von jeder geschichtlichen Kennlinß, die in den katko lischcn Claalen den Sitz der Revolution auswcist, beraubt alles protestantischen Bewußtseins, gesättigt von der die Religion entleerenden Anschauung, die Glauben nnd Kirche nur zu Frolmdienstcn für die Erhallung deS Bestehenden benutzen wollen. DaS ist eS, worauf cS den Vertretern solcher Meinung vor Allem ankonintt; um die nun einmal vorhandene Gesellschaftsordnung zu bewahre», wäre ibnen auch da« Bündniß mit dem Islam recht. DaS Cluistciithui» siebt schwerlich in der Vordcrreilie ihres Interesses. Sonst müßte ihnen als religiös erfaßten Protestanten vor Allem anlicgen, daß dir dem ursprünglichen Christcnthuin am nächsten kouimendc evangelische Wabrbeit immer siegreicher vordringe und immer mehr daS Volksleben bestimme. Mit Solche», die dir« hindern wollen, und unter diesen heben sich die Nltramontanen hervor, kann man nicht Zusammengehen. Es kann Einer die früheren Verdienste der römischen Kirche um die Pflanzling und Bewahrung religiösen Lebens noch so hoch schätzen, er wird doch nicht leugne» könne», daß sie trctz aller ihrer gegenwärtigen Macht einer innerlich überwundenen Culturstuse der Menschheit angehört. Die Formen, i» denen sic einst das Volk ans beidniscker Sitte leichter in christliche Gewohnheiten hinüberlcilctc, sind, alles Andere überwuchernd, geblieben; fast macht eS den Eindruck, der ganze gewaltige Apparat sei nur dazu da, um den Mariencultus, die Hciligen- und Reliqnicnvcrehning, die Wasser bon LourdcS n. dergl. zu stützen; die ultramontane PrariS der religiösen Volis- leitnng bat daS ursprüngliche Ehristenlbnm zurnckgcdrängt. Tie Kirche und ibre Einrichtungen sind Selbstzweck ge worden ; in ihnen stellt sich daS verwirklichte GolteSreich dar DaS isl der Grundirrthum der Römischen, a» dem daö Evangelium von Ehristv zu Grunde gebt. Unser Luther bat mit der genialen Inspiration eines von Ebristo erfaßten GemütheS recht gesehen, wenn er die alles bestimmende Macht veS PapstlhumS als den vollen Gegensatz gegen daS Christenlhum bezeichnet. Und es iniiß doch nun auch dem unbefangensten Auge ossc» liegen, da» die römische Kirche unter der Hegemonie deS Iesuilcnordciiö vor Allem die Gewalt über die Völker anstrcbl; sie weiß, daß sic diese i»il den Mitteln de« religiösen Geiste« nicht erreichen kann; dazu langt cS bei ihr nicht ln»; sic gebt dazu die Wege ihrer altbewährten StaatSkuiist und Klugheit. Ehemals stürzte sich Nom aus die Bekehrung fürstlicher Familien, beute sucht eS zur Erreichung seiner Zwecke die Herrschaft über die Parlamente. Tie Partei tcS EenirumS ans deutschem Boden leistet ihr bequeme Dienste. DaS werte» doch Wohl auch einzelne Führer der Eonscrva- tivcn nickt leugne» wollen, daß dein Centn»» die päpstlichen Farben werthvollcr dünken als die deutschen; schon der kleine Umstand, daß bei den Diner«, denen ein Bischof vorsitzt, der erste Trinkspruch aus den Papst und der zweite aus den Kaiser oder König gebracht wird, osienbart den Geist der ganzen Sippe; v.v uuzzue leoneml In erster Linie siebt dem Centrum das Interesse der römischen Kirche; eS deckt seine Taktik mit dem Worte: man muß Gott mehr ge horchen al« den Menschen, und identificirt die Sache