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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930220029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893022002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893022002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-20
- Monat1893-02
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Offerten mit Preisangabe sür 100 kg bezw. für 10 Paar sind bis zum 6. März d. J§. portofrei cinzureichen. Die Besichtigung der Abgänge kann an den Wochentagen jederzeit erfolge». Nach trägliche Einwendungen gegen die zugc'chlagcnen Gegenstände können keine Berücksichtigung finden. Lichtrnburg, den 15. Februar 1893. Königliche Strafanstalts-Tirrttion. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. Februar. In parlamentarischen Kreisen hat, wie man unS aus Berlin schreibt, die am Sonnabend im preußischen Abgcordnetcn- bause von dem dcutschsreisinnigen Abg. vr. Alexander Meyer abgegebene Erklärung, seine Partei werde im Reichstage sür die Aufhebung des Iesuitengesetzes stimmen, nicht überrascht. Man war schon seit einiger Zeit darauf gefaßt, daß die Anhänger des Herrn Eugen Richter einen Schachzng macken würden, der dem Centn»» ein Ein- lenken in der Militairfrage erleichtern und dem „Freisinn" für alle Fälle den Dank der Ultramontanen sichern sollte. Schon am 16. d. M. wurde der Münchener „Allgcm. Ztg." auS Berlin von einem Mitgliede de« Reichstags über die Romsahrt des Grasen Ballestrem und die Herzens wünsche der „Freisinnigen" geschrieben: „Wenn Gras Ballestrem, obgleich erster Vicepräsident des Reichs- tags und Mitglied der Militaircominiffion, sür unerläßlich hielt, im gegenwärtigen Augenblick eine aus mindestens 14 Tage berechnete Romsahrt zu machen, so kann eS sich dabei nicht um den bloßen öslichkeitsact der Ueberbringung der Glückwünsche der EentruniS- actton zum Jubiläum des Papstes Handel». Zu diesem Zwecke hätte man statt des Vorsitzende» der Fraktion recht wohl ein anderes her vorragendes Mitglied, z.B. den Grasen Preysing.delcgiren können. Kurz und gut, kein Verständiger täuscht sich darüber, daß die Eindrücke, welche Gras Balleslrem aus Äoni mitbringe» wird, von sehr erheblichem Ein fluß aus die fernere Haltung des Eentrnms gegenüber dcr Mititair- Vorlage sei» werden. Der Vermuthnng ist einstweilen der weiteste Spielraum geöffnet, und sür Diejenigen, welche Lust haben, sich in diesem Raume zu tummeln, ist die Erinnerung nicht überflüssig, daß Cardinal Kopp sich noch in Rom befindet. Das aber wird gewiß Niemand glaube», daß das Centrum den ursprünglichen, namentlich von Herrn Lieber so scharf präcisirten oppositionellen Standpunkt in der Hauptfrage, nämlich derjenigen der Präsenzziffer, ohne nennen-- werthe Gegenleistung verlassen werde. Sollte der Argwohn ganz unberechtigt sein, daß derartige Gegenleistungen zur Zeit in Nom er- örtert werden? Vielleicht ist dieser Argwohn sogar schon in die Reihen Derjenigen eingedrungen, welche soeben noch Schulter an Schulter mit dem Centrum gegen die Militairvorlage zu kämpscn meinten. Bei den Freisinnigen und Bolksparteiler» ist man über die veränderte Sprache de- Herrn Lieber höchlich erstaunt, und in der Commission haben verschiedene Redner von dieser Seite Aeuße- rungea über die Stellung ihres bisherigen Kampigenoffen fallen lasten, nach welchen man annehmen könnte, Herr Lieber