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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930316027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893031602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893031602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-16
- Monat1893-03
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Auch Wiederholungen derselben Erörterungen in kurzen Zwischenräumen haben slallgefunden; so wurden drei ausgedehnte Wäbrungs- debatten abgebaltcn. Was über alle möglichen winbschasiS- und socialpolitischen Gegenstände ohne >edeS praktische Er- gebniß geredet wurde, übersteigt das berechtigte Maß. Der unjruchtbare und ermüdende Verlaus dieser Verhandlungen ist zum großen Thcil an der fortdauernden Beschluß- Unfähigkeit schuld; die wenigsten Abgeordneten haben eben Zeit und Neigung, an Wochen- und monatelangen Aus tausch von Meinungsverschiedenheiten über alle denkbaren politischen Fragen theilzunchmen, bei dem praktisch nichts herauS- lommt und der hundertmal Gesagtes immer von Neuem vikderholt. Durch das gleichzeitige Tagen deS Reichstages und preußischen Abgeordnetenhauses, die sich oft genug mit denselben Gegenständen beschäftigen, wird daS llebermaß nur noch verstärkt. Sehr bedenklich dabei ist auch das natur gemäß sinkende Interesse deS PublicumS. Man kann sicherlich behaupten, daß eS nur noch ver einzelte Leute sind, welche Muße und Lust baden, sich täglich durch den mächtigen, eng gedruckten Parlaments stoff der Zeitungen hinrurchzuarbeiten; weitaus die Meisten werden sich mit einem kurzen Auszug oder einem ganz ober flächlichen Einblick begnügen. Die rege Thcilnahme deS großen politisch denkenden PublicumS ist aber eine wesentliche Voraussetzung für eine ersprießliche Wirksamkeit der Parlamente. Sie büßen einen großen Theil ihres Zwecks, Wertstes und AutzeuS ein, wenn sic nicht mehr einen empsänglichcn Boden lebhafter Theilnahme in den weitesten politischen Ürnsen finden, wenn sie nicht mehr eine frische und reiche Quelle für daS Interesse an öffentlichen Dingen bilden. Die Gleichgiltigkeit des PublicumS ist eine ernste Gefahr flir ten Parlamentarismus und wird naturgemäß eintretcn bei einem Uebermaß. das abstumpfcnd und ermüdend wirken muß. Seit dem 22. November tagt jetzt der Reichstag, und cs ist in diesen Monaten nicht viel mehr geleistet worden, als die Fertigstellung deS ReichsbauöhaltS, die allmälig ihrem Ende sich nähert. Der Abschluß der Sessionen im Reichstag und preußischen Landtag ist noch gar nicht abzuschcn. Selbst- beschränkung i» der Debatte, festes Losgehen anss Ziel, Ferm halten unnützer, meist nur aus die Agitation nach Außen be> rechneter Abschweifungen thul unseren parlamentarischen Eim nchlungen und Gepflogenheiten notb, wenn nicht daS co» stitutionelle System selbst mit der Zeit Schaden leiden soll. In der durch den resultatlosen Verlauf der ersten Com- missionsberathung der Militairvorlage herbeigefükrten misten Lage ist es fast ergötzlich, zu sehen, wie dcutsch- jmsinnige, ultramontane und conservative Organe mtrünstige Sehnsucht nach der Auslösung deS Reichstags brtheucrn, wie aber gleichzeitig jede dieser Parteien den beiden anderen vorwirft, deren Begierde sei erheuchelt; zuversichtlich 