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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930225026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893022502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893022502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-25
- Monat1893-02
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I «los I^il)/.iL0l' ^NL6l>Inlte8. Politische Lngcsschau. * Leipzig, 25. Februar. Ter Reichstag scheint allmälig zu dem Bewußtsein zu kommen, daß die Erledigung des Etats bis zum 1. April eine notbwcndige Sache ist, noll-wendiger als die Be- sncchung solcher Fragen, die ja ohnehin bei anderer Gelegenheit zur Sprache kommen werden. So sind i» den beiden vorletzten Sitzungen die Fragen der Feuer bestattung und der Zulassung der Frauen zum ärztlichen Lernst unerschöpst, t. b. nach einem Dutzend statt zwei bis drei Dutzend Reden von der Tagesordnung abgesetzt worden. Viel Zeit ist damit allerdings noch nicht gewonnen, denn der Etat des ReichSanils teS Innern ist erst gestern zur Erledigung gekommen. Und dabei stckt in Aussicht, daß das, was i» de» icylen Tagen an Zeit eingespart wurde, bei der Bcrathung des lilatS des Auswärtigen Amtes wieder doppelt und dreifach aujgewendet wird; denn da erwartet man größere Debatten über die answärtige Politik; soll doch der Reichskanzler diese Debatten selbst mit Darlegungen über die Handelsverträge eröffnen wollen. Und weiterhin stehen dann noch die Be- r.itbungcn über die Eolonialpvlitik und schließlich über den Aüitair- und Marine Etat in Aussicht. Wie der Reichstag da bis zu den Osterferien mit dem Etat fertig werden soll, ist nicht recht verständlich. 2m österreichischen Abaeordnelenhause erfolgte gestern wieder einer der czechischen Borstöße gegen di« Verfassung, gegen daS DeutschUmn« und gegen die Drcibundspolittk der Monarchie. Die Declamatioiicn der Jungczechen, der Russensrcnnde Grcar und Vaschaty, der Herold und Genossen sind nichts Ungewohntes im Wiener ReichS- ralbe, sie verdienen aber doch erhöhte Beachtung in einem Augenblicke, wo die Regierung versucht, aus allen Parteien eine Regierungsmehrheit zusammenzu- scbweißcn, wo cvnservative Cavaliere Angriffe gegen Ungarn unlcrnehmcn, wo weibliche Mitglieder der kaiserlichen Familie und zwei Minister an ultramonlanen Versammlungen Ibeilnedmen, in denen die weltliche Herrschaft deö Papstes gefordert wird. So und nicht anders waren die Reden auf der Versammlung der MichaeliS-Bruderschast gemeint, wenn mich der italienische Minister des Auswärtigen beschönigend den Mantel christlicher Liebe »nd Vergessenheit über diese Aeußerungen breiten wollte, indem er den Versicherungen Glauben zu schenken schien, daß nur die kirchliche Macht des PapsllkmmS gefeiert und gesordert wurde. Die Ezechen bleiben fick übrigens conscquent; ihr Haß gegen Deutschland, das ihre Eirkel stört, kennt keine Grenzen. Um so unbegreif licher war die Haltung des Abgeordneten vr. Plener, des Führers der deutschen Linken in der gestrigen Debatte, der wieder Milde und Versöhnung athmete. Die schwächliche Haltung der sogenannte» deutschen Opposition wirkt bereits abstoßend. Es wäre endlich Zeit, daß sich die Deutschen in tcslcrrcich wieder daran erinnerten, cs sei besser Hammer als Amboß zu sein. In Luxemburg wird die großherzoglickc