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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930311020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893031102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893031102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-11
- Monat1893-03
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100,- 102.7» 97 L0 103.- v9.ro 330.— 110.— 111^0 43 S0 IVL — 107.- 49 — 117.— IIS,— 108LL 39.75 «o.ro 70.2S 1V1.S0 104.— 183 — 8s.ro 223.7L 154.— 11S.S0 172.L0 201.— so.— so,— 1S1.— 78.- I3S.- 131,— 82,— 71 — 210- 118.— sss,— 148 — S4.ro »s — 80.90 210 — »0.75 138 — 121.25 l22 — 37,50 80.— 74.- 102.— l "0 15,108 3. onck». 13 dr<3 dr8. 8. 13 8. d»8. 8. dr 8. 8. , 10313 8 <3 8. d«8 S, 308 8. 8. 103.753 «. 11. 8 8. d»8. 8. l b. IVL b.8 8 8. ,.8e». 1>S. l. Ko. r». >. K». 73 rivott» S 8. b 8 0 8 O d.8 - 8. ,0 8. L 8. » 8. - 8. — 8. — 13 « 8. — 8 — 8. - 8. — 8. 30 8. 7S <3 50 8. 25 d. L0 8 — 8 — 6 - «. SD 8. — L »0 8 — L — 8 — 8. — 8 »0 8 50 8. 10 ü. — 8 >r: vl.I» 80 95 188LS Ice« 78 21»»1 214.— 21S.S0 » 4- '>«>. rD»mxker I-0»wpl4r » 3 »»e, » >» «»». Be-ugr^Sret- k» d« Haupterpedttio« oder den i« Stadt, bezirk und den Bororte» errichteten A»S- aabestellen abgeholt: viertkljährlich >14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau« 5.50. Durch die Post bezogen siir reuljchiand und Oesterreich: vierleliährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandjendung tu- Ausland: monatlich 9.—.. Die Morgen-Ausgabe erscheint täglich '/-7 Uhr, die Abeud-Ausgab« Wochentags 5 Uhr. Ledacliou und Lrueditiou: ZahanneSgasse 8. Die Ervedittou ist Wochentag« unonterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Filiale»: Dtt« Kle««'S Larti«. (Alfred Hahu), UniversULtSstraße 1, Loui« Lösche. pathariueaftr. 14, Part, und Königsplatz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzetgen-PrelA die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 ge spalten) 50-H, vor den Familiennachrichtra l6 gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Vellagen (gesalzt), nur mit der Morgen«Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Aanalfmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh ' .,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expevittou zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^-128. Sonnabend den 11. März 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 12. März, Vormittags nnr bis Vstt Uhr geöffnet. Lxpeitltton <1e8 I-elp/.lLjer ULLel»lnttL8. Politische Tagesschau. * Leipzig, l l. März. Nach ungefähr dreihig anstrengenden Sitzungen ist in der Militairconi Mission deS Reichstags gestern die erste Abstimmung erfolgt und die erste Lesung der Vorlage zum Abschluß gelangt. Das Ergebniß war. wie nach der vor gestern plötzlich ins Gegenthcil umgeschlagenen Taktik der RehrheilSparleicn nicht anders erwartet werden konnte, ein völlig negatives. Die einzelnen Paragraphen wurden abgelehnt und ebenso die vorgeschlagenen AbänderungSanlräge. Herr von Bennigsen war auf telegraphisches Ersuchen herbeizeeilt und vertrat den vorher gestellten, gestern etwas modificillen Antrag, die geforderten BataillonSstämmc für die Dauer der gesetzlichen Geltung der zweijährigen Dienst zeit der Fußtruppen zu bewilligen. Aber die Parteien halten eben keine Zeit gehabt, sich zu verständigen, und die Regierung Halle eS hartnäckig vermieden, zu