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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930404024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893040402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893040402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-04
- Tag1893-04-04
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Die sonst so unbestechlichen politischen Sittenrichter des DeutschsreisinnS legen diesem doch nicht ganz einwandfreien Satz schon lange ihren Urtheilen zu srunde, wenn es sich um die Personen des früheren und des jetzigen Kanzlers handelt. WaS, von Bismarck unter nommen, ohne Besinnen als Ausfluß höllischer Bosheit ver- tamml wird, ist, wenn cS vom Grasen Caprivi auSgedt, döchst löblich, im schlimmsten Falle ein unoermeidlichcr Act barlcr Nvtmventigkeit. wie ja bekanntlich auch dem ersten Reichskanzler in den letzten zebn Jahren seiner Amlsthätig- Iril gar nichts nnd überhaupt in seiner politischen Lausbakn nur sehr wenig gelungen ist, während Graf Eaprivi, wie namentlich aus der englischen Presse erhellt, Alles in Allem ein höchst erfolgreicher Staatsmann ist. Den neuesten, aber nicht rinnial den drastischsten Beleg für diese Objcctivität des Unheils ergiebt das Verhallen der deutsch- freisinnigen Presse gegenüber dem Artikel der „Nvrdd. Ällzem. Zeitung" über die Mißhandlung eines Deutschen in eine», Pariser Bororte. Wie konnten die Herren sonst so lapscr schmähten, wenn daS deutsche Auswärtige Amt sich der Neibwendigkeit nickt cnlschlagen konnte, die Franzosen zur Äesonncnheil zu malmen: den, „Gewaklpolitikcr" wurden bann alle erdenklichen Beweggründe untergelegt, nur nicht der Ilar erkennbare, der ihn lbalsäckkich bestimmt hatte. Wie anders wirkt der jüngste „kalte Wasserstrahl" auf sie ein. Ter wackere Spritzenmann erntet Dank und Lob, er bat dem Frieden gedient und gezeigt, daß man den „deutschen Namen nicht ungestraft verspotten" darf. Herr Richter zwar bleibt den Höninen-Sängern fern, er ist sogar unzufrieden, aber der Tadel der „Freis. Ztg." klingt leise und richtet sich nickt gegen den Kanzler, sondern gegen das Ungeschick der ofsiciösrn Presse. Ungeschick, nichts weiter als Un geschick ist es »auch, daß mit dem halbamtlichen Artikel vor seinem Erscheinen aus der Börse zu Specn- lalionSzwecken schmählicher Mißbrauch getrieben worden ist. Die Erklärung der „Norvd. Allg. Zig." über diesen Unfug isl zwar völlig ungenügend und steht >m wesentlichen Puncte im Widerspruch mit offenkundigen Thatsachen, aber die teutschsreisinnige Presse läßt sich mit sichtlicher Bereit willigkeit adspeisen und zeigt eine himmlische Milde. Dergleichen „Gaunerstreiche", um mit dem Regierungs blatt zu reden, sind nun auch unter dem früheren Regiment verübt worden. Damals aber erregten sie nickt mir einen sinnbetäubendcn Lärm, was nicht zu verwundern war, sondern cS wurde anck jedesmal der Leiter des Aus wärtigen Amts für die Ungchörigteit verantwortlich gemacht, ja cS wurde, soweit man cS den, Beleidigungen nicht un- gerächt lassenden Manne gegenüber wagen konnte, also in „juristisch unfaßbarer Weise", angedeutet, er sei dem Vor- lemmriiß nicht fremd. Dem glücklicheren Caprivi aber spricht die gesamnite ehrenwcrthe Presse des AnticartrlS ihr Beileid aus. daß ibm Solches zugestoßen. Dvwporn mutLiitnr, nvs et mntamnr ln illls! Eine neue Partei, die sich „Deutsche Wirlhschasts- partei" nennt, versendet ihren Prospekt. Sie will die In teressen von Landwirtbsckast, Handwerk und Industrie zur Grundlage einer Parteibildung