segle bereit- mit vollem Winde dem Kompromiß entgegen — was, in Parenthese gesagt, den Freisinnigen in Wahrheit höchst an genehm sein würde. ' Nun, Graf Ballestrem ist jetzt durch den Abgeordneten I>r. Meyer in die angenehme Lage versetzt, den valicanischcn Diplomaten, dem General v. Loe gegenüber die Erklärung zu ermöglichen, der deutsche Reichstag werde die Aushebung dcS Iesuikeiigesetzcs beschließen, der Batican müsse also die Zu stimmung der verbündeten Regierungen zu diesem Beschlüsse erwarten, oder aber dem Centrum eine Taktik nahe legen, welche den Lenkern dcS neuen CurseS in Deutsch land die Macht der CcntrumSpartci fühlbar mache. Die vatikanische Diplomatie müßte nicht so geschickt in der Benutzung jedes günstigen Faltes sein, wie sie ist, wenn ie die vom „deutschen Freisinn" geschaffene Situation nicht auSnuyte und die vom Herrn Ist'. Alexander Meyer dem Papste als InbiläuniSgabe überreichten Daumenschrauben nicht den verbündeten Negierungen anlcgte. Graf Caprivi kommt dadurch in eine böse Lage; daS deutsche Volk aber wirv, wenn es daS neue Militairgesetz in einer vom Centrum dictirten Fassung erhält und obendrein mit der Aufhebung dcS Icsuiten- gesetzcS beglückt wird, wissen, wem eS diese „Segnungen" zu verdanke» hat. Die von dem jetzigen belgischen, auch im AuSlande ge schätzten Iiistizminlslcr Lcjeune cingefübrlen „Verbesserungen" der Strafrechtspflege — die bedingte Berurlkeilung und die bedingte Haftentlassung — haben sich, wie eS scheint, sehr gut bewährt. Der Iustizminister bat wiederholt den Gerichten empfohlen, die bedingte Berurtheilung, welche bei ersten Ver- gebungcn die Strafvollstreckung aussckicbt, den Bcrurtbeiltc» den Weg der Besserung offen laßt und im Falle de« Nichtrücksalls die Strafe ganz annullirt.in ausgedehnteste' Weise anznwcnden. Dir Gerichte sind dieser Mahnung gefolgt und der Erfolg ist an scheinend ein sehr günstiger. Die Reform bat in zahlreichen Fällen bessernd gewirkt und Biele, die gestrauchelt waren, vor entehrender Strafe geschützt. Nach der von dem Iustizminister jetzt der Kammer zugeslclUen Nachweisung über die Aus- sührung des Gesetzes über die bedingte Berurtheilung und Haftentlassung im Jahre >891 haben die belgischen Gerichte in tiefem Jahre 10 357 bedingte Bcrurlheilunge» nnd zwar 3907 Gefängnißslrasen und 6450 Geld strafen ausgesprochen. Nur 58 l Bcrurlbeilte wurden rückfällig und mußten die Strafen verbüßen. Tie Polizei gerichte sprachen 2l 712 bedingte Beriirtheilungen auS; nur 227 Rückfälle kamen vor. DaS sind Resultate, die sür die bedingte Berurtheilung schwer in die Waagschale fallen. Immerhin wird man gut lhun, noch weitere Resultate abzu- warten, bevor man ein rndgiltigeS Urtheil über den Segen der Reform abwartct. Jedenfalls geht au« den mitgetbeilten Zahlen noch nickt hervor, wie viele Bergeben nur deshalb verübt worden sind, weil die Berüber hofften, ohne Strafe durchzukommcn. In Paris ist der svcialistische Txecutiv-AuSschuß zur Vorbereitung der Manifestation am l. Mai, die diesmal in Frankreich bekanntlich i» großem Style geplant wird, wieder zu einer Beratbung zusammengetretcn. Die Bericht erstatter der Zeitungen, sowie die Blanquistc» und Revisionisten hatten jedoch keinen Zutritt und auch die Anarchisten waren streng ausgeschlossen, lieber das, was man unternehme» solle, waren die verschiedenen Redner keineswegs einig. Der Panama-Scandal