dem Anträge eine Erklärung abzugeben. So wurden denn die im tz. 2 der Vorlage geforderten Eadres sämmtlich abgelehnt, und zwar die neuen vierten Bataillone und die neuen Feldbatterien, sowie die neuen Train-Com pagnien mit allen gegen 9 Stimmen, die übrigen neuen CadreS der Cavallcrie, der Fußartillcrie, de^ Pioniere und der Eisenbabntrupvcn mit allen gegen 6 stimmen. Die Minorität von 9 Stimmen setzte sich zusammen aus den Artionallibcralen, der Reichspartei und den Eonservativen; die Minorität von 6 Stimmen aus den beiden konservativen Parteien. Die in ß. t geforderte Erhöhung der FriedenS- präsrnzstärke wurde später ebenfalls gegen tz Stimmen ab gelehnt. Besonder» bezeichnend war das Verhalten der Mit glieder des CentrumS. Herr vr. Lieber behielt den so oft behaupteten und ebenso oft abgeleugneten Antrag in der Tasche. Aber obgleich die Ultramontanen keinen eigenen Vorschlag machen konnten oder wollten, stimmten sie auch gegen die Regierungsvorlage wie gegen den An trag von Bennigsen'S, der andernfalls vielleicht zur An nahme gelangt Ware. Was nun werden wird, darüber gehen tie Ansichten weit auseinander. Am optimistischsten siebt unser Berliner tztz - Correspondent die Sachlage an. Er schreibt in einem gestern Abend verfaßten Briefe: „Durch Li« heutige Abstimmung ist die Vorlage noch keines- wegs als gefallen anzusehen, vielmehr hat sich die Meinung Derer, die an ein Zustandekommen des Gesetzes glauben, noch ver hackt. Bon Wichtigkeit ist es besonders, daß der ReichS- laazler heute zum ersten Mal während der langen Dauer der commisiarischen Berathungen die bestimmte Erklärung abgegeben hat, die verbündeten Regierungen seien bereit zum limgegenkommen gegenüber Vorschlägen, die das Ziel der Vor- läge zu erreichen geeignet sind. Diese Tendenz wohnt entschieden dem Antrag« v. Bennigsen'S bei, und wenn cs dem Centrum Ernst damit ist, einen Conflict zu vermeiden, muß auf der Grundlage der Vorschläge des Abg. v. Bennigsen eine Verständigung herbeigesührt werden. Durch di« heutigen Worte des Grasen v. Caprivi ist also entschieden eine Klärung der Lage eingetretcn, welche den Fortgang der Beroihungen in der zweilcn Lesung wesentlich zu Widern vermag. Hätte sich die Regierung früher zu einer solchen iftltärung entschlossen, so wären die Verhandlungen jedenfalls be- deutend vereinfacht und abgekürzt worden." Die „Nat.-Lib. Corr." dagegen ist der Ansicht, daß die zweite Lesung mit demselben negativen Ergebniß enden werde, wie die erste, und daß die Aussichten auf eine Verständigung, insbesondere nach den schroff ablehnenden Erklärungen deS Herrn Or. Lieber, nahezu vollständig verschwunden seien. Von anderer Seite wird die Vermulhung ausgesprochen, daß Verhandlungen mit dem Ecntrum in Aussicht seien und von einflußreicher Seite der Versuch werde gemacht werden, die verbündeten Regierungen von der Rothwendigkeit einer Concession in Sachen des Iesuitengesctzeö zu überzeugen; noch andere Zcichendeulcr sehen den Grafen Caprivi schwanken — kurz. cS besteht eine Confusion der Ansichten, wie sic seit Jahren nicht geherrscht hat. Bezeichnend sür die Stimmung, die in gemäßigt liberalen Kreisen herrscht, und für die im Umlauf befindlichen Gerüchte ist folgende Zu schrift, die wir von nnsercm Berliner ss.