'mb nur „wir". UnS will bedünkcn, als ob sie alle drei der llnwahrheil die Ehre gäben, nickt zum Mindesten die „Kreuz- zeitung", die heute auseinandersetzt, daß die agrarische Be wegung und die Aufnahme desAntiscmitiömuS in das conservative Programm ihr ungezählte Mandate in den Schooß werfen würden, während das puncto BimctalliSmus u. s. w. laue Zentrum den Schaden besehen werde. Bemerkenswertster ist, daß die „Krruzzeitung" nach Lage der Dinge eine Auflösung des Reichstages für nahezu unvermeidlich ansieht und ihrer Partei räth, sich auf den Wahlkampf zu rüsten. Auch officiösc Prcßstimmcn kündigen an, daß eS dem Grafen Caprivi »er stattet sein werde, ein Anslösungsdccret zu gegenzeichnen. Daß die heute beginnende zweite Lesung der Militairvorlage in der Commission eine Klärung bringen werde, glaubt in der Thal zur Stunde kein Mensch. Es wird zwar bestimmt versichert, daß daS Centn»» mit Anträgen hcrvortretcn werde, aber ebenso bestimmt wird angenommen, daß mit ihnen nichts anzusangen sein werde. Die Re gierung wird voraussichtlich einige Zugeständnisse machen, daS läßt sich schon ans der angstvollen Beflissenheit ent nehme», mit der deutschsrcisinmge Blätter den Kanzler warne», sich dem »alicnallibcrale» Standpunct zu näbcrn. Er würde dadurch seine Position verschlechtern. Ten Deutsch» sreisinnigcn könnte allerdings nichts Schlimmeres passiven, als daß in einem Wahlkampfe BundcSrath und National liberale binsichtlich der militairischen Mestrforderungen den gleichen Standpunct ciniiäbmen. Vorläufig läßt sich aber aus den Stinnnen der Osficiöseu nur entnehmen, das; Gras Caprivi den Nationalliberalen noch ungleich wider-williger cntgegenkommcn wird, als dem Centrum. In Pest wirbelt die Afsaire TiSza-ASboth immer mehr Staub auf und bei dem heißblütigen Charakter der Magyaren ist nickt abruschen, welche Folgen sich daraus in Bezug aus den Kamps der ungarischen politischen Parteien gegen einander entwickeln werden. Es handelt sich bekanntlich darum, die Wahrheit darüber an den Tag zu bringen, ob der vormalige Ministerpräsident TiSza im Jahre 1884 sich um Unterstützung bei Wahlen an den Papst gewendet stabe. TiSza stellt entschieden in Abrede, daß mit seinem Wissen und Willen ein derartiges Verlangen an den Vatican gestellt worden sei. Der Abgeordnete Pazmandy bat nun eine Interpellation wegen dieser Angelegenheit cin- gebracht, über die heute im Unterhaus verhandelt werden wird. Wie auch schon gemeldet, bat der Botschafter Szözyeny, der in Folge seiner amtlichen Stellung, die er 1884 bekleidete, Kciintniß von dem Sachverhalt haben muß, auf Befragen ausweichend geantwortet, daß die Acten über den Vorgang in Pest sein müßten. Dem Vernehmen »ach will nu» Wekerle in der heutigen Sitzung die Interpellation dabin beantworte», daß eine solche Note an den Vatican nicht gerichtet wurde. E» sei an ist» nur ein Privatsckreibcn ergangen, das nickt einmal numerirt wurde und »ach dem Fall LeS MischchengesetzeS lediglich zur Oricntiriiiig des Bot schafters diente. TiSza selbst habe ein solches Privatschrciben nicht veranlaßt, eS bildete nur die Ergänzung eines Ge spräches deS damaligen CultnSniinisterS Trcfort mit dem Wiener NnntiuS Banutelli, der Trcfort befreundet war. Eine Unterstützung Roms zu