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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930315016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893031501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893031501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-15
- Monat1893-03
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Bezugs-Preis t» der Hanptexpedition oder den im Stadt« bezirk und den Vororten errichteten AuS- aabestellen abgrholt: vierteljährlich ^4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins -aus 5.50. Turcli die Post bezogen für Tkulschlond und Oesterreich: vierteljährlich > 6.—. Directe tägliche Kreuzbandsendung ins Ausland: monatlich 9.—.. TieMorgen-Ausgabe erscheint täglich '/,7 llhr, die Abend-AuSgobe Wochentags 5 Uhr. Redartion und Lrveditioa: Johaunrsgasie 8. Tie Ei Petition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktt» Klemm'S Lortiui. (Alfred Hahn), Univrrsitätsslraße 1, LoniS Lösche, Kathariiienstiv 14, pari, und Königsplatz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Legan für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter demRedactionSslrich l4gs- fpalten) SO^L, vor den Famtliennachrtchten (ßgespalten) 40^. Großer» Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarif. Srtrn-Beilagcn (gefalzt», nur mit der Morgen - Ausgabe , ohne Poslbefürderung >2 60.—, mtt Postbeförderung X 70.—. Annahmrschluk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morg» n>Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- nnd Festtags früh ' .9 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine balde Stund« früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Mittwoch den 15. März 189Z. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanutmachuug. Die Erste Annahmestelle der hiesigen städtischen Spar kasse, verbunden mit Sparmarkcnverkaus und Spar- tärtciiausgabc, tr. äie bisher Herr Kaufmann IV. Lorolinrcl IVairoer, Ecke der (geliert- nnd Lucrstraste, innchalte, ist von heute ab Herrn Kaufmann Otto vnrlilisle) von uns übertragen worden und befindet sich in dessen Geschäfts räumen Tauchacr Ltratzc Nr. !>, parterre. Leipzig, am 15. März 1893. Ter Rath der Stadt Leipzig. Lr. Georgi. E. Lkkanntmachung. Tie Leuchtkraft SeS städtischen Leuchtgases betrug in der Zcil vom 6. bis IS. März 1893 im Argandbrenner bei 1uO Litern mindlichem Consuni das 19,00 fache der Leuchtkraft der deutschen zVermaikerze von 50 Millimeter Flammenhöhe Tos specifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,440. Leipzig, an, 13. März 1893. Des Raths Deputation zu Sen (Gasanstalten. Aufforderung. Die am 25. Mai 1860 in Halle a S. geborene, bis vor Kurzem hier wodnhasle Kellnerin Marie Margarethe WachSmuth ist in einer hier wegen Kuppelei anbängigen Untersuchung als Zeugin zu vernehmen und wird hiermit auigeiordcrt, ihren derzeitigen Aufent- lailsort ichleunigst dem Unterzeichneten mitzutheilen. Künigl. Laudgrricht Lripzig, am 14. März 1893. ^ Tobias. U.