Reklamekunst

164 Anzeigen in Zeitschriften Hayduk, Deutsch, Gipkens u. a. Daß der Gesamteindruck der Berliner Künstler inserate ein erfreulicher sei, vermag ich nicht zu behaupten; gäben sie ein richtiges Bild, so würde das kaufende Publikum der besseren Geschäfte fast nur aus den Kreisen der Halbwelt und ihres männlichen Anhangs bestehen, und so liegt die Sache denn doch noch nicht. Vieles könnte in den Anzeigenteilen der Zeitschriften und Kataloge ge bessert werden. Einige Anläufe sind wiederholt gemacht worden; eine nachhaltige Wirkung haben sie aber nicht gehabt. Zu den frühesten Versuchen in dieser Richtung dürften die Jahrbücher des Vereins für deutsches Kunstgewerbe ge hören, die 1893, 1894, 1896 ausgegeben wurden. In den beiden erstgenannten herrschen die historischen Stilformen noch ausschließlich, sowohl in dem von Döpler d. I. im Renaissancestil dekorierten Umschlag, als in den den Inseraten beigegebenen Zeichnungen; in dem Jahrbuch für 1896 tritt dagegen der Einfluß des englischen Stils bereits deutlich in die Erscheinung, am schärfsten in dem übrigens recht wenig gelungenen Umschläge, und in der Zeichnung H. Hirzels für den Juwelier Louis Werner wagt sich bereits die naturalistisch stilisierte Pflanze hervor. Eine recht eigenartige Ausstattung hatten auch die einzelnen Blätter des, wenn ich nicht irre, Ende des Jahres 1896 oder Anfang 1897 ausgegebenen Kuponbuches der Gesellschaft „Realkupon", die schon nach kurzem Dasein wieder verschwand, aber infolge ihrer anfangs im größten Maßstab betriebenen Reklame noch vielen Lesern in Erinnerung sein dürfte. Einen überaus vornehmen Eindruck machte der Anzeigenteil des bereits oben erwähnten Prospektbuches des „Pan"; jede Firma füllte mit ihrer Anzeige eine oder mehrere ganze Seiten, so daß das Bild einer jeden einzelnen Seite durchaus einheitlich gestaltet werden konnte. Der beigegebene zeichnerische Schmuck von H. van de Velde, O. Eckmann, G. Lemmen, W. Volz war aber nicht zu diesem Zwecke hergestellt, sondern bereits zu Umschlägen, Prospekten, Geschäftskarten usw. verwendet worden. Was im übrigen an guten Jnseratenklischees in deutschen Zeitschriften, der „Dekorativen Kunst", der „Deutschen Kunst und Dekoration", der „Jugend" und der „Leipziger Illustrierten Zeitung" zu finden ist, ist sehr spärlich, und gerade das Beste darunter rührt vielfach nicht von deutschen Künstlern, sondern von Ausländern her. Besonders sind es Sekt firmen, die in manchmal recht hübschen ganzseitigen Bildern die Vorzüge ihrer Erzeugnisse anpreisen. - Ein weites Feld mannigfaltiger künstlerischer Betätigung haben wir im Geiste durchmessen, hoffentlich mit dem Erfolge, daß mancher Leser, der früher in der Ver bindung von Kunst und Reklame eine bedauerliche Verirrung erblickte, den Be strebungen, dies Gebiet unseres wirtschaftlichen Lebens der Kunst zu erobern, künftig freundlicher gegenüberstehen wird. Diejenigen aber, die verächtlich auf die Leistungen der Reklamekunst herabblicken, erinnere ich an ein schönes Wort Friedrich Bodenstedts: Alles Größte ist mir nichtig, Dem der Kern des Ew'gen fehlt; Alles Kleinste ist mir wichtig, Wenn's der Schönheit sich vermählt.