Gottes mit der deS Papstes, die der Menschen mit dem Staate. Deutlich genug bat dies der FricdenSpapst in einem seiner Sendschreiben ausgesprochen. Steht cS aber so — wie kann bann eine conseroative Partei vor dem Gewissen ihrer Prin cipieil es verantworten, mit den Ultramontancn zusammen- zugchcn? Wir haben cö immer für die herrliche Aufgabe der Conservativen gehalten, die monarchische Gewalt als Führerin de« Staates zu stützen: eS ist ein Abfall von dieser Aufgabe, wenn man Fühlung mit Denen nimmt, denen die Stärkung des päpstlichen Einflnsses vbcnanstrbt. Gewiß scheint cS nickt Absicht der Conservativen zu sein, mit dein Ccntriiin für alle Fragen ein festes Schutz- und Trutzbündniß zu schließen; die moderne politische Weis heit entscheidet ja sich von Fall zu Kall. Aber — mag man cS auch für die Politik eines BövlicrS halten — wir >nd der Meinung, daß cS nicht zum Nutzen de« deutschen Reiche« geschieht, wenn an irgend einem Puncte mit den Vertretern der vatie.rnischen Kirche pactirt wird. Gerade dadurch wird der Einfluß deS CentruniS gestärkt; er wird zum Zünglein a» der Waage. Al« das preußische Schul- gesctz gefallen war, versagle der Reichstag den Bau einer KricgSeorvette, dabei geführt von den Ultrainontanen. Wenn diese ibr Geschäft nickt machen, wird von ihnen dem Reiche nicht gegeben, waö cS fordert und braucht. Aber daS ist weder patriotisch, noch christlich. Mit einer solchen Partei die Hände zu verschlingen — entspricht daS wirklich den vornehmen Traditionen der Conservativcn'? Gerade diese sollten sich i» erster Linie dazu berufen fühlen, Alles nz.thun, daß das Ccntrum isvlirt werde; cS verdient nicht- Anderes bei seinen Principien, als in den Winkel gestellt zu werden; erst wen» die« geschehe» sein wird, wird das Vertrauen des Volke- zur ReichSrcgiernng sich wieder kräftigen; der Pessi mismus, der sick jetzt großer Kreise bemächtigt hat nnd der dem Erfolge nahe ist, die Hingebung der Gemüthcr an daS Reich weiter und weiter zurückzuschiebcn, ruht auf dem Widerwillen an einem Schauspiel, in dem die Vertreter de- Ultramonta- niöninS stete vorangerückt werden; inan fürchtet, daß durch den Spielraum, den man römischen Absichten und Ansichten in der deiltschen Politik gewährt, unser Reick den tiefsten, vielleicht einen unheilbaren Schaden davonträgt, von dem gepackt, eS nack nnd nach auf die Siusc der romanischen Völker nicdergczogcn wird. Die Deutschen sind zu gut, Söldlinge des RonianiSmuö zu werden. Deutsches Reich. Hs Berlin, ll Februar. Der landwirlbschaftliche Pro- vinzialvercin für Pose» hatte sich vor einiger Zeit mit einer Eingabe an de» BundeSralh gcwantt, in der gebeten wurde, eine Revision dcö InvaliditätS- und AlterS- versichcrnngS gesetzt? in der Richtung brrbeizusühren, daß das Marken- und Lohnclassensystem beseitigt und die er» forderlichen Beiträge durch ein Umlagcversahren ausgebrachtwer- dcn möchte». Der BundeSralh hat, wie nunmehr dein Provinzial- vcrrin bekannt gegeben wird, beschlossen, der Eingabe keine Folge zu gebe». Es kann dies nickt weiter Wunder nehmen, wenn inan bedenkt, daß an eine Revision des Invalidität- und AlterSversicherungSgesctzeS im großen Maßstabc vorläufig noch nicht gedacht werden