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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930324025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893032402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893032402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-24
- Monat1893-03
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Die Ahlwardt-Debatte, womit der Reichstag den Beschluß seiner Wiatertagung machte, bat. daran ist nicht zu zweifeln, tm zwar grelle», aber dankenSwrribe» Schlaglicht auf den gewissenlosen Geschästsantifemitismn» fallen lassen, l«r sich leider im deutschen Bolle breit zu machen sucht und zrr manche» treuherzige Gemüth durch den falschen Schein des Biedersinne» für seine Hetzzwecke einfängt. Gleichwokl wird man kaum sagen können, daß die wohlverdiente Kennzeichnung des MwardtiSmu», dir seinem Vertreter von der Gesammlbcit dcS Reich-tagS zu Theil wurde, den Kern der Sacke zur Genüge erschöpft hätte. Die „B. P. N.- dürften schwerlich die Einzigen sein, welche zu ihrem Leidwesen in den von allen Seiten des Hause» an die Adresse de» „Rectors aller Deutschen" gerichteten Absagen die energische Betonung desjenigen PuncteS vermißt baden, auf den unsere» EracktenS das Hauptgewicht zu legen gewesen wäre: die Wirkung der Ahlwardr schrn Verdächtigungen auf das Ausland. Dir politische Lage deS deutschen Volke« ist wabrltch keine behagliche. Jenseits der deutschen Grenzen, im Osten wie im Westen, lauert das Verderben. Es mit Ersolg in Schranken zu Hallen, ist Deutschland im Wesentlichen aus seine eigene pbysiscke und moraliscke Kraft angewiesen Wer an der Erhaltung und Hebung dieser beiden Krastfactoren arbeitet, macht sich um da» Vaterland verdient, wer durch sein Treiben, sei e» direct oder indirect, den nationalen Kraftquellen Ein trag thut, darf auf den Ehrennamen eines deutschen Patrioten keinen Anspruch machen Prüft man nun unter diesem Ge- sichl-puncte da» össentliche Treiben Adlwardt'S innerhalb und außerhalb de» Reick-tage-, so muß man sich sagen, daß der Mann eigentlich noch viel zu glimpflich weggekommen ist. Russen und Franzosen wühlen mit schadenfrohem Behage» in dem von Herrn Ählwardt zusammenget^izenen Schmutz und die Panamaleute aller Orten preisen sich, gestützt auf ihren oeschäft»>antisemitischen Eidethelfer im RrichSlag, glücklich, daß sie nicht sind wie die Politiker und Staatsmänner de» „tugend- basten" Deutschland. Schließt dock der Pariser „Tempi" e.aen triumpbirenden Artikel über da- „Theater skandalöser Lcenen", welche« der deutsche ReickStag jetzt sei, mit folgenden Lorten: „Ein» ist sicher: wa» auch weiter sich ereignen mag, mit Recht oder mit Unrecht, man wird in der öffent- /Äen Meinung nicht den naiven und blinden Glauben an die absolute und unantastbare moralische Reinheit der einst in der großen Aera drr Reichsgründung handelnden Personen wiederherstellen können." Solchermaßen ist durch den „Patriotis mus" eine- Ählwardt — einen Patriotismus, der sich darin bethätigt, daß er mit Frevlerdand an den festesten Säulen jede» modernen StaatSwesen», der Armer und dem Bcaniten- lbuw, rüttelt und jene al» waffenlos, diese» als gewissenlos, al» in Grund und Boden corrumpirt, hinstelll — eine breite Bresche in den schützenden Damm der Achtung gelegt, der sich um die deutschen Grenzen zieht und den Feinden bi» jetzt unnahbar dünkte. Mit dem Moment, wo im Osten und Westen die llcberzeugung von der militairischen und sittlichen Ueber- legenheil Deutschlands wankend wird, hat auch die friedliche