Regierung in diesen Tagen eine Anfrage zu beantworten baden, die aller Voraussicht nach zu einer kleinen Culturkampfdebatte führen wird. ES bandelt sich um die Klosterfrage. Die fort währende Zunahme der katholischen Klöster und ihr wachsen der politischer Einfluß haben die Regierung in den 70rr Jabren zu Abwebrinaßregoln gezwungen. Es wurde ein Gesetz be- fchlossen, das die Mönche und Nonne» aus Luxemburg auS- wics und die klösterlichen Niederlassungen nur auf Grund eines besonderen Gesetzes gestattete Als aber daS conscr- vativ-klerikale Ministerium Blochausen anS Ruder kam, hielten eS die auSgewiesenen Orden für angemcfseu, zuerst heimlich und tau» ganz offen »ach Luxemburg zurück zukehren, und die religiösen Niederlassungen breiteten sich trotz des bestehenden Gesetzes immer weiter au«. Leider begingen die nachfolgenden liberalen Ministerien Tbilges und Eyschen den Fehler, beide Augen zuzu drücken und gegenüber den ungesetzlich bestehenden Klöstern Duldung zu beobachten. Jetzt, da die Kammerwahlcn bevor- steben, beginnt man sich in liberalen Kreisen mit der von den Klöstern drohenden klerikalen Gefahr zu beschäftigen, und mehrere liberale Abgeordnete werden de» Antrag stellen, die Regierung möge das Gesetz über die Aushebung der Klöster und die Ausweisung ihrer Insaffen mit gebührender Strenge handhaben. Die Strenge ist umsomehr «»gezeigt, als auch die katholische Geistlichkeit sich anschickt, eine tbalige Nolle im bevorstehenden Wablkampf zu spielen. Der Bischof KoppcS von Luxemburg veröffentlicht soeben einen Hirtenbrief, der die Gläubigen ausfordert, bei den Neuwahlen nur für die von de» Psarreru empfohlenen Candidalcn zu stimmen. Wenn daü Ministerium Ehschen diesem Treiben nicht entschieden entgegentritt, so ist Gefahr vorhanden, daß Luxemburg ein neues klerikales Ministerium Blochausen erlebt. In Frankreich hat die Wahl Jules Ferry'S zum Präsidenten des Senats, wie zu erwarten war, großes Auf seben erregt. Der .Figaro", der noch vor einigen Tagen die Wadl Ferry'S für ausgeschlossen hielt, will jetzt wissen, daß diese Wahl daS Werk einer Verschwörung und der erste Act eines neuen politischen Dramas sei. Ferry sei bestimmt, den Opportunismus zu retten und möglichst bald Carnot zu er setzen. Eine PräsidentschaftSkrise werde baldigst bevorfkeben. Die Berschworenen seien entschlossen, noch vor den Wahlen Kerry zum Präsidenten der Republik zu machen und Consta.iS daS Ministerium des Innern anzuvertrauen. Auch andere Blätter legen der Wahl eine weittragende Bedeutung bei. Man übertreibt Wohl im ersten Augenblicke die Folge» dieses Ereignisses ein wenig, aber cS hat un bedingt in de» Parteieiikamps für die bevorstehenden Wahlen eia neues wichtiges Element eingefuhrt, das zur Zersetzung der republikanischen Mehrheit beitragen wird. Die Mehr heit des Senats hat sich bei ihrer Wahl, abgesehen von anderen Erwägungen, jedenfalls auch durch diejenige leiten lasten, daß diese parlamentarische Körperschaft sich immer mehr von der Deputirtcnkamiuer in den Hintergrund ge drängt sieht. Dies hat sich uuler Anderem aus Anlaß des PanamascandalS gezeigt, bei dem die Deputirtenkammcr keinerlei Rücksichten Hege» die erste Kammer beobachtete. Ein Berlrauter IulcS Ferroö läßt sich denn auch über die Bedeutung von dessen Wakl zum Senatspräsidenten wie folgt