Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.01.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950121020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895012102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895012102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-01
- Tag1895-01-21
- Monat1895-01
- Jahr1895
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-Prei- I» dar Hauptexpedtttoa oder den t« Stndd» bezirk nnd den Vororte» errichteten Aus« gabejiellen abgeholt: vierteljährlich^»^ vei Meimaliger täglicher Zustellung in« Hau» >l b^O. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteli-hrlich ^l S.—. Direct» tägliche Kreuzbandienduug tu» Auslaad: monatlich ^l 7.öO. Die Morgen-ÄuSgabe erscheint täglich V,?UH^ di« Aveud-AuSgab« Wochentag» b Uhr. LeLartton und Ervkditiou: Jotzannesgaffe 8. Dt« Expedition tst Wochentag« ununterbroche» geöffnet «> früh S bi« Ab«ud« 7 Uhr. Filialen: vtt» Ae««'» Sartim. <Alfred H«da>» UuiversitätSstrabe 1» Louis Lösche, Nathariueustr. 14, part. und König-Platz 7. AVend-Ausgabe. MipIgerTagMalt Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. «l«zeige».Preis die 6 gespaltene Petitzeile SO Pf-. Nee kamen unter dem Redaction-slrich (4 g» spalten) bO-4, vor den Familieunachrichte» (K gespalten) 40/<. Vrvßerr Schriften laut unserem Preis- »erzrichniß. Tabellarischer und Ztssernfatz nach höherem Larif. Erlr«-Vril«gen (gefal»t), ,«r ml» d» Morgen-Ausgabe, ohne Postbrfitrderuug 60.—, mit Postbeförderung 7V.—. Annahmeschluß für Anzeige«: Abend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Margen-AuSgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stunde früher. Anreisen sind stets an di, Gr»edttt«n zu richten. Druck und Verlag von E. Polt in Leipzig ^°38. Montag den 21. Januar 1895. 89. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 21. Januar. In der Frage der Inschrift auf dem NcichStagSgebäude, die nun keine Frage mehr zu sein scheint, hat sich die seit fünf Jahren in Deutschland geübte Kunst, ohne Noth Miß stimmung zu erzeugen, wieder einmal glänzend bewährt. Ursprünglich batte Niemand das Perlangen nach einer In schrift, sehr Biele aber hätten, wenn sie gefragt worden wären, die Anbringung einer solchen Widerrathen, denn es ist nicht Jedermanns Geschmack, einen Monumentalbau mit Buchstaben geziert zu sehen. Nun aber war einmal eine Inschrift in Aussicht genommen nnd dann fortgeblieben, weil sie „Dem deutschen Bolle" lauten sollte. Dadurch wurde die Sache politisch, und das Lied, das von ihr gesungen wurde, war begreiflicherweise „ein garstig Lied". Es wäre indessen bald verklungen, wie Alles verklingt, und die leere Stelle an der Haupksront des Reichstagsbaues hatte schon begonnen, Gegenstand mehr oder- minder guter Witze als des Aergers zu werden, — da wurde das öffentliche Interesse neu belebt durch die Versicherung, dem Weableiben der Inschrift lägen politische Beweggründe oder Auf fassungen n i ch tzuGrunde.DieseErklärung wirkte sehr beruhigend, und eS hätte ihr nichts Weiteres zu folgen gebraucht. Wollte man aber eine Inschrift anbringen, so durfte sie jetzt erst recht nicht anders als „Dem deutschen Volke" lauten, denn der Wegfall dieser und nur dieser Worte war als ein un aufgeklärter Vorgang oder ein Versehen gekennzeichnet worden. Statt dessen folgte der ersten Demonstration des Weg lassens — denn als eine solche stellt sich dies nun wieder bar — eine zweite und diese noch dazu in Form einer groben Geschmack losigkeit. Die Worte „Dem deutschen Volte" waren schon nicht glücklich gewählt, da das Volk der Sache nach der Eigentümer des Baues