hat ihres Erachtens die Bevölkerung noch lange nicht gnügend erregt. Die Partei hofft zwar aus eine Acndernng deS Ministeriums, fürchtet aber daS Er scheinen Cavaignac'S, in dem sie einen zweiten Boulanger sieht. Man ist auch zur Einsicht gekommen, daß der SocialiSmuS nicht mehr Herr der öffentlichen Versamm lungen ist, und will daher die Organisirung der rrvolutio- naircn Kräfte nun nachdrücklicher betreiben. Schars getadelt wurde die Laubeit und Nachlässigkeit zahlreicher Partei mitglieder, welche sich von der Agitation mebr und mehr zurückgezogen hätten. Abgesehen von dem Beschlüsse, zu den späteren Versammlungen die Vertreter der Presse zuzulassen, wurden diesmal noch keine Abmachungen getroffen. An- gekündigt wurde nur daS Erscheinen eine« BlatteS: „Der erste Mai", welche« der revolutionairen Partei als Organ dienen, am 1. Mai sein Erscheinen aber wieder cin- stellen wird. In England wird neuerdings die Sorge laut, daß bei einer etwaigen großen kriegerischen Verwickelung dir Handels marine nicht so leichten Kaufe« davonkommen werde, wie in früheren Zeiten. Zwar die großen Schnelldampfer möchten sich gegebenenfalls einem seintticben Angriff ohne sonderliche Schwierigkeit zu entziehen vermöge»; der Schwerpunkt der Frage liegt aber nickt bei dielen, sondern bei der Unzahl von langiani gehenden Frachtschiffen, aus deren ununterbrochener Tbätigkcit im Heranschaffen von Lcbeiiömitieln die Versorgung des InselrcichS in Kriezszeiten wesentlich beruht, so daß eine ernstere Störung dieses Verkehrs England unfehlbar an den Rand der schlimmsten inneren Katastrophen drängen müßte. Englands Handelsflagge deckt jetzt nicht weniger als 70 Proccnt de« ganze» Welthandels. Gegen England Krieg führende Staate» würden einen absolut wie relativ viel größeren Theil ihrer Kriegsmarine gegen die englischen HandelSsioNen loSlasscn lönnen, als die Kriegsmarine Englands rum Schutze der Handelsmarine ab- geben könnle, wenn sie selber aclionssäkig bleiben will. Hier liegt offenbar die Achillesferse der englischen Wcltmachlstellung und sachverständige Autoritäten sinnen unausgesetzt über Mittel und Wege »ach. die hier vorbandenc Lücke der eng lischen Berlhciklgung zweckdienlich auszusüllcn. Der Aus weg, eine Masse starker, schnellfahrender Kreuzer zu bauen, bat sich zwar als gangbar erwiesen, doch nur in beschränktem Maße. Um auch nur die occanischen H-mpt- verkcbrslinicn vor feindlichen Korsarcnslrcicken z» schützen und ihre Befahrung für englische Kaufsadrer unbedciillich zu machen, müßte England wenigstens das Fünffache und Zclm- sache dieses Typs sec- und gesecblSklar liegen habe», als daS kkatsächlich der Fall ist und noch aus eine geraume Spanne Zeit der Fall sein wird. Man sangt daher neuerdings mil wachsendem Eifer an, die Durchsiibrung dcS Gedanken« der allgemeinen Wehrpflicht zur See in England zu vcntilire», indem man von dem GeslcktSpunct auSgcht, eö sei die Pflicht nnd Schuldigkeit jedes OceansahrerS, sich wenigstens soweit wehrfähig zu machen, um nicht jedem beliebigen feind lichen Stirnrunzcln hxdingungSloü auf Gnade und Ungnade preiSgegebcn z» sein7 Die durchgängige Bewaffnung der Kauffahrteischiffe mit einigen leichte» Geschützen, für deren Bedienung die Mannschaft unter Aussicht gevltuler Artilleristen r-otüdürftig einzuüben wäre, ließe sich ohne zu große Schwierig keiten erzielen, wenn nur in