vernehmen: „Die Wahl Jules Ferry'S wird der Politik, die der Senat zu befolgen ge denkt. einen neue» Impuls geben. Sie bedeutet die Wieder belebung deS Senats, der unter der Leitung Jules Ferry'S die Stellung wiedcreiiinehinen wird, die unter den parla mentarischen Körperschaften einzunehmen er einigermaßen vergessen hatte. Präsident des Senates, wird IuleS Kerry in den Tagen der Krisis berufen sein, den Präsidenten der Republik auüuklären, welcher letztere wiederum seine» Ansichten wird Rechnung tragen müssen." — Der französischen Kammer ist ein Plan zum Bau einer Eisenbahnlinie vorgelcat worden, die trotz ihrer Kürze für die Raschheit der Mobilisirung von großer Bedeutung ist. Es handelt sich um die Concessiou des Baues einer Linie von 8 lrm in der Nähe von TroyeS. Dieselbe hat den Zweck, die verschiedenen, bei diesem Knotcnpunct sich kreuzenden Eisenbahnlinien unabhängig von einander zu stelle», damit Militairzligo ohne Bahnbosmanöver durchfahren können. DemBalinhosTroyes kommt in dem ganzenNetz östlich von Paris für Zwecke der Truppenbosörterung die größte Wichtigkeit zu. ES treffen dort -1 groge Hauptlinicn nach der Grenze zu sammen: l) Paris-Belsort, 2) Orleans - MontargiS - SenS- ChülonS, 8) Bourgrs - Sauccrrc - Auxerre - Sorcy - Toul, t> EbAtillon-sur-Seine-Gray. Es bandelt sick- nun um eine Vorkehrung, von jeder dieser Linien unmittelbar aus die anderen übergeben zu können, obne den Verkehr auf denselben zu stören. Zu diesem Zweck soll mittelst Vervierfachung der Gleise auf der Strecke TroycS-Saint Julien unmittelbare Verbindung sämmllicber vbc» genannten Linien bergestellt werde». Der französische Gencralsiab dringt aus schleunigste Bauausführung. Papst Leo XM., der trotz des PanamascandalS unlängst seine Ermahnungen an die französischen Klerikalen, sich den re publikanischen Iustllutionen »i ihrem Lande anzuschließen, wiederholte, hat auch bei dem Empfange deS französischen Botschafters beim Vatikan, Lefevre de B^baine, der ihm die Glückwünsche des Präsidenten der Republik aussprach, seine Sympatbicn für diese Ausdruck gegeben. Nachdem der Bot schafter daS eigenhändige Schreiben des Herrn Carnot über mittelt batte, dankte der Papst, wie der „Figaro" hervorbebt, „mit einer ganz besonderen Sympathie". Er erklärte, daß seine Zuneigung sürFrankreich von langer Zeit her datire und niemals eine Unterbrechung erfahren habe, wie er denn auch dir „heißesten Wünsche für die Größe und daS Wohlgedeihen dieses schönen Landes liege, das mit dem h. Stuhle durch die Bande der engsten Freundschaft verbunden ist." Leo XIII. stieg darauf von seinen« Throne herab und begab sich zu einer Console, aus der die beiden kostbaren SSvreSvasen Aufstellung gesunde» batten, welche Carnot dem Papste als Geschenk übersandt batte. Leo Xllk nahm dann noch Ver- anlaffuna, darauf hinzuweisen, wir kehr er insbesondere durch dieses Geschenk erfreut worden sei. Dem an demselben Abende stattfindenden Empfange beim Botschafter wohnten, wie der „Figaro" hcrvvrhebt, neben zahlreichen Prälaten nicht weniger als zehn Cardinälc bei. Der deutsche General v voö hat sich einer solchen Bevorzugung nicht zu erfreuen gehabt. DaS Programm, mit dem das von dem bisherigen Generalprocurator Hintze Ribriro gebildete neue portugie sische Cabinet vor die Deputirtcnkammer getreten ist, ent