ist; es hätte etwa beißen sollen: „Dem Heile des Deutschen Volkes". Aber immerbin konnte, weil die Nation der Form nach nicht die Eigentümerin ist und sein kann, die zuerst geplante Inschrift noch als Widmung angesehen werden. Die Worte „Dem deutschen Reich" neunen den Besitzer im juristischen Sinne; das Haus gehört natürlich dem Reiche, wem sollte es sonst gehören? Es gehört dem Reiche, wie z. B. jedes Kriegsschiff. Die Inschrift ist mithin keine Widmung, sondern — trotz des Dativs — ein Schild. Das richtige Firmenschild aber wäre, wie schon von anderer Seite gesagt worden ist, „Deutscher Reichstag" gewesen. Wenn man auf das im Bau befindliche preußische Landtagsgebäude schreiben wollte „Dem Königreich Preußen", welches Hohngelächter würde sich erheben! Und dennoch wäre bas genau dasselbe, was man jetzt am Reichstagsgebäude macht. Aber den Geschmack bei Seite: die Entscheidung macht böses Blut. Wir befürchten zwar nicht einmal von den altbayerischen Particularisten, daß sie sich geberden werden, wie heute die „Vossische Ztg.", die über die gewählte Inschrift wie ein branntweiutruittenes Weib lärmt; aber die Mißstimmung wird nun aus zwei Quellen stießen, einmal aus der Weigerung, das Volk zu nennen, sodann aus der Erklärung auf dem letzten Herren abende beim Kaiser. Die Abmachung der Reichstagsbau- commission, über die ihrem Beschlüsse vorhergegangene Er örterung Stillschweigen zu bewahren, wird natürlich und ganz mit Recht als das Geständniß angesehen werden, daß ihre Beweggründe das Tageslicht zu scheuen haben. Die belgische Regierung befindet sich in peinlichster Verlegenheit. Ihre eigene Partei, die klerikale, scheint die grimmigste Widersacherin der Congo-Annexion zu sein. Klerikale Journale, wie „Le Bien Public" und „Patriote", treten unzweideutig gegen die Annexion auf. Andererseits scheint König Leopold es beharrlich zu verlangen, daß das Congo-Gebiet in eine belgische Colonie umgewandelt werbe. Der klerikale „Patriote", das Organ des CabinetS de Burlet, selber giebt zu, daß es nicht der Minister-Präsident, sondern der König sei, der den Eongo-Staat in den Besitz Belgiens hinüberleiten wolle. Der König nämlich sei schon im Begriffe gewesen, einer englischen Gesellschaft das Handelsmonopol am oberen Eongo gegen eine jährliche Zahlung abzutreten, als er auf den Widerstand der belgischen Minister stieß, die den Souverain des Eongo-Staates warnten, aus finanziellen Motiven die belgischen Handels-Interessen am Eongo zu Gunsten der englischen Interessen preiszugebe». Daraus habe der König eingewendet, er persönlich fei nicht mehr in der Lage, mit ewiger Aufbietung neuer Geldopfer die Souveränelät über den Eongo-Staat auszuübe»; er müsse also darauf bestehen, daß der belgische Staat den Eongo-Staat übernehme. Es beißt, aus dem Schoße des Parlaments werde die Initiative hervorgehen, einen parlamentarischen Ausschuß einzusetzen, der sich nach dem Eongo zu begeben hätte, um die dortigen Zu stände eingehend zu prüfen und einen Bericht darüber an das Parlament zu erstatten. Von diesem Berichte würde eS ab- hängen, ob der belgische Staat den Eongo-Staat annectiren würde oder nicht. Der Politik deS italienischen Ministerpräsidenten Francesco Erispi sind mehrere Vorgänge der jüngsten Zeit erbeblich zu Statten gekommen. Die auf ein anarchistisches Eomplot zurnckrusührende Ermordung des Oberstaats anwalts in Mailand zeigte aufs Neue die Gemeinzefähr- lichkeit und Verworfenheit jener Secte, welche mit Dolch und Sprengbombe ihr Ziel, die Vernichtung aller menschlichen Eullur nnd Gesittung, zu erreichen, sich vorgenommen hat, und rechtfertigte noch