-R. Ljädtifche Fortbildungsschule für Mädchen. Zu Lsicrn sollen an der Fortbildungsschule für Mädchen neben den jetzt bestehenden Classen, welche in der Hauptsache nur Vormiltags Unterricht haben. NachmittagSrlasscn mit 16 Stunden »Deutsch, Rechnen mit Buchführung, Haushaltungskunde, weibliche Handarbeiten, Zeichnen, Turnen) eingerichtet iverdzn Gleichzeitig werden ältere Mädchen, welche sich im kunst- gcwcrblichcn Zcichnc», im Schnridrr», in, Wäschrzuschncidrn nnd in Len scincrrn Handarbeiten ausbilden wollen, daraus auimert'am gemacht, das» an der Schule in besonderen Luisen Unterricht in Liesen Gegenständen erthcilt wird. Für die genannten Llassen und Curie werden am 17. und 18. März von 11—1 und 3—5 Anmeldungen in der Schule, Tliomaskirchlios 24, entgcgcngenoimnen. Vr. Hahn. ^us Frankreich ä. Paris, 12. März. In der verflossenen Woche bat die Deputirtenkammer »ach einer besitzen Tcbatlc die bereits vom Senate votirle mini sterielle Vorlage bebufS Abänderung rcsp. Verschärfung des PreßgesetzeS von 188l angenommen, wodurch einerseits die Regierung in den Stand gesetzt werden soll, den Aufrei zungen ;u Verbrechen gegen Personen und Eigcnlbum und ipeciell zu Attentaten mit Sprengstoffen in den anarchistischen Organen ein Ziel zu setzen und andererseits die Ab- uribcilttng der Beleidigung oder Schmäbung fremder Souvcraine und in Frankreich accredilirler Botschafter der Eompeten; des Schwurgerichtes entzogen und dem Zuchtpolizei- überwiesen werden soll. Bekanntlich bat zu dieser letzteren Abänderung des PreßgesetzeS der Zwischenfall be züglich der Botschafter Rußlands und Oesterreich - Ungarns Veranlassung gegeben, anläßlich dessen der Minister deS Leitstern gezwungen gewesen ist, de» von den Hetzblättern verleumdeten und geschmähten Botschaftern die Ent schuldigungen und den Ausdruck deS Bedauerns der französischen Regierung zu Überbringer!, weil eine ge- nchtiiche Verfolgung der betreffenden Hetz-Journalisten nicht angestrengt werden konnte. Dem bestehenden Prcß- ge'etzc zufolge kann die gerichtliche Verfolgung eine- Journals wegen Veröffentlichung von Schmäbartikcln gegen einen fremden Souoerain oder Botschafter nur auf den besonderen Antrag des betreffenden Diplomaten eingeleitet werden. Diese Be stimmung ist auch in dem modisicirlen Gesetze bcibebatlen Worten, allein erst dadurch, daß solche Vergeben der Eompetenz des Schwurgerichts entzogen worden sind, ist dem Botschafter t.e Möglichkeit geboten, von dieser Bestimmung Gebrauch zn machen, da das Zuchlpolizeigericht das Gesetz zur An- wcntung bringen muß, während nicht daran zu denken war, taß französische Geschworene ein „patriotisches" Blatt wegen Schmäbung eines fremden SouvcrainS verurtheilen würden. Die gesammte Pariser Presse batte sich gegen die mini sterielle Vorlage ausgesprochen und einstimmig erklärt, daß die Lnnabme einer solchen Modificalion des PreßgesetzeS eine Ver letzung der Würde der Nation, eine Demütbigung Frankreichs bedeuten werde; es müßte unerhört nnd unerträglich er scheinen, daß z. B. die Presse nicht mehr in der Lage sein solle, über den deutschen Kaiser „ihre Meinung auszusprechen" und die Acußerungen und die Handlungen desselben zu kriti- i'lrcn, ebne sich einer Bestrafung durch das Zuchtpolizcigerickt auSzusetzcn. Auch in der Deputirtenkammer schien die Stimmung dem Projcctc durchaus ungünstig, so daß eS seitens ter Regierung ganz besonderer Anstrengungen bedurft bat, iiin die Mazorität für die Vorlage zu gewinnen. Ter Minister des Aeußercn Tevelle erklärte, dag er nicht »och c nmal der Notbwentigkeit auSgrsctzt sein wolle, dcmüthigcnde Schritte bei einem Botschafter zu thu», daß er dcSbald auf tie Leitung der auswärtigen Angelegenheiten verzichten müsse, wenn die Kammer nicht durch Annabme der Vorlage die Wiederholung solcher Zwischenfälle verhindere. Und als trotz tiefer Drobunz mit einer MinistcrkrinS die Kammer noch