nehmen. Den Begründern ist nicht entgangen, daß der „Bund der Landwirthe", obwohl er nur eines dieser drei Gewerbe vertreten und sich in nicht- wirthsckaftlichen Fragen neutral verhalten will, bereits auf gegensätzliche Interessen innerhalb der Landwirthsckafr gestoßen ist Dessenungeachtet hoffen die Unternehmer, verschiedenartige EiwerbSzweigc in einer Richtung bewegen zu können. Es hätte sich doch empfohlen, weitere Erfahrungen mit dem jeden falls besser eingeführten „Bund der Landwirtbe" abzuwarten. Wie daS in Frankreich so üblich ist, so bat sich auch bei der gegenwärtigen EabinetskrisiS wieder innerhalb weniger Stunden ein Umschwung in der ganzen Sachlage vollzogen, nnd wenn wir aus Grund der vorliegenden Diel dungen noch gestern die Bildung eine- Cabinets unter dem Präsidium des Hochschutzzöllners MSline in bestimmte Aus sicht stellen konnten, so haben die Leser bereits auS den neuesten Telegramnien in der Morgcnnummer ersehen können, daß diese Comdination schon wieder abgcthan ist und daß inzwischen vdr seitherige Unlerrichlsminister Dupnv mit der Bildung des neuen Ministeriums beauftragt wurde Der Kammerpräsident Easimir Pörier, der gestern zwei Stunden lang mit dem Präsidenten Earnol über die Lage berieth, empfahl die Berufung eines außerparlamentarischen Ge- schästSministerium- behufs Führung der lausenden Geschäfte bis zu den Neuwahlen Carnot verwarf indeß diesen Vorschlag. DaS Ministerium MSline's wurde angeblich wegen der Borstcllung mehrerer sranzösischer Botschafter, welche die Berufung teS Führers der Schutzzöllner zum Leiter der französischen Politik in diesem Augenblicke bekämpften, fallen gelassen. Dupuy hat, wie cS scheint, mehr Glück als MSlinc gehabt, da er nach einem Pariser Telegramm von heute schon gestern Abend dem Präsidenten Earnot Be richt über den günstigen Erfolg seiner Unterhandlungen er statten konnte. Danach wird Dupuy selbst das Präsidium und daS Ministerium de- Innern übernehmen, Deoellc daö des Auswärtigen, PoincarrS den Unterricht. Für die Finanzen ist Peytral, für den Handel Lockroy i» Aussicht genommen. Der KricgSminister und der Marineminister werden ihre Portefeuilles behalten. In Serbien haben die Wahlen für die Skupscbtina dem liberalen Regiment nur eine bescheidene Mehrheit ge bracht, welche im Ganzen etwa sechs dis acht Stimmen be trägt, übrigens endgiltig auch noch gar nicht feslgestellt werden kann, weil in mehreren Wahlbezirken noch Unklarheit darüber Hestedt, welchem von Len Candivaten die Deputirtcn Vollmacht ausgestellt werden soll. Diese Streitfragen werden erst in der Skupscbtina selbst auSgetragen werden und dann endlich wird eS sich genau zeigen, ans wessen Seite die Mehrheit ist. Trotz alledem kann uian wohl als Tbatsache ansrden, daß die Radicalen, welcke in der lenien unter radicalem Regime ge wählten Skupschtina llü Mandate besaßen, einen großen Tbeil dieses gewaltigen politischen Mack»besitzeS eingebüßt haben. DaS ifi für die liberale Regierung ei» Erfolg, mit dem sie vollauf zufrieden sein kann und es ist höchst unklug ge wesen, daS einzelne liberale Organe eine liberale Zweidrittel- majorität und eine gänzliche Ausrottung der radicalen Partei angekündigt haben. Man sagt, daß die Radicalen und die Fortschrittler von der Skupschtina fortbleibcn und so den Zusammentritt derselben vereiteln werden Dies ist jedoch nicht wahrscheinlich, denn dadurch würde die Opposition der liberalen Regierung die Sache nur noch erleichtern. Die streikenden Deputirtcn würden ihre Mandate verlieren und bei Neuwahlen würde