nachträglich das scharfe Einschreiten deS leitenden italienischen Staatsmannes gegen alle im Lande vor handenen organisirten Umsturzvereinigungen. Thatsache ist, daß auf die Kunde des Mailänder Mordattentats die Kritiker der Crispi'schen Maßnahmen gegen die Umsturzpropaganda sehr kleinlaut geworden sind und nicht mehr den Muth haben, Erispi als den „Mörder der staatsbürgerlichen Freiheit" zu bezeichnen. Die CriSpi günstige Wirkung des mehrgenannten Anarchistencoups wird noch verstärkt durch den in Frank reich vollzogenen Präsidentschaftswechsel. Man be greift, daß angesichts der wachsenden Frechheit des Gebahrens der französischen Anarchisten Italien doppelte Veranlassung hat, auf der Hut zu sein. Es sind dieselben Kräfte, die, während sie nach dem Umsturz der bestehenden Ordnung in Frankreich und Italien drängen, zugleich an der Verfeindung der beiden Staaten untereinander arbeiten. Der neue Präsident Felix Faure ist von den französischen Umstnrzverschworcnen schon jetzt mit dem Bannstrahl belegt; je mehr sie darauf hin arbeiten werden, ihm Schwierigkeiten zu bereiten, desto wach samer wird die italienische Politik aufpaffen müssen, damit keine Cooperation der französischen mit den italienischen Anarchisten behufs Verschlechterung der internationalen Beziehungen beider Länder zu Stande komine. Auch vom Gesichtspunkte der auswärtigen Politik erweist sich also das scharfe Auftreten CriSpi's gegen die Umstnrzverschwörer als slaatsinännisch correct. Endlich wirkt die durch den Erfolg deS Generals Baratieri über seine abessinischen Angreifer in Italien hervorgerufene patriotische Begeisterung fördernd und klärend auf das öffentliche Urtheil über die Gesammt- politik des Staates zurück. Das nationale Prestige Italiens ist zu einem sehr ansehnlichen Theile mit dem Namen Erispi's verknüpft. Ohne die Energie, mit welcher Erispi stets für die Aufrechterhaltung der italieni schen Eolonialpolitik eingetreten ist, würde General Baratieri seine afrikanischen Lorbeeren niemals errungen haben, dürfte im Gegentheil Italiens Stellung am Rothen Meere vielleicht schon längst unhaltbar und damit auch der Werth hinfällig geworden sein, den man in London auf das italienische Bündniß legt. Für die Sicherstellung der Mittel meerposition Italiens aber ist bas enge Verhältniß zu Eng land von größter Bedeutung. Co vereinigen sich von allen Seiten her die Thatsacben. um in der öffentlichen Meinung des Landes die Rechtfertigung der Crispi'schen Führung der italienischen Staatsgeschäfte zu übernehmen, nnd wenn durch königliches Decret das Land zu Neuwahlen aufgernfen wird, dürfte, was vor vierzehn Tagen noch unmöglich schien, der bloße Name Erispi's als Wahlparole Wunder thun. Zwischen König Alexander von Tcrbien und seinem Vater sollen ernstliche Mißhelligkeiten bestehen, und die schon seit einiger Zeit umlaufenden Gerüchte finden durch die völlig unerwartete Abreise Milan's nach Paris und die ver zögerte Rückkehr nach Serbien neue Nahrung. Unverkennbar ist, daß in den Beziehungen König Alexander's zu seinem Vater in letzter Zeit eine Wendung zum Schlimmer» eingetreten ist. Der König ding noch vor wenigen Monaten mit größter Hingebung an seinem Vater, tbat nur das, was Milan wollte, und ging in dieser seiner Bereitwilligkeit so weit, auch seine Mutter, die er in seiner Kindbeit so zärtlich liebte, gänzlich zu vernachlässigen. Neuerdings scheinen sich nun in der unm ittelbaren Umgebung deS jungen Monarchen Einflüsse geltend zu machen, die ibn zu einer Umkehr in dieser Beziehung mahnen und ihm die Ereignisse der letzten Monate so dar stellen, um ihn zur Erkenntniß