-Correspondcnten erhalten: „Genaues ist über Richtung und Zweck der neuesten Wendung nicht bekannt, ja es ist nicht einmal klar ersichtliili, wer ihr Urheber ist. So viel ist sicher, daß die Zerfahrenheit der Lage zum großen, wenn nicht zum größien Theile verschuldet ist durch die von unS schon gewürdigte Taktik der Regierung, welche, anstatt den Zwiespalt im deutschsreisinnigen Lager auszunuyen, vielmehr die dortige Opposition erstickt hat. Tie „Germania" will in dem Wandel der Dinge eine Niederlage der aus die Verständigung hinarbeitenden Nationalliberalen erblicken. ES kann dies zulrcsten. Tie Nieder lage wäre ehrenvoll, sie würde an den Uniergang Talbol's erinnern und müßte wie dieser erklärt werden. ES ist ober auch möglich und wird an manchen Stellen sür wahrscheinlich gehalten, daß der augenblicklich Besiegle das Cenirum ist. Indem die deutsch sreisinnige Unterstützung außer Betracht kam, war sür die gegen wärtige Regierung wieder die Alternative gegeben: „Conflict oder Unterwersung unier den UltramonianiSmuS", und sehr einflußreiche Persönlichkeiten außerhalb Berlins sollen diesem Entweder — Oder keinen Geschmack abgewinncn können und sich darüber unzweideutig erklärt habe». Ob ihre Auffassung die ent- scheidende bleibt, ist unter dem herrschenden Aprii-Regiment natürlich ganz unsicher. Vielleicht kommt doch durch den Grasen Caprivi eine Verständigung mit dem Cenirum zu «lande, vielleicht wird von ihm der Versuch erneuert, einen Theil der Teutschsreisinnigen sür einen Compromiß zu gewinnen, vielleicht aber auch — und ganz allein aus die Jahreszeit wird diese Möglichkeit nicht gestützt — vielleicht bewähren die Iden des März, deren Zauberkraft Graf Caprivi im Guten und im Schlimme» ja schon kennen gelernt hat, auch in diesem Jahre ihren geschichtlichen Ruf Die Thaljackie, daß die Miliiair- Vorlage in alle» ihren Phasen von dem Reichskanzler schwer compromittirt worden ist. muß sich naturgemäß in der jetzigen Krisis allen Retheiligten besonders klar vergegenwärtigen. Daß dies zu Entschließungen drängen werde, erachte» sehr ernsthafte Politiker als nicht außerhalb des Bereiches der Möglichkeit gelegen. Und sür den Fall, daß man sich doch zum Conflict entschließe» sollte, erst recht nicht. Tie Ansicht, daß Graf Coprivi's Rücktritt die „Festigkeit" deS Staates erschüttern könne, dürste ihrerseits stark erschüttert sein. Zum Conslicts- minister würde er wohl »och weniger geeignet erscheinen, als zum VersühnungS-Kanzler. Selbstverständlich handelt es sich bei diesen Bcrmuthungen nur um die Deutung gewisser Anzeichen, die vor- Hände» sind, aber morgen wieder verschwinden könne». Dem gegenüber will eS natürlich wenig besagen, daß lebhasie Leute schon Nachfolger zu nennen wissen. Um so weniger, als die beiden auftauchenden Namen schon oft genannt wurden. Be- achtenSwerther ist, daß man von liberalen Männern hören kann, sie würde» den Träger einer entschiedenen, klerikal gerichteten Reaktion ohne Grauen daS StaaiSruder ergreifen sehen und seiner voraussichtlichen Politik de» Vorzug geben vor der jetzigen Politik der .Halbheit und Schwäche, die sich schließlich in den »leisten Fällen doch auch als eine dem UltramonianiSmuS und ParlicnlariSinus dienende erwiesen habe. Cine derartige demaSkirte Reaktion würde klärend und richtunggebend wirke». Darüber braucht man heute nicht zu streiten, weil eS sich vorerst nur um ein „Problema" handelt. Aus demselben Grunde darf man sich die Beantworlung der ebenfalls bereits aufgeworfenen Frage ersparen, was