hält, soweit die innere Politik in Betracht kommt, eine ganze Reihe vortrefflicher Versprechungen, an denen daS Land sich zunächst erfreuen mag, deren volle Verwirklichung Herr Hintze Ribeiro selbst jedoch, wenn er die Hand aufs Herz legt, sur recht zweifelhaft erachten dürste. Er ist ja kein Neuling im Ralbc der Krone und hat Lader früher schon als Minister die Erfahrung machen können, wie schwer cS für eine Regie rung ist, ihren Zusagen allezeit gerecht zu werden. Hängt die Erfüllung koch nicht allein von ihr ab, sondern vor Alleni von der größeren oder geringeren Geneigtheit deS Parla ment«, aus ihre Wünsche und Vorschläge cinzugehen. Die Parteiverhältnisse in der portugiesischen Kammer sind aber keineswegs derart, daß sie den nunmehrigen Leikern der StaatSgeschäste sonderliches Vertrauen r»,flößen könnten. Für das Ausland ist in dem Programm de« neuen Mini steriums namentlick der von den Finanzen und der Ver zinsung der auswärtigen Schuld bandelnde Passus von Interesse. Herr Hintze Ribeiro übernimmt in dieser Hinsicht die Hinterlassenschaft des Cabiiicts DiaS Ferreira nur >cu)> benollc'ia. Mit den ungerechten, durch die CorteS allerdings formell legalisirten Decrelcn, welche die Schuld zinsen eigenmächtig um volle zwei Drittel kürzten, will er sich nicht belasten; das betreffende Gesetz soll aufgehoben und den sremden Gläubigern so viel gezahlt werden, wie die Lage deö Staatsschatzes irgend gestattet. Hoffent lich kommt dabei mehr als das eine, von der früheren Regierung übrig gelassene Drittel heraus. Die Ein führung neuer Steuern will das Ministerium allerdings, wenn irgend möglich, vermeiden, sollte sie sich aber als unum gänglich erweisen, so wird sich die Regierung nur an solche Objecte balle», deren Besteuerung die arbeitenden Classen nicht trifft. DaS ist eine indircctc Ankündigung von LuxuS steuern, die ersabrnngögcmäß nur mäßige Erträge abwcrfen, zumal in einem Lande, in den, die Zahl der Reichen und Wohlhabenden relativ so gering und die Masse der Bevölkc rung noch so bekürsnißlos ist wie in Portugal. Hier liegt offenbar einer der schwächsten Puncle des »linisteriellcn Pro gramms. In Rußland wird die Wabl des „deutschfreundlichen" Jules Ferry zum Präsidenten des französische» Senats ohne Zweifel sehr peinlich empfunden werten. Schrieb doch die „Nowojr Wremja", als die Candidatur Ferry'S in Aussicht genommen wurde: „Man muß hossen, daß die nicht opportunistischen Republikaner gemeinsam verhindern werden, daß Ferry den Präjidentcn- siuht im Senat erlangt. Sie müssen wißen, wie groß die Un- povularität diese« gierige» Strebers ist, der noch jetzt den Männern nicht verziehen hat, welche ihn »ach der unglücklichen Tonkin-Affaire stürzten. Alle Franzosen, welche ihr Vaterland auf richtig lieben, erinnern sich der Politik, die Ferry als lldes des Ministeriums verfolgte: wie er versuchte, sich Deutschland zu nähern, wie unpatriotisch er sich i» das d> imtückische Spiel des Fürsten Bismarck einließ, wie sei» Bild im ltzolhaer Aliiianach er schien, und vieler anderer Dinge, welche beweisen, daß er die dritte Republik aus den Weg einer sranko-gernia» ischen Verstän digung teile» wollte, Ein solcher Mensch darf keine Stellung an der Spitz« der Verwaltung des heutigen Frankreich haben." Nun hat dieser Mensch doch eine solche Stellung! Deutsches Reich. * Plauen. 