Nbekcrkreisen erst allgemein die Erkcnntiiiß von der Nothwendigkeil der angeregten Maßregel diirckgedrungen sein werde. Für die Kosten der ersten Ein richlung müßte eventuell der Staat aufkommen. Gegenüber einer dieser Tage in der deutschen Presse vcr breitete» Notiz, daß die russischen Gewehrs ab riken bei der Herstellung des neuen kleinkalibrige» Gewehres vollständig versagt hätten, sodaß die Neubcwassnung der russischen Armee zum Herbst 1891, dem von Anfang an hierfür in Aussicht genommenen Termine, nicht würde erfolgen können versichert die in Berlin erscheinende „Allgemeine ReichS-Corr.", angeblich gestützt auf Informationen von zuständiger russischer Seite, daß sowohl die französischen und belgischen Gewekr- fabriken, die mit großen Aufträgen russischcrseitS betraut worden sind, wie auch die russischen Fabriken selbst die ihnen gestellten Lieferungsfristen biSbcr pünktlich innezuhalten ver mocht hätten; ebenso hätten sich bei der Abnahme der ein zclnen Gewehrlieferungcn keinerlei Mängel in der Fabrikation gezeigt, welche geeignet gewesen wären, die Kriegsbrauchbar keit der Gewehre in Frage zu stellen nnd somit eine Vcr zögerung i» der Herstellung zu bewirken. Die russische Armee dürste daher, so schließt die Correspondenz ihre an gebliche russische Offenbarung, bis spätestens Ende nächsten äahrcö mit den neuen Gewehren ausgerüstet sein. Ueber den Aufstand in Marokko sind in Madrid nähere Miltbeilungcn eingegangcn. Die Kabylenstämi» Zenmor und Giata empörten sich wegen fortgesetzter Steuer Erpressungen und vertrieben die Beamten und Soldaten Eine gegen die Zenmor gesendete Truppcnabtheilung unter dem Onkel deS Sultans, Mulcy Hassan cl Amrani, erlitt eine Niederlage, der Führer fand aus dem Scklachlfelde den Tod. Die kaiserlichen Truppen zogen sich nach Mckincz zurück. Die Zcnnior vereinigten sich mit den Giata-Kabylen und schlugen ein Heer unter der Führung Muley Komar'S, eine- SohncS keS Sulla»«. Ter kaiserliche Prinz wurde schwer verwundet. Wie Berichte a»S Tanger melden, wird der Sultan selbst die Nickerwersling dcS Aufstandes versuchen. Die Gouverneure aller Provinzen erhielten den Befehl, Truppen auszuhebcn. Deutsches Reich. sj Berlin, 20. Februar. Die Summe der In- validitälS- und Altersrenten, welche im Jahre 1892 von 187 800 Personell bezogen wurden, belief sich auf 22,4 Millionen Mark, so daß auf den Kops 1l9,28 ge- abtt wurden. Die von den Versicherungsanstalten seit dem l. Januar 1891, also seit dem Inkrafttreten deö Invalidi- tätS- und AltcrSversichcrungSgcsctzeS, festgesetzten Renten repräsentier» bis Ende 1892 überschläglich ein Dcckungscapital von rund 83 Millionen nnd mit Einschluß der an den Reserve fonds abzusührenden Beträge ein Capital von rund 99,6 Milt. Mark. Dem stebt nach Abzug der gesammten Ver- waltuiigökostcii eine Einnahme aus Beiträgen im Jahre 1891 von rund 8.5,2 Millionen, 1892 von 81,3 Millionen, zu- ammc» 169,5 Millionen gegenüber. Es verbleibt demgemäß olme Berücksichtigung von Zinsen nach Abzug aller Verpflich tungen a»S de» Jahren 189 l und 1892 ci» lleberschuß aus Beiträgen von rund 69,9 Millionen. Wenn übrigens die Einnahme a»S Beiträgen im Jahre 1892 um fast 1 Million geringer gewesen ist als im Iabre 1891, so liegt dies wohl ausschließlich daran, daß am I. Januar 1892 der Allgemeine KnappschastSverein zu Bochum eine eigene Casse bildete und infolge dessen gegen 