schwankend schien, intervenirte der Conseil-Präsident Ribot in ebener Person, bestätigte, Laß die Regierung die Vorlage unbedingt nolhwenrig erachte, und stellte sodann in aller Form die CabinetSsrage. Darauf folgte die Annahme mit 271 gegen 176 Stimmen. ES wird sich nun »eigen, ob diese Verschärfung des Preß- sitze-, wenn dieselbe in Kraft getreten ist, zur Folge laben wird, daß die Hetzblätter vorsichtiger werden und be züglich der fremden Souveraine einen anständigeren Ton an- tchlagcn. Bis jetzt hätte der deutsche Botschafter täglich mehr als eine Veranlassung gehabt, dir gerichtlich« Bersokgung von Schmäbartikeln gegen ten deutschen Kaiser zu beantragen, die gerade in letzterer Zeit sich wieder wesentlich vermehrt haben und meistens derartig sind, daß eS nicht möglich ist, den Inhalt derselben auch nur anzudcuten. Der am Mittwoch vor dem Pariser Schwurgericht begonnene Proceß gegen die Herren Charles de Lesseps und Fontane wegen Bestechung und gegen die rbematigen Minister oder Parlaments,nitgtiedrr Bakhaut, SanS-Leroy, Antonin Proust, Besal, Duguö dr la Fauconncrie u. s. w. wegen Bestechlichkeit hat, wie erwartet werden mußte, bereits verschiedene neue Enthüllungen zu Tage gefordert. Herr Charles de Lesseps hat die reservirte Haltung, welche er in dem Processc vor dem A^pellbose bewahrt batte, ausgegeben und sich entschlossen auf den Standpunct gestellt, daß er nicht der Bestechung beschuldigt werden könne, wahrend direct und indirect die Mitglieder der Regierung ibn gezwungen hätten, die Gelder der Panamacanal - Gesellschaft zu besonderen Zwecken her- zugeben. Der Angeklagte Bakhaut, ehemaliger Baulenminister, hat sich in einer zu sehr theatralischen Weise schuldig bekannt, von Herrn von LessepS die Summe von 375 000 FrcS. erpreßt zu baden, und die übrigen Angeklagten baden mit mehr oder weniger Geschicklichkeit die gegen sie vorgebrachlen An- chuldigungcn zu entkräften gesucht. Die mit großer Spannung erwarteten Zeugenaussagen der Herren von Freycinet, Floquet und Clrmeneeau baden nichts Neues zu Tage gefördert, aber durchaus bestätigt, daß Herr von Lesseps hauptsächlich durch den Druck, den diese damals mächtigen Politiker auf ihn ausübten, veranlaßt worden ist, „dem Baron Rcinach resp. dem Cornelius Herz verschiedene Millionen zu zahlen, uni dadurch den Ausbruch ejue« großen LcandaieS zu Verbindern." Unentschieden ist die Frage geblieben, ob eS wabr ist, daß der Conseilpräsident Floquet, wie Lesseps behauptet, von demselben 300 OOOFrcS. zu Gunsten gewisser rrpublikanischer Journalisten erpreßt bat, was Floquet mit Entrüstung ablcugnet, wäbrcnd eS Lesseps nicht gelungen ist, bis jetzt irgend welche Beweise für seine Behauptung bcizubringen. Die Aussage deS ehemaligen Polizeipräsecten Anvrieu», der bekanntlich der Haupt-Anstifter des Panamascandale« ist, wodurch er sich an den Republikanern rächen will, die ihn aus triftigen Gründen aus ikrcn Reiben verstoßen haben, war nur eine Wiederholung der verschiedenen Dcnunciationen, welche derselbe vor der parlamentarischen Untersuchung- Commission und in zahllosen Interviews, sowie in dem antisemitischen Organe librs t'arvl«" gegen dir Republi kaner vorgebracht hat. Diese wie alle übrigen theilweise recht pilantcn Zeugenaussagen baben aber alles Interesse verloren, seitcem in der gestrigen Sitzungdie auf Antrag des VertbeidiaerS deS Herrn von Lesseps vorgcladene Frau Cottu durch ihre Aus sage nicht allein die