ungarischen Wahlen sei niemals verlangt und thatsächlich niemals gewährt worden. Plan wird nun abzuwartcn haben, ob es Wekerle mit einer solchen Erklärung gelingen wird, weitere aufregende Debatten zu ver hindern. Der seitherige französische Iustizminister Bourgeois bat sich erweichen lassen und nach einer abermaligen Unterredung mit Herrn Ribot am Dienstag Abend sich bereit erklärt, das Iustizporteseuille aufs Neue zu übernehmen. Die Panamakrisiö hat mit diesem Vorgang, wenn nickt Alles trügt, ihren Höbepunct überschritten. Sie gipfelte in der Gefahr, daß daS Staatsoberhaupt, Herr Sa di Carnot, überwiesen werden könnte, die Namen der bestochenen Parla mentarier gekannt und sich trotzdem nicht gcweigert zu haben, einzelne davon als Minister anzunehmen. Diese Gcfabr ist nach den Erklärungen deS Herrn ConstanS im SckwnrgerichtS- saal und Senat beseitigt; er bat die bündige Versicherung ertbeilt, daß er weder Herrn Carnot eine Liste der bezeich netcn Art übergeben habe, noch überhaupt an daS Vor handcnsein einer solchen glaube. Seit Monaten schleppt sich durch die Pariser Presse die Verdächtigung, Carnot stabe von ConstanS die »Histe der 104" empfangen, vor mehrere» Wochen schon wurde eine Möge L'LL aber erst unter g >c> entgegen LS.». LK. L albmender Beredtsamkeit wicS er jede Verdächtigung d e L ^lnck Co.lu-Soinoury gegen seine Pcr,on geruhtet wurde - .i' >8crr R.bot griff in die Erörwrung ein; ^ so bcinühlc er sich auch im Beirat, de» Zwischenfall Eoltu So.nöüry als ein Ränkespiel der Frau Cot.n bmzu, » > Nock am Tage vorher batte er eS nicht rathjam gesunde», sich sür de,? früheren Leiter der Polizciabtheilung »ss ver bürge». und kaum 2t Stunden spater erklärte cr nle summten Worten, Herrn Soinoury dem l-ine^ fehler nachgcsagt werden könne, zu decken, ^eeer lli'lc ang wird düsen Wechsel in dem Verhalten ^botönnr ml Kopsschi'ttcln beobachten, der ^cnat aber bcsaid cS r besser, sich darüber weiter keine Gedanken zu macken, unk genehmigte mit Hurrab d>e von der Kammer beschlossene VertrauenS-TageSordnung. Nun liegt der ^chwerpunct der Krise wieder uu Schwurgcrichtösaalc. wo bernlS die Plaidvncrö begonnen basten. Am Mittwoch sollte Herr Parbonr. der Pertbeidiger LcsscpS'. zu Worte kommen; wenn seine Rete nickt ganz besondere Enthüllungen bringt, dann kann das Cadinct R.bot als entgilt,g gerettet gelten. Von einer Gefahr sür die Republik kann »ach den letzten Vor gängen nicht mehr die Rede sein, eS kann sich schlimmsten Falls nur noch uni den Fortbestand deS Cabmcis Ribol handeln — und diesem würde keine Tkränc »achgcwc.nt werden, nachdem gerade in de» letzten Tagen offenkundig ge worden ist, daß seine ganze politische Moral und Weisheit auf Vertuschung, ans Verschleierung der unbequemen Wahr steil binansläuft. Es mag ja scin,^ daß Herr -Loiiionry bei seinen Anf»üpfn»gSvcrsnchen niit Frau Colt» nicht »» Anf- trage eine« MiinucrS gebandelt bat, aber gewiß durste cr im Falle des Gelingens seines Unternchmcnü der Erkennt lichkcit der Negierung sicher sei», die ihn ja erst vor kurzem, nachdem schon sein' schlgeschlagencs Beginnen bekannt ge worden war, befördert bat. Und wenn MittelSmänner Soinonry'S vom Schlage eines Goliard^ctzt verleugnet werde», so erleiden sic eben nur daS übliche