Entwickelung der internationalen Politik ihren Zciiitd erreicht und eilt dem Abstiege entgegen. Hier, in dem Eindruck, den das Ausland von dem AhlwardtiSmu» empfängt, liegt da- wahrhaft gemeingefährliche, geradezu vaterland- verrätherische Moment der ganzen Angelegenheit. Darüber sollte sich Niemand irgend welcher Selbsttäuschung hingeben. Anzeiger. Organ für Politik, Localgcjchichte, LandUdGtschüftsvtrkchr. Anzeigen-Preis dir 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter demRedactionSstrich <4ge. spalten' bO>H, vor den Famitiennochrichtrn (6 gespalten) 40-^. Großer» Schriften laut unserem Prei»- rerzeichniß. Tabellarischer und Ziffern,«,, ' nach hdherem Tarif. Ekrtra-Beilagen (gesalzt,, nnr nfit dk Morgen-AuSaabe, ot>ne Postbefördernna 60—, mit Posibesorderung 70.—. Annalimkschluß fir Anzeigen: Abend-AuSgad«: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,8 Uhr. Bei den Filialen und Annadmeslellen je eine balde Stunde früher. Aiijkigen sind siel« an die Ertzetzitisn zu richten. Druck und Verlag von S. Polz itt Leipzig. Freitag den 2-1. Marz IdM. Seit dem 22. März d. I. ist drr GeschäflSantisrmit Ählwardt rine Gefahr für daS Vatrrland geworden. Und diese Gefahr wird nock vergrößert dadurch, daß deutsche Blatter, die in ihrem antisemitischen Ucdereifer kurzsichtig genug gewesen sind, dem in intellektueller wie in mvraliscker Hinsicht gleich verkommenen Manne rine resvrmakorischc Bedeutung ber- zumcsscii, noch jeyl seine Pariei nehmen und die Reichsregie rung deschwörrn, die „beberzigenSwerihen" uud „berechtigten" Mahnungen diese» Manne« um Gotte« Willen nickt zu über hören. Zu diesen Blättern gekört auch dir in mililairisckrn Kreisen viel gelrscnr, ja, wie e» scheint, sogar zu militair- ossiciöscn Kundgebungen benutzte „Tägl. Rundschau", die in den Vorgängen der tetzien ReickölagSsitzung nichts sicht, al- die „Zuckungen eine» Sterbenskranken", eines Kranken, der sterbrn muß. wenn nickt die ReichSregierung das von Ählwardt vorgcschriebrnc Recrpr anwendet. Wörtlich sagt dieses Blatt: „Sterbenskrank sind all» diese alten Parteien, weil sie unlöslich sich haben vcrketlen lassen mit den materiellen Interesse», deren unsittlichste Verkörperung da» Juden» thum darstellt. Sie fühlen nun ebenso gut wie wir, daß Neue« herauskommen will, aber sie finden nicht den Muld zur eigenen Wiedergeburt, und schwankend zwischen Furcht und Entschluß brechen sie in ein Lachen au«, und sollten sie sich zu dem Zweck« selbst unterm Arme kitzeln müssen. Sir reden sich »in, daß sie da« Volk zur Umkehr bewegen könnten, wenn sie ihm beweisen, wie roh und gemein Leute von Ahlwardl'S und Fusangel'S Schlage seien, und dabei führen sie sich nicht zu Bemüthe, was Ählwardt ihnen sehr treffend entgegengchalten hat: „Sie machen mich", sagte er, „zu einem Abschaum der Menschheit: wenn ich dar wirtlich bin, so bedenken Sie, wie den Leuten im Lande unter Ihrer Politik zu Muthe geworden sein muß, daß sie mich dennoch in den RcichSlag wähllenl" Da« trifft in der Thal Len Nagel auf den Kops. Wa« Hilst unserm deutschen Volke dir Wohlansländigkelt seiner Abgeordnelen und daß sie sich die Berührung eine« Ählwardt mit allen Zeichen des EtelS von dem Acrmel abwiscken, wenn unter dem politischen Regiment« der sauber gekleideten Judenfreundr die nvIh - wendigen Forderungen zum Landc-schntze verweigert werden, die Landwirthschast und jede ehrliche Arbeit aothleidet, unser Deutschlhum in der Wurzel versoult und nur der Jude bei allen unseren Bedrängnissen gut herauSfährt! Nein, mit der bloßen Bornehmtduerek