größte Aufregungbervorgerufeii, sondern sogar eine Ministerkrisis verursacht hat. Frau Cottu ist die Gemahlin des Administrators der Panamacanal-Gescllschaft, welcher mit Lesseps und Fontane von dem Appellbof verurlheilt, aber in dem BestcchungSproccsse durch daSUrtheil der Anllagekammer außer Verfolgung gesetzt worden ist. In voriger Woche er zählten die Hetzblätter, daß diese Dame von de», Dirrctor der öffentlichen Sicherheit im Ministerium deS Innern Soi noury gleichsam gemarlert worden sei; derselbe habe an Frau Cottu das Ansinnen gestellt, ihren Mann zu bewegen, der Regierung Schriftstücke auSzuliesern, durch welche Mit glieder kcr Liechten der Deputirtenkammer in den Panama- scandal verwickelt werbe» könnten; als Gegenleistung bade er die Begnadigung ibreS Mannes in Aussicht gestellt In der gestrigen Gerichtssitzung erschien nun Frau Cottu, eine sebr elegante Dame, und erzählte mit großer Ausführlichkeit und Bestimmtbeit, wie wenige Tage, nachdem ibr von Wien zurückgekchrter Mann sich dem Gerichte gestellt, in der zweiten Hälfte deS Monatö Dccember v. I. ein gewisser Golliard sich a» den Sccrctair ibres ManiieS gewendet und demselben initgelbeitt habe, er sei durch seine Beziehungen im Stande, der Frau Cottu eine Audienz bei dein Justizminister Bourgeois zu verschaffen, der, wie er wisse, ganz geneigt sei, unter gewissen Bevingungen die Niederschlagung vc« ProcefseS gegen LeffepS, Cottu und Fontane zu bewirken. Sie sei schließlich am 7. Januar d I zu dem Gencral-Tirector der öffentlichen Sicherheit im Mi nistermm des Innern Soinoury geführt worden, der von ibr verlangt babc, Beweismittel gegen Mitglieder der Rechten zu liefern oder ihren Mann zu bewegen, (eiche der Regierung zu verschaffen, waS sie trotz der dafür von dem Direktor in Aussicht gestellten Vergünstigungen aus das Entschiedenste abgelebnt habe. Diese Aussage veranlaßte sogar den Staats anwalt zu k>er Acußerung, daß, wenn dieselbe richtig sei. die Handlungsweise des TirectorS der öffentlichen Sicherheit als eine verbrecherische bezeichnet werden muffe. Auf Antrag deS VcrtheitigrrS Barbvux wurde Herr Soinoury tele phonisch herbeigernfen nnd der Frau Cottu gegenübergeslellt, welche ihre Aussage im vollen Maße aufrecht erhielt wäbrcnd Soinoury dieselbe für eine Ausgeburt krank basier Aufregung erklärte und versicherte, daß er an Madame Cottu kein Verlangen gestellt und ibr auch keinerlei Versprechungen gemacht habe, wäbrcnd er zugab, daß er vielleicht in der Unterballung die Frage stellte, ob denn nickt auch Mitglieder der Reckten (Herr Cottu ist als Monarchist bekannt, weSbalb die Negierung angenommen bat er könne als Vermittler zwischen der Panamacanal-Gesell schaft und den Deputaten der Rechten gedient baben» an dem Panamascandal belkeiligt seien. Die Consrontirunz der Frau Cottu mit Herrn Soinoury verlief rcsultatloS, die Sckneidizkeit, womit die Dame dem Gcneral-Dircctor der öffentlichen Sicherheit gegenüber sder seit drei Tagen zum General-Direclor deS Gesängnißwescns befördert worden ist) auf der Wabrbeit ibrer Aussage bestand, erregte unter den Akvocaten einen solchen Enthusiasmus, daß sie der mutbigen Fra» eine stürmische Ovation bereiteten, an der sich das im GcricktSsaale anwesende Publicum betyeiligte, und welche der Präsident gewähren ließ. AIS erste Folge diese- Zwischenfalles bat noch gestern Abend der Justizminister Bourgeois an den Conseil- Präsidenten sein EnllassungSgesuck gerichtet