Schicksal solcher Werk zeuge in ähnlichen Lagen, daS sie sich widerstandslos gcsaUen lassen müssen. In spanischen liberal gesinnten Kreisen begrcist man nicht, wie eS in Deutschland, von den llltramontanen ab- gesehen, Leute geben kann, die sür Aushebung deö Ie- snitcngcsetzcS cinzutrcten den Mutb haben. Diese Ver wunderung ist allerLinstS selbstverständlich, wen» man bedenkt, daß wohl kein curopäilckeS Land so unter der Icsuitcnplagc gelitten hat, wie gerade Spanien, daß keines die nnauöblcib- lichen Folgen eines unbeschränkten Einflusses deS IesuitiSmuS am eignen Leibe so schwer cmpsunde» hat. als daS Volk, dem der Gründer dieses Ordens angchörtc. Es ist kein blinder Zufall, daß mit der Ausbreitung der Jesuiten in Spanien und in dem Maße, wie sie die Macht an sich risse» — und daS ist ja schließlich neben der Ausrottung AnterS- nnd materielle Verfall deS Landes beginnt und der artig acut wird, daß wir eS im Laufe der Zeit fast ganz an der Reiste der Cultnrstaaten auSscheidcn und in die tiefste Nacht deö Mittelalters zurücksallc» sehen. War eS nicht ibr religiöser Fanatismus, der die ackcrbau- und gewerbtreibende Be völkerung der MoriScoS auStrieb? War nickt die Inquisition ihr eigenstes Werk, die gegen die Reformieren und — alle csitzcndcn mit Feuer und Schwert wüthelc und das Land an de» Rand deS Verderbens brachte, indem sie weitere Hundert- tansente über die Grenze jagte, ins Elend stürzte und tödtete? Die dabei verübten Schantthatcn, stellen sie nicht unerreicht da und sprechen sic nickt der Lebre Christi in einer Weist .nobn, wie cS die Geschichte nicht zum zweiten Male zu zeige» vermag? Uno dieser finstere Geist der Inquisition lebt auch beule neck, wie man sich in Spanien täglich über zeuge», i» den Jüngern Loyolas fort! Wen» man einen dicker fromme» Männer öffentlich die Worte äußern hört: ..Es giobt nur Katholiken oder Canaillen", so ist damit genügend die Gesinnung, die diese Leute auch heute noch be seelt, gclcnnzcichnct. Wenn wir zur Zeit viele sehr bedenkliche Erscheinungen in Spanien bcincrken, wenn wir sehen, wie der Staat sich nur mühsam fortschlcppt, so sind die Ursachen in der Unbildung und der geistigen Stnmpshcit zu suchen, in die eine übermächtige, i» jesuitischem Geiste erzogene Geistlichkeit lange Zeiten hindurch das Volk gehalten bat —ei» Schaden, der fick >>ur »ach »nb »ach wieder beseitige» läßt. Wenn man die Tbätigkeit dieser Fanatiker, wie sic uns namentlich in der spanische» Geschichte enlgcgentritt, näher inS Auge faßt, so muß i» der Thal leter gläubige Katholik den allen Sinn- spruch unterschreiben: „8i cum .losuiti«, »nu cum ckosu itis". Leider gingen die Errinigenschaficu einer erleuchteten Regierung nur zu rasch verloren. Wir sehen die schwarzen Gestalten von Neuem ans der Bildfläche erscheinen, l8Ut die Inqui sition wiekcrkcrstellen und daS Land dadurch al-bald wieder i» eine» Zustand der Zerrüttung zurücksinkc», aus dem sich einigermaßen emporzuarbeilcn eS in heißen inner» Kämpfe» neue furchtbare Ströme BlutcS gekostet hat. Man hat daher i» Spanien daS vollste Recht, sich über die Kurzsichtigkeit zu wundern, mit der gewisse Leute in Deutsch land kiese» Feinden allen »icnschlichen Fortschritt-, diesen ge- borcnc» Trägern religiöser Unduldsamkeit