24 Februar. Eine Bcrsamnilung des kon servativen Vereins stellte sich ganz aus den Boden der Militair-Vorlage, wie sie von der Regierung eingebracht ist, sprach den Wunsch aus, daß sic unverändert angenonimcn werde, und beauftragte den Vorstand, dies dem Herrn ReichS- tag«abgeorvneten de« Wahlkreises schriftlich mitzutbeilen. ff Perlt», 2t. Februar. In der gestern vom BundcS- rath angenommenen Novelle zum UntorstützungS- wohnsitzgesetz bandelt cS sich in der Hauptsache »m die Erfüllung einer Forderung der Bewohner des platten Landes und namentlich deS Ostens, die wohl überall bcrcilS An erkeunung gesunden hal. Die großen Städte und Industrie centren ziehen die Bevölkerung vom platten Lande an sick. Jahr für Jahr nimmt, wie noch die Volkszählung vom Decrmbcr 1890 zur Evidenz ergeben bat, infolge dessen der Umsang der erfroren zu. Die Arbeitskräsic in ihnen ver mehre» sich, wahrend ans dem platte» Lande über Mangel daran geklagt werden muß »nt namentlich zu de» Bestellung« und Eriitczcitcn bereits vielfach deshalb reckt unliebsame Zustände pladgcgriffen baden. Läßt sich gegen diesen Zug nach den Stätten »nd tcmacniäß gegen die "Ver Minderung der Arbeitskräfte aus dem Lande aus dem Wege der Gesetzgebung nickt« auSrichten, so ist c« doch wenigstens möglich, einem anderen aus diesem Zuge für das platte Land bervoraeruseiien Mißstantc ein Ende z» macken oder ibn in seinen Folgen zn mildern. Nach dem bisherige» UntersrützungS- wvbusitzgesetz erwirbt der in die Stadt gezogene Landbewohner erst wenn er nach znrückgelcgtem 2 t Lebensjahre 2 Jahre daselbst zugebrachl hat, den Uilterstützuiigsivobusitz in der Stadt Unter allen Umständen muß also die ländliche Genioinko ihren in die Stadl gezogenen Angehörige», falls er vor Bollcndnng des 2 t Lebens jahres hilfsbedürftig wird, »ntcrslützen. Sie muß eS sogar in dem Falle, daß der betreffende Angehörige erst kurz vor Vollendung des 24. Lebensjahres die ländliche Geineindc verlassen hat, um nach der Stadt zu ziehen, bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres desselben lhun. DaS ist eine Bestimmung, die so lange nicht druckend Fenillotoi,. Ums Geld. 3j Novelle von A. Hcyl. NachdniS vertokm. (Fortsetzung.) Als der Doctor aus der breiten steinernen Haustreppe anlangle, bemerkte er den alten Hausknecht, der brumnicnd die letzten Staffeln Hinabstieg. Der alte Martin stand seit dreißig Jahren in Diensten der Firma Eduard Falk i 'd Comp, und gehörte sozusagen zum Inventar deS HanseS, «r halte den Doktor als Kind aus den Armen ge tragen, und daS zutrauliche Berbällniß zwischen Leu Beiden bc'iaud ungestört bis aus den heutigen Tag. „WaS brummst Du denn da in den Bart, Martin", ries der Toller dem Alten nach. „lieber was hast Du Tick geärgert?" „lieber die polnische Wirlbschast da droben, Herr Dollar", erwiderte der Befragte stehen bleibend und seinen junge» Herrn erwartend. „Was ist'S damit?" „WaS wird cS sein? Weiler gar nicklS, al« daß ich wieder einmal kein Nachtessen bekommen babr. Ter Herr Falk gebt i» de» Club, die Frau in Gesellschaft, die Magdc in Tyrolerconcert und an den allen Martin dcukt Niemand. Ta waren andere Zeiten, als Ihr Herr Vater noch lebte, unk ibre Frau Mutter Herrin war " „Weißt Tu de» Weg in unsere Küche nicht mehr zu sinke», Marlin, oder bist Tu zu stolz, dort ciuzukehren?" „Allerdings, He>r Doktor; warum soll ich bei der Frau Mutter uni das bitten, waS mir der Herr Eduard von Rechtswegen schuldig ist" „Reckt so! Morgen spreche ich mit Eduard, damit er Tir künftig Kostgeld giedt. Hier hast Du Geld, ack' ins WirlbSbaus, iß tüchtig zu Abend und dann kannst Tu mir nock eine» Gang ins Antouiviertrl machen. Willst Du?" „Von Herzen aern, Herr Doctor!" Es bedurfte nur weniger Worte um den localkundigen Mann über Personen und Wohnungen zu instruiren. Er wußte genau, wohin er die Arznei zn bringen hatte, er kannte Frau Liese Bail, auch ihr trauriges Schicksal, und versprach, bei der Aermsten, ehe eine Stunde verging, am Laden zu klopfen uud ihr das 20-Markstück in die Hand zu drücke», das ihm der Doctor für die Arme gegeben. II. Die Villa Dornbach, im modernen Styl« erbaut, von reizenden Garlciiaiilagcn umgeben und im Innern aus da« Luxuriöseste ausgcstattct, lag in der Bahnbofstraße, dem neuesten und lebhaftesten Thcilc der Stadt. Auf den obersten Stufe» der breiten, nach der Wobnung des Hausbesitzers fübrcnden Treppe stand an dem Abende, an welchem unsere Geschichte beginnt, ein Herr im eleganten HauSauzugc bei einem hübsche» jungen Mädchen, das der seincren Dicust- botenclasse anzugehörcn schien. Der Herr, ein angehender Fünfziger, von mittlerer Größe, mit Neigung zum Embon- point, war siir seine Jahre noch ein hübscher Mann, aber sein kluges einnehmendes Gesicht wurde durch den srauc»- haften Zug um Augen und Mundwinkel beeinträchtigt. Der gefärbte Schnurr- und Backenbart verdeckte manche Falte, die angehende Glatze wurde durch lange vorgekämmte Haare de- HinterkopfeS uothdürftig verborgen »nd die geröthetc Gesichtsfarbe, welche andeutcle, daß der ältliche Herr die Freuden der Tafel und die Gaben des Bacchus nicht ver achtete, ließ ihn junger erscheinen, als er war. Er sühne gerade mit Elsa ein zärtliches Gespräch und überhörte bei dem Kichern deS hübschen Mädchens, wie sich die HauSthüre, die er geschloffen wähnte, leise in ihren Angeln drehte, um einem verspäteten Gaste Einlaß zu gewähren. Dieser, der da« Gespräch mit auhörte und nicht davon erbaut war, suchte demselben ein rasches Ende zu machen, indem er seine Gegenwart dadurch anzeigte, daß er die HauSthüre nochmals öffnete und geräuschvoll ziifallen ließ, wa« denn auch den erwarteten Erfolg hatte. Elsa kuschte eilig die Treppe hinunter und gab beim Hinausgehen auf dir ihr nachgerusrnen Worte: „Richten Sie der Frau Hos- läthin meine Enipseblung auS, sie möchte die Pulver pünkt lich einnehnirn, ich werde morgen meinen ärztlichen Besuch machen", die kurze Antwort: „Schon recht, Herr Medicinal- cath", und verschwand alsbald vom Schauplatz ihrer Er oberung. „Guten Abend, Dornbach", rief Doctor Falk seinem Schwager entgegen. „Du bist eS, Hermann! DaS ist schön von Dir, ich werde Dich im Triumphe in den Salon führen, wo strahlende Augen Deiner warten. Frau Lili scheint sich nach Deinem Anblick zu seknen." „Meine Schwägerin Lili?" fragte der Doctor in zweifel haftem Tone. Sic waren unterdessen in die Garderobe ge treten, Hcrinann entledigte sich seines lleberzicbers und trat dann vor den Spiegel, um sich zu überzeugen, ob seine äußere Erscheinung auch salonfähig sei, während ihn Dornbach mit schlauen, Lächeln betrachtete. „Stelle Tick nickt heiliger als Tn bist, Hermann, D» allein solltest nickt bemerkt haben, wa- allen Anderen längst klar geworden?" „Was denn — ?" fragte der Doctor mit ungebcucheltem Staunen. „Daß Lili sterblich in Dich verliebt ist", platzte der Me- dicinalrath t-erauS. „DaS will ich mir verbitten", versetzte Hermann, während ihm die Zorneörölhc ins Gesicht stieg. „Auf dergleichen Unsinn gehe ick nickt ein, Dornbach, und wenn Lili auS Langeweile an Liebeskrankheit leidet, dann bleibt mir nichts übrig, als sie gründlich zu curiren." „Borauszefetzt, daß Du nicht selbst von der Krankheit angesteckt wirst", meinte Dornbach, den der Ingrimm seines Schwager- höchlich belustiglc. „Lasten wir daS", lenkte Hermann rin. „Deine beiden Studenten sind gestern angekommen, wie ich horte, sind sie zu Hause?" „Sir sind noch zu Hause, werden aber später auf die Kneipe gehen, die sie sich im Stern eingerichtet haben. Da« sind Dir ein paar famose Kerle, Doctor, lauter Lust »nd Leben Der Jurist will Alle« beweisen, der Chemiker will Alle- krystallisiren." „Dir scheinen sich im ersten Semester schon große Kennt nisse erworben zu haben, Du kannst demnach stolz sein auf Deine Söhne", scherzte der Doctor. Ter Medicinalrath kratzte sich hinter den Obren. „Mein Geldbeutel muß den Stolz tkeuer bezahlen. Daß sie mit der Zeit etwas Tüchtiges lernen, das erwarte ich, denn eS sind ein paar geweckte Kopfe, doch vorerst haben sie das Studentenleben mebr von der lustigen Seite, als vo» der ernsten ausgefaßt, den» ihr erstes Geschäft war, sich in ein flottes CorpS ausnehmen z» lasten, sich einen großen Hund anzuschaffen, in Samniclrockon, Stulpsticseln »nd Ccrcvis in den Straßen herum zu flaniren unk den Mädchen die Köpfe zu verdrehen." „Was willst Du, Dörnbach — sie sind die Sökne ibre« VatcrS —" fiel der Doctor ein, während er seinem Schwager nach den Gesellschaftsräuinen folgte, in denen beute auö- nahniSweisc nur ein kleiner Kreis versammelt war. Man batte sich bereits vom Tbcelisch zurückgezogen und gruppirto sich um de» Kamin, i» dem das Feuer lustig brannte. In« angrenzenden Boudoir war ei» Spieltisch arrangirt. Ein Diener in Livröe schritt geräuschlos ab »nb zu, räumte das Tkccservicc ab und stellte dafür in geschlissenen Krbstall flasche» Wein und silberne Aussätze init Cciisilurcn aus den Tisch. In diesen lichtstrahlenben Räumen begegnete man jenem gediegene» Luxus, der, mit seinem Geschmack gepaart, nicht nur von dem Reichthnm. sondern auch von dem guten Herlommen der Besitzer Zeugniß gab. Da war kein prahlerisches Hervortrcten »ul unnützem Prunke, wie öS in den Wohnungen der Parvenüs bänstg unangcnckm ausjällt. Alles war von eleganter Etusachbcit, dabei echt und comsortable. Hermann'« Eintritt brachte die Ge sellschaft in Bewegung, die Begrüßung der Studenten war stürmisch, die der übrigen Auwcsciiden herzlich. Der Doctor rollte sich einen Fauieuil in den Kreis und uahm neben seiner Schwester Platz, die drn Vorzug, den er ihr heute vor Anderen gewährte, mit Staunen bemerkte. „Du bist gewiß doch erfreut. Deine Söbnc wieder hier rn haben, Friederike?" Mit dieser Frage suchte er di« emsig Strickende in ein Gespräch zu ziehen. Die Befragte blickte eine Secunte mit sauersüßer Miene von ibrem Slnckioug auf und erwiderte mit näselnder
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