und dasselbe da mit motivirt, daß er sich durch die Berichtigung de» Herrn Soinoury nicht genügend entlastet erachte, daß er den gegen ihn ausgesprochenen Verdacht nicht aus sich sitzen lassen wolle und seiner Freiheit bedürfe, um mit allen Mitteln nachzu weisen, daß er weder direct noch indirect irgend Jemand gestattet dabe, anläßlich des Panama - ProcefseS bei Frau Cottu irgend «inen Schritt zu thun. Gleichzeitig hat Herr Bourgeois den Präsidenten de« Schwurgerichte» ersucht, ihn morgen vorzuladen, um ibm Gelegenheit zu gebe», vor den Geschworenen die gegen ihn erhobene Verdächtigung zurück- zuweisrn. Dir Minister habe» heute Morgen eine Beralhung gehalten und beschlossen, vorläufig das EntlassungSgesuch de« ^errn Bourgeois nicht anzunchmen und darüber erst in einer beule Abend 9 Ubr abruballendcn Beratbung zu entscheiden. Inzwischen dal Herr Soinoury, um seiner Absetzung zuvor» zukomme», seine Entlassung als General-Direclor des Ge- ängnißwescnS gegeben, und der Polizeicommiffar Nicolle, wel cher Frau Cottu zu Herrn Soinoury geführt batte, ist seine- Amkes entsetzt worden. In der Deputirtenkammer werden nun morgen Interpellationen über den Zwischenfall und über die Ursachen deS Rücktrittes deS JustizministerS einaebrackt werden, eS ist aber noch fraglich, ob die Debatte über dir- clben gleich morgen staltfinvrn kann, da doch Herr Bourgeois ebenfalls dabei anwesend sein muß, WaS ihm nur möglich ein würde, wenn seine Vernehmung vor dem Schwurgerichte Lormitlags stattsände. Ich glaube nickt, daß dieser Zwischen fall eine allgemeine Ministerkrisis zur Folge haben Wirt, aber ledcnfalls ist derselbe nur zu sebr geeignet, der Hetzprcffe neuen Stoff zu Angriffen gegen die Regierung zu liefern. So wird die Situation hier immer verwickelter. Deutsche- Reich. ss. Berlin, 14. März. In einer Versammlung in Auer bach an der Bergstraße hat ter Oberstlicutenant a. D. EnnccceruS, der Begründer deS „Patriotischen Vereins" in Frankfurt a. M., eine von der Versamiiilung angenommene Resolution beantragt, in der cs beißt: „Indem sich tie Vcr- animlluig bereit erklärt, die erforderlichen Opfer zu bringen, richtet sie an den hoben Reichstag die dringende Bitte, die Militairvorlage bis zu ihrem vollen Umfange anzu- zunehi»en." Gleichzeitig lesen wir im Briefkasten des „Deutschen Vaterlandes", dem von demselben Lbcrst- lier enant EnnecceruS hcrausgegebrnen Organ eben diejeS Patriotischen Vereins, Folgende-: „Wir baden bereits in voriger Nummer darauf bingewicsen, daß wir eine „Verständigung" mit der Regierung in Bezug auf dir Höhe der von der Regierung verlangten AuS- hebungSzisser für völlig ausgeschlossen halten. D-^-gc» erscheint uns eine Verständigung auf der Bast» der r .'. Herrn Bennigsen vorgeschlagenen „gesetzlichen" Festlegung der zweijährigen Dienstzeit durchaus nicht so aussichtslos, wie Sie meinen." Die Nummer dcö Blattes, welche diese Meinungsäußerung enthält, trägt da- Datum des 12. März, desselben Tages, an dem die Aucrbacher Versammlung statt- gesunden hat. Wir verzichten darauf, den Widerspruch näher zu beleuchten. Der Sache der HcereSreform wird durch diese Art von Diplomatie jedenfalls nicht gedient. * Bcrlt», l t. März. Tie „Krcuzztg." erklärt sich gegen die Einführung der Öffentlichkeit iin Militair- sl rasverfahren. DaS Blatt schreibt u. A.: „Wenn schon im bürgerlichen Gerichtsverfahren die Oefsentlich. keit, welche dem im Zuschauerraum anwesenden