130 000 versichernngspflichlige Personen a»S den Bezirken der Versicherungsanstalt Rheinprovinz und Westfalen auSgcschicdcn sind. ^ Berlin, 19. Februar. Morgen hat die WahlrechtS- reform-Com Mission deS Abgeordnetenhauses noch eine Sitzung zur Vornahme einer drillen Lesung, die wohl an diesem Tag beendigt werden wird. DaS Plenum Wird dann wobt zu Beginn der zweilsolgenten Woche in die zweite Be- ralbung cintrelen können. Nachdem der Antrag deS CentrumS, wonach in Stadt- und Landgemeinden mit mehr als 10000 Ein wohnern bei den Wahlen zur Gemeindevertretung die erste Wählcrabtl>eili»ig »lindcstens > ,o, die zweite mindestens ^,o aller Wahlberechtigten enthalten muß, in der letzten Sitzung abgelcbnt Worte», wird eS sich jetzt in her Commission noch lim zwei CcntruiiiSaiiträge bandeln, deren einer dahin geht» daß bei der Bildung der Urwäklcrabthciluuge» für keine veranlagte Person ein Gesamiiitstcucrbetrag von mehr als 2000 (evcnt. 3000) Mark zum Ansatz zu bringen ist, der andere den sin- girlen Slcucrsatz sür steuerfreie Personen von 3 auf 1 er höben will. Der erstgenannte Antrag, der verbällnißmäßig nur geringe Verschiebungen gegenüber rem RegierungScntwurs hcrbeisübrl, wird voraussicbltick i» etwa« veränderter Gestalt, über welche »nlcr den Parlcien noch Verhandlungen statt- findcn. zur Annahme gelangen und auch die Zustimmung der Regierung sinken. Im klebrigen hal die Regierungsvorlage so wenige wcseiillichc Vcräiivcrung erfahren, daß man einer glatten Erledigung der Angelegenheit ciilgegcnsehen kann. Von natioiiallibcraler Seite wird iiian noch einen Versuch machen, die Drittelung in den einzelnen klrwaklbezirken zu beseitige». 6. kk. Berlin, 19. Februar. Die in der VcrsammlungS- Chronik von Berlin Wohl einzig dastehenden Massenver sammlungen der Landwirt he haben selbst die Führer dieser agrarischen Bewegung überrascht: Bis zum 4. d. M., an welchem Tage, wie wir erfahren, eine Vorbesprechung im Club der Landwirthc stallfand, wollte der Führer der ganzen Bewegung, Herr v. Ploctz-Doellingen, die Gründung eines neuen Vereins nicht vornehme», er erstrebte vielmehr de» Anschluß an den conse rvativen Wahlverein oder an die rrei großen agrarische» Vereinigungen und wollte die letzteren eventuell zu einem großen agrarischen Bunde ver schmelzen. Dieser Plan fand auch die Zustimmung der her- Feuilleton. Der Sonderling. 13) Roman von P. FelSberg. Na-truS dertolk». (Fortsetzung.) Xl. Am anderen Morgen beim Frühstück übergab Günther Cchönburg Doctor IustuS den Brief seines BatcrS. „Sie sehen, mein Vater sah den Fall einer Ehe meines OheimS voraus und wünscht, daß ich Militair bleibe. Ich möchte wißen, was mein Oheim für eine Meinung hat. Ich will mich gern seinen Wünschen fügen, — wenn er einwilligt in meine Heirath mit Fräulein von Felde»." Der junge Gras würgte etwas an den letzten Worten und sal> den Arzt nicht an dabei; er hätte sonst gewahrt, daß dieser erblaßte »nt sich auf die Lippen biß. „Hal die Baronrß Sie schon erhört?" fragte er kleinlaut. „Noclx habe ick nicht sprechen können, aber jetzt muß ich es. sobald ich weiß, wie mein Oheim über diese Verbindung denkt; ich bin abhängig von ihm, wir Sie wissen, Doctor!" Just»- war ausgcstandcn und ging erregt im Zimmer aus uud nieder; dann stand er plötzlich vor Günther still und sprach mit rigentbümlich bewegter Stimme: „Und wenn Ihr Oheim nicht einwilligt