die Regierung gewiß i» manchem Wahlbezirke, der jetzt durch einen oppositionellen Deputirtcn vertreten ist, einen ihrer Leute durchsetzen. Es ist daher mit ziemlicher Gewißheit anzunebmen, daß die Opposition nicht streiken wird. An parlamentarischen Kämpien wird eS also gewiß nicht fehlen. Doch scheint das Ministerium Awakumowitsch davor auch nicht die mindeste Furcht zu empfinden, vielmehr zeigt cs sich entschlossen, aus seinen, Posten auszubarrcn Dasselbe besitzt auch in ungetrübtem Maße das Vertrauen der Regentschaft, so daß die Radicalen nicht die geringsten Aussichten haben, wieder ans Ruder zu gelangen. Bis zur Volljährigkeit des jungen Königs Alexan der, welche iin August 1894 eintritt. dürften die Liberalen am Ruder bleibe». Die Regentschaft hat keine Neigung mehr, sich mit den Radicalen wieder in eine politische Gemcmschast einzulaffen. Der Regentschaft kann cs nur willkommen sein, wenn die Radicalen in der Skupschtina keine so allmächtige Rolle mehr spielen und wenn überhaupt Liberale und Raticalc ich gegenseitig im Gleichgewicht Hallen. Der erste Regent Iovan Ristitsch, rin europäisch gebildeter Mann von großen Verdiensten und anerkannter Autorität, hat offenbar den meisten Werth daraus gelegt, der Allmacht der radicalen Partei in der Skupschtina ein Ende zu macken, um so den Gang der öffentlichen Angelegenheiten vor ihren Uebergrifscn fichcr- zustcllen. Und kicleS Ziel ist tbatsäcklicb, wie cS scheint, erreicht worden, mag nun die liberale Majorität i» der Skupschtina um ein paar Stimmen mehr oder weniger zählen. Ein weiterer Gewinn liegt unleugbar darin, daß die Liberale» ein gemäßigtere-, mcbr aut die bürgerliche Intelligenz in den -Ltäktc» sich stützendes Element repräscn- tircn, während die Radicalen ihren Hauptslützpnnct bei dem unbotmäßigen Landvolk einiger Wald- und GebirgSkreise finden, wo noch die alten Traditionen aus den Haiduckcn- käwpsen der Milosch'schcn und Karagcorg'schcn Epoche leben und der Begriff der Slaalöautoritäl eine unbekannte Sache ist. UebrigenS tritt die Skupschtina bereits am 6. April zusammen und die Situation wird sich alsdann in deut licheren Umrissen zeigen. Präsident Cleveland ist nun vier Wocken im Amte und bat bis jetzt vcrhältnißmäßig sebr wenig gctban. Er ist sich, sagt der „TimcS"-Corresponde»k in Waskington, seiner schwierigen Stellung sehr wobt bewußt. Die Horden, welche nach der Hauptstadt der Union kamen, um für sich Aemirr zu erbaschcn, ziehen sich jetzt mehr oder weniger enttäuscht nach ihrer Heiinatk zurück. Die spcciellc Session de- Senate« fristet kümmerlich ikr Leben und hat wenig Beschäftigung. Die Lösung der Hawaifrage ist vertagt Der Mac Kinlen tarif besteht noch und Wirt? bis zur Zusammenkunft teS Congresseö im nächsten Winter jedenfalls unberührt bleiben. DaS amerikanische Silberproblem ist so schwierig wie je und cS scheint, als ob Elcveland cs eben so wenig werte lösen können, wie Harrison. Die „Silbcr-Advocatcn" baden in Wirk lichkcit den Congreß unter ihrer Conlrole und beabsichtigen sorlzusahrcn, Silber zu kaufen oder zu münzen, bis eine ein- trelendc nationale Katastrophe cs notdwendig machen wird, eine ankere Politik einzuschlagcn. Obwohl die neue Admini stration bisher untkälig gewesen, so stellt sich doch schon jetzt h»raus. daß der Eintlnß der Demokraten ini Eongreß von einer solchen Natur ist, daß der deniokralischr Präsident sich kaunl in Harmonie mit ihnen befindet. Der Senat ist in allen großen Fragen, die das Land bewegen, gegen Cleveland und dies wird aller Wahrscheinlichkeit