prosesslonirte» Ver- brecherpersoiiat für leine Fortbildung reiche« Material gewöhn, einen sehr fragwürdigen Werth Hai, so inus! ein öffentliches Militairgerichlsversahren um so bedenklicher erscheinen. Die Justitia Iragt sinnbildlich schon bei den ailesicn Völkern eine Binde über den Augen. Tie Leffentlichkeit reiht sie ihr ab: sie stellt die richter liche Lnlscheidung unter den Truck der sogenannten öffentlichen Meinung; sie gefährdet die Achtung vor dem Vorgesetzten; sie er muntert den Untergebenen zur Nutlehnung und lähmt die Energie des Vorgesetzten, welcher vor boSbaften oder leichtfertige» Ent- siellunge» und ehrverletzenden Insulten durch zügellose Plaidoycrs der öffentlichen Sitzungen nicht ausreichend zu schützen ist!" ES ist bisher nickt,bekannt geworden, daß in Bayern, wo die Oeffentlichkeit deö MilitairgericktSoerfahrenS dekanntlich seit einer Reihe von Jahren eingefübrt ist, die „Achtung vor dem Vorgesetzten" gefährdet ist. taß die Untergebenen zur Auflehnung (ich „ermuntert" fühlen, daß die Energie des Vorgesetzten „gelähmt" wird und daß der Vorgesetzte „vor ehrverletzenden Insulten durch zügellose PlaidoycrS nickt aus reichend zu schützen ist". Wie aber steht die Sacke beute? Bei dem jetzigen Stande der Dinge tritt einfach a» die Stelle der öffentlichen Gerichtsverhandlung die öffent liche Verhandlung gerade der bedenklichsten Fälle im Reichstag. Und daß diese Oeffentlichkeit, wobei von socialdemokratiscken und ähnlichen Rednern die Dinge bäufig in der einseitigsten Weise dargrstclll werden, ohne daß auch nur die Widerlegung von direclen Unwahrheiten alsbald möglich ist, unvergleichlich schlimmer wirken muß, als selbst im denkbar schlimmsten Falle eine geordnete öffentliche Gerichtsverhandlung, das muß doch, schreibt tie „Nat-Ztg." vollkommen zutreffend, für jeden rubigen Beurtbeiler auf der Hand liegen. Der frivolste Arvocat kann Ausdrücke, wie sie in der vorigen Wecke »n Reichstag gebraucht worden, vor Gericht nicht wagen, ebne daß sofort die entsprechende Rüge erfolgt; und wenn die Darstellung deS Vertbeikigcrs einseitig oder falsch ist, so findet sofort die Richtigstellung durch den Staatsanwalt und den Richterspruch statt. ReichStagS-Berhandlungen wie die der vorigen Wocke aber werde» so lange staltsinden, als die Verhandlungen der Militairgerickte nicht öffentlich sind. Berlin, l4. März. «Telegramm.) Zu der Nach rickt der „Freisinnigen Zeitung", der deutsch-russische Handelsvertrag gelle in parlamentarischen Kreisen für gescheitert, wird der „Post" gemeldet, eS sei nickt richtig, daß eS zu Differenzen zwischen de» Organen der Reichs Verwaltung und der preußischen Staatsverwaltung ge kommen ist. Tie Antwort auf die dem Grasen Schuwa- loff übergebene Note liegt bier übrigens noch gar nickt vor, kann also in parlamentarischen Kreisen noch gar nicht bekannt sein. Aber selbst wenn eS die russische Regierung ablebncn sollte, solche Conceffionen zu macken, wie sie deutscherseits wiederholt als unerläßlich bezeichnet worden sind, so würde daraus neck nickt folgen, daß der Vertrag gescheitert sei. Höchstens ergebe sich dann daß eine andere Basis gesucht werden müsse. Die Frage, ob eS überbaupt gelingen durste, mit Rußland soweit zu kommen ist bisher von deutscher Seite und auch im Reichs tage nie ander« als eine ganz offene aufgefaßt worden. — Da« „Berliner Tageblatt" bemerkt zu dieser Meldung: die durch die Presse laufenden Nachrichten, daß der russisch-deutsche