in diese Verbindung, was dann?" Günther drehte unablässig seinen Schnurrbart zwischen den Fingern der linken Hand, blickte zum Fenster hinaus nach Felben hinüber »nd schwieg lange. ES tbat ibm plötzlich web ,n der Brust bei dem Gedanken, Gertrud Felben ent sagen zu müssen, nnd leise, wie nur zu sich selbst sprechend, sagte er: „Ich wäre sehr unglücklich!" IustuS hörte eS nnd blickte forschend zu Günther hinüber, der so ander- geworden, seit er wußte, Laß seine stolzen Hoff nungen auf daS Erbe dcS Grasen Schönburg zertrümmert waren. So weich hatte ibn IustuS noch nicht gesehen, so ohne Hockmuth gegen ihn, den Arzt seine« Onkel«. Und Günther wunderte sich selbst» daß er so vertraulich mit Doctor IustuS sprach und ihm sein HcrzenSgeheimniß ganz enthüllte. „Er bat doch eine seltsame Macht über mich", dachte jetzt der junge Graf und blickte IustuS lange an, dann nickte er mit dem Kopfe. „Was denken Sie jetzt, Graf Günther?" fragte IustuS, dem eS nicht entging, wie forschend deS Grafen Blick an ihm hing. „Ich frage mich jetzt, wie schon oft, wann und wo ich Sie schon gesehen? Daß ick Sie früher schon gesehen, ist mir klar; aber eS muß lange her sein. Helsen Sie mir, Sie wissen eS vielleicht besser als ich, Doctor!" IustuS läckelte und drebte sich rasch auf dem Absatz um. „Möglich, daß wir unS früher schon gesehen. Menschen be gegnen sich oft im Leben", entgegnet« er. „Nein, mein lieber Doctor, eS war keine flüchtige, all tägliche Begegnung; ich babe Ihre Augen im Gedächlniß be halten, und eS ist mir wie eine dunkle Erinnerung, als hätte ich in einer wichtigen Stunde meine- Leben- ihre Stimme gehört." IustuS war ans Fenster getreten und schwieg wie nach denklich, als besinne auch er sich aus diese Begegnung mit Günther Schönburg. „Ich habe meinen Onkel ein einzige« Mal gesehen beim Begräbniß meine« Vater«. Waren Sie damals in der Be gleitung dcS Grafen?" „Ja, gewiß! Ich dachte, Sir erinnerten sich meiner nicht mebr." Günther sah noch immer fragend zu IustuS hinüber. „Und deck» ist eS mir, als wäre mein Oheim damals allein gewesen." „Sie haben mich vergessen, ich war bei dem Begräbniß Ihres Vater«." „So lange befreundet find Sie schon mit Graf Schön burg?" „Ja, seit ich denken kann, sind wir die besten Freunde und Vertrauten. Deshalb können Cie mir auch Ihr Herz au-sckütlen; ich will vermitteln zwischen Ihnen und Ihrem Oheim." „Sie sagten vor gar nicht langer Zeit, daß mein Oheim ein kranker Mann sei, ein Grri« trotz seine« jugendlichen Alter-, dessen Tage gezählt seien. Dbaten Sie eS im Auf träge meines Onkels, um mich zu prüfen?" Günther stand jetzt dickt vor Doctor IustuS; eS schien ibm plötzlich wie ein Schleier von den Augen zu fallen, er fühlte, daß sein Oheim ihn hatte beobachten lasten durch den Aizt. ZorneSrötbc stieg einen Augenblick in seinen Wangen auf, e» lag ihm schon auf den Lippen, zu sagen: „Sie sind der Spion meines Onkels," als IustuS ihn voll und groß anblicktc und dann mit eigenthümlichem Ausdruck sprach: „Ja, ich habe Sie geprüft, Günther Sckönburg, eS war der Wille Ihres OheimS, der stets an Ihr Wohl gedacht." „Wird er eS auch jetzt, wird er seine Einwilligung geben zu meiner Verbindung mit Gertrud Felben? Wenn Sie so vertraut mit ibm sind, dann müssen Sie auch dieses wissen. Haben Sie ibm noch nichts berichtet von meinen Plänen, die ick Ihnen nicht verbehlt? klebrigen-, Doctor, eS