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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930313023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893031302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893031302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-13
- Monat1893-03
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Nachdem die erste Lesung der Militairvorlaae in der Kommission de» Reichstags mit einem negativen Resultate geendet hat und die dem Cent rum angebörigrn Mitglieder der Commission in die schroffe Haltung zurückgefallrn sind, die sic von Ansang an gegen jede Erhöhung der jetzigen Präsenz stärke de- Heeres eingenommeu halten, wird vielfach die Be« iorzniß laut, r- werde den Verbündeten Regierungen, die von Neuwahlen eine für die unbedingte Annahme der Borlagc einlretende Mehrheit nicht zu erwarten habe, nichts Anderes übrig bleiben, als den Ultramontanen die so beißersehnle Eoncession der Aushebung deS Iesuiten- gesetzcS zu machen. ES liegt indeß ein fast untrüg licher Beweis dafür vor, daß rin solches Handels geschäft nicht beabsichtigt wird, und dieser Beweis liegt in ler Thatsache, daß das deutsche Kaiserpaar für den v April, den Tag der silbernen Hochzeit deS König« urd der Königin von Italien, seinen Besuch »n i-mrinal angemeldet hat. Die Beziehungen zwischen den Häusern Hohenzollrrn und Savoyen sind bekanntlich die llllerherzlichsten, und namentlich seit der Stunde, wo Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Friedrich, t«> kleinen italienischen Kronprinzen Biclor Emanuel auf seinen Armen rmporhob und vom Balcon de« KvnigS- scklosseS herab dem römischen Bolke zeigte, hegen die Italiener eine ganz besondere Borliebe für da- deutsche Herrscherhaus. Da- haben sie dem Kaiser bewiesen, al« er bald »ach seinem Regierungsantritt Rom besuchte, und tie Begeisterung, womit ihn die Römer empfangen hatten, steigerte sich noch in hohem Maße, al» er sein Gla« auf da« „unantastbare" Rom leerte. Auch jetzt, wo er zugleich mit seiner Gemahlin in der ewigen Stadt erscheint, wird ihm, nach den sofort mit großem Eifer in Angriff ge nommenen Borbereitungen zu urthrilea, der glänzendste Empfang zu Theil werden, an dem sich fast ohne Unter schied der Parteistellung die grsammte Bevölkerung be» theiligen dürfte. Denn abgesehen von den Gefühlen einer persönlichen Sympathie, legt man aus den kaiserlichen Besuch zur Leit um so größeren Werth, als hin und wieder die Behauptung aufgetaucht ist, daß eine gewisse Entfremdung unter den Dreibundslaaten eingetretcn sei, eine Behauptung, t,e man darauf stützte, daß Deutschland seine neue HcercSverstärkung nur deshalb plane, weil es glaube, sich nicht mit aller Sicherheit auf die Hilfe seiner Alliirlcn »erlassen zu können. Die italienischen Patrioten sehen außerdem in dem Besuche deS deutschen Kaiserpaares am König-Hofe einen Ausgleich für die pompdaflen Feierlich- letten, mit denen der Papst sein Bischofsjubiläum begangen hat, wenngleich es schon jetzt feststeht, daß Kaiser Wilhelm und Kaiserin Auguste Bictoria auch im Vatican einen Besuch abstallen werden. Die Empfindungen und Hoffnungen, mit dcncn er in Rom empfangen werden wird, kennt Kaiser Wildelm und kennen seine hohen Bcrbündcten ganz genau; su können nicht im Zweifel darüber sein, daß der ganze Zweck deS Besuches vereitelt und das ganze vertrauensvolle ÄrhLltniß zwischen Italien und dem Reiche erschüttert werden würde, wenn das letztere das