Handelsvertrag als gescheitert zu betrachten sei, sind, wie wir auf das Bestimmteste mittkcilen können, falsch. Der Stand der Sacke »st gegenwärtig der, daß die nach Petersburg übermittelten deutschen Vorschläge von der russischen Regierung eingehend geprüft werden. Eine rndgiltize Rückäußerung liegt noch nicki vor, und man bat vorläufig durchaus keinen Grund, die Verbandlungc» als aussichtslos zu betrachten. — Gestern Mittag wurde der Bankier Alfred Kaulla vom Kaiser in Audienz empfangen und sprach seine» Dank ür die thatkrästiae Unterstützung auS, tie ibm der kaiserliche Sotschafter Fürst Radoli» bei der ConcessionSertbciluug ür dir anatolischr» Bahne» gewäbrt bade und obue welche dir Cvncession wahrscheinlich in andere Hände gefallen ein würde. Der Kaiser entgegnete, der „Köln. Ztg." ;u- olge, daß ibn die ConcessionScrlbeilung sebr erfreut babe, weil sie fruchtbare türkische Provinzen dem Verkehr erschließen, der deutschen Industrie zu Gute kommen und deutschen Werken und Arbeitern Arbeit und Verdienst verschaffen werde. Der Kaiser fügte hinzu, daß die ConcesfiviiSertkeiliing der Weis- beit de-Sultans zu verdanken sei, ter durch die Bevorzugung eines deutschen Unternehmens die Eoncession jedes politischen Charakter« entkleidet babe. Für Deutschland bandle eS sich nur um eine industrieUc und finanzielle Unternehmung, während die Uedertragung an Angehörige einer ankeren Nation unter Umständen eine politische Bedeutung hätte erlangen können. — Der Fall Wilisch, über den wir seiner Zeit be richtet haben, ist der „VolkSzIg." zufolge gestern zur gericht- ichen Erledigung gekommen. Der NeicbStagSabgcordnete Wilisch sollte vor mehr als zwei Jahren den Amtsrichter Hcrtwig durch die Presse beleidigt habe». Da Prcßvcrgehen in sechs Monaten verjähren, so ercegle eS allgemeines Staunen, als neuerdings da- »ObcrlandcSgerlcht in Kassel die Straf verfolgung gegen Wilisch anordncle, weil das Cinsend.en eine- strafbaren Zeitungsartikels an eine Rcdaction als elbstsländigc, auf die Absicht einer Beleidigung gerichtete Handlung anzusehen sei, die im Gegensatz rum vollendeten Preßvergehen erst in fünf Jahren verjähre. Bei der gestrigen Verhandlung in Kassel deantragle der Staatsanwalt gegen Herrn Wilisch eine Geldstrafe von dreißig Mark. Herr Wilisch wurde jedoch freigesprochen, da das Vergehen, dessen man ihn bezichtigte, verjährt sei. — Für die vom Reichs - Versicherung».»»»! einberufene Conferenz der Vertreter der LandeS-VersichcrungS- Lniter und der Invalidität-- und Alteröversicbe- runaSanstalten, die am 27. März. Vorinittagö lo Uhr, im Reich-tagsgebänd«, Ziminer 5, zusanimcntrele» soll, ist nunmrbr folgend« Tagesordnung festgcstcllt Worten: 1) Welche Vereinbarungen oder Maßnahme» sind z» treffen, um in allen Fällen »>n sachgemäße» ärztliche» Zeugniß über die Erwerbssähigkeit eines Jnvalidenrenleiibewerbcr« mit möglichst geringen Koste» zu eryalten? 2) In weichem Umfange dürfen di« Versicherungsanstalten ßemäß t> IS, Absatz l, des Jnvaiiditats- und Aitersvcrficherungsgelctzes das Hrilvcrsabren für »inen erkrankten Versicherten übernehmen V 3) Empsichit es sich, allgemeine Anordnungen berbeizilsüyren, welche eine Ge- währ dafür bieten, daß die Versicherungsanstalten von allen das Aerstcherungsverhältniß oder den Rentenbezug berührenden Thatsachen (Tod eines Versicherten, Tod, Jndaftirung, Auswanderung eines Rcntenempsängeis oder sonstige Thatuinslände, weiche das Ruhen der Rente gemäß 8. 