ohne weiteres Thor und Tbür öffnen wollen. Nach den „Daily News" wird die Vertagung der zweiten Lesung der Hoincrnle Bill als eine bittere Nvtdwcndigkcit betrachtet. Die irischen Nationalisten seien verstimmt, aber sic hätten selbst, wohl unbewußt, dazu stei- getragen, durch Abwesenheit vieler Mitglieder während der letzten Sitzungen, die Wendung der Dinge stcrbeizusühren. Wen», wio cs au einem der letzten Tage geschehen, die mini sterielle Mckrbcit aus 2l Mitglieder derabsinke, so müssen sich naturgemäß die Schwierigkeiten, die ObstructionSpolitik der Gegner materiell zu besiegen, steigern. Einen „Triumph der Lbsiruclion" »eiine» die „Tally News" die Erklärung, welche Sir W. Harcourt Namens der Regierung am Montag >m ilnlerhause abgab, die zweite Lesung der Honierule- Bill bi» »ach Ostern zu Verlagen. ES selbst, lagt daS Blatt, habe zwar nie begriffen, weshalb die zweite Lesung der Bill vor Ostern stattsinden niiiffc, da auch andere Maßregeln den Fortschrittsdrang der Regierung hätten documentiren und dem Lande hätte» zeigen könne», daß nicht Alles um der Homerule willen vernachlässigt würde. TaS Eabinet aber habe es ursprüng lich anders gewollt. Nn» treffe es sich, daß die Lbstructions- lakiik der Opposition die Disposition der Regierung gestärkt habe, und dies werde die Obstructiv» zu besiegen haben, wenn diese nicht sie besiegen solle. Soweit das Blatt. Wie di« Dinge liege», mar die Entscheidung der Regierung vorauszusehen, da ja die Nachtragscrcdile noch zu bewillige» sind und schließlich noch 10 Tage vor dem Ablauf des laufenden Finanzjahre-, d. h. bis zum 21. d. MtS., das a conto-Votum abgegeben werden muß. — Tic „Times" nennt die obige Entscheidung Gladsione'S spät, aber vernünftig und den Sieg der Opposition durchaus loyal, die Fsnillstsn. Ums Geld. 13j Novelle von A. Hehl. Nachdruck verbot«». (Fortsetzung.) Sykow maß die Sprecherin mit durchdringendem Blicke; da sic aber unbefangen zu ibm aufsab, wurde auch cr freund lich und ließ nach den üblichen Erkundigungen nach all- seitigem Wohlbefinden so nebenbei rinflicßen, cr beabsichtige eigentlich mit Willy einen Spaziergang nach dem Akazien wäldchen» denn seine Schwester bade ihm vor ibrer Abreise das Versprechen abgenommen, den Jungen täglich in- Freie ,u führen. Er entschuldigte seine Schwester, weil sie die Ab schiedsbesuche unterlassen babc -, die Reise sei zu kurz anbcraumt g-wesen, Amanda hätte in aller Eile die »othwcndigsten Vor- lereltunaen treffen müssen und zum AnSgehen keine Zeit mehr gehabt. „Ich hatte keine Ahnung davon, Herr Sykow, sonst würbe ich mir erlaubt haben, Fräulein Amanda zu besuchen, um Ab schied von ibr zu nebmen. Wobin reiste sie?" „Nack Brüssel, Fräulein Roland, um daselbst noch ein paar Tage mit einer de— nun ja befreundeten amerikanischen Familie zuzubringen, welche in Bälde die Reise über- Welt meer anzutreten gedenkt." „DaS Tausend", rief Annita angenehm überrascht a»S. „In Brüssel weilt Amanda »nd bei einer amerikanischen Familie, dann lernt sic vielleicht auch die Monroes kennen, die ebenfalls dort vor der Heimreise noch eine kurze Rast Kalten." „Wäre e- den Herrschaften nicht angenehmer , den Weg sortzusetzen, anstatt hier zwischen Hecken und Dornsträuchern stehen zu bleiben", meinte Sykow mit schlauem Lächeln, „und da wir nicht alle Vier in einer Reibe geben können", fügte er bin;«, „so denke ich, Doctor, Sie bilden mit meinem Jungen den Vortrab und ich folge Ihnen mit Fräulein Roland nach." Der Doctor war damit nicht so ganz einverstanden, er hätte sich am liebsten gegen die Znniutbung, von seiner reizenden Begleiterin getrennt zu werden, aufgclebnt, aber bedenkend, daß Widerstand hier auffällig wäre, fügte er sich schweigend und schritt mit dem Jungen fürbaß. „Sie batten nicht Lust, die Wasserparlie mitznmacken, Fräulein Roland?" Mit dieser Frage erösinele Sykow daS Zwiegespräch. „O, nicht die geringste", erklärte sie. „Jndcß bin ich er staunt, Ihnen hier zu begegnen und zu stören, Amanda sei verreist, weil mir Frau Lili Falk und Herr Holkamp ver sicherten, Sie würden Beide von der Partie sein." Sykow schüttelte den Kops. „ES ist mir rätbsclbast, wie sich Frau Falk und Herr Holkamp bemüßigt finde» können, dergleichen auSzusagen, da die Beiden ja von mir selbst eine ablehnende Antwort erhielten." „Vielleicht dachten sie, daS würde uns bestimmen, die Einladung anzuncbmen; denn es schien besonders Herrn Holkamp daran gelegen, meine Cousine für die Partie zu gewinnen." „Er hat jedenfalls die Absicht, sie überbaupt zu gewinnen, und Frau Falk, die sich in ihm ei» neues Schooßkündchc» angelockt hat, was ihr fehlte, seit Stöuewitz abging, wird diese Absicht jedenfalls mit allen ibr zu Gebote stehenden Mitteln begünstige». Seien Sie auf Ihrer Hut." „Mir gelten ja die edlen Absichten nickt, Herr Snkow; Sic wissen doch, daß ick die arme Cousine bin", lachte Annita. „Und wie lange beliebt eS Ihnen noch Ihr Incognito zu bewahren, arme Cousine?" scherzte Sykow. „O. so lange cS möglich ist, bester Herr Sykow; ick bitte, ich beschwöre Sie, verratben Sie mich nicht; lassen Sie mich diese ungewohnte Unabbänmgkcit von den Verhältnissen noch eine Weile genießen; lassen Eie mich sein, waS ich durch mich selber bin, nickt da-, was der schnöde Mammon aus mir macht; lasse» Sie mich den Menschen glauben schenken, die mir Liebe und Güte erweisen; lassen Sie mir die Freude, Herzen zu gewinnen, die mich trotz meiner unscheinbaren Stellung liebenswürdig und degehrenS- werth finden. ES ist für mich eine neue, eine unsäg liche Wonne, um meiner selbst geliebt zu werden. Außer Ihnen, Frau Parker und Betty weiß Niemand um unser Geheimnis;; die alle Cora ist nickt zu rechnen. Frau Parker gab mir ihr Wort, sic werde schweigen — Bclly vcrrätb sich selber nicht — nur von Ihnen habe ich »och keine bindende Zusage." „O, wenn Ihnen darum zu thun ist, mir den Mund hermetisch zu schließen, so siebe ich zu Besebl, und Sie dürfen nur bestimme», welchen Eid ich schwören soll", siel ihr Sykow nicht ebne Ironie in die Rete. Annita blieb stehen, sah ihn mit ibrcn großen dunklen Augen forschend an und drohte mit dem Zeigefinger. „Haben Sie bis jetzt neck Niemand clwaS verralbc», s>rr Sykow, auch Ihrer Schwester nicht, auch Ihrem besten Freunde nicht?" „Meinem besten Freunde? Wer ist der? Ich habe verschiedene Freunde. „Doctor Falk", liSpolle sie errölbcnd. „Falk?! Kein Wort sagte ich ibm, meine Hand darauf. Er lnclt rbr seine Reckte bi», sic schlug lächelnd ein; auch Sykow lackte über daS strenge Vcrbör, welches er soeben bestanden batte Falk, der zweimal seinen Namen nennen börlc, wandte den Kopf in dem Augenblicke um, als sich die Beiden Hand i» .ffmnd gegenüber standen und Hcitc»ckcit aus ihren Mienen siräbllc. Es durchzucklc ist» ei» jäher Scelcnschnicrz bei diesem Anbl'ck- er fubr mit der Hand nach dem Herzen, nach der Stirne; jm ber Kcpf mußle die Herrschaft bestallen, cr mußtc der tborichten Leidenschaft Meister werden. Also dem kluge» ^susbcrr» batte sic mit ibrcn intensive» Blicken alle Klugheit geraubt. Darum schüttelte sic energisch reu Kops, als er ,br von der armen Cousine sprach und ibrc ab bang,ge Lage bedauerte. Als Sykow s Auserwäbltc war ,ic ablwngig. Jetzt war ibm Vieles klar, „nd geahnt lmb? ^ " dies nickt schon längst w-mdte er im Weitergebcn den Kops und de?R«'.>7? Schritte, damit er in dieser Sinnde den Beiden nickt mehr gegenüber stehen müsse. Sie gingen i» eifrigem Gcixrachc langsam neben einander der und vc- merkten gar nicht, wie Doctor Falk mit dem kleinen Willy langst den Hcckcnweg verlassen, dessen Ende sie nun gemäch lich zliwandcrtcii. Als sie ans dem Plateau de- Hügels an- langlen und die Villa in Sicht batten, war der Doclor längst i» die Hochstraße eingcbogen und dadurch ibrcn suchende» Vlicken entrückt. Willy saß neben Hcrinine von Slakl aus einer Gartenbaus vor der Villa »nd Darling lag zu ibrcn Füßen. Sobald daS junge Edelfräulcin der Nachlomincnden ansichtig wurde, ging sie ihnen entgegen, lud sie ein, in den Garten zu treten »nb daselbst ein Weilchen auSzurlibtii. Sic fügte bei, sie sei allein zu Hanse »nd dankbar, wenn man ibr Gesellschaft leiste, WaS den» auch mit Vergnüge» von Sykow und mit bestürzter Miene von Annita angenommen wurde. Ter Erstere schaut« suchend ringsum nach seinem Freunde auS und fragte erstaunt: „Wo ist denn der Doctor biiioekomme», gnäcigcS Fräulein, warum hat cr unsere Ankunft nickt erwartet, »nd wie geht cS zu, daß mein Willy Sie mit seiner Gegenwart be lästigt bat?" „Letzteres muß ick entschieden i» Abrede stellen, Herr Svlow. Willy bat mich ganz vortrefflich nittcrlialtcn; er erzählte mir von seinem Pon» »nd machte sich nützlich, indem cr mir eine Seidciisträbne hielt, die ich auf Rolle» wickelte. Wir haben ja jrüber schon Freundschaft mit cinaiidcr ge schlossen, nickt wahr, Willy? Doctor Falk läßt sich cnt- schuidigc», er vertraute den Kleinen meiner Obhut an »nd machte sich schleunigst aus den Weg nach der Hochstraße, wo er einen gefährlichen Patienten hat, und eS siel ibm plötzlich ein, daß cr um diese Zeit mit einem zweiten Arzte dort zur Conserenz eiiitresic» solle." Snkow schien von der Auskunft befriedigt; Annita war cS nicht. „Er ging, ohne mir auch nur ein kinzi^eS freundliche- Wort ziizuriisen, nachdem cr mir in dieser stunde noch so viel schöne, so viel bedeutungsvolle Worte gesagt. WaS soll ich denken? Hat Lili Reckt, sviclt er mit mir?" so fragte sic sich im Stillen, während sie in einiger Eittscrnung von den klebrigen in einem Schaiikelstuble Platz nabm, der »m Schalle» einer brcitäsligen Bucke stand. Sykow saß neben Hermine ans der Bank, dielt seinen Knabe» auf den Knien und freute sich über das drollige Geplauder des intelligenten Kindes.
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