nach in der Zu kunft auch niit dem Congreß der Fall sei». Bor mindestens einem Iadre ist, so bcmerkl der .Ti»ieö"-Correspontcnt Weiler, keine Veränderung in dem schuyzöllneriscken Taris zu erwarten, und cS steht zu vermuthcn, daß das Schatzamt im März 1894 Silber kaufen wird, wie es dies im März aelhan. Es scheint, als ob des Präsidenten ein ernstlicher Cvnflict mit den Führern seiner Partei wartet. Diese erfreuen sich der Unterstützung der Majorität der Dcnio- kraten im Congreß. Ter Präsident bat jetzt nichts zu verliere», denn er wird nicht wieder für die Präsidentschaft candidircn. Er sängt daher schon an. eine »nabängige Stellung cin- znnebmcn. Seine Partei ist enttäuscht, daß er keine oder nur sehr geringe Acnderungen in den Aemtern vornimnit Zu seiner Ehre muß erwähnt werden, daß in seiner Politik die Frage in Bezug aus die EinslcUuna teS Silberankauss nnd die Stärknng des amerikanischen WäbrungSsysteniS die erste Stellung cinninimt. Elcveland bat jedoch seine Stärke über schätzt; erst kurz vor seiner Inauguration begann er zu ver spüren, daß das „freie Silbcrclciiient" unter den Demokraten überaus mächtig ist und daß es seine Partei controlirt. Es ist daher natürlich, daß er sehr vorsichtig zu Werte geht und mit seinen Kräften bis zum Eintritt teS EoiislictS haus hälterisch verfährt. Der Präsident soll sogar — so wird angedculet — die Möglichkeit vorauSscken, daß er ge zwungen werken wird, sich vom „Silberslügel" seiner Partei zu trennen unk mit der Majorität der republikanischen Partei, die seine Ansichten über die Silberfrage tdeilt, zu verbinden. AuS dem Obigen gebt deutlich hervor, daß die Aussichten in Bezug auf eine Reform der Silber- und Tariffragc io Amenka nickt sebr rosiger Natur sind. Deutsche- Reich. O. II. Berlin, 9. April. Der Verein für daS Wobl der aus der Schule entlassenen Jugend bat an den Magistrat die Bitte gerichtet, einen von geeigneten Unterweisungen be gleiteten Koch unterricht in den Rabine» de- Lehrplanes der Volksschulen, ähnlich wie solcher in verschiedenen deutschen Städten, wie z. B Cassel, Cbenmitz, Karlsruhe, bereits besteht, einzufügcn. Der Verein ist dabei von dem Gedanken auSgcgangen, daß in den Familien, in denen auch die Frau einem Erwerbe außerhalb de» -Dauses nackgcht, die Töcktcr aber, nach Erledigung der Schulpflicht, oftmals ehr bald einen Verdienst in Fabriken suchen, die .Überlieferung für sparsame nnd gesunde Spcisrnbereitung ast ganz verloren gebt unk damit der künftigen Generation ein wesentlicher Factor für die Herstellung eines befriedigenden Familienlebens abhanden kommt. Ter Magistrat glaubt auck, daß der Kochunlerricht zu denjenigen Einrichtungen ge kört, die der Zerstörung des normalen FamilienlzbcnS ent- gegcntreten können. Weil aber die städtische Gemeindcschule auch die Kinder au« den besser gestellten BUrgersamilicn auf- ninimt, in welche» den Mädchen »lütterlicherscitS die nöthige Anweisung zum Bereiten von Speisen crtbcilt wird, kann der Magistrat sich nicht entschließen, de» eigentlichen, Verstand und Gcmütb bildende» Schulunterricht dadurch einzuschränken, daß er einen obligatorischen HauSwirtkschaftSunterricht einsührt. Der Magistrat beabsichtigt jedoch, einen Versuch in der Weise zu fördern, daß für Schülerinnen der ersten Elaste einer Gemeintesckule ein facultativcr Unterricht im Kochen eingerichtet wird, der wöchentlich in vier Stunden a» einem Nachmittage stallsiiidet.an welchem sonst zweiStunden Handarbeit liege» Für die Schülerinnen, welche de« Koch- untcrrichtS nicht bedürfen, blchbt der bisherige UnterrichtSplan bestehen. Der genannte Verein bat sich zur Ausführung einer solchen Vorschule erboten. Er will wahrend eines Jahre« eine für diesen Zweck in Eaffcl näher zu instruirende Lehrerin besolden, die Küchencinrichtung und das erforderliche Material liescr». Dagegen bat er um kostenlose ttcberweisuna eine« LocalS, um unentgeltliche Lieferung von Gas nnd Wasser, sowie um Bewilligung eine« Beitrags von üOO gebeten. Der Magistrat wünscht, diesen Anträge» zu entsprechen und bat bei der Stadtverordneten-Bersaminlung um Bewilligung der nöthigen Mittel nachgesuchl. * Berlin, 9. April. Die nationalgesinnte Presse im Reich bat, wie da« nicht anders zu erwarten war, dem Fürsten Bismarck zum Geburtstage warme Worte de« Gedenkens gewidmet. Vielfach sind ernste Betrachtungen über die gegen wärtige» politischen Verhältnisse damit verbunden. Wir geben im Nachstehenden Einiges aus den Festartikcln wieder. Die evnservative „Schles. Ztg.", als besonnenes Blatt bekannt, schreibt: „Wie verschieden ist das heute von der Ostersonne beleuchtete Bild deS Vaterlandes von demjenigen, welches sich vor zweiund- zwanzig Jahren den Blicken de« deutschen Volkes darbst! In wilder Zwietracht stehen sich die politischen Parteien gegenüber, allgemeine Unzufriedenheit und Mihmuth ersähen wette Urcise der Vcvöikeruiig. das Vertrauen zu der Leitung der Neichs- u»d Staatsgcschasle ist erschüttert, und immer dreister erheben die demokratische« und socialen Umsturzbeslrebungen ihr Haupt und drohen die Ncsuliale der Kulturarbeit von Jahrtausenden zu zerstöre» und »nscrem Volke de» köstliche», kaum erlangten Besitz seiner Einkeit wieder z» rauben Besonder» die gegenwärtige Oslerzeii bringt »ns den Unterschied von einst und jetzt zu kummer vollem Bewutzisein. Schwerwiegende Fragen »nd Ausgaben der lausenden Sipungszcit der Vollsvertretungcn sind „och ungelöst. Tie Zeit drängt, und noch immer ist nicht abzujehen, wie endlich Feuilleton. krimuln verir. Ls Erzählung von A. Brüning. N-itdruck verboten. iFortsetzuiig.) „Ein entzückendes Geschöpf, diese Gabriele Ehrhardt!" „Bei solchem Liebreiz könnte man wabrbaftig über daS mangelnde „von" binwegsehen!" „Ihre Augen allein wiegen ein Dutzend Abneu aus — auch ohne die Millionen ibres Vater- — auf Ehre!" so schwirrte es von allen Seiten, und der junge Lssicier war srob, als er sich endlich von der lärmenden Gesellschaft losmacken und in der Einsamkeit seine« Zimmers ungestört seinem Glücke kingebc» konnte. Drinnen aber, in einem der leer geworbenen Säle Le- Ebrbardt'schcn Hauses, zwischen welkenden Blumen und halb verlöschten Kerzen, saß während testen Gabriele aus einem niedrigen Tabouret zu ihres Vaters Füßen und lauschte mit schreckensbleichem Antlitz den furchtbaren Worten, welche ihr die Zertrümmerung ihres Glückes verkündigten. Arm — ganz arm also! — Gabriele tonnte es nicht fassen; für sie, da- verwöhnte Kind de« Millionär-, da« in seinem jungen Leben nie etwa» andere« al« Luzuö und Uebersliiß kenne» gelernt, batte da« Wort „Armuih" einen entsetzlichen Klang Wie schwer war eS, ihr die traurige Tbatsache begreiflich zu machen. Aus de« Bankier« Stirn perlten kalte Lchweißtropsen. Kaum begriff er selbst, wie er dielen entsetzten jungen Augen gegenüber dir Kraft zu seinem Bekenntnisse gesnnden. — Und nickt ein Iota davon batte sie ihm erspar«. Da gab e» kein Erratbrn halb angrkeutetrr Worte — ihrer sestgegründeien Uebcrzeugung seine« Reick- tbum« gegenüber batte er sich zu einer umständlickeu Dar legung der Sacklage entschließen müssen. Ai« sie vorbin nack Fortgang der Gäste sich so stürmisch in seine Arme geworfen, bereit, die ganze Seligkeit ibre» jungen ViebeSglücke« vertrauend in seine Seele z» ergießen, da war er sich selbst wie ein Barbar erschiene», daß er die« strahlende Glück mit grausamer Hand zerstören mußte. Und dock — die unerbittliche Notbwendigkcit hatte ihn vazn ge zwungen: ehe sie noch ihr süßeS Gebeimniß ihm in« Ohr batte flüstern können, hatte er seinerseits sie mit bewegter Stimme um eine Stunde Gehör für eine ernste Angelegen heit gebeten. Nun war eS überstanden Sie wußte, daß der morgige Tag, von dem sie ein bräutliche« Glück erwartet, sic herav- stürzen würde von ihrer glänzenden Höbe — daß ihr Vater sich zahlungsunfähig erklären mußte. Mit einem Aufatbmcn, das fast einem Stöhnen glich, wischte er sich mit dem Tuche über die feuchte Stirn. Einige Minuten lang bcrrschtc tiefe Stille in dem ge schmückten Saale, der jetzt in seiner Verödung einen trostlosen, gespenstischen Eindruck machte. Plötzlich kam Leben in die starre Mätchengestalt. Mit einem halbcrstickten Angstschrei fuhr sic enipor: „Und werden sie nun auch morgen kommen und Dich von mir weg in« Gesängniß schleppen, wie cS vor Kurzem dem Vater meiner unglücklichen Freundin geschah, als er Bankerott gemacht?" fragte sie schaudernd, während ihre Zäbne wie im Fieber aufeinandrrschlugen. Er nahm sie voll unsäglichen Mitleid- in die Arme. „Nein, beruhige Dich. Liebling", flüsterte er, „dieses Aeußerste wenigstens bleibt uns erspart: wenn auch zum Bettler — zum Betrüger bin ich nicht geworden! Freilich, ich werde Alles, was wir besitzen, hingebrn müssen, um meine kaufmännisch« Ehre zu retten: nicht-, gar nicht- werben wir bebattrn von dem Lupus, der uns jetzt umgiebt. Wirst TuS denn auch ertragen könne», mein arme- Kind?" In den sonst so sanften braunen Augen stammte eS stolz aus. Mit einer hastigen Be wegung rissen die kleinen Hände das Prrlencollicr vom Halse und die schimmernden Spangen von Brust und Gewand. „Da, da, nimm Alle« und bezahle!" stieß sie hervor. „Es soll un« Niemand fluchen — ich «rtrüg S nicht. DaS Schicksal jener Freundin, deren Vater so viele Arme um ihr Alle« gebracht, ist mir stet« al« La« Furchtbarste erschienen!" „Ich wnßte e«, daß meine Gabriele so Lenken würde", saale der Bankier in tiefer Bewegung, indem er einen Kuß auf ihren zuckenden Mund drückte Aber Kind, Armutb und Entbehrung tragen sich schwer, wenn man wir Du an Glanz und Uebcrfluß gewöhnt ist. Wohl werde ich freudig für Dick ringen und arbeiten — aber ..." Er kam nicht weiter, Gabrielen- weiche Hand legte sich lieblosend aus seinen Mund, die braunen Augen strahlten ihn an, beinahe mit dem alten sonnigen Lächeln. Hatte sie doch soeben beim LoSncsteln der Spangen das Myrtenreis berührt, daS ihr Gert beim Abschied gegeben, und damit war die Erinnerung an ihr holde« Gebeimniß zurückgekehrt, das sie unter den Schrecken der letzten Stunde beinahe vergessen. „Nein, daS brauchst Tu nicht, geliebter Papa", flüsterte sie, daS Köpfchen halb verschämt an seine Sckullcr schmiegend, „Gerl von Waldau liebt mich und wird morgen bei Dir um nieine Hand anhaltcn ... Was sagst Du nun? ist daS nicht ein Trost für Dich? Du wirst bei Deinen Kindern wohnen, und wir werden, wenn auch nicht mehr reich, doch glücklich sein." Der Bankier griff fick an die Stirn Also auch da« noch! So sollte er den Kelch bis auf die Neige leeren. — Er batte ja gewußt, daß eS schwer sein würde, Gabrielen die Wahrheit beizubringen; diese kindliche Harmlosigkeit jedoch überstieg seine schlimmsten Befürchtungen „Ader Kind", rief er Verzweiflung«»»!!, „von all dem kann nicht mehr die R;de sein: hast Du denn nicht gekört? Wir sind arm, bettelarm!" „O, Papa", enigegnrie sie vorwurfsvoll, „Du tlmst ibm schwere« Unrecht, wenn Du glaubst, daß er sich dadurch ab- schrecke» lassen würde; Gert von Waldau begehrt mich, einzig mich: ich bi» überzeugt, er dal nickt an mein Geld gedacht bei seiner Werbung!" „Davon bin auck ich überzeugt. Meinst Du denn, sonst hätte ich sic begünstigt, so wie ick eS gerhan? Aber da- ist nun vorbei, au« und vorbei! Es wäre Frevel von mir, Dir auch nur Len geringsten Zweifel zu lassen; Gert von Waldau ist arm, und nun auck Tu eS bist, kann »nd darf er daran nickt denken, seine Werbung um Dich fortzusetzen. Ich hoffte, Du hättest da« selbst gleich begriffen, und eS wäre mir erspart geblieben, eS Dir zu sagen", setzte er tonlo« und halb abgewankt hinzu. Gabriele lauschte wie erstarrt. Jetzt erst kam mit ver nichtender Gewalt die ganze Erkenn niß ibre« Jammer« über sie. Mit verzweifelter Geberke rang sie die Hände. „Arm sein, und ohne ihn! — nein, nein, ick ertrage e« nickt!" sckrie sie auf. Ten Anblick der geschmückten, todtenblassen Mäkchen- gcstalt in dieser Verzweiflung vermochte der Bankier nicht zu ertragen. „Gabriele!" rang es sich in schmerzlichem Vorwurf von seinen Lippe». In dem Egoismus ibres Schmerzes Halle sie ihres bedaucrnSwertben Vaters vergessen; aber der Ton, mit dein er ihren Namen rief, brachte sie zur Besinnung. Wie sic jetzt in da« Antlitz des gequälten Mannes sab, überkam sie plötzlich ein unsägliches Mitleid: er war ja so stolz gewesen aus seine alte, angesehene Firma — wie mußte sein Herz bluten, da er sie ;usai»menb,cchen sab! „Papa, lieber armer Papa, vergieb mir!" und mit einem Strom erlösender Tbränen warf sie sich an seine Brust. Eine Weile ließ er sie still aus- weinen. Zögernd begann er endlich: „Gabriele, mein Liebling, eS gäbe wobl noch eine» Weg, »ns vor der Armutb zu rette», aber er fordert ein schweres Opfer von Dir: ick weiß kaum, ob ick ikn Dir nennen darf. Es ist auch nicht um meinet willen, daß ich davon rede", fuhr er fort, al« sie ihn er wartungsvoll ansab, „aber ick fürchte. Du selbst, mein arme« Kind, würdest den Wechsel der Verhältnisse »ick» ertragen. — So köre denn: ein reickcr Man» bat bei niir um Deine Hand angekalten und mir zugleich in sebr zarter tactvoller Weise seine Hilfe angeboren. — Du tennst ibn, e« ist Man fred Blanden, jener oftprenßisckc Gutsherr, mit dem wir letzten Herbst wäbrend unseres Batcanienlkalte- in Mi-droy zusaninienlrase». Erinnerst D» Dick feiner noch?" Gabriele mußte fick besinnen. Manfred Blanden? Ach ja, nun wußte sic eS wieder. Im Geiste erblickte sic deutlich die Hobe, markige Gestalt, mit den ernste» dunkle» Augen, die so wahr und herzlich blicken konnten, und die ihr damals solche« Ver trauen cingeflößt Freilich, er Kälte ibr Vater sein können ... Also der liebte sie »nd wollte sic beirathen? ... Wie gut, daß eS gerade der war und nickt einer von den jungen Herren der Residenz, die ibr wäbrend de« Winter« den Hof gemacht Sie alle würden ibr in diesem Augenblicke Grauen nnd Abscheu cingeflößt haben, wäbrend der Gedanke an Manfred Blanden keine Schrecken für sie hatte. „Zeig' niir den Brief, Papa", bat sie leise. Der Conimerrienratb, der voll ängstlicher Spannung den Eindruck seiner Eröffnung auf dem Antlitze seiner Tochter beobachtet hatte, zog ein zusammengesaltcte« Blatt au« der
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