kann. Nachdem dir Kratikencassennovelle mit den, 1. Januar >893 in Kraft getreten ist, wird es sich zunächst darum handeln, die Unfallversicherung zu reformiren und deren Ausdehnung ans daö Handwerk, die Seefischerei ic., die schon lange geplant ist,vorrunehmen. Erst nachdem kiese gesetz geberische Arbeit verrichtet ist, könnte a» eine Beseitigung der auf dem Gebiete der InvaliditätS- und Altersversicherung hervor- getrelcncn Mißstände, sowie a» eine gesetzgeberische Ver- wertbnng der mit der praktischen Handbabung de« Gesetze« vom 22. I»»i 1889 gemachte» Erfahrungen gedacht werden. Bis dahin wird man sich mit seinen Wünschen gedulde» inüsscn. Wenn übrigen« in einzelnen Gegenden, namentlich de« Osten«, über das Markcnwese» geklagt wird, wie dies auch in der Eingabe des Posener Provinzial- vcrcinS an bei, BundeSralh der Fall gewesen ist, so kann den dabei hervvrgchobencn Uebelsländcn auch jetzt schon ab- gebolfcn werde». In Prenßen ist schon im AUgenieinrn im Gegensatz zu Staate» wie Sachsen, Baden, den Hanse städte» u. s. w. wenig Gebrauch von der Bcfugniß der Ein ziehung der Beiträge durch die Krankencasien »nd Gemeinde behörden gemacht, am wenigsten aber in den östlichen Pro vinzen. Natürlich ist diese Art der BeitragSerhebnng mit Kosten verknüpft. Sic würde aber einen große» Tbeil der Beschwerden, welche gegenwärtig im Osten Uber die InvaliditätS- und Alters Versicherung erhoben werde», aus der Welt schaffe». Die Versicherungsanstalten sowohl wie die weiteren Ccmmniial- vcrbande, wie schließlich die Gemeinde» sind im InvaliditalS- nnd AllcrSvcrsicherungSgesetz ausdrücklich ermächtigt, Kranken cassen »nd Gemeindebehörden mit der BcitragSeinziehung zu betrauen. Ui» Jahre 1891 waren i» bcn sechs ostelbifchen Provinze» nur I t Krankcncasse» und 2 Gciiieindcbchörden i» dieser Richtung tbätig, während beispielsweise im König reich Sachsen über 20<i<» Casscn und über lOO Gemeinde behörden damit betraut waren.) * Berlin, l l Februar. Wie schon berichtet, ist die Frage des Religionsunterrichts der Dissidcntcn- kinder jetzt a»ck im Abgeordnetenhause zur Sprache ge bracht worden. Herr I>r. Bosse bat dabei wiederholt, wa« er schon bei seinem Amtsantritt erklärte, baß rr Gewissens zwang nicht nur für bedenklich und verwerflich, sondern auch für eine slunipsc Waffe Halle und daß er i» Glaubenssachen allein die freie Ucbrrzeugnng für berechtigt anerkenne. Allein er hat hinzugesllgt, daß er ans Recktsgründen dazu ge- ionimen sei. die von seinem Vorgänger in Gemeinschaft mit dem Instizministcr erlassene Verfügung aufrecht zu ballen und daß er dies auch lbun werde, bi« die gerichtliche Entscheidung, an die die Sache nunmehr verwiesen sei, ihn belehrt, daß seine Auffassung eine irrige sei. Herr Vr. Bosse berief sich daraus, baß die Anhaltung der Kinder dissicentischer Eltern zun. Besuche de« Religionsunterrichts der Volksschule schon i»i Jahre 1859 unter von Belhmann- Hvllweg eingesübrt und seitdem Reckten- gewesen sei, es sei denn, daß nachgewiesen worden, daß anderweit für die Er- »Heilung eine« Religionsunterrichts Sorge getragen sei. Aber unseres Wissen- ist auch unter v. Bethmann-Hollweg bereit«
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