34 des Jiivaliditätt- und AUerSversicheruiigsgesetze- herbeisülwen) recht zeitig Kennlniß erhalten? 4) Ist das normal verlausende Wochen bett als Krankheit im Sinne des A. 17 Absatz 2 des Jnvali- ditäts- und Alttr-versicherungsgesetzes anzusehen? Besprechung der bisher von den Versicherungsanstalten zur Förderung des Baues von Arbriterwohnungen getroffenen Maßregeln. U) Ist es wünschenswerth, bezüglich der von den Versicherungs- anstatt,n Vvrzunehmenden Entwert!, ung von Beitrags- inarken ein einheitliche» Verfahren einzusühren? 7) Em pfiehlt sich zur Vermeidung von Nachwahlen die Ansnadme einer statutariichen Vorschrift, welche beim Ausscheiden eines oder mehrerer Vertreter der Arbeitgeber oder der Versicherten im Aus- schusse nebst deren Ersatzmännern das Stimmverhältniß etwa durch jedesmalige AuSiooiung einer entlprechenden Anzahl von Vertretern der anderen Kategorie regelt? 8« Behandlung der gesundeneil Quittungskarien, deren Inhaber nicht sogleich zu ermitteln sind. 9) Tbeilen die Schiedsgerichte von Amts wegen oder aus entsprechende allgemeine oder für den einzelnen Fall ge stellte Anträge der Versicherungsanstalt iBerussgeiioffenschast) Las Ergebniß einer im schiedsgerichtlichen Verfahren veran iaßten Beweisaufnahme vor der UrtheiiSsällung mtt? Besieht in dieser Beziehung ein Bedursniß zu weiteren, über den Rahmen des an die Berutsgenossenickosten gerichteten Rnndichreiben« vom 15. Juni 1887 hinausgehende» Maßnahmen? 10) Besprechung der mit dem sogenannten Einzug-veriahren gemachten Ersadrungc». II) Durchtüdrung der Veitragsleistung bei Versicherten, die gleichzeitig in einem dauernden Arbeitsverhattniß zu mehreren Arbeitgebern stehen. — Ter am Sonnabend wieder in Hast gciiommene Kauf mann Carl Paasch wurde gestern der Vll. Strafkammer deS Landgerichts I vorgcführt, um sich wegen eincö Verstoßes gegen daS Preßgesctz zu verantworten. Gegen te» Angc- ktagten schwebt bekanntlich ein umfangreiche- ^lrasverfabre» wegen der von ihn, verfaßten Broschüre „Eine Protcstciiigadc an ten Reichskanzler von Caprivi". Auch gestern bandelte eS sich um diese Broschüre, jedoch stand nur eine formelle Iledertretung deS PreßgesetzeS in Frage. De» Angeklagte batte aus dem Titelblatte jener Broschüre fälschlich tick selbst als ten Drucker und Verleger bezeichnet. Er gab zu, daß er eine Druckerei nicht besessen und die falsche Angabe zu dem Zweck gemacht zu baden, um den wirklichen Drucker vor allen Unannehmlichkeilen zu bewahren. Der Staatsanwalt bcanlrdate 150 Geldbuße, der Gerichtshof erkannte auf 50 Geldbuße cvcnt. 5 Tage Haft. — Die von der Agendencommission Im vorigen Monat durch- beratdene Agende für die evangelische Landeskirche Preußens wird dem Vernehmen der „Kreuzzlg." nach unter Leitung des Lber- consistoriairatbs Professors v. Kleinert einer Schiußrcdaction unterzogen. Nach Beendigung derselben wird die Agende, wahr scheinlich einige Monate vor Einberulung der Provinziaisvnoden, veröffentlicht werden. Tie Arbeit der Nackredaction ist trhr umfang reich, da das Werk zwei starke Bände uinsassen wird. Dir ver lautet, besteht di« Absicht, die Provinzialsvnoden schon im Lause des Sommer« elnzuberusen; doch läßt sich noch nicht mit Bestimmtheit übersehen, ob eine so frühe Einberufung sich wird ermöglichen lasten. — Dem Abgeordnetenbause gingen rin Geietzentwurs, be- treffend die Abänderung der Verfassung der Verwaltung«»
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