ist kein ehr liches Geschäft, zu spioniren?" Er konnte eS doch nickt zurückbalten, da« beleidigende Wort, und wandte sich jetzt von IustuS ab, der merkwürdig ruhig blieb bei der Beleidigung. Er lächelte nur sein ge wöbnlicheS, belustigte« Lächeln und sagte: „Sie baben recht, e« ist nicht ehrlich zu spioniren, aber zuweilen wird man doch dazu gezwungen. Schreiben Sic selbst an Gras Schönburg, was Sie wünschen. Vielleicht stimmt e>7 Ihnen zu, die Baroncß Felde« zu heirathcn, wenn Sie ihm schildern, wie sehr Ihr LcbenSglück von dieser Verbindung abhängt, und wohl auch daS von Gertrud Felben, deren Herz sie doch besitzen?" Günther biß sich auf die Lippen; die Worte des Arztes dünkten ihm wie Hohn. Liebte ibn denn da« stolze, lalle Mädchen, besaß Gertrud ein Herz, und gehörte e- ibm? fragte er sich. Sein alle« Sirgesbcwußlsein kam wieder über ihn; er wollte sie fragen so bald wie möglich. Doctor IustuS verabschiedete sich von dem Grafen; dieser blickte ibn voll Mißtrauen an, und der geheime Groll stieg von neuem auf gegen den Freund seine- ObcimS, der ibn auS- geforscht, wie man einen Knaben au-sorscht, voll List, Lug und Trug. E« trieb ihn, den Arzt zur Rede zu stellen, ilu, tödlich zu beleidigen, sich nicht wie ein Knabe von ibm aä-borchen zu lassen Sein Zorn stieg mächtig, je mehr er einsab, daß er sich Blößen gegeben, nicht schlau und vorsichtig genug ge bandelt unv gesprochen batte in Gegenwart deö Vertrauten seines OnkelS. Er sükltc sich sehr gedeinülbigt; er haßte die Abbängigkcit von seinem Onkel plötzlich, die ihm früher sehr lcickt gedünkt, als er »och ans daS reiche Erbe hoffte. Jetzt drückten ibn die Wobllhate», die er empfing, und doch konnte er sie nicht zurückweisen, er war nichts obne die Hilfe seines OnkelS. Wen» dieser ihm seine Rente entzog, dann war er ein Bettler. Ter Gedanke guältc ibn furchtbar, er kam sich vor wie einer, der Schiffbruch gelitten, der alles verloren hatte »nd nichts besaß als sein nackte« Leben. Und dock, wie wertbvoll dünkte ihm dies Leben jetzt wieder, nun neue Lebenskraft durch seine Adern strömte, ci» neues, wunder bare« Empfinden ihn beseelte i» der Liebe zu Gertrud Felde». klm ihretwillen, um dieses schönen Leben« willen, »»ißte er dcmülhig an seinen Obeim schreiben, Wvkltbaten erbitten und cmpsaiige» mit dem einzigen Reckt, daß er besaß durch den Besitz des gleichen hochtönenden NainenS und durch di« Bande dcS Blutes. Mit außerordentlicher Erregung erwartete Gras Günther die Antwort. Er mied daS Herrenhaus zu Felten, obgleich eS ihm eine Pein war, und eine grenzenlose Sehnsucht »ach Gertrud ihn marterte; er hätte ibr scmeErregung nickt ver bergen können, und was sollte er ibr sagen, da er selbst nickt wußte, wie sein Schicksal sich gestalten werte unter den ver änderten Bcrbältnisscn. Wenn er ibr sagte: „Ich babe keine Hoffnung mebr aus da- Erbe von Schönburg", würde sie dann seine Werbung um ikrc Hand aiiiicbmki, mit den unbestimmten Aussichten eines mittellosen OssicicrS, der ibr nichts bieten konnte als eine Existenz voller Einschränkungen, an die er und sie nicht gcwöbnt waren? Er schämte sich seiner Aimuth vor ibr; er, der bekannt war in der Residenz durch seinen verschwenderischen lleberniutb, mußte nun sagen: „Ick babe nicht« al- daS, was die Gnade meines OheimS unS giebt." (Fortsetzung folgt.)
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