grundsätzliche Berbot von Niederlassungen eines Ordens aufheben wollte, der mit allen Kräften und Mitteln für die Wiederherstellung der weltlichen Herrschaft des Papstes, für die Rück gabe deS „unantastbaren" Rom an den Nachfolger PiuS'IX. arbeitet. Wir halten cS daher für völlig au-zeschloffen, daß die verbündeten Regierungen in einem Augenblicke, wo in Rom die Borbereitungen für den Empfang des deutschen Kaiserpaares, getroffen werden, zu einer Handelspolitik sich entschließen, die in Italien den Eindruck Hervorrufen müßte, al« sei bas Kaiscrworl vom „unantastbaren" Rom in Deutsch land in Vergessenheit geralhen. Bom Auslande liegen bis jetzt erst wenige Kund gebungen über daS Scheitern der Militair vorlaae in der Eommission de- Reichstags vor. Eine dieser Kundgebungen läßt den Eindruck erkennen, den das ablehnende Votum der Militaircominission in Wien hcrvor- gebrackit hat. Die „Neue Freie Presse" beschäftigt sich in ibrer Sonntag-numiner an hervorragender Stelle eingebend mit dieser Angelegenheit, und man ersieht aus den betreffenden Darlegungen, daß man auch dort kein große« Wohlgefallen an den, Verhalten der Eommission empfindet; aus der anderen Seile aber wird dem Grafen Eapriri in das Ge wissen geredet, er möge für seinen Theil durch Entgegenkommen die Möglichkeit der Verständigung berbciführe». Die „Neue Freie Presse" sagt am Schluffe iyreS Artikels: ,,Wa» die unmittelbare Folg« einer Ablehnung der Militair-Lor- läge durch den Reichstag sein müßte, ist leicht vorauszusehen. Die Verstärkung de» ReichSheereS wirb von entscheidender Seite ai« eine gebieterisch« Nothwendigkrit bezeichnet, der inan sich beugen müsse. Man sagt, »S bandle sich darum, Deutschland stark genug zu machen, daß e» einen künftigen Krieg mit Zuversicht, mit begründeter Hoff nung auf Sieg führen könne. Do ist es äußerst unwahrscheinlich, daß man vor einer Verneinung de« Reichstage» Halt machen, daß dir Verwerfung der Militair « Vorlage den Rücktritt Laprivi'S nach sich ziehen würde. Vielmehr würde die Regierung ein ablehnende» Votum mit der Auslösung deS Reichs- tage» beantworten. Wären dir Abgeordneten, welch« gegen die Vorlage, all gegen die Tinsührung der zweijährigen Dienstzeit ge- stimmt hätten, dann ihrer Wiederwahl sicher? Könnte es sich nicht »reignea, daß di« zweijährige Dienstzeit, auch wenn sie nicht gesetz- lich, sondern nur thatsächlich gewährt wird, eine vortreffliche Wahl- Parole abgäb« und die Mehrheit de» neuen Reichstage» bewilligte, wa» dir de» aiien verweigert? Die gegenwärtige Volksvertretung des deutschen Reiches ist in ihrer Mehrheit für die Militairvorlage wahr- lich nicht eingenommen. Aber sie hat kein Jnlrresse daran, es zu einem Bruche zu treiben, den mich die Regierung durchaus nicht zu wünschen scheint. Daher ist ein Vergleich noch immer möglich, ein Vergleich auf Grund einer Erleichterung der Opfer, dir als Entgelt für die zweijährige Dienstzeit gefordert werden. Ob er geschlossen wird, hängt davon ab, wie weit die Regierung entgegen- komme» will. Bis >etzi hat Gras Eaprivi wohl principiell ein- geräuml, daß er Nachlasse gewähren könnte, aber er hat nie au», gesprochen, wie groß diese waren und worin sie bestanden. Vielleicht bringt die zweite Lesung der Vorlage, vielleicht erst die Verhandlung im Plenum des Reichstages einige Klarheit darüber." Die vielbesprochene Rede Kaiser Wilbclm's bei dem zu Ehren des brandenburgische» Provinzial-LandlageS ver anstaltetet: Festmahl wird vom Petersburger „Grasbdanin", dem Blatte deS bekannten Fürsten MeschtscherSky, in verständiger Weise commknlttt und zwar unter Weglassung aller sonst in der russischen Presse so beliebten Ausfälle gegen Deutschland. Das genannte Blatt hört aus der Rede einen gewissen elegischen Ton heraus, welcher, wie cs meint, darauf beruhe, daß Kaiser Wilhelm zu der Ueberzeugung gekommen sei, cS werde ikm trotz aller seiner besten Absichten nicht gelinge», alle Glieder seine« BolkcS in gleichem Maße glücklich und zufrieden zu machen. Diese „Illusionen" der ersten Regierungöjahre seien einer praktischeren Auffassung der dem Leiter eines großen Staates zugewiesencn Aufgaben gewichen. Daß, wie einzelne deutsche Blätter meinten, die Anwendung de- Kanzlerwortes: „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts in der Welt", al« Anzeichen einer bevorstehenden Aus söhnung mit dem Fürsten Bismarck betrachtet werden könne, glaubt der Fürst MeschlscherSki nicht: „Die Stellung, welche der Einsiedler von FriedrickSruh zum „neuen Eurse" und zu den „bewährten Natbgrbern" deS Kaiser», besonders aber zur Militairvorlage, deren Durchführung er der Regierung nicht unbedeutend erschwert bat, cinnimmt, läßt eine Annäherung der beiten Personen, von denen keine sich der anderen nnterordnen will, undenkbar erscheinen. Wir sebr da« deutsche Volk, wie sehr der Kaiser selbst auch wünschen möge, daß zwischen ibm und dein letzten größten Mitarbeiter Wilhelm'« I ein freundlicher mockus viremii hcrgeslcllt werde — daS Schicksal wird diesen Wunsch ein pium ckemckkrinm bleiben lasse». Die auswärtige Politik hat der kaiserliche Redner nicht berührt, kas cle uouvollo» — bouue-j nouvolle», könnte man, mutulm mukauckw, sagen. Die internationale Lage Europas giebt in diesem Augenblick zu keinen besonderen acuten Befürchtungen einer Friedensstörung Veranlassung. Der Friede ist schon lange unsicher, seil geraumer Zeit be finden sich ani Horizonte verschiedene schwarze Pnnctc, welche icter Zeit sich zu grausigen Wolken zusammenballen können. Dock an sie hat nian sich gewöhnt; sie sind beinahe zum Bebürfniß geworden; ihnen zum Trost schläft der Europäer ruhig, ähnlich dem ermatteten Krieger, der unter Kanonen donner einschlnmmerle und erst erwachte, als daS Schießen eingestellt wurde." ^. DaS gefräßige Ungeheuer deö Panama-Processrs hat ein neues Opfer gefordert und Diejenigen, welche von deni Fortgänge deö ProcesseS behaupteten, es würden sich neue sensationelle Enthüllungen ereignen, scheinen Recht zu beballcn. Wir hatten bereits in der Morgennummek zu melden, daß der Justizminister Bourgeois, der bisher in Bezug auf den Panamascandal so unantastbar erschien, in Folge gewisser Zeugenaussagen im BestechungSproceß am Sonnabend, sein Entlassungsgesuch ciiiaereicht habe. Die Aussagen, welche diese« überraschende Ereigniß zu Wege gebracht haben, sind diejenigen der Frau de» Angeklagten Colt», sowie die eines Herrn Soi noury, welcher ehemals die Stellung eine- DirectorS der allgemeinen Sicherheit be kleidete. Letzterer soll vom Minister zu Eottu'S Gattin ge sandt worden sein, um dieselbe gegen die Versicherung, man werde Evttu aus der Haft entlassen und kein weitere« Haar krümmen, zu veranlassen, in Bezug auf daS, was in Betreff der Panama-Schwindeleien zu ihrer und ihre» Manne? Keniit- niß gelangt sei, z» schweigen. Der Zeuge Toinonry suckle zwar erst die Aussage der Frau Colt» als unbegründet bin- ustelle», er verwickelte sick jedoch zuletzt in solche Wider- prüche, daß, zumal Frau Evttu mil größter Enlschirdcnbeit an der Richligkeil ibrer Aussage sesthiell, man nickl mehr daran zweifelt, daß in der That Herr Bourgeois versucht bat, in den Gang der Proceß- verbandlung in unzulässiger Weise rinzugreifen Die Nach richt von Bourgeois' Demission rief große Sensation hervor. Der „Figaro" meint, diesem Beispiel würden noch andere Minister folgen. „La Lanlernc" sagt, Bourgeois wolle sich nur volle Handlungsfreiheit verschaffen, »m jeden aus ihm ruhende» Verdacht zu entferne». Der „Gaulois" sicht i» dieser Entwickelung ein offenes Geständniß von Schuld, und „Le Petit Journal" meldet. Ribol unterhandle mit dem mulb- maßlichen Nachfolger Bourgeois'. Nach den neuesten Meldungen fand am Sonntag Abend noch in später Stunde ein Ministerratb statt, in dem Ribot erklärte. Bourgeois beharre auf seiner Demission. Ribot ließ von Earnol ein Decrct unterzeichnen, worin er Develle intermistisch das Portefeuille der Justiz anvertraut. Weiter verlautet, Ribot, der in der Panamaaffaire mehr als Bourgeois bloßgcsteUl sei, werde mit Earnol bezüglich der eventuellen Demission deS jetzigen Eabinelö cvnseriren. Der Abgeordnete Pourguery de Boisserin hat Ribot mitaetheilt, erwerbe ani Montag eine Interpellation an die Regierung wegen aller dieser Vorgänge richte». Auch von anderen Seiten will man die Negierung befrage» und eS steht sonach für heute eine voraussichtlich sehr bewegte Sitzung der Deputirten- kammrr zu erwarten. Tie Pariser Morgenblätter bezeichnen eS als wahrscheinlich, daß die verschiedenen Interpellationen in der Kammer über die Panama-Angelegenheit zu einer einzigen zusammengefaßl werden, unter Einschluß auch der jenigen Millevoye'ü, betreffend Flog»et, Freycinel und Elemenceau. In dem letzteren Falle würden sich Floquet und Elemenceau an der Debatte belheilige». Nian spricht auch davon, daß Cavaignac eine Rebe halten werde. Eine ähnliche Agitation für das allgemeine Stimm recht, wie sie in Belgien durch da« „Referendum" durch- gesübrt worden ist, baden die schwedische» Gesinnungs genossen in ihrem „Volk «reichslag" der Well vor die Augen geführt. Derselbe ist »ach einer von seinen Urhebern frei rrsnndenen Wahlordnung von allen mündigen Schweden „gewählt" worden und wird, aus 130 Abgeordnete» bestebcnd, beute in Stockholm zusammcittrelen. Es wird angenommen', daß der gesetzliche ReichSiag sich ungefäbr zur gleichen Zeit mit der Wahlrechtsreform beschäftigen wird, und es ist die ausgesprochene Absicht des BolkSreickStagS, de» größttnöglichcn Druck auf Regierung und RcichSlag auSzuüben. um eine Erweiterung de« Wahlrechts durchzuseyen. Der VvlkS- rrickStag beansprucht das Wahlrecht für jeden mündigen Mann. Da- Wahlrecht zur Zweiten Kammer ist in Schweden an ein versteuertes Einkommen von jährlich 800 Kronen geknüpft. Tie Zweite Kammer bat bereits im vorigen Jahre eine Herabsetzung dieser Grenze aus 500 Kr. beschlossen, doch ist di» Erste Kammer diesen, Beschluß nicht deigclrclen Ueber di« Parteislcllung im VolkSreickSlag ist noch »ichlS Zuverläs siges besannt, doch ist eS sicher, daß die Demokraten be- keulend da» Uebergkwickt über die Socialisten baden werden, weshalb Li« Begeisterung der socialistischen Blätter für den VolkSreickSlag in letzter Zeit auch stark abgekühll ist. Deutsches Reich. r. Ireadrn, 13. März. Die diesigen Zeitungen bringen heule einen martigen Aufruf zu einer Feier des Geburtstage« des Fürsten Bismarck, die der Ehar- woche wegen diesmal erst am 5. April slatlsinben kann. An der Spitze tes Frstconiitös siebt wieder General vonKu sserow. Unter den andere» 50 Mitgliedern desselben finden sich die Vorsitzenden des conservaliven Verein« (1)r. Mcdnerk), de» nationalliberalen ReichSvereinS sl)r. Vogel und HandelSkammrrsecrelair Schulze), des evangelischen Bundes, mehrere Siadlrätbe, Slaklverordnele, cbemalige MilitairS und der Festredner lrof. Wilh. Busch. Ums Geld. ILj Novelle von A. Heyl. Nachdruck »eibolnc. (Fortsetzung.) „Mit Recht, mit vollem Rechte", stimmte der Bruder ein. „Sie ist mehr interessant, als schön; die romanische Ab- slammung ist unverkennbar in den Zügen, in Wuchs, Haltung und Bewegungen; daS deutsche Element prägt sich nur in ihrem echt weiblichen, sittsamen Benebmen aus." Amanda freute sich über dies zutreffende Urtheil. „Ja, sie ist ein edle« Mädchen, unserer Theilnabme würdig." „Du sollst sie bald wieder einladen, Amanda." Amanda nickte lächelnd und versprach, es zu thun. Sie unlcrbirlten sich noch von Diesem und Jenem und zuletzt auch von den beiden Damen Roland. „Wie grundverschieden doch diese beiden Mädchen sind, und gerade dir am wenigsten Würdige ist vom Schicksal mit GlückSgütern überschüttet worden, während Annita, in deren Besitz die Millionen zum Segen Vieler gereichen würben, von den Wohlthctten dieser wirklich ordinären Persönlichkeit abhängt." ..Meinst Du!" war Alles, was Sykow darauf ant- wo !etr. Er drehte seinen Schnurrbart, da« schalkhafte Lächeln um seine Mundwinkel zu verbergen. Amanda fuhr fort: „Es Kal den Anschein, als ob sich Betty Roland bald ver loben würde; wie eS dann der armen Annita geht, bleibt übzuwarten." „Um sie mache ich mir keine Sorgen", gab Sykow lachend zurück. „Und mit wem soll sich die gfoße Oelprinzessin verloben?" „O, ich weiß nickt, vielleicht mit dem Landrath, mit dem kleinen Apotheker, mit einem der beiden Dörnbach-, oder mit dem blonden Rittmeister; sie hat die Wahl unter Vielen." Sykow zog die Schultern in die Höhe und sah au-, als ob ibn etwa- heimlich belustige. „ES bleibt abzuwarten, ob der Erwählte nicht kur; vor der Verlobung durch rin paar Worte abzuschrrcken ist", meinte er. „Du sprichst in Räthseln, dir ich nicht zu lösen vermag", antwortete Amanda, ihren Bruder verwundert betrachtend. „Die muffen ungelöst bleiben, bi« der richtige Augenblick kommt", sagte er. Der Medicinalrath Dörnbach batte da» erreicht, waS er an dem Abend, an welchem diese Geschichte beginnt, geschickt einsädclte, indem er Herrn Sykow ersuckte, die Damen Roland in sein HauS einzusühren, da er al« Schulkamerad ibrer Väter den Wun'ch hege, deren Töchter kennen zu lernen. Auf der langen BcsuchSliste, welche die Oelprinzessinnen niil ihrer Begleiterin abzufahren batten, stand der Name Dörn bach obenan, und von dem herzlichen Empfang, der ihnen zu Theil geworden, angenehm berührt, schlossen sich diese drei Damen gerne an diese hechangesehene Familie an, deren Hau« in gesellschaftlicher Beziehung so große Annehmlich keiten Hot. Da Frau Parker fand, ein älterer, erfahrener Arzt sei stctö einem jüngeren vorzuzicbcn, wurde der Medicinalrath gerufen, sobald sie. die etwa« herzleibend war, oder Betty, die bäufig an Indigestionen litt, eine- DoctvrS bedurften. Der alte Herr füllte seine Stellung als Hausarzt in liebens würdigster Weise aus; er kam auch, wenn nian seiner nickt bedurfte, »m sich nach dem Befinden der Damen zu erkundigen und ein Kalbes Stündchen angcnebm mit ihnen zu verplaudern. A» schönen Worten fehlte eS dem gewandten Manne nie, und an Neuigkeiten hatte er stets reichlichen Borralb, so daß sich die Zeit seine« Verweilen« immer sehr heiler gestallele. „Haben Sie Holkamp gesehen?" fragte er eines Morgens Frau Parker, während er sich behaglich in einem prachtvollen Brocalfauleuil auSstreckle und durch die Gläser seines gold gefaßten Zwickers Annita'S Bild hewunterle, daS ihm gegenüber an der Wand hing. — Die Befragte lehnte sich in die Sopbaecke zurück, ließ unter den gesenlicn Wimpern den beobachtenden Blick von dem Lebemann nach dem sehr getroffenen Oelgrmäldr ihrer schönen Cchntzbesoblenen streifen, und wiederholte dann nachlässig, ebenfalls in fragendem Tone: „Ist da« der hübsche Berliner, der so viel von sich reden macht?" „Derselbe, gnädige Frau", beeilte sich der Medicinalrath z» aulworlen; „derselbe. Ich bin gespannt, Ihr Unheil über ibn zu hören." ..Bi« jetzt kann ich keine« abgeben, Herr Medicinal- rath; ich habe ibn noch nickt gesehen, aber schon sebr viel über ihn vernommen; man sagt, er habe etwa« Bestrickende« für dir Frauenwelt." „Auch für die Männer", fügte Dornbach bei. „Er ist von außergewöbnlicher Sckönbeit, Kat eine richtige Dost« natürlichen Verstand und ein guimütbigrS, ehrliche« Wesen, mit dem er sich tie Herzen im Sturme gewinnt. Er wird eingesührt von Frau Lili Falk, an deren Gatten er aus« Wärmste empfoblen ist; auch Ihnen wird er seine Aufwartung macken; und da dürfen Sie, gnädige Frau, Ihre Schutz befohlenen noch sorgsamer hüten als gewöhnlich " Frau Parker lächelte gnädig: „Ich danke Ihnen für diesen Wink, Herr Medicinalralb. DaS Fräulein Annita anlelangt. so macht sie mir in dieser Hinsicht wenig Mühe; denn sie hütet sich selbst; bei Betty ist LaS anders." Dornbach nickte beistimmend. „Letztere hat auch »ine ungleich größere Anzahl stürmischer Verehrer in Distanz zu halte», als dir kleine Schwarzäugige, die ich übrigens reizend finde. Man glaubte anfangs, diese« süße Kind bade dem Doctor Falk ein wenig den Kops verdreht — es hatte auch für mich den Anschein, als ob der Herr Schwager im Begriff siebe, einen dliiiimen Streich zu macken." „Einen dliniinen Streich? Inwiefern?" fragte Frau Parker, den Kopf zurückwerfend. „Insofern", f»br der Medicinalrath unbeirrt fort, „als eS eine Tborbeit ist, die arnie Cousine zu wählen, wenn man möglicherweise die reiche baden kann." „Meinen Sie?" sagte die Dame daraus, indem sie den alten Herrn spöttisch betrachtete. „Meinen Sie wirklich?" Tann fügte sie bald mit sich selbst sprechend hinzu: „Annita ist ein sebr gescheite« Mädchen — o, sie ist sehr gescheit." Dornback körte erstaunt zu und wußte nicht, waS er auf diese Worte, die in keinem reckten Zusammenhang mit den srinizen standen, erwidern sollte. Er war etwas in Verlegen heit und half sich mit der Frage herauS: „Wie denkt Fräulein Annita von dem Doctor?" Frau Parker zog die Schultern in die Höhe und ant- worlele ausweichend: „Man weiß nie, was Fräulein Annita denkt; sie ist in Bezug aus ihr Denken und Fühlen nicht mittheilsam und tbut nach meiner Ansicht wobl daran lim aber auf Ken ersten Gegenstand unseres Gespräch« zurück- zukommen, so möchte ick über jenen Herrn, den man in unseren Kreis einzut'übren gedenkt, etwas mebr erfahren, al« daß er schön, gulmüldig und ebrlick ist. Wer ist dieser Herr Holkamp, welche Stellung nimmt er in der Welt ein, zu welchem Zweck kommt er hierher?" „Wie man mir sagte, gnädige Fran, stammt der junge Herr an« sebr