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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930228020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893022802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893022802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-28
- Monat1893-02
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VezugS-PretS A brr Haoptqpeditioa oder de» i« Stadt« bejtrt mid de» Bororte» errichtete» A»s-> ^abrstrllea adgehott: vterteljLHÄichILO. bei t»»«tiualiaer täglicher Zustellung in« Hau« LLO. Durch die Post bezöge» sür Deutschland uud Oesterreich: vierteliädrlich >ll 8.—. Directe täglich« vrruzbandjeuduug tich Ausland: monatlich ^4 L—. Di« Morgrn-Lusgabe erscheint täglichV,7 Uhr, die Ldeod-La-gab« Wocheutag« 5 Uhr. Abeud.Ausgabe. Di» gl Lrdarlion «ad Lrveditioa : A»tz»»»»«gaff« 8. Lrpeditio» ist Wochentag« «nuaterbroch«» ^«Offuet von MH 8 bi« Abend« 1 Uhr. UiMM.TllgMlllt Filiale«: Dtt« >se««'« v»rtt«. (Alfred Hahn). Universitätsslraße 1, Loui« Lösche, Aathartueustr. 14, pari, und König-Platz 7. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^108. Dienstag den 28. Februar 1893. Amtliche Bekanntmachungen. Dir nächste Anmeldung der Ziehkinder findet wegen de« ans Freitag, den 3. März a, fallenden Bußtages DaunerStag. de» L. Mär, ». «.» MachmittagS »an ' ,4—S Uhr statt. Leipzig, den 25. Februar 1893. Da« Armenamt. L. IVK. Nr. 435. Hentsckel. Hsr. Politische Tagesschau. * Leipzig. 28. Februar. Der Reichstag bat gestern wieder einen Borgang er lebt, der aus die tieferen Gründe der fortdauernden Äcschluß- unsähigkeit ein Helles Lickt fallen läßt. In nickt weniger als rinstündiger Rede entwickelte der demokratische Abg. von Münch in bekannter Selbstgefälligkeit die ganze Ge schichte seines aller Welt vollständig gleichgiltigen ProcesieS, und eia württembergiscker BundcSratbSbevoUmächtigtcr er widerte darauf in kaum minder auSsichrlicher Darstellung. Wenn Taktlosigkeiten wie die des Herrn Münch eine gute halbe Reichstagssitzung in Anspruch nehmen, so ist e« freilich kein Wunder, wenn außer dcni Redner und dem Bureau schließlich Alles davonläuft. Andererseits ist eS bei solcher Zeitverschwendung nur zu natürlich, wenn die Arbeiten deS Reichstags nicht vorrücken, und wenn beim Beginn der beißen Jahreszeit noch eine Menge von unerledigten Ausgaben vorlirgen, die dann über das Knie gebrochen werden müssen. Bei den Wählern haben die NeichStagSberichte, wenn nicht ganz besonders wichtige Fragen behandelt werden und ganz besonder« interessante Redner auftreten, schon seit Jahren da« alte Interesse eingebüßt und mit diesem Interesse muß auch daS an dem Reichstage selbst verschwinden, wenn dieser nicht Wandel zu schaffen vermag. Bringen eS die Einzelnen RcnhSboten nicht fertig, sich auf da« z» beschränken, was nötbig oder bedeutend ist, so sollte doch wenigstens das Präsidium von seinem Rechte, die Redner zur Sache zu rufen und einen allzubreiten Redestrom einzudämmen, öfteren und energischeren Gebrauch machen. DaS glcichzeitigt Tagen mehrerer parlamentarischen Körperschaften und ihrer zahl reichen Commissionen hat obnebin eine Abstumpfung der Wähler gegen die parlamentarischen Berichte und gegen die parlamentarische Arbeit selbst im Gefolge: um so mebr sollten die Präsidenten und Vorsitzenden der Parlamente und ihrer Commissionen bemüht sein, das Ucberflüssige und Gleichgillige von den Debatten auszuschließen. Die schönen Tage der internationalen Arbeiter seier des 1. Mai scheinen endgiltig vorüber. Im Laufe der letzten Worben sind in Deutschland, Frankreich, England, Italien, Oesterreich Ungarn rc. seitens der führenden social- revolutionairen Persönlichkeiten unter der Hand Sondirungen deS in denMassen vorherrschenden Geistes bewerkstelligt worden, von deren Ausfall es abhängen sollte, ob man am I. Mai, welcher diesmal auf einen Montag fällt, demonstrative Arbeits einstellung anordncn würde. Die Ergebnisse dieser PulSfüblung müssen, vom Standpuncte des RevolutionSauSschusses, wohl sehr unerfreulicher Natur gewesen sein, denn eS ist von der Centralinstanz überall hin Abwiegelungüordre ergangen. Drei Mal ist daS „Maifest der Arbeit" nun schon wiedergekehrt und ist jedesmal mit größerem FiaScs verbunden gewesen. DaS von den deutschen Arbeitgebern gegebene Beispiel, un- nachsichtlich jedem ihrer Leute zu kündigen, der am l. Mai ebne Grund von der Arbeit wegblieb, hat nicht nur in Deutschland mit einem Schlage die berufsmäßigen Hetzer aufs Trockne gesetzt, sondern auch jenseits der Reicksgrenzen ermannend gewirkt. Ter internationale Arbeilerfesttag war eine Spcculation auf den Klcin- muth der Arbeitgeber, auf die Langmuth der Staats gewalt. Mit dem Moment, wo diese Speculation sich als verfehlt erwie«, war auch die Maifeier ins Wasser gefallen Die Führer und die GenaSsührten habe» angesichts der Energie, womit ihrem Treiben entgegengelreten wurde, ein Haar in der Sache gefunden. Letztere haben nicht Lust, aus Commando gleichsam srohndienstlick zu „maisciern". und Erster: nicht, sich im Angesicht der ganzen Welt zu blamiren. Und so ist man denn stillschweigend übereingekommcn, den l. Mai als internationalen Ärbeitcrseicrtag zwar nickt ofsiciell zu verleugnen, aber auch nicht ferner zu poussiren. So dürste denn der Kreis der Festtbeilnrhmer des kommenden l. Mai im Wesentlickzen aus die gewohnheitsmäßigen BlaumontagS- macher beschränkt bleiben. Die belgische Presse hatte sich nicht wenig daraus zu Gute gethan, daß sie weniger käuflich sei, als die Pariser Presse, und daß sie sich von dem ganzen Panamaschwindel fern gehalten habe. Ta die Zahl der belgischen Panama- oxfer eine sehr große ist, so tauchten von Anfang an gewisse Zweifel darüber aus, ob nicht belgische Blätter bei de» Emissionen von Panamalcosen empfohlen bältc», sich zu de lbeiligen. Kürzlich gab die Pariser Zeitung „DaS freie Wort" ein Berzcichniß von Personen, welche Panama gelder erhalten. Darunter befand sich Herr Bcrardi mit 8000 Francs und man fragte sich in Brüssel, ob der Empfänger der Pariser Director der „Jndöp. beige" sei. Man crbielt keine Antwort. Jetzt tritt die Pa riser Zeitung „Die Revolution" mit der Enthüllung hervor, daß die „JndSp. beige" 33 800 Francs und der „Moniteur deS „JntSrßtS MatsrielS" 20 000 Franc« aus den Panama- sond« sür Anpreisungen erbalten haben. Der „Brüsseler Kurier" fordert die beide» Brüsseler Blätter zu kategorischen Erklärungen über diese Angabe der Pariser Zeitung auf und man ist auf deren Antwort gespannt. Die Zahl der belgischen Opfer in dem Panamakrache ist eine so ansebnliche, daß man rin belgisches VertheidigungöcomitS bilden will. Die Wirkung der Wahl Jules Ferry'S zum Prä sidenten deS französischen Senat- aus die politisck-c Welt in Frankreick ist nachhaltig, doch war die Erörterung der Presse über den wichtige» Vorgang wieder ins Stocken gerathen. Die Radicalen und Brulangisten hatten ihre giftigsten Pfeile gegen Fern, verschossen und warteten leine Eröffnungsrede in der Hoffnung ab, er werde ihnen durch dieselbe neuen AnariffSstoff bieten Herr Goblet suchte ihn dazu durck eine Rede zu reizen, in der er u. A. sagte, daß Ferry's Wahl unzweifelhaft den Triumph der Politik des Widerstandes gegen die Forderungen der fort- sckrittlickcn Republikaner bedeute. Es sei !ndeß Ferry's nicht ganz würdig, daß er sich mit solche» Absichten zum Scnatovorsitzendcn habe wählen lassen. Sein Platz sei nicht dort, sondern an der Spitze des Ministeriums. Er müsse nach seinen Grundsätzen offen zu regieren, nicht aber geheimen Einfluß zu üben suchen. Fcrry hat aber die Hoff nung seiner Gegner durch seine Eröffnungsrede, über die der Telegraph bereits berichtet bat, gründlich enttäuscht. Er hat sich so knapp und so allgemein geäußert und sich so streng in den Grenzen eines Senats-Präsidenten gehalten, daß eS seinen Gegnern schwer wird, ihn zu tadeln. Ucber die Wirkung seiner Rede meldet kenn auch beute der Telegraph: Paris, 28. Februar. Tie gemäßigten republikanischen Journale billigen die Antrittsrede Ferry's, deren Inhalt zeige, Laß Fcrry mit versöhnlichen und friedlichen Gesinnungen zuriickgckchrt sei. Ter „Radicat" und der „Figaro" finden bie Rede cbeiisalls klug. Tie radicalen Journale werten Ferry vor, daß er seine Politik nicht klar erkennen lasse, indem er die vereinigicn Monarchisten schone und Führer einer Politik des Widerstandes bleibe. Tie cvnservaiiven Blätter bezeichnen die Rede nicht als hervorragend, der Triumph Ferry'S sei ein bescheidener, denn er fürchte die össcntlichc Meinung Einem dem „Hamb. Corr." aus Madrid zugegangcnen Briese zufolge nehme» in Spanien gegenwärtig die wirtb sckastlichcn Fragen fast ausschließlich das Interesse der poli tischen Kreise in Anspruch. Mit ihnen vor Allem wird sich erster Linie wird die Regierung ft ,His das Heeres-, Maßnahmen in Vorschlag bringe , Dieses letztere andererseits das E-.Uusdudge, ^ Francs m nimmt gegenwärtig allem dedenkt, Anspruch, eine bedeutende Summ , ^ Franc« auS- daß das Gesamiiildudczet etwa < Euric ein Ecmcortal mackt. Da zw.lcken ^ 'dein, Vat.can mit der „cbmentcn prolect,on,st,sch->. ^lrvmu''ü ^ ^.'^.„ten Kündigung aller Verträge, auch jenes über literarisches E.ge, lhui») zur Folge habe» würde. DaS serbische Exkönigpaar sorgt basür. daß c« '« der Lefientlichkeit nickt vergessen wird. bat an s Michael aus Grund eincö schriftlichen Einschreiten^ ->>la -m L KL. Act überreichen lassen, m dem die durch de» ftubercn ^"iro politen TbeokosiuS ausgesprochene Ehejchc,du,igalsu,i-ie,ctzl und die Ede zwischen Milan und Natalie ">s zu Reckt siebend erklärt wirk. Königin Natal,e will sick, n, gestern telegraphisch berichtet wurde, auf -'"'ö- -ur Fürstin Murussi »ach Rumänien, dann nack ^alla !n der Krim begebe... während Milan d.e Absicht aus gesprochen hat. einige Tage vor den am 9. Mar; begmncncen Skupschtinawahleii nach Serbien zu komnien. Nun besitz der Exkönig gar keine HoimalhSreckie mebr >n Serbien er hat sich gegen Gcltabsiiidungcn ausdrücklich verpflichtet, das Land vor der Großjährigkeit deS Königs nicht mehr zu be treten. Sei» Erscheinen aus serbischem Boden konnte daher leicht bedenkliche Folgen uach sick ziehen. Es wird der „Voss- Zig." zu dieser Nachricht auS Belgrad gemeldet: Dir Nachricht von dem nächste Woche beabsichtigten Eintressen des'Erkdnig« in Belgrad wird nicht ernst genommen, wiewohl authentische Nachrichten vorliegcn, daß Milan sür den Fall größerer, durch die radicale Presse vorliergeiagier Unruhen de, den «kuplchlina- wähle» sich in Bereitschaft hä». Man glaubt, daß sein hie,>ges Erscheinen nur schärfere Verwickelungen Hervorrufen wurde, diesem Linne ist er auch maßgebende» Orts unter der Hand inloruiirt worben. Deutsches Reich. * Irroven, 27. Februar- Wie nach der „Köb Ztg." als wahrscheinlich angesehen wird, soll, die Eröffnung der Sanilätsconserenz am lt. März zu erwarten sein. * Mcihc», 27. Februar. Der Verein reichstreuer Männer sür Meißen und Umgebung batte in seiner am 25. d. M. abgebaltenen Haupt-Versammlung folgenden Beschluß gefaßt: Der Verein reichstreuer Männer für Meißen und Umgebung bat nach Besprechung der Mililairvorlage, durchdrungen von der Nothwendigkcil, die Wehrkrasl des Reichs zu starten, in seiner JabreS-Hauptversammlung vom 25. Februar >893 einmütbig beschlossen, auszusprecken, daß er eS sür un abweisbare Pflicht deS gegenwärtige» Reichstags halt, eine Einigung mit der ReichSrcgicrung über die Militair- vorlage zu finden. Einem weiteren Beschlüsse zufolge ist diese Erklärung am 20. d. M. dem Reichskanzler und dem ReichSlagSabgeordneten sür den Meißner Wahlkreis— Erstcrem telegraphisch, Letzterem zugleich mit der dringenden Bitte, für die Mililairvorlage lbatkräftig einzutreten — niit- getlieilt worden. Ter Verein reichötreuer Männer läßt während der laufenden Woche UnterschristSbogen auslegen, welchen die obige Erklärung vorgedruckt ist, und richtet an Anzeigeir-Preis Die 6gespaltene Potttzeile 20 Pfg. Reel»,neu unter dem Rcdactionssirich t4gs« svalteisi 50-i-. vor de» Familiennachrichtcst cOgelpallea- 40 Größere Schriften laut unserem Preis« verzelchnitz. Tabellarischer und Zisserujatz »ach höherem Tarif. Eykra-Beilagen sges.ilz», nur mit de» Morgen - Ausgabe , ohne PoslbcsörderunA » 60—, mit Posibesorderuag ^tz 70.—. AnnassmMIuß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags srüd V,9 Uhr. Bei den Filialen und Annadmesiellea je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expetztttsn zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 87. Zal'MNg. alle vaterländisch gesiuitten Bewohner der Stadt Meißen und ihrer Umgebung die dringende Bille, diesen zur Einsendung a» den Reichstag bestimmten Sainmeldogen ihre Unterschrift bci'usügcn. — Aus das Telegramm an den Reichskanzler ging folgende Drahtantwort ein: „Dem Verein danke ich bestens sür daS Telegramm vom heutige» Tage, dessen Inhalt mich sehr erfreut hat. Gras von Caprivi." Q Berlin, 27. Februar. Ein Nachtrag zum amt lichen Reichstags-Handbuch, enthaltend die Verände rungen seit dem Zusammentritt deS Reichstag? am 0. Mai 1800 bis zum 0. Februar >893, ist soeben vom ReickstagS- dureau bcrausgegeben worden. Danach beträgt die Stärke tcr Fraktionen gegenwärtig: Dculschcoiiservative 00, RcickS- partei >8, Ccnlrum >07, Polen lO.Nalionalliberale 42, Deutsch sreisinnige 00, Volkspartei >0, Socialdemokratcn 30, bei keiner Fraciio» 31 Mitglieder. Inzwischen ist aber »och durch Man- datsnicderlegung deSAbg. Möller ein »atioiiallibcralcS Mitglied anSgeschietcil und ein Wahlkreis erledig!, ebenso durch den Tod dcs Abg. Bökilcr ein klerikales Mandat. Ferner ist ein polnisches Mandal ssür 5. Danzig, biiizuzureckucii Erledigt sind augenblicklich 0 Mandate: >7. Württemberg, 2. Lbcr- psalz, 0 Liegnitz, 2. Arnsberg, 0. Arnsberg, ->. Köln. Die Conservativen haben in dieser Zeit lO Mandate verloren, 5 gewonnen, die Rcichspartoi 2 verloren, das Eeulrum l7 ver loren, >0 gewonnen, die Polen 2 verloren, 3 gewonnen, die Nalivnallioeralcn 5 verloren, 5 gewönne», die Deutsch freisinnigen t verloren, 0 gewonnen, die Vvlkspartci 1 ver loren, l gewonnen, die Tociaitcmokratcn l gewonnen. L. U. Berlin, 27. Februar Keine Steuer trägt mit Recht der Berliner so ungern, wie die MietbSsteuer (0»/, Proeenl vonWobnungen über lOOO.F) ; trotzdem sindallcVersuche, die MietbSsteuer gänzlich zu beseitigen, gescheitert, nur für die Wohnungen der weniger Bemiltelien sind Erleichterungen ein- gelretcn. In den, diesjährigen Eial ist die MietbSsteuer auf 12 800 000 gegen 12 500 000im vorjährigen Etat an genommen. Das Gespenst der WohnunaSnotb, welches die Berliner in der Miste der siebziger Jabre so sebr erschreckte, ist sür Jadre verbannt, denn die Zabl der leerstehenden Gelasse bat sich fortwährend vermehrt; fie ist von 7580 am 1. October >88S aus 80l7 am l. October >887, auf 9450 am t. Oc- todcr >888, aus >>218 im Jakre 1889, auf >5041 im Jabre >890, auf 21 >90 im Jahre >891 gewachsen und beträgt jetzt 28 038. Durch diese Tbatsachc haben sick auch die Hauswirtbe veranlaßt gesehen, die bis i»S Unerträgliche gesteigerte» Mielben stellenweise wieder etwas berabzuseyen; es fanden am >. October >892 5981 MiethSermcißigunge» statt, denen NI» 4094 Mictbserböbungcii gegenüber sieben. Die Zahl der Umzüge ist demgemäß auch eine fortwährend wachsende gewesen. So fanden am l. October 1892 99 >57 Umzüge statt; nimmt man an, daß bei jedem derselben 5 Personen beschäftigt waren, so veränderten rund 500 000 Menschen am l. October ihr Domicil; am I. April, wo der Umzug nickt so stark ist, dürste» 300 000 Menschen ihre alte Wobuung verlassen haben, so daß also die „halbe Stadt" im Jabre umzog. Seßhaftigkeit kann also der Berliner Be völkerung nickt nackgerühntt werden. — Der Kaiser und die Kaiserin unternahmen beute Morgen wieder eine gemeinsame Tbiergartensahrt. Demnächst arbeitete der Monarch mit dem Cbes deS EivilcabinctS, con serirte mit dem Enenbabnminister und nakm die fälligen Marincvorträge entgegen. — Der Kaiser schickte dem Papst, wie nachträglich jetzt bekannt wird, zum Jubiläum einen kostbare» Bischosörnig mit einem großen, unvergleichlich schönen Brillanten. — TaS Geburtstagsgeschenk des Kaisers sür de» Reichs kanzler ist, wie schon kurz erwähnt, ein kostbarer Ehrensabel. Tie Klinge trügt in Goldduchslaben die Widmung des Gebers: die kaiserliche Krone und die Grascnkronk sind als Embleme am Griffe angebracht. Unter einem Rcliesniedaillon, das die wohl« getroffene» Züge dcs Kaisers iviedergiedt, desiiide» sich die Zeilen: „Alle Zeit treu bereit für des Reiches Herrlichkeit." Fruilletsi«. Ums Geld. Lj Novelle von A. Heyl. Nachdruck »erboten. «Fortsetzung.) „Sie haben also genaue Erkundigungen einzezogcn, gnädige Frau?" Slönewitz beugte sich vor und legte seine Hand auf den Arm der Alten. „Ja. mein lieber Landrath, daS habe ich gethan, kann Ihnen aber nichts Erfreuliches berichten." „Nichts Erfreuliches" — wiederholte er gedehnt, „macken Cie keine langen Uiiischwcise, meine Gnädige, ich will Gewiß heit, wieviel bat sie?" „Die Sykow, o", machte die Dame, mitleidig die Achsel zuckend, „kaum vierzigtausend Mark." Diese Nachricht wirkte niederschmetternd auf den Zuhörer. „Vierzigtanseiit Mark, ein Lumpcngelv." „Also geben Sie die Werbung auf, Landrath?" Dieser bejahte entschieden. „Ich kann nickt heiratben unter dreimal hunderttausend Mark. Arme Amanda Sykow, Dein Schicksal ist entschieden. Sckatc, ewig schade, die junge Dame ist eine disliuguirte Erscheinung, wäre eine famose Landrätbin geworden. Ich hielt sie sür reich, weil sie die Schwester ihres BruterS ist." „Die Cytowt", erklärte die alte Dörnbach, „stammen auS einer alten, bochaiigeschenen, aber nickt sebr bemittelten Bremer Familie. Dieser Sntow kam als Procurist in daS Fabrikgeschäst der Wittwe Luckner, und wußte sich im Laufe der Zeit so unentbehrlich zu machen, daß ibm Frau Luckner ihre einzige Tochter zur Frau gab, um ihn dauernd zu fesseln Sie balle die« nie zu bereuen, denn Sykow war ein musterhafter Gatte und ich batte ihm gewünscht, sein Glück wäre von längerer Dauer gewesen Die junge Frau starb, nachdem sie ibm zwei reizende Kinderchen geschenkt batte, bei welchen das Fräulein Sykow nun Mutterstelle vertritt. Sie wären nickt so übel mit Amanda angekommen, mein Bester, wenn cs nicht gerade an der Hauptsache — am Gelb fehlte." „Fatal, böchst fatal!" rief Slönewitz, ungeduldig mit dem Fuße scharrend, und alsbald die Stimme wieder dämpfend, fuhr er fort: „Wo bekomme ich nun eine reiche Frau ber, meine Gnädige, die meinen pekuniären Verlegenheiten ein für allemal eine Ende macht?" „Heiratben Sie die Oelprinzessin —" Der Landrath schüttelte sich. „Schrecklich! Soll ich in den säuern Apfel beißen?" Die Alte kicherte. „Halten Sie das Fräulein wirklich sür einen säuern Apfel?" In diesem Augenblick kehrten die Frau Medicinalrätbin und Amanda Sykow zurück und gaben dem Gespräch eine andere Richtung. Tie Einlretenden dcratbschlagtcn eisrigsl über eine zu vergebende Arbeit, eine Fahne, welche für den neugearündeten Sängerbund der Fabrikarbeiter deS Anloni- viertels gestickt werden sollte. Amanda Sykow war von den Vorständen ersucht worden, eine geschickte Goltstickerin zu ermitteln, überbaust das Patronat in der Angelegenheit zu übernehmen. Da sie nicht localtundig war, so bat sic die Medicinalrätbin, ibr ein Frauenzimmer zu empfehlen, der man eine solche Arbeit anvcrtraucn könne „Da kann ick Ihnen sogar eine große Künstlerin nennen", versickerte die Medicinalrätbin, „ein armes Etelfräulein, daS unter sehr billigen Bedingungen dergleichen Arbeiten über nimmt unk meisterhaft aussührt." „Wie heißt sic und wo wohnt sie?" erkundigte sich Amanda. „Sie beißt Hcrinine von Stahl und wohnt bei ihrem Oheim auf der Villa Clcrmvnt. „Ich danke verbindlichst, Frau Medicinalrätbin, morgen werde ich daS Fräulein aufsuchcn und Näheres mit ihr be sprechen" — Die Medicinalrätbin schüttelte den Kops „Sic wollen selbst kinausgeben, das ist eine gewagte Geschichte." „Der Herr Oberst weist Jbnen t,e Tbüre, mein Fräulein, wenn Sie seiner Nickte Arbeit bringen", mischte sich Stönc- witz ein. „Er ist ein alter Narr, ein Don Ouirote. —" kampfbereit in ibrci» Fauteuil aufrichtete, „er ist ein all Ritter und zwar einer ebne Furcht und Tadel, ein dui imd durch cbrenbaster Ebaraktcr, ein Edelmann im wahr Sinne deS Wortes." „Er bat der Alten früher den Hof gemacht", raunte > Medicinalrätbin dem junge» Mädchen zu. Tie gute Dame überbörte den Stich und fuhr fort, d Oberst von Clermont zu vertbeidigcn. „Man kann sich kein liebenswürdigeren Cavalicr denken, er war ein Held > Köiiiggrätz und siebt in hohem Ansehen bei seinen Kamerad« er bat nur einen Fehler, er ist zu nobel, den Werth d Geldes kennt er nickt." bestätigte die Medicinalrätbin, „ lebt als Grandseigneur und überläßt die Sorgen und Plac reien der Wirtbschasl seiner Nichte. Sie muß die Last tragen, er siebt erhaben über dem Kleinigkeitskram er vi langt, daß man seinen hohen Ansprüchen gerecht werde, ob darüber nachzudenkcn, ob auch seine Mittel dazu ausreickl Sie reichen natürlich nicht aus, die Gläubiacr dränge» d junge Mädchen muß sie beschwichtigen, muß Geld sch'assi mnß beinilich arbeiten und verdienen, um das Schlimm aufzuballen. den völligen Ruin." „Das ist ein düsteres Bilk, was Sie mir da entroll« wie ,oll ich cS anfangcn, Fraulein v. Stahl zu sprechen fragte Amanda. ° „Schreiben Sic ibr ein Billet, beruscn Sie sich e mich unv bitten Sie sie zu sich, das wird wobl daS B« sein denn der alte Herr darf von diesen Geschäften nick erfahren, er würde rasend werden, wenn er nur ab» konnte, daß sich seine Nickte kerabläßt, uniS Geld ^anda beschloß, den Naik der Medici» ratdlii ,ckvn am nächsten Tag zu befolgen. DaS scki .Natcken stand eine Weile sinnend da. Was sie soet erfahren batte gab ,br zu denken, nebenbei erregte es Erstaunen, daß Stoncw.y. der ihr in letzter Zeit ausfalle den Hos machte, von .brer Rückk-br ,n den Salon nur we! -cotiz nabm und, obgleich ibr letztere- nur erwünscht w wunderte sie sich dock darüber und brachte unwillkürlich d onterbare Benehmen in Zusammenhang mit dem zutr. lichcn tc-Io-u-tölu des LandratbcS und der alten Dörnbach. Diese ihrerseits mutbmaßte etwas von AmandenS Gedanken und war alsbald entschlossen, sür angenehme Zerstreuung zu sorgen. „Ferdinand, mein guter Sobn", ries sic inö Spielzimmer, „mich quäle» wieder so abscheuliche TodcSgetankcn, wenn D» mir kein Mittel dagegen gicbst, kann ich die ganze Nacht nicht schlafen." „Sei zufrieden, Mama, ick verschaffe Dir eine probate Arznei und wir Andern genieße» auch davon", beruhigte der Mekicinalratb, indem er sich vom Spieltisch erhob und die Glockcnschnnr anzog. „Ebampagner in Eis!" bcsabl er dem eintretenden Diener. Das Gewünschte war bald zur Stelle, die Pfropfen knallten, die Gläser schäumten, der Medieinal- ratb brachte ei» Hoch ans seine Mutter auS, um deren Sessel sick alle Anwesenden gruppirl batte». Jubelnd bobc» sie die krystaUenen Kelche einpor, ni» dann den verlendcn Schaum wein zu schlürfen, aber zwischen Lippe und Bcckcrrand war noch Raum sür Schichsalsiücke. Ein gellender Pfiff ertönte a»S der Babngegend. Dröbnen und Krachen, Zischen und Brausen folgte, jähes mark erschütternde- Angstgescbrci gälltc zwischen dem Höllenlärm, dann trat unbcimlicke Stille ein. Die lustige Gesellschaft im Dornbach'schcn Salon war auch still geworden, bleich und entsetzt starrten sic einander an. die noch vor einer Minute in sprudelnder Lebenslust gescherzt und gejubelt batten Falk war tcr Erste, der, sein volles Glas aus den Tisch stellend, die Stille unterbrach und auf eines der Fenster zuschritt, während er die Ansicht auS- sprack, eS sei wieder ein Unglück vassirt, just wie im vorigen Jabre. „Der Berliner Schnellzug muß um diese Stunde cintrcsfen, ich wette, er ist entgleist", sagte er daS Fenster öffnend und scharf nach der Babngegend blickend. „Und ich wette, an derselben Stelle, wie im vorigen Jabre, just in der Nähe deS Schindangers", stimmte der Medicinal- ratk ein, „dort woknt verdächtiges Gesindel, die Vcrmutbung, daß diesen wiederholten Unfällen ein Verbrechen z» Grunde liegt, scheint mir gerechtfertigt." Nack diesen Worten schlürfte er behaglich seinen Ebampagner bis ank de» letzten Irodftn
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