mit der Militairvorlage geschehen wurde, wenn ein politisch weniger prononcirier, mehr Beamlcncharakler tragender Kanzler mit dem Versuch beauftragt würde, sür einige Zeit ein w irklick, langweiliges Regiment zu begründe». Jedenfalls würde es der preußischen Steuerreform zu Statten kommen, wenn auf anderen Gebieten Ruhe einträte. Jeschallah, wie Gott will — durch diesen fromme» Türken spruch mit den wichtigsten politischen Fragen sich abzufinde», hat der deutsche Staatsbürger unter dem neuen Curs ja gründlich gelernt." Nach unserer Ansicht ist jetzt die Zeit gekommen, wo die eine Verständigung wünschenden weiten Wählerkrcise ibre Stimmen zu erheben und sowohl den Parteien dcS Reichs tags, wie den verbündeten Regierungen gegenüber aus das Nachdrücklichste zu betonen baden,daß die besonnensten Elemente des Volkes keinen Conflict wollen und daß bei etwaigen Neuwahlen nur solche Candibalen Aussicht auf Erfolg haben, die bereit sind, die gestern endlich von dem Grafen Caprivi auSgestrcckic Hand zu einer Verständigung zu ergreifen, aber auch von ihm verlangen, baß er seine Bereitwilligkeit zu einer solchen durch Tha len zeige. Bei der Eigenartigkeit dcS VerbältnifseS, in dem schon seit längerer Zeit die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich zu ibrcr Familie siebt, konnte cs nicht ausbleiben, daß au den Besuch, den Kaiser Franz Josef seiner Gemabiin in Terrilcl am Genfer Sec abgestattct hat, sich aller!,and müßige Combinationcn knüpften. Tie betreffenden Gerüchte waren indeß ausnahmslos so handgreiflich thörickft, daß cs sich nicht verlohnte, sic auch nur zu erwähnen. Wer wollte cS zum Beispiel ernst nehmen, wenn „gemunkelt" wurde, der Kaiser bade seine Gattin ausgesucht, um mit ihr über eine Aendcrnng der Tbronsolge in Oesterreich-Ungarn zu Gunsten scines jüngst in Wels geborenen Enkels zu bcratden'? DaS Tollste in dieser Angelegenheit lischt jetzt, wie gewöhn lich, der Pariser „Figaro" seinen Lesern aus, indem er glauben machen will, der Kaiser von Oesterreich wolle, durch die Schwierigkeiten, die sich in Oester reich und Ungarn seinen RegierungSabsichtcn cntgegen- stellcn, eittmutbigt, zu Gunsten seines Bruders, dcS lCrz- hrrzogs Karl Ludwig, abkanken, seine Schweizer Reise sei das Vorspiel zur Ausführung dieses Beschlusses. Die Meldung verdient selbstverständlich nicht den geringsten Glauben, doch ist folgender Zusatz dcS Boulevardblattes beachtenswert!,: Ein solcher Thronwechsel in Oesterreich-Ungarn würde gleichzeitig die Annäherung an Rußland und de» Klerikalismus bedeuten. Darin könnie, wenn sein stiller Wunsch in Erfüllung ginge, das französische Blatt allerdings Reckt behalten. Erzherzog Karl Ludwig ist ein sehr frommer Herr, und die Gesinnungen seiner Gemahlin kennt man nicht erir seit ihrer Tbeilnahmc an der viel besprochenen Papslscicr der MichaelS- br ckerschaft in Wien; seine Söhne sind im strengsten kirch- > .'in Geiste erzogen, innig befreundet mit dem jungen Prinzen Schwarzenberg und anderen iiltramonlan-scukaie» Cavalicrcn. Am Zarenbofe erfreut sich Erzherzog Karl Ludwig seit jeher der wärmsten Sympathien. Man wird gut Ihnn, sich die Bemerkung deS „Figaro", die augenblicklich von keinem Belang ist, für die Zukunft zu merken. In Ungarn tobt der durch die kirchcnpolitischcn Gesetze entfachte Kamps aus der ganzen Linie und die klerikale Partei hat nunmehr, unter Führung eines TheilcS der Bischöfe, ihr grobes Geschütz aufgesahren, um in die Position der ungarischen Regierung und der liberalen Regierungspartei Bresche zu schießen. Auch in der gestrigen Sitzung dcS Pester Unterhauses geriet!,en die Geister hart an einander. Man sah mit großer Spannung der Rede Kolo nial, TiSza'S entgegen, der am Tage vorher durch den jüngst auö der Regierungspartei ausgetretenen Abgeordneten ASboth in heftigen Angriffen herauSgefordcrt war. ASbotl, batte behauptet und sich dabei auf cine Note Kalnoky'S an den ehemaligen Botschafter beim Vatikan Grasen Paar berufen, daß TiSza nach dem Fall deS Mischehcgcsetzes eincnPact mit Rom geschlossen und zu den Wahlen des JabrcS 1887 die Hilfe Roms erworben habe. Diese Enthüllung Asboth'ö balle auf die Opposition einigen Eindruck gemacht, da ASboth um jene Zeit im Auswärtigen Amte eine Anstellung hatte. TiSza wandte sich gestern gegen diese Unterstellung mit der größten Entschiedenheit und berief sich darauf, baß Ungarn selbst vor der Reformation niemals den Einfluß RemS in Sacken der StaalSgesetze duldete. WaS jene Information anbelangt, die er bei der letzten Krise dem Könige über die allgemeine Stimmung hinsichtlich der obligatorischen Civilcbe gegeben habe, so habe er nur daS sagen können, WaS seine Uebcrzcugung war, und dieser habe er zu derselben Zeit laut im Parteiclub Ausdruck gegeben. TiSza betonte ferner, er habe sich stets öffentlich zu den, Princip der obligatorischen Civilche bekannt. Eine cnbgiltige Regelung der kirchen- polilischcn Frage sei nur aus dieser Grundlage mög lich. Er bekämpfe entschieden die Ansicht, daß die Cirilebc eine entchrisilichende und entsittlichende Wirkung übe. Die Opposition suchte TiSza durch wiederholten Lärm zu unterbrechen. Die liberale Partei nahm die Rede mit be geisterten Beisallrusen auf. — In der vom ungarischen Cpiskopat an den Kaiser gerichteten Adresse wird bervor- gehoben, baö kirchcnpolilische Programm der Regierung würde, wenn cS verwirklicht werden sollte, die allen In stitutionen Ungarn- Umstürzen, unabselibare Wirren Hervor rufen und die katholische Kirche in ihren Grundlage» er schüttern. In dem Momente, wo Umsturzlehrcn die Throne und Staaten gefährden, müßte Alles vermieden werde», was die religiöse Gesinnung der Völker schwächen könnte. Der Episkopat schließt mit der Bitte, der Kaiser möge als Schutz- Herr der Kirche gefährliche Neuerungen von der Kirche und dem Vaterlande sernl,alten. Ter amtliche „Pester Lloyd" bemerkt zu dieser Eingabe: „Nickt ein einziger der darin zum Ausdruck gebrachten Gedanken vcrrätb, daß die Unterfcrligcr dcö Memorandums unter der Soutane ein für das Vater land schlagendes und empfindendes Herz baden. Dies zeigt, wie sebr die Mitglieder der Bischosüconscrcnz von einem ihnen sonst fremden Willen beeinflußt und beberrscht sind." Während man in Frankreich mit innigem Behagen dem Widerstande zusiebt, dem in Deutschland jede ven den militairischen Autoritälcn sür nöthig erkannte und dcSbalb an den RcickSlag gebrachte HccreSrcform begegnet, bleiben die dortigen Armccfrcunde — und das ist die gesammte Nation — keineswegs müßig. Das neuprojectirte sranzösische Eadrcsgcsctz, welches bestimmt ist. den französischen Rcscrvcformatioiicn ihren cnbgilligen Platz im Rahmen der nächsten große» Mobilmachung anzuweisen, ist in der Militair- commissivii so weit gefördert, daß cS binnen kürzester Frist in der Kammer durchberalhen werden könnte und selbstverständlich angeiivinmcn werten würde, wenn nickt die CommissionS Mitglieder in dem an ,'ich nur löblichen Eifer, etwas möglichst Vollkommenes zu schaffe,,, wieder einmal — welcher Unter schieb gegen die Mehrheit ihrer deutschen Reickölagscollegen — des Guten zu viel zu tlinn und die von der Regierung ein gebrachlc Vorlage noch überbielcn wollte». Seit dem Amts antritte dcö neuen KricgSministerS, General Lvizillon, regnet cs förmlich in der Militaircommission neue Pläne, einer immer umfassender und kostspieliger als der andere, und die NcgicruiigSvertrctcr haben alle Hände voll zu ihnn, um den Eifer der Parlamentarier im Zaume zu ballen. Dem Ver nehmen nach wird rcgicrungSseilig jetzl ernstlich ans baldige Verabschiedung dcö CadreS-Gesetzes in seiner vorliegenden Fassung gedrungen, weil das Interesse der Armee bei längerer Verzögerung der Entscheidung zu kurz komme. Tic Miliiair Cemmissio» wird sich fügen, aber mit dem Vorbehalte, baß später die Kammer daS Vcrsäumle nachholc. DaS Anklage-Material, das in Bezug auf die Panama- schwindcleicn de» Pariser Geschworenen zur Benrlbcilung vorlicgt, ist zwar in der Hauptsache durch die vorhcr- gcgangeuc» Proceßverhandlungcn schon bekannt geworden, cS erscheint aber immerhin zweckmäßig, noch einmal vor Augen zu führen, um waö cS sich bei dem gegenwärtige» Proceß hantelt. Derselbe zerfällt in drei Hauptpnnctc: erstens die Assairc Baihaut; an dieser sind bcthciligt: Charles LcsiepS, Fontane, Blondin und Vaibaitt. Letzterer batte alo Minister der öffentlichen Arbeiten am ,10. April 1886 durch Vermittelung seines Freundes Blondin, der Prccurist beim Credit Lyonnais war, von LesscpS .87.', 601» Francs bekommen als Anzahlung aus die Million, die er verlangte, um daS erste Panama-Looöprojcct der Kammer vorzulcgcu. Feuillvton. Ilms Geld. 11j Novelle von A. Heyl. Nachdruck verboten. «Fortsetzung.) Lili zog die Stirn kraus und warf ibrcr Schwieger mutter einen bösen Blick zu. Diese, Wohl fühlend, daß sie elwa« scharf vorgegangen sei. fuhr begütigend fort: „Ich batte auch einst andere Pläne in dieser Hinsicht; doch ich sehe ein, daß ich dieselben aufgebcn muß; ich dachte an" — sic zögerte — „Amanda Sykow", fiel Lili hastig ei». Sie hatte richtig aerathen, die alte Dame nickte mit weh- müthigem Lächeln „Er findet sic hausbacken und langweilig; ick, begreife daS nicht» mir erscheint sie durchaus fein und liebenswürdig." „Sie ist cs auch, liebe Mama. Amanda würde vor trefflich für den Doctor paffen; denn sie hat ein rubigeS, glcichinüthigeS Temperament, und versteht Launen zu ertragen. Hermann wird nnr mit einer nachgiebigen, mit einer sausten Fran glücklich: denn er hat die wunderlichsten Eigenheiten; und wenn er die kleine, heißblütige Ouadrone oder Mestize, WaS sie ist, tzcpjathct, dann dürfen wir un« täglich auf eheliche Scharmützel gefaßt machen." „(Raubst Du wirklich?" fragte Frau Falk bedenklich. Lili glaubte die« zwar rächt, aber sie malte ihrer Schwieger mutter die Schrecken einer nng'.ücklichcn Ehe mit grellen Farben auS, um Widerstand gegen dieses ihr ver haßte Bündniß wäckfzurusen. Sic wollte es um keinen Preis dulden, daß der Mann, der ihre Liebe schnöde zurück- gewiesen, daS Glück mit einer Andern genießen sollte, daS sie entbehren mußte. Sic war eine zu erfahrene Frau, um nicht den Werth der Gefühle, welche Annita ihrem Schwager einslötzte, richtig zu schätzen: sie war sich klar, e« bandle sich hier nicht um eine vorübergehende Liebelei, sondern um jene ernste, heilige Liebe, die bei edlen Naturen entscheidet für eia ganzes Sem, die Wohl oder Weh, Glück oder Unglück mit sich bringt, bei der cS kein Entrinnen giebt und kein Vergessen. — Die beiden Personen, deren gegen seitige Zuneigung sich in harmlosester Weise offenbarte, unter hielten sich so lange beiter und unbefangen, bis dem Doctor endlich die gehässigen Blicke seiner Schwägerin ausfielen, die sich in Anntta'S liebliches Gefickt förmlich einbohrten. Er erschrak um dcö jungen Mädchens willen; sie hatte eine gefährliche Feindin. „Ist cS Ihnen gefällig, ein wenig zu promeniren, Fräulein Roland?" fragte er mit leichter Ver neigung. „Ganz in der Nabe ist ein herrlicher AussichtSpunct, darf ick Sie dahin geleiten?" „Gern, Herr Tcctor!" Sie erhob sich, um ihrem Be gleiter zu folgen, nachdem sie sich mit SylowS wegen ihres Weggehens verständigt und Liese gebeten batte, nachzukommen. Hermann sah so glücklich auS; er hätte laut zum blauen Himmel ausjubcln mögen; sein Auge leuchtete von einer Selig keit, sein Mund lächelte, seine Wangen waren aerötbet; stolz hob er den Nacken, »nd selbstbewußt sah er sich um. „Wer will mir mein Glück entreißen?" Nie war er so schön gewesen Lili blickte ihm nach; sie biß sich die Lippen wund und scharrte mit den Füßen die Erde aus, von Eifersucht verzehrt. Ift. Falk führte Annita Roland auS dem Gedränge fort auf einen Waldpfad, der sich bergabwärts schlängelte und zu schmal war, um das Ncbcneinandergehcn zu gestatten. Sie ging voraus, wandte aber beständig den Kops nach ihm, bald, um etwas zu fragen, bald, um eine Bemerkung zu macken, oder auch um ihn freundlich anzulächcln. Er mußte sie be lehren, wie man die Blume hieß, die sie am Wege gepflückt, oder was das sür ein Vogel war, dessen melodisches Lied auS den über ihren Häuptern zu einem Laubdach sich wölbenden Zweigen ertönte, durch das nur hier und da der blaue Himmel freundlich rurchblicktc. Sie war so reizend in ihrer Unbefangen heit, die sie, wie Falk schon früher mit Befriedigung bemerkte, nur ihm gegenüber zeigte Einer Sylphide gleich, schwebte sie vor ihm her, kaum den Boden berührend. Die zarte, schmieg same Gestalt, der seclenvollc Blick dieser dunklen Sammet- augen, daS weiche Organ, der fremdartige Accent, das Alles halte etwas Bestrickendes sür den jungen Mann, der jick rückhaltlos dem Zauber hingab» den dies seltene Geschöpf auf ihn auSübte. Sie gelangten nach einer kurzen Wanderung an eine Lichtung, von wo auS der Blick über einen ber schönsten Theile beS Rheiittandes schweifte. Annita brach in einen Ruf dcS Entzückens auS und faltete unwillkürlich die Hände. Sie stand eine Weile stumm in Anschauen versunken. Zn ihren Füßen rauschte der breite Rkcinstrom und in seinen grünlichen Flulhcn spiegelten sich die Felsen mit ihren Burgen, die Rcbgclände, die Dörfer, die mächtige uralte Stadt mit ihrem herrlichen Tom und daS Firmament in seiner lichten Bläue, hier und da von Si>berwölkchcn durchzogen. Lange wollte keiner der beiden Beschauer die weihevolle iLtille unter brechen; denn so lickt, so wonnig wie auf Erden, sah cö in ihren Herzen aus. Falk zog die Feldblumen auS Annita'« Hand. „Darf ich sie behalten zum Andenken an diesen schönen Augenblick?" Sie neigte bas Haupt zum Zeichen der Einwilligung, er