guter Familie; seine Eltern unk Verwandten sollen Großindustrielle sein; er ist mit Empfehlungsbriefen besten- versehen, und wie er mir sagte, kam er hierher, um liniere Stadt unk die Rbringegend kennen zu lernen, sich, wenn ibm günstige Gelegenheit wird, an einen, lucrativen Geschäft mit bedeutendem Capitale zu betheiligen und sich zu ver- heikatben, wenn er eine in jeder Hinsicht paffende Leben«- gesäbrtin findet." „Der Herr bat wichtige Dinge vor", warf Frau Parker eia. Dörnbach war im Begriff, zu antworten, al- der Lakai rintrat und meldete, Frau Eduard Falk und Herr Holkamp au- Berlin wünschen ihre Aufwartung zu macken. .,I„upu« in tabula", ries der Doctor, indem er sich erbeb, Frau Parker die Hand küßte und sich durch eine Seitenthür entfernte. Dir Danie befahl dem Lakai, die Fremden riiiznfUbrc» und dann die gnädigen Fräulein zu benachrichtigen, daß Be such im Salon sei. Der Medicinalrath hatte nicht z» viel gesagt, als er Herrn Holkamp einen sebr schönen Mann nannte; denn er war es in der Thal. Mittelgroß, gut gewachsen, von strammer Haltung, trug er auf kräftiger Gestalt einen Kopf, der für einen Maler oder Bildhauer ein herrliche? Modell abgegeben hätte. Seidenweiche-, braunes Haar, schön geschnittene blaue Angen, eine seine römische Nase, ein kräftig vortretendes Kinn mit Grübchen, frische Farben, die den nur leicht gebräunten Teint belebten, und ein hellblonder Schnurrbart, der die Züge um den Mund verdeckte, bildeten ein Ensemble, wie eS selten gesehen wirb. Tie Natur hatte dem Herrn Holkamp einen Einpfehlungsbrics milgegeben, mit deni er sich in allen Kreisen leicht cinfiibrte, auch war er sich deS günstigen Eindrucks bewußt, den er hervvrbrachte. Frau Parker war eine zu kluge Dame und zu alt, um sich von einer cinntbmcnden Erscheinung be stecken zu lassen. Sic empfing ibn mit tubler Höflichkeit und wnrdc iniiner rcscroirier, je ungrzwungener der fremde Herr auslrat. Deni familiären Ton, den er anzuschlagen suckle, setzte sie ihr bobeitsroUcS Wese» entgegen, ohne damit ein- schückternd wirken zu können. Halb belustigt, halb verlegen, suchte Frau Lili die Situation geniütblichrr zu gestalte», indem sie nach den beiden Fräulein Roland fragte. Frau Parker versickerte, nack ibnen geschickt zu baden; sie mußten jeden Augenblick kommen. Brttv und Annita traten mit einander ein; die Vorstellung erfolgte und Herr Holkamp »ädert« sich der Ersteren so zutraulich und sreundschastlick, al» ob er sic seit Jahren kenne. Sir war überrascht und gerübrt von seiner Sckönbeit und von seiner unrrschöpsliche» Bcredtsam- kcit, ließ sich an seiner Seite nieder, börle ibm z», und gab nur hier und da verwirrte Antworten, WaS nicht be merkt wurde, da Herr Holkamp nie z» sprechen auibörte. Annita blieb völlg unbeachtet; sie »nterbielt sich inkesi vor trefflich. indem sie den sreniben Herrn und ihre Eousine beobachtete und sehr belustigt dabei aussah. Sobald Herr Holkamp eine kurze Pause machte, uni einmal nachhaltig Athen, zu schöpfen, benutzte Frau Lili den günstigen Moment, um die Damen zu einer Wassrrpartie nach der Rbeiniiiscl rinziilaben. Eine größer« Gesellschaft sollte sick an, Nach mittag desselben Tage« rusammensinden; ein Local-Dampf- boot war gemicthet, Musik bestellt; kurz, wie Lili versickerte, ein allerliebste» Fest arrangirt, da- allen Tbeilnebmern große» Vergnügen versprach. Frau Parker verhielt sich ab lehnend. «Fortsetzung solg»)
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