ist >rtzt nicht« mehr zu curiren. ES wird Komödie gespielt in unserem Reichstage, die RomHdie der Angst — da« muß unsere Regierung erkennen und danach ihren Zukunst«weg elnricktrn." Wir wollen ganz abscben von der heillosen, eckl Adl- wardt'schen Begriffsverwirrung, die in einem Albern Uber die angebliche Verkettung der alt«» Parteien mit de» maleriellcn Interessen jammert und über die angebliche Vernachlässigung dieser Interessen klagt: die Hauptsache ist die gewissenlose, lediglich die Verherrlichung deS AhlwardtiSniuS bezweckende Behandlung, daß „da« Teutschtbuin in der Wurzel versaust" sei. Eine frivolere Aufforderung an das Ausland, seine Kräfte an diesem „verfaulten Deutschthum" zu versuchen und der „Komödie der Angst", die der deutsche Reichs tag spiele, ein Ende mit Schrecken zu »lacken, läßt sich kaum denken. Gewiß ist diese Aussonderung nicht eine bewußte und absichtliche, ihre Wirkung auf daS Ausland muß aber die nämliche sein, al» wenn sie bewußt und absichtlich wäre Lrichtserligkeit und Zügellosigkeit haben stets dasselbe Unbril angerichtet, wie böser Wille, und sind daber vaterlandS- verrätherisch wie dieser. Die unrrbörte Niederlage der Eentrumspartei im ReichStagSwahlkreise Arnsberg, deren Gründlichkeit Ere.gn.ß gesunden,, andere kl r.lale « a -r ,r ^ von der e-n.rn.nSfratt.on ab unk werfen ^^,^g ul.ramon.anen WablÄ-n'w.!b von glichen. Bergen ^ welckirn rin mitunter geradezu ,a,ia >,chcr H> ß g Ai.nuna Eenirum-brrrschas, zu Tag- 'r>." ^rb ne Abwnng durch d.r nllran.°n,anc Well, daf, e- der An,.i.,g v n Und dieser einst io stolren und ubermuldigcn Pailki Ifi. -V großen Herren von, Adel und die demagogischen V-V" Hand m Hand daß läßt sich n.ch. mehr durckfubren. trotz d e naiven Versicherung, in, Ecnlrum gebe c» »einen rechten u, linken Flügel. BiSber waren immer nur sehr unbestimiiste Andeutungen von Wien aus wegen der Verstärkung de» öfterre^ick ifä ungarische» SeereS be; wegen Erhöhung der ON-denS- Pr/scnzzifser gemacht Worten und eS verlautete '-tzlcn Lest daß in, Lause der nächsten Jakre »berbanpl nickst an eme'Vermehrung der österreichischen Wehrkrafl 'li großeni Maßstabe ;» denlen sei Nack niedreren derl'egendkii uber einstimn,enden Nachrichten scheint man nun aber dock anderer Meinung geworden ,n sein, »nd e» „i nur zu verwunde»n, daß die detreffenten Vorbereitungen biS ,cyk so gcbeim ge halten sind Ter ossieiöse Draht melde, W,en daß der Kr.egSm.nistert,eM, I, tairvorlage fertig gewellt habe welckc eine Verstärkung der Prüfen;Ziffer verlange. Im nächsten Herbst würben. so>'c>M -« m der Meldung weiter, die Parlamente beider ReichSbalften zu- sammentreten. um über die Vorlage z» deralben. In gleicher Weise bringt diese Neuigkeit der in Lemberg erscheinende „Dziennik Volski". .mb man darf wobl a», der beiderseitigen Bkcldnng schließen, daß die bedeutsame Nachricht begründet ist oder al- begrüntet kNebeinen soll Wa« an ihr einigermaßen befremdet, da» ,st der Um- stand, daß die Berathung der Vorlage erst ,m Herb't stattfinden soll, daß allo noch geraume Zeit verstickt. ebe die «ngelkgenbrit in ibr entscheidendes Eiak,um rück,. Es kann in der Zwischenzeit sich sehr Vielc ereignen. wa« auf die Behandlung dieser Frage von ein- schneidender Bedeutung ist. Merkwürdig ertckemt auf alle Fälle dir Tbatsacke. daß man ein halbe« Jabr vorder die Absicht der gedachten, für die österreichischen Finanzen jeden- fall« scbr bkrtistsamcn HeereSverstärkung bekannt giebl Sollte da« vielleicht in Rücksicht auf die dculsche Militair Vorlage geschehen sein und sollle man dadurch die AnSsichlen für das Zustandekommen derselben verbessern wollen? Wir werden za sehen, wie sich die öffenlliche Meinung rn der so plötzlich ausgelaiichten Frage stellt Ans alle Fälle sind scbr lebhafte Erörterungen in der österreichisch-ungarischen Presse und in de» dortigen parlamentarischen Kreisen zu erwarten, um so mehr, al« hinreichende Zeit z» diesen Erörterungen geboten ist. Die Auslieferung des deutschen Socialdemo» kraten Köster ist bekanntlich, auch nachdem die dculsche Regierung dem schweizerischen BundeSralb die bündige Versickerung gegeben hatte, Köster werte wegen der be gangenen MajestälSdeleidigung nicht zur Verantwortung ge zogen werden, abgelrhnt worden. Daß i» Folge dessen ein 87. Jahrgang. strafwürdiges Vergeben vielleicht ungeahndet bleiben wird, berührt weniger peinlich, als die mit Sicherbeit vorauS- zusebentcn Folge» dieser Entscheidung. DaS DundeSgerickt in Lausanne bat der Strastbat Köstcr'S einen vorwiegend xolilstche» Ebaratler beigeincssen, weil sie gelegentlich eine» ProcesscS wegen MajestälSdeleidigung verübt wurde DaS ist Wasser aus die Mühle der Socialteinokraten. Ein ordent liches Gericht, der höchste Gerichtshof der schweizerischen Eidgenossenschaft, bal dabin erkannt, daß unter Umständen die Verleitung zuin Meineid, d. >. so ziemlich das Gleiche wie der Meineid selbst, als vorwiegend politisches — also nach landläufigen Begriffen nicht infamircndeS — Ver brechen angesehen werden kann. Tie Folgen werden nicht auöblciben: die Achtung vor der Heiligkeit deö Eides, die so wie so schon gering ,n den Reiben der Socialdemo- kratcn ist, wird, gestützt auf das vorstehende Raisonne- ment, »och i»ebr schwinden. Der meineidige „Genosse" wird ihnen nur noch als Held und, wenn der Arm de« Gesetzes ilm ereilt, als Märtyrer gellen und zwar i» jedem Falle. Der gleichviel welchen Ver brechens angellagle Socialteniokrat wirb sich ausnahmslos als ein Opfer der bestehenden Gesellschaftsordnung anseben; er wird den Kampf, de» er gegen das Gesetz sühn, lediglich als Nothwelir de« Unterdrückle», v. h. als politischen Act, aussasscn. Dann ist der Meineid — wir betonen nochmal-: in jedem Falle — für das socialdcmokralischc Gewissen nur nock ein keineswegs verabsckeuenswürdigeS politische« Kampf mittel. So und »ick! anders werden sich die Folgen der Entscheidung deö schweizerischen BundcSzcrichl« in Sachen Köster gellend macken. Die fra nz ös isck e Dop »ti rtcnka in mcr batte gestern abermals rine „große Sitzung" und eS scheint nach den vor liegenden telegraphische» Meldungen äußerst stürmisch bcr- gegangen zu sei». Die Anfrage Millevoyc'S über die rechtlichen und parlamentarischen Folgen, die sich au» der Betbriligung Floquet'S, Frcncinet'S und Clömenceau'S an der Panania-Angelegenbeit ergeben konnten, war kor etwa vier zehn Tagen aus Verlangen Ribol'S bis nack Beendigung deS BcsttchiingSprocesscS turückgestkllr worden; gestern kam sie zur Erörterung, und Monarchisten wie Bonlangisten hatten fick zu einem wuchtigen Slurmlanf gegen die R-ßierung, insbesondere gegen Ridot und Bourgeois, gerüstet. Die allge meine Spannung wurde neck, dadurch gesteigert, daß von einer Seile die so sortige Auflösung der Kammer zum Antrag erhoben war. Es handelte sich also wieder einmal um Sein oder Nichtsein der gegenwärtigen französischen Regierung. E» ist jedoch den Herren Ribot und Bourgeois ausS Neue gelungen, den Siurm zu beschwören, indem die von der Regierung acceptirte einfache Tagesordnung durch Händranfbeben an genommen wurde Desgleichen lehnte die Kammer niit be trächtlicher Mehrheit den Antrag ans Auslösung der Kammer ad. Au« den Verhandlungen ist unschwer zu erkennen, durch welche» Mittel e« der Regierung gelungen ist, den Sieg da von zu tragen; Ribot und Bourgeois wußten die Sacke sebr geschickt so darzustellcn, daß die Republik durch die Monarchisten »nv Bonlangisten bedroht sei, daß diese e» allein aus de» Sturz der Republik abgesehen hätten, »nd nnlcr dem Eindruck dieser Erwägungen scbaarlen sich alle republikanische» Fractionen um Va» Banner drr Regierung Tie republikanische» Journale be glückwünschen die Regierung zu dem gestrigen Au-gang der Feuilleton. Ums Geld. Lbj Novelle von A. Hetzl. v>-ch»r»4 »ntsie«. (Fortsetzung.) Sie war zu sehr Weltdame, um ihren Verdruß zu zeigen, und conversirt« mit idrrn beiden Dischnackbarn in der ober flächlichsten Weis« über dir oberflächlichsten Dinge von der Welt so eifrig und angelegentlich, al» ob über dir Geschicke Europa« verbanvrlt nnd entschieden würde. Wäbrend fl« skrach, flogen ihre Gedanken zu dem Mann», d«n sie liebte und den sie schwer gekränkt satte; ihre sehnsüchtigen, um Vergebung siebenden Blicke rubten immer und immer wieder aus den schönen, männlichen Zügen, in welchen sie zu lesen versuchte, ob Strenge oder Mild» in der Stele vorberrsche, die über ihr Schicksal entschieden babe. Falk vermied r» offenbar, seinen Augen freien Paß zu lallen; und Annita » dunkle Stern« schmachteten lange vergeblich, bi« e« ihnen gelang, den durchdringenden Männerblick einen Moment zu fesseln. Der Erfolg war kein ermutbigendrr; denn kalk und sremd begegnete sein Auge dem ihrigen, um sich bald wieder abznwrnden. Ein Web, wie sie e» vorher nie empfunden, kam über sie — deck hier durfte sie e» nickt zeigen, nickt ahnen lassen. Die Angst, ihren Ceelsnzustand derrathrn zu können, spornt« sie an, eine ükiterkrit zur Schau zu tragen, dir mit ihrer wirklichen Stimmung in crassem Widerspruch stand. Der kleine Avolhcker war kein gesprächiger TischnaLbar, denn auch rr hatte um Vettv geworben »nd war durch Holkamp verdrängt worden. Von Allen, die an ihrem Driumph- wagen -rzog«n, war «r viellricht der Einzige, der e» von Herzen gut meinte und drr bei seiner originellen Geschmacks« riibtuag gerade für da« schwärmte, wa» seiner Persönlichkeit entgegengesetzt war, für da« Kolossale Di» große Eitelkeit de« klrinrn Manne» »rhirlt »inen barten Schlag durch dir Niederlage, di« r, erlitten, und r» fiel >bm schwer, dir» zu verbergen Annita war dadurch gezwungen, sich mebr dem Landrathe zuzuwenden, drr fick alle Milbe gab, durch fein» Unterhaltungsaab« zu brilliren. Da» zierlich» Wesen mit dem inleressanten (Krstchr. drn geistsprÜhrndrn Augen, dem matten Tein«, drn rothrn Lippen, hintrr denen sich reizende Zähne bargen, erschien ihm mit einem Male der Brachtung werth, und seine Gedanken gipfelten ln dem Latz«: „Wenn da« dt, reiche Orlpriozessm wäre, in dir klnnte ich mich wahrlich noch verlieben, obgleich da« Verliebtsr-n beim Freien großen Nachtheil za bringen pflegt, weil man seinen vortheil darüber vergißt." Er war nicht der Einzige, welcher die exotische Pflanze, dir da an seiner Seite blül'1«, mit bewundernden Augen betrachtete; denn Annita sah entzückend au«. Ta« Kleid von blaßrosa Seidenstoff, mit Brüsseler Spitzen gar- nirt, stand ibr vortrefflich; in dem blaiisckwarzrn Haare prangte rine Rose »nd al« einzige« Geschmeide trug sie rine Schnur von echten Perlen »m den Hai«. In ihrer rlrganien Einfackbeit stach sie vorldcilbaft gegen di« mit bunten Stoffe» und Kostbarkeiten überladene Eousine ab, deren prachtstrotzendt Erscheinung bei Bielen ein Lackeln bervorricf. Selbst der Bräutigam schien Vergleiche anzustcllen, die nickt zu Gunsten seiner Braut auSfallen konnten. Dir »nbrquemr, kirinr Person verdunkeltr dnrck ibr- Erscheinung sowohl al« durch die auffallende geistige Ucberlegenbeit nicht nur seine Betty, die durch Schweigen glänzte, sondern sogar ibn selbst, der durch unaufhörliche» Schwatzen vergeblich beniübt war, sich Anerkennung und einen Kreis von Zuhörern z» ver schaffe». Höchst aufgebracht darüber, warteir er nur auf eine günstige Gelegenbeit, die kleine Dame ein wenig zu de- müthigrn, sie womöglich lächerlich zu machen „Herr Sissow wird seinen Gästen heute Abend noch einen großen Genuß bereiten, gnädiges Fräulein", wandte sich Stöuewitz seiner Nachbarin z». „Ab, rine Ueberraschung!" lächelte sie. „Wollen Sir mir versprechen, recht überrascht zu sein, dann will ich e« Ihnen vtrratben", fuhr er zutraulich fort. „Mein Wort daraus, Herr Landralh, ick werde au« Leibeskräften staunen, sobald mir etwa- StaunenSwerthe» zu Gesicht komm« Spannrn Sie mein« Neugierde nicht auf die Folter " „Wie könnte ick einer so holdseligen Dame gegenüber so grausam s«inl Die Schönheit findet mich imnirr schwach Und im Augenblick bin ich «» mehr al- je." Für dirsr» Eompliment wurde von ihrer Sritr durch eine lrich»« vrrbeugui'g gedankt. Dem scharfsinnig«» Willmann« wollte c» scheinen, als ob dabei ein Anflug von Gering schätzung um di» Mundwinkel der geistreichen Dame zucke, drr ab«r nur »ine Seeundr brnirrkbar war» um rasch wieder dem rsnvrntionrllrn Gesicht»au-druck Platz zu macken „Wir werden drn Abend >m Freien rampiren, unsere Augrn an einer Gartenillumination ergötzen und unsere Ohren an einem Eoncrrte von der städtisch«» Eapell« er freuen". berichtete er. „Ab", ries sie, „eine Art stzte olwmMre, ich find« da» rrizrnd ' Holkamp, welcher in obenerwähnter Absicht dem Ge spräch» gelauscht batte, hielt drn Augenblick für gekommen, mit seinen literarischen Kenntnissen z» glänzen und Annika «in wenig zu blamirrn. Er warf sich in dir Brust und Jea» Peter, meine Liebe, eS beißt Iran Pani." Schlecht unterdrücktes Kickern antwortete seiner albern Rede; er bildete sich ein, nia» lacke auf Annita « Kost« und lachte lustig mit. Diesr drückte ibr spitzendes««.» Taschentuch vor die Lippen, um die Ausbrüche ibrer Heilc teil zu verbrrgen, dir durch treffende Bcinerkungen ihr Nachbars immer von Neuem erregt wurde. Sobald m, sich von der Tafel erhob, bot Stöuewitz seiner Dame t Arm, um sie in den Garten zu führen „Ein originell Mann, Ihr neuer Herr Vetter, gnädiges Fräulein. Kon» Sie mir nicht sagen, ans welcher Hochschule er sich die hcrve ragenden Kcnnlnissc erworben hal?" Sie verhielt sich ablehnend. „Ich bitte Sie, Herr Lau rath, zu glauben, daß Herr Holkamp meinem Jiilrresse fern stedt, al» daß ick mich bewogen fände, Erkundigung über seine BildungSstuse einznzieden Meine Eonsine b diese Wahl getroffen, ohne m cd um Ralb z» sraacn E südlt sich allem Anschein nach vollkommen glücklich, sie scklä den Werth ihre» Erwähllen unendlich hoch an; folglich müss wir uns zufrieden geben " Ttönewitz lächelte sauer-sUH. „Sie sind eine dortresslic Diplomatin, mein gnädige» Fräulein; ich bin untröstlich. Z nicht schon früher entdeck! zu haben. Die Unterhaltung n Ihnen ist ein Hochgenuß." „Der nur dann zur Gellung kommt, wenn er nicht all lange auSgcdcbi» wird", breillr sic sich zu erwidern. „Woll Sie mich „ich, zu der Dame de« Hause» führen, Herr Lau ralb, damit ich ibr meine Anerkennung über da« vortrcfflü Arrangement dieses Festes anSsprechen kann?" „Da« heißt, Sic wollen mich auf seine Manier v, abschieden", bemerkte er anscheinend belustigt. Sie widersprach den, nicht. ;,Es könnte Eifersucht e regen, wenn ich einen so gesuchte» Eavalier andern Dam känger entzieben wollte?' Nach diesen Worten verneigte sich und schritt auf Amanda Sykow zu, die im Angenbl mit Doctor Falk in ein ernste» Gespräch vertieft war. S bald Annita ,n nächste Nabe kam. brach der Toclor "k Unlerballuna plötzlich ab und wandte sich zum Gehe Der Sykow sch« Garten umfaßte einen weilen Flächenram Vor der Ruckfront des Hauses war derselbe als Lustaart angelegt, an den sich parkartige Anlagen anschlossen. die si ast eine Viertelstunde weit ansdebnlen unk die durch sor salt.g gepflegte breite Kieswege, sowie durch schattige Pf«, ^u""-n Ruhebänken v. Aul,nkk^tt s^"'" JabreS,ei,en den hrrrlichs, Autentbalt boten. Vor dem Hause prangten tnnstvo m'enwn ^« "boben sick au^ bol.e., Post nekeltt^ von Bron,, Marmor Fontain rie eiten au» poröken Ttrmpyramidrn und rrgoffen sich ein Bassin, das, ziemlich umfangreich, von niederen Rosen sträuchern eingefaßt, den Millelpnnct de- Ganzen bildete. B,S znin Park bcrab erstrahlte der Garten in farbigem Lampen licht, auf der Veranda batten Musiker Ausstellung genommen »nd begannen ihre Production mit der Ouvertüre z»m „Ton Juan". Die Liebhaber und die Enthusiastinnen classischer Musik gruppirlcn sich vor dem Hause, ui» keinen Ton de« Meisterwerkes zu verlieren. Andere, die sich in ibrer Unter haltung »ich! stören lassen wollten, suchten sich ihre Plätze niehr in der Mitte de» Garten- oder seitwärts in der Nabe der Umzäunung, wo sie lauschige Plätzchen fanden, für trau liches Geplauder eigens .zeschaffen. Auch Holkamp nnd Betty ballen sich auf eine abseil« siebende Bank zurückgezogen Sie brmüble fick, seine üble Laune durch doppelte Zärllickkeil zu veischcuchcn, konnte aber nicht viel auSrichlen; denn sein Verdruß wurde durch eine Person wachgcrufe», die iki» immer wieder ror Auge» kam; und diese Person hieß Annita. „Mich freut nur Eine», daß ich die aufgeblasene GanS mit ibrrn gclcbrten Redensarten heule recht lächerlich ge macht habe Hast Du gebörl, wie sie anSgelachl wurde?" ließ er sich vernehmen. „Es war zu Nichts nütze, als sic zu erzürnen", wandte Bett» ärgerlich ein „Meinetwegen Ich kann die Person »ickl auSstcbcn; sie muß sobald als möglich au- dem Hause", platzte er IvS. Sic sab ibn erstaunt an und entacgncle halb ernst, halb begütigend: „Stelle Dick nickt so (chlimni! Du bast gar kein Recht, sie forlzuschicken." „Sobald ich cs babe, werde ,ck davon Gebrauch machen", versetzte er trotzig. „Die beiden unbequemen Anhangs»! werde ick mir vom Halse schaffen. So lange sic in Deiner Nabe sind, hast Du keinen eigenen Willen, sic ballen Dich unler Euralel." Für das an Schmeicheleien gewöhnte Mädchen war diese Sprache nnd der herrische Ton. in den Holkamp ver fiel, etwa» Ungewohnte», wa» ibr durckau» nicht behagen wolllr. „Du sagst immer, Du hättest mick lieb und thust mir dock nicht» zu Liebe: nein, Du quälst mich odnr Grund und Ursache". Nagle sic „Weil ich mich Uber den Einfluß ärgere, den diese Annita aus Dich auSübt", erklärte rr kurz angebunden. „Ick bin ihr Rücksichten schuldig, Du sollst noch erfahren, warum." „Kan» ich da» nickt sogleich erfahren?" fragte er mit finsterer Miene. „Nein", entschied sie „Hier ist nickt drr Ort, Familien- Angelrgrnbcitrn zu verhandeln "
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