barg die zarte» Frühlingsboten in seiner Brieftasche und sagte mit bewegter Stimme: „Ich tanke Ikncn, Fräulein Roland, ick werte die Blnmcn aufbewahrcii, so lange ich lebe" — er wollte mebr sagen, vielleicht Alles, was er in diesem Momente kackte und fühlte; doch sic kam seiner Absicht zuvor, indem sic plötzlich einen Ton anscklng, der ihn kühl anwehte und verstummen machte. „Ich muß Sie etwas fragen, Doctor Falk", begann sie, ihn scharf ansebcnd. „Bitte, antworten Sie mir mit voll kommenster Offenheit. Wollen Sie das tkun?" „Unbedingt", antwortete er, eigenthümlich berührt, ja fast verletzt. Sie trat einen Schritt zurück, sah ihn unverwandt an, als wolle sie in seiner Seele lesen, und fragte mit fester Stimme: „Berschten Sie die schwarze Race?" „Die Negerrace?" fragte er dagegen. „Sonderbare Frage, warum sollte ich sie verachten?" Sie schien erstaunt. „Warum? Ja, Doctor. das weiß ich auch nicht. Vielleicht, weil eS seit Iahrbundcrten so der Brauch ist, weil cS, wenigsten» in Amerika, zum gute» Tone gehört, geringschätzig ans Alle berabzublicken, welche einen Dropsen äthiopischen BlutcS in ihren Adern bade» " „Die JankeeS machen sich mehrcr solcher Thorhcitcn schuldig", bemerkte er. „Thorheit nennen Sic cS, Doctor?" rief sic sichtlich be friedigt. „Und zwar eine Thorheit", fuhr «r fort, „die sich bereits überlebt hat und bei der kommenden Generation vollständig verschwinden wird. Bon beute aus morgen lassen sich der gleichen Vorurtbeilc nickt auSrotten; sic sind wie giftige Pilze, die auch dann noch sortwuchcrn, wenn der Boden bereits gesünder geworden ist. Mit der Zeit wird man es in Amcrita ebenso lächerlich finden, wie bei unS, die belle Hautfarbe als einen vom Schöpfer verliehenen Borzug, die dunkle als cine Sckmach zu betrachten." Annita lauschte seinen Worten, als ob ihres Lebens Glück und Heil davon abbingc. Als er geendet batte, atbmetc sie lief aus, hob daS Haupt stolzer wie ruvor und sab auS. wie Icinant, der einen schweren Entschluß will zur Dbat werten lassen. Sie streifte ihre Handschuh ab unk hielt dem bock erstaunten Doctor ihre zierlichen Hände hin „Betrachten Sie meine Hände, Doctor, fällt Ihnen nichts an reu selben auf, oder vielmehr ist Ihnen nicht schon längst etwas ausgefallen?" Er lackte herzlich. „Freilich, cS siel mir ans, daß diele Hände wunderschön sind, baß ich sie küssen möchte." Er saßte sie rasch und drückte seine Lippen daran'. Sic erschrak und entzog sie ibm hastig unter tiefem Errötbcn. „Seien Sie vernnnsiig, Doctor, ich frage nickt auS über müthiger Laune, nicht aus Koketterie, wie Sic anzuncbmcn scheinen, sondern aus einem sür mich wichtigen Grunde. Anl Worten Sie mir crnslhast!" Er lächelte trotzdem. „So erfahren Sic denn, mein ibeurcS Fräulein, die dunklen Ringe unter ihren Nägeln sind mir schon am ersten Abend ausgefallen. a» dem ich daS Glück hatte, Sic kennen ;n lernen", sprach er sreimiitbig. „Und WaS dachten Sie sich dabei?" forschte sie weiter „O, ich dachte damals sehr wenig", gestand er beiter; „ich fühlte mebr, als ick backte, und dieser Scelcnzustand. der an jenem denkwürdigen Abend über mich kam. wie die Offenbarung eines großen Glückes, bat mich seitdem nickt mehr verlassen, Annita. Wir haben uns seitdem häufig ge sehen, wir sind unS näher getreten." „Sprechen Sie nicht weiter, Doctor", siel ihm Annita in
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