gelangen zu lassen, daß ihn sein Bater mehr als einmal übel berathen habe. In der That bat sich Milan in dieser Hinsicht gar Manches zu Schulden kommen lassen. Ans seine Veranlassung wurde Nistilsch, der alte, ergebene Freund der Dvnastie, ein Mann, dem Milan seine Krone verdankt, mit Schimpf und Schande aus dem Amte gejagt und die von ihm eingesetzte Regierung auf die Anklagebank gezerrt. Als Milan dann die allerdings unangenehme Erfahrung machte, daß die Radikalen, mit welchen König Alexander seither auf sein Geheiß durch dick und dünn gegangen und für welche er sich wiederholt eingesetzt hatte, in Geldsachen auch nicht viel zugänglicher seien als der „geizige" Ristitsch, bewog er seinen Sohn, sich ihrer in der selben unrühmlichen Weise zu entledigen. Im Monat Oktober läßt Milan den jungen König einen feierlichen Eid auf die Verfassung ablegen, zu deren unversehrter Aufrechterhaltung er mit dem Staatsstreiche vom 1. April die Zügel der Re- aiernng in seine Hände genommen zu haben ind im darauffolgenden Mai war dieselbe Versa,,. ^ ^ und klanglos ans der Welt geschafft. So kam eS. daß sich der junge König innerhalb einiger Monate mit allen Parteien Uberwars. daß er alle hintergangen hatte. Auch einzelnen Partei führern und sonstigen hervorragenden Männern gegenüber wurde dieselbe Taktik befolgt. Man versprach Unglaubliches und hielt nichts. Auf diese Weise ist es zur Stunde dazu ge kommen, daß man jegliches Vertrauen zum Hofe verloren hat. Was Wunder daher, wenn den jungen König zeitweise ein Unbehagen erfaßt, wenn er sich diese Geschehnisse ins Ge- dächtniß zurückruft. Hierzu kommen noch andere unangenehme Erfahrungen aus rer letzten Zeit. Es vergebt kein Tag, daß nicht irgend eine ungeregelte Angelegenheit des Exkönigs auf taucht. Die Briefe, die deshalb an den jungen König ge langen, enthalten, wie man sich erzählt, stellenweise gaw; eigenthümliche Drohungen. Deutsches Reich. * Berlin, 20. Januar. Unter den Decorirten des diesjährigen Ordenssestes steht in erster Linie der kaiserliche Botschafter in Madrid, Herr von Radowitz, der daS Grvßkreuz des Rothen Adler-Ordens mit Eichenlaub »nd Schwertern am Ringe erhielt. Den Stern zum kkotben Adler - Orden zweiter Elaffe mit Eichenlaub er stellen von bekannteren diplomatischen Persönlichkeiten u. A.: der kaiserliche Gesandte in Rio, Geheimer Regierungs Rath vr. Krauel, der Unterstaatssecretair im Reichsamte deS Innern I)r. von Rottenburg; von höheren Militairs der Ebef der Marine-Station der Nordsee, Vice-Admiral Balois. Aus dem Wehrstande wäre ferner noch Herr vonEaprivi zu nennen, der den Rothen Adler-Orden I. Elaffe mit Eichenlaub erhielt; wir brauchen aber wohl kaum hinzuzufügen, daß damit nicht der ehe malige Reichskanzler, sondern der General-Major und Cvmmandeur der 16. Infanterie-Brigade gleichen NamenS gemeint ist. AuS den Kreisen der höheren Beamten erhielten die gleiche Auszeichnung u. A. der RegierungS- .'räsident zu Breslan, I)r. vonHeydebrand und der Lasa und der Hofinarschall der Kaiserin Friedrich, Freiherr von Reischach, während der Unter-SlaatSsecrrtair im Neichsschatzamt Wirkt. Geh. Ratb Aschenborn und der Ebef der Oberrechnnngskammer, Wirkl. Geh. Rath von Wolfs, mit dem Kronen-Orden I. El. bedacht wurden. Den Stern der II. El. erhielt der Einführer deS diplomatischen Corps, Kammerherr von Usedom. Besonders reich sind unter den Decorirten diesmal klangvolle Namen au» der Künstler- und Gelehrtenwelt vertreten: Den Rothen Adler- Orden II. El. mit Eichenlaub erhielt Professor KnauS; dieselbe Auszeichnung ohne Eichenlaub wurde Anton von Werner zu Tuest. Den königl. Kronen-Orden I. El. erhielt der General-StabSarzt der Armee Prof. vr. v. Coler, den Stern desselben Ordens II. El. Andreas Achen bach. Dieselbe Elaffe ohne Stern siel u. A. den Herren vr. Bastian, Direktor deS MuseumS für Völkerkunde, vr. Brunner, Geh. Justizrath und Professor an der Universität Berlin, Geb. Med.-Rath Professor Vr. Leyden und dem Direktor der Königl. Charits, Geh. Ober-Reg.-Rath Spinola, zu. Der Rector der Technischen Hochschule zu Berlin, Geh. Reg.-Rath Oi. Slaby, erhielt den rvthen Adler-Orden III. Elaste mit der Schleife, denselben Orden ohne Schleife Geh. San. - Ratb Vr. Tob old, während der Rector der Berliner Universität, Prof. vr. Pfleiderer, einstweilen noch Mit der vierten Elaffe sich begnügen muß, die auch dem Grafen zu SolmS-Laudach, Pr»seffor an der Universität Straßburg, »u Thril wurde. Don Parlamentariern, Industriellen rc. erhielt der ReichS- tagsabgeordnete Günther, Geheimer Ober - Justiz- Ratb und Landgerichts-Präsident zu Naumburg a. S., den Rotben Adler-Orden II. Elaffe mit Eichenlaub, der elsässische Reichstagsabgeordnete Baron Zorn von Bulacb den Rothen Adler-Orden III. Elaffe mit der Schleife, Geh. Eommrrzien- Rath Baare in Bochum dieselbe Elaffe ohne Schleife. — Ein Aufsatz im „DeutschenWochenblatt" vonF.Mar- cinowßki, dem Generaldirector deS preußischen Lotterie- wesenS, bestätigt, daß der Versuch, eine NeickSlotterie ein zurichten. unternommen aber mißglückt ist. Die Verein barung der betheiligien Staaten ist daran gescheitert, daß die Staatslotterien von Braunschweig, Mecklenburg und Hamburg an Geschäftshäuser verpachtet sind, letztere aber für die Dauer ibres Pachtverhältnisses zu einer Aenderung ihres lediglich nach kaufmännischen Grundsätzen geregelten Loose- VerlriebeS nickt genölbigt werden können. Die finanzielle Bedeu tung der Reichslotterie für das Reich und die Einzelstaaten legt Herr Marcinowski wie folgt dar: Die Reichs-Ein nahmen würden bei Zugrundelegung des zur Zeit in den Einzel staaten in Betrieb gesetzten Spielcapitals von rund 60 Mill. Mark bei Erhebung einer Gewinnabgabe von IkProc. einen Ferrrlletsir. Graf Jarl. 171 ' Roman von Hermann Helberg. Nachdruck vcrbotcn. (Fortsetzung.) Nie hatte sich Jarl bisher in solcher Weise geäußert. Immer war von ihm betont worden, daß er kein Weib liebe! Auf Umwegen vorgebend, batte Hadeln also eine Bestätigung seines Verdachtes gefunden! Er zweifelte nicht mehr, daß der Mann, der vor ihm saß und über dessen Gesicht nun eben ein tiefer Schatten flog, Tessa liebte, daß alles sich so verhielt, wie er in seiner leidenschaftlichen Eifersucht es annahm. Aber noch eine letzte Frage beschloß Hadeln an Jarl zu richten. Nach einigen gleichgiltigen Zwischenreden sagte er: „Sie sprachen vorher von Ihrem Verkehr im Dorf. Ich bemerkte vor Tisch, als ich aus dem Fenster blickte, ein städtisch gekleidetes junges Mädchen den Häusern sich zuwenden. War'S etwa die Tochter deS Arztes oder Pastors?" „Nein, eine Fremde!" „So — so —. Also der Pastor hat keine Kinder?" Jarl sah Hadeln von der Seite an. Diese letzte Bemerkung machte ihn stutzig. Aber Hadeln verstellte sich meisterbaft. Er unterdrückte ein leise« Gähnen und machte eine völlig uninteressirte Miene. ES blieb unentschieden, ob Jarl sich täuschen ließ. Jedenfalls wich er nicht auS und sagte: „Nein, daS nicht, der Pastor hat einen Sohn!" Nach dieser Erwiderung aber lenkte er die Unterhaltung aus ein anderes Thema und sprach über Berlin, Hadeln'S Zukunft, die bevorstehende Trennung und anderes, bis sie endlich sich erhoben und einander Gute Nacht wünschten. „Hunck wird Jbnen Hinaufleuchten, lieber Hadeln, bitte gehen Sie durch den Eorridor! Auf diese Weise haben Sie es am nächsten!" erklärte Jarl, klingelte und schritt mit Hadeln durch die, die beiden Schloßpartien verbindende GlaSgalerie. Als Hadeln oben angelangt war, und Peter Hunck sich be reits unter einem Abschiedsdiencr zur Thür wandte, sagte Hadeln: „Sagen Sie mal, Hunck, ist der Sohn vom Pastor im Dorf nicht Architekt in Hannover? Heißt er nicht Eduard? Es fällt mir ein, weil ich viel von ihm gehört habe. Ich vergaß vorher den Grafen zu fragen!" Freilich bereute Hadeln im selbigen Augenblick seine Rede. Es zierte ibn nicht, durch die Dienstboten zu spähen. Seine anständige Natur regte sich. „Ich kann's nicht mal sagen, Herr Baron. Ich glaub' es nicht. Ich war früher gar nicht in Horst und kenne die Verhältnisse nicht genau", erwiderte Hunck ausweichend. Und nach einer Pause: „Sonst noch etwas zu Befehl, Herr Baron?" „Nein, ich danke, Hunck. Gute Nacht!" „Wünsche Gute Nacht, Herr Baron." Aber kaum, nachdem Hunck das Zimmer verlassen hatte, riß Hadeln die Tbür wieder auf und rief mit baslig gedämpfter Stimme dem eben bereits die große Treppe Hinabsteigen den nach: „Hunck! Hunck! Noch eins!" „Herr Baron!" Eilfertig trat Hunck wieder ins Gemach. „Ist Jbr Herr wobt schon im Bett, Hunck?" „Ich weiß nicht, ich glaube wohl, Herr Baron — Ich könnte nachsehen!" „Gut, ja, geben Sie binab und fragen Sie, ob ick den Grafen noch einen Augenblick incommodiren dürste. Ich würde mit seiner Erlaubnis herabkommen!" Hadeln sprach'S ohne Selbstbeherrschung, ganz von seinen aufgeregten Sinnen übermannt, und Hunck schob sich, still nickend die Treppe hinab. Nachdem sich Peter Hunck entfernt batte, wanderte Hadeln in höchster Aufregung im Zimmer auf und ab. Dann schaule er sich um. Ein silberner, mehrarmiger Kandelaber stand ans dem Sophatisch, von dein eine prachtvolle venetianische Decke berab- bing. Ter hellgeblümte Teppich zeigte leise Spuren des Ge brauchs, aber verlieh dem Gemach dadurch noch etwas Wohnlicheres. Prachtvolle seidene Gardinen beschatteten die Fenster, überall standen bequeme Sessel. Das Himmelbett trug eine blailseidene Decke, daS spitzenumsäumte Leine» blitzte in tadelloser Sauber keit. Ans den reizenden Möbeln standen allerlei kostbare Kleinigkeiten. Der Schreibtisch war ausgestattet, als ob hier täglich jemand arbeite. Diese reiche Prackt, obschon sie Jarl nicht mehr gehörte, erhöhte in Hadeln'S Augen die Eigenart und die Bedeutung des Besitzes. Aber noch etwas anderes regte sich in ihm. Was ihm selbst solchen Rcspect einflößte, hatte sicher auch aus ein so empfängliches Wesen, wie Teffa es war, einen nicht minder starken Eindruck hervorgerufen. Hadeln wußte, daß niemand Teffa van Wimpen gefährlicher war, als Gras Adam von Jarl. Und wie so oft flüchtige Eindrücke, eine augenblickliche Vor stellung, selbst ein Geruch unsere Denkrichtung weit mehr beein flussen, als bedeutungsvolle Geschehnisse, so war's auch hier. Hadeln vergaß völlig, was er Jarl schuldig war, wie hoch er bisher dessen Ebarakler gestellt, daß doch auch des Freundes Haltung eine andere, ebenso wahrscheinliche Deutung zuließ, daß er zudem Gast im Hanse war. — Wenn s auch ans Leben ging» er wollte Jarl zur Rede stellen! Daß Hunck ihm auSgewichen war, daß er mit Jarl im Bunde, war Hadeln rweifellos. Wie sollte der Alte nicht um die Familien-Verbältnisse des Dorf-Pastors wissen? Und bei allen diesen quälenden Vorstellungen verrann die Zeit. Hunck kebrte nicht zurück. Schon waren mindestens zehn Minuten verstrichen. Von oben nach unten war's doch nur ein Katzensprung! Sicher, sie beredeten sich miteinander! Hunck batte berichtet, daß Häkeln nach Eduard gefragt. Nun überlegte Jarl, wie er ihm, Hadeln, begegnen solle! Hadeln riß die Vorhänge vor den Fenstern zurück nnd schaute in die hellbeleuchtete Landschaft. Auch heute stand der Mond am Himmel, als ob er alles Unreine fortgesetzt für alle Zeilen. Aber auch, als ob er die am Tage unruhig pulsirende Welt durch eine» sanft einschläfernden Frieden von Neuem stärke» wolle. Drüben, wohin nun Hadeln'S Blick schweifte, batte er sie, Tessa, in ihrem rotben Mantel austauchen sehen! Im Pfarr haus , neben der Dorfkirche schlummerte sie und träumte von Jarl! Jetzt erinnerte sich auch Hadeln, daß ihn Jarl beute nickt durchs Dorf gefahren, daß er eS am Morgen auf der Fahrt umgangen, daß sic statt vom Norden, vom Süden einbiegend, auf dem Schloßhof angekommen waren. ES war alles Absicht gewesen! Immer klarer stieg'S vor Hadeln auf, daß jegliches, was Jarl gelhan, ans Ueberlegung beruhte! Nun waren schon über fünfzehn Minuten dahin. — Hadeln verglich die Ubr — nnd Hunck ließ sich noch immer nicht sehen DeS Mannes Ungeduld kannte keine Grenzen mehr; zu dieser gesellte sich ein Gefühl von Ingrimm und Drang nach Er lösung von dem, waS in ihm tobte! Endlich hörte er Schritte draußen. Er horchte fieberhaft gespannt — Gewiß! Es war Jarl — Hadelns Her; pochte u der Erregung hörbar. Nun öffnete sich die Thür, aber tatt Jarl erschien — Peter Hunck. Er sagte nichts, verneigte sich tief und überreichte Hadeln ein Schreiben. „Ter Herr Graf ließen sich bei dem Herrn Baron ge- lorsanist entschuldigen. Ich sollte Ihnen diesen Brief ein bändigen, Herr Baron. Ich soll draußen warten, ob Herr Baron noch Befehle haben. Erst dann soll ich mich wieder binabbegeben. Ich sehe des Herrn Baron Aufträge entgegen!" Er sprach'S ehrerbietig, geniesten, ging und schloß die Thür hinter sich zu. Bebend zerriß Hadeln das Couvert mit der stolzen Grafen krone in Gold. Auf einem weißen Elfenbein-Quartblatt, gleich falls geziert und zwar mit einem breiten, silbernen Wappen in Gold und bunten Farben, stand folgendes: „Ich möchte Sie mir als Freund erhalten, Hadeln! Ich fühle, daß wir, wenn wir in dieser Stunde miteinander sprechen, es ferner nickt mehr sein werden. So schreibe ich diese Zeilen nnd gebe Ihnen Antwort auf die Fragen, die Sie mir, ick weiß es, stellen wollen. Mein gute« Gewissen verschmäht die Bertheidiaung. tzui 8'excu8v, 8'secuse, sagt der Franzose. Ick erkläre Ihnen kurz und bündig, daß ich Ihnen um Ihretwillen verschwieg, daß Tessa van Wimpen hier ist! „Dieses eine Wort muß Ihnen genügen. WaS sonst noch mich leitet, gekört nicht in das Bereich berechtigter Fragen. Reisen Sie glücklich, lieber Hadeln! — Ich werde Sie morgen nicht begleiten. Es ist bester, wir seben uns diesmal nicht mehr. „Ich will um Sie keinen Schmerz empfinden und Sie nicht noch mehr beschämen, daß Sie an mir zweifeln konnten. „So, und nun sind wir wieder die Alten. Nicht wahr? Ich wenigstens bin's! Ihr Jarl —" „Ich danke Ihnen für Ihre Mübe! Es ist nichts mehr, Hunck! Bitte, wecken Sie mich rechtzeitig und sicher! Gute Nacht, Gute Nacht —" stieß Hadeln, mühsam sich nach dieser Lektüre fassend, heraus und entließ den ehrerbietig sich ver neigenden Alten. Und lange, lange blieb noch Hadeln in dem Sestel sitzen, oft so regungslos, als ob er auS Stein gemeißelt sei. Nur hin und wieder zuckte eS in seinem Gesicht und die Augen funkelten unheimlich Dann wollten die alten Gedanken doch noch sich regen. Als er aber sein Lager endlich aufsuchte, murmelte